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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf bis zu 5.000,00 € festgesetzt.
1.
2Die Klage wird abgewiesen.
32.
4Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
53.
6Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
74.
8Der Streitwert wird auf bis zu 5.000,00 € festgesetzt.
9T a t b e s t a n d :
10Die Klägerin ist Miteigentümerin innerhalb der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Wegen der der Gemeinschaft zugrunde liegenden Teilungserklärung wird auf Bl. 54 ff. d.A. Bezug genommen. Die Miteigentümer N sind Miteigentümer der WE 2, der ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche zugeordnet ist. Auf dieser Sondernutzungsfläche haben die Miteigentümer N ein Gartenhaus und eine Terrasse errichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Lichtbilder Bl. 103 ff. d.A. sowie auf die im Ortstermin am 29.03.2022 angefertigten Lichtbilder Bl. 134 ff. d.A. Bezug genommen. Im Zeitpunkt der Errichtung bzw. Erweiterung der Terrasse sowie des Gartenhauses verfügten die Miteigentümer N nicht über einen genehmigenden Beschluss. Am 20. Mai 2021 fand eine Eigentümerversammlung statt. Unter dem Tagesordnungspunkt 7 wurden folgende Beschlüsse protokolliert:
11„Erörterung und Beschlussfassung über die nachträgliche Genehmigung folgender baulichen Maßnahme:
12Die bestehende Terrasse im hinteren Bereich des Gartens (a Gartenhaus), der als Sondernutzungsrecht dem Sondereigentum Nr. 2 zugeordnet ist, wird bis zu einer Fläche von 40 m² zu erneuert und vergrößert. Hierzu wurde ein Fundament gegossen und Platten neu verlegt. Die Kosten der baulichen Veränderung tragen die Eigentümer Q und N.
13Die Angelegenheit wird sehr kontrovers diskutiert. Herr B und Herr N2 weisen darauf hin, dass das Sondernutzungsrecht Garten ausschließlich gärtnerisch zu nutzen, zu unterhalten und zu pflegen ist. Vor vielen Jahren wurde der Voreigentümerin der Wohnung 2 die Genehmigung erteilt auf ihrem Sondernutzungsrecht ein kleines Gerätehaus aufzustellen. Weiterhin wurde über die letzten Jahre für die Wohnung 2, der Bau und die Nutzung einer Terrasse auf dem Sondernutzungsrecht durch die Gemeinschaft geduldet. Herr N hat ohne Beschlussfassung durch die Eigentümer, lediglich nach Einholung der mehrheitlichen mündlichen Zustimmung, mit dem Bau der Terrasse begonnen. Ein Beschluss über die nachträgliche Genehmigung der Terrasse im schriftlichen Umlaufverfahren ist nicht zustande gekommen, da Frau I und Herr N2 diesem nicht zugestimmt haben. Um die Angelegenheit abschließend klären zu lassen, hat Herr N den Antrag gestellt in der Versammlung über die nachträgliche Genehmigung zum Bau der Terrasse beschließen zu lassen. Herr N2 und Herr B weisen an dieser Stelle darauf hin, dass sie den Beschluss vor Gericht anfechten werden. Frau I und auch ein Mieter von Herrn N2 haben erklärt, dass sie von der Terrasse geblendet werden, und dass Sorge besteht, dass große Partys dort gefeiert werden.
14Beschlussvorschlag:
15Es wird nachträglich die Genehmigung erteilt die bestehende Terrasse im hinteren Bereich des Gartens (am Gartenhaus), der als Sondernutzungsrecht dem Sondereigentum Nr. 2 zugeordnet ist, bis zu einer Fläche von 40 m² zu erneuern und zu vergrößern. Hierzu wurde ein Fundament gegossen und Platten neu verlegt. Die Kosten und Folgekosten der baulichen Veränderung tragen die Eigentümer Q und N.
16Abstimmungsart:
17Handzeichen
18Abstimmungsergebnis:
19Nein-Stimmen: 315,500/1.000stel MEA (I und N2)
200 Enthaltungen
21Ja-Stimmen: 684,500/1.000stel MEA (die übrigen Eigentümer)
22Beschlussergebnis:
23Somit ist dieser Beschlussvorschlag mit Mehrheit angenommen.
24Da alle Eigentümer auf der Versammlung anwesend bzw. durch Vollmacht vertreten sind, besteht Einigkeit dahingehend, dass über folgenden zusätzlichen Beschlussantrag beschlossen werden soll:
25Antrag Herr N2:
26Erörterung und Beschlussfassung über den Rückbau der nicht genehmigten Terrasse und des aufgestellten Zaunes im hinteren Bereich des Gartens des Sondernutzungsrechts Nr. 2 Q/N.
27Beschlussvorschlag:
28Die Miteigentümer Q/N müssen mit sofortiger Wirkung, die nicht genehmigte Terrasse zurückbauen und den ursprünglichen Zustand des Sondernutzungsrechts wieder herstellen. Weiterhin soll auch der aufgestellte Zaun im hinteren Bereich des Gartens unverzüglich entfernt werden.
29Abstimmungsart:
30Handzeichen
31Abstimmungsergebnis:
32Ja-Stimmen: 315,500/1.000stel MEA (I und N2)
330 Enthaltungen
34Nein-Stimmen: 684,500/1.000stel MEA (die übrigen Eigentümer)
35Beschlussergebnis:
36Somit ist dieser Beschlussvorschlag mit Mehrheit abgelehnt.“
37Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beschluss zum TOP 7 ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche. Es handele sich um eine nicht genehmigte störende unzulässige bauliche Veränderung. Dies habe die Klägerin nicht hinzunehmen. Dies folge schon aus der Teilungserklärung unter § 7 Ziff. 5. Es handele sich hier um eine abweichende Vereinbarung, ein dauerhafter abweichender Regelungswille würde vorliegen. Die Eigentümer hätten der Zustimmung des Verwalters für die durchgeführte Maßnahme bedurft. Auch werde der Nutzungszweckbestimmung der Gemeinschaftsordnung unter § 3 Ziff. 3 nicht genügt, da es sich um eine gärtnerisch genutzte Fläche handele. Es handele sich hier nicht um eine gärtnerische Nutzung sondern um die Errichtung einer Freizeit-/Partyanlage. Darüber hinaus würde eine erhebliche Blendwirkung von der schneeweißen großen Terrassenfläche ausgehen.
38Die Klägerin beantragt:
391. Der Beschluss der Eigentümerversammlung der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft F-Weg in E vom 20.05.2021 zu Tagesordnungspunkt 7 (1. Beschluss) betreffend die nachträgliche Genehmigung der Errichtung einer 40 m² großen Terrasse auf der dem Sondereigentum Nr. 2 zugeordneten Sondernutzungsfläche nebst Gießen eines Fundaments und Verlegung von Platten wird für ungültig erklärt.
402. Das Gericht möge nach billigem Ermessen als Beschluss der Beklagten entscheiden, dass die Beklagte von den Miteigentümern der Sondereigentumseinheit Nr. 2/Sondernutzungsberechtigten der Sondernutzungsfläche Nr. 2 (Miteigentümer Q/N) den Rückbau der zu Tagesordnungspunkt 7 nachträglich genehmigten Terrasse von 40 m² nebst Platten und Fundament unter Fristsetzung verlangt und im Falle fruchtlosen Fristablaufes unter Einschaltung eines Rechtsanwalts die gerichtliche Durchsetzung des oben bezeichneten Anspruchs erfolgt.
41Die Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Die anderen Terrassen und Gartenhäuser in der Gemeinschaft würde es schon seit vielen Jahren geben, wobei sich gegen diese Gartenhäuser die Klage wohl nicht richte. Die bauliche Veränderung gestalte die Wohnanlage nicht grundlegend um und auch würde ein Wohnungseigentümer nicht unbillig benachteiligt. Eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 47 WEG sei nicht zu erkennen. Auch eine Terrasse stelle noch eine gärtnerische Nutzung dar. Eine etwaige Spiegelung auf den Terrassenplatten würde auch von den übrigen Wohnungseigentümern wahrzunehmen sein.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die protokollierten Erklärungen und die im Ortstermin angefertigten Lichtbilder Bezug genommen.
45E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
46Die zulässige Klage ist unbegründet. Mit der von der Klägerin innerhalb der Klagebegründungsfrist vorgetragenen Gründe sind die in der Eigentümerversammlung vom 20.05.2021 zu TOP 7 gefassten Beschlüsse (sowohl die Genehmigung als auch der Negativbeschluss) nicht für ungültig zu erklären. Der Genehmigungsbeschluss widerspricht nicht § 7 Abs. 3 sowie Abs. 5 der Teilungserklärung. Zum einen sprechen diese Bestimmungen schon nur vom Sondereigentum, nicht vom Sondernutzungsrecht. Zum anderen wäre selbst dann, wenn auch das Sondernutzungsrecht betroffen wäre, keine Abweichung von Vorschriften des seit dem 01.12.2020 geltenden WEG anzunehmen, da Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurden und von den Vorschriften des Gesetzes abweichen, der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Gesetzesfassung nicht entgegenstehen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt; ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen, § 47 WEG. Vorliegend ist der Teilungserklärung nicht zu entnehmen, dass dort Abweichungen zur damaligen Gesetzeslage begründet wurden, deren Fortgeltung auch bei einer Gesetzesänderung gewollt ist. Ebenso bedurfte es keiner Zustimmung des Verwalters. Denn selbst wenn eine Verwalterzustimmung wirksam begründet worden sein sollte, kann eine solche Verwalterzustimmung dadurch ersetzt werden, dass die Eigentümerversammlung die Angelegenheit an sich zieht. Vorliegend hat die Eigentümerversammlung die Angelegenheit unter dem Tagesordnungspunkt 7 der Eigentümerversammlung an sich gezogen und insoweit eine Genehmigung erteilt. Auch widerspricht die Beschlussfassung nicht § 3 Ziff. 3 a der Teilungserklärung. Die Teilungserklärung sieht insoweit zwar vor, dass die Grundstücksfläche gärtnerisch zu nutzen, zu unterhalten und zu pflegen ist. Hier spricht die Teilungserklärung aber schon nicht von einer vollständigen gärtnerischen Nutzung. Darüber hinaus sind die tatsächlichen Umstände vor Ort, wie sie sich aus den Lichtbildern Bl. 103 ff. d.A. ergeben, bei der Auslegung des Begriffs der gärtnerischen Nutzung zu berücksichtigen. Hier ist festzustellen, dass auf allen erkennbaren Sondernutzungsflächen Gartenhäuser und teilweise auch eine Terrassenfläche errichtet wurde. Insoweit fügt sich die vorhandene Terrasse/das vorhandene Gartenhaus noch in die umliegende gärtnerische Nutzung ein, sodass von einer gärtnerischen Nutzung noch auszugehen ist. Die Beschlussfassung widerspricht auch nicht § 20 Abs. 1, 4 WEG. Vorliegend genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss. Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage im Sinne des § 20 Abs. 4 WEG liegt schon deswegen nicht vor, da zum einen die Errichtung eines Gartenhauses bzw. einer Terrasse eine solche grundlegende Umgestaltung nur im Ausnahmefall begründen kann. Vorliegend sind jedoch mehrere Gartenhäuser vorhanden, sodass schon aus diesem Grund eine grundlegende Umgestaltung nicht vorliegt. Eine unbillige Benachteiligung der Klägerin im Sinne des § 20 Abs. 4, 2. Var. WEG liegt ebenfalls nicht vor. Ein solches Sonderopfer kann nur bejaht werden, wenn der individuelle Wohnkomfort eines Wohnungseigentümers gegenüber anderen durch die bauliche Veränderung deutlich eingeschränkt wird. Dabei ist im Wege einer wertenden Betrachtung auf die durchschnittliche Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer der gesamten Anlage abzustellen. Änderungen des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage führen jedoch grundsätzlich nicht zu einer solchen unbilligen Beeinträchtigung einzelner Wohnungseigentümer, da sie in der Regel alle Wohnungseigentümer in gleichem Maße beeinträchtigen (BeckOGK/Kempfle, 01.09.2021, WEG § 20 Rdnr. 231). Aufgrund der vorgelegten Lichtbilder und aufgrund der Ermittlungen im Ortstermin hat das Gericht festgestellt, dass eine etwaige Blendwirkung, die von der Terrasse ausgeht, mindestens auch die Miteigentümer treffen kann, die oberhalb des EG wohnen.
47Da die Genehmigung nicht auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären ist, hat auch der Beschlussersetzungsantrag betreffend den Rückbau keinen Erfolg, da die Genehmigung einen Rechtsgrund für die gerügte Maßnahme darstellt.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
49Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
50Rechtsbehelfsbelehrung:
51A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
521. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
532. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
54Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstr. 34, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
55Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
56Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
57Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
58B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Dortmund statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Dortmund, Gerichtsstraße 22, 44135 Dortmund, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
59Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.