Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 1.900,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Voll-
streckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
2Durch Beschluss vom 01.02.2001 bestellte das Amtsgericht Dortmund
3den Kläger zum Zwangsverwalter des auf den Namen von Frau H
4im Wohnungsgrundbuch von Dortmund Blatt ##### eingetragenen
5Miteigentumsanteils an dem Grundstück B-Straße in
6E verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 4 im
7Ober- und Dachgeschoss nebst Kellerraum. Dieser Beschluss ging dem
8Kläger am 06.02.2001 zu.
9Die Wohnung und der Kellerraum werden seit 1997 von den Beklagten
10genutzt. Den Besitz haben sie durch die Übergabe nach dem Abschluss
11eines Kaufvertrages mit Frau H erlangt, der jedoch - wie sich
12später herausstellte - wegen eines Formmangels nichtig war. Die Beklag-
13ten sind zu keiner Zeit als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen worden.
14Unter dem Az.: 4 0 342/01 ist beim Landgericht Dortmund ein Rechtsstreit
15anhängig, in dem der Beklagte zu 2. von Frau H die Erstat-
16tung von 70.000,00 DM wegen durchgeführter Ausbau- und Renovie-
17rungsmaßnahmen verlangt und Frau H unter dem 16.03.2000
18gegen den Beklagten zu 2. Widerklage auf Räumung und Herausgabe der
19Wohnung Nr. 4 einschließlich Kellerraum erhoben hat.
20In seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter setzte der Kläger mit einem an
21die Beklagten gerichteten Schreiben vom 27.02.2001 ab März 2001 für
22die Dauer der Zwangsverwaltung die Nutzungsentschädigung auf
23925,00 DM fest, korrigierte diese aber dann mit Schreiben vom
2402.05.2001 auf 825,00 DM. Dabei ging der Kläger von einer wohnfläche
25von 75 m² und einem Quadratmeterpreis von 11,00 DM aus. Da bis dahin
26keinerlei Zahlungen auf die Nutzungsentschädigung erfolgt waren, for-
27derte der Kläger die Beklagten gleichzeitig auf, die Wohnung bis zum
2825.05.2001 zu räumen.
29Daraufhin verwiesen die Beklagten in einem Schreiben vom 07.05.2001
30auf den Rechtsstreit 4 0 342/01 LG Dortmund und kündigten an, die
31Räumung und Herausgabe der Wohnung so lange zu verweigern, bis sie
32wegen des im Parallelverfahren eingeklagten Verwendungsersatzes be-
33friedigt seien. Weiterhin erklärten sie mit der im Rechtsstreit 4 0 342/01
34LG Dortmund rechtshängigen Forderung gegenüber dem Anspruch auf
35Zahlung von Nutzungsentschädigung für März und April 2001 in Höhe von
361.950,00 DM die Aufrechnung.
37Die Beklagten bewohnen heute weiterhin die streitgegenständlichen
38Räume, haben aber einen Auszug zum Jahreswechsel 2001/2002 in Aus-
39sicht gestellt.
40Der Kläger verlangt nunmehr von den Beklagten die Räumung und Her-
41ausgabe der Wohnung im Ober- und Dachgeschoss nebst Kellerraum
42sowie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für März und April 2001
43in Höhe von Jeweils 825,00 DM.
44Gegenüber dem Räumungs- und Herausgabeverlangen erheben die Be-
45klagten unter Hinweis auf die Widerklage in dem Rechtsstreit 4 0 342/01
46LG Dortmund den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit. Hilfswei-
47se berufen sich die Beklagten im Hinblick auf den im Parallelverfahren
48geltend gemachten Verwendungsersatz auf ein Zurückbehaltungsrecht.
49Gegenüber dem Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung erklä-
50ren die Beklagten die Aufrechnung mit der im Verfahren 4 0 342/01 LG
51Dortmund rechtshängigen Forderung.
52Der Kläger trägt vor,
53er sei durch das Parallelverfahren nicht gehindert, als Zwangsverwalter
54selbst den Räumungs- und Herausgabeanspruch durchzusetzen. Er sei
55auch zur Führung des Rechtsstreits berechtigt, da Frau H zumindest
56mittelbare Besitzerin geblieben sei und es sich bei den Beklagten nicht um
57nichtherausgabebereite Dritte handele.
58Bei der Festsetzung der Nutzungsentschädigung habe sich der Kläger an
59dem derzeit gültigen Mietspiegel für nicht preisgebundene Wohnungen
60orientiert. An das Wertgutachten des Sachverständigen U
61in dem Zwangsversteigerungsverfahren sei der Kläger nicht gebunden.
62Angesichts der Zwangsverwaltung seien die Beklagten nicht berechtigt,
63aufgrund der vorgenommenen Wertverbesserungen ein Zurückbehal-
64tungsrecht auszuüben oder gegenüber dem Zahlungsanspruch die Auf-
65rechnung zu erklären.
66Der Kläger beantragt,
671. die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen genutzten Räume im
68Hause B-Straße, E, gelegen im
692. Obergeschoss und im Dachgeschoss nebst Kellerraum, zu räu-
70men und an den Kläger herauszugeben,
712. die Beklagten des Weiteren zu verurteilen, an den Kläger
721.650,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins-
73satz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes aus je
74825,00 DM seit dem 01.04.2001 und dem 01.05.2001 zu zahlen.
75Die Beklagten stellen den Antrag,
76die Klage abzuweisen.
77Die Beklagten erwidern,
78angesichts der von Frau H im Verfahren 4 0 342/01 LG Dort-
79mund erhobenen Widerklage stehe dem Räumungs- und Herausgabe-
80verlangen des Klägers der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit
81entgegen. Insoweit habe der Kläger nur in den Parallelrechtsstreit eintre-
82ten, aber nicht selbst eine neue Klage auf Räumung und Herausgabe er-
83heben können. Dem Klageantrag zu 2. fehle das Rechtsschutzbedürfnis,
84weil der Kläger in den Rechtsstreit 4 0 342/01 LG Dortmund habe eintre-
85ten und dort die Ansprüche auf Zahlung von Nutzungsentschädigung im
86Wege einer Erhöhung der Widerklage geltend machen können. Schließ-
87lich fehle dem Kläger die Prozessführungsbefugnis.
88Die verlangte Nutzungsentschädigung sei übersetzt. Nach dem Gutachten
89des Sachverständigen U sei die Wohnung nur 72 m² groß;
90die nachhaltig erzielbare Miete betrage lediglich 749,00 DM.
91Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll
92der öffentlichen Sitzung vom 22.11.2001 sowie auf die beiderseitigen
93Schriftsätze verwiesen.
94Entscheidungsgründe
95Die Klage ist unzulässig.
96Trotz der Anordnung der Zwangsverwaltung steht dem Kläger kein Pro-
97zessführungsrecht zu. Ist der Schuldner weder unmittelbarer noch mittel-
98barer Besitzer der Eigentumswohnung und verweigert der Dritte, der den
99Besitz inne hat, die Herausgabe, so ist die Zwangsverwaltung rechtlich
100undurchführbar mit der Folge, dass dem Zwangsverwalter die Prozessfüh-
101rungsbefugnis fehlt (vgl. BGHZ 96, S. 61 ff.). Die Schuldnerin H ist
102weder unmittelbare noch mittelbare Besitzerin der Eigentumswohnung.
103Durch die Übergabe der Eigentumswohnung nach dem Abschluss des
104Kaufvertrages hat die Schuldnerin H den unmittelbaren Besitz an die
105Beklagten verloren. Zwischen der Schuldnerin H und den Beklagten
106besteht auch kein Besitzmittlungsverhältnis, da ein solches durch einen
107nichtigen Kaufvertrag nicht begründet wird (Palandt, Kommentar zum
108BGB, 60. Aufl., § 868 Rn. 18). Die Beklagten sind jedenfalls zum gegen-
109wärtigen Zeitpunkt nicht zur Räumung und Herausgabe der Eigentums-
110wohnung bereit. Ob eine Rückgabe zum Jahreswechsel erfolgen und der
111Kläger dann den Besitz von der Schuldnerin H erhalten wird, kann
112dahinstehen, weil die Voraussetzungen für die Durchführung der Zwangs-
113verwaltung spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen müssen.
114Schließlich ist auch unerheblich, dass die Beklagten zu keiner Zeit als Ei-
115gentümer ins Grundbuch eingetragen worden sind. Für die Frage der Pro-
116zessführungsbefugnis kommt es nur auf die tatsächlichen Besitzverhält-
117nisse an.
118Soweit der Kläger von dem Beklagten zu 2. die Räumung und Herausga-
119be der Wohnung Nr. 4 nebst Kellerraum verlangt, ist die Klage auch nach
120§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig. Nach den §§ 265 Abs. 2 und 325
121Abs. 1 ZPO wirkt ein Urteil über den Räumungs- und Herausgabeantrag
122gegen den Beklagten zu 2. in dem Rechtsstreit 4 0 342/01 LG Dortmund
123für und gegen den Kläger (vgl. dazu BGH NJW 1986, S. 3206). In einem
124solchen Fall steht aber § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO einer erneuten Klage ent-
125gegen (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 261 Rn. 8 a; Münche-
126ner Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 261 Rn. 52). Hinsichtlich des gegen
127die Beklagte zu 1. geltend gemachten Räumungs- und Herausgabean-
128spruchs besteht keine anderweitige Rechtshängigkeit, weil die Beklagte
129zu 1. nicht als Partei an dem Rechtsstreit 4 0 342/01 LG Dortmund betei-
130ligt ist.
131Schließlich fehlt für den Klageantrag zu 2. auch nicht deshalb das Rechts-
132schutzbedürfnis, weil der Kläger anstelle von Frau H den Rechtsstreit
1334 0 342/01 LG Dortmund hätte übernehmen können. Dazu war der Kläger
134nicht verpflichtet.
135Nach alledem ist die Klage wegen Fehlens der Prozessführungsbefugnis
136als unzulässig abzuweisen.
137Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11 und
138711 Satz 1 ZPO.