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für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Amtsgerichts Bonn vom 24.08.2022 (Az.: 103 C 191/21) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird hinsichtlich der ersten Stufe (Auskunftsanspruch) abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt, auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens, dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf bis 500,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt mit der Klage aus abgetretenem Recht im Wege der Stufenklage auf der ersten Stufe Auskunft im Rahmen eines Zahlungsdienstrahmenvertrags über vorvertragliche Entgeltinformationen und mittels einer Entgeltaufstellung über sämtliche Entgelte seit dem 01.01.2018. Auf der zweiten Stufe begehrt sie Zahlung des Differenzbetrags zwischen den ursprünglich vereinbarten und tatsächlich abgerechneten Entgelten nebst Nutzungsersatz, Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
4Die Kundin der Beklagten, Frau A aus B, und die Beklagte sind mit einem Zahlungsdiensterahmenvertrag zur Kontonummer (IBAN) DE XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX verbunden. Die Klägerin macht die streitgegenständlichen Ansprüche aus abgetretenem Recht der Kundin (im Folgenden Zedentin) geltend. Die insoweit klägerseits vorgelegte Abtretungserklärung vom 23.08.2021 (Anlage K1 Schriftsatz vom 27.12.2021, Bl. 34 d. A. des Amtsgerichts) lautet wie folgt:
5„Abtretungserklärung
6Kontoführungsgebühren F Niederlassung der G Bank
7Hiermit tritt,
8Frau A
9Am E xx
10xxxxx B
11alle Ansprüche gegen das Unternehmen F Niederlassung der G Bank anlässlich unwirksamer Gebührenerhöhungen und zu viel berechneter Entgelte sowie mit diesem Konto verbundene Zahlungsdienstleistungen (z.B. Giro- oder Kreditkarten), insbesondere Auskunftsansprüche auf die Ubermittlung der vollständigen Entgeltaufstellung seit dem 01.01.2018, aktuelle und vorangegangene Entgeltinformationen, vorvertraglicher Entgeltinformation die hiermit korrelierenden Rückerstattungsforderungen sowie etwaige Schadensersatzansprüche zur Rechtsverfolgung zur gegenständlichen I BAN-Nummer der Zedentschaft DEXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX an die C UG (haftungsbeschränkt), -Weg x, xxxxx E, Deutschland ab.
12Die C UG (haftungsbeschränkt) nimmt die Abtretung an.“
13Wegen sämtlicher weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und ihre zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
14Erstinstanzlich hat die Klägerin im Wege der Stufenklage beantragt,
151. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Auskunft zu erteilen über im Rahmen des Zahlungsdiensterahmenvertrags mit A
16a) vorvertraglichen Entgeltinformationen sowie
17b) mittels einer Entgeltaufstellung sämtliche Entgelte die seit dem 01.01.2018 für mit dem Zahlungskonto verbundenen Dienste angefallen sind, sowie gegebenenfalls über den Sollzinssatz bei Überziehungen und den Zinssatz für Einlagen für die Zahlungskonten.
182. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin den sich aus dem Klageantrag zu 1) ergebenden Differenzbetrag zwischen den ursprünglich vereinbarten und den tatsächlich abgerechneten Entgelten nebst Nutzungsersatz in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Berechnung der jeweiligen sich aus dem Klageantrag zu 1. b) berechneten Entgelte sowie weitere 34,99 € an vorgerichtlichen Rechtanwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Das Amtsgericht hat der Klage auf der ersten Stufe hinsichtlich der geltend gemachten Auskunftsansprüche mit dem angefochtenen Teilurteil vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass durch die Beklagte eine Abtretung der Ansprüche der Zedentin A an die Klägerin bereits nicht hinreichend bestritten worden ist. Die Abtretung der Auskunftsansprüche wird für zulässig erachtet. Insbesondere eine Inhaltsänderung dieser dem Verbraucherschutz dienenden Ansprüche i. S. d. § 399 Alt. 1 BGB wird nicht angenommen. Hinsichtlich einer Erfüllung der Auskunftsansprüche ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts ebenfalls kein hinreichender Vortrag der Beklagten erfolgt. Ferner stehe einer Erfüllung gegenüber der Klägerin § 407 BGB entgegen.
22Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit welcher diese die Klageabweisung begehrt. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich umfänglich vorgebrachte Auffassung. Sie ist der Ansicht, dass ein hinreichendes Bestreiten der Abtretungsvereinbarung entgegen der Feststellungen des Amtsgerichts erfolgt sei. Die Beklagte behauptet weiterhin, dass die Unterschrift auf der vorgelegten Abtretungserklärung nicht von der (angeblichen) Zedentin A stamme. Dies folge eindeutig aus einem Vergleich zwischen der letzten Seite des Girokontoeröffnungsvertrags (Anlage B1 zur Berufungsbegründung vom 27.12.2022, Bl. 98 d. A.) mit der Abtretungserklärung (Anlage K1 Schriftsatz vom 27.12.2021, Bl. 34 d. A. des Amtsgerichts). Jedenfalls ist die Beklagte der Ansicht, dass die Abtretungsvereinbarung gegen das aus § 399 BGB folgende Abtretungsverbot verstoße. Dem Zweck der aus §§ 10, 11 ZKG und § 675d BGB folgenden Auskunftsansprüche – Verbraucherschutz - würde mit einer Abtretung an Dritte, insbesondere an die Klägerin, nicht entsprochen. Es liege eine Inhaltsänderung vor. Die Auskunftsansprüche seien mit der Eigenschaft des Verbrauchers als Zahlungdienstenutzer verbunden. Der Auskunftsanspruch auf Entgeltaufstellung sei darüber hinaus aber auch durch Übersendung der Entgeltaufstellungen für die Jahre 2019, 2020 und 2021 erloschen. Entsprechendes gelte hinsichtlich etwaiger vorvertraglicher Informationen. Diese habe die Zedentin A bei der Girokontoeröffnung am 23.01.2012 erhalten.
23Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
24die Klage wird unter Abänderung des am 24.08.2022 verkündeten und am 25.08.2022 zugestellten Teilurteils des Amtsgerichts Bonn, Az. 103 C 191/21, abgewiesen.
25Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Die Klägerin verteidigt das angefochtene Teilurteil unter Aufrechterhaltung und Vertiefung insbesondere ihrer Auffassung, dass eine Inhaltsänderung i. S. d. § 399 Alt. 1 BGB auch nicht wegen eines besonders schutzwürdigen Interesses der Schuldnerin an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson (Verbraucher) vorliege. Die Klägerin ist der Ansicht, dass jedenfalls die beklagtenseits angeführten Entscheidungen, in welchen § 399 Alt. 1 BGB wegen einer Inhaltsänderung für einschlägig erachtet worden sei, auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar seien. Es seien die Unterschiede in der durch die Klägerin in Fällen dieser Art verwendete Abtretungserklärung und solcher, die durch Konkurrenten der Klägerin verwendet werden würden, zu beachten. In den durch die Beklagte zitierten Entscheidungen seien die Ansprüche der Kunden jeweils „dauerhaft“ an die Klagepartei abgetreten worden. Bei der durch die Klägerin auch vorliegend verwendeten Abtretungsvereinbarung sei hingegen lediglich eine Abtretung der Ansprüche der Kundin zur Rechtsverfolgung und begrenzt auf die Kontoführungsgebühren erfolgt. Diese Beschränkungen folgten aus dem Wortlaut der Abtretungserklärung, in dessen Gesamtschau keine Zweifel verbleiben würden, dass die Informationsansprüche der Klägerin eben nicht auf Dauer durch die Kundin übertragen worden seien. Bereits hieraus folge, dass keine Inhaltsänderung i. S. d. § 399 BGB anzunehmen sei.
28Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und ihre zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
29II.
30Die Berufung ist zulässig und begründet. Das angegriffene Teilurteil des Amtsgerichts Bonn vom 24.08.2022 (Az.: 103 C 191/21) war auf die zulässige und begründete Berufung der Beklagten dahingehend abzuändern, dass die Klage hinsichtlich der ersten Stufe (Auskunftsanspruch) abzuweisen war.
311.
32Die Berufung ist zunächst zulässig, insbesondere gem. § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufgrund der Zulassung der Berufung durch das Amtsgericht statthaft. Die Formalien der Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) sind gewahrt.
332.
34Die Berufung ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch nach §§ 10, 11 ZKG, § 675 d BGB i. V. m. §§ 398 S. 2, 401 BGB auf Auskunftserteilung über vorvertragliche Entgeltinformationen sowie mittels einer Entgeltaufstellung über sämtliche Entgelte, die seit dem 01.01.2018 für mit dem Zahlungskonto verbundenen Dienste im Rahmen des Zahlungsdiensterahmenvertrags mit der Kundin und behaupteten Zedentin A angefallen sind.
35Zwar hat die Zedentin A möglicherweise einen etwaigen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wirksam an die Klägerin abgetreten. Ein Auskunftsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte besteht jedoch nicht, da die Abtretungsvereinbarung vom 23.08.2021 jedenfalls nach § 399 Alt 1. BGB wegen einer Inhaltsänderung betreffend die dem Verbraucherschutz dienende Auskunftsansprüche unwirksam ist.
36a)
37Aus diesem Grund kann für den streitgegenständlichen Auskunftsanspruch dahinstehen, ob die Abtretungsvereinbarung vom 23.08.2021 zustande gekommen, insbesondere durch die Zedentin A unterschrieben worden ist. Dem Amtsgericht ist nicht darin zu folgen, dass kein hinreichendes Bestreiten der Beklagten vorliege. Zwar ist zuzugeben, dass der Vortrag der Beklagten teilweise widersprüchlich ist, soweit einerseits vorgetragen wird, dass die Unterschrift der Zedentin missbräuchlich durch die Klägerin eingescannt und genutzt worden sei und andererseits, dass die Unterschrift der Zedentin auf der Abtretungsvereinbarung von der Unterschrift auf dem Kontoeröffnungsantrag erheblich abweiche und deshalb nicht von dieser stamme. Jedoch wird jedenfalls hinreichend deutlich, dass insgesamt bestritten wird, dass die Kundin A selbst die Abtretungsvereinbarung unterzeichnet habe. Nachvollziehbar wird dies auch damit begründet, dass die Kundin selbst nach Klagerhebung Auskünfte angefordert habe. Vergleicht man zudem die Unterschriften der Kundin auf dem Kontoeröffnungsantrag (Bl. 98 d.A.) und der vorgelegten Abtretungsvereinbarung (Anlage K1 Schriftsatz vom 27.12.2021, Bl. 34 d. A. des Amtsgerichts), ist bereits augenscheinlich eine erhebliche Abweichung gegeben.
38b)
39Die Abtretungsvereinbarung vom 23.08.2021 ist – jedenfalls die Auskunftsansprüche betreffend – unwirksam. Die Voraussetzungen eines Abtretungsverbots i. S. d. § 399 Alt 1 BGB liegen nach Auffassung der Kammer vor.
40Eine Abtretung der streitgegenständlichen Auskunftsansprüche der Zedentin A gegenüber der Beklagten an die Klägerin als Kapitalgesellschaft ist nach § 399 Alt. 1 BGB ausgeschlossen, da eine Inhaltsänderung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Auskunftsansprüche – Verbraucherschutz – anzunehmen ist.
41aa)
42Die Voraussetzungen des Abtretungsverbots gemäß § 399 Alt 1 BGB liegen vor.
43Nach § 399 BGB kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.
44Der Abtretungsbeschränkung wegen Inhaltsänderung nach § 399 Alt. 1 BGB unterfallen drei Fallgruppen, und zwar (1.) höchstpersönliche Forderungen, (2.) unselbstständige Nebenrechte und (3.) Forderungen, die kraft Natur des Rechtsverhältnisses, dem sie entstammen, nicht abtretbar sind (vgl. BeckOGK/Lieder, 1.9.2022, BGB § 399 Rn. 1). So können Forderungen nach § 399 Alt. 1 BGB aufgrund der Natur des Rechtsverhältnisses, dem sie entstammen, unübertragbar sein. Die Fallgruppe zielt primär auf den Schutz des Forderungsschuldners ab, dem kraft der Natur des Rechtsverhältnisses nicht gleichgültig ist, an wen er die Leistung zu erbringen hat. In dieser Konstellation ist ein Gläubigerwechsel zwar vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung des Gläubigers aber in besonderem Maße schutzwürdig. Die Verknüpfung zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses ist so eng, dass ein Gläubigerwechsel für den Schuldner als unzumutbar erscheint (vgl. BeckOGK/Lieder, 1.9.2022, BGB § 399 Rn. 55). Mit dem Abtretungsausschluss gemäß § 399 BGB wird demnach der Zweck verfolgt, die Abtretung solcher Ansprüche zu verhindern, bei denen von der Natur des Schuldverhältnisses her ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners anzuerkennen ist, nur an eine bestimmte Person leisten zu müssen, ein beliebiger Gläubigerwechsel also für den Schuldner unzumutbar wäre (MüKoBGB/Kieninger, 9. Aufl. 2022, BGB § 399 Rn. 2).
45bb)
46Entscheidend für die Annahme eines Abtretungsverbots gemäß § 399 Alt. 1 BGB ist damit die Natur des Rechtsverhältnisses der jeweiligen Anspruchsnorm sowie Sinn und Zweck der abgetretenen (Auskunfts-)Ansprüche.
47(a)
48Der Auskunftsanspruch auf vorvertragliche Entgeltinformation folgt aus § 5 ZKG. § 5 ZKG ist zum 31.10.2018 in Kraft getreten. Dass der Vertrag bereits zuvor abgeschlossen worden ist (2012), ist unerheblich. Die Regelungen gelten ab dem Datum des Inkrafttretens auch für laufende Altverträge, d. h. sie sind nicht lediglich auf erst nach diesem Zeitpunkt geschlossene Verbraucherzahlungskontoverträge beschränkt (vgl. BeckOGK/Böger, 1.10.2022, ZKG § 1 Rn. 48). Da die Informationen auch während des laufenden Vertragsverhältnisses zur Verfügung gestellt werden müssen, besteht ein Anspruch aus § 5 ZKG für Altverträge, wie den streitgegenständlichen Vertrag.
49Ferner bestand ein Anspruch auf vorvertragliche Entgeltinformationen bei Vertragsabschluss im Jahr 2012 nach § 675d BGB, Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB. Damit der Kontoinhaber die Dienste seines Kreditinstituts mit den Vertragsbedingungen vergleichen und im Streitfall überprüfen kann, welche Rechte und Pflichten sich aus dem Vertrag für ihn ergeben, konnte dieser nach Art. 248 § 5 EGBGB insbesondere auch während der Vertragslaufzeit verlangen, dass ihm die Vertragsbedingungen sowie die vorvertraglichen Informationen in Textform übermittelt werden (MüKoHGB, B. Überweisungsverkehr Rn. 287, beck-online).
50(b)
51Der Auskunftsanspruch auf Entgeltaufstellungen folgt aus § 10 ZKG. Während und nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses muss das Kreditinstitut dem Verbraucher eine Entgeltaufstellung über die angefallenen Entgelte für die Dienste im Zusammenhang mit dem Zahlungskonto zur Verfügung stellen (§ 10 Abs. 1 ZKG), die die zahlreichen Angaben des § 11 ZKG enthält. Inhalt, Form (Textform) und Gestaltung dieser Pflicht ergeben sich aus §§ 11–13 ZKG (MüKoHGB, B. Überweisungsverkehr Rn. 295, beckonline). Ein Anspruch besteht aber aufgrund des Inkrafttretens von § 10 ZKG erst für den Zeitraum ab dem 31.10.2018 (vgl. hierzu vorstehend unter (a)).
52Für den Zeitraum 01.01.2018 bis 31.10.2018 besteht hingegen bereits kein Anspruch auf Auskunft mittels einer Entgeltaufstellung aus § 10 ZKG. Ob ein solcher aus § 675d BGB oder § 242 BGB folgt, kann derzeit dahinstehen, da die Abtretung jedenfalls nach § 399 Alt. 1 BGB vorliegend unwirksam ist, wie im Folgenden näher begründet wird.
53(c)
54Die Auskunftsansprüche (§§ 5, 10 ZKG, § 675d BGB) dienen dem Verbraucherschutz sowie der Transparenz und Vergleichbarkeit von Konten für Verbraucher.
55Ausweislich des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 06.01.2016 (BT-Drucksache 18/7204) dienen die Regeln des ZKG der Umsetzung der „Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen“. Die Verbrauchermobilität soll erleichtert werden und der Vergleich von Zahlungskontodiensten und -entgelten einfacher gestaltet werden (vgl. BT-Drucksache 18/7204, S. 44 f.).
56Auch der aus § 675d BGB folgende Auskunftsanspruch dient der Schaffung eines einheitlichen Binnenmarkts für Zahlungsdienste und dem Verbraucherschutz. Zahlungsdienstnutzer sollen durch transparente Vertragsinformationen in die Lage versetzt werden, die ihnen im Rahmen der Kontoführung anfallenden Entgelte zu überblicken und so die Angebote unterschiedlicher Zahlungsdienstleister im EU-Raum vergleichen zu können (vgl. BeckOGK/Zahrte, 1.3.2023, BGB § 675d Rn. 3).
57cc)
58In der vorliegenden Konstellation, der Geltendmachung der Auskunftsansprüche durch eine Kapitalgesellschaft, ist unter Berücksichtigung des Vorstehenden eine Inhaltsänderung und damit ein Abtretungsausschluss nach § 399 Alt. 1 BGB anzunehmen.
59Die Kammer folgt insoweit im Ergebnis der Auffassung der Beklagten, die auch in der Rechtsprechung überzeugend vertreten wird (vgl. AG Duisburg, Teilurteil vom 04.07.2022 Az. 505 C 2948/21), dass die streitgegenständlichen Auskunftsansprüche nicht abgetreten werden können, da die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger (Verbraucherkunde) nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann.
60Die Auffassung der Kammer beruht auf folgenden Erwägungen:
61(a)
62Der Auskunftsanspruch dient nicht (mehr) dem Verbraucherschutz, wenn dieser wie vorliegend von einer Kapitalgesellschaft geltend gemacht wird, die ganz vordergründig, wenn nicht sogar ausschließlich, den Zweck verfolgt, Gewinn mit eventuellen Ansprüchen der Verbraucher gegen die Bank zu erzielen. Die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs durch die Kapitalgesellschaft erfolgt in diesem Fall lediglich zu dem Zweck des Gewinnstrebens der Kapitalgesellschaft. Mit der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs reduziert die Klägerin ihr wirtschaftliches Risiko zu Lasten der Beklagten, die umfangreiche Auskünfte zu erteilen hat. Dies ist der Beklagten vor dem Hintergrund, dass die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs dazu dient, Ansprüche von Verbrauchern gegen Entgelt durch eine Kapitalgesellschaft geltend zu machen, nicht zumutbar. Das Geschäftsmodell der Klägerin und ihrer Mitbewerber nutzt die jeweiligen Auskunftsansprüche, ohne hierbei den Schutz des Verbrauchers zu bezwecken. Möglicherweise erhält der Verbraucher letztendlich eine Zahlung, unter Abzug des Entgelts der Klägerin. Im Vordergrund steht jedoch die Gewinnerzielung der Klägerin als Kapitalgesellschaft, nicht der Verbraucherschutz. Dies geht aufgrund der zu erwartenden Anzahl der Auskunftsansprüche im Ergebnis auch zu Lasten der übrigen Kunden und damit Verbraucher. Der erhöhte Arbeitsaufwand der Banken führt entweder zu längeren Bearbeitungszeiten oder zu höheren Kosten, die erwartungsgemäß auf die Kunden umgelegt werden.
63(b)
64Dieses Ergebnis wird ferner durch die Entstehungsgeschichte des § 399 BGB gestützt. Der Halbsatz 1 des § 399 BGB, der die Unübertragbarkeit auf Grund der Natur des Schuldverhältnisses bzw. des Anspruchs betrifft, war im ersten Entwurf wesentlich umfangreicher und umständlicher gefasst worden. Nicht übertragbar war demnach eine Forderung, „welche von einer nicht übertragbaren Eigenschaft des Gläubigers abhängt, oder bei welcher die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht möglich ist, oder deren Inhalt durch die Leistung an einen anderen Gläubiger verändert werden würde“ (§ 295 Abs. 1 BGB-E). Die Kommission hielt demgegenüber in diesem Text die gesonderte Hervorhebung des ersten Falles für überflüssig und versuchte eine sprachliche Straffung, die aber keine inhaltliche Verkürzung darstellen sollte (MüKoBGB/Kieninger, 9. Aufl. 2022, BGB § 399 Rn. 6).
65Der streitgegenständliche Auskunftsanspruch hängt von der Verbrauchereigenschaft des Kunden als – insbesondere an eine Kapitalgesellschaft – nicht übertragbare Eigenschaft ab (vgl. so ebenfalls AG Duisburg Teilurteil v. 4.7.2022 – 505 C 2948/21, BeckRS 2022, 27038 Rn. 20, 21, beck-online).
66(c)
67Gegen eine Abtretbarkeit sprechen auch die inhaltlich übertragbaren Ausführungen in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2020 zu dem Aktenzeichen 6 C 10/19. Diese erfolgte zwar im Hinblick auf Ansprüche nach dem DSGVO (Art. 15 Abs. 1 DSGVO) und den Schutz personenbezogener Daten bei einer beanspruchten Auskunftserteilung durch den Insolvenzverwalter vom Finanzamt über das Steuerkonto des Insolvenzschuldners. Die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen im Hinblick auf eine Inhaltsänderung eines Auskunftsanspruchs lassen sich jedoch nach Sinn und Zweck übertragen.
68Es wird u.a. darauf abgestellt, dass sich der unionsrechtliche Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO nach den Regelungen des nationalen Rechts wegen einer Veränderung der Leistung in ihrem Wesen als nicht übertragbar erweist (§ 399 BGB). Es wird weiter ausgeführt:
69„(…) Er dient dazu, dem Betroffenen das für die Durchsetzung seines Rechts auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten notwendige Wissensfundament zu verschaffen und ist seiner Natur nach ein Instrument zur Geltendmachung der Betroffenenrechte. Er kann daher nicht durch Dritte ausgeübt werden, ohne dass die Leistung in ihrem Wesen verändert würde. So verhält es sich hier. Denn in der Hand des Insolvenzverwalters soll die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ausschließlich die Realisierung vermögensrechtlicher Ansprüche Dritter befördern. Gegenstand und Ziel des Anspruchs wäre nicht mehr die grundrechtlich verbürgte Kontrolle über die zur eigenen Person verfügbaren Daten, sondern die Gewinnung eines wirtschaftlich verwertbaren Wissens. Der Auskunftsanspruch verlöre bei einem Übergang an einen Dritten seinen vom Unionsgesetzgeber vorgesehenen ideellen Charakter als Transparenzrecht und als Fundament zur Durchsetzung weiterer Betroffenenrechte. (…)“ (BVerwG, Urteil vom 16. September 2020 – 6 C 10/19 –, Rn. 25, juris)
70Dies ist mit der vorliegenden Konstellation, dass eine Kapitalgesellschaft einen Auskunftsanspruch des Verbrauchers geltend macht, vergleichbar. Auch die vorliegend geltend gemachten Auskunftsansprüche sind dem Wesen nach nicht übertragbar.
71(d)
72Gleiches gilt für einen Auskunftsanspruch nach § 675d BGB i. V. m. Art. 248 §§ 4, 5 EGBGB. Dieser dient ebenfalls dem Verbraucherschutz und kann nicht durch eine Kapitalgesellschaft als Dritten ohne Inhaltsveränderung geltend gemacht werden. Den Anspruch auf Übermittlung hat auch nach Auffassung der Literatur nur der Kunde selbst (vgl. BeckOGK/Zahrte, 1.12.2022, EGBGB Art. 248 § 5 Rn. 6). Daher ist auch hier der Anspruch von einer nicht übertragbaren Eigenschaft des Gläubigers abhängig, sodass eine Inhaltsänderung nach § 399 BGB anzunehmen ist.
73(e)
74Der Vortrag der Klägerin, wonach die Abtretung nicht auf Dauer, sondern „lediglich zur Rechtsverfolgung“, und beschränkt auf die Geltendmachung von Kontoführungsgebühren erfolgt sei und dies zu einer abweichenden Bewertung hinsichtlich der Annahme einer Inhaltsänderung i. S. d. § 399 Alt. 1 BGB führen müsse, ist teilweise bereits unzutreffend und führt im Übrigen zu keiner anderen Bewertung.
75Zunächst werden ausweislich des Wortlauts der Abtretungserklärung (Anlage K1 Schriftsatz vom 27.12.2021, Bl. 34 d. A. des Amtsgerichts) u.a. auch Schadensersatzansprüche abgetreten. Eine Begrenzung auf Kontoführungsgebühren erfolgt nicht. Ferner folgt aus der Abtretung „zur Rechtsverfolgung“ entgegen der Auffassung der Klägerin keine zeitliche Beschränkung. Letztendlich wäre aber auch bei einer „vorübergehenden“ Abtretung der Auskunftsansprüche an eine Kapitalgesellschaft, die der Vorbereitung der Geltendmachung von Ansprüchen des Verbrauchers gegen Entgelt dient, nach dem Vorstehenden eine Inhaltsänderung i. S. d. § 399 Alt. 1 BGB anzunehmen. Der Gläubigerwechsel von Verbraucher zu Kapitalgesellschaft ist der Beklagten auch in diesem Fall nicht zumutbar. Es macht für diese keinen Unterschied, ob Auskunftsansprüche aufgrund einer „vorübergehenden“ oder „dauerhaften“ Abtretung geltend gemacht werden. Im Übrigen finden die vorstehenden Ausführungen auch auf eine „vorübergehende“ Abtretung der Auskunftsansprüche uneingeschränkt Anwendung.
763.
77Obwohl die Stufenklage bezüglich der Auskunftsstufe ohne Erfolg bleibt, kommt eine Zurückweisung der Berufung insgesamt auch hinsichtlich des weiteren Antrags der Stufenklage vorliegend nicht in Betracht.
78Eine Stufenklage darf nur dann insgesamt abgewiesen werden, wenn feststeht, dass neben dem Auskunftsanspruch auch der in der weiteren Stufe verfolgte Leistungsantrag nicht begründet ist (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 25. August 1999 - 1 U 1004/98 -, NJW-RR 2000, 229, juris-Rz. 39), insbesondere wenn schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 -, NJW-RR 2011, 189, juris-Rz. 24).
79Gemessen an diesen Grundsätzen kam vorliegend eine Abweisung der weiteren Anträge der Stufenklage und der Klage insgesamt nicht in Betracht. Die Unwirksamkeit der Abtretung i. S. d. § 399 Alt. 1 BGB betrifft lediglich die mit der ersten Stufe geltend gemachten Auskunftsansprüche.
80III.
81Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 11. Februar 2022 – 20 U 107/21 –, juris).
82Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst, weil sich aus diesem Urteil für keine der Parteien ein vollstreckbarer Anspruch ergibt.
83Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert aufgrund der divergierenden Beurteilung der Rechtsfrage des Vorliegens einer Inhaltsänderung i. S. d. § 399 Alt 1 BGB durch die Instanzgerichte eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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