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Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 30.06.2022 (22-2090806-0-2) bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass Gläubiger der titulierten Forderungen die Anwaltsgemeinschaft A1, C1, D1, E1 und F1 (Rechtsanwälte A1 & Kollegen GbR) ist und dass Zinsen von der titulierten Hauptforderung erst ab dem 27.05.2022 geschuldet sind.
Hinsichtlich der weitergehenden Zinsforderung wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Rechtsanwalthonorar für die Vertretung der Beklagten gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber, der Firma T1 GmbH, in Anspruch.
3Die Beklagte war mit ihrer Situation bei der Arbeitgeberin unzufrieden und strebte eine Auflösung des Arbeitsvertrages gegen die Zahlung einer Abfindung an.
4Die Beklagte hatte in der Angelegenheit zunächst den Rechtsanwalt H1 in Ort-01 mit ihrer Vertretung beauftragt. An diesen zahlte sie am 23.04.2020 ein Honorar in Höhe von 454,34 € und am 29.12.2020 weitere 520,99 €.
5Am 13.07.2020 wurde die Beklagte in der Sache erstmals bei der Klägerin vorstellig. Dort erfolgte ein Gespräch mit Rechtsanwältin C1. Die Beklagte erklärte, sie sei bei ihrer Arbeitgeberin seit 17 Jahren beschäftigt, aber den ihr übertragenen Aufgaben nicht mehr gewachsen. Sie strebe eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit Zahlung einer Abfindung aufgrund der Dauer ihrer Betriebsangehörigkeit an. Die Probleme hätten mit einem Arbeitsunfall Anfang August 2018 begonnen, danach sei sie arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Als sie im September wieder zur Arbeit erschienen sei, habe der (…)Leiter sich über sie lustig gemacht und behauptet, sie habe angeblich den Unfall selbst verursacht. In Wirklichkeit habe die Mitarbeiterin einer Leihfirma ein 20 kg schweres Blechstück auf ihr Bein fallen lassen. In einem Laden habe er zu ihr gesagt, sie sei gar nicht krank, weil kranke Personen zu Hause blieben. Der Abteilungsleiter sei nie zufrieden mit ihr gewesen. Er habe sie psychisch fertiggemacht. Daraufhin sei sie zum Arzt gegangen und sie habe sich erneut 6 Wochen lang krankschreiben lassen.
6Rechtsanwältin C1 erklärte der Klägerin, dass vor einer Übernahme ihrer Vertretung die Beklagte persönlich das Mandat mit Rechtsanwalt H1 beenden solle.
7Die Beklagte meldete sich danach wiederholt bei der Klägerin, woraufhin wiederholt mitgeteilt wurde, dass sie zunächst das Mandat von Rechtsanwalt H1 beenden solle.
8Im September 2020 übersandte die Beklagten der Klägerin unaufgefordert mehrere Verdienstabrechnungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Aus den Verdienstabrechnungen aus der Zeit Ende 2019 und Anfang 2020 ergab sich, dass die Beklagte bei Steuerklasse 5 über einen wechselhaften Nettoverdienst verfügte, der sich etwa zwischen 1.154,00 € und 1.773,00 € bewegte.
9Am 31.03.2021 wurde die Beklagte erneut bei der Klägerin vorstellig und bat darum, dass das Mandat mit Rechtsanwalt H1 durch die Klägerin gekündigt wird. Sie unterzeichnete eine Vollmacht zugunsten der Klägerin, worauf diese mit Schreiben vom gleichen Tag das Mandat mit Rechtsanwalt H1 kündigte.
10Rechtsanwältin C1 machte die Übernahme des Mandates vom Nachweis der Bezahlung der Vergütung des zuvor für die Beklagte tätig gewesenen Rechtsanwalt H1 abhängig. Mit E-Mail vom 06.04.2021 schickte die Beklagte der Klägerin Belege über ihre Zahlungen an Rechtsanwalt H1 vom 23.04. und 29.12.2020.
11Am 08.04.2021 fand ein erster Besprechungstermin zwischen der Beklagten und Rechtsanwältin C1 statt. Die Beklagte teilte auf Nachfrage der Anwältin mit, dass sie nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügt.
12Auf die Möglichkeit, Beratungshilfe zu beantragen, wies Rechtsanwältin C1 die Beklagte nicht hin. Auch im Folgenden wurde seitens der Klägerin kein entsprechender Hinweis erteilt. Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Mandatserteilung verheiratet und ihr Ehemann gleichfalls berufstätig. Von Wohnkosten in Höhe von insgesamt 812 € trug die Beklagte 406 € monatlich. Daneben zahlte sie monatlich insgesamt 525 € auf Kreditverbindlichkeiten. Ihr Konto wurde im Soll geführt.
13Die Beklagte hätte von der Möglichkeit, Beratungshilfe zu ihren Gunsten zu beantragen, Gebrauch gemacht, wenn sie darauf hingewiesen worden wäre, dass diese Möglichkeit für sie besteht.
14Mit Schreiben vom 12.04.2021 schrieb die Klägerin die Kreishandwerkerschaft, welche die Firma T1 in der Angelegenheit vertrat, erstmals an und forderten diese auf zur Übermittlung der Konditionen für eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um diese mit der Beklagten besprechen zu können
15Der zuständige Assessor W1 von der Kreishandwerkerschaft teilte daraufhin mit, die Firma T1 GmbH sei nach der Beendigung des Mandats des Rechtsanwalt H1 eigentlich davon ausgegangen, die Angelegenheit sei beendet gewesen. Die Mitarbeiterin habe bisher auch keinen konkreten Vorschlag gemacht; sollte sie daran interessiert sein, das Arbeitsverhältnis zu bestimmten Konditionen zu beenden, stehe er aber für eine telefonische Rückfrage zur Verfügung. Es entwickelte sich dann eine umfangreiche Korrespondenz zwischen der Klägerin und der Kreishandwerkerschaft und es wurden viele Telefonate geführt, um die Bedingungen für eine einvernehmliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auszuloten. Die Beklagte wünschte dabei die Zahlung einer Abfindung von 10.000 €. Die Beklagte erklärte der Klägerin, sie würde gerne mit der Firma einen Aufhebungsvertrag schließen mit Zahlung einer Abfindung und Freistellung von Tätigkeit bis August 2022. Sie könne bzw. werde sofort eine andere Tätigkeit finden und übernehmen.
16Anfang 2022 wurde die Bearbeitung des Mandats bei der Klägerin von Rechtsanwalt A1 übernommen, der am 03.03.2022 mit dem Assessor W1 von 11:30 Uhr bis 12:45 Uhr telefonierte, wonach dieser schließlich den Vorschlag unterbreitete, dass eine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.09.2022 seitens der Firma ausgesprochen werden solle und die Klägerin dagegen für die Beklagte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben würden. Der Vorschlag hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Das Arbeitsverhältnis wird einvernehmlich zum 30.09.2022 aus arbeitgeberseitigen Gründen beendet. Die Firma zahlt die bisherige Vergütung bis zum 30.09.2022. Bis dahin erfolgt Freistellung der Klägerin. Die Firma zahlt eine Abfindung von 3.000,00 €. Damit sind auch Urlaubsansprüche abgegolten. Frau P1 kann in diesem Fall sofort eine andere Tätigkeit aufnehmen.
17Rechtsanwalt A1 rechnete der Klägerin vor, dass bei Freistellung von 6 Monaten unter Fortzahlung der Vergütung dies einen Betrag von 8.400 € ergebe, also zzgl. der Abfindung in Höhe von 3.000 € einen Gesamtbetrag von 11.400 €. Die Klägerin erklärte, sich dies überlegen zu wollen. Sie wünscht eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.03. oder 30.04.2022 und Lohnfortzahlung bis zum 31.12.2022 bei Freistellung ab 01.04.2022 bzw. 01.05.2022. Sie teilte mit, sie sei noch bis 30.03.2022 krankgeschrieben und habe restliche Urlaubsansprüche bis 31.12.2022 in Höhe von insgesamt 7 Wochen. Diese sollten zusätzlich abgegolten werden. Dafür verlange sie keine Abfindung. Sie erklärte weiter, sie habe ab dem 01.04.2022 sichere Aussicht auf eine andere Stelle. Diese Vorstellungen der Beklagten wurden im Entwurf eines Schreibens an den Assessor W1 vorsorglich der Beklagten mit Mail vom 10.03.2022 mitgeteilt. Sie erklärte dazu ausdrücklich in einer Mail vom 11.03.2022 ihre Zustimmung.
18Bei einer Besprechung am 06.04.2022 teilte die Beklagte der Klägerin zunächst mit, sie habe vor etwa einem Monat einen Bandscheibenvorfall erlitten und sei deshalb in ärztlicher Behandlung; sie sei jedoch ab 30.03.2022 wieder zur Arbeit gegangen; sie habe am 08.04.2022 einen weiteren Arzttermin und lasse sich dann wieder krankschreiben.
19Mit Schreiben vom 12.04.2022 unterbreitete die Klägerin der Arbeitgeberin über den Accessor W1 folgende Lösung:
201. Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.12.2022.
212. Zahlung einer Abfindung von 4.000,00 €.
223. Vorzeitige Freistellung ab 01.05.2022 bis 31.12.2022 und Zahlung von monatlich 750,00 €
234. Abgeltung der Urlaubsansprüche von insgesamt 45 Tagen pauschal mit 2.000,00 €.
24Sodann führte Rechtsanwalt A1 am 25.04.2022 ein Telefonat mit dem Assessor W1, in dem ein Vergleich wie folgt besprochen wurde:
25Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2022.
26Abfindung: 4.000,00 € brutto
27Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt ab dem 01.05.2022 15 Stunden, die Arbeitnehmerin erhält ab dem 01.05.2022 eine monatliche Vergütung in Höhe von 750,00 € brutto.
28Die Arbeitsnehmerin wird von der Arbeitsleistung freigestellt.
29Die Arbeitsnehmerin erhält eine Urlaubsabgeltung, fällig am 31.12.2022 in Höhe von 1.984,00 € brutto.
30Die Parteien sind sich einig, dass die Arbeitsnehmerin den ihr im Übrigen zustehenden Urlaub bereits gewährt und vergütet erhalten hat.
31Die Zahlung in Höhe von monatlich 750 € sollte bis zum Jahresende 2022 erfolgen.
32Bezüglich der formalen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wurde auf Anregung des Accessors W1 vereinbart, dass die Firma T1 GmbH das Beschäftigungsverhältnis zum 31.12.2022 kündigt, und die Klägerin dagegen für die Beklagte Kündigungsschutzklage erhebt und dass dann beim Arbeitsgericht ein Vergleich gemäß der vorbesprochenen Vereinbarung geschlossen wird.
33Der Assessor W1 bestätigte den Inhalt der vorbesprochenen Einigung mit einem Vermerk, den er per E-Mail an die Klägerin schickte. Zur Darstellung wird auf die zur Akte gereichte Abschrift, Bl. 27 d.A. verwiesen. Soweit es in dem Vermerk heißt, die Beklagte werde „unbezahlt“ von der Arbeitsleistung freigestellt, ist unstreitig, dass tatsächlich besprochen war, dass die Beklagte bis zum 31.12.2022 bei Freistellung von der Arbeitsleistung 750 € monatlich erhält.
34Mit einem per E-Mail übermittelten Schreiben vom 27.04.2022 übersandte Rechtsanwalt A1 den Vermerk des Assessors W1 an die Beklagte und bat diese, sich umgehend zu melden. Die Beklagte meldete sich kurz darauf telefonisch bei der Klägerin.
35Am 28.04.2022 meldete sich die Beklagte erneut bei der Klägerin und teilte mit, sie habe ein Kündigungsschreiben vom 26.04.2022 erhalten. Rechtsanwalt A1 erläuterte der Beklagten nochmals, dass dies mit der Firma abgestimmt sei und m Kündigungsschutzprozess beim Arbeitsgericht der abgestimmte Vergleich auf Wunsch der Firma (nochmals) geschlossen werde. Der Beklagten wurden Unterlagen für die Stellung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe ausgehändigt.
36Mit E-Mail an die Klägerin vom 04.05.2022 zeigten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Übernahme der Vertretung an und kündigten das Mandat der Klägerin.
37Mit Schreiben vom 10.05.2022 rechnete die Klägerin ihre Tätigkeit gegenüber der Beklagten wie folgt ab:
38Wert: 3 x letztes monatliches Bruttogehalt = 5.9551,10 €
391,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VVRVG 460,20 €
401,5 Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VVRVG 531,00 €
41Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VVRVG 20,00 €
4219 % USt gem. Nr. 7008 VVRVG
43Gesamtbetrag: 1.203,33 €
44Mit Schreiben vom 24.05.2022 mahnte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung mit Ankündigung gerichtlicher Geltendmachung nach dem 03.06.2022.
45Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten erhoben für die Beklagte Kündigungsschutzklage und nahmen zunächst telefonischen Kontakt mit dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin der Beklagten auf. In der Folgezeigt wurden weitere Gespräche mit der Kreishandwerkerschaft geführt. Nachdem die mit der Kreishandwerkerschaft geführten Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen waren, wurde dem Arbeitsgericht Dortmund mit Schreiben vom 17.06.2022 der Inhalt der Einigung mitgeteilt. Der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Dortmund endete durch den Abschluss eines Vergleiches, dessen Zustandekommen das Arbeitsgericht Dortmund mit Beschluss vom 27.06.2022 festgestellt hat.
46Der Vergleich lautete wie folgt:
471. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 26.04.2022 mit Ablauf des 31.12.2022 enden wird.
482. Die Klägerin ist derzeit arbeitsunfähig erkrankt. Die Klägerin nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihrer Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt. Sollte die Klägerin nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit erneut arbeitsunfähig krank werden, gilt die zuvor genannte Regelung entsprechend. Die Klägerin erhält ab Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit während der Freistellungsphase Vergütung in der bisher vertraglich vereinbarten Höhe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
493. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Klägerin der ihr bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehende Urlaub bereits in den ersten vier Monaten des Jahre 2022 gewährt und vergütet worden ist. Die Parteien sind sich weiterhin darüber einig, dass darüber hinausgehende Freizeitausgleichsansprüche zugunsten der Klägerin nicht bestehen.
504. Die Beklagte zahlt an die Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit verbundenen Besitzstandes in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 15.000,00 € brutto. Dieser Abfindungsbetrag vermindert sich um die Bruttolohnaufwendungen (ohne Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung), weiche die Beklagte ab dem 20.05.2022 in Form von Entgeltfortzahlungen oder Zahlungen von Vergütung während der Freistellung auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin noch erbringt. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Abfindungsanspruch durch diese Vereinbarung entstanden und vererblich ist. Er wird mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig.
515. Die Klägerin erhält das Recht, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. In diesem Fall wird der Abfindungsbetrag mit vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig.
526. Die Beklagte erteilt der Klägerin unter dem Beendigungsdatum ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis, weiches der Klägerin gute Leistungen und ein gutes Führungsverhalten bescheinigt und die Klägerin nicht in ihrem beruflichen Fortkommen behindert. Auf Anforderung der Klägerin wird die Beklagte der Klägerin ein entsprechendes Zwischenzeugnis erteilen.
537. Damit ist der Rechtsstreit 9 Ca 1439/22 erledigt.
54Das Arbeitsgericht bewilligte der Beklagten ratenfreie Prozesskostenhilfe.
55Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe bei Erteilung des Mandates von selbst Zahlung eines Vorschusses angeboten. Die Beklagte habe auch hinzugesetzt, sie sei zur Zahlung in der Lage, zumal auch ihr Ehemann berufstätig sei. Rechtsanwältin C1 habe der Beklagten erklärt, dass durchaus erhebliche Kosten entstehen würden, und dass die außergerichtlichen Kosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren bzw. der arbeitsrechtlichen Streitigkeit nicht erstattet werden. Auf die evtl. Möglichkeit zur Stellung eines PKH-Antrages sei nur vorsorglich wegen evtl. zwischenzeitlich eingetretener Änderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen worden. Die Klägerin hätte den Fall, da eine schwierige und umfangreiche Tätigkeit zu erwarten war und die Beklagte bereits einen Anwalt beschäftigt hatte, auch nicht übernommen, wenn die Tätigkeit nur über gerichtliche Beratungskostenhilfe hätte abgerechnet werden können.
56Am 06.04.2021 seien Rechtsanwalt A1 und die Beklagte übereingekommen, dass eine Einigung mit der Arbeitgeberin zu folgenden Modalitäten erfolgen kann: Abfindung von 4.000,00 € und Zahlung von brutto 750,00 € monatlich bis zum 31.12.2022.
57In dem Telefongespräch am 25.04.2022 sei zwischen Rechtsanwalt A1 und dem Assessor W1 bereits eine verbindliche bzw. endgültige Einigung erzielt worden. Die Beklagte habe sich am 27.04.2022 telefonisch gemeldet und der Vereinbarung zugestimmt.
58Die Klägerin hat zunächst das Mahnverfahren betrieben, wobei als Antragsteller dort die „Rechtsanwälte A1 und C1“ aufgetreten sind. Am 30.06.2022 hat das Amtsgericht Hagen einen Vollstreckungsbescheid gegen die Beklagte erlassen, gegen den die Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt hat. Der Vollstreckungsbescheid bezieht sich auf eine Hauptforderung i.H.v. 1.203,33 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2022.
59Die Klägerin beantragt,
60den Vollstreckungsbescheid mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass Gläubiger die Anwaltsgemeinschaft A1, C1, D1, E1 und F1 sind.
61Die Beklagte beantragt,
62den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
63Sie behauptet, sie sei zu keinem Zeitpunkt mit einer dahingehenden Regelung einverstanden gewesen, dass sie neben einer Abfindung in Höhe von 4.000 Euro bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nur noch eine monatliche Vergütung bzw. Zahlung in Höhe von 750 Euro erhält. Weil sie mit dem entsprechenden Vorschlag von Rechtsanwalt A1 nicht einverstanden gewesen sei, habe sie das Mandat gekündigt.
64Die Beklagte ist der Auffassung, eine Einigungsgebühr sei zugunsten der Klägerin nicht entstanden. Sie trägt vor, die Tätigkeit der Klägerin sei für den Abschluss des letztlich protokollierten Vergleichs nicht ursächlich gewesen.
65Sie ist der Auffassung die Klägerin sei ihr zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie sie nicht auf die Möglichkeit, Beratungshilfe zu beantragen, hingewiesen habe. Sie trägt vor, ihre entsprechende Bedürftigkeit und fehlende Leistungsfähigkeit sei der Klägerin auch bekannt gewesen, da diese beabsichtigte in dem arbeitsgerichtlichen Klageverfahren zugunsten der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu stellen. Breits bei Erteilung des Mandats habe die Beklagte Frau Rechtsanwältin C1 bekannt gegeben, dass sie selbst lediglich Krankengeld in Höhe von rund 1.000,00 € beziehe.
66Auch behauptet die Beklagte, die Klägerin habe sie nicht darauf hingewiesen, dass sie in arbeitsgerichtlichen Angelegenheiten ihre Kosten bis zum Ende der ersten Instanz unabhängig vom Ausgang eines Verfahrens selbst zu tragen hat. Daher sei ihr die Möglichkeit genommen worden, sich vor Erteilung des Mandats darüber zu informieren, welche Kosten auf sie zukommen.
67Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und die weiteren zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen.
68Entscheidungsgründe:
69I.
70Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
711.
72Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung eines Anwaltshonorars in Höhe von 1.203,33 EUR.
73Hinsichtlich des Entstehens der ordnungsgemäß bzw. jedenfalls nicht zum Nachteil der Beklagten abgerechneten Gebühren ist zwischen den Parteien nur streitig, ob auch eine Einigungsgebühr entstanden ist.
74Dies ist der Fall, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob Rechtsanwalt A1 im Rahmen des Telefongesprächs am 25.04.2022 bereits einen rechtsverbindlichen Einigungsvertrag für die Beklagte abgeschlossen hat.
75Gem. Nr. 1000 Abs. 2 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr auch für die Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen, es sei denn, dass diese für den Abschluss des Vertrags im Sinne dieser Vorschrift nicht ursächlich waren.
76Dass ein Einigungsvertrag in der von der Klägerin bearbeiteten Angelegenheit abgeschlossen wurde, ist unstreitig, nämlich der vor dem Arbeitsgericht protokollierte Vergleich.
77Dass die Tätigkeit der Klägerin für den Abschluss des Vergleichs nicht ursächlich gewesen wäre, ist nicht festzustellen. Es genügt, dass der Anwalt nur in irgendeiner nicht völlig unbedeutenden Weise kausal tätig geworden ist (vgl. BGH NJW 2009, 922, beck-online).
78Ein solcher nicht völlig unbedeutender Kausalbeitrag ergibt sich hier bereits draus, dass Rechtsanwalt A1 mit dem Vertreter der Arbeitgeberin besprochen hatte, dass die Arbeitgeberin der Beklagten kündigen wird, damit dann im Kündigungsschutzprozess – wie zeitnah geschehen – ein Vergleich abgeschlossen werden kann. Dass die ausgesprochene Kündigung Folge der von Rechtsanwalt A1 geführten Gespräche war, ist als solches nicht streitig, folgt aber auch eindeutig aus dem zeitlichen Zusammenhang.
79Davon abgesehen ist der letztlich abgeschlossene Vertrag auch nicht derartig verschieden von der Einigung, die die Klägerin für die Beklagte angestrebt hat, dass deshalb nicht mehr von einem ursächlichen Zusammenhang gesprochen werden könnte (vgl. dazu: Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, RVG VV 1000 Rn. 274-276, wonach es darauf ankommen soll, ob entweder die Einigung im Großen und Ganzen dem Rat oder Entwurf des Anwalts entspricht und der Vertragskern fortbesteht oder ob andererseits die Parteien an Stelle der unter Mitwirkung des Anwalts vorbereiteten Einigung eine wesentlich abweichende Einigung geschlossen haben). Vorliegend hatte der „Vertragskern“ insofern Bestand, als eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2022 bei Freistellung der Beklagten von der Arbeitstätigkeit und Zahlung einer Abfindung vereinbart wurde. Auch wenn die Regelungen bezüglich der Höhe der Abfindung und deren Modalitäten erheblich (zugunsten der Beklagten) modifiziert wurden, ist doch ersichtlich, dass die Einigung ihrem Wesen bzw. Kern nach an die bereits zuvor geführten Gespräche anknüpfte und nicht ein gänzlich neu gedachter Vergleich ausgehandelt wurde.
802.
81Der Vergütungsanspruch ist nicht gem. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB untergegangen, weil die Klägerin durch vertragswidriges Verhalten die Kündigung der Beklagten veranlasst hätte.
82Dass Rechtsanwalt A1 ohne Zustimmung der Beklagten einen Vergleich abgeschlossen hätte, der nicht (in den wesentlichen Punkten) mit der Beklagten abgestimmt war, behauptet die Beklagte nicht, denn sie trägt vor, dass ein verbindlicher Vergleich nicht durch Rechtsanwalt A1 vereinbart worden sei. Dafür spricht im Übrigen auch, dass die Arbeitgeberin der Beklagten dazu bereit war, die Höhe der Abfindung noch erheblich zu Gunsten der Beklagten zu erhöhen.
83Nach dem Vortrag von Rechtsanwalt A1 – den die insoweit beweisbelastete Beklagte nicht zu widerlegen vermag – waren die wesentlichen Modalitäten der in dem Telefongespräch vom 25.04.2022 erörterten Einigung auch im Vorfeld mit der Beklagten abgestimmt.
84Soweit Rechtsanwalt A1 der Beklagten mit dem Schreiben vom 27.04.2022 dazu geraten hat, einer Einigung entsprechend dem Vermerk des Assessor W1 über den Inhalt des Telefongespräches vom 25.04.2022 zuzustimmen, obwohl der Assessor vermerkt hatte, die Beklagte sollte unbezahlt freigestellt werden, behauptet die Beklagte nicht, dass gerade dieser Fehler sie zu der Kündigung veranlasste. Auch wäre die Beklagte ggf. verpflichtet gewesen, hier zunächst bei der Klägerin nachzufragen, denn auch für sie muss angesichts der im Vorfeld geführten Gespräche ersichtlich gewesen sein, dass es sich dabei nur um einen Fehler bzw. Irrtum handeln konnte.
853.
86Die Beklagte kann dem Vergütungsanspruch auch nicht entgegenhalten, dass die Klägerin sich ihr gegenüber gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig gemacht hätte, weil sie die Beklagte nicht auf die Möglichkeit hingewiesen hat, für die außergerichtliche Vertretung Beratungshilfe zu beantragen.
87Gem. § 16 Abs. 1 BORA ist der Rechtsanwalt zu einem entsprechenden Hinweis „bei begründetem Anlass“ verpflichtet.
88Fraglich ist, ob ein solcher „begründeter Anlass“ vorliegend gegeben war. Im Ergebnis ist dies nach Auffassung des Gerichts nicht zum Vorteil der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten festzustellen.
89Der BGH hat formuliert, dass die Verpflichtung zum Hinweis auf die Möglichkeit der Beratungshilfe bei einem „erkennbar mittellosen Mandanten“ bestehe (BGH NJW 2007, 844 Rn. 23, beck-online). Teilweise wird es für ausreichend erachtet, dass für den Rechtsanwalt erkennbar ist, dass der Mandant zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören könnte (Gerold/Schmidt, RVG § 1 Rn. 158, beck-online; für eine niedrigschwellige Hinweispflicht auch: OLG Hamm, Urteil vom 30. April 2015 – I-28 U 88/14 –, Rn. 57 - 58, juris: der Anwalt müsse unnötige Kosten vermeiden und deshalb „bei entsprechenden Anhaltspunkten“ auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hinweisen; dabei stellt das OLG Hamm allerdings fraglicher Weise (s.u.) darauf ab, dass der Anwalt „bei der Bearbeitung des erteilten Mandats“ gehalten sei, die Klägerin als Mandantin vor vermeidbaren Nachteilen zu bewahren; vgl. des Weiteren: OLG Celle, Beschluss vom 17. Juli 2009 – 3 U 139/09 –, Rn. 14, juris: Hinweispflicht bejaht, wenn im Laufe der Beratung „ohne weiteres zu erkennen“, dass die Voraussetzungen der Beratungshilfe gegeben sind; Zuck in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, § 16 BORA BORA, Rn. 7: es muss Anhaltspunkte für die „Notwendigkeit von Beratungshilfe“ geben, was auch bei Berufstätigen mit „beschränktem Einkommen“ der Fall sein könne; Poller/Härtl/Köpf, Gesamtes Kostenhilferecht, BORA § 16 Rn. 3, beck-online: Ein begründeter Anlass dürfte immer dann gegeben sein, wenn Anhaltspunkte darauf hindeuten, dass auch die wirtschaftlichen Verhältnisse den Rechtsuchenden davon abhalten könnten, sein berechtigtes Rechtsschutzziel zu verfolgen, obwohl hinreichende Erfolgsaussichten bestünden, unter bestimmten Umständen (etwa bei Harz-IV-Empfängern, Studenten etc.) müsse der Anwalt in der Regel auch ungefragt auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme staatlicher Finanzierungshilfen hinweisen, sofern der Rechtsuchende „erkennbar Bedarf an einer solchen Unterstützung“ hat, insbesondere bei voraussichtlich relativ hohen Kosten).
90Nach Auffassung des erkennenden Richters ist – entgegen der Auffassung des OLG Hamm (a.a.O.) – nicht maßgeblich bzw. vordergründig darauf abzustellen, dass der Anwalt verpflichtet sei, unnötige Kosten für „seinen Mandanten“ zu vermeiden, was dazu führen würde, dass eine Hinweispflicht tatsächlich immer dann bestehen würde, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Mandant Anspruch auf Beratungshilfe haben könnte. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt muss vielmehr sein, dass der Sinn und Zweck der Beratungshilfe darin besteht, dass Bürger mit geringem Einkommen und Vermögen nicht durch ihre finanzielle Lage daran gehindert werden, sich außerhalb gerichtlicher Verfahren, für die das Institut der Prozesskostenhilfe besteht, sachkundigen Rechtsrat zu verschaffen (vgl.: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16. Januar 2008 – 1 BvR 2392/07 –, BVerfGK 13, 201-204, Rn. 7). Ist dieser Zweck der Beratungshilfe nicht betroffen, besteht kein Anlass, den Anwalt zu zwingen zum Nachteil der Staatskasse kein „reguläres“ RVG-Mandat entgegenzunehmen, zumal der Anwalt ggf. selbst ein Interesse daran haben kann, dass Mandat im Wege der Beratungshilfe durchzuführen, wenn er Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Mandanten hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung darüber, ob der Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe tätig wird, nach der Konzeption des BerHG – entsprechend dem Zweck, den Zugang zu Rechtsrat zu ermöglichen – dem Beginn der eigentlichen anwaltlichen Tätigkeit vorgelagert ist, weshalb die Hinweispflicht nach § 16 Abs. 1 BORA eher dem vorvertraglichen Bereich – also dem Stadium, in dem der Anwalt noch nicht der vertraglich beauftragte Interessenvertreter des Mandanten ist – als der eigentlichen Anwaltstätigkeit bzw. der Bearbeitung des Mandats zuzuordnen ist. Gem. § 6 Abs. 2 BerHG kann der Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe zwar fristgebunden auch noch nach Beginn der Beratungstätigkeit gestellt werden. Dies setzt aber gem. § 6 Abs. 2 BerHG voraus, dass sich der Rechtsuchende „wegen Beratungshilfe“ an eine Beratungsperson wendet, woraus die wohl h.M. zum Beratungshilferecht – nach Auffassung des erkennenden Richters zu Recht – schließt, dass keine nachträgliche Bewilligung erfolgen kann, wenn sich der Rechtsuchende nur mit seinem Anliegen, jedoch ohne seine Bedürftigkeit zu offenbaren, an die Beratungsperson wendet; es muss bereits bei Beginn der anwaltlichen Beratungstätigkeit klar sein, dass die Tätigkeit im Wege der Beratungshilfe erfolgt, damit solche nachträglich bewilligt werden kann (vgl. die Nachweise bei: Poller/Härtl/Köpf, Gesamtes Kostenhilferecht, BerHG § 6 Rn. 13, beck-online). Insofern ist die Annahme, der Rechtsanwalt müsse nach der bereits erfolgten Begründung des Mandats aufgrund seiner Pflicht zur Vermeidung unnötiger Kosten auf die Möglichkeit von Beratungshilfe hinweisen, nach der Konzeption des Beratungshilferechts systemwidrig. Daran anknüpfend muss es für das Bestehen eines „begründeten Anlasses“ im Sinne von § 16 Abs. 1 BORA maßgeblich darauf ankommen, ob der Mandant vor bzw. im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erteilung des Mandats zu erkennen gibt, dass er die Kosten nicht wird tragen können (z.B. weil er „erkennbar mittellos ist“, vgl. BGH a.a.O.) bzw. dass die Kosten ihn möglicherweise davon abhalten könnten, das Mandat zu erteilen. In diesem Fall muss dann der Anwalt auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hinweisen.
91Vorliegend ist zwar festzustellen, dass die Klägerin bereits bei Beginn der anwaltlichen Vertretung – dem Beginn des ersten Beratungsgespräches am 08.04.2021 – Informationen dazu vorliegen hatte, dass die Beklagte ein relativ geringes Einkommen bezieht (im Durschnitt jedenfalls deutlich Weniger als 2.000 Euro netto) und zudem wiederkehrend Krankengeld bezog. Insofern handelte es sich um Einkommensverhältnisse anhand derer die Klägerin hätte erkennen können, dass die Beklagte möglicherweise Anspruch auf Beratungshilfe haben könnte. Aufgrund der vorliegenden Informationen musste die Klägerin im vorliegenden Einzelfall aber nicht davon ausgehen, dass die Beklagte die Kosten einer regulären Vertretung nicht würde tragen können oder dass die Kosten sie möglicherweise davon abhalten könnten, das Mandat zu erteilen. Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Klägerin bekannt war, dass auch der Ehemann der Beklagten berufstätig ist (aus den vorliegenden Lohnabrechnungen war erkennbar, dass die Beklagte die Steuerklasse 5 gewählt hatte, was dafür spricht, dass der Ehemann über ein besseres Einkommen als die Beklagte verfügte). Zwar ist fraglich, ob für den Fall ein unterhaltsrechtlicher Anspruch der Beklagten gegen ihren Ehemann auf Zahlung der Kosten für die außgerichtliche anwaltiche Vertretung bestanden hätte, der einer Bewilligung von Beratungshilfe entgegengestanden hätte. Darauf kommt es aber nach Auffassung des Gerichts nicht an, weil auch dann, wenn der Ehemann die Kosten außerhalb einer Rechtspflicht übernommen hätte, die Beklagte nicht auf die Inanspruchnahme von Beratungshilfe angewiesen gewesen wäre. Davon unabhängig, kann Beratungshilfe auch nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Kosten aus dem eigenen (einzusetzenden) Vermögen finanziert werden können und bei einer „Doppel-Verdiener-Ehe“ muss sich dem Anwalt - auch bei vergleichsweise niedrigen Einkommen - jedenfalls nicht aufdrängen, dass entsprechende finanzielle Rücklagen nicht vorhanden sein werden. Dass die Beklagte verschuldet war, war der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns der Anwaltstätigkeit nicht bekannt bzw. ist dies jedenfalls nicht festzustellen. Des Weiteren ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Klägerin bekannt war, dass die Beklagte bereits Kosten in Höhe von insgesamt 975,33 € für die Tätigkeit des Rechtsanwalt H1 in gleicher Sache entrichtet hatte. Dies bedeutet einerseits, dass der Beklagten unabhängig von diesbezüglichen Hinweisen der Klägerin bewusst sein musste, dass mit der Vertretung durch die Klägerin Kosten in einer vergleichbaren Größenordnung verbunden sein werden und andererseits, dass die Beklagte nicht derartig mittellos war, dass sie entsprechende Kosten nicht aufbringen kann. Dass die Beklagte im Zuge der Erteilung des Mandats gegenüber der Klägerin irgendwie darauf hingewiesen hätte, dass sie die Kosten des Mandats nicht aufbringen kann oder dass die Kosten für sie „ein Problem“ wären, behauptet die Beklagte schon nicht.
92Darauf, dass zu einem deutlich späteren Zeitpunkt der Bearbeitung des Mandats die Klägerin für die Beklagte einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen wollte, kommt es nicht an.
934.
94Soweit sich die Beklagte weiter darauf beruft, die Klägerin hätte sie nicht darüber aufgeklärt, dass in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten die Kosten der Partei nicht von der Gegenseite erstattet werden, ist schon nicht ersichtlich, dass eine entsprechende Information die Beklagte davon abgehalten hätte, der Klägerin ein Mandat zu erteilen. Auch insoweit – dafür, dass ein entsprechender Hinweis nicht erteilt wurde und dass dies kausal für die Vergütungsforderung der Klägerin geworden ist – ist die Beklagte beweisbelastet und beweisfällig.
955.
96Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB. Schuldnververzug ist allerdings erst mit dem Zugang der Mahnung vom 24.05.2022 eingetreten, weshalb Zinsen seit dem 27.05.2022 zugesprochen wurden.
97II.
98Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.