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Beschlossen:
wird der Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin vom 22.09.2023 zurückgewiesen.
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtige klageweise Geltendmachung eines ihrer Ansicht nach bestehenden Zahlungsanspruchs aus Steuerberaterhaftung.
4Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin von 2010 bis in das erste Halbjahr 2015 steuerlich beraten. Aufgabe der Antragsgegnerin war es, die Finanzbuchhaltung sowie die Jahresabschlüsse zu erstellen und die Steuererklärungen (Einkommens-, Umsatz-, Gewerbe-, Lohn-, Kapitalertragssteuer ) abzugeben. Der Jahresabschluss und die Steuerklärungen wurden letztmalig für 2014 erstellt. Die Buchhaltung wurde bis Juli 2015 erstellt.
5Am 08.08.2018 wurde die Antragstellerin ausweislich des Handelsregisterauszugs des Amtsgerichts A wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.
6Die Antragstellerin behauptet, im Rahmen der Liquidationseröffnung seien bedeutende und relevante Mängel in der Gesamtdarstellung der finanziellen und bilanziellen Lage des Unternehmens festgestellt worden. Die Angaben in der Finanzbuchhaltung würden nicht die tatsächlichen Verhältnisse des Unternehmens widerspiegeln. Sie habe die Antragsgegnerin vergeblich zur Nachbesserung der Steuerunterlagen sowie rückwirkenden Änderung der Bescheide aufgefordert.
7Die Antragstellerin beabsichtigt, mit der Klage folgenden Antrag anzukündigen:
8„Die Beklagten kostenpflichtig zu verurteilen
9An den Kläger in der Hauptforderung in Höhe von 1.000.000 € nebst Zinsen von neun Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.“
10Die Antragsgegnerin rügt, dass bereits unklar sei, wer der Antragsteller sei: Die B UG i.L., Herr C oder die D UG (haftungsbeschränkt) in Gr. Zudem rügt sie das gesamte Vorbringen als nicht einlassungsfähig. Überdies erhebt sie die Einrede der Verjährung.
11II.
12Die Voraussetzungen des § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Die beabsichtigte Klage hat keine hinreichende Erfolgsaussicht.
13Ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB ist nicht schlüssig dargetan.
14Mit dem Steuerberatervertrag bestand zwischen den Parteien ein wirksames Schuldverhältnis i. S. d. § 280 Abs. 1 BGB. Der Steuerberatervertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag in Form eines Dienstvertrags nach den §§ 675, 611 BGB.
15Es fehlt jedoch an substantiiertem Vorbringen hinsichtlich einer Pflichtverletzung sowie bezüglich eines hierauf beruhenden Schadens.
16Die Antragstellerin stellt weder konkret dar, welche Angaben in ihrer Finanzbuchhaltung nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen noch welches Verhalten der Antragsgegnerin hierfür ursächlich gewesen sein soll.
17Der gegebenenfalls zu ersetzende Schaden ist durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen Vermögenslage zu ermitteln, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Dies erfordert einen Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Es geht bei dem Gesamtvermögensvergleich nicht um Einzelpositionen, sondern um eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (BGH, Urteil vom 5.2.2015 – IX ZR 167/13 NJW 2015, 1373 Rn. 7 m.w.N.). Zur schlüssigen Darlegung eines Vermögensschadens bedarf es eines Gesamtvermögensvergleiches, der alle Auswirkungen der behaupteten Pflichtverletzung auf das Vermögen einbezieht, also nicht nur steuerliche Mehrbelastungen, sondern auch etwaige günstige Folgen, wie den Wegfall von Ausgaben oder die Verminderung von Verbindlichkeiten (OLG Köln, Beschl. v. 29.11.2018 – 16 U 116/18, DStRE 2020, 52).
18Auch hieran fehlt es.
19Die mangelnde Substanz des Vorbringens kann nicht durch den Verweis auf ein Anlagenkonvolut in Gestalt von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Jahresabschlüssen etc. ersetzt werden. Denn im Zivilprozess wird ein Sachverhalt nicht von Amts wegen ermittelt. Vielmehr gilt der Beibringungsgrundsatz, nach welchem es den Parteien obliegt, alle relevanten Tatsachen vorzutragen, auf deren Basis sie einen Anspruch herleiten. Nach dem Beibringungsgrundsatz darf das Gericht seine Entscheidung nur auf die Tatsachen stützen, die von den Parteien selbst vorgebracht wurden. Tatsachen, die von den Parteien nicht präsentiert wurden, dürfen in die gerichtliche Entscheidung nicht einfließen.