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beschlossen:
Unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung vom 30.03.2023 wird das Amtsgericht Siegburg angewiesen, der Antragstellerin auch in das streitgegenständliche Grundbuchblatt Abteilung I (Eigentümer) sowie in ungeschwärzter Form in die Dokumente der Einsichtsmappe Akteneinsicht zu gewähren.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe:
2I.
3In dem streitgegenständlichen Zwangsversteigerungsverfahren gewährte das Amtsgericht Siegburg der am Verfahren nicht beteiligten Antragstellerin auf deren Antrag hin am 29.03.2023 Akteneinsicht in die in die Einsichtsmappe aufgenommenen Dokumente, die teils geschwärzt waren. Die Einsichtsmappe enthielt das Verkehrswertgutachten, Anmeldungen, den das Versteigerungsgrundstück betreffenden Grundbuchauszug Abt. II und III sowie die Beteiligtenliste. In den Dokumenten waren insbesondere die Eigentümer des Versteigerungsobjekts unkenntlich gemacht. Die Einsicht in das Grundbuchblatt Abteilung I (Eigentümer) wurde verweigert.
4Gegen die vorgenommenen Schwärzungen und die verweigerte Einsicht in Abteilung I des Grundbuchblattes hat die Antragstellerin Erinnerung eingelegt. Durch Beschluss vom 30.03.2023 hat das Amtsgericht Siegburg die Erinnerung der Antragstellerin zurückgewiesen. Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
5II.
6Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin war gemäß § 42 ZVG Akteneinsicht in die in die Einsichtsmappe aufgenommenen Dokumente ohne jegliche Schwärzungen sowie in die Abteilung I des maßgeblichen Grundbuchblattes zu gestatten.
7§ 42 ZVG gewährt für alle Versteigerungsverfahren ein erweitertes Akteneinsichtsrecht für jedermann. Bieterinteressenten sollen Kenntnis von den Unterlagen erlangen können, welche für einen beabsichtigten Erwerb des Grundstücks wichtig sind (vgl. Bachmann in: Depré, ZVG, 2. Aufl. 2018, § 42 ZVG Rn. 1).
8Anders als das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 30.03.2023 annimmt, geben weder die Datenschutz-Grundverordnung noch die Landesdatenschutzgesetze einen Grund zur einschränkenden Auslegung von § 42 ZVG. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Datenschutz-Grundverordnung auf die Daten, die bei der Akteneinsicht bekannt werden, überhaupt anwendbar ist. Jedenfalls ist die Akteneinsicht durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Bst. e, Abs. 3 Bst. b DS-GVO in Verbindung mit §§ 42, 19 ZVG legitimiert. Da § 42 ZVG die Akteneinsicht im Versteigerungsverfahren abschließend und umfassend regelt, sind die Landesdatenschutzgesetze subsidiär und werden von § 42 ZVG verdrängt. Selbst wenn man dies anders sehen und die Subsidiaritätsvorschriften der Landesdatenschutzgesetze als nicht einschlägig erachten würde, so könnten die Landesdatenschutzgesetze wegen Art. 31 GG auf die Bundesnorm des § 42 ZVG keinen Einfluss nehmen (vgl. Schmidt-Wudy, Akteneinsicht und Datenschutz – Eine Problemzone in der Praxis der Zwangsversteigerung, NJW 2022, 2071, beck-online, Rn. 22; Böttcher/Böttcher ZVG § 42 Rn. 2).
9Soweit das Amtsgericht Siegburg in der angefochtenen Entscheidung vom 30.03.2023 darauf verweist, dass sich eine Einschränkung des Akteneinsichtsrechts nach § 42 ZVG bereits aus der durch das 1. JuModG vom 24.08.2004 erfolgten Änderung des § 38 ZVG ergebe, mit der die Nennung des Eigentümers in der Terminsbestimmung weggefallen ist, verfängt dieses Argument nicht. Denn die Terminsbestimmung nach § 38 ZVG soll zum einen denjenigen, deren Rechte durch die Zwangsversteigerung betroffen werden können, die Wahrnehmung ihrer Rechte im Verfahren ermöglichen und zum anderen Erwerbsinteressenten auf den Termin aufmerksam machen, um durch eine Konkurrenz von Bietern eine Versteigerung des Grundstücks zu einem seinem Wert möglichst entsprechenden Gebot zu erreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2020 – V ZB 13/20 –, juris, Rn. 9 m.w.N.). Dazu bedarf es der Nennung des Eigentümers in der Terminsbestimmung nicht. Kommt es einem Bieterinteressenten - ausnahmsweise - gerade darauf an, die Eigentumsverhältnisse am Grundstück zu erfahren, muss er sich diese zusätzliche Information selbst beschaffen. Hierzu hat er unter anderem gerade nach § 42 Abs. 1 ZVG die Möglichkeit, in die Mitteilungen des Grundbuchamtes an das Vollstreckungsgericht Einsicht zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2020 – V ZB 13/20 –, juris, Rn. 13 und Stöber, ZVG, 23. Auflage/2022, § 38 Rn. 11) und damit die in der Terminsbestimmung nicht aufgeführten Angaben zu erfahren.
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