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1) Ein Recht auf Umgang mit den Enkeln besteht für Großeltern nur dann, wenn der Umgang kindeswohldienlich ist, was als Voraussetzung für das Umgangsrecht positiv festzustellen ist.2) Ein Umgangsrecht der Großeltern ist regelmäßig dann nicht kindesdienlich, wenn Eltern und Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete.
Der Antrag der Antragstellerin vom 18.01.2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Gerichtskosten je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Verfahrenswert wird auf 4000 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die Antragstellerin begehrt als Großmutter den Umgang mit ihren vier Enkelkindern, die im Haushalt der Antragsgegnerin leben. Die Antragsgegnerin ist ihre Schwiegertochter. Der Kindesvater ist bereits verstorben.
4Die Antragstellerin hält den Umgang mit den Enkelkindern für Kindeswohl dienlich.
5Sie habe immer ein gutes Verhältnis zu den Enkelkindern gehabt. Es gebe kein
6Grund, ihr den Umgang zu verbieten. Richtig sei, dass auch noch zu Lebzeiten des Sohnes ein Umgang schwierig war. Gleichwohl wolle sich jetzt den Umgang gerichtlich geregelt wissen. Die Kindesmutter verweigere aus rein persönlichen Gründen, die ihr nicht näher bekannt seien, ein Umgang.
7Die Antragstellerin beantragt den Umgang wie folgt zu regeln:
8Der persönliche Umgang der Antragstellerin mit Ihren Enkelkindern
9wird in der Weise geregelt, dass die Antragstellerin berechtigt wird, die Kinder zur Ausübung von Besuchskontakten wie folgt zu sich zu nehmen:
12a) An jedem ersten Wochenende im Monat in der Zeit von freitags nach der Schule, spätestens ab 16:00 Uhr bis zum darauffolgenden Sonntag 18:00 Uhr. b) In den für Nordrhein-Westfalen geltenden Sommerferien jeweils die beiden ersten Ferienwochen. c) Muss ein Umgangstag wegen Krankheit oder Urlaub der Kinder oder sonstiger Verhinderung entfallen, hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin unverzüglich davon zu berichten. Der ausgefallene Umgangstag wird am folgenden Wochenende nachgeholt. d) die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die Kinder zu den oben genannten Terminen zeitgerecht bereitzuhalten und der Antragstellerin herauszugeben.
13Die Antragsgegnerin beantragt den Antrag zurückzuweisen.
14Sie hält den Umgang grundsätzlich nicht für kindeswohldienlich. Sie habe ein sehr schwieriges Verhältnis zu der Antragstellerin. Es stimme außerdem nicht, dass zwischen der Antragstellerin und den Enkelkindern ein intaktes persönliches Verhältnis bestünde. Das sei nicht der Fall.
15Das Gericht hat für die Kinder einen Verfahrensbeistand bestellt, der sich intensiv um eine gütliche Lösung bemüht hat.
16Sowohl die Antragstellerin und die Antragsgegnerin als auch die Kinder sind durch das Gericht persönlich angehört worden.
17Auch das Kreisjugendamt Lippe wurde angehört.
18II.
19Der Anteil ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen des § 1685 Abs. 1 BGB nicht vorliegen. Danach haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Diese Kindeswohldienlichkeit muss das Gericht – im Gegensatz zu § 1684 BGB (Elternumgang) – positiv feststellen.
20Dazu hat die Rechtsprechung folgende Voraussetzungen entwickelt:
21Der Umgang der Großeltern mit dem Kind dient regelmäßig nicht seinem Wohl, wenn die – einen solchen Umgang ablehnenden – Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete.
22Das Familiengericht kann einen „Antrag“ der Großeltern auf Umgang bei fehlender
23Kindeswohldienlichkeit schlicht zurückweisen, weil es – anders als beim
24Umgangsrecht der Eltern – nicht um die Ausgestaltung eines bestehenden Umgangsrechts geht, sondern bereits die Voraussetzungen für ein Umgangsrecht fehlen ( BGH, Beschluss vom 12.7.2017 – XII ZB 350/16, NJW 2017, 2908, beck-online). Dem folgt die gesamte obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum (vgl. OLG Saarbrücken NZFam 2017, 671 bespr. v. Engelmann; OLG Brandenburg BeckRS 2016, 06870 = FamRZ 2016, 1092; MüKoBGB/Hennemann § 1685 Rn. 12; Jaeger in Johannsen/Henrich 6. Aufl. BGB § 1685 Rn. 5).
25Die Anhörung der Antragsteller und der Antragsgegnerin hat nun für das Gericht ergeben, dass hier von einem völlig zerstrittenen Verhältnis auszugehen ist. Aus Sicht der Antragstellerin ist dies zwar nicht nachvollziehbar, weil sie dafür keine
26Gründe kennt. Die Antragsgegnerin hat aber sehr eindeutig erklärt, sie lehne die Antragstellerin als Person völlig ab. Offensichtlich hat es in der Vergangenheit - jedenfalls aus ihrer Sicht – erhebliche persönliche Verletzungen oder Kränkungen durch die Antragstellerin gegeben.
27Ob diese Kränkungen objektivierbar sind, ist unerheblich. Hier reicht jedenfalls auch die von der Antragsgegnerin ausgehende einseitige Zerrüttung aus.
28Damit kommt allenfalls in Ausnahmefällen die Anordnung eines Umgangsrechts in Betracht. Das kann nur dann gelten, wenn sehr gefestigte Beziehungen zwischen dem Enkelkind und den Großeltern bestehen, die schützenswert sind. Diese liegen hier nicht vor. Seit mehreren Jahren gab es allenfalls sporadische Kontakte der Antragstellerin mit den Kindern.
29Auch die Kindesanhörung hat zu keinen neuen Erkenntnissen geführt. Soweit die
30Kinder teilweise geäußert haben, sie hätten nichts dagegen, den Umgang mit ihrer Großmutter zu haben, beruht das offensichtlich darauf, dass die Antragstellerin sie beim Erstkontakt nach vielen Jahren mit vielen Geschenken bedacht hat. Dass das für Kinder natürlich interessant ist, ist klar. Das ändert aber nichts an dem persönlichen Verhältnis der Antragsgegnerin zu der Antragstellerin. Umgangskontakte würden über kurz oder lang für die Kinder zu einem ganz massiven Loyalitätskonflikt führen, der kindeswohlgefährdend wäre. Das gilt es zu vermeiden.
31Der Antrag der Antragsteller ist zwar menschlich verständlich, hat aber keine tragfähige tatsächliche Grundlage. Das persönliche Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin müsste sich schon erheblich verbessern, damit Umgangskontakte als dem Kindeswohl positiv anzusehen wären. Da dies aktuell nicht feststellbar ist und auch nicht zu erwarten ist, dass sich das in näherer Zukunft ändert, ist der Antrag zurückzuweisen.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Es bleibt hier bei dem allgemeinen Grundsatz, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Einen Fall des § 81 Abs. 2 FamFG sieht das Gericht nicht.
33Rechtsbehelfsbelehrung:
34Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Lemgo, Am Lindenhaus 2, 32657 Lemgo schriftlich in deutscher Sprache oder zur
35Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur
36Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
37Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Lemgo eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
38Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.