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Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger € 0,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Az.: 17 O 232/17
2Verkündet am: 21.01.2021
3Landgericht Bonn
4URTEIL
5In dem Rechtsstreit
6in pp.
7Spruchkörper: 17. Zivilkammer
8Vorinstanz:
9Nachinstanz:
10Leitsätze:
11Normen:
12Schlagwörter:
13Tenor:
14für Recht erkannt:
151. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger € 0,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2017 zu zahlen.
16Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
172. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
183. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
19Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
20Tatbestand
21Die Parteien streiten über die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen des Widerrufs zweier Darlehensverträge.
22In der Anbahnung der beiden Darlehensverträge war als Finanzierungsberaterin die B, dort Herrn C, für die Kläger tätig, wobei der Kontakt zwischen den Klägern und dem Finanzierungsberater sowie der Beklagten unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgte.
23Die Kläger unterzeichneten am 05.11.2005 einen Darlehensantrag für ein Wohnungsbaudarlehen über € 144.000,- zu einem Nominalzinssatz in Höhe von 4,13 % (eff 4,21 %) und einer Zinsbindung bis zum 31.12.2025.
24Der Darlehensantrag enthielt auf Seite 6 eine Widerrufsbelehrung, in der es u.a. heißt: „Die Widerrufsfrist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.
25[…]
26Wird der Widerruf form- und fristgerecht erklärt, ist der Darlehensnehmer an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Die empfangenen Leistungen sind in diesem Fall zu erstatten. Sofern das Darlehen bereits ausgezahlt wurde, muss der Darlehensbetrag zurückgezahlt werden. Für den Zeitraum, in dem das Darlehen zur Verfügung gestellt war, ist Wertersatz zu leisten. Bei der Berechnung des Wertersatzes wird der im Darlehensvertrag vereinbarte Zinssatz zugrunde gelegt. […]“
27Wegen des weiteren Inhalts des Darlehensvertrages und Inhalt und Wortlaut der Widerrufsbelehrung sowie die den Klägern erteilte „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“ wird auf die im Anlagenkonvolut B1 zur Akte gereichten Kopien Bezug genommen.
28Die Beklagte nahm den Darlehensantrag mit Schreiben vom 02.12.2005 an. Das unter der Hauptdarlehensnummer 0000000000 bei der Beklagten geführte Darlehen wurde aus bilanziellen Gründen in zwei Unterkonten zu € 108.000,- (Unterkonto – 000) und zu € 36.000,- (Unterkonto -000) aufgeteilt.
29Ferner nahmen die Kläger am 27.12.2005 ein Darlehensangebot der Beklagten vom 20.12.2005 an für Finanzierungsmittel aus dem C.-Wohneigentumsprogramm über € 46.000,- zu einem Nominalzins von 3,95 % (eff. 4,01 %) und einer Festzinsperiode bis zum 31.12.2015. Der Darlehensvertrag wurde bei der Beklagten im Unterkonto -035 geführt. Dem Darlehensvertrag war als Anlage eine Widerrufsbelehrung beigefügt, in der es u.a. heißt: „Die Widerrufsfrist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“.
30Wegen des weiteren Inhalts des Darlehensvertrages sowie Inhalt und Wortlaut der Widerrufsbelehrung wird auf die im Anlagenkonvolut B2 zur Akte gereichten Kopien Bezug genommen.
31Die Darlehen dienten der Finanzierung des Erwerbs eines bebauten Grundstücks. Beide Darlehen waren grundpfandrechtlich gesichert durch eine Buchgrundschuld in Höhe von insgesamt € 190.000,-. Die Darlehen wurden vereinbarungsgemäß an die Kläger ausgezahlt und die Kläger erbrachten in der Folgezeit die vereinbarten Raten.
32Mit Schreiben vom 07.09.2015 (Anlage B 3) kündigten die Kläger beide Darlehen. Die Beklagte rechnete die Darlehen mit Schreiben vom 30.09.2015 (Anlagen B4/1 und B4/2) jeweils ab. Für das C.-Darlehen (UK -000) ermittelte die Beklagte eine Restforderung per 31.12.2015 in Höhe von € 36.819,05 und für das Wohnungsbaudarlehen (UK-000,UK-000) ermittelte die Beklagte per 30.06.2016 eine Restforderung in Höhe von € 116.027,26.
33Die Kläger zahlten zum 31.12.2015 den Ablösebetrag für das C.-Darlehen an die Beklagte.
34Mit Schreiben vom 03.03.2016 widerriefen die Kläger die beiden Darlehensverträge (Anlage K 3). Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 06.05.2016 zurück (Anlage K4).
35Die Prozessbevollmächtigten der Kläger nahmen mit Schreiben vom 22.06.2016 auf den Widerruf Bezug und kündigten u.a. an, dass die Schlusszahlung unter Vorbehalt erfolge.
36Per 30.06.2016 lösten die Kläger das Wohnungsbaudarlehen durch Zahlung von € 116.027,26 ab.
37Die Kläger sind der Ansicht, sie hätten ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen, da sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien. Die Belehrung entspräche nicht den gesetzlichen Vorgaben und die Beklagte könne sich auch nicht auf den Musterschutz berufen.
38Im Rahmen der Rückabwicklung schulde die Beklagte Nutzungsersatz in Höhe von 2,5 % über Basiszinssatz für die bis zum Widerruf und nach dem Widerruf erbrachten Zahlungen auf die Darlehen. Die Kläger behaupten sie hätten auf das Wohnungsbaudarlehen Zahlungen in Höhe von € 200.393,96 und für das C.-Darlehen in Höhe von € 62.580,48 erbracht. Zusammen mit den hierauf entfallenden Nutzungsersatzansprüchen, könnten sie von der Beklagten insgesamt für beide Darlehen einen Betrag von € 284.705,05 verlangen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 06.12.2017 (Bl. 78 d.A.) nebst den Anlagen K 8 – K 10 verwiesen.
39Die Beklagte könne im Rahmen der Rückabwicklung lediglich die Rückzahlung der Nettodarlehensbeträge in Höhe von insgesamt € 190.000,- verlangen.
40Ein Anspruch der Beklagten auf Wertersatz für die zur Verfügungstellung der Darlehensvaluta bestehe nicht, da sie, die Kläger, von der Beklagten nicht gemäß § 312d Abs. 6 BGB in der zwischen dem 08.12.2004 und 10.06.2010 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden seien.
41Ferner habe die Beklagte sie nicht beziffert über den zu zahlenden Betrag gemäß Art. 7 Abs. 3 S. 1 iVm Art. 3 Abs.1 Nr. 3 lit a) der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (nachfolgend: FinFARL) unterrichtet. Insofern fehle es auch an der gemäß § 312d Abs. 5 S. 2, Abs. 2; 312c Abs. 2 BGB a.F. iVm § 1 Abs. 4 S 1 Nr. 2 BGB-InfoV zur Verfügung zu stellenden Information.
42Die Kläger behaupten, sie hätten auch nicht ausdrücklich zugestimmt, dass die Beklagte vor Ende der Widerrufsfrist mit der Auszahlung der Darlehensbeträge beginne.
43Sie hätten von der Widerrufsmöglichkeit erst am 03.03.2016 Kenntnis erlangt und ihre Prozessbevollmächtigten nicht vor Erhalt des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 06.05.2016 mandatiert.
44Die Kläger haben in der Klageschrift vom 13.07.2017 (Bl. 26, 27 d.A.), der Beklagten zugestellt am 14.08.2017, u.a. die Aufrechnung mit ihren Nutzungsersatz- und Rückforderungsansprüchen bezüglich des Wohnungsbaudarlehens gegen die Ansprüche der Beklagten auf Zahlung von € 144.000,- und deren Wertersatzansprüche in Höhe von € 54.976,29, erklärt und zunächst die Zahlung von € 23.148,32 von der Beklagten begehrt.
45Mit Schriftsatz vom 06.12.2017 haben die Kläger Wertersatzansprüche der Beklagten nicht mehr als Gegenforderung in die Rückabwicklungsbilanz eingestellt und beantragen nunmehr,
46die Beklagte zu verurteilen, an sie € 94.705,05 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
47Die Beklagte beantragt,
48die Klage abzuweisen.
49Die Beklagte ist der Auffassung, den Klägern stehe kein Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsbelehrung genieße Musterschutz. Ungeachtet dessen sei ein etwaiges Widerrufsrecht angesichts der vor Widerruf erklärten Kündigung und der vollständigen Ablösung der Darlehen verwirkt. Zudem sei die Ausübung des Widerrufsrechts gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Insofern behauptet die Beklagte, die Kläger seien bereits vor dem Widerruf anwaltlich beraten gewesen und hätten - obwohl sie Kenntnis von ihrem Widerrufsrecht gehabt hätten - die Raten über ein halbes Jahr vorbehaltslos gezahlt und mit der Ausübung des Widerrufs unnötig zugewartet.
50Die Beklagte bestreitet die Berechnungen der Kläger dem Grunde und der Höhe nach. Sie ist zum einen der Ansicht, dass die Kläger sowohl für die Zeit bis zum Widerruf als auch danach Wertersatz in Höhe des jeweiligen Vertragszinses für die zur Verfügung gestellte Darlehensvaluta schulden. Andererseits bestehe kein Nutzungsersatzanspruch der Kläger, da § 312d Abs. 6 BGB a.F. im Lichte des Art. 7 Abs. 4 S. 1 HS 1 der FinFARL europarechtskonform dahingehend auszulegen sei, dass allein der Verbraucher Nutzungsersatz schulde nicht hingegen der Unternehmer.
51Ungeachtet dessen könne als Berechnungsgrundlage für einen Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers ohnehin nur die jeweilige Marge herangezogen werden.
52Die Beklagte behauptet, bis zum Tag des Widerrufs seien auf den C.-Vertrag € 62.594,33 und auf das UK- 019 € 61.479,92 und das UK – 027 € 20.441,03 gezahlt worden. Insofern wird auf die Zahlungsübersicht Anlage B 11 (Bl. 290 d.A.) verwiesen.
53Hilfsweise hat die Beklagte gegen die Klageforderung die Aufrechnung mit dem ihr zustehenden Anspruch auf Zahlung des jeweiligen Vertragszinses in Höhe von 4,13 % p.a. und 3,95 % und soweit der sich hieraus ergebende Betrag überschritten wird mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung der jeweiligen Darlehensnennbeträge in Höhe von € 144.000,- und € 46.000,- erklärt.
54Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 14.12.2017 (Bl. 145 f d.A.) und vom 12.11.2020 (Bl. 298 f d.A.) Bezug genommen.
55Entscheidungsgründe
56Die zulässige Klage hat bis auf dem aus dem Tenor ersichtlichen geringfügigen Zahlbetrag keinen Erfolg.
57A) Den Klägern steht gegen die Beklagte gemäß §§ 346, 357 BGBa.F. für die bis Widerruf auf das Wohnungsbaudarlehen erbrachten Zahlungen und gemäß § 812 Abs. 1, 818 BGB für die Zahlungen nach Widerruf insgesamt lediglich ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von € 0,03 zu.
58Im einzelnen gilt Folgendes:
59I. Zum C.-Vertrag (UK-000:
60Hinsichtlich des C.-Vertrages (UK – 000) scheiden Nutzungsersatz- und Rückzahlungsansprüche der Kläger bereits deshalb aus, da sich das Darlehensverhältnis nicht durch den Widerruf der Kläger vom 03.03.2016 in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat.
61Auf das Schuldverhältnis sind gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Darlehensvertrages geltenden Vorschriften des BGB und der BGB-InfoV (im Folgenden a.F.) anzuwenden.
621.) Zwar stand den Klägern im Hinblick auf den Darlehensvertrag grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach §§ 495, Abs. 1, 355 BGB a.F. zu. Die Widerrufsfrist war bis zur Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen und das Widerrufsrecht ist auch nicht gemäß § 355 Abs. 3 BGBa.F. erloschen.
63Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine solche Belehrung haben die Kläger indes nicht erhalten. Die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung genügte nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Sie enthielt den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist eine solche Belehrung unzureichend, da sie den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt und folglich irreführend ist. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Er vermag lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginne, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche etwaigen - weiteren - Umstände dies sind (vgl. BGH, Urt. v. 09.12.2009 - VIII ZR 219/08; Urt. v. 01.12. 2010 − VIII ZR 82/10; Urt. v. 01.03.2012 - III ZR 83/11; Urt. v. 12.7.2016 – XI ZR 564/15 Rz. 18; Urt. v. 11.10.2016 – XI ZR 482/15 Rz. 23; OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 – 13 U 69/12 - BeckRS 2013, 04235 jeweils m.w.N.).
64Es kommt nicht darauf an, dass diese Formulierung auch in der Musterwiderrufsbelehrung verwendet wird. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV kann sich die Beklagte vorliegend nicht berufen, weil sie die Musterwiderrufsbelehrung nicht vollständig übernommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2012 – III ZR 83/11; zu den Grenzen unschädlicher Abweichungen: Urt. v. 12.7.2016 – XI ZR 564/15 Rz. 20 ff; Urt. v. 11.10.2016 – XI ZR 482/15 Rz. 24 ff).
65Die Beklagte hat gegenüber der Klägerseite in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung keine Formulierung verwendet, die dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB InfoV in der hier maßgeblichen Fassung vom 08.12.2004 (BGBl I 2004, 3110) vollständig entspricht. Dass die Beklagte die von ihr verwendete Belehrung an dieses Muster angelehnt hat, genügt für ein Berufen auf dessen Schutzwirkung nicht. Entscheidend ist, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift er in den gestellten Mustertext in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV verloren (i.e. zu den Grenzen unschädlicher Abweichungen: BGH Urt. v. 12.7.2016 – XI ZR 564/15 Rz. 20 ff; Urt. v. 11.10.2016 – XI ZR 482/15 Rz. 24 ff).
66Dabei kommt es auch nicht auf die Frage an, ob sich die Abweichung zulasten des Verbrauchers auswirkt, etwa das Verständnis des Verbrauchers durch diese erschwert werden kann (vgl. OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 – 13 U 69/12 - BeckRS 2013, 04235).
67Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung weicht an verschiedenen Stellen inhaltlich und gestalterisch vom Muster ab. Die Beklagte hat das Muster einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht.
68Beispielsweise enthält die Belehrung den Zusatz „oder in lesbarer Form auf einem anderen beständigen Datenträger“ hinter der Bestimmung, dass der Widerruf in Textform erklärt werden muss, und reiht die Voraussetzungen für den möglichen Widerruf anders auf als das Muster. Ferner sind die Widerrufsfolgen gegenüber dem Muster eigenständig formuliert. Es fehlt zudem die Angabe, dass die „beiderseits“ empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind. Zudem fehlen im Vergleich zu der Musterwiderrufsbelehrung die Zwischenüberschriften wie „Widerrufsrecht“, „Widerrufsfolgen“ und „Finanzierte Geschäfte“. Gerade die Überschriften haben für die Wahrung des Deutlichkeitsgebots eine besondere Bedeutung, so dass das Weglassen der in der Musterbelehrung verwendeten Zwischenüberschriften eine erhebliche Veränderung des Musters zum Nachteil des Verbrauchers darstellt (vgl. zur Relevanz von Überschriften: OLG Dresden Urteil v. 11.06.2015, 8 U 1760/15; BGH Urteil v. 01.12.2010, VIII ZR 82/10).
692.) Indes ist das Widerrufsrecht der Kläger im Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufs verwirkt gewesen.
70Bereits zum 31.12.2015 und damit 2 Monate vor dem Widerruf haben die Kläger das Darlehen aufgrund der am 07.09.2015 erklärten Kündigung vollständig abgelöst. Hierdurch ist auf Seiten der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen entstanden.
71Auch das „ewige“ Widerrufsrecht kann verwirkt werden (vgl. BGH Urt. v. 12.07.2016 – XI ZR 501/15, Rz. 39 m.w.N.). Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (BGH NJW-RR 2018, 47). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann (BGH NJW 2016, 3518; NJW 2017, 1378; NJW-RR 2017, 812 m.w.N).
72Nach diesen Vorgaben sieht die Kammer das Zeitmoment in Anbetracht der Tatsache, dass die Kläger nach dem Abschluss des Darlehensvertrages mehr als 10 Jahre haben verstreichen lassen, bevor sie den Widerruf erklärt haben, unzweifelhaft als erfüllt an.
73Auch das für eine Verwirkung erforderliche sog. Umstandsmoment liegt vor. Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände musste die Beklagte nach der zum 31.12.2015 erfolgten vollständigen Rückzahlung der Darlehensvaluta im März 2016 nicht mehr mit einem Widerruf des Darlehensvertrages und einer sich daran knüpfenden Rückabwicklung des Vertrages rechnen, sondern durfte auf den Bestand der beiderseitigen Vertragserfüllung vertrauen. Durch die vollständige Erfüllung der Ansprüche zwei Monate vor Abgabe der Widerrufserklärung wurde von den Klägern ein Vertrauenstatbestand gesetzt. Die Kläger haben durch die vollständige Rückführung des Darlehens deutlich gemacht, dass sie sich an den Vertrag gebunden fühlten. Mit der Ablösung waren alle wechselseitigen Ansprüche erledigt. Diese Gesichtspunkte reichen nach Ansicht der Kammer für die Bildung eines schutzwürdigen Vertrauens auf Seiten der Beklagten aus (vgl. auch OLG Köln, Beschluss v. 05.04.2018 – 12 U 9/18; v. 09.01.2017 – 13 U 297/16 iVm. Hinweis v. 28.11.2016; Beschl. v. 13.04.2016 – 13 U 241/15 zitiert nach NRWE; fortgeführt durch OLG Köln, Beschl. v. 08.06.2016 – 13 U 23/16; vgl. auch BGH, Urteil vom 12.07.2016 – XI ZR 501/15). Ausschlaggebend ist dabei, dass das Rechtsverhältnis vollständig abgewickelt worden ist und für die Zukunft weder für die Bank noch für den Verbraucher Rechtsfolgen haben kann. Auf diesen Rechtszustand darf die Bank vertrauen und muss nicht damit rechnen, dass er nachträglich – sei es durch einen Widerruf, sei es aus anderen Gründen – wieder in Frage gestellt wird (OLG Köln Beschluss v. 28.03.2017 – 13 U 137/16). Das Vertrauen der Beklagten, dass die Kläger ein Widerrufsrecht nicht mehr ausüben, konnte bereits mit der vollständigen Abwicklung der Darlehensvertragsbeziehung entstehen, da die Beklagte bereits in diesem Zeitpunkt eine Entscheidung darüber zu treffen hatte, wie sie über das Kapital verfügen soll. Dieses Vertrauen verfestigt sich sodann mit zunehmenden zeitlichen Abstand zu der Abwicklung des Darlehensvertrages und es wird zunehmend schutzwürdig (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 05.04.2018 – 12 U 9/18; Hinweisbeschluss vom 20.02.2018 – I-4U 9/18 iVm Beschluss v. 23.04.2018).
74Zudem ist zu berücksichtigen, dass der vorliegend zwischen Vertragsschluss und Widerruf verstrichene erhebliche Zeitraum von mehr als 10 Jahren eine Wechselwirkung mit Blick auf das Umstandsmoment entfaltet. Zeit- und Umstandsmoment können nicht unabhängig von einander betrachtet werden. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (vgl. BGH, Urteil v. 10.10.2017 – XI ZR 396/16; OLG Köln, Hinweisbeschluss v. 05.04.2018 – 12 U 9/18).
75Angesichts des über den Zinsbindungszeitraum hinausgehenden Kapitalnutzungsrechts ist es nach Ansicht der Kammer für die Beurteilung der Verwirkungsfrage auch unerheblich, dass die Rückführung zum Ablauf der Zinsbindungsfrist erfolgt ist (vgl. OLG Köln 12 U 192/17 v. 10.01.2018 zu LG Bonn 17 O 361/15; Hinweis des OLG Köln v. 27.11.2017 – 12 U 38/17). Zwar handelt es sich bei der Rückführung des Darlehens um ein vertragsgemäßes Verhalten der Kläger, indes steht auch dies einer Verwirkung vorliegend nicht entgegen. Soweit vertragsgemäßes Verhalten für sich genommen nicht geeignet ist, ein schutzwürdiges Vertrauen des Unternehmers darauf zu begründen, der Verbraucher werde seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr widerrufen (vgl. BGH, Urteil v. 12.07.2016 – XI ZR 564/17, Rz 39 zitiert nach juris), bedeutet dies nicht, dass in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden der Verwirkungseinwand allein deshalb von vornherein ausgeschlossen wäre (vgl. OLG Köln Hinweisbeschluss v. 05.04.2018 – 12 U 9/18). Zum einen hat der Bundesgerichtshof auch in einem Fall, in dem es um eine ordnungsgemäße Rückführung – und nicht um eine Auflösung vor Ablauf der Zinsbindungsfrist – ging, darauf hingewiesen, dass auch und gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrrufs schutzwürdig sein kann (BGH Urteil v. 12.07.2016 – XI ZR 501/15 Rz. 41, zitiert nach juris). Zum anderen geht die Beendigung der Kapitalüberlassung auch dann auf eine Initiative des Darlehensnehmers zurück, wenn er nach Ablauf der Zinsbindung das Darlehen vor Ende der Laufzeit ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ablöst (s. OLG Stuttgart, Urteil v. 12.12.2017 – 6 U 316/16 Rz. 12) und dem Wunsch des Verbrauchers, den Vertrag vorzeitig zu beenden ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH a.a.O.) maßgebliches Gewicht für die Beurteilung des Verwirkungseinwands beizumessen.
76Dass die Beklagte nach Beendigung des Darlehensvertrages mit den von den Klägern vereinnahmten Leistungen gewirtschaftet hat, ist ein Umstand, der ebenfalls bei der Entscheidung über die Verwirkung des Widerrufsrechts veranschlagt werden kann (vgl. BGH, Beschluss v. 25.09.2018, XI ZR 462/17 Rz. 13; Urteil v. 16.10.2018, XI ZR 45/18 Rz. 16).
77Insofern scheitert die Annahme der Verwirkung auch nicht an einer unzureichenden Darlegung unzumutbarer Nachteile durch die Beklagte. Das Erfordernis eines unzumutbaren Nachteils hat der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich dahingehend konkretisiert, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten der Berechtigten darauf eingerichtet haben muss, der Berechtigte werde das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen. Gerade deshalb darf es mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren sein, dass der Berechtigte später noch mit der Geltendmachung des ihm zustehenden Rechts hervortritt. Die Leistung muss also unter diesem Gesichtspunkt für den Verpflichteten nicht mehr zumutbar sein (s.i.e. BGH Beschluss v. 23.01.2018 – XI ZR 289/17, NJW 2018, 1390 Rz. 21). Nach diesen Grundsätzen ist die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses nach vollständiger beiderseitiger Erfüllung für die Beklagte unzumutbar, weil es nach Ansicht der Kammer im Falle einer Bank, deren Geschäftsgegenstand darin besteht, mit den Geldern ihrer Kunden in der Weise zu arbeiten, dass einerseits Gelder verwahrt, andererseits Darlehen gegeben werden, offenkundig ist, dass zurückgezahlte Gelder neu verwendet werden. Besonderen Vortrags der Beklagten hierzu bedarf es nicht (vgl. OLG Köln, a.a.O.; Hinweisbeschluss v. 20.02.2018 – I 4 U 9/18). Zudem handelte es sich vorliegend um Kreditmittel aus einem C.-Förderprogramm, bei dem die Beklagte die an sie zugeflossenen Gelder an die C. durchleitet.
78Unerheblich ist auch, dass die Widerrufsbelehrung mangelhaft war und die Beklagte die Kläger nicht nachbelehrt hat. Der Darlehensgeber hat die Möglichkeit, aber nicht die Verpflichtung zur Nachbelehrung. Die Belehrungspflicht über die Rechte aus § 495 BGB ist keine Dauerverpflichtung (BGH, Urteil v. 16.10.2018 – XI ZR 69/18 = NJW 2019, 66, 67; Beschluss v. 25.09.2018, XI ZR 462/17 Rz. 12 m.w.N.).
79Es kommt für die Beurteilung der Verwirkung auch nicht darauf an, ob die Kläger von dem aus rechtlichen Gründen fortbestehenden Widerrufsrecht Kenntnis hatten (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2007, V ZR 190/06, juris-Tz. 8). Ebenso ist es ohne Relevanz, ob die Beklagte davon ausging oder ausgehen musste, die Kläger hätte von ihrem Widerrufsrecht keine Kenntnis (BGH, Beschluss v. 25.09.2018 – XI ZR 462/17 Rz. 12; Beschluss v. 23.01.2018 – XI ZR 298/17; Urteil v. 10.10.2017 – XI ZR 455/16 Rz. 21 m.w.N.).
80II.) Zum Wohnungsbaudarlehen (UK-000, UK-000):
81Hinsichtlich des Wohnungsbaudarlehens können die Kläger nur eine Zahlung in Höhe von € 0,03 von der Beklagten verlangen.
821.) Zwar hat sich der Darlehensvertrag aufgrund des Widerrufs der Kläger vom 03.03.2016 gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 ff BGB a.F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, indes verbleiben nach der Aufrechnung der Kläger bzw. der Hilfsaufrechnung der Beklagten im Ergebnis keine über € 0,03 hinausgehenden Zahlungsansprüche der Kläger.
83Aus den oben unter I.) 1.) dargelegten Gründen entsprach die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Vorgaben und genießt auch keinen Musterschutz.
84Das Widerrufsrecht der Kläger war auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt oder die Ausübung aus anderen Gründen rechtsmissbräuchlich. Zwar liegt das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment vor, es fehlt jedoch an einem Umstandsmoment. Die Kläger haben das Darlehen erst zum 30.06.2016 und somit nach Ausübung des Widerrufsrechts an die Beklagte zurückgezahlt. Allein die Tatsache, dass der Darlehensvertrag bereits mit Schreiben vom 07.09.2015 von den Klägern gekündigt worden ist, stellt nach Ansicht der Kammer kein Umstandsmoment dar, das ein hinreichend schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten rechtfertigte, die Kläger würden ihr Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen.
85Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Ausübung des Widerrufsrechts auch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Den Klägern ist nicht der Vorwurf zu machen, sie hätten in Kenntnis des Widerrufsrechts weiterhin Zahlungen erbracht und nicht zeitnah das Widerrufsrecht ausgeübt. Es steht insbesondere nicht fest, dass die Kläger bereits im Zeitpunkt der Kündigung im September 2015 Kenntnis davon hatten, dass der Darlehensvertrag aus Rechtsgründen noch widerruflich war. Die Kläger haben dies bestritten und behaupten erst am 03.03.2016 von einer Widerrufsmöglichkeit Kenntnis erlangt und ihre Prozessbevollmächtigten erst nach Erhalt des Ablehnungsschreibens vom 06.05.2016 mandatiert zu haben. Dazu hat die für die Voraussetzungen des § 242 BGB darlegungs- und beweispflichtige Beklagte weder weiter Stellung genommen noch Beweis für ihre Behauptung angetreten. Allein die Tatsache, dass die Kläger in ihrem Widerrufsschreiben vom 03.03.2016 gebeten haben, die Antwort an D zu senden, rechtfertigt keinen hinreichenden Rückschluss darauf wie lange die Kläger bereits Kenntnis von einem fortbestehenden Widerrufsrecht hatten und dass sie treuwidrig mit der Ausübung des Widerrufs zugewartet haben.
862.) Auf das Widerrufsrecht finden gemäß § 357 Abs. 1 S. 1 BGBa.F. die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
87Ausgehend davon gilt für die wechselseitigen Ansprüche der Parteien – wie sie sich vor der Aufrechnung darstellen – im einzelnen Folgendes:
88a) Ansprüche der Kläger:
89aa) Gemäß § 346 Abs. 1 HS 1 BGB schuldet die Beklagte die Herausgabe der von Klägerseite an sie bis zum Widerruf gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen. Für die Zeit nach Widerruf können die Kläger gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 BGB die Rückzahlung beanspruchen (vgl. für die Differenzierung ab dem Stichtag des Widerrufs: BGH, Beschluss v. 19.02.2019 - XI ZR 362/17, v. 21.02.2017 – XI ZR 398/16).
90Entsprechend dem Klägervortrag ist hier davon auszugehen, dass die Kläger, einschließlich der Ablösungszahlung vom 30.06.2016, auf das Wohnungsbaudarlehen Zins- und Tilgungszahlungen in Höhe von insgesamt € 200.393,96 erbracht haben. Die Beklagte ist der dezidierten Zahlungsaufstellung der Kläger, wie sie sich aus der Klageschrift (dort Seite 3 – 6, Bl. 17 – 20 d.A.) ergibt, nicht substantiiert entgegengetreten. Die als Anlage B 11 von der Beklagten vorgelegte Zahlungsübersicht erfasst zum einen nur Zahlungen bis zum 03.03.2016 (€ 61.479,92 + € 20.441,03), zum anderen sind die Zahlungen der Kläger zu Teilpauschalen zusammengefasst und – im Gegensatz zur Aufstellung der Kläger – nicht hinsichtlich der konkreten Einzelzahlungen, nebst Zahlungszeitpunkten aufgeschlüsselt. Ungeachtet dessen führt das Zahlenwerk der Beklagten aus Anlage B11, wenn man zutreffenderweise auch die weiteren Zahlungen der Kläger nach dem 03.03.2016 bis zum 30.06.2016 berücksichtigt ((3x € 675,60 + € 116.619,56) vgl. Bl. 20 d.A.), im Ergebnis (nämlich mit € 200.567,31) zu keinem geringeren Gesamtbetrag als den, den die Kläger in Ansatz bringen.
91bb) Entgegen der Ansicht der Kläger besteht vorliegend jedoch kein Anspruch der Kläger auf Nutzungsersatz für die von ihnen erbrachten Zahlungen.
92Zwar finden auf das Widerrufsrecht gemäß § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechend Anwendung. Diese sehen gemäß § 346 Abs. 1 2.HS BGB die Herausgabe gezogener Nutzungen vor. Jedoch ist für den streitgegenständlichen Darlehensvertrag die Regelung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. im Hinblick auf Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (nachfolgend: FinFARL) im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung dahingehend auszulegen, dass der Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers von der Verweisung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGBa.F. nicht erfasst ist.
93Der EuGH hat im Urteil vom 04.06.2020 in der Rechtssache C-301/18- Leonhard auf das Vorabentscheidungsersuchen der Kammer vom 17.04.2018 (17 O 147/17) zum Verständnis des Art. 7 Abs. 4 FinFARL mit folgendem Tenor entschieden:
94Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG ist dahin auszulegen, dass ein Verbraucher, der sein Widerrufsrecht in Bezug auf einen im Fernabsatz mit einem Anbieter geschlossenen Darlehensvertrag ausübt, von dem Anbieter vorbehaltlich der Beträge, die er selbst unter den in Art. 7 Abs. 1 und 3 dieser Richtlinie genannten Bedingungen an ihn zahlen muss, die Erstattung der zur Erfüllung des Vertrags gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge verlangen kann, nicht aber Nutzungsersatz auf diese Beträge.
95Zur Begründung hat der EuGH ausgeführt, aus Art. 7 Abs. 4 FinFARL gehe hervor, dass der Anbieter dem Verbraucher jeden Betrag zu erstatten habe, den er von dem Verbraucher gemäß diesem Vertrag erhalten habe, mit Ausnahme des in Art. 7 Abs. 1 FinFARL genannten Betrags, also des im Rahmen der tatsächlich erbrachten Dienstleistung unter den Bedingungen des Art. 7 Abs. 3 FinFARL erhaltenen Betrags (Rz. 32). Der Wortlaut von Art. 7 Abs. 4 FinFARL sei unmissverständlich und sehe eine Pflicht des Anbieters vor, dem Verbraucher jeden Betrag zu erstatten, den er „von diesem gemäß dem Fernabsatzvertrag erhalten“ habe, und keinen weiteren Betrag (Rz. 33). Zahle der Verbraucher zur Erfüllung des Darlehensvertrags das Darlehenskapital zzgl. Zinsen an den Anbieter, müsse die Erstattung i.S.v. Art. 7 Abs. 4 FinFARL sowohl die vom Verbraucher gezahlten Tilgungsbeträge als auch die Darlehenszinsen umfassen (Rz. 34). Weder Art. 7 Abs. 4 FinFARL noch irgendeine andere Vorschrift der Richtlinie sehe vor, dass der Anbieter verpflichtet wäre, über die Erstattung der vom Verbraucher gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge hinaus auch Nutzungsersatz auf die im Rahmen der Vertragserfüllung erhaltenen Beträge an den Verbraucher zu leisten (Rz. 35). Wie sich aus Art. 1 Abs. 1 FinFARL im Lichte des 13. Erwägungsgrundes ergebe, bewirke die Richtlinie eine Vollharmonisierung der von ihr geregelten Aspekte (Rz. 36). Dementsprechend könne der Verbraucher die Erstattung der zur Erfüllung des Vertrags gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge verlangen, nicht aber Nutzungsersatz auf diese Beträge (Rz. 37).
96Der vorliegende Darlehensvertrag fällt in den Anwendungsbereich der FinFARL. Es handelt unstreitig um einen Fernabatzvertrag über Finanzdienstleistungen im Sinne des § 312b BGB a.F. Diese unterfallen dem Anwendungsbereich der FinFARL. Öffnungsklauseln sieht die FinFARL für das Widerrufsrecht zwar gemäß Art. 6 Abs. 3 für den Ausschluss bei bestimmten Darlehensverträgen, u.a. auch für Immobiliar- und grundpfandrechtlich besicherte Kredite, vor. Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit des Art. 6 Abs. 3 Buchstaben a) und b) der Richtlinie allerdings keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr sollen die Bestimmungen über Fernabsatzverträge nach der Gesetzesbegründung auch dann zur Anwendung kommen, wenn es besondere Vorschriften für einzelne Finanzprodukte gibt, insbesondere also auch, wenn es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt (BT-Drs. 15/2946, S. 16 l.Sp.).
97Gemäß §§ 491, 495 Abs. 1 BGB a.F. bestand auch bei im Fernabsatz geschlossenen grundpfandrechtlich besicherten Verbraucherdarlehensverträgen ein Widerrufsrecht. Aus europarechtlicher Sicht ist unerheblich, auf welcher Rechtsgrundlage das ansonsten gleichermaßen ausgestaltete Widerrufsrecht fußt, sodass auch dieses Widerrufsrechts von der vollharmonisierenden FinFARL erfasst ist. Den Mitgliedstaaten sollte nach Sinn und Zweck der Regelung durch die Ausschlussmöglichkeit des Art. 6 Abs. 3 der Weg eröffnet sein, kein Widerrufsrecht für dort geregelte Verträge vorzusehen, sofern dies nach Auffassung der Mitgliedstaaten nicht den nationalen Rechtsvorstellungen entspricht. Sieht ein Mitgliedstaat jedoch ein Widerrufsrecht vor und macht damit deutlich, dass das Widerrufsrecht als solches auch für solche Verträge in Betracht kommt, ist eine weitergehende Differenzierung vom europäischen Richtliniengeber jedenfalls hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht eröffnet. Auch hat die Bundesrepublik Deutschland nicht im Rahmen der Unterrichtung auf diesbezügliche Ausschlüsse hingewiesen, wozu sie gemäß Art. 6 Abs. 4 und 5 Richtlinie 2002/65/EG verpflichtet ist (s. Final Report, Part II, http://ec.europa.eu/consumers/financial_services/reference_studies_documents/docs/iff_eu_final_report_part02.pdf).
98Dem vom EuGH im Urteil vom 04.06.2020 konkretisierten Richtlinienverständnis ist von den nationalen Gerichten bei der Anwendung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts Rechnung zu tragen.
99Insofern hat der EuGH in seinem Urteil vom 11.09.2019 in der Rechtssache E C-143/18 (Rz. 37, 38) zur FinFARL ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung von den nationalen Trägern öffentlicher Gewalt verlangt, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht.
100Die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung darf zwar auch nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen, die nationalen Gerichte müssen aber gegebenenfalls eine gefestigte Rechtsprechung abändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie nicht vereinbar ist (EuGH a.a.O.)
101Diese Rechtsprechung des EuGH wird vom BVerfG mitgetragen, das ebenfalls betont, dass die unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ihre Grenze an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten findet, wobei zu berücksichtigten ist, dass Art. 20 Abs. 3 GG weder eine bestimmter Auslegungsmethode vorschreibt und zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung auch die teleologische Reduktion gehört (vgl. BVerfG NJW 2012, 669 Rz. 47; NJW-RR 2016, 1366 Rz. 50).
102Methodisch können Gerichte den ihnen insofern nach innerstaatlichem Recht bei der Rechtsanwendung zustehenden „Beurteilungsspielraum“ durch eine richtlinienkonforme Auslegung ieS oder eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung ausschöpfen (Herresthal, Jus 2014, 289 ff; Looschelders-Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB AT, 3. Aufl., Anhang zu § 133 Rz. 32, 33 m.w.N.; BGH, Urteil v. 07.05.2014 – IV ZR 76/11 Rz. 18 ff).
103Insofern ist bei der Auslegung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. zu berücksichtigen, dass der Wortlaut der Norm weit gefasst ist, da die Vorschriften des Rücktrittsrechts bloß „entsprechende Anwendung“ finden und auch nur „soweit nicht ein anderes bestimmt ist“. Im Ergebnis kann vorliegend dahinstehen, ob deshalb bereits innerhalb des Gesetzeswortlauts hinreichend Raum für eine einschränkende richtlinienkonforme Auslegung im engeren Sinne dahingehend ist, dass der Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers von der Anwendung der Rücktrittsvorschriften nicht erfasst ist (bejahend: Latta/Lühmann, BKR 2020, 69, 75; verneinend: OLG Brandenburg, Urteil v. 15.01.2020 – 4 U 90/19, Rz. 12, 13).
104Jedenfalls ist aber der Verweis in § 357 Abs. 1 s. 1 BGB im Rahmen einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung teleologisch dergestalt zu reduzieren.
105Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke auf. Damit eine Rechtsfortbildung nicht contra legem erfolgt, ist eine planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes erforderlich (vgl. BGH, Urteil v. 7.5.214 – IV ZR 76/11). Eine solche liegt nach der neueren Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung nicht erreicht ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber die Regelung in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass sie nicht richtlinienkonform ist (BGH a.a.O. Rz. 23 m.w.N.).
106Da das BGB in der hier anzuwendenden Fassung keinen ausdrücklichen Ausschluss des Nutzungsersatzanspruchs des Darlehensnehmers/der Wertersatzpflicht des Anbieters regelt, liegt eine Unvollständigkeit im Sinne einer Lücke auch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor (zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt: s. BVerfG, NJW-RR 2016, 1366 Rz. 54). Zwar bestehen gemäß der seit 13.06.2014 geltenden Fassung des § 357a BGB und dortigen abschließenden Regelung der Widerrufsfolgen keine Nutzungsersatzansprüche des Darlehensnehmers mehr, indes kommt dieser Regelung keine Rückwirkung auf Altfälle zu (Art. 229 § 32 EGBGB).
107Auch die Regelung des § 312d Abs. 6 BGB steht der Annahme einer Regelungslücke in Bezug auf Nutzungsersatzansprüche des Darlehensnehmers nicht entgegen. Diese Norm erfasst bereits nach ihrem Wortlaut lediglich die Verpflichtung des Verbrauchers zur Zahlung von Wertersatz und unterstellt den Wertersatzanspruch des Anbieters – in Umsetzung der Vorgaben des Art. 7 Abs. 3 FinFARL - abweichend von § 357 BGB zusätzlichen Voraussetzungen. Eine Regelung hinsichtlich der Gewährung von Nutzungsersatzansprüchen des Verbrauchers/ Anordnung einer Wertersatzverpflichtung des Anbieters ist der Norm hingegen nicht zu entnehmen.
108Diese Regelungslücke ist auch planwidrig. Insbesondere ist hinsichtlich der Regelung zu den Widerrufsfolgen keine gesetzgeberische Ziel- oder Zwecksetzung ersichtlich, die der o.g. einschränkenden Auslegung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. entgegenstehen würde.
109Dem Gesetzgeber war der Vollharmonisierungscharakter der FinFARL bewusst. Wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, wollte der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen“ vom 02.12.2004 die Vorgaben der FinFARL vollumfänglich in nationales Recht umsetzen. In der Gesetzesbegründung heißt es unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Erwägungsgrund 13 der Richtlinie, dass bei der Umsetzung der Richtlinie zu beachten sei, dass diese einen absoluten Standard vorgibt, den die Mitgliedsstaaten in ihr nationales Recht übernehmen sollen, es sei denn die Richtlinie lässt ausdrückliche Abweichungen zu (BT-Drs 15/2946 S. 15 linke Spalte). Grundsätzlich ist der Normzweck unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu bestimmen eine Richtlinie korrekt umzusetzen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (BGH, NJW 2014, 2646, 2648).
110Zu den durch die FinFARL umzusetzenden Vorgaben zählten auch die Regelungen über die Widerrufsfolgen. Dem hat der Gesetzgeber ausdrücklich durch die Umsetzung von Art. 7 Abs. 3 S. 2 der FinFARL in der Regelung des § 312d Abs. 6 BGB Rechnung getragen (vgl. BT-Drs. 15/2946 Seite 16 linke Spalte). Im Übrigen findet sich in der Gesetzesbegründung schlicht die Aussage, dass bei den Widerrufsfolgen „grundsätzlich auf die geltenden Bestimmungen des § 357 in Verbindung mit §§ 346 ff BGB zurückgegriffen werden“ kann. Diesem bloßen Verweis auf das bisherige Rückabwicklungsregime kann indes nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, in Bezug auf die Frage des Nutzungsersatzes eine spezifische materielle Agenda zu verfolgen (Rodi, GPR 2020, 246, 249). Dem Gesetzgeber ist damit nicht der Wille zu entnehmen, dass er einen Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers/eine Wertersatzpflicht des Anbieters im Widerspruch zu Art. 7 Abs. 4 FinFARL positiv für wünschenswert erachtet (Rodi, GPR 2020, 246, 249). Vielmehr spricht die nur partielle Umsetzung der Vorgaben des Art. 7 FinFARL dafür, dass sich der Gesetzgeber über die Richtlinienkonformität des Rückabwicklungsregimes der §§ 357, 346 BGB a.F. geirrt hat und damit gerade für das Vorliegen eines unbewussten, planwidrigen Verfehlens der gewollt richtlinienkonformen Umsetzung des Unionsrechts (Latta/Lühmann BKR 2020, 69, 75; a.A.: OLG Brandenburg Urteil v. 15.01.2020 – 4 U 90/19, BKR 2020, 88).
111Insbesondere kann – jedenfalls in Bezug auf die Regelung der Widerrufsfolgen – nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber dem zwingenden Charakter der FinFARL nur insofern Rechnung tragen wollte, als diese für den Verbraucher im Falle des Fernabsatzes gegenüber dem allgemeinen Verbraucherdarlehensrecht günstigere Regelungen enthält (a.A. OLG Köln Urteil v. 26.03.2019, 4 U 7/18; in Bezug auf die Regelung zum Erlöschen des Widerrufsrechts gem. § 312d Abs. 3 BGB: BGH, Urteil v. 15.10.2019 – XI ZR 759/17; dazu kritisch: Wendehorst,NJW 2019, 3423, 3424, die die Annahme des BGH von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine richtlinienkonforme Umsetzung als „kühn“ wertet, insbesondere auch im Hinblick auf die Argumentation bezüglich unterbliebener Gesetzesänderungen anlässlich nachfolgender Gesetzgebungsverfahren; so auch Freitag, WM 2020, 293, 298).
112Hinsichtlich der Widerrufsfolgen ist zudem zu berücksichtigen, dass der deutsche Gesetzgeber in späterer Zeit ausweislich der Begründung zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (BT-Drs. 17/12637, S. 64 f.) zum Ausdruck gebracht hat, dass er ebenfalls nicht davon ausgeht, dass der FinFARL Ansprüche des Verbrauchers auf Nutzungsersatz zu entnehmen sind, da diese in § 357a Abs. 2 BGB keine Erwähnung finden. Die Regelung des § 357a BGB schließt dementsprechend auch einen Nutzungsersatzanspruch des Verbrauchers aus (vgl. BGH Beschluss v. 12.01.2016 – XI ZR 366/15 – juris Rz. 20). Weitergehend ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass der Gesetzgeber aus der FinFARL herleitet, dass ein solcher Nutzungsersatzanspruch bei Fernabsatzverträgen auch bereits vor der Neufassung des § 357a BGB nicht bestanden hat, denn insofern heißt es dort ausdrücklich:
113„ Für Verträge über Finanzdienstleistungen verbleibt [Hervorhebung durch das Gericht] es grundsätzlich bei den bisherigen Rechtsfolgen des Widerrufs, die in § 357a zusammengefasst werden.[…] [§ 357a] Abs. 2 bestimmt die Voraussetzungen, unter denen der Verbraucher im Falle des Widerrufs eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen oder eines Fernabsatzvertrages über Finanzdienstleistungen zur Zahlung von Wertersatz verpflichtet ist. Diese Voraussetzungen entsprechen hinsichtlich der Fernabsatzverträge der geltenden Rechtslage (§ 312e Abs. 2 [entspricht wörtlich § 312d Abs. 6 BGB a.F.], § 347 Abs. 1 Satz 1,§ 346 Absatz 2 Satz 2) und ergeben sich aus Artikel 7 Absatz 1 und 3 der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie.“
114Dem obigen Auslegungsergebnis der Kammer steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers, (insbesondere Beschluss vom 12.01.2016 - XI ZR 366/15 bzw. Urteil vom 12.07.2016 – 564/15) entgegen, da den Rechtsstreitigkeiten nicht Fernabsatzverträge zu Grunde lagen, wie sich aus den angefochtenen Urteilen des OLG Stuttgart vom 21.07.2015 – 6 U 41/15 – und des OLG Nürnberg vom 11.11.2015 – 14 U 2439/14 – sowie dem erstinstanzlichen Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 – 10 O 3952/14 –, ergibt (vgl. auch Suchowerskyj, WM 2020, 2360, 2363).
115b) Ansprüche der Beklagten:
116aa) Die Kläger als Darlehensnehmer schulden der Beklagten als Darlehensgeberin gemäß §§ 495 Abs. 1, 357 Abs. 1 BGB a.F. iVm § 346 Abs. 1 HS. 1 BGB a.F. die Erstattung des gesamten an sie ausgezahlten Nettokreditbetrages ohne Rücksicht auf eine Tilgung (BGH Beschluss v. 22.09.2015, XI ZR 116/15). Dieser beläuft sich für das Wohnungsbaudarlehen mit den Unterkonten – 000 und -000 auf insgesamt € 144.000,-.
117bb) Ferner kann die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung von den Klägern Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 BGB a.F. in Höhe der marktüblichen Verzinsung am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta verlangen.
118(1) Entgegen der Ansicht der Kläger sind die Anforderungen des § 312d Abs. 6 BGBa.F. für den Wertersatzanspruch der Beklagten erfüllt.
119Nach § 312d Abs. 6 BGBa.F. hat bei Fernabsatzverträgen der Verbraucher abweichend von § 357 Abs. 1 BGB Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.
120Sowohl die Widerrufsbelehrung als auch der Hinweis in dem nach § 312c BGB iVm § 1 BGB-InfoV überreichten Infoblatt zu den Widerrufsfolgen, die die Beklagte den Klägern jeweils vor Abgabe ihrer Vertragserklärungen zur Verfügung stellte, genügen den Anforderungen an die Belehrungspflicht über die Rechtsfolgen gemäß § 312d Abs. 6 BGB a.F. Die Kläger konnten daraus entnehmen, dass sie im Falle des Widerrufs Wertersatzansprüchen der Beklagten ausgesetzt sind und bei der Berechnung des Wertersatzes der im Darlehensvertrag vereinbarte Zinssatz zugrunde gelegt wird.
121Indem die Kläger das Darlehen abgerufen haben, haben sie auch ausdrücklich zugestimmt, dass die Beklagte vor dem Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt (vgl. zur Zustimmung durch Darlehensabruf: OLG Nürnberg Urteil v. 18.12.2017, 14 U 1221/16, BeckRS 2017, 142728 Rz. 25). Dass ein solcher Abruf geschehen sein muss, ergibt sich daraus, dass unstreitig die Darlehensvaluta an die Kläger ausgezahlt worden ist und gemäß Ziffer 2.1. der Finanzierungsbedingungen für die Auszahlung ein schriftlicher Abruf des Darlehensnehmers erforderlich ist.
122Dass der Kunde darüber informiert werden muss, dass der Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung vor dem Ablauf der Widerrufsfrist liegt, ergibt sich aus § 312d Abs. 6 BGB a.F. nicht. Die als erste Voraussetzung in § 312d Abs. 6 BGB a.F. statuierte Hinweispflicht bezieht sich nur auf die Wertersatzpflicht als Rechtsfolge des Widerrufs. Die zweite Voraussetzung des § 312d Abs. 6 BGB a.F. verlangt eine ausdrückliche Zustimmung zur Leistungserbringung, aber nicht einen zusätzlichen Hinweis darauf, dass der so bestimmte Leistungstermin vor Ablauf der Widerrufsfrist liegt (OLG Nürnberg, a.a.O. Rz. 25; vgl. auch Wendehorst in MüKo-BGB, 5. Aufl. 2007, § 312d BGB Rn.130, 131; sowie zu der heutigen Vorschrift des § 357a Abs. 2 Satz 1 BGB Fritsche in MüKo-BGB, 7. Aufl. 2016, § 357a BGB Rn. 6, 8; § 357 BGB Rn. 41).
123(2) Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 7 Abs. 1, Abs. 3 FinFARL. Entgegen der Ansicht der Kläger sind die Anforderungen des Art. 7 Abs. 1, Abs. 3 iVm Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit a) FinFARL und damit die Voraussetzungen des § 312c BGB iVm § 1 Abs. 4 BGB-InfoV erfüllt. Die Beklagte begann mit der Erfüllung des Vertrages durch Auszahlung auf Grund des Abrufs der Darlehensvaluta durch die Kläger nach deren ausdrücklicher Zustimmung. Die Kläger erhielten mit dem Kreditvertrag und dem Infoblatt und den dort aufgeführten Zinskonditionen sowie dem beigefügten Tilgungsplan auch Informationen über die Beträge, die dem Wert der bis zum Widerruf erbrachten Leistung der Beklagten entsprachen. Den Erhalt des Infoblatts nebst Tilgungsplan haben die Kläger mit ihrer Unterschrift am 05.11.2005 ausdrücklich bestätigt.
124Weitergehende Informationen waren nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit a) FinFARL nicht geschuldet, insbesondere war nicht die Bezifferung eines konkreten Betrages geschuldet. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) FinFARL sieht in verschiedenen Sprachfassungen jeweils vor, dass Informationen über die zurückzuzahlenden Beträge angegeben werden (engl.: „information on the amount“; frz.: „informations sur le montant“; sp.: „información relativa al importe“; nl.: „informatie over het bedrag“; it.: „informazioni relative all'importo“, pt.: „informações sobre o montante“), sodass die deutsche Sprachfassung insoweit ungenau ist.
125Dies hat auch der deutsche Gesetzgeber erkannt und hat ausdrücklich mit § 312c Abs. 1 BGB a.F. iVm § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV Informationen über den „zurückzuzahlenden Betrag“ genügen lassen (BT-Drs. 15/2946, S. 26, l.Sp.).
126Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit der Richtlinienhistorie. Eine ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Differenzierung (KOM (98) 468 endg.) für Fälle, bei denen eine konkrete Berechnung möglich ist, und solche, bei denen dies nicht der Fall ist – wie bei vereinbarten Zinszahlungen (s. BT-Drs. 15/2946, S. 26 l.Sp.) –, wurde im Rahmen des gemeinsamen Standpunktes des Rates vom 06.12.2001 (Dok. 12425/01) mit redaktionellen Änderungen vereinfacht (s. Übermittlungsvermerk vom 18.01.2002, Dok. 5465/02, SEK(2002)30 endg., S. 10). Hierbei geriet nicht aus dem Blick, dass die Bezifferungen eines Betrages nicht immer möglich ist, wie insbesondere bei Annuitätendarlehen.
127(3) Zur Bemessung der marktüblichen Verzinsung nach § 346 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BGB a.F. ist grundsätzlich auf den vertraglich vereinbarten Sollzinssatz abzustellen (BGH Beschluss v. 12.09.2017, XI ZR 365/17, juris Rz. 10; Urteil v. 12.03.2019, XI ZR 9/17 m.w.N.), wobei dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 HS 2 BGB der Nachweis offensteht, dass der marktübliche Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geringer gewesen wäre (BGH Urteil v. 12.03.2019, XI ZR 9/17 juris Rz. 15). Hierzu haben die Kläger indes nichts vorgetragen.
128Auch für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs folgt der Anspruch für die Gebrauchsvorteile, die der Darlehensgeber für den jeweils noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta beanspruchen kann aus § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. iVm § 346 Abs. 2 S.1 Nr. 1 und S. 2 BGBa.F. (BGH Urteil v. 12.03.2019, XI ZR 9/17, juris Rz. 18; Beschluss v. 19.02.2019, XI ZR 362/17 Rz. 6), d.h. auch insoweit ist der ursprünglich vereinbarte Vertragszins maßgeblich (OLG Köln Urteil v. 19.11.2020, 12 U 102/19).
129Ausgehend von diesen Berechnungsparametern ergibt sich ein Wertersatzanspruch der Beklagten für die bis zum 30.06.2016 jeweils den Klägern zur Verfügung gestellte Darlehensvaluta in Höhe von insgesamt € 56.393,93.
130Dieser Betrag folgt aus der Zinsberechnung gemäß Anlage K 13. Diese Berechnung ist hier zugrunde zu legen, da die Beklagten deren rechnerische Richtigkeit nicht substantiiert bestritten hat. Soweit die Beklagte in der Klageerwiderung (Bl. 46 d.A.) pauschal die Berechnung als unvollständig gerügt hat, da der Gebrauchsvorteil nur bis zum Zeitpunkt des Widerrufs berechnet sei, trifft dieser Vorwurf auf die Anlage K 13 nicht zu. Dort ist mit dem Vertragszins als Bemessungsgrundlage für den Wertersatz bis einschließlich 30.06.2016, d.h. bis zur Ablösungszeitpunkt, gerechnet.
1313.) Ausgehend von den vorstehenden wechselseitigen Ansprüchen der Parteien verbleibt aufgrund der von Klägerseite und der Beklagten erklärten Aufrechnungen ein Zahlungsanspruch in Höhe von € 0,03 zugunsten der Kläger.
132Die Kläger haben mit ihrem Anspruch in der Klageschrift die Aufrechnung gegen den Anspruch der Beklagten auf Wertersatz in Höhe von € 54.976,29 und auf Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von € 144.000,- erklärt.
133Diese Aufrechnung hat gemäß § 389 BGB wie folgt zum Erlöschen der wechselseitigen Forderungen geführt:
134Ansprüche der Beklagten: € 200.393,93 (€ 56.393,93 Wertersatz + € 144.000,- Darlehensvaluta)
135./. Aufrechnung der Kläger mit ihrem Rückforderungsanspruch in Höhe von € 200.393,96 gegen Anspruch der Beklagten auf € 54.976,29 Wertersatz und € 144.000,- Darlehensvaluta
136= verbleibende nicht erloschene Restforderung Beklagte: € 1.417,64
137= verbleibende nicht aufgerechnete Restforderung Kläger: € 1.417,67
138An die in der Klageschrift erklärte und der Beklagtenseite zugegangene Aufrechnungserklärung sind die Kläger gebunden.
139Insbesondere ist die Aufrechnungserklärung nicht durch die Klageerweiterung im Schriftsatz vom 06.12.2017 widerrufen / zurückgenommen worden. Die Aufrechnung ist als Gestaltungsgeschäft unwiderruflich (Palandt/Grüneberg, BGB, 79.Aufl. § 387 Rz. 1; BeckOGK/Skamel § 388 Rz. 23, 24). Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine als Prozesshandlung erklärte Aufrechnung zurückgenommen werden kann mit der Folge, dass aufgrund der Doppelnatur der Aufrechnung als Prozesserklärung und materieller Erklärung die Aufrechnung auch materiell-rechtlich unwirksam wird (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 156, 157; NJW 2009, 1071, Staudinger/Gursky (2016) Vorbem zu §§ 387 BGB Rz. 26, 35). Indes liegen die Voraussetzungen dieser Fallgruppe hier nicht vor. Eine doppelwirksame Rücknahme ist nur für den Fall anerkannt, dass die Aufrechnung als prozessbedingtes Verteidigungsmittel eingesetzt wird (BGH a.a.O.; Staudinger/Gursky a.a.O.; Wendtland/BeckOK, 39.Edt. § 145 ZPO, Rz. 24, 26 m.w.N.). Selbst wenn man die Klägeraufrechnung im weitesten Sinne als Prozessaufrechnung verstehen sollte, da sie in der Klageschrift erklärt worden ist, so handelt es sich gleichwohl nicht um eine Prozesshandlung ieS., die als Verteidigungsmittel eingesetzt worden ist. Eine Prozesshandlung in diesem Sinne ist die Aufrechnung nur, wenn der Aufrechnende Schuldner der Forderung ist, die Gegenstand des Rechtsstreits bildet und die durch die Aufrechnung getilgt werden soll. Nur dann wird die Gegenforderung auch zu einem Verfahrensgegenstand, über den gemäß § 322 Abs. 2 ZPO mit Rechtskraft entschieden werden kann (vgl. BGH, NJW 1992, 982, 983; OLG FfM, NJW-RR 1997, 526, 527; Dennhardt/BeckOK 56.Edt. § 388 Rz. 9). Vorliegend haben die Kläger indes die Aufrechnung nicht als Verteidigungsmittel eingesetzt und vielmehr aus der Position des Gläubigers derjenigen Forderung, die Gegenstand des Rechtsstreits bildet, die Aufrechnung erklärt. Die Situation ist insofern nicht anders als wenn die Kläger bereits vor Klageerhebung aufgerechnet hätten (vgl. BGH a.a.O.).
140Soweit danach noch eine Forderung der Kläger in Höhe von € 1.417,67 verblieb, ist diese Forderung durch die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit ihrer noch nicht durch Aufrechnung untergegangenen Restforderung in Höhe von € 1.417,64, d.h. bis auf einen Restbetrag in Höhe von € 0,03, gemäß § 389 BGB erloschen.
141Der geltend gemachte Zinsanspruch ist nach §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB gerechtfertigt.
142B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
143Die Einbeziehung des rechtskraftfähig erledigten Teils der streitigen Hilfsaufrechnungsforderung der Beklagten in den Streitwert gemäß § 45 Abs. 3 GKG (Klageforderung € 94.705,05 + Hilfsaufrechnung € 1.417,64) zwingt bei der Kostenentscheidung grundsätzlich zu einer Quotierung nach § 92 ZPO bezogen auf den Gesamtstreitwert (BGH WM 1985, 264 juris Rz 58; Zöller-Herget, ZPO, 32.Aufl. § 92 Rz. 3 m.w.N.). Da die Kläger nur in sehr geringem Umfang obsiegt haben, das Unterliegen der Beklagten unter Einbeziehung der Hilfsaufrechnung mit rund 1,5 % verhältnismäßig geringfügig war und durch den Gebührensprung (über € 95.000,- hinweg) nur geringfügig höhere Kosten veranlasst worden sind, waren der Klägerseite gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits insgesamt aufzuerlegen.
144Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
145Streitwert: € 96.122, 69 (§ 45 Abs. 3 GKG, € 94.705,05 + € 1.417,64)