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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
63.569,32 DM (in Worten: dreiundsechzigtausendfünfhundertneunundsechzig
32/100 Deutsche Mark) nebst 5,5 % Zinsen seit dem 24.03.1998
zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 30 %
der Klägerin, zu 70 % der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für
die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 78.000,00 DM.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung
der Beklagten gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von1.500,00 DM abzuwenden,
wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
2Die Beklagte betreibt einen Papierhandel in der Bundesrepublik
3Deutschland und in Benelux. Sie versendet seit
41997 Rechnungen und Gutschriften an ihre in Deutschland
5ansässigen Kunden über die Firma Q in W,
6Niederlande. Die Fa. Q erhält die für die
7Rechnungsstellung erforderlichen Daten auf elektronischem
8Weg von der Beklagten. Auf der Grundlage dieser
9Daten erstellt sie die Rechnungen, druckt sie aus und
10versendet sich über die niederländische PTT-Post international
11zu einem Porto, das nach Behauptung der Beklagten
1285 Cent pro Brief beträgt.
13Die Klägerin, die Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost
14Postdienst, teilte der Beklagten mit Schreiben
15vom 30.01.1997 und 31.01.1997 mit, sie werde die Briefsendung
16aus den Niederlanden ausliefern, aber nach Art.
1725 § 3 Weltpostvertrag mit den für Inlandssendungen
18geltenden Tarifen in Rechnung stellen. Mit Schreiben
19vom 03.02.1997 verlangte sie von der Beklagten Zahlung
20eines Betrages von 4.022,00 DM für im Monat Januar 1997
21festgestellte, aus den Niederlanden eingegangene Sendungen.
22Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom
2313.02.1997 Zahlung ab. Die Klägerin bestand mit Schreiben
24vom 10.03.1998 auf Zahlung. Mit Schreiben vom
2506.03.1998 stellte sie für 97.700 Sendung einen Betrag
26in Höhe von 103.162,90 DM in Rechnung. Die Beklagte
27lehnte die Zahlung erneut mit Schreiben vom 25.03.1998
28ab. Mit Schreiben vom 12.11.1998 verlangte die Klägerin
29von der Beklagten für den Zeitraum Januar bis September
301998 eingegangene Sendungen aus den Niederlanden unter
31Berücksichtigung der von der ausländischen Post für die
32Sendung zu erwartenden Zahlung einen Betrag von
33144.611,43 DM. Auf den genauen Inhalt der vorgenannten
34Schreiben wird auf Blatt 49 bis 60, Blatt 251 und 256
35bis 259 d. A. Bezug genommen.
36Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung des inlän-
37dischen Beförderungsentgeltes für im Jahr 1997 aus den
38Niederlanden eingelieferte Sendungen in Anspruch. Sie
39begehrte zunächst Zahlung eines Betrages von
40103.162,90 DM für 97.700 Standardsendungen und verlangt
41nunmehr für 97.727 Sendungen die Zahlung von
42108.270,60 DM abzüglich 36.578,25 DM erhaltener End-
43vergütung aus dem Ausland.
44Die Klägerin stützt ihren Zahlungsanspruch auf Art. 25
45§ 3 S. 1 Weltpostvertrag 1989. Hierfür sei eine vorherige
46Aufforderung des inländischen Absenders nicht erforderlich.
47Die Beklagte sei nach dem maßgeblichen materiellen
48Absenderbegriff auch Absender der streitbefangenen
49Sendungen. Dass diese nach vorhergehender
50elektronischer Datenübermittlung in den Niederlanden
51ausgedruckt werden, stehe einer Anwendung von Art. 25
52Weltpostvertrag 1989 nicht entgegen. Die Geltendmachung
53des Anspruchs auf Zahlung Inlandsgebühren abzüglich der
54von der ausländischen Post bezahlten Endvergütung verstoße
55auch nicht gegen Vorschriften des EG-Vertrages.
56Die Klägerin errechnet einen Zahlungsanspruch von 71.692,35 DM
57entsprechend der Forderungsaufstellung Anlage K 24 a
58(Blatt 275 f.d.A.). Sie behauptet hierzu, ausser
59der Sendung des Typs "Standard" seien auch solche des
60Typs "Kompakt" verrechnet worden. Der Zahlungsanspruch sei auch
61nicht verjährt, da für Ansprüche aus Art. 25 § 3 Welt-
62postvertrag 1989 die vierjährige Verjährungsfrist des § 196 II BGB
63und nicht die einjährige Verjährungsfrist aus
64§§ 24, 27 PostG 1989 Anwendung finde.
65Die Klägerin beantragt unter teilweiser Klagerücknahme
66nunmehr,
67die Beklagte zu verurteilen, an sie 71.692,35 DM
68nebst 5,5 % Zinsen seit dem 24.03.1998 zu zahlen.
69Die Beklagte beantragt,
70die Klage abzuweisen.
71Die Beklagte vertritt die Auffassung, das sogenannte
72"non-physical-Remailing" unterfalle nicht dem Tatbestand
73des Art. 25 Weltpostvertrag. Aus der Vorschrift
74ergebe sich auch kein Gebührenanspruch, sondern nur eine
75Wahlmöglichkeit der Postverwaltung zwischen Zurücksendung
76und Vernichtung der Sendung im Fall der Zahlungsverweigerung
77durch den Absender. Art. 25 Weltpostvertrag
78sei darüber hinaus europarechtswidrig, und zwar auch
79dann, wenn um eine Endvergütung gekürzte Inlandsgebühren
80verlangt würden. Die Beklagte bestreitet die Versendung
81von Kompaktsendungen. Sie beruft sich für Zahlungsansprüche
82betreffend Briefsendungen im Zeitraum
83vom 01.01.1997 bis 05.03.1997 auf Verjährung. § 24 Abs. 1 Nr. 1
84PostG a.F. sei anwendbar, da auch auf Art. 25 § 3 Weltpostvertrag
85gestützte Forderungen Leistungsentgelte beträfen.
86Aus der Fortgeltung der alten Entgeltgenehmigungen
87ergebe sich konsequenterweise auch eine
88Fortgeltung der auf diese ursprünglich anwendbaren Verjährungsregelungen.
89Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 23.06.1999 gem.
90§ 148 ZPO analog ausgesetzt im Hinblick auf das Vorlageverfahren
91in dem Rechtsstreit 11 U (Kart.) 31/96 OLG Frankfurt.
92Auf Blatt 392 d.A. wird insoweit Bezug genommen.
93Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den
94vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten
95Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
96E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
97Die Klage ist zum Teil begründet.
98Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung eines Betrages
99wie tenoriert verlangen gem. Art. 25 § 3 Weltpostvertrag 1989.
100Die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch nach der
101vorgenannten Vorschrift sind sämtlich gegeben. Art. 25
102§ 3 Weltpostvertrag 1989 gewährt als gesetzliche Anspruchs
103grundlage einen Zahlungsanspruch und setzt keine
104Vereinbarung zwischen dem Postunternehmen und dem inländischen
105Absender voraus. Die Vorschrift erfasst auch
106das sogenannte "non-physical-Remailing".
107Das Gericht folgt insoweit der herrschenden
108Auffassung in der Rechtsprechung und verweist
109zur Vermeidung von Wiederholungen auf die von der Klägerin
110im Schriftsatz vom 13.11.2000 zitierten und teils
111vorgelegten gerichtlichen Entscheidungen. Die weiteren
112Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 25 § 3 Weltpostvertrag
113sind ebenfalls erfüllt. .
114Die Behandlung grenzüberschreitender Post als Inlandspost
115und die hieraus folgende Erhebung von Inlandsgebühren
116nach Art. 25 § 3 Weltpostvertrag 1989
117verstoßen auch nicht gegen den EG-Vertrag, wenn keine Übereinkunft
118der Postdienst der betreffenden Mitgliedsstaaten
119betreffend die Festlegung von Endvergütungen bestehen
120und wenn von anderen Postdiensten entrichtete Endvergütungen
121von den Inlandsgebühren in Abzug gebracht werden.
122Auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes
123vom 10. Februar 2000 im Vorlageverfahren C - 147/97.
124(Blatt 402-417 d. A.) wird insoweit Bezug genommen.
125Die dort genannten Voraussetzungen sind auch hier
126gegeben.
127Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt.
128Auf den gesetzlichen Anspruch aus Art. 25 § 3
129Weltpostvertrag 1989 findet die einjährige Verjährungsfrist
130der §§ 24, 27 PostG, die nur vertragliche Ansprüche
131betrifft, keine Anwendung. Im Übrigen wäre die Verjährung
132auch für den Zeitraum Januar bis Anfang März
1331997 rechtzeitig unterbrochen durch die Schreiben vom
13410.03.1997 und 06.03.1998 (Anlage K 11 und K 12 zur
135Klageschrift). Soweit in der Anlage K 11 als Datum des
136Schreibens 10.03.1996 angegeben ist, handelt es sich um
137ein offensichtliches Schreibversehen, da die Klägerin
138mit diesem Schreiben erst auf das Schreiben der Beklagten
139vom 13.02.1997 reagiert.
140Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist aber nur begründet
141in Höhe eines Betrages wie tenoriert. Die Klägerin
142hat für die Versendung von Kompaktsendungen gem. Anlage
143K 24 a nicht rechtzeitig Beweis angetreten. Die Beklagte
144hat den entsprechenden Sachvortrag der Klägerin bereits
145im Mai 1999 substantiiert bestritten. Angesichts
146dessen war die Vorlage von Meldebelegen und der hilfsweise
147Beweisantritt durch Zeugenbenennung erst drei Tage
148vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung als verspätet
149im Sinne von § 296 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
150Zur Gewährung einer Schriftsatzfrist bestand keine Veranlassung,
151da hiermit die Folgen verspäteten Vorbringens
152nicht behoben werden konnten. Aus der Forderungsaufstellung
153K 24 a verbleiben danach die geltend gemachten
154Gebühren für Standardsendungen in Höhe von
15598.118,60 DM abzüglich der hierfür geleisteten Endvergütung
156·in Höhe von 34.549,28 DM.
157Der Zinsanspruch der Klägerin ist begründet gem. § 286,
158288 BGB.
159Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 III ZPO.
160Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht
161auf §§ 708 Ziff. 11, 709, 711 ZPO.