Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d :
2Die Beklagten mieteten von der Klägerin ab dem 01.01.2000 eine Wohnung im Hause T in Dortmund. Die beklagtenseits gemietete Wohnung befindet sich in einer klägerischen Wohnanlage, die aus mehreren mehrstöckigen Gebäuden besteht wobei die Gesamtwohnfläche mindestens 8782,56 qm beträgt. Es handelt sich um mindestens sechs Gebäudeteile. In dieser Gesamtwohnanlage unterhält die Klägerin ein Stadtteilbüro, in dem sie wöchentliche Mietersprechstunden anbietet.
3Die Klägerin rechnete dem Mietvertrag gemäß jährlich über die Betriebskosten und Heizkosten ab. Für das Abrechnungsjahr 2009 erstellte die Klägerin am 19.12.2011 eine Abrechnung die mit einem Saldo von 105,60 € endet, am 02.12.2011 für das Jahr 2010 mit einem Saldo von 105,37 €, am 13.07.2012 für das Jahr 2011 mit einem Saldo von 85,89 € und am 20.08.2013 für das Jahr 2012 mit einem Saldo von 1.494,08 €.
4Bezüglich der Abrechnung 2009 rügten die Beklagten Verspätung und verlangten den Nachweis, dass die späte Vorlage der Nebenkostenabrechnung unverschuldet erfolgt ist.
5Unstreitig zahlten die Beklagten seit September 2011 die Vorauszahlungsbeträge nicht mehr.
6Die Beklagten hatten die Kläger mit diversen Schriftsätzen bezogen auf die Nebenkostenabrechnungen um Einsicht in die Originalbelege vor Ort gebeten. Unter anderem wurde um Zusendung von Unterlagen ersucht. Die Beklagten kündigten ein Zurückbehaltungsrecht an, soweit ihnen Belegeinsicht nicht gewährt würde.
7Die Klägerin mahnte ausstehende Beträge mit Schriftsätzen vom 09.09.2013 und 18.09.2013 zur Zahlung an. Sie übertrug den Forderungseinzug an die Fa. Deutsche Wohn-Inkasso. Später beauftragte die Klägerin die Rechtsanwälte M mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Hierfür werden Kosten in Höhe von 201,71 € geltend gemacht.
8Die Klägerin bot den Beklagten drei Termine zur Belegeinsicht am Hauptsitz der Beklagten in Bochum mit Schriftsätzen vom 20.08.2013 und 30.08.2013 an.
9Die Beklagten lehnten die Belegeinsicht in Bochum ab und forderten Einsicht der Belege in der Wohnanlage selber.
10Hinsichtlich der Vorauszahlungsbeträge besteht ein unstreitiger Rückstand in Höhe von 1.515,33 € (1.075,33 € aus Nebenkostenabrechnungen, 440,00 € Vorauszahlungsbeträge für die Monate September 2011 bis Dezember 2011). Die Klägerin begehrt neben diesen Beträgen ferner 126,63 € für Einbuchungen in ein Waschbuch, 5,00 € für Mahnungen und 201,71 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Die Klägerin berücksichtigt insgesamt Gutschriften in Höhe von 702,17 € und 18,44 € und begehrt letztendlich einen Betrag von insgesamt 1.843,67 €.
11Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei nicht verpflichtet den Beklagten Belegeinsicht in der Wohnungsanlage in Dortmund zu gewähren, vielmehr sei es ausreichend, wenn den Beklagten Belegeinsicht am Sitz der Hauptverwaltung der Klägerin angeboten worden sei.
12Die Klägerin beantragt,
13die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin
141.641,96 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz
15seit dem 24.10.2014 sowie 201,71 € vorgerichtliche Kosten nebst
165 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.10.2014
17zu zahlen.
18Die Beklagten beantragen,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagten sind der Ansicht, dass die geltend gemachten Kosten für die Einbuchung in das Waschbuch unschlüssig und unsubstantiiert seien. Die Beklagten bestreiten die diesbezüglich geltend gemachte Höhe. Ferner sind die Beklagten der Ansicht, dass die Klägerin den Beklagten Einsicht in die Originalbelege zu den Nebenkostenabrechnungen in der Wohnanlage in Dortmund zu gewähren hätten. Nach ihrer Ansicht sei der klägerseits geltend gemachte Zahlungsanspruch aus den Nebenkostenabrechnungen daher nicht fällig.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22Die zulässige Klage ist unbegründet.
23Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein aus § 535 BGB resultierender fälliger Zahlungsanspruch gegen die Beklagten in Höhe von 1.641,96 € zu.
24Zunächst ist die Klage unbegründet, soweit die klagende Partei die fehlenden Vorauszahlungsbeträge von September bis Dezember 2011 in Höhe von insgesamt 440,00 € geltend macht.
25Diesen Betrag kann die Klägerin nicht verlangen, da mittlerweile Abrechnungsreife eingetreten ist. Ein Vermieter kann Nebenkosten als Vorauszahlungen nur so lange isoliert geltend machen, als eine Abrechnung noch nicht erteilt und die Abrechnungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Nach dem Eintritt der Abrechnungsreife kann ein Vermieter nur noch die sich aus der Abrechnung ergebenden Beträge verlangen (BGH NZM 2010, 736). Da vorliegend für das Abrechnungsjahr 2011 unzweifelhaft Abrechnungsreife eingetreten ist und darüber hinaus die klagende Partei für dieses Jahr eine Abrechnung erstellt hat, kann die Klägerin isolierte Vorauszahlungsbeträge, die auf das Abrechnungsjahr 2011 anzurechnen gewesen wären, nicht mehr isoliert geltend machen. Die Beklagten sind auch nicht verwehrt, sich auf diese Rechtsprechung zu berufen, da sie auch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht verpflichtet sind, auf diesen Einwand zu verzichten. Das Gericht verkennt nicht, dass für den Fall, dass einem Vermieter bei Erstellung einer Betriebskostenabrechnung ein Fehler unterläuft, der für den Mieter auf den ersten Blick erkennbar ist und der vom Vermieter kurz nach Ablauf der Abrechnungsfrist korrigiert wird, es dem Mieter verwehrt ist den Vermieter an seinem Versehen festzuhalten (BGH WuM 2011, 370). Denn vorliegend war der Fehler für die Beklagten aus der Betriebskostenabrechnung 2011 für die Beklagten nicht offensichtlich, da die klagende Partei in der Abrechnung für das Jahr 2011 nicht kenntlich gemacht hat, dass nicht die tatsächlich geleisteten Vorschüsse sondern sogenannte „Soll-Vorschüsse“ in die Abrechnung eingestellt wurden. Hat ein Vermieter in die Nebenkostenabrechnung Soll-Vorschüsse anstatt der tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen eingestellt, ohne dies deutlich zu machen, kann er nach Ablauf der Abrechnungsfrist die nicht geleisteten Vorauszahlungen nicht mehr verlangen (Landgericht Krefeld, WuM 2011, 368). So liegt der Fall hier. Die Klägerin hatte in der Abrechnung 2011 nicht kenntlich gemacht, dass sie Soll-Vorauszahlungen in die Abrechnung eingestellt hat. Daher war es den Beklagten nicht möglich, den diesbezüglichen Fehler sofort zu erkennen. Dementsprechend ist die Klägerin nun nicht mehr befugt, die fehlenden Vorauszahlungsbeträge nach Ablauf der Abrechnungsfrist isoliert im Wege der Klage geltend zu machen.
26Die Klage ist ebenso unbegründet, soweit die Klägerin Kosten in Höhe von 126,63 € für Einbuchungen in ein Waschbuch geltend macht.
27Auf das Bestreiten der beklagten Partei zu Grund und Höhe hat die klagende Partei nicht ansatzweise dargelegt, woraus sich diese Forderung in Grund und Höhe ergeben soll. Der Vortrag der Klägerin ist insoweit unschlüssig, zudem ist sie beweisfällig geblieben.
28Weiterhin ist die Klage unbegründet, soweit die Klägerin aus der Abrechnung der Nebenkosten für das Jahr 2009 Kosten in Höhe von 105,60 € begehrt.
29Denn die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 ist unstreitig nach Ablauf der Abrechnungsfrist erstellt worden. Nach § 566 Abs. 3 Satz 3 BGB ist ein Vermieter nicht berechtigt, Nachforderungen aus einer Nebenkostenabrechnung geltend zu machen, die erst erteilt wird, wenn die Abrechnungsfrist verstrichen ist. Da die klagende Partei unstreitig erst nach Ablauf der Abrechnungsfrist die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 erstellt hat und im Verfahren keinerlei Begründung dazu vorgetragen hat, warum die Abrechnung so spät erstellt wurde, ist sie nunmehr mit einer Nachforderung ausgeschlossen.
30Aber auch soweit die klagende Partei aus den sonstigen Nebenkostenabrechnungen einen Restbetrag in Höhe von 969,73 € geltend macht, ist die Klage derzeit unbegründet, da der diesbezügliche Abrechnungsbetrag zumindest derzeit nicht fällig ist. Die mangelnde Fälligkeit beruht auf dem Umstand, dass den Beklagten die von diesen geforderte Belegeinsicht in die Abrechnungsunterlagen am Ort der Wohnung bzw. am Ort der Wohnanlage verwehrt wurde.
31Grundsätzlich wird ein Abrechnungssaldo mit Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung fällig (BGH DWW 2005, 230). Der Mieter hat nach Zugang einer Betriebskostenabrechnung aber ein eigenständiges Prüfungsrecht, sodass eine diesbezügliche Abrechnung bzw. ein daraus resultierender Saldo erst fällig wird, wenn dem Mieter auf dessen Verlangen eine Überprüfung der Abrechnung ermöglicht wurde (OLG Düsseldorf, ZMR 2000, 453; BGH NZM 2006, 340). Das die Fälligkeit des Saldos hindernde Zurückbehaltungsrecht berechtigt einen Mieter zudem, die laufenden Vorauszahlungsbeträge einzubehalten (BGH WuM 2012, 276).
32Ein Mieter hat dabei grundsätzlich das Recht auf Einsicht in die Originalbelege (LG Freiburg, NJW-RR 2011, 1096). Zusätzlich hat der Mieter grundsätzlich das Recht auf Zusendung von Kopien gegen Kostenerstattung zur Vorlage der Belege seiner Rechtsvertretung, um die Unterlagen prüfen zu können (AG Bremen, WuM 2012, 32). Liegt der Sitz des Vermieters und die Wohnung im gleichen Ort, so hat der Mieter grundsätzlich nur das Recht, die Belege am Sitz des Vermieters einzusehen (BGH WuM 2006, 200). Liegt die Wohnung nicht am Sitz des Vermieters und ist die Entfernung zwischen beiden Orten sehr groß, so hat der Mieter das Recht die Belege am Mietort einzusehen (LG Freiburg, NJW-RR 2011, 1096).
33Umstritten ist die Frage, wo die Belegeinsicht zu erfolgen hat, wenn der Sitz des Vermieters an einem anderen Ort ist als sich die Wohnung befindet, die Distanz aber nicht sehr groß ist. Insoweit ist die Entscheidung danach zu fällen, ob dem Mieter eine Anreise zum Sitz des Vermieters zumutbar oder dem Vermieter es zumutbar ist, die Originalbelege an den Ort der Mietwohnung zu verbringen. Dabei ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich (BGH WuM 2010, 296).
34Nach Ansicht des Gerichtes ist bei der vorliegenden Fallgestaltung die Belegeinsicht im Stadtteilbüro der Klägerin in der Wohnungsanlage, in der sich auch die Wohnung der Beklagten befindet, durchzuführen.
35Insoweit hat das Gericht zwar berücksichtigt, dass die Entfernung von der Mietwohnung zum Sitz der Klägerin nur ca. 16 km beträgt und auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumindest teilweise erreichbar ist. Auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen, dass der Sitz der Klägerin nicht am Ort der Mietwohnung gelegen ist und zudem die Klägerin selber in der Wohnanlage der Beklagten ein Stadtteilbüro mit einer Mietersprechstunde unterhält. Es handelt sich dabei um eine sehr große Wohnanlage mit geschätzt über 100 Wohnungen. Bei einer solch großen Wohnanlage ist auch klägerseits damit zu rechnen, dass bei Nebenkostenabrechnungen mehrere Mietparteien das Recht zur Einsicht in die Belege wahrnehmen wollen. Wenn dann eine Großvermieterin in einer Wohnanlage ein eigenständiges Stadtteilbüro mit einer Mietersprechstunde unterhält, ist es der Vermieterin zumutbar die Originalbelege zu den Nebenkostenabrechnungen in dieses Stadtteilbüro zu verbringen, damit die Mieter der betroffenen Wohnanlage in diesem Stadtteilbüro während der Mietersprechstunden Einsicht nehmen können. Die Mieter, mithin die Beklagten, bei dieser Sachlage auf eine Anreise zum Sitz der Hauptverhaltung zu beschränken, ist unzulässig. Wenn es der Klägerin ohne weitere Mühen möglich ist den Mietern die Belegeinsicht vor Ort im Stadtteilbüro zu ermöglichen, können die Beklagten nicht auf eine weitere Anreise in eine Nachbarstadt zur Belegeinsicht verwiesen werden. Nicht die Beklagten sondern die Klägerin würde sich treuwidrig verhalten, wenn sie die Mieter auf eine Belegeinsicht am Sitz der Klägerin in der Nachbarstadt verweisen würden, obwohl sie selber ein ausgelagertes Stadtteilbüro in der konkreten Wohnanlage für die Mieter unterhält. Ein entsprechendes Handeln der Klägerin wäre treuwidrig, wenn sie trotz dieses Stadtteilbüros die Mieter nach Bochum zitiert, da dieses Verlangen letztendlich eine unzumutbare Belastung der Mieter darstellen würde und allein den Zweck haben kann, die Einsichtnahme zu erschweren oder die Mieter von der Einsichtnahme abzuhalten.
36Da die Beklagten unstreitig mehrmals Einsicht in die Originalbelege im Bereich der Wohnanlage gefordert haben, die Klägerin aber unstreitig dieses Begehren abgelehnt hatte, ist der aus den Nebenkostenabrechnungen fällige Nachzahlungsbetrag derzeit nicht zur Zahlung fällig.
37Die Klage unterlag daher hinsichtlich der Hauptforderung insgesamt der Abweisung.
38Ebenso ist die klägerseits geltend gemachte Nebenforderung unbegründet.
39Zum einen liegen die Voraussetzungen des Verzuges aus den vorstehenden Gründen nicht vor, zum anderen kann die Klägerin als gewerbliche Großvermieterin für die Forderungseintreibung keine vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten verlangen (AG Dortmund, Urteil vom 06.01.2015, 425 C #####/####; AG Dortmund, Urteil vom 18.02.2014, 412 C #####/####). Die Klägerin als gewerbliche Großvermieterin hätte Mahnungen und die vorgerichtliche Forderungsbeitreibung, wie sie es in der Vergangenheit vor Gründung ihres eigenen Inkassounternehmens immer getan hatte, selbst erledigen können. Die gleichwohl nunmehr erfolgte Beauftragung eines Rechtsanwaltes war nicht notwendig; zumindest hat die Klägerin damit ihre Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB verletzt.
40Da die Hauptforderung und auch die Nebenforderung nicht begründet ist, unterlag auch die geltend gemachte Zinsforderung der Abweisung.
41Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.
42Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit orientiert sich an §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
43Rechtsbehelfsbelehrung:
44Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
45a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
46b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
47Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L-Straße, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
48Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
49Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
50Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.