Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Auf die Berufungen der Angeklagten und unter Verwerfung der weitergehenden Berufungen werden die angefochtenen Urteile
des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 11.10.2016,
des Amtsgerichts Detmold vom 02.09.2016 und
des Amtsgerichts Detmold vom 17.02.2017 aufgehoben.
Die Angeklagte wird wegen Volksverhetzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.
Im Übrigen wird die Angeklagte freigesprochen.
Die Angeklagte trägt die Kosten der erstinstanzlichen Verfahren beim Amtsgericht Bad Oeynhausen (Az. 216 Js 317/14 – 85 Ds 197/16) und beim Amtsgericht Detmold (Az. 21 Js 814/16 – 2 Ds 1203/16) jeweils einschließlich ihrer notwendigen Auslagen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beim Amtsgericht Detmold (Az. 21 Js 192/16 – 2 Ds 716/16) einschließlich der notwendigen Auslagen der Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Angeklagten auferlegt, jedoch wird die Berufungsgebühr um 40 % ermäßigt und es werden 40 % der notwendigen Auslagen der Angeklagten in II. Instanz der Staatskasse auferlegt. Die Staatskasse trägt außerdem die notwendigen Auslagen der Angeklagten in der Berufungsinstanz soweit sie freigesprochen wurde.
I.
21.
3Das Amtsgericht Detmold hat die Angeklagte durch das angefochtene Urteil vom 02.09.2016 (Aktz.: 2 Ds 21 Js 192/16 – 716/16 AG Detmold) wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.
4Das Amtsgericht hat insoweit – entsprechend der Anklage vom 18.05.2016 – folgende Feststellungen getroffen:
5Die Angeklagte schrieb am 12.02.2016 an den Bürgermeister der Stadt Detmold einen Brief, welchen sie in Kopie zumindest auch an die lippischen Landeszeitung übersandte. In diesem Brief leugnete sie den in den Jahren 1941 bis 1945 begangenen Völkermord an den europäischen Juden, in dem sie unter anderen ausführte:
6„der § 130 StGB werde nur noch benutzt als Gesetz zum Schutz einer Lüge.
7in dem zur Zeit in Detmold stattfindenden Auschwitz Prozess sei eine große Anzahl von angeblichen Zeugen eingeladen, „angeblich“ deshalb, weil sie alle gar nichts bezeugen können,
8das Konzentrationslager in Auschwitz sei eindeutig für selbstständig denkende Menschen, allerdings nur nicht für Holocaust-Gläubige, erkennbar ein Arbeitslager und nicht ein Vernichtungslager gewesen. Dies solle aber durch die Leidensgeschichten und Erfahrungen der angeblichen Zeugen widerlegt werden.“
9Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren Freispruch erreichen wollte.
10Die Berufung hatte Erfolg.
112.
12Das Amtsgericht Bad Oeynhausen hat die Angeklagte durch das angefochtene Urteil vom 11.10.2016 (Aktz.: 85 Ds 216 Js 317/14 – 197/16 AG Bad Oeynhausen) – entgegen der Anklage vom 22.02.2016, die wegen der vier Tatkomplexe eine tateinheitliche Begehungsweise angenommen hatte – wegen Volksverhetzung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt.
13Das Amtsgericht hat vier Einzeltaten angenommen und für jeden Tatkomplex eine Einzelstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe verhängt.
14Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte ebenfalls form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren Freispruch erreichen wollte.
15Die Berufung hatte teilweise Erfolg.
163.
17Das Amtsgericht in Detmold hat die Angeklagte durch das angefochtene Urteil vom 17.02.2017 (Aktz.: 2 Ds 21 Js 814/16 – 1203/16 AG Detmold) wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verunglimpfung des Andenkens von Verstorbenen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.
18Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte ebenfalls form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren Freispruch erreichen wollte.
19In der Berufungshauptverhandlung wurde der Vorwurf der Verunglimpfung des Andenkens von Verstorbenen gemäß § 154a Abs. 2 StPO eingestellt.
20Die verbleibende Berufung hatte keinen Erfolg.
214.
22In der Berufungsinstanz wurden durch Beschluss der Kammer vom 07.07.2017 zunächst die Verfahren zu Zif. I.1. und I.3. miteinander verbunden.
23Durch weiteren Beschluss der Kammer vom 14.08.2017 wurde – entsprechend einer zwischen den Staatsanwaltschaft Bielefeld und Detmold getroffenen Vereinbarung – das Verfahren zu Zif. I.2. übernommen und mit dem hier anhängigen Verfahren verbunden.
24II.
25Die Hauptverhandlung hat wegen der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten aufgrund ihrer glaubhaften Einlassung zu folgenden Feststellungen geführt:
26Die zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung 89 Jahre alte Angeklagte wurde in Winterscheid geboren. Dies lag zum Zeitpunkt der Geburt der Angeklagten im deutschen Westpreußen. Bei ihrem Vater handelte es sich um einen gelernten Landwirt, während die Mutter Hausfrau war. Die Angeklagte hatte eine jüngere Schwester, die bereits im Jahr 1999 vorverstorben ist.
27Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Familie aus Westpreußen vertrieben und fand einen neuen Wohnsitz im Februar 1947 in Detmold. Die Angeklagte legte in Detmold auch ihr Notabitur ab und verließ im Alter von 20 Jahren den elterlichen Haushalt. Sie zog nach Schweden und arbeite für ca. 4 Jahre als Haushaltshelferin bei Gastfamilien. Dies tat sie, weil ihr in Deutschland ein Studium zunächst nicht möglich war.
28Nach ihrer Rückkehr im Jahr 1953 in die Bundesrepublik Deutschland nahm sie in Hamburg und später in Marburg ein Studium auf. Dies wurde durch zwei Auslandssemester in Edinburgh in Schottland unterbrochen. Schließlich legte sie in den Jahren 1958/1959 ihr Examen in den Studiengängen Politik, Pädagogik und Philosophie ab. In dieser Zeit lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen, mit dem zusammen sie im Jahr 1959 ein erstes gemeinsames Buch veröffentlichte. Die Eheschließung erfolgte im Jahr 1969. Die Ehe blieb kinderlos.
29Gemeinsam mit ihrem Ehemann war sie aber auch nach Verfassen des ersten Buches noch an weiteren Veröffentlichungen und Seminaren beteiligt. Ihr Ehemann war im nationalsozialistischen Regime in Deutschland in verschiedenen, teils führenden Rollen tätig. 1963 gründete er unter dem Namen „Collegium Humanum“ in Vlotho einen Verein für Geistesfreiheit - so die Bezeichnung der Angeklagten - in welchem sie seit dem Jahr 1968 aktiv mitarbeitete. Ihr Ehemann verstarb im Jahr 1999. Nach seinem Tod hatte die Angeklagte den Vorsitz innerhalb des Vorstandes des Vereines inne. Der Verein wurde durch das Bundesinnenministerium am 07.05.2008 verboten. Eine führende Position nahm sie im Übrigen auch in dem in der Zwischenzeit ebenfalls verbotenen „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ inne. Auch in dem inzwischen aufgelösten „Weltbund zum Schutze des Lebens“ und der ebenfalls verbotenen „Bauernhöfe e. V.“ war die Angeklagte tätig. Sämtliche der vorstehend genannten Vereinigungen wurden nach Ansicht der sie vertretenden Behörden als rechtsextrem im politischen Sinne eingeschätzt.
30Die Angeklagte bezieht eine monatliche Rente von insgesamt 1.100,00 €, die sich aus eigenen Rentenansprüchen sowie einer Witwenrente zusammensetzt. Die Angeklagte verfügt über kein weiteres Vermögen. Das früher in ihrem Eigentum stehende Haus in Vlotho, ist zwischenzeitlich veräußert worden. Es besteht jedoch noch ein lebenslängliches Wohnrecht zu Gunsten der Angeklagten.
31Nachdem die Angeklagte zwei Tage vor ihrer auf den 08.06.2017 angesetzten Berufungshauptverhandlung einen Zusammenbruch erlitten hatte, wurde sie durch den Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie am LWL-Klinikum Gütersloh, Bernd Meißnest medizinisch um psychiatrisch zur Frage ihrer Verhandlungsunfähigkeit untersucht. Der Sachverständige Meißnest ist in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.07.2017 im Verbindung mit dem von ihm eingeholten fachgeriatrischen Zusatz-Gutachtens des Dr. med. Wolfgang Schmidt-Barzynski zu der Einschätzung gelangt, dass die Angeklagte sich trotz ihrer altersbedingten zum Teil chronischen körperlichen Erkrankungen - im Speziellen gehört hierzu eine absolute Arrhytmie, ein Vorhofflimmern/-flattern sowie eine mittelgradigen Undichtigkeit der Herzklappe - derzeit in einem körperlich sehr stabilen Zustand befindet. Aufgrund ihrer guten körperlichen Konstitution ist zurzeit eine vollständige Verhandlungsfähig gegeben.
32Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte schuldunfähig im Sinne von § 20 StGB oder nur vermindert schuldfähig gemäß § 21 StGB sein könnte, liegen nicht vor.
33Die Angeklagte ist bisher wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
341.
35Am 18.06.2004 wurde die Angeklagte durch das Amtsgericht Bad Oeynhausen wegen Volksverhetzung in 2 Fällen, Datum der (letzten) Tat: 00.12.2003, zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30,00 € verurteilt.
36Diese Entscheidung ist seit dem 17.10.2006 rechtskräftig
372.
38Am 11.07.2007 verurteilte sie das Landgericht Dortmund wegen Volksverhetzung, Datum der (letzten) Tat: 00.12.2005, zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 30,00 €. Einbezogen wurde dabei die Entscheidung vom 18.07.2004. Es wurde die Einziehung (und Tatprodukten, - mitteln und -objekten) angeordnet.
39Diese Entscheidung ist seit dem 17.08.2007 rechtskräftig.
403.
41Am 15.04.2008 verurteilte sie das Amtsgericht Bad Oeynhausen wegen Volksverhetzung, Datum der (letzten) Tat: 00.11.2006, zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,00 €.
42Diese Entscheidung ist seit dem 21.10.2008 rechtskräftig
434.
44Am 06.10.2010 verurteilte sie das Landgericht München I wegen Volksverhetzung, Datum der (letzten) Tat: 00.00.2009, zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckung für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es wurde die Einziehung von Tatprodukten. - mitteln und -objekten angeordnet.
45Die Entscheidung ist seit dem 05.04.2011 rechtskräftig.
46Die Strafe wurde inzwischen mit Wirkung vom 22.05.2014 erlassen.
47Gegen die Angeklagte sind derzeit noch weitere Strafverfahren, ebenfalls mit dem Vorwurf der Volksverhetzung anhängig. Es sind mehrere erstinstanzliche amtsgerichtliche Urteile gegen die Angeklagte ergangen, in denen sie zu Freiheitsstrafen verurteilt worden ist. Sämtliche dieser Verfahren sind bisher noch nicht rechtskräftig geworden.
48Durch Urteil des Landgerichts Verden vom 28.08.2017 wurde die Angeklagte erstmalig auch in zweiter Instanz verurteilt, und zwar wegen Volksverhetzung in 8 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
49III.
50Der Berufungshauptverhandlung sind folgende tatsächlichen Feststellungen getroffen worden:
511. Verfahren 2 Ds 21 Js 192/16 – 716/16 AG Detmold
52Am 12.02.2016 schieb die Angeklagte unter ihrem Briefkopf einen Brief an den Bürgermeister der Stadt Detmold, in dem sie sich über das Verhalten der Polizei am Vortag beschwerte. Die Angeklagte hatte nämlich am 11.02.2016 vergeblich versucht, als Zuhörerin die an diesem Tag in den Räumen der IHK stattfindende Hauptverhandlung des Schwurgerichts Detmold im „Auschwitzprozess“ gegen den Angeklagten Haning zu besuchen. Dabei wurde sie durch andere vor dem Eingang wartenden Besucher abgedrängt, so dass sie nicht in den Sitzungssaal gelangen konnte.
53Am 17.02.2016 übersandte der Bürgermeister der Stadt Detmold die ersten beiden Seiten dieses Schreibens in Kopie an die Staatsanwaltschaft Detmold mit der Bitte um Prüfung, ob in den Äußerungen der Angeklagten in diesem Schreiben ein strafrechtlich relevantes Verhalten zu sehen ist.
54Die übersandte Kopie (Bl.2-3 dieser Verbundakte) hat folgenden Wortlaut:
55Betr.: Die Kapitulation Detmold vor der Antifa
56Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
57Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz Paragraph 169 (Öffentlichkeit) heißt es:
58„Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich.“!
59Ich wollte am Donnerstag, den 11. Februar an der Verhandlung in der Industrie- und Handelskammer gegen einen angeklagten Vierundneunzigjährigen teilnehmen.
60Ich wurde daran gehindert! Durch wen? Durch die Antifa und zwar unter den Augen der Polizei. Diese sah zu, wie Chaoten, etwa zwanzig Menschen, mich bedrängten, schubsten und hätte ich mich gewehrt, über mich her gefallen wären.
61Ich könnte einen Strafantrag wegen unterlassener Hilfeleistung stellen. Zeugen gab es genug. Außerdem ist es längst im Internet zu sehen. Aber ich tue dies nicht, denn dann würden wieder die falschen zur Rechenschaft gezogen.
62Schließlich kamen zwei Polizeihauptkommissare und führten mich zu einer anderen Einsatzstelle der Polizei und begannen zu ermitteln, wie ich zum Eingang in den Saal für die Verhandlung gelangen könnte. Und dann begannen lange Telefonate hin und her, schließlich wurde mir mitgeteilt, es müsse erst die Richterin befragt werden, ob sie es zulasse, dass ich an der Verhandlung teilnehmen könne.
63Herr Bürgermeister, seit wann ist eine Richterin zuständig dafür, ob eine gesetzliche Regelung angewendet werden kann oder nicht?
64Die Antifa hätte mühelos von dem sehr zahlreichen anwesenden Polizisten zerniert und wegen Störung des öffentlichen Friedens einen Platzverweis erhalten können. Dies geschah nicht.
65Die Verhandlungen zogen sich so lange hin, bis man mir mitteilen konnte: „Der Saal ist bereits überfüllt, Sie können leider nicht mehr eingelassen werden“. Damit hatte man dann einen nicht anzugreifenden sachlichen Grund.
66Ich habe in den vergangenen 14 Jahren an sehr vielen Verhandlungen nach Paragraph 130 StGB teilgenommen. Von Schwerin bis Regensburg, von München bis Wuppertal, von Dortmund bis Erfurt. Etwas Entsprechendes ist nicht vorgekommen.
67Hieraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass das Gericht, Stadtverwaltung (also Sie, als Vorgesetzter der Detmolder Polizei) und die Chaoten ein enges Bündnis eingegangen sind. Die Antifa wurde benutzt, um das durchzusetzen, was offenbar von oben angeordnet worden war und wobei die Polizeibeamten mitzuspielen hatten, gegen Recht und Gesetz. Johlend und hocherfreut zogen die Chaoten ob ihres Sieges ab. Ich konnte ungehindert zu meinem Auto gelangen und abfahren. Das halbseitig gebildete Spalier von sechs berittenen Polizisten auf stattlichen Pferden konnte meinen Eindruck nicht verändern: Ministerpräsident Seehofer hat recht, leben in einem Unrechtsstaat.
68Ich darf ihnen noch versichern Herr Bürgermeister, daß ich alleine kam, daß ich noch nicht einmal einen Regenschirm dabei hatte und außerdem der Ansicht bin, daß Lügen nicht mit Waffen oder Fäusten entlarvt werden können, sondern nur mit gründlichen Recherchen und Aufklärung. Darum nehme ich an so vielen Prozessen wie möglich teil. Die dort gewonnenen Erkenntnisse sind Grundlage meiner Beurteilung über Entstehung, Anwendung und Illegalität des Paragraphen 130 Strafgesetzbuch. Er wird nur noch benutzt als Gesetz zum Schutz einer Lüge.
69Im Übrigen wurde auch hier, wie in Lüneburg bei dem Verfahren gegen Oskar Gröning, eine große Anzahl von angeblichen Zeugen eingeladen. Angeblich deshalb, weil sie alle wie auch schon in Lüneburg, wie auch in der anschließend erfolgten Veröffentlichung in einem Reclambuch zu lesen war, gar nicht bezeugen können. Sie erzählten nur, was für ein schrecklicher Ort Auschwitz gewesen sei und schilderten ihre furchtbaren Leiden dort. Zwei Ausdrücke waren offenbar Pflicht: „Die Rampe“ und „ins Gas schicken“, was alle „Zeugen“ auch brav sagten
70Zeugen werden aber eingesetzt, um einen Angeklagten in seiner Behauptungen zu widerlegen, um zu bekräftigen, dass er tatsächlich strafbar geworden sei. Das alles findet bei den Zeugen der gegenwärtigen Prozesse gegen Vierundneunzigjährige nicht statt, es kann auch nach siebzig Jahren gar nicht stattfinden. Sie schildern lediglich ihr eigenes Erleben und ihre eigene persönliche Geschichte. Auch dies ist ein Hohn auf die Rechtsprechung in der Bundesrepublik unverdient den Namen Zeuge in keiner Weise.
71Im Gegenteil, es entsteht der Eindruck, dass nach Veröffentlichung der Standort- und Kommandanturbefehle für Auschwitz von 1940 - 45, in welchem eindeutig – für selbstständig denkende Menschen allerdings nur und nicht für Holocaustgläubige – erkennbar wird, daß Auschwitz ein Arbeitslager und kein Vernichtungslager war. Das soll aber durch die Leidensgeschichten und Erfahrungen der angeblichen Zeugen widerlegt werden.
72Die Angeklagte wollte sich durch dieses Schreiben zum einen über das Verhalten der Polizei beschweren, zum anderen aber auch die Gelegenheit nutzen, ihren Standpunkt kundzutun, wonach das Konzentrationslager Auschwitz kein Vernichtungslager sondern nur ein Arbeitslager gewesen sei.
73Die Lippische Landeszeitung erhielt am 13.02.2017 ein inhaltsgleiches Fax, das auch eine dritte Seite mit der Unterschrift der Angeklagten enthielt. Abweichend von dem Schreiben an den Bürgermeister enthielt das Fax jedoch nicht den Briefkopf der Angeklagten (vgl. Anlage I zum Sitzungsprotokoll).
74Es konnte nicht mehr festgestellt werden, durch wen dieses Fax an die Lippische Landeszeitung gesendet worden war.
752. Verfahren 85 Ds 216 Js 317/14 – 197/16 AG Bad Oeynhausen
76Die Angeklagte betrieb zumindest bis zum Beginn der jetzigen Berufungshauptverhandlung mithilfe des gesondert verfolgten Markus Walter die auf ihren Namen lautende Internetseite „ursula-haverbeck.info“, auf der sie diverse von ihr selbst verfasste Artikel veröffentlicht, die jedenfalls bis zum Beginn der Berufungshauptverhandlung von jedermann ungehindert eingesehen werden konnten.
77Insbesondere veröffentlichte sie in der Zeit von Juli 2014 bis Dezember 2014 auf dieser Internetseite die folgenden von ihr selbst verfassten Artikel, die sie zum Teil als sogenannte „offene Briefe“ auf dem Postweg verschickt hatte, und die bis zu Beginn der jetzigen Berufungshauptverhandlung auch noch abrufbar waren:
78A) Der Artikel „Das Ende des jüdischen Jahrhunderts“
79In dem von der Angeklagten verfassten Artikel „Das Ende des jüdischen Jahrhunderts“, beschäftigt sie sich mit den Juden als „Weltfeind Nr. eins“, der – unter Zerstörung Deutschlands – eine neue Weltordnung schaffen wolle. Dieser Artikel enthält u.a. Folgende Passage:
80„Im Zentrum dieser jüdischen Weltherrschaftsideologie steht seit Ende der siebziger Jahre der Holocaust, welcher dazu auserkoren ist, die moralische Berechtigung zu liefern. Sein Symbol sind die Millionen vergaster Juden im Vernichtungslager Auschwitz.
81Dieses Symbol ist aber bereits in sich zusammengebrochen aufgrund einer Vielzahl von enttarnten angeblichen Überlebenden dieses Schreckensortes und einer Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen. Hinzu kommen noch die jetzt veröffentlichten Standort- und Kommandanturbefehle von 1940 – 1945, die ein offizielles Institut, das Institut Zeitgeschichte in München, veröffentlicht hat. Aus alldem ist zu entnehmen, daß Auschwitz ein Arbeitslager für die Aufrechterhaltung der Rüstungsproduktion war und kein Vernichtungslager.“
82B) Die Briefe an den Generalbundesanwalt und an den Zentralrat der Juden
83Ebenfalls diesem Zeitraum hatte die Angeklagte Briefe und an den Generalbundesanwalt an den Zentralrat der Juden versandt und diese anschließend auf ihrer Internetseite veröffentlicht.
84Der Brief an den Generalbundesanwalt trägt die Betreffzeile
85„Betr. die Frage: Wo und wann sind die 6.000.000 Juden verglast worden
86Nachdem Auschwitz als Tatort für die Vernichtung nicht mehr aufrechterhalten werden kann“
87und fordert die deutsche Justiz zu einer Überprüfung der vorgenannten Frage auf.
88Im Weiteren enthält der Brief u.a. folgende Passagen:
89„Der Tatbestand der Offenkundigkeit, sowie der Tatort Auschwitz, können seit der Veröffentlichung der Spiegelredakteurs Fritjof Meyer in der Zeitschrift „Osteuropa“, Mai 2002, und erst recht nach der Veröffentlichung des Instituts für Zeitgeschichte im Jahr 2000 „Standort- und Kommandanturbefehle des Konzentrationslagers Auschwitz 1940 – 1945“ nicht mehr aufrechterhalten werden. Nach Darstellung der Standort- und Kommandanturbefehle war Auschwitz kein Vernichtung- sondern ein Arbeitslager, in welchem die Inhaftierten für die Rüstungsproduktion arbeitsfähig zu erhalten waren.
90(…)
91Mehr als ein halbes Jahrhundert lang wird bis in den Schulunterricht hinein die Anklage gegen das Deutsche Volk festgeschrieben: 6.000.000 Juden vergast zu haben, während gleichzeitig immer mehr Widersprüche, zahlen Korrekturen, ja, sogar Lügen bekannt werden, Lügen von angeblichen Holocaustüberlebenden, die – wie Nachforschungen ergaben – nie in einem KL waren.“
92Der Brief an den Zentralrat der Juden trägt die Betreffzeile
93„Betr. Eine Antwort auf die Frage, wo die 6.000.000 vergast worden sind, nachdem Auschwitz als Tatort für die Vernichtung nicht mehr aufrechterhalten werden kann“
94Im Weiteren enthält der Brief u.a. folgende Passagen:
95„Ich möchte noch einmal mit allem Nachdruck meine Frage an sie wiederholen:
96„Wo sind die sechs Millionen Juden mit Zyklon-B vergast worden?“
97„Sie wie ich wissen zwar genau, daß es den Juden erlaubt ist, die Gojim zu betrügen und zu übervorteilen, jedoch ist dieses nur so lange gestattet, als es den Juden selber nicht schadet.
98Wenn sich jetzt nicht forensisch und nachprüfbar die Vergasung der 6.000.000 Juden beweisen, dann schadet das ihrem Ansehen. Wenn sie es nicht beweisen können, weil es – vornehm ausgedrückt – eine gewaltige Übertreibung war, dann bleibt ihnen nur eine öffentliche Richtigstellung mit Wiedergutmachung und Entschuldigung in der Hoffnung noch mit Christen unter den Gojim rechnen zu können, welche Vergebung und Gnade kennen. Anderenfalls brauchen sie nur in der Thora nachzulesen, was Jahwe den Abtrünnigen als Strafe androht.
99Jedes weitere ausweichen der Beantwortung dieser fundamentalen Frage, gereicht der Judenheit zum Verhängnis. Bedenken sie wohl, was jetzt von Ihnen gefordert ist.“
100Der Brief wurde zusätzlich auch in englischer Übersetzung veröffentlicht.
101C) Der Artikel „Liebe Landsleute! – Wo hat die Vergasung (oder auch Ermordung) von 6 Millionen (oder auch nur Millionen) Juden stattgefunden?“
102In den Zeitraum Juli bis Dezember 2014 stellte die Angeklagte auch ihren Artikel „Liebe Landsleute! – Wo hat die Vergasung (oder auch Ermordung) von 6 Millionen (oder auch nur Millionen) Juden stattgefunden? auf ihrer Internetseite ein. Dieser Artikel enthält u.a. folgende Passagen:
103„Wo hat die Vergasung (oder auch Ermordung) von sechs Millionen (oder auch nur Millionen) Juden stattgefunden?“
104„Auf die Beantwortung dieser Frage warte ich nun schon 5 Jahre vergebens.
105Was hat mich überhaupt zu dieser Frage veranlasst? Schließlich ist der Holocaust doch offenkundig?
106Bis heute wird allgemein davon ausgegangen; und Auschwitz war Haupttatort für die Vergasung von Millionen Juden. Das wurde aber in den letzten ca. 65 Jahren immer fragwürdiger:
107Erstens durch die Reduzierung der Opferzahl durch die Gedenkstätte Auschwitz selber, von vier auf ca. 1.000.000 Opfer. Die Ersetzung der alten Tafel durch eine neue und alle Bürger in der Fernsehnachrichten miterleben.
108(…)
109Zweitens durch die Veröffentlichung eines Leitenden Spiegel-Redakteurs namens Fritjof Meyer in der Zeitschrift Osteuropa, wonach in Auschwitz selbst keine Vergasungen stattgefunden hätten und die Opferzahl in Birkenau vermutlich 356.000 betragen habe.
110(…)
111Drittens durch die vom Institut für Zeitgeschichte – also einer öffentlichen Einrichtung – im Jahr 2000 veröffentlichten Standort- und Kommandanturbefehle für Auschwitz 1940 – 45, die eindeutig von einem Arbeitslager für die Rüstungsindustrie, aber nicht von einem Vernichtungslager sprechen.
112(…)
113Damit entsteht zwangsläufig für jeden denkenden Menschen die Frage nach dem Tatort für dieses Verbrechen.
114Diese entscheidende Frage wurde in den vergangenen 6 Jahren wiederholt gestellt an:
115Den Zentralrat der Juden in Deutschland (dreimal),
116die Deutschen Richterbund,
117der Generalbundesanwalt,
118die Generalstaatsanwälte der Länder,
119die Land- und Oberlandesgerichtspräsidenten
120und an den jetzigen Bundesjustizminister.
121Ganz offenbar wusste niemand, wo die Vergasung der Millionen Juden stattgefunden haben könnte.
122Das lässt nur ein Schluss zu: Den Holocaust gab es nicht.
123(…)
124Liebe Landsleute: Den Holocaust gab es nicht!
125Wir stehen ratlos und entsetzt vor einem kaum faßbaren Vorgang. 70 Jahre lang wurde das deutsche Volk öffentlich angeprangert das größte Verbrechervolk aller Zeiten und sein einst umjubelte Führer als der Teufel schlechthin.
126Durch Folter wurden Geständnisse erzwungen, denn niemand gab zu, etwas von einem Holocaust gehört oder gar dergleichen in einem Kläger erlebt zu haben.
127Jetzt wird auch verständlich, warum es einen Paragraph 130 StGB gegen Volksverhetzung bedurfte, der das Nichtglauben an den Holocaust unter Strafe stellt, und auch, warum alle Beweisanträge der Angeklagten abgeschmettert wurden. Man kann nur beweisen, was stattgefunden hat. Beweisanträge hätten nur die Nichtexistenz beweisen können.“
128D) Der Artikel „das größte Problem unserer Zeit“
129Spätestens im Dezember 2014 veröffentlichte die Angeklagte“ auf ihrer Internetseite auch ihren Artikel „Das größte Problem unserer Zeit“, indem sie eine Wiederaufnahme der Strafverfahren fordert, in denen eine Verurteilung wegen Holocaustleugnung erfolgt ist. Dieser Artikel enthält u.a. folgende Passagen:
130„Nachdem wochenlang im Internet zu lesen war, dass es „den Holocaust nicht gab“, müsse nun alle Verfahren neu aufgerollt werden, bei denen denkende Bürger nach § 130 Abs. 3 StGB wegen Leugnung des Holocaust verurteilt wurden.
131Diese Bürger haben keine andere Straftat begangen, als dass sie aufgrund ihrer Kenntnis von wissenschaftlichen Untersuchungen zum gleichen Ergebnis eben schon früher kamen: Dass es den Holocaust nicht gegeben haben kann.
132(…)
133Es war schon unerhört, dass nach der Reduzierung der Opferzahl von Auschwitz, die den Bürgern offiziell bekannt gegeben wurde, keinerlei Erklärung, bzw. Entschuldigung wegen Falschinformation erfolgen. Noch bedenklicher und mit einem Rechtsstaat unvereinbar war die gleichzeitige Inhaftierung des Chemikers Germar Rudolf, der ebenfalls aufgrund seiner chemischen und damit naturwissenschaftlichen Untersuchungen des Zyklon-B als mögliches Vergasungsmittel zu dem Ergebnis gekommen war, dass es den Holocaust, so wie dargestellt, nicht gegeben haben kann in Auschwitz, während der Spiegel Redakteur, der das gleiche in einem Aufsatz aufgrund neuer Archivfunde etc. mitteilte, straffrei blieb.
134Jetzt haben wir wieder ein solches in akzeptables Vorgehen. Auf der einen Seite sagen die Kommandanturbefehle von Auschwitz, dass dieses ein Arbeitslager für die Rüstungsindustrie, aber kein Vernichtungslager war und die Ludwigsburger Zentralstelle für Verfolgung von NS-Verbrechen klagt etwa dreißig, inzwischen über Neunzigjährige an, dass sie im Vernichtungslager Auschwitz beteiligt gewesen sein, an der Ermordung von Hunderttausenden Menschen.“
135Die vorgenannten Artikel und Briefe der Angeklagten waren bis zum Beginn der Berufungshauptverhandlung über die Internetseite der Angeklagten für jedermann abrufbar. Die Artikel und Briefe fanden – insbesondere in letzter Zeit – erhebliche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und führten zu zahlreichen Strafanzeigen, unter anderem durch den Zentralrat der Juden und auch durch Privatpersonen. Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass die Angeklagte aufgrund ihrer Äußerungen und der Berichterstattung über ihre Strafprozesse und Verurteilungen (sämtlich noch nicht rechtskräftig) in den Medien bundesweit als „Holocaustleugnerin“ bekannt geworden ist.
136Die Angeklagte hat sich seit vielen Jahren intensiv mit der Tötung von Juden, insbesondere in dem Konzentrationslager Auschwitz befasst. Sie wusste deshalb bei der Abfassung der Artikel und Briefe, dass es unter der nationalsozialistischen Herrschaft zur Verfolgung von Juden, insbesondere zu massenhaften und systematischen Tötungen von Juden, die allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit ermordet wurden. Gleichwohl bestreitet sie in den vorgenannten Dokumenten, dass es den Holocaust, also einen Völkermord nach § 6 des Völkerstrafgesetzbuches gegeben hat. Der Angeklagten ist es in diesem Zusammenhang bewusst, dass sie nur einseitig solche Veröffentlichungen oder Meinungen zitiert, die sich kritisch zu der Frage der massenhaften Vergasung von Juden durch Zyklon-B in Auschwitz äußern. Eine Auseinandersetzung mit der inzwischen durch namhafte Historiker belegten und durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als offenkundig feststehend bezeichneten Tatsache des Völkermordes in Auschwitz nimmt die Angeklagte bewusst nicht vor. Ihr Bestreiten des Holocaust in den vorgenannten öffentlichen Äußerungen ist deshalb nicht nur geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Es kommt die vielmehr darauf an, durch ihre Veröffentlichungen und auch durch die Äußerungen in ihren derzeit stattfindenden Strafverfahren den öffentlichen Frieden dadurch zu stören, dass sie den Holocaust bewusst wahrheitswidrig geleugnet, um dadurch für ihr rechtsextremes Gedankengut eine große Aufmerksamkeit zu erwirken. Dieses Verhalten zielt gerade darauf ab, einerseits die Nachfahren der Opfer des Völkermordes erneut zu verunsichern und andererseits durch die Angriffe auf die demokratische Führung der Bundesrepublik Deutschland und die Strafverfolgungsbehörden infolge der Flüchtlingsproblematik das derzeit herrschende Klima der Verunsicherung gegenüber Fremden zu vergrößern und damit den Frieden zu stören.
1373. Verfahren 2 Ds 21 Js 814/16 – 1203/16 AG Detmold
138Am 02.09.2016 fand die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Detmold in dem Strafverfahren gegen die Angeklagte – 2 Ds 21 Js 192/16 – 217/16 - statt. Nachdem die Angeklagte von ihrem Recht auf „das letzte Wort“ Gebrauch gemacht hatte, zog sich das Gericht zur Beratung zurück.
139In der bis zur Urteilsverkündung entstehenden Sitzungspause legte die Angeklagte zunächst je eine Ausfertigung der Blattsammlung „Einlassung vor dem Amtsgericht Detmold am 2. September 2016 in den Prozess 2 Ds 21 Js 192/16 – 217/16“ ihr „Schlußwort Detmold“ sowie eine Ausfertigung des Heftes „Nur die Wahrheit macht Euch frei“ auf den Richtertisch. Weitere Ausfertigungen dieser Schriften überreichte sie dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Protokollführerin.
140Nach Verkündung des Urteils und Beendigung der Sitzung verteilte die Angeklagte die vorgenannten Schriften auch an die anwesenden Pressevertreter (u.a. Bernd Bexte vom Westfalen-Blatt, Markus Brekenkamp von der BILD und Oliver Köhler vom WDR) und auch noch einige wenige Interessierte Zuhörer.
141Die „Einlassung der Angeklagten“ hat folgenden Wortlaut:
142„Es findet hier kein Prozess im herkömmlichen Sinne statt, da es kein Verbrechen keine kriminelle Handlung gibt.
143Die Angeklagte hat lediglich Denkergebnisse, aufgrund langjähriger Ermittlungen, öffentlich zur Kenntnis gegeben, welche der gegenwärtig für richtig erachtenden Meinung widersprechen. Das ist nichts besonderes. In der gesamten wissenschaftlichen und technischen Entwicklung ist Hauptkriterium, daß das Erreichte weiterhin hinterfragt wird. Es wird verbessert, Fehler korrigiert und eine Weiterentwicklung eingeleitet. Gelegentlich wird auch der bisher eingeschlagene Weg als völlig falsch aufgegeben. Das ist der allgemein übliche und anerkannte Weg in Naturwissenschaft und Technik
144In der Zeit der Geschichtsforschung aber gibt es ein Novum, es wird sozusagen ein Stopp ausgerufen und das gerade Erreichte für die absolute Wahrheit ausgegeben. Es ist verboten, dieses „wahre“ Ergebnis zu leugnen und zu verharmlosen. Da es ein verwerfliches Ergebnis ist, nämlich die Ermordung von sechs Millionen Juden, ist es ebenfalls strafbar, das zu billigen.
145Auch die Begründung der Anklage trifft nicht zu. Sie bezieht sich auf § 130 StGB, Volksverhetzung. In Absatz 3 wird das Billigen, Leugnen oder verharmlosen eines begangenen NS-Verbrechens unter Strafe gestellt. Unter diesem wir zumeist die Vergasung von sechs Millionen, genannt Holocaust, verstanden. Ich habe das Verbrechen des Holocaust wieder gebilligt oder geleugnet noch verharmlost. Ich wollte und will lediglich wissen, wo die Vergasung der sechs Millionen stattgefunden hat. Trotz fünfjährigen wiederholten Nachfragens bei allen infrage kommenden Instanzen, also Juristen, Staatsanwaltschaften und insbesondere dem Zentralrat der Juden, erhielt ich keinerlei Antwort.
146Diese einfache Frage nach dem Tatort für das größte unvergleichliche und unsühnbare Verbrechen, welches dazu noch offenkundig sein soll – also unstrittig, allgemein bekannt und für jedermann nachprüfbar – müßte doch auch einfach zu beantworten sein. Außerdem hängt die Glaubwürdigkeit der Anklage davon ab. Ich weiß also bis heute nicht, wo die sechs Millionen Juden vergaß worden sind, die immer noch bei den Prozessen, bei den Medien, bei den Politikern und Gedenkveranstaltungen behauptet werden.
147Ich kann aber nicht etwas Leugnen, Billigen oder Verharmlosen, für das überhaupt kein Ort angegeben werden kann. Wie soll ich Unbekanntes leugnen? Wieso kann eine und ohne Tatort eine Tatsache sein? Also habe ich die logische Konsequenz aus dem ermittelten Ergebnis gezogen, den Holocaust kann es nicht gegeben haben. Man könnte nur sagen, daß ich aufgrund der gegebenen Sachlage den Holocaust bestreite. „Bestreiten“ meine Damen und Herren, ist aber nirgendwo verboten, erst recht nicht im dem Paragraphen 130, sondern dort sind nur lückenhafte Behauptungen verboten. Das ist doch auch verständlich.
148Und nun ist noch auf eine weitere höchst eigenartige Wortwahl hinzuweisen. Es heißt dort nicht, wie in jedem normalen Gesetz: Mord oder Diebstahl oder Einbruch in eine Wohnung ist strafbar, sondern es heißt dort, „ein begangenes Verbrechen des NS ist strafbar.“ Das ist doch mehr als unsinnig, kein Mensch wird ein nicht begangenes Verbrechen für strafbar erklären. Wenn die Gesetzesschreiber in diesem Fall das im Grunde völlig überflüssige Wort „begangene“ einfügen, dann kann das nur bedeuten, dass sie damit einen indirekten Hinweis geben wollen, doch in diesem Fall zu prüfen, ob das unterstellte Verbrechen tatsächlich begangen wurde. Und deswegen heißt es auch konsequenterweise nicht Bestreiten ist strafbar, sondern ein Leugnen.
149Fassen wir noch einmal zusammen:
150Meine Bemühungen um Aufklärung über den Tatort dieses unsühnbaren, singulären Verbrechens zu ermitteln, gar nicht als Straftat gewertet werden. Desgleichen ist der § 130, Abs. 3 nicht als Anklagegrund anzuführen, da ja kein Billigen, Leugnen oder Verharmlosen vorliegt. Nur dieses ist jedoch ganz eindeutig nach Paragraph 130, Abs. 3 strafbar.
151Wir haben also praktisch auch mit diesem heutigen Verfahren die gleiche Situation, wie in den Mammutverfahren gegen den vierundneunzigjährigen Reinhold Hanning dieser hätte ebenfalls nie einem Prozeß erhalten dürfen. Er hat nämlich nicht aus eigenen Stücken sich nach Auschwitz gegeben, er wurde dorthin als Soldat im fünften Kriegsjahr abkommandiert. Die Richterin Anke Grudda, wie auch der Anklage der Staatsanwalt, erscheinen nicht die geringste Ahnung und Vorstellung zu haben, wie der Militärdienst insbesondere im Kriegsfall aussieht. Es gab keine nachweisbare persönliche Schuld von Herrn Hanning. Es gab und gibt aber ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1969, in dem eindeutig festgestellt wird, dass auch bei Wachleute etc., welche in einem Konzentrationslager ihren Dienst taten, nur dann verurteilt werden können, wenn die persönliche Beteiligung an einem Verbrechen nachweisbar ist. Zudem sagte der immer noch geltende Artikel 103 Grundgesetz, Absatz (2):
152„Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“
153Es wird wohl niemand behaupten wollen, dass der Aufenthalt im Konzentrationslager Auschwitz 1944 eine gesetzlich bestimmte Straftat war.
154Dankenswerterweise machte der Professor Nestler in seiner Laudatio auf Thomas Walther deutlich, daß es diesem durch geschicktes Umgehen dieses Urteils gelang, den Holocaustüberlebenden noch die Genugtuung einer späteren Sühne zu geben durch die Prozesse von Vierundneunzigjährigen. Doch das Urteil ist immer noch geltendes Recht. Diese stellte der Verteidiger von Reinhold Hanning, RA Salmen, in seinem Plädoyer fest.
155Ich habe nach Darstellung der Sachlage dem Bundesjustizminister im Sommer 2014 noch einmal gebeten, nun möge wenigstens er sagen, wo die sechs Millionen umgebracht worden seien. Falls er auch nicht antworte, würde ich das Fazit „den Holocaust gab es nicht“ ins Internet stellen. Eine Antwort erhielt ich nicht. Den Satz stellte ich am 3. Oktober 2014 ins Internet wo er bis heute unbeanstandet zu lesen ist.
156Es bleibt für den denkenden Menschen nur dieses Ergebnis, daß es den Holocaust offenbar nicht gegeben hat. Wie sollen sie sonst das Verweigern einer Aussage für ein offenkundiges Geschehen begründen? Ich habe die Zahl nicht reduziert. Das hat die Gedenkstätte Auschwitz selber gemacht außerdem wurde die weitere Reduzierung von dem Stuttgarter Landgericht, als unzuständiger Instanz, bestätigt. Wenn es statt einer erbetenen Antworten nun eine Anklage gibt, hoch verehrtes Gericht, dann ist doch etwas „faul im Staate Dänemark“, um Hamlet zu zitieren.“
157Das „Schlußwort Detmold“ folgenden Wortlaut:
158„I.
159Es handelte sich bei diesem Verfahren nicht um einen Strafprozess im Sinne von Rechtsstaatlichkeit. Es gab kein Verbrechen, keine kriminellen Handlungen. Es gab ein Denkergebnis aufgrund umfassender langfristiger Ermittlungen, welches für Politik und Anklage unerwünscht ist.
1604
161Dadurch wird es jedoch nicht zu einer Straftat, schon gar nicht in einer Demokratie, wo die Freiheitsrechte – nicht zuletzt das Recht auf freie Meinung und Forschung und Presse – Grundlage der Verfassung sind, auch des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland.
162II.
163Der dieser Anklage zu Grunde liegende Paragraph 130, Abs. 3 StGB ist gegenstandslos. Die Anklage ist aufgrund ihrer Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen, daß es keinerlei forensisch nachprüfbare Angaben über den Ort der Vergasung von sechs Millionen Juden gibt, woraus die logische Folgerung zu ziehen ist, daß es ohne Tatort eine solche gigantische und hat auch nicht gegeben haben kann. Das lässt sich auch durch ein Verbotsgesetz nicht ändern.
164Etwas Unbekanntes kann aber auch nicht gebilligt, geleugnet oder verharmlost werden. Die Anklage also recht, wenn sie sagt, sie bestreitet, daß es den Holocaust gegeben habe. Bestreiten ist jedoch nicht verboten. Verboten ist nur eine lückenhafte Behauptung.
165Bestreiten kann auch nicht verboten werden, ist der Kern jedes Strafprozesses ist. Die eine Seite bestreitet, was die andere Seite behauptet.
166Ich beantrage Freispruch um die offizielle Erklärung, daß Frau Ursula Haverbeck den Holocaust nie geleugnet hat, das konnte sie gar nicht, da sie bis heute keine offizielle nachprüfbare Erklärung bekommen hat, wo dieses Versprechen stattgefunden hat.
167Es hat bisher auch noch kein Gericht ihr gegenüber behauptet, sie sei persönlich an der Ermordung von sechs Millionen Juden beteiligt gewesen. Sie war 1944, das ja, in welchem jetzt Vierundneunzigjährigen die Tatbeteiligung an der Vergasung von Hunderttausenden Juden vorgeworfen wird, 16 Jahre alt.“
168Das Heft „nur die Wahrheit macht Euch frei“ enthält u.a. folgende Passagen:
169Auf Seite 3 heißt es: „Wenn jetzt der Holocaust sich dem kritischen Denker als Lüge Erschließung, und das offen im Internet nun bereits seit Oktober 2014 zu lesen ist, dass es den Holocaust nicht gegeben habe, dann ist immer wiederholte Frage der jungen Menschen:“
170(…)
171Zurzeit lebte Holocaust nur von unserem Glauben an ihn!“
172Auf Seite 4 heißt es: „Weder in Auschwitz, noch in einem anderen Kläger gab es Vergasungen mit Zyklon B.“
173Auf Seite 5 heißt es: „Wenn man nicht aus einer vorgefassten Meinung diese Kommandanturbefehle liest und interpretiert, dann ist hier der letzte Beweis dafür gegeben, daß Auschwitz kein Vernichtungs- sondern ein Arbeitslager für die Rüstungsindustrie war. „
174Auf Seite 6 heißt es: „Im September 2014, nachdem noch einmal alle zuständigen Instanzen – immer einschließlich des Zentralrates der Juden in Deutschland – befragt wurden, wo die sechs Millionen ermordet, bzw. vergaß worden seien und keine Antwort erfolgte, habe ich im Internet erklärt, begründet durch offizielle Verlautbarungen:
175den Holocaust gab es nicht.“
176Auf Seite 12 heißt es: „Ganz offenbar wusste niemand, wo die Vergasung der Millionen Juden stattgefunden haben könnte.
177Das lässt nur den Schluß zu: Den Holocaust gab es nicht.
178(…)
179Liebe Landsleute: den Holocaust gab es nicht!“
180Auf Seite 14 heißt es: „Inzwischen steht unbeanstandet nun schon seit dem 03.10.2014 im Internet zu lesen „Den Holocaust gab es nicht „, desgleichen ist auch das Panoramainterview, vom dreien 20.04.2015 immer noch dort abzurufen. Es bleibt also als die letzte Konsequenz festzustellen, der Paragraph 130 – insbesondere Abs. 3, ist Ein Gesetz zum Schutze einer Lüge.“
181Auf Seite 17 heißt es: „Den Holocaust gab es nicht. Der Paragraph 130, Abs. 3 ist ein Gesetz zum Schutze einer Lüge.“
182Auf Seite 18 heißt es: „Den Holocaust gab es nicht, wie sie das begründet und seit 8 Monaten unbeteiligt im Internet nachlesen können“
183Auf Seite 19 heißt es: „Das Hauptkonzentrationslager Auschwitz war ein Arbeitslager mit dem Wort KZ wird Vernichtung angesprochen.
184Die Angeklagte wusste auch bei der Abfassung dieser Schriftstücke und bei deren Verteilung, dass es unter der nationalsozialistischen Herrschaft zur Verfolgung von Juden, insbesondere zu massenhaften und systematischen Tötungen von Juden gekommen war, die allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit ermordet wurden. Gleichwohl bestreitet sie in den vorgenannten Dokumenten, dass es den Holocaust, also einen Völkermord nach § 6 des Völkerstrafgesetzbuches gegeben hat. Der Angeklagten ist es in diesem Zusammenhang bewusst, dass sie nur einseitig solche Veröffentlichungen oder Meinungen zitiert, die sich kritisch mit zu der Frage der massenhaften Vergasung von Juden durch Zyklon-B in Auschwitz äußern. Eine Auseinandersetzung mit der inzwischen durch namhafte Historiker belegten und durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als offenkundig feststehend bezeichneten Tatsache des Völkermordes in Auschwitz nimmt die Angeklagte bewusst nicht vor. Ihr Bestreiten des Holocaust in den vorgenannten öffentlichen Äußerungen ist deshalb nicht nur geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.
185Mit der Verteilung dieser Dokumente an die Pressevertreter und an weitere Zuhörer nach Beendigung ihres Strafverfahrens vor dem Amtsgericht Detmold wollte die Angeklagte nochmals die öffentliche Bühne nutzen, um ihr Gedankengut über ihre Erklärungen in der Hauptverhandlung hinaus nochmals öffentlich zu machen. Sie nahm es dabei zumindest bewusst in Kauf, durch ihre Erklärungen den öffentlichen Frieden dadurch zu stören, dass sie den Holocaust bewusst wahrheitswidrig geleugnet, um dadurch für ihr rechtsextremes Gedankengut eine große Aufmerksamkeit zu erwirken.
186IV.
1871. Verfahren 2 Ds 21 Js 192/16 – 716/16 AG Detmold
188Die Angeklagte hat sich in diesem Verfahren wie folgt zur Sache eingelassen:
189Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Detmold am 02.09.2016 hat die Angeklagte erklärt, dass sie den verlesenen Brief an den Bürgermeister der Stadt Detmold geschrieben habe. Sie stehe auch nach wie vor zu dem Inhalt dieses Briefes.
190Die Angeklagte hat allerdings in Abrede gestellt, dass sie eine Kopie dieses Briefes an die Lippische Landeszeitung per Fax übermittelt hat.
191Diese einschränkende Einlassung der Angeklagten zur Übermittlung des Briefes an die Lippische Landeszeitung konnte nicht zweifelsfrei widerlegt werden.
192Zwar hat die in der Hauptverhandlung anwesende Redakteurin der Lippische Landeszeitung, die Zeugin Marianne Schwarzer glaubhaft bekundet, dass in der Redaktion das vorgelegte Fax (Anl. I zum Sitzungsprotokoll) eingegangen sei, und zwar Erinnerung nach einen Tag nach dem angegebenen Datum. Die Zeugin konnte jedoch nicht mehr verifizieren, durch wen bzw. von welcher Faxnummer aus dieses Fax übersandt wurde. Der Umstand, dass sich auf Seite 3 dieses Faxes die Unterschrift der Angeklagten befindet, lässt nicht den eindeutigen Schluss zu, dass es auch die Angeklagte war, die dieses Fax übersandt hat. In diesem Zusammenhang hatte die Kammer auch zu berücksichtigen, dass der Leserbrief an den Bürgermeister der Stadt Detmold unter dem Briefkopf der Angeklagten übersandt wurde. Auf dem Fax, welches an die Lippische Landeszeitung übersandt wurde, fehlt dieser Briefkopf.
193Es lässt sich nicht ausschließen, dass jemand anderes aus dem Umfeld der Angeklagten – ohne von ihr dazu beauftragt zu sein – das Fax übersandt hat.
194Die Angeklagte ist aus tatsächlichen Gründen freizusprechen, denn allein die Äußerungen der Angeklagten in dem Brief an den Bürgermeister erfüllen nicht den Tatbestand des § 130 Abs. 3 StGB, da das Leugnen des Holocaust nur gegenüber dem Bürgermeister kein öffentliches Leugnen darstellt. Erst durch eine Übermittlung des Leserbriefes durch die Angeklagte an die Lippische Landeszeitung als Teil der Öffentlichkeit würde das Leugnen strafbar machen. Dies lässt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.
195Darüber hinaus hat die Angeklagte in beiden Verfahren das Verfassen der jeweiligen Artikel und Dokumente eingestanden. Diese wurden darüber hinaus teilweise verlesen, teilweise auch im Selbstleseverfahren eingeführt.
206Die Angeklagte hat weiterhin eingeräumt, es veranlasst zu haben, dass die unter Zif. III. 2. zitierten Artikel und offenen Briefe auf ihre Internetseite „ursula-haverbeck.info“ eingestellt wurden und dort für jedermann öffentlich einsehbar waren.
207Letztlich hat die Angeklagte auch eingeräumt, unter Zif. III. 3. zitierten Dokumente nach Beendigung der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Detmold an die anwesenden Pressevertreter und auch einige weitere Zuhörer in ihrem Strafverfahren verteilt zu haben.
208V.
209Die Angeklagte hat sich daher durch die Veröffentlichung ihrer unter Zif. III. 2. zitierten Artikel und offenen Briefe wegen Volksverhetzung, strafbar gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs.3, Abs. 5 StGB i.d.F. vom 22.03.2011, schuldig gemacht.
210Die Angeklagte hat sich daher weiter durch die Verteilung ihrer unter Zif. III. 3. zitierten „Einlassung vor dem Amtsgericht Detmold am 2. September 2016 in den Prozess 2 Ds 21 Js 192/16 – 217/16“, ihres „Schlußwortes Detmold“ sowie einer Ausfertigung des Heftes „Nur die Wahrheit macht Euch frei wegen Volksverhetzung, strafbar gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs.3, Abs. 5 StGB i.d.F. vom 27.01.2015, schuldig gemacht.
211Die Angeklagte hat in beiden Fällen eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich geleugnet und auch verharmlost.
212Die Angeklagte hat durch die Ausführungen in den zitierten Dokumenten insbesondere die systematische Massenvernichtung von Juden in Vernichtungslager Auschwitz vor Allem durch die systematische Vergasung mit Zyklon-B geleugnet. Teilweise hat sie die systematische Massenvernichtung insgesamt geleugnet, teilweise aber auch durch das Herunterrechnen der Opferzahl eine quantitative Verharmlosung vorgenommen. Aus dem Zusammenhang der einzelnen Texte und der Begleitumstände ergibt sich aber auch bei der Herunterrechnung der Opferzahl eindeutig, dass es der Angeklagten und zwar auch noch im Rahmen der Hauptverhandlung und ihrer Einlassung nicht um eine Korrektur der Zahl nach unten ging, sondern um die qualitative Verharmlosung der Massenvernichtung durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Diese Verharmlosung mündet darin, dass die Angeklagte aus der Reduzierung der früher angeblich in der Schule gelehrten Zahl von sechs Millionen vergaster Juden auf eine Zahl von nur noch eine Million Juden auf der Gedenktafel in Auschwitz und einem Kommandanturbefehl, in dem Auschwitz lediglich als Arbeitslager für die Rüstungsindustrie bezeichnet wird, nicht aber von einem Vernichtungslager die Rede ist, es als geschichtlich erwiesen ansieht, dass in Auschwitz keine systematische Massenvernichtung stattgefunden haben kann (Zitat:„ den Holocaust gab es nicht“).
213Die Angeklagte will ihre Erkenntnisse aus der Geschichtswissenschaft dergestalt gewertet wissen, dass die maßlose Übertreibung der hohen Opferzahlen in Auschwitz lediglich den Siegermächten dazu diente, um eine, eine ewige Schuld der Bundesrepublik Deutschland darzustellen und zu begründen. Auschwitz sei aber gerade kein einzigartiges deutsches und singuläres Ereignis gewesen, dass es das größte Verbrechen der Weltgeschichte bezeichnet werden könne. Auch wenn sich die Angeklagte insoweit den Anschein geben will, dass ihre Erkenntnisse zu Auschwitz nur im Sinne eines Hinterfragen oder Erforschens auszulegen ist und eine – strafrechtlich nicht relevante – Meinungsäußerung vorliegt, so ergibt sich aus dem Zusammenhang ihrer Äußerungen dass dies nicht der Fall ist.
214Die Angeklagte setzt sich bewusst nicht mit der inzwischen allgemein anerkannten Forschung namhafter Historiker zur Frage der Judenverfolgung und der Vergasung von Juden in Auschwitz auseinander. Sie ignoriert auch die Aussagen der in den verschiedenen Auschwitz Prozess vernommenen Zeugen. Die Kammer ist daher sicher davon überzeugen, dass die Angeklagte nicht nur irrig und stur an die Nichtexistenz des Holocaust glaubt, sondern bewusst und wider besseres Wissen die systematische Massenvernichtung in Auschwitz geleugnet. Bei dieser Massenvernichtung in Auschwitz handelt es sich im Übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs um eine offenkundige Tatsache, deren „Bestreiten“ gerade den Tatbestand des „Leugnens“ erfüllt.
215Die Angeklagte hat den Holocaust im Übrigen auch die beiden Fällen öffentlich geleugnet. Wegen des Tatkomplexes zu Zif. III. 2. geschah dies durch Veröffentlichung ihrer Artikel und öffentliche Briefe auf ihrer Internetseite, die auch für Außenstehende allgemein zugänglich war. Wegen des Tatkomplexes zu Zif. III. 3. erfolgte dies durch Übergabe ihre Erklärungen in den dort zitierten Dokumenten an die Pressevertreter und interessierte Zuhörer, und zwar nach Beendigung der Hauptverhandlung. Die Angeklagte kann deshalb nicht damit gehört werden, dass diese Erklärungen nicht öffentlich sondern nur Teil ihrer Verteidigung in dem gegen sie gerichteten Strafverfahren waren. Die Übergabe erfolgte nach Überzeugung der Kammer eindeutig nur dazu, um ihr rechtsextremes Gedankengut, insbesondere ihre Überzeugung betreffend den angeblichen Holocaust nochmals öffentlich zu verbreiten.
216Die Veröffentlichung und Verbreitung geschah auch in einer Art und Weise, die geeignet war, den öffentlichen Frieden zu stören. Bei dieser Friedenstörung handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht um ein strafbegründendes Tatbestandsmerkmal, sondern um eine Wertungsklausel zur Ausscheidung nicht strafwürdig erscheinender Fälle. Bei den öffentlichen Äußerungen der Angeklagten in ihren Schriften und ihren öffentlich gemachten Äußerungen vor Gericht handelt es sich eindeutig um strafwürdige Fälle. Durch den Verweis auf die zitierten Quellen gab die Angeklagte ihren Schlussfolgerungen pseudowissenschaftlichen Anstrich, der in besonderer Weise geeignet war, für Empörung einerseits, aber andererseits auch zur Übernahme der Schlussfolgerungen der Angeklagten und dadurch zu einer weiteren Verbreitung des Irrglaubens der Angeklagten „Gesinnungsgenossen“ und an andere Personen mit einer daraus resultierenden Gefährdung des öffentlichen Friedens zu sorgen. Hinzu kommt, dass die Äußerungen der Angeklagte mit ihrer politischen Wertung geeignet sind, die Nachfahren der Opfer des Völkermordes erneut zu verunsichern und durch die Angriffe auf die demokratische Führung der Bundesrepublik Deutschland und deren Strafverfolgungsbehörden – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der derzeitigen Flüchtlingsproblematik – das bereits bestehende Klima der Verunsicherung gegenüber Fremden zu vergrößern und damit den Frieden zu stören. Ein weiteres Indiz für die öffentliche Störung des Friedens ergibt sich aus den neuerlichen Strafanzeigen, die im Rahmen dieses Strafverfahrens erstattet und dem Gericht mitgeteilt wurden.
217Die Veröffentlichung und die Verteilung – und damit das Leugnen des Holocaust – in den zitierten Schriften und Dokumenten verfolgte auch keine nach § 86 Abs. 3 StGB geschützten Zwecke. Der Angeklagten ging es nach Überzeugung der Kammer ersichtlich nicht um staatsbürgerliche Aufklärung und auch nicht aus Zwecken der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre und auch nicht der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder ähnlichen Zwecken. Die Angeklagte hat sich nicht ernsthaft mit den offenkundigen Opferzahlen in Auschwitz und der Massenvernichtung von Juden mittels Zyklon-B und den Fakten und Quellen anderer Historiker auseinandergesetzt. Die Angeklagte leugnet vielmehr mit Scheinargumenten – wie fehlenden Gasrückständen – die Massenvernichtung und rechnet mit Zahlenspielen die Opferzahl herunter. Sie zitiert nur einseitig etwaiger Argumente, die gegen eine entsprechende Massenvernichtung sprechen könnten. Dass sich die öffentliche Verbreitung der Schriften und Ansichten beim künstlerischen Zweck verfolgte, auf die Angeklagte selbst nicht geltend. Die kommt es eindeutig nur darauf an, ihre Meinung und ihr damit verbundenes Gedankengut öffentlich zu machen.
218Bei den zitierten Artikeln und öffentlichen Briefen zu Ziff. III. 2. hat die Kammer – anders als das Amtsgericht Bad Oeynhausen nur eine tateinheitlich begangene Tat angenommen. Die Angeklagte hat die jeweiligen Artikel sowie Schreiben an den Generalbundesanwalt und den Zentralrat der Juden zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten verfasst. Es konnte jedoch nicht zweifelsfrei verifiziert werden, ob diese Schriften jeweils aufgrund eines jeweils neuerlichen Tatentschlusses einzeln oder aber gleichzeitig und zusammen auf der Internetseite der Angeklagten eingestellt und damit veröffentlicht wurden. Diese Zweifel sind zu Gunsten der Angeklagten dahingehend zu lösen, dass nur eine tateinheitlich begangene Tat angenommen werden kann.
219Die beiden Taten, wegen der die Angeklagte jetzt zu verurteilen war, stehen in Tatmehrheit gemäß § 53 StGB zueinander.
220VI.
221Die Kammer hat in beiden Fällen den Strafrahmen des §§ 130 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt, der Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vorsieht.
222Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte schuldunfähig nach § 20 StGB oder in ihrer Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB erheblich eingeschränkt war, sind nicht ersichtlich.
223Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer bei beiden Taten die geständige Einlassung strafmildernd berücksichtigt. Die Angeklagte hat den objektiven Sachverhalt und den Inhalt ihrer Schriften und deren Veröffentlichung auf ihrer Internetseite sowie die Weitergabe der Dokumente nach Schluss der Hauptverhandlung in ihrem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Detmold eingeräumt. Das Geständnis umfasste allerdings nicht auch die subjektive Seite ihres Handels. Insoweit hat die Angeklagte bis zuletzt die strafrechtliche Relevanz ihrer Äußerungen in Abrede gestellt. Zu Gunsten der Angeklagten hat die Kammer weiterhin das hohe Alter der Angeklagte sowie den Umstand berücksichtigt, dass die Veröffentlichung der Artikel und öffentlichen Briefe zum Tatkomplex gemäß Zif. III. 2. in dem Zeitraum von Juli 2014 bis Dezember 2014 erfolgt ist und damit bereits 3 Jahre zurückliegt. Strafmildernd war die Kammer insbesondere auch berücksichtigt, dass die Angeklagte aufgrund ihres hohen Alters und des Umstandes, dass sie bisher noch keine Freiheitsstrafen verbüßen musste, besonders haftempfindlich ist. Er wird es deshalb besonders schwer fallen, sich in die übliche Altersstruktur von Haftanstalten einzufügen.
224Strafschärfend hat die Kammer die Vorstrafen der Angeklagten berücksichtigt. Die Angeklagte ist bereits viermal einschlägig wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Sie hat sich auch durch die Verhängung einer Bewährungsstrafe von immerhin sechs Monaten im Jahr 2010 nicht davon abhalten lassen, erneut derartige Äußerungen zu tätigen. Gegen die Angeklagte spricht außerdem, dass sie Angeklagte keine Einsicht in das Unrecht ihrer Äußerungen zeigt und sich auch trotz der weiteren gegen sie anhängigen – aber noch nicht rechtskräftigen – Verurteilungen mit der Verhängung von nicht unerheblichem Freiheitsstrafen offensichtlich nicht davon abhalten lässt, die systematische Massenvernichtung von Juden, also den Holocaust, zu leugnen.
225Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände kommt die Verhängung von Geldstrafen zur Ahnung dieser Taten und zur Einwirkung auf die Angeklagte nicht mehr in Betracht. Es ist vielmehr die Verhängung von Freiheitsstrafen erforderlich.
226Die Kammer hält folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
227für die Tat aus dem Jahr 2014 eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten
228für die Tat vom 02.09.2016 eine Freiheitsstrafe und 10 Monaten.
229Gemäß §§ 53, 54 StGB ist aus diesem beiden Einzelstrafen eine Gesamtstrafe zu bilden. Nach nochmaliger Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte hat die Kammer unter angemessene Erhöhung der höchsten Einzelstrafe (von 10 Monaten) auf eine
230Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr 2 Monaten
231erkannt. Eine noch geringere Strafe würde der Schuld der Angeklagten nicht mehr gerecht werden.
232Die Vollstreckung dieser Strafe konnte nicht mehr gemäß § 56 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
233Der Angeklagten kann trotz ihres hohen Alters keine günstige Sozialprognose gestellt werden. Die Angeklagte nicht zuletzt mit ihrem letzten Wort zum Ausdruck gebracht hat, wenn sie die in ihren Schriften gezogenen Schlussfolgerungen betreffend die Massenvernichtung von Juden in Auschwitz (also den Holocaust) nach wie vor für zutreffend. Sie sie hält ihre Äußerungen durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die Strafvorschrift des §§ 130 StGB den sie nicht an. Sie ist nach wie vor völlig uneinsichtig und nicht gewillt, die Strafbarkeit ihres Handelns zu akzeptieren. Auch in ihrem letzten Wort hat sie erneut bestritten, dass es den Holocaust gegeben hat. Es ist daher schon nicht zu erwarten, dass sich die Angeklagten bereits diese Verurteilung zur Warnung dienen lässt und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine weiteren Straftaten mehr begehen wird.
234Außerdem liegen nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit der Verurteilten keine besonderen Umstände vor, die es ausnahmsweise rechtfertigen, auch eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zur Bewährung auszusetzen.
235VII.
236Die Kostenentscheidung folgt – soweit die Angeklagte unter Verwerfung ihrer Berufungen verurteilt wurde – auf § 473 Abs. 1 StPO.
237Soweit die Angeklagte wegen des Briefes an den Bürgermeister der Stadt Detmold freigesprochen wurde, beruht die Kostenentscheidung auf § 467 StPO.