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1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert in Höhe von bis zu 22.000,00 € bis zum 19.09.2021 und von bis zu 30.000,00 € seit dem 20.09.2021 trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Ansprüche nach Widerruf eines zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufes abgeschlossenen Darlehensvertrages.
3Der Kläger kaufte am 00.00.2017 bei der Fa. T1 AG Niederlassung L1, W1-Straße 000, L1, einen gebrauchten Pkw BMW 320d xDrive Touring (Erstzulassung: 00.00.2014, Kilometerstand: 82.112, Fahrgestellnummer: F01) zu einem Kaufpreis von 20.900,00 €. Der Kläger erbrachte eine Anzahlung über 8.000,00 €. Über den Restkaufpreis (12.900,00 €) zuzüglich eines Beitrages für „Ratenschutzversicherung Tod und AU“ in Höhe von 458,35 € zuzüglich eines Beitrages für „Shortfall GAP Versicherung“ in Höhe von 286,77 € zuzüglich Zinsen nach einem für die gesamte Vertragslaufzeit gebundenen Sollzinssatz von 2,46 % p.a. (anfänglich effektiv: 2,49 % p.a.) in Höhe von 1.171,78 € (Darlehensgesamtbetrag: 14.816,90 €) schloss er ebenfalls am 24.08.2017 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag mit einer Laufzeit von 48 Monaten ab. Die Rückzahlung des Darlehens sollte in 47 gleichen monatlichen Raten zu je 100,00 €, beginnend ab dem 15.09.2017, und einer Schlussrate von 10.116,96 € am 15.08.2021 erfolgen (Einzelheiten: Anlagenkonvolut K1).
4Die Darlehensvertragsunterlagen enthielten auf der Seite 8 von 11 (ebenfalls Anlagenkonvolut K1) die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsinformation:
5An dieser Stelle wurde eine Bilddarstellung entfernt.
6Das Darlehen wurde vollständig an das Autohaus (XX-Niederlassung) ausgekehrt.
7Die Raten bediente der Kläger in der Folge vertragsgemäß. Bis zum 23.08.2021 zahlte er an die Beklagte die 47 regulären monatlichen Raten zu je 100,00 €, insgesamt also 4.700,00 €, sowie die Schlussrate in Höhe von 10.116,96 €.
8Mit E-Mail seiner (späteren) Prozessbevollmächtigten vom 15.06.2020 (Anlage K2) widerrief der Kläger seine auf Abschuss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen gegenüber der Beklagten; gleichzeitig bot er die Rückgabe des Fahrzeugs an. Mit Schreiben vom 24.06.2020 (Anlage K3) wies die Beklagte den Widerruf als unberechtigt zurück.
9Der Kläger meint, dass die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation nicht den gesetzlichen Anforderungen entspräche, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.
10Der Kläger hat ursprünglich (in der Klageschrift vom 22.04.2021, dort S. 2 = Bd. I Bl. 2 d.A.) beantragt:
111.
12Es wird festgestellt, dass die Klägerseite ab ihrer Widerrufserklärung vom 15.06.2020 der Beklagten aus dem mit der Beklagten zwecks Finanzierung des Fahrzeuges des Fabrikats: BMW, Modell: 320D xDrive, Fahrgestell-Nr.: F01, abgeschlossenen Darlehensvertrag zu der Darlehensvertrag-Nr.: 0000000000 weder Zins- noch Tilgungsleistungen gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB mehr schuldet.
132.
14Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 11.400,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeuges des Fabrikats: BMW, Modell: 320D xDrive, Fahrgestell-Nr.: F01, nebst Fahrzeugschlüsseln und -papieren durch die Klägerseite an die Beklagte.
153.
16Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte sich mit der Annahme des Fahrzeuges des Fabrikats: BMW, Modell: 320D xDrive, Fahrgestell-Nr.: F01, in Verzug befindet.
17Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.09.2021 (dort S. 7 f. = Bd. I Bl. 298 f. d.A.) hat der Kläger im Hinblick auf den ursprünglichen Klageantrag zu Ziff. 1. den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt; dieser Teilerledigungserklärung des Klägers hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2021 (dort S. 1 = Bd. II Bl. 401 d.A.) widersprochen. Der Kläger beantragt nunmehr:
181.
19Es wird festgestellt, dass der ursprüngliche negative Feststellungsantrag zu Ziff. 1. aus der Klageschrift vom 22.04.2021 zulässig und begründet war.
202.
21Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 22.916,96 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeuges des Fabrikats: BMW, Modell: 320D xDrive, Fahrgestell-Nr.: F01, nebst Fahrzeugschlüsseln und -papieren durch die Klägerseite an die Beklagte.
223.
23Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte sich mit der Annahme des Fahrzeuges des Fabrikats: BMW, Modell: 320D xDrive, Fahrgestell-Nr.: F01, in Verzug befindet.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie beantragt außerdem hilfsweise für den Fall, dass der Klage des Klägers zugesprochen werden sollte:
271. (Schriftsatz vom 16.07.2021, dort S. 2 = Bd. I Bl. 156 d.A.)
28Es wird festgestellt, dass die Klagepartei verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des BMW 320d mit der Fahrgestellnummer F01 zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über den anhand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
292. (Schriftsatz vom 03.12.2021, dort S. 3)
30Es wird festgestellt, dass die Klagepartei verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des BMW 320d mit der Fahrgestellnummer F01 zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über den anhand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
31Der Kläger beantragt,
32die Hilfswiderklage abzuweisen.
33Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund. Sie meint ferner, dass der Widerruf verfristet sei, da die Widerrufsinformation korrekt sei und alle Pflichtangaben vollständig erteilt worden seien. Ein etwaiges Widerrufsrecht des Klägers wäre zudem verwirkt bzw. seine Ausübung rechtsmissbräuchlich. Weiterhin meint die Beklagte, dass der Kläger – einen wirksamen Widerruf unterstellt – jedenfalls vorleistungspflichtig hinsichtlich der Rückgabe des Pkw sei, so dass insoweit keine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgen könne. Deswegen könne auch kein Annahmeverzug bestehen. Außerdem stünde ihr ein Anspruch auf Wertersatz für den Gebrauch des Fahrzeugs zu. Diesen Wertersatzanspruch beziffert sie vorläufig auf 10.450,00 €; insoweit erklärt sie die hilfsweise Aufrechnung gegenüber dem zuletzt gestellten Klageantrag zu Ziff. 1. Der Wertersatzanspruch könne derzeit nicht abschließend beziffert werden, da der Kläger das Fahrzeug noch in Besitz habe. Deswegen sei auch der Hilfswiderklageantrag zulässig.
34Der Kläger ist der Ansicht, dass die Hilfswiderklage teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet sei.
35Die Kammer hat in der Sache am 21.12.2021 mündlich verhandelt, wobei die Parteivertreter nach entsprechender Gestattung durch Beschluss vom 29.09.2021 (Bd. II Bl. 390 f. d.A.) gemäß § 128a Abs. 1 ZPO im Wege der Bild- und Tonübertragung teilgenommen haben. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Es wird auf das Sitzungsprotokoll von 21.12.2021 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe:
37I.
38Die Klage ist zulässig.
391.
40Insbesondere ist das angerufene Landgericht Dortmund örtlich zuständig. Für den ursprünglich gestellten negativen Feststellungsantrag zu Ziff. 1. sowie für den zuletzt gestellten Leistungsantrag zu Ziff. 1. und für den zuletzt gestellten positiven Feststellungsantrag zu Ziff. 2. ist der Wohnsitz des Klägers bei Abschluss des Darlehensvertrages maßgeblich, hier also C1, belegen im Bezirk des Landgerichts Dortmund. Insoweit besteht ein einheitlicher Gerichtsstand. Diesbezüglich wird vollumfänglich auf das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.11.2019 im Verfahren I-31 U 114/18 (zit. nach juris, Rn. 56 u. 66 ff.) Bezug genommen (vgl. zum Ganzen auch: Urt. dieser Kammer v. 21.02.2020 – 3 O 356/19 – BeckRS 2020, 2341, Rn. 16).
412.
42Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den Teilerledigungsfeststellungsantrag und den positiven Feststellungsantrag zu Ziff. 2. (betreffend die Feststellung des Annahmeverzuges) ist unzweifelhaft gegeben.
43II.
44Die Klage ist jedoch insgesamt unbegründet.
45Im Hinblick auf den ursprünglichen negativen Feststellungsantrag zu Ziff. 1. ist der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt, weil die diesbezügliche Klage bis zum Erledigungsereignis unbegründet war. Der Kläger hat den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen, weshalb auch den weiteren (zuletzt gestellten) Klageanträgen zu Ziff. 2. und 3. der Erfolg versagt bleiben musste. Da die Klage somit insgesamt der Abweisung zu unterliegen hatte, bedurfte es einer Entscheidung über die – unter der innerprozessualen Bedingung des Erfolgs der Klage gestellte – Hilfswiderklage nicht.
46Ohne Erfolg hat der Kläger die Feststellung verlangt, dass aufgrund seines Widerrufs vom 15.06.2020 die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 24.08.2017 keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen mehr herleiten kann. Die Voraussetzungen eines Rückabwicklungsschuldverhältnisses, auf welches der Kläger sich beruft, sind nicht erfüllt, weil die Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Abgabe der Widerrufserklärung bereits abgelaufen war.
47Zwar hat die Beklagte den Kläger nach den für den Vertragsschluss (00.00.2017) geltenden gesetzlichen Anforderungen (Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. = i.d.F. vom 21.03.2016 bis zum 14.06.2021) nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt (dazu nachfolgend unter 1.). Jedoch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. berufen (dazu nachfolgend unter 2.).
481.
49Die dem Kläger auf der Seite 8 von 11 der Darlehensvertragsunterlagen erteilte Widerrufsinformation ist zwar – nach neuester, dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 26.03.2020 (Az.: C-66/19; BKR 2020, 248) Rechnung tragender BGH-Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 498/19 – NJW 2021, 307, 307 f., Rn. 13-16; Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 525/19 – BeckRS 2020, 32488, Rn. 13-16; Urt. v. 10.11.2020 – XI ZR 426/19 – BeckRS 2020, 35579, Rn. 14-17; jeweils m.w.N.) – ausschließlich deshalb fehlerhaft, weil die in ihr enthaltene Verweisung auf „alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB“ nicht klar und verständlich im Sinne des Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB ist.
50Im Übrigen erachtet der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung in allen wesentlichen Punkten wortgleiche Widerrufsinformationen der hiesigen Beklagten – mit Ausnahme der vorgenannten Verweisung auf die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB – für gesetzeskonform (vgl. nur: BGH, Urt. v. 05.11.2019 – XI ZR 650/18 – BeckRS 2019, 30577; Beschl. v. 11.02.2020 – XI ZR 648/18 – BeckRS 2020, 2755; Beschl. v. 31.03.2020 – XI ZR 198/19 – BKR 2020, 253 [mit eingescannter Original-Widerrufsinformation]; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 570/19 – BeckRS 2020, 13136; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 569/19 – BeckRS 2020, 13152; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 359/19 – BeckRS 2020, 13155; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 434/19 – BeckRS 2020, 13268; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 262/19 – BeckRS 2020, 13270; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 252/19 – BeckRS 2020, 13271; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 65/19 – BeckRS 2020, 13400; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 64/19 – BeckRS 2020, 13401; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 541/19 – BeckRS 2020, 13402; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 514/19 – BeckRS 2020, 13403; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 424/19 – BeckRS 2020, 13404; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 413/19 – BeckRS 2020, 13405; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 213/19 – BeckRS 2020, 13406; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 261/19 – BeckRS 2020, 13603; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 372/19 – BeckRS 2020, 13604; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 117/19 – BeckRS 2020, 13836; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 103/19 – BeckRS 2020, 14022). An dieser Rechtsprechung – die Beklagtenvertreter haben auf den Seiten 5 bis 7 ihrer Klagerwiderungsschrift vom 16.07.2021 (Bd. I Bl. 159-161 d.A.) weitere Entscheidungen angeführt – hat der Bundesgerichtshof auch in Ansehung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 09.09.2021 in den verbundenen Rechtssachen C-33/20 (./. XXX Bank), C-155/20 (./. XXX Bank und XXX Bank) und C-187/20 (./. XXX Bank und XXX Bank) (BKR 2021, 697) festgehalten (vgl. BGH, Beschl. v. 19.10.2021 – XI ZR 143/21 – BeckRS 2021, 33025).
51Es kann in diesem Zusammenhang davon ausgegangen werden, dass der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes die jeweils verfahrensgegenständlichen Widerrufsinformationen umfassend in jeder rechtlichen Hinsicht geprüft und im Ergebnis dieser Prüfung für (im Übrigen) gesetzmäßig befunden hat. Bei vorformulierten Widerrufsinformationen wie der von der Beklagten verwandten handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die wie revisible Rechtsnormen zu behandeln sind. Ihre Übereinstimmung mit höherrangigem Recht – hier: mit § 355 Abs. 2 BGB a.F. und mit dem Belehrungsmuster des Gesetzgebers – ist eine Rechtsfrage und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen; der Beibringungsgrundsatz gilt insoweit nicht (vgl. BGH, Urt. v. 20.06.2017 – XI ZR 72/16 – NJW-RR 2017, 1197, 1199, Rn. 27-29 m.w.N.; Urt. v. 18.06.2019 – XI ZR 768/17 – NJW 2019, 3771, 3774, Rn. 39; Grüneberg, BKR 2019, 1; OLG Brandenburg, Urt. v. 18.07.2018 – 4 U 140/17 – BeckRS 2018, 35271, Rn. 21; Urt. dieser Kammer v. 03.07.2020 – 3 O 394/19 – BeckRS 2020, 15125, Rn. 25; Urt. dieser Kammer v. 21.02.2020 – 3 O 356/19 – BeckRS 2020, 2341, Rn. 29; Urt. dieser Kammer v. 24.01.2020 – 3 O 556/18 – zit. nach juris, Rn. 41; Urt. dieser Kammer v. 22.02.2019 – 3 O 170/18 – BeckRS 2019, 2568, Rn. 19; LG Stuttgart, Urt. v. 13.06.2018 – 29 O 28/18 – zit. nach juris, Rn. 49).
52Im Streitfall unterscheidet sich die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation vom 24.08.2017 lediglich in vier Punkten von jener Widerrufsinformation vom 12.12.2014, über die der Bundesgerichtshof in dem Verfahren XI ZR 198/19 zu entscheiden hatte:
53- Unter der Teilüberschrift „Widerrufsrecht“ ist in der BGH-Widerrufsinformation vor den Worten „Der Widerruf ist zu richten an:“ kein Absatz eingefügt.
54- Unter der Teilüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ ist in der BGH-Widerrufsinformation als weiterer, mit dem Darlehensvertrag verbundener Vertrag ein „Vertrag über den Beitritt zur freiwilligen Ratenschutzversicherung Arbeitslosigkeit (AL) / Schwere Krankheiten (SK)“ aufgeführt; in der hier streitgegenständlichen Widerrufsinformation handelt es sich um einen „Vertrag über den Beitritt zur freiwilligen Shortfall GAP Versicherung“.
55- Unter der Teilüberschrift „Widerrufsfolgen“ ist in der BGH-Widerrufsinformation ein „Zinsbetrag in Höhe von 0,00 Euro“ ausgewiesen (im Streitfall: „Zinsbetrag in Höhe von 0,92 Euro“).
56- Unter der zweiten Teilüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ ist der Text hinter dem dritten Spiegelstrich in der hier streitgegenständlichen Widerrufsinformation fortlaufend, in der BGH-Widerrufsinformation dagegen zwischen dem vierten und fünften Satz durch einen Absatz getrennt.
57Da die Gesetzmäßigkeit – mit Ausnahme der vorgenannten Verweisung auf die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB – einer ansonsten optisch wie inhaltlich gleichen Widerrufsinformation der hiesigen Beklagten nach alledem höchstrichterlich geklärt ist und das erkennende Gericht von dieser Rechtsprechung auch nicht abzuweichen beabsichtigt, wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes im Verfahren XI ZR 198/19 und die dortigen Gründe Bezug genommen.
582.
59Anders als die Banken in den vorzitierten, vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen XI ZR 498/19, XI ZR 525/19 oder XI ZR 426/19 kann sich die hiesige Beklagte jedoch mit Erfolg auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. berufen. Dies setzt voraus, dass die Widerrufsinformation der Beklagten dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. entspricht. Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger hat neben dem Darlehensvertrag als sog. verbundene Verträge den Fahrzeug-Kaufvertrag, den Vertrag über den Beitritt zur freiwilligen Ratenschutzversicherung Tod und Arbeitsunfähigkeit (AU) – insoweit hat er eine Prämie in Höhe von 458,35 € aufgewendet – sowie den Vertrag über den Beitritt zur freiwilligen Shortfall GAP Versicherung – insoweit hat er eine Prämie in Höhe von 286,77 € gezahlt – abgeschlossen. Dementsprechend hat die Beklagte in der Widerrufsinformation auch nur eben jene drei vorgenannten Verträge als „weitere Verträge“ aufgeführt. Solche Verträge, die der Kläger tatsächlich nicht abgeschlossen hat, sind in der Widerrufsinformation gerade nicht genannt. Die Beklagte hat im Streitfall den Gestaltungshinweis [2a] aus dem gesetzlichen Muster nach alledem ordnungsgemäß umgesetzt.
603.
61Auf Fragen eines möglichen Rechtsmissbrauchs des Darlehensnehmers durch ein Sich-Berufen auf den Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion (vgl. dazu: BGH, Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 498/19 – a.a.O., S. 309, Rn. 27 f.; Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 525/19 – a.a.O., Rn. 27 f.) kommt es nach alldem für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht an (vgl. dazu und zu einem möglicherweise entgegenstehenden Einwand des Rechtsmissbrauchs ausführlich, auch unter Auseinandersetzung mit dem Urteil des EuGH vom 09.09.2021, a.a.O.: OLG Hamm, Urt. v. 18.11.2021, a.a.O., S. 7-19 der UA).
62III.
63Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
64IV.
65Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. den §§ 3, 5 ZPO auf bis zu 22.000,00 € bis zum 19.09.2021 und auf bis zu 30.000,00 € seit dem 20.09.2021 festgesetzt. Bis zum Eingang der Teilerledigungserklärung bei Gericht war für die Bemessung des Streitwertes die Summe aus Nettodarlehensbetrag (hier: 13.645,12 €) und erbrachter Eigenleistung (hier: 8.000,00 €) maßgeblich (vgl. BGH, Beschl. v. 19.01.2021 – XI ZR 106/20 – BeckRS 2021, 674; Beschl. v. 19.01.2021 – XI ZR 411/20 – BeckRS 2021, 1445; Beschl. v. 25.08.2020 – XI ZR 108/20 – BeckRS 2020, 22067). Die Hilfswiderklage erhöhte, da über sie eine Entscheidung nicht ergangen ist, den Streitwert nicht, § 45 Abs. 1 S. 2 GKG. Nach Eingang der Teilerledigungserklärung bei Gericht veränderte sich der Streitwert in der Weise, dass er nunmehr nach der Summe des Wertes der Hauptforderung des zuletzt gestellten Leistungsantrags zu Ziff. 1. (22.916,96 €) sowie der für den ursprünglichen Klageantrag zu Ziff. 1. bis dahin angefallenen Gerichts- und Parteikosten (6.084,50 €) zu bemessen war.
66V.
67Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.