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Der Angeklagte ist schuldig der Steuerhinterziehung in 5 Fällen.
Er wird zu der Gesamtfreiheitsstrafe von
5 Jahren und 6 Monaten
verurteilt.
Von dieser Strafe gelten wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zwei Monate als bereits vollstreckt.
Gegen den Angeklagten wird die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 100.000,- Euro angeordnet. Er ist insoweit Gesamtschuldner.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und - soweit nicht bereits durch Beschluss vom 08.05.2021 darüber entschieden ist - seine notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften:
§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO;
§ 25, § 53 Abs. 1, § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB.
Inhalt:
2A. Feststellungen
3I. Feststellungen zur Person des Angeklagten
4II. Allgemeine Feststellungen und Vortatgeschehen
51. Rechts- und Vertretungsverhältnisse der beteiligten HC-Gesellschaften
62. Der gesondert Verfolgte Dr. YE
73. CumEx-Geschäfte im Allgemeinen
84. Die steuerliche Behandlung von Dividenden
95. CumEx-Geschäfte mit Leerverkäufen
106. CumEx-Leerverkaufgeschäfte der HC Bank in 2006
117. Preisbildung bei Kurssicherungsinstrumenten
128. Das Jahressteuergesetz 2007
139. CumCum-Geschäfte
14III. Feststellungen zu den einzelnen Taten
151. Fall 1: Eigenhandel der HC Bank in 2007
16a) Vorbereitung der Dividendensaison
17b) Durchführung der Transaktionen
18c) Beteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten
19d) Abgabe der Steuererklärung
20e) Vorstellung des Angeklagten
212. Fall 2: Eigenhandel der HC Bank in 2008
22a) Vorbereitung der Dividendensaison
23b) Durchführung der Transaktionen
24c) Beteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten
25d) Abgabe der Steuererklärung
26e) Vorstellung des Angeklagten
273. Fall 3: Eigenhandel der HC Bank in 2009
28a) Das BMF-Schreiben vom 05.05.2009
29b) Ausdehnung der CumEx-Geschäfte auf Fondsstrukturen
30c) Vorbereitung der Dividendensaison im Eigenhandel
31d) Durchführung der Transaktionen im Eigenhandel
32e) Beteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten
33f) Abgabe der Steuererklärung
34g) Vorstellung des Angeklagten
354. Fall 4: Eigenhandel der HC Bank in 2010
36a) Der BC German Hedge Fund
37b) Vorbereitung der Dividendensaison im Eigenhandel
38c) Durchführung der Transaktionen im Eigenhandel
39d) Beteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten
40e) Abgabe der Steuererklärung
41f) Vorstellung des Angeklagten
425. Fall 5: Eigenhandel der HC Bank in 2011
43a) Vorbereitung der Dividendensaison
44b) Durchführung der Transaktionen
45c) Keine Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK
46d) Abgabe der Steuererklärung
47e) Vorstellung des Angeklagten
48IV. Nachtatgeschehen
491. Sonder- und Bonuszahlungen an den Angeklagten
502. Steueränderungsbescheide
513. Ermittlungsverfahren
524. Teilweise Verfahrenseinstellung
53B. Beweiswürdigung
54I. Einlassung des Angeklagten
551. Eigenhandel bzw. Single-Future-Geschäfte
56a) 2006
57b) 2007 - 2009
58c) 2010, 2011
592. Fonds
603. BMF-Schreiben 2009
614. Aufteilung der Profite
62a) Scheinrechnungen/Provisionen
63b) Partnership Agreement
645. Zusammensetzung der Bonuszahlungen
656. Einzelne Beweismittel
66II. Feststellungen zur Person des Angeklagten
67III. Allgemeine Feststellungen und Vortatgeschehen
681. Feststellungen zu den Rechtsverhältnissen der HC-Gesellschaften
692. Feststellungen zum gesondert Verfolgten Dr. YE
703. Angaben zu CumEx-Geschäften, zur Kurssicherung und zu Dividendenleveln
714. Die Leerverkäufe in 2006 und die Rolle des Angeklagten dabei
725. Profitverteilung
736. Jahressteuergesetz 2007
74IV. Feststellungen zu den einzelnen Taten
751. Fall 1: Eigenhandel der HC Bank in 2007
76a) Vorbereitung der Dividendensaison und Rolle des Angeklagten
77b) Planung und Durchführung der konkreten Transaktionen
78c) Vorliegen von CumEx-Leerverkaufgeschäften ohne Steuerabzug
79d) Objektive Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK
80e) Abgabe der Steuererklärung
81f) Vorstellung des Angeklagten
82aa) Tatsachenkenntnis zu Beginn der Dividendensaison
83bb) Kenntnis der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK
84cc) Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Steuererklärung
85dd) Bewertung der steuerrechtlichen Lage
862. Fall 2: Eigenhandel der HC Bank in 2008
87a) Vorbereitung der Dividendensaison und Rolle des Angeklagten
88b) Planung und Durchführung der konkreten Transaktionen
89c) Vorliegen von CumEx-Leerverkaufgeschäften ohne Steuerabzug
90d) Objektive Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK
91e) Abgabe der Steuererklärung
92f) Vorstellung des Angeklagten
933. Fall 3: Eigenhandel der HC Bank in 2009
94a) Das BMF-Schreiben vom 05.05.2009
95b) Ausdehnung der CumEx-Geschäfte auf Fondsstrukturen
96c) Vorbereitung der Dividendensaison im Eigenhandel
97d) Planung und Durchführung der konkreten Transaktionen
98e) Vorliegen von CumEx-Leerverkaufgeschäften ohne Steuerabzug
99f) Objektive Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK
100g) Abgabe der Steuererklärung
101h) Vorstellung des Angeklagten
1024. Fall 4: Eigenhandel der HC Bank in 2010
103a) Der BC German Hedge Fund
104b) Vorbereitung der Dividendensaison im Eigenhandel
105c) Planung und Durchführung der konkreten Transaktionen
106d) Vorliegen von CumEx-Leerverkaufgeschäften ohne Steuerabzug
107e) Objektive Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK
108f) Abgabe der Steuererklärung
109g) Vorstellung des Angeklagten
1105. Fall 5: Eigenhandel der HC Bank in 2011
111a) Vorbereitung der Dividendensaison
112b) Planung und Durchführung der konkreten Transaktionen
113c) Vorliegen von CumEx-Leerverkaufgeschäften ohne Steuerabzug
114d) Abgabe der Steuererklärung
115e) Vorstellung des Angeklagten
116V. Nachtatgeschehen
1171. Sonder- und Bonuszahlungen an den Angeklagten
1182. Steuerbescheide
119a) Angaben der Zeugen des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg
120b) Weitere Inhalte der Steuerakten
121c) Steueränderungsbescheide
1223. Ermittlungsverfahren
123C. Rechtliche Würdigung
124I. Fehlen von Verfahrenshindernissen
1251. Keine Verjährung
1262. Keine sonstigen Verfahrenshindernisse
127a) Kein Verstoß gegen § 160 Abs. 2 StPO und Art. 6 Abs. 1 EMRK
128b) Aussetzungsantrag
129II. Fall 1
1301. Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen
131a) Auslegung der Körperschaftsteuererklärung
132b) Steuerliche Erheblichkeit der erklärten Tatsachen
133c) Tatsächlich durch die HC Bank verwirklichter Sachverhalt
134d) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben
135e) Keine anderweite Mitteilung des richtigen Sachverhaltes
1362. Tätigen der Angaben gegenüber einer Finanzbehörde
1373. Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile
1384. Täterschaft des Angeklagten
139a) Eigenhändige Unterzeichnung der Steuererklärung
140b) Abgrenzung im Übrigen
141c) Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB oder nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB
1425. Vorsatz
1436. Rechtswidrigkeit und Schuld
144III. Fall 2
1451. Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen
146a) Auslegung der Körperschaftsteuererklärung
147b) Steuerliche Erheblichkeit der erklärten Tatsachen
148c) Tatsächlich durch die HC Bank verwirklichter Sachverhalt
149d) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben
150e) Keine anderweitige Mitteilung des Sachverhaltes
1512. Tätigen der Angaben gegenüber einer Finanzbehörde
1523. Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile
1534. Täterschaft des Angeklagten
154a) Täterschaftliche Tatbeteiligung
155b) Mittäterschaft oder mittelbare Täterschaft
1565. Vorsatz
1576. Rechtswidrigkeit und Schuld
158IV. Fälle 3 bis 5
1591. Objektiver Tatbestand
160a) Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen
161b) Erklärung gegenüber einer Finanzbehörde
162c) Nicht gerechtfertigte Steuervorteile
1632. Täterschaft des Angeklagten
164a) Fall 3
165b) Fall 4
166c) Fall 5
1673. Vorsatz
1684. Rechtswidrigkeit und Schuld
169D. Strafzumessung
170I. Strafrahmenwahl
1711. Regelbeispiel eines besonders schweren Falles
1722. Hilfsweise: unbenannter besonders schwerer Fall
173II. Konkrete Strafzumessung
174III. Bildung der Gesamtstrafe
175E. Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung
176F. Einziehung
177I. Erlangtes Etwas
178II. Erlangen „für“ die abgeurteilten Taten
179III. Höhe des Einziehungsbetrages
1801. Wertersatzeinziehung
1812. Nutzungen und Aufwendungen
182IV. Kein Ausschluss der Einziehung
183V. Gesamtschuld
184G. Kosten
185Gründe:
186Das Verfahren betrifft die Beteiligung der Angeklagten an sogenannten CumEx-Geschäften in den Jahren 2007 bis 2011.
Der Angeklagte ist […] Jahre alt. Er lebt […] in RE-Stadt […].
188Geboren wurde er in ZA-Stadt am nordöstlichen Rand der Schwäbischen Alb. […]Der Angeklagte beherrscht die englische Sprache in Wort und Schrift.
189Der Angeklagte hat das Bankgeschäft von Grund auf gelernt und für verschiedene Banken eine erhebliche Bandbreite an Funktionen ausgeübt:
190In den Jahren 1961 bis 1963 absolvierte er eine Lehre zum Bankkaufmann bei der damaligen Spar- und Girokasse KL. Von 1965 bis 1978 war er bei der XH AG in verschiedenen Funktionen tätig, unter anderem als Hausrevisor, Oberbuchhalter, stellvertretender Kundenabteilungsleiter und Innenleiter. In den Jahren 1978 bis 1987 war er in der Zentrale der XH AG in VF-Stadt am Aufbau europäischer Niederlassungen und Tochtergesellschaften beteiligt. Berufsbedingt kam es zu Aufenthalten in London und Madrid. Seinen letzten Einsatz im XH Konzern hatte der Angeklagte in Genf als Controller bei der XH (Suisse) SA. Im Jahr 1987 trat er in die ZE AG mit Sitz in RD-Stadt als Leiter des Bereichs Rechnungswesen, Controlling und Steuern ein. Als Direktor war er für den Zusammenschluss mit der ZB (Deutschland) AG und die erste gemeinsame Konzernbilanz (mit-)verantwortlich.
191Seit dem 01.09.1993 ist der Angeklagte für die PC & CO (AG & Co.) Kommanditgesellschaft auf Aktien (im Folgenden: HC Bank) tätig. Als Bereichsleiter Bilanz, Rechnungswesen und Controlling berichtete er unmittelbar dem Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter, dem gesondert Verfolgten Dr. NC. Der Angeklagte war als Generalbevollmächtigter am Erwerb verschiedener kleinerer Privatbanken und am Aufbau der heutigen PC & CO Gruppe GmbH (im Folgenden: HC Gruppe) beteiligt. Unter anderem trug der Angeklagte bei der HC Bank und bei der HC Gruppe Verantwortung für die Rechnungslegung, für den Jahresabschluss, für deren Steuerbelange sowie für das betriebswirtschaftliche Risikocontrolling und für aufsichtsrechtliche Vorgaben. Der Angeklagte bekleidete diverse Aufsichtsrats- und Beiratsmandate und war Mitglied im Steuerausschuss sowie im Ausschuss für Klassifizierungsverfahren beim YL. Ab dem 01.07.2010 reduzierte der Angeklagte seine Arbeitszeit auf eine Halbtagsbeschäftigung bei der HC Gruppe. Seit dem 01.08.2016 befindet sich der Angeklagte im Ruhestand.
192Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
Die heute unter PC & CO (AG & Co.) Kommanditgesellschaft auf Aktien firmierende HC Bank ist unter der Nummer HRB […] im Handelsregister B des Amtsgerichts Hamburg eingetragen. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum und bis zum Ausscheiden der persönlich haftenden Gesellschafter, der gesondert Verfolgten Dr. NC und HC, im Sommer 2014 firmierte die HC Bank unter PC & CO Kommanditgesellschaft auf Aktien. Seither ist die PC & CO Geschäftsführungs-Aktiengesellschaft in Hamburg einzige persönliche haftende Gesellschafterin. Der Angeklagte war zwischen Januar 2003 und Februar 2014 im Handelsregister als Gesamtprokurist (§ 48 Abs. 2 HGB) der HC Bank eingetragen.
194Die heute unter PC & CO Gruppe GmbH firmierende HC Gruppe ist seit Juni 2016 unter der Nummer HRB […] im Handelsregister B des Amtsgerichts Hamburg eingetragen. Sie ist durch Umwandlung im Wege des Formwechsels aus der PC & CO Gruppe (GmbH & Co.) Kommanditgesellschaft auf Aktien, zuvor beim Amtsgericht Hamburg unter HRB […] eingetragen, hervorgegangen. Zu Beginn des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes firmierte diese Gesellschaft noch als PC & CO Gruppe Kommanditgesellschaft auf Aktien. Während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes wurde die HC Gruppe durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC vertreten. Diese waren bis August 2009 als persönlich haftende Gesellschafter jeweils zur Einzelvertretung berechtigt. In ihrer Rolle als persönlich haftende Gesellschafter wurden sie im August 2009 jeweils durch eine unter ihrem Namen firmierende „Geschäftsführungs GmbH“ abgelöst. Diese GmbHs waren ebenfalls einzelvertretungsberechtigt und hatten jeweils nur ihren Namensgeber als einzigen Geschäftsführer. Der Angeklagte war zwischen März 2002 und Mai 2003 im Handelsregister als Gesamtprokurist (§ 48 Abs. 2 HGB) der HC Gruppe eingetragen. Ab März 2006 bis Juni 2016 hatte er wiederum Gesamtprokura, nun gemeinsam mit einem persönlich haftenden Gesellschafter oder mit einem anderen Prokuristen.
Der gesondert Verfolgte Dr. YE war bis in die 1990er Jahre als Beamter der Hessischen Finanzverwaltung im Bereich der Bankenprüfung tätig. Nachdem er diesen Beruf aufgegeben hatte, arbeitete er als Rechtsanwalt und erlangte aufgrund seiner steuerlichen Expertise bei bestimmten Marktteilnehmern großes Ansehen. Im Jahr 2005 arbeitete er in VF-Stadt für die international tätige Kanzlei XJ, die später nach einer Fusion unter der Bezeichnung XK agierte. Im Londoner Büro dieser Kanzlei war zu dieser Zeit der gesondert Verfolgte Dr. KK tätig, der in den Jahren seines Berufseinstieges von dem gesondert Verfolgten Dr. YE gefördert worden war und der später, im Jahr 2010, mit diesem und weiteren Anwälten die Kanzlei YE, KK und Kollegen gründete. Schwerpunkt der Tätigkeit des gesondert Verfolgten Dr. KK war das Investmentrecht.
196Der gesondert Verfolgte Dr. YE baute etwa im Jahr 2005 über YD, einem Tochterunternehmen der HC Bank, seinen Kontakt zu Verantwortlichen der HC Bank aus. Auf Grund seines Arbeitsschwerpunktes im Steuerrecht war er für die HC Bank ein interessanter Geschäftspartner. Die ersten Gespräche wurden auf Seiten der HC Bank ohne Beteiligung des Angeklagten auf Partnerebene geführt. Allerdings war der Angeklagte aufgrund seiner herausgehobenen Position bei der HC Bank und dadurch, dass der einflussreiche Partner und gesondert Verfolgte Dr. NC ihm großes Vertrauen entgegenbrachte, in der Folgezeit in die Umsetzung von Projekten, die die Bank konkret aufgegriffen hat, eingebunden. Der gesondert Verfolgte Dr. YE stellte bei der HC Bank verschiedene, auf Steuergestaltungen basierende Geschäftsmodelle vor. Darunter waren auch sogenannte CumEx-Geschäfte.
197Zu einem Zeitpunkt zwischen etwa Mitte 2006 und Anfang 2007 kam es in den Räumlichkeiten der HC Bank zu einem Treffen, an dem neben den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. NC auch der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Dr. KK teilnahmen. Für letzteren eröffnete dieses Gespräch die erste Gelegenheit, im Rahmen des bis dahin allein von dem gesondert Verfolgten Dr. YE betreuten Mandats HC Bank mit tätig zu werden. Der Angeklagte begegnete bei diesem Gespräch dem gesondert Verfolgten Dr. YE - und auch dem gesondert Verfolgten Dr. KK - zum ersten Mal persönlich.
Der Terminus „CumEx-Geschäfte“ beschreibt bestimmte Aktienkaufgeschäfte, die dadurch charakterisiert sind, dass die schuldrechtliche Einigung über den Kauf der Aktien kurz vor oder am Tag der Hauptversammlung der betreffenden Aktiengesellschaft erfolgt.
199Da die gegenseitig geschuldeten Leistungen - Zahlung des Kaufpreises bzw. Lieferung der Aktienstücke - bei über die Börse abgeschlossenen Kaufgeschäften regelmäßig zwei Arbeitstage nach dem Vertragsschluss („t+2“) zu erbringen sind, erfolgt die Erfüllung von einen Tag vor oder am Hauptversammlungstag geschlossenen Geschäften regelmäßig erst nach dem Tag der Hauptversammlung. Dies hat zur Folge, dass der Erwerber Aktien geliefert bekommt, die denen, auf die sich das Kaufgeschäft bezieht, nicht gleichwertig sind. Denn der zur Aktienurkunde gehörende Kupon, der den Anspruch auf eine von der betreffenden Aktiengesellschaft gezahlte Dividende verkörpert, wird nach der Hauptversammlung von der - regelmäßig sammelverwahrten - Aktienurkunde getrennt. Dies hat zur Folge, dass am ersten Tag nach der Hauptversammlung für die Belieferung eines vor diesem Tag geschlossenen Kaufs nur noch Aktien zur Verfügung stehen, die den Kupon und damit den Anspruch auf die bei der Hauptversammlung beschlossene Dividende nicht mehr beinhalten.
200In diesen Fällen bezieht sich der Kauf also auf Aktien mit („cum“) Dividendenanspruch, während die Lieferung mit Stücken ohne („ex“) Dividendenanspruch erfolgt. Dies prägt für derartige Geschäfte den Begriff „CumEx-Transaktion“.
201Da Aktien an jedem Arbeitstag und unabhängig davon gehandelt werden, ob gerade die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft stattfindet, sind CumEx-Geschäfte zunächst nichts Außergewöhnliches. Die den Aktienhandel und dessen Belieferung abwickelnden professionellen Marktakteure stellen im Regelfall sicher, dass der Erwerber gleichwohl neben den Aktien auch die miterworbene Dividende zugeleitet bekommt.
202Die Abwicklung von Wertpapiergeschäften, das sogenannte „Settlement“, erfolgt in Deutschland zentral durch die XB AG in VF-Stadt (im Folgenden: XD), eine Tochter der XI AG. Diese verwaltet für ihre Depotkunden deren Aktienbestände, indem sie diesen durch entsprechende Depotbuchungen Mitbesitz an den bei ihr als zentrale Sammelverwahrstelle hinterlegten Global-Aktienurkunden vermittelt. Neben den durch ein Aktiengeschäft erforderlichen Stückebuchungen bildet XD auf entsprechenden Konten der Kunden auch die korrespondierenden Geldtransaktionen ab. Diesen Abwicklungsservice bietet XD unabhängig davon an, ob die betreffenden Aktiengeschäfte über die Börse oder außerbörslich („over the counter“, „OTC“) abgeschlossen wurden. Bei außerbörslichen Geschäften ist es den Vertragspartnern möglich, die jeweiligen Parameter der Geschäfte, etwa die Lieferfrist, unabhängig von den Regularien der Börse zu vereinbaren. So lassen sich bei OTC-Geschäften zum Beispiel Erfüllungsfristen vereinbaren, die vom Börsen-Standard t+2 abweichen, also etwa t+3, t+1 oder auch t+0. In den hier verfahrensgegenständlichen Geschäften der HC Bank in den Jahren 2007 bis 2011 wurden die Aktienkäufe durchweg außerbörslich getätigt, es wurde jedoch gleichwohl regelmäßig eine Lieferfrist von t+2 vereinbart.
Von Aktionären bezogene Dividenden sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen und unterliegen als solche der Einkommensteuer, § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Die Einkommensteuer wird durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben, § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Kapitalertragsteuer betrug bis einschließlich 2008 20%, seither 25%. Im hier maßgeblichen Zeitraum waren zusätzlich 5,5% des Steuerbetrages als Solidaritätszuschlag zu entrichten.
204Bis 2011 wurde die auf Dividenden zu entrichtende Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 Var. 1 EStG [VZ 2006-2011] regelmäßig von den ausschüttenden Gesellschaften als Schuldnerinnen der Kapitalerträge einbehalten, die sie für die Gläubiger, die Aktionäre, an ihre Betriebsstättenfinanzämter abführten. Die Aktionäre als Gläubiger der Kapitalerträge bekamen von ihren Depotbanken daher jeweils nur die Nettodividende gutgeschrieben. Zusätzlich erhielten sie von ihrer Depotbank gemäß § 45a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EStG [VZ 2006-2011] eine Steuerbescheinigung, die sie nutzen konnten, um die für sie entrichteten Beträge im Rahmen ihrer Veranlagung unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2006-2011] anrechnen zu lassen. Für Körperschaften im Anwendungsbereich des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2006-2011] war so sichergestellt, dass ihnen die Dividende letztlich brutto zufloss. Investmentfonds bekamen die für ihre Aktienbestände abgeführte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG [VZ 2006-2011] auf Antrag erstattet.
205Die von XD etablierten Settlement-Prozesse stellten, wie dargelegt, im Grundsatz sicher, dass bei CumEx-Aktientransaktionen die Original-Dividenden an die Käufer „umgeleitet“ wurden. Diese erhielten daher neben der Einbuchung der Ex-Aktien auch eine Gutschrift der Nettodividende und die Steuerbescheinigung.
Probleme entstanden bei der bis einschließlich 2011 etablierten Settlement-Praxis dann, wenn bei CumEx-Transaktionen der Verkäufer der Aktien nicht über entsprechende Aktienbestände verfügte, sondern als sogenannter Leerverkäufer agierte.
207Leerverkäufe begegnen im Grundsatz keinen rechtlichen Bedenken, der Leerverkäufer muss lediglich sicherstellen, dass er am Fälligkeitstag zur Lieferung in der Lage ist. Dies kann er etwa dadurch erreichen, dass er selbst noch einen Deckungskauf tätigt. Tut er dies nicht am gleichen Tag, wird er zur pünktlichen Belieferung seines Verkaufes allerdings nur in der Lage sein, wenn er bei seinem Deckungskauf eine kürzere Lieferfrist - z.B. t+1, etwa bei einem OTC-Geschäft - vereinbaren kann. Eine weitere Möglichkeit besteht für ihn darin, sich die für die Belieferung seines Leerverkaufes benötigten Aktien zu „leihen“. Rechtlich handelt es sich bei entsprechenden Verträgen um Sachdarlehen. Diese Option ist dann eröffnet, wenn er die Aussicht hat, die zunächst leer verkauften Aktien schon bald wieder zurückkaufen zu können. Dann kann er die Belieferung des Rückkaufes einsetzen, um seine Rückgabepflicht aus dem Sachdarlehen zu erfüllen.
208Wenn der Leerverkäufer zur Erfüllung seiner Lieferverpflichtung Ex-Aktien bereitstellte - etwa weil er seinen Deckungskauf erst am Tag nach der Hauptversammlung getätigt hat oder weil sein „Leihvertrag“ sich auf Ex-Aktien bezog -, entstand im Tatzeitraum im Settlement-Prozess das Problem, dass keine Original-Dividende zur Verfügung stand, die an den Leerkäufer „umgeleitet“ werden konnte. Denn die Original-Dividende war ja bereits an denjenigen Aktieninhaber geflossen, bei dem sich der Leerverkäufer erst nach dem Hauptversammlungstag eingedeckt bzw. von dem er die zur Belieferung erforderlichen Stücke erst nach diesem Tag „geliehen“ hat. XD löste dieses Problem dadurch, dass dem Leerverkäufer ein der Nettodividende entsprechender Betrag belastet und dieser dem Leerkäufer bzw. der Depotbank des Leerkäufers gutgeschrieben wurde. Bei dieser sogenannten Dividendenkompensationszahlung handelt es sich rechtlich um einen Schadensersatz dafür, dass die geschuldete Verschaffung der Bruttodividende bei einem Leerverkauf mit Ex-Aktien-Eindeckung gerade nicht möglich ist. Obwohl für die Dividendenkompensationszahlungen bis einschließlich 2006 gar keine Kapitalertragsteuer und kein Solidaritätszuschlag abgeführt wurde, stellten die Depotbanken der Leerkäufer ihren Kunden in diesen Fällen gleichwohl regelmäßig Steuerbescheinigungen für diese Kompensationszahlungen aus. Obgleich diese Steuerbescheinigungen objektiv zu Unrecht ausgestellt wurden, wurden sie von den Leerkäufern bei den zuständigen Finanzbehörden teilweise zum Zwecke der Beantragung von Steueranrechnungen oder -erstattungen vorgelegt. Kam es dazu, entstand dem Fiskus ein Schaden, denn es wurden Beträge angerechnet oder erstattet, die zuvor gar nicht abgeführt worden waren.
Dem gesondert Verfolgten Dr. YE, der 2005 eher zufällig von der Wirkweise der CumEx-Leerverkaufgeschäfte und von den mit diesen aufgrund der mehrfachen Erstattung einer nur einmal abgeführten Steuer erzielbaren Profitmöglichkeiten erfahren hatte, gelang es, die HC Bank ab dem Jahr 2006 für eine Zusammenarbeit bei diesen Geschäften zu gewinnen.
210Typisch für die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE propagierten CumEx-Leerverkaufgeschäfte ist, dass ein Akteur unmittelbar vor oder spätestens am Tag der Hauptversammlung einer deutschen Aktiengesellschaft als Leerverkäufer von Aktien dieser Gesellschaft auftritt. Dieser verabredet mit seinem Geschäftspartner die Lieferung der Aktien nach dem HV-Tag. Zugleich sind beide Seiten daran interessiert, die Stücke nach Buchung der Dividendenkompensationszahlung und nach Erhalt der Steuerbescheinigung zeitnah wieder an der Leerverkäufer oder an einen von diesem benannten Marktteilnehmer zu verkaufen. Da weder der Leerverkäufer noch der Leerkäufer das mit dem Besitz von Aktien regelmäßig verbundene Kursrisiko tragen möchten, werden der Verkauf und auch der Rückkauf durch den zeitgleichen Abschluss von gegenläufigen Kurssicherungsgeschäften - üblicherweise sind dies sogenannte Futures, selten auch sogenannte Equity Swaps - abgesichert. Die verschiedenen Geschäfte werden regelmäßig außerbörslich und unter Einschaltung von Brokern abgeschlossen. Am Ende gelangen die Aktien wieder zurück an den ursprünglichen Inhaber. Beim Leerkäufer wird durch die Transaktion gezielt eine Steuerbescheinigung generiert, der auf der Seite des Leerverkäufers allerdings keine Entrichtung der ausgewiesenen Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gegenüber steht. Das Geschäft führt dadurch zunächst zu einem Profit beim Leerverkäufer. Für den Leerkäufer ist das Geschäft - lässt man die Transaktionskosten unberücksichtigt - wirtschaftlich im Ansatz neutral. Durch eine vom rechnerischen Marktpreis abweichende, für den Leerverkäufer dadurch im Vergleich zum rechnerischen Marktpreis ungünstigere Bepreisung des Kurssicherungsgeschäftes wird ein Teil des Profites vom Leerverkäufer auf den Leerkäufer verschoben.
211CumEx-Leerverkaufgeschäfte dieser Art waren bis etwa 2005 nahezu ausschließlich von professionellen Marktteilnehmern und - im Vergleich zu späteren Jahren - nur in vergleichsweise geringem Umfang getätigt worden. Dem gesondert Verfolgten Dr. YE ging es darum, nun Geschäftsmodelle zu etablieren, die es insbesondere auch den von ihm betreuten, sehr vermögenden Mandanten ermöglichten, große Beträge in die marktrisikofreien CumEx-Geschäfte zu investieren und so von der Anrechnung oder Erstattung nicht erhobener Steuern zu profitieren. Zugleich strebte er an, Teile der mit diesen Geschäften erwirtschafteten Profite auch für sich bzw. für ihm wirtschaftlich zuzuordnende Gesellschaften zu vereinnahmen. Parallel zu seinen ersten Gesprächen mit Verantwortlichen der HC Bank war es ihm bereits gelungen, für einen seiner Mandanten, den zwischenzeitlich verstorbenen und vormals gesondert Verfolgten LI, eine Geschäftsverbindung zu der TI (unabhängig von verschiedenen später erfolgten Umfirmierungen und Umwandlungen im Folgenden: TJ) herzustellen. Hierbei stattete dieser Mandant eine GmbH mit Kapital aus, welches die TJ München erstmals im Jahr 2006 durch Kreditgewährung hebelte, so dass diese GmbH mit Hilfe des Londoner Handelstisches der TJ, an dem seinerzeit die gesondert Verfolgten PI und KI tätig waren, als Leerkäuferin in großem Umfang CumEx-Geschäfte tätigen konnte und bei ihrem Finanzamt später die Anrechnung nicht erhobener Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag erreichte.
212Die CumEx-Leerverkaufgeschäfte wurden bei der HC Bank intern zunächst als „YE Modell“ bezeichnet. Der Angeklagte steuerte die hausinterne Kommunikation, die der Durchführung der ersten CumEx-Leerverkaufgeschäfte der HC Bank im Jahr 2006 voranging und die diese begleitete. So fertigte er unter dem 02.03.2006 eine Vorlage für die Partnersitzung am 07.03.2006. Darin heißt es auszugsweise:
213„Geschäftsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Equity-Swaps
214Inzwischen konnte das YE-Modell als machbar abgeklärt werden. Dabei wird unterstellt, daß das Produkt Equity-Swap problemlos durch die Produktprüfung kommt und wir das notwendige Volumen zu Schlußkursen über die Börse abwickeln können bzw. unabhängig davon einen Partner für den Equity-Swap zu Schlußkursen finden.
215Dies vorausgeschickt wird vorgeschlagen, einen ersten Probelauf mit Aktien der Daimler-Chrysler AG durchzuführen.
216Vorgesehen ist, daß 200.000 Stück Daimler-Chrysler AG Aktien am 11. April dieses Jahres durch Herrn ZG zum Schlußkurs über XETRA leer verkauft werden. Herr TB würde den Equity-Swap erwerben, nach Möglichkeit ebenfalls zum Schlußkurs (da es sich um ein derivatives Produkt handelt, kann der Schlußkurs voraussichtlich nur näherungsweise erzielt werden).
217Herr HA aus der Wertpapierverwaltung kann dann am 13. April 2006 das Wertpapierleihegeschäft zur Belieferung unseres Aktienverkaufes tätigen. Insgesamt ist die Transaktion auf 14 Tage angelegt. Das erwartete Ergebnis beträgt
218Sofern der Probelauf erfolgreich durchgeführt werden kann, würden wir mit diesem Produkt fortfahren. […]
219Es wird um Zustimmung für die Durchführung der vorstehend beschriebenen Daimler-Crysler AG Transaktion gebeten.“
220Parallel kommunizierte der Angeklagte mit verschiedenen Stellen innerhalb der HC Bank, insbesondere um die Implementierung des Sicherungsinstrumentes „Equity Swap“ in die Produktpalette der Bank zu erreichen. Mit Maill vom 17.03.2006 („Kontaktdaten“) teilte der gesondert Verfolgte Dr. YE dem Angeklagten die Kontaktdaten des Direktors des Bereiches ‚Capital Markets Client Business‘ bei der YB AG (später umbenannt in QA AG) mit.
221Zwischen Mai und Juni 2006 betätigte die HC Bank sich sodann in neun Aktiengattungen als CumEx-Leerverkäuferin. Zur Kurssicherung wurden mit dem Vertragspartner YB AG Equity-Swap-Geschäfte abgeschlossen. Diese waren dergestalt bepreist, dass durch sie ein Teil des von der HC Bank - durch die Nichtentrichtung der Steuern - generierten Profites auf die YB AG transferiert wurde. Die für die Belieferung erforderlichen Ex-Aktien verschaffte die HC Bank sich durch Wertpapierleihgeschäfte, in den meisten Fällen bei XD.
222Dem Angeklagten wurde eine Aufstellung der getätigten Geschäfte und der von der Bank daraus generierten Profite vorgelegt. Dabei war ihm sowohl bewusst, dass diese Profite daraus entstanden waren, dass die HC Bank als Leerverkäuferin auf die geschuldete Kompensationszahlung keine Kapitalertragsteuer und keinen Solidaritätszuschlag entrichtet hatte, als auch, dass in Folge dieser Geschäfte auf Käuferseite die Anrechnung der nicht abgeführten Steuern beantragt werden würde. Auch war dem Angeklagten bewusst, dass der anteilige Transfer des bei der HC Bank generierten Profites auf die Käuferseite durch die Bepreisung des Equity-Swaps erfolgte.
223In der dem Angeklagten vorgelegten Tabelle ist der Ertrag der Bank zunächst mit 786.640,00 € ausgewiesen. In einer Zeile unterhalb dieser Summe ist vermerkt: „YE 25% 196.660,00 €“. Der verbleibende Ertrag der Bank ist in der Zeile darunter mit 589.980,00 € festgehalten. Unter diese Tabelle hat der Angeklagte handschriftlich Buchungsanweisungen notiert, u.a. heißt es dort „Kursergebnis 2006 w/EQS an 9001 560 065 € 589.980,00“. Diese Notizen sind mit Datum 07.07.2006 vom Angeklagten unterschrieben.
224Unter dem 16.08.2006 richtete die Schweizer Bank KA AG (im Folgenden: KB) eine Rechnung an die HC Bank, namentlich an den Angeklagten. Darin hieß es auszugsweise:
225„Rechnung für Kundenvermittlung
226Sehr geehrter Herr KD,
227für unsere Bemühungen in Sachen "Kundenvermittlung" erlauben wir uns Ihnen - wie vereinbart - folgenden Betrag in Rechung zu stellen:
228Vermittlungsprovison 196.000,00
229USt. 0,00
230Total: € 196.000,00
231[…]“
232Der Angeklagte vermerkte auf der Rechnung handschriftlich „w/Equity-Swaps Total-Return-Swaps“ und gab sie durch seine Unterschrift zur Zahlung frei. Dabei wusste er, dass die Bank KB die in der Rechnung genannten „Bemühungen in Sachen ‚Kundenvermittlung‘ “ zuvor tatsächlich nicht erbracht hatte, sondern die Rechnung allein der Bezahlung des dem gesondert Verfolgten Dr. YE zugedachten Profitanteils diente. Entsprechend zahlte die Bank KB eine ihr im Dezember gestellte Rechnung in identischer Höhe an die auf British Virgin Island sitzende HK Ltd., eine dem gesondert Verfolgten Dr. YE wirtschaftlich zuzurechnende Gesellschaft, an der indirekt auch der gesondert Verfolgte Dr. KK beteiligt war.
Die Akteure, die CumEx-Leerverkauftransaktionen ausführten, um zu Gunsten der Leerkäufer unrichtige Steuerbescheinigungen zu generieren, strebten Profite im Millionenbereich an. Hierzu mussten große Aktienstückzahlen gehandelt werden. Bei der HC Bank wurden ab 2007 hierfür pro Transaktion bis zu 350 Millionen Euro bereit gehalten, wobei die maximal zu erwerbende Anzahl an Aktien immer unter der Meldeschwelle des Wertpapierhandelsgesetzes bleiben sollte. Gleichzeitig waren alle Akteure sehr darauf bedacht, jegliches mit dem Besitz oder dem Leerverkauf der Stücke verbundene Kursrisiko zu eliminieren. Hierzu setzten sie derivative Finanzinstrumente (kurz: Derivate) ein. Die HC Bank sicherte ihre Leerverkaufspositionen im Jahr 2006 durch den Abschluss sogenannter Equity Swaps ab. Ab dem Jahr 2007 - und damit bei allen verfahrensgegenständlichen Geschäften - trat die HC Bank ausschließlich als Leerkäuferin auf. Diese Positionen sicherte sie durch sogenannte Single-Stock-Futures ab.
234a) Die Motivation eines CumEx-Leerkäufers besteht darin, sich bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Leerkaufes (Tag 0) den an diesem Tag gezahlten Kaufpreis auch als den Preis zu sichern, der bei späterer - zur Veranschaulichung soll als Beispiel eine zweiwöchige Laufzeit zu Grunde gelegt werden - Auflösung der Position am Tag 14 durch einen entsprechenden Verkauf der Stücke wieder erlöst wird. Dieses Ziel erreicht der Leerkäufer, indem er bereits am Tag 0 einen Verkauf mit der Lieferfrist t+14 vereinbart; er wird damit zum Terminverkäufer.
235Der Preis für ein solches Termingeschäft lässt sich allgemein rechnerisch aus dem Preis eines Kassageschäftes ableiten, wenn folgende Faktoren berücksichtigt werden:
236 Da der Terminverkäufer bei einem Termingeschäft seinen Verkaufserlös erst nach 14 und nicht wie bei einem Kassageschäft üblich nach 2 Tagen erhält, erleidet er im Vergleich hierzu einen Zinsverlust, den sein Vertragspartner, der Terminkäufer, dadurch ausgleichen muss, dass er zusätzlich zum aktuellen Kassapreis den - der Höhe nach zu vereinbarenden - Zins für 14 Tage zahlt.
237 Schüttet die betreffende Aktiengesellschaft während der Laufzeit von 14 Tagen eine Dividende aus, erzielt der Terminverkäufer im Vergleich zu einem Kassageschäft einen Vorteil, weil er die Dividende noch vereinnahmt. Der Terminkäufer erleidet dagegen einen Nachteil, weil er am Tag 14 Aktien geliefert bekommt, die den Anspruch auf die Dividende - anders als bei einem Kassageschäft - nicht mehr enthalten und damit entsprechend weniger wert sind. Dies hat der Terminverkäufer auszugleichen, indem er akzeptiert, dass von dem Kassa-Verkaufspreis der Wert der während der Laufzeit gezahlten Dividende abgezogen wird.
238 Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Terminverkäufer bei Ausschüttung einer Dividende während der Laufzeit diese bereits am Dividendenstichtag erhält, während er dem Terminkäufer den entsprechenden Ausgleich in Gestalt des Preisabschlages erst am Tag 14 gewähren muss. Auch dies ist durch Ermittlung des entsprechenden Zinsvorteils im Preis abzubilden. - Da dieser Effekt regelmäßig sehr gering ist, soll er in der folgenden Darstellung ignoriert werden.
239Der Preis eines Termingeschäftes (PTermin) lässt sich daher vereinfacht wie folgt aus dem Preis eines Kassageschäftes (PKassa) ableiten:
240PTermin = PKassa + Zinsen für die Laufzeit - Wert der Dividende
241Im Beispiel nach 14 Tagen wären vom Leerkäufer=Terminverkäufer die betreffenden Aktien zu liefern, der Terminkäufer hätte den Terminpreis zu zahlen.
242b) Die von der HC Bank zur Absicherung ihrer im Eigenhandel aufgebauten Leerkaufpositionen eingesetzten Single-Stock-Futures waren insofern abweichend von dem soeben dargestellten Termingeschäft konstruiert, als dass bei diesen am Ende der Laufzeit keine physische Lieferung der Aktienstücke zu erfolgen hatte. Die physische Lieferung der Stücke wurde vielmehr durch eine entsprechende Ausgleichszahlung ersetzt. Diese Futures trugen daher die Bezeichnung „cash-settled“. Sie wurden im Tatzeitraum zu standardisierten Konditionen an speziellen Börsen, etwa der Eurex oder der LIFFE, gehandelt. Daneben bestand zudem die Möglichkeit, solche Derivate außerbörslich zu handeln und die von den Börsen bereit gestellten Strukturen lediglich für deren Abwicklung zu nutzen.
243Die am Ende der Laufzeit erforderliche Auflösung der Aktienpositionen der HC Bank erfolgte jeweils durch ein weiteres Kassa-Verkaufgeschäft, das seinerseits durch ein cash-settled Single-Stock-Future-Geschäft abgesichert wurde, bei dem die Bank als Terminkäufer auftrat.
244c) Wie bereits erwähnt, sind bei CumEx-Leerverkauftransaktionen die Aktien- und die Absicherungsgeschäfte für den Leerkäufer im Ansatz wirtschaftlich neutral. Durch die bei den einzelnen Geschäften anfallenden Transaktionskosten entstehen dem Leerkäufer allerdings tatsächlich zunächst Verluste. Der durch die Nichtabführung der Steuern entstehende Profit wird dagegen bei dem Leerverkäufer generiert und zwar in Höhe der auf die geleistete Dividendenkompensationszahlung nicht entrichteten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. Die Beteiligung der Leerkäuferseite an diesem Profit wird regelmäßig dadurch erreicht, dass der Preis des Absicherungsgeschäftes des Leerkäufers, also des cash-settled Single-Stock-Verkaufsfutures, abweichend von den oben dargestellten Grundsätzen, für den Leerkäufer günstiger, kalkuliert wird.
245Dazu wird in der oben unter a) erläuterten Formel
246PTermin = PKassa + Zinsen für die Laufzeit - Wert der Dividende
247der Operator „Wert der Dividende“ nicht zu 100%, sondern nur zu einem geringeren Teil angesetzt. Demzufolge taucht der „Wert der Dividende“ in der Formel dann nur noch in einer geringeren Höhe - dem sogenannten Dividendenlevel - auf. Dies bewirkt, dass der vom Leerkäufer=Terminverkäufer für das Absicherungsgeschäft erzielte Terminpreis entsprechend höher ausfällt.
248Vereinbaren die Parteien zum Beispiel einen Dividendenlevel von 80, sieht die Formel wie folgt aus:
249PTermin = PKassa + Zinsen für die Laufzeit - 0,8 x Wert der Dividende
250Der Terminpreis erhöht sich mithin um 20% des Betrages der Bruttodividende.
251Bei einem im Jahr 2009 getätigten CumEx-Leerverkaufgeschäft ersparte der Leerverkäufer - von Transaktionskosten abgesehen - die Zahlung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 26,375% (25% + 5,5% von 25%) der Bruttodividende. Ein mit dem Leerkäufer für das Absicherungsgeschäft vereinbarter Dividendenlevel von 80 bewirkte, dass von dem Profitbetrag von 26,375% der Bruttodividende ein Betrag von 20% der Bruttodividende auf den Leerkäufer transferiert wurde.
252Im Tatzeitraum sanken die am Markt vereinbarten Dividendenlevel bei CumEx-Leerverkaufgeschäften kontinuierlich. Während 2007 noch Level im unteren 90er-Bereich gehandelt wurden, sanken diese bis 2011 auf unter 80.
Bereits am 20.12.2002 hatte der YL das Bundesministerium der Finanzen (im Folgenden auch: BMF) darauf hingewiesen, dass es bei CumEx-Geschäften von Leerverkäufern zur mehrfachen Erstattung nur einmal entrichteter Kapitalertragsteuer kommen kann. Hintergrund des Hinweises war auch, dass die Depotbanken nach § 45a Abs. 7 EstG [VZ 2006-2011] für zu Unrecht gewährte Steuervorteile oder Steuerverkürzungen, die aufgrund inhaltlich unrichtig erstellter Bescheinigungen erfolgten, im Grundsatz haften. Der YL regte in dem Schreiben eine Lösung durch den Gesetzgeber an.
254Das Problem wurde jedoch erst im Vorfeld des im Jahr 2006 erarbeiteten Jahressteuergesetzes 2007 angegangen.
255Der gesondert Verfolgte Dr. YE versuchte, über seine zahlreichen Lobby-Kontakte im Gesetzgebungsverfahren Einfluss auf die geplanten Regelungen zu nehmen. Hierüber informierte er den Angeklagten mit der Mail „Jahressteuergesetz 2007“ vom 18.08.2006, in der es u.a. hieß:
256„Sehr geehrter Herr KD,
257wie ich soeben von zwei voneinander unabhängigen, zuverlässigen Quellen erfahren habe, wird der Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2007 am kommenden Mittwoch nicht in die Bundeskabinettssitzung eingebracht. […] Wir haben damit etwas mehr Zeit gewonnen, um die endgültige Fassung des Gesetzes in unserem Sinne zu beeinflussen. […]“
258Mit dem Jahressteuergesetz 2007 wurden durch die neue Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] auch Dividendenkompensationszahlungen der Einkommensteuer und damit dem Kapitalertragsteuerabzug unterworfen. Die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag hatte nach § 44 Abs 1 Satz 3 Var. 2 EStG [VZ 2007] in diesen Fällen das für den Verkäufer der Aktien den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchstabe b (den Verkaufsauftrag ausführende Stelle) abzuziehen. In der Begründung zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2007, BT-Drucksache 16/2712 vom 25.09.2006, hieß es hierzu auf Seite 46 f. auszugsweise:
259„Die Regelung dient der Verringerung von Steuerausfällen, die derzeit bei der Abwicklung von Aktiengeschäften an der Börse in zeitlicher Nähe zum Gewinnverteilungsbeschluss dadurch entstehen, dass Kapitalertragsteuer bescheinigt wird, die nicht abgeführt wurde. […]
260In dem Sonderfall eines sogenannten Leerverkaufs, bei dem der Verkäufer die Aktien selbst erst beschaffen muss und der Erwerb dieser Wertpapiere durch den Veräußerer erst zu einem Zeitpunkt möglich ist, in dem bereits der Dividendenabschlag vorgenommen wurde, ist der betreffende Aktienbestand im Zeitpunkt der Dividendenzahlung noch im rechtlichen Eigentum eines Dritten, dem seinerseits auch die Dividende und der damit verbundene Kapitalertragsteuer-Anrechnungsanspruch als rechtlichem Eigentümer der Aktien zustehen. Deshalb sind in diesem Fall zusätzliche Regelungen notwendig, um dem Fiskus die Kapitalertragsteuer betragsmäßig zur Verfügung zu stellen, die dem Anrechnungsanspruch entspricht, der dem Aktienerwerber als wirtschaftlichem Eigentümer und Dividendenbezieher zusteht.“
261Tatsächlich konnte diese ab 2007 geltende Rechtslage den Missbrauch von CumEx-Leerverkauftransaktionen jedoch nicht stoppen. Da es dem deutschen Gesetzgeber nicht möglich war, auch ausländische Stellen zur Erhebung deutscher Steuern zu verpflichten, lief die Neuregelung bereits in all den Fällen ins Leere, in denen CumEx-Leerverkaufgeschäfte mit Ex-Belieferung über XB-Konten ausländischer Institute abgewickelt wurden. Zudem vertraten inländische Banken zum Teil den Standpunkt, die Abzugspflicht betreffe deutsche Depotbanken nicht, wenn sie für ihre Kunden lediglich die Abwicklung von Geschäften vornähmen.
262Diejenigen Marktakteure, die sich die mit den CumEx-Leerverkaufgeschäften verbundenen Profitmöglichkeiten auch nach dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 erhalten wollten, setzten die Geschäfte daher ab 2007 dergestalt auf, dass entweder keine oder nur solche inländischen Stellen in die Ausführung der Transaktionen eingebunden waren, die sich nicht für verpflichtet hielten, den Steuerabzug vorzunehmen.
Neben den verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufgeschäften wurden im Tatzeitraum am Markt regelmäßig auch sogenannte CumCum-Geschäfte getätigt.
264Auch bei einem CumCum-Geschäft wurden Aktien deutscher Emittenten kurz vor dem Hauptversammlungs- d.h. dem Dividendenstichtag gehandelt. Allerdings waren diese Geschäfte regelmäßig so aufgesetzt, dass sowohl der Vertragsschluss als auch die Belieferung spätestens am Hauptversammlungstag abgeschlossen waren. Die Aktien wurden also „cum Dividende“ gehandelt und die Geschäfte wurden auch „cum Dividende“ beliefert. Dadurch erlangte der Erwerber nach dem Tag der Hauptversammlung regelmäßig die Originaldividende und eine inhaltlich zutreffende Steuerbescheinigung, auf deren Grundlage er in der Folgezeit die Anrechnung oder Erstattung der darin bescheinigten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag beantragte. Kurz nach Zahlung der Dividende veräußerte der Erwerber die Aktien wieder an den ursprünglichen Inhaber. Zum Ausschluss von Kursrisiken wurden die einzelnen Transaktionen auch hier durch gegenläufige Derivate abgesichert.
265Inhaber der betreffenden Aktien waren in diesen Fällen regelmäßig im Ausland ansässige Investoren, die Positionen in deutschen Aktien hielten. Anders als bei unbeschränkt steuerpflichtigen Inländern ist der Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag bei Steuerausländern definitiv, § 2 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG [VZ 2007-2011]; eine Anrechnung oder Erstattung kommt für sie grundsätzlich nicht in Betracht. Lediglich dann, wenn der ausländische Anleger seinen Sitz in einem Staat hat, mit dem die Bundesrepublik Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, ist auf Antrag eine (anteilige) Erstattung nach Maßgabe des betreffenden Doppelbesteuerungsabkommens möglich, § 50d Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG [VZ 2007-2011]. In der Regel verbleibt es jedoch auch in diesen Fällen bei einer Steuerbelastung von 15 Prozent. Vor diesem Hintergrund dienten CumCum-Geschäfte dazu, durch die vorübergehende Veräußerung der Aktienbestände die Zahlung der Dividenden an einen Steuerinländer mit uneingeschränktem Anrechnungsrecht zu bewirken. Im Ergebnis floss die Dividende dem Steuerinländer dadurch ungeschmälert zu. Den damit erzielten Vorteil teilten sich die Akteure der CumCum-Geschäfte auch hier regelmäßig durch die Einrechnung entsprechender Dividendenlevel in die Preise der Absicherungsgeschäfte.
266Im Tatzeitraum lagen die Dividendenlevel für CumCum-Geschäfte durchweg im Bereich von 97 bis 99, lediglich in Ausnahmefällen kamen bei diesen Geschäften Level um die 95 vor.
267Da es dem Verkäufer bei einem CumCum-Geschäft, wie dargelegt, regelmäßig darum ging, die auf seine Aktien gezahlte Dividenden im Ergebnis steuerfrei zu vereinnahmen, ist die Kombination eines CumCum-Geschäftes mit einem Leerverkauf sinnlos.
Die HC Bank führte im Zeitraum 2007 bis 2011 CumEx-Leerkauftransaktionen durch. Hierbei war der Angeklagte von Beginn an und im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf vielfältige Weise in die Vorbereitung und Koordinierung der Aktiengeschäfte sowie in die anschließende Abgabe von Erklärungen gegenüber den Finanzbehörden eingebunden. In Rücksprache mit einzelnen Abteilungen der HC Bank bereitete er die jährlichen Entscheidungen der Partner dazu vor, ob und in welchem Umfang die verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen durchgeführt werden. Ferner war er in die Entscheidung eingebunden, die Aktiengeschäfte zunächst unter Mitwirkung des Londoner Handelstisches der TJ und anschließend der Gesellschaften der gesondert Verfolgten PI und KI sowie der PD Ltd. (im Folgenden: PE) durchzuführen. Auch die wirtschaftliche Beteiligung dieser Gesellschaften sowie der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten der Transaktionen wurde in Rücksprache mit dem Angeklagten festgelegt. Hinsichtlich einzelner Aktiengattungen traf der Angeklagte selbst unmittelbar die Entscheidung, ob mit diesen ein Handel über den Dividendenstichtag erfolgen soll, in anderen Fällen oblag ihm die Zustimmung zu den von den Aktienhändlern der HC Bank vorgeschlagenen Transaktionen. Die Körperschaftsteuererklärungen der HC Bank für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011 wurden von dem Angeklagten hausintern verantwortet. Er unterzeichnete diese entweder selbst mit oder legte sie nach erfolgter Paraphierung den gesondert Verfolgen Dr. NC und HC vor.
Der gesondert Verfolgte Dr. YE beriet die HC Bank auch im Hinblick auf die Dividendensaison des Jahres 2007. Infolge der durch das Jahressteuergesetz 2007 eingetretenen Gesetzesänderungen, insbesondere der durch § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] für die Fälle des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] eingeführten Verpflichtung des einen Verkaufsauftrag ausführenden inländischen Kreditinstituts bzw. Finanzdienstleistungsinstituts zum Steuerabzug, waren der Angeklagte und die Verantwortlichen der HC Bank nicht mehr gewillt, entsprechend dem Vorgehen im Jahr 2006 selbst als Leerverkäuferin zu agieren. Die nunmehr von dem gesondert Verfolgten Dr. YE unterbreitete Strategie zielte daher darauf ab, dass die HC Bank als Leerkäuferin von Aktien kurz vor oder am Hauptversammlungstag auftritt. Dabei ging es dem gesondert Verfolgten Dr. YE von Beginn an nicht allein darum, ein Honorar für die Beratung der HC Bank zu vereinnahmen, vielmehr wollte er entsprechend dem Vorgehen im Jahr 2006 an den durch die CumEx-Transaktionen zu generierenden Profiten selbst unmittelbar beteiligt werden.
270Im Rahmen des im Jahr 2006, spätestens jedoch zu Beginn des Jahres 2007 in den Räumlichkeiten der HC Bank in Hamburg durchgeführten Gesprächstermins erläuterte der gesondert Verfolgte Dr. YE in Anwesenheit des gesondert Verfolgten Dr. KK dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. NC eine mögliche Handelsstrategie, bei der die HC Bank als Käuferin von Aktien unmittelbar vor oder am Tag der Hauptversammlung auftritt. In diesem Zusammenhang wurde auch vereinbart, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE im Nachgang des Gesprächs zum Zwecke weiterer Erläuterungen erneut an den Angeklagten herantritt. Hierauf nahm der gesondert Verfolgte Dr. YE wiederholt telefonisch Kontakt zu dem Angeklagten auf und besprach weitere Einzelheiten der geplanten Geschäfte. Der Angeklagte leitete einzelne Fragen an andere Abteilungen in der HC Bank weiter und berichtete dem gesondert Verfolgten Dr. NC über den Verlauf der Gespräche. Zugleich oblag dem Angeklagten ab diesem Zeitpunkt die Koordinierung der einzelnen Arbeitsbereiche der HC Bank, die bei der Vorbereitung und Umsetzung der Transaktionen zu beteiligen waren. Diese informierten den Angeklagten fortlaufend über Gespräche mit anderen Marktakteuren und die Ergebnisse steuerlicher Prüfungen. Auch hierüber berichtete der Angeklagte dem gesondert Verfolgten Dr. NC.
271Am 30.01.2007 übersandte der gesondert Verfolgte Dr. YE einem Angestellten der HC Bank, dem gesondert Verfolgten XL, per Email eine englischsprachige Präsentation mit dem Titel „German Basis Opportunity“. In dieser wird dargelegt, dass deutsche Investoren, die zeitgleich mit dem Abschluss eines Kaufvertrages über eine Aktie ein gegenläufiges Derivatgeschäft abschließen, einen finanziellen Vorteil erlangen könnten, wenn während der Laufzeit des Derivates eine Dividende ausgezahlt wird. Der Investor würde in dieser Konstellation 100 % der Dividende beziehen, wohingegen die Dividende bei der Ermittlung des Preises für das Derivat nur zu einem geringeren Prozentsatz in Ansatz gebracht gebracht werden würde. In der Präsentation enthalten war eine exemplarische Übersicht der seitens des Investors durchzuführenden Transaktionen und der prognostizierten Profite. Ferner befand sich in der Präsentation eine tabellarische Übersicht zu 22 Aktiengattungen, für die unter anderem jeweils der Stückpreis, die Anzahl der zu erwerbenden Aktien, die erwartete Höhe der Dividende sowie die Kauf- und Verkaufstage ausgewiesen wurden. Hinweise auf Leerverkäufe waren in der Präsentation nicht enthalten, auch verhielt sie sich nicht zu steuerlichen Risiken. Die Präsentation wurde von dem gesondert Verfolgten XL noch am gleichen Tag an den Angeklagten weitergeleitet. Sowohl dem gesondert Verfolgten XL als auch dem Angeklagten war bewusst, dass die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE unterbreitete Strategie steuergetrieben war, dies der Präsentation aber nicht unmittelbar entnommen werden konnte.
272Der gesondert Verfolgte Dr. YE wies die Verantwortlichen der HC Bank ferner darauf hin, dass er über Kontakte zu Mitarbeitern des Londoner Handelstisches der TJ verfüge, die bereits Erfahrung mit der Handelsstrategie aufweisen würden. Diese könnten in die Planung der durchzuführenden Aktien- und Derivatetransaktionen und deren konkrete Umsetzung am Handelstag eingebunden werden. An die TJ war der gesondert Verfolgte Dr. YE - wie oben erwähnt - zuvor bereits herangetreten, um mit dieser die LI-Geschäfte umzusetzen. Die hierfür erforderlichen Aktien- und Derivattransaktionen waren bei der TJ am Handelstisch des gesondert Verfolgten PI und dort insbesondere von dessen damaligem Mitarbeiter, dem gesondert Verfolgten KI, organisiert worden. Dieser hatte insbesondere die erforderlichen Absprachen mit Brokern und Leerverkäufern über die zu handelnden Aktiengattungen, die Stückzahlen, die einzusetzenden Derivate und die jeweiligen Preise getroffen.
273Im Anschluss an die Beratungen durch den gesondert Verfolgten Dr. YE, über die seitens des Angeklagten fortlaufend gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. NC berichtet worden war, empfahl der Angeklagte diesem sowie den weiteren Partnern der HC Bank, die Geschäfte im Jahr 2007 durchzuführen. Dem stimmten die Partner im Rahmen einer Partnersitzung aufgrund der Empfehlung des Angeklagten zu. Der Angeklagte hatte bereits zu diesem Zeitpunkt erfasst, dass die für das Jahr 2007 geplanten Geschäfte in ihrer Grundstruktur denjenigen des Jahres 2006 entsprechen würden, die HC Bank aber nunmehr als Käuferin von Aktien am Tag vor oder am Hauptversammlungstag auftreten sollte. Der Angeklagte war sich ferner darüber bewusst, dass die HC Bank die Aktien von einem Leerverkäufer erwerben würde, der sich die zur Belieferung erforderlichen Stücke erst am Tag nach der Hauptversammlung beschaffen würde. Auch ging der Angeklagte davon aus, dass allein ein Steuereinbehalt auf die Originaldividende erfolgen würde. Zuletzt wusste der Angeklagte, dass über die Bepreisung des zeitgleich mit dem Aktiengeschäft abgeschlossenen Derivates ein Teil des Profites des Leerverkäufers an die HC Bank vermittelt werden sollte. Hierbei war dem Angeklagten bewusst, dass der Profit des Leerverkäufers daher rühren würde, dass er von der HC Bank den vollständigen Kaufpreis vereinnahmt, sich aber selbst zum Zwecke der Belieferung mit günstigeren Ex-Aktien eindecken und lediglich mit einer Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Nettodividende ohne Steuerabzug belastet werden würde. Dem Angeklagten war auch bewusst, dass die Abwicklung der Geschäfte ein abgestimmtes Vorgehen der Akteure, insbesondere der Leerverkäufer und der HC Bank, voraussetzte.
274Zur Vorbereitung der im Jahr 2007 durchzuführenden Transaktionen kontaktierten Mitarbeiter der HC Bank entsprechend der Empfehlung des gesondert Verfolgten Dr. YE den gesondert Verfolgten PI bei der TJ. Die Gespräche mit diesem wurden auf Seiten der HC Bank insbesondere durch den gesondert Verfolgten XL und einen Aktienhändler, den gesondert Verfolgten TB, geführt. Hierbei wurde ihnen auch der gesondert Verfolgte KI bekannt gemacht. Auf Grundlage der Gespräche entschieden die Verantwortlichen der HC Bank, den Handelstisch der gesondert Verfolgten PI und KI in die Geschäfte einzubeziehen. Diese sollten insbesondere die Planung der zu handelnden Aktiengattungen vorbereiten und mit den Händlern der HC Bank absprechen. Ferner sollten sie die Aktien- und Derivatgeschäfte am konkreten Handelstag gemeinsam mit den Händlern der HC Bank begleiten. Im Folgenden kam es zwischen den gesondert Verfolgten TB und XL sowie PI und KI auch zu zwei persönlichen Treffen in Hamburg und London, in deren Verlauf unter anderem erörtert wurde, wie sich die zu handelnden Aktienkörbe zusammensetzen.
275Der gesondert Verfolgte KI stellte entsprechend der mit der HC Bank getroffenen Vereinbarung einen Korb an Aktien zusammen, deren Handel er der HC Bank für die Dividendensaison 2007 empfahl. Die Stückzahl der jeweils zu handelnden Aktien berechnete er auf Grundlage des prognostizierten Aktienpreises unter Berücksichtigung der von der HC Bank mitgeteilten Liquiditätsgrenzen sowie der aufsichtsrechtlichen Meldeschwellen. Insoweit sollte gewährleistet werden, dass die HC Bank zu keinem Zeitpunkt Aktien eines Unternehmens in einem Umfang hält, der eine Meldepflicht nach dem WpHG auslösen würde. Die einzelnen im Laufe der Dividendensaison durchzuführenden Transaktionen sprach der gesondert Verfolgte KI im Vorfeld mit den Leerverkäufern, den Stückegebern und den zwischengeschalteten Brokern ab. Der von ihm auf diese Weise zusammengestellte Aktienkorb wurde von dem gesondert Verfolgten KI an den gesondert Verfolgten TB weitergeleitet und mit diesem erörtert.
276Der Angeklagte war als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling zwar nicht selbst in den konkreten Aktienhandel eingebunden, allerdings war die Struktur der Transaktionen, insbesondere im Hinblick auf die Handelsdaten und die Absicherung der Aktienkäufe mittels Single Stock Futures, zuvor mit ihm abgesprochen worden. Zugleich oblag dem Angeklagten hausintern die Kontrolle der in den Aktienhandel eingebundenen Abteilungen. In dieser Eigenschaft konnte er auch die Letztentscheidung darüber treffen, ob und in welchem Umfang der Handel in einer bestimmten Aktiengattung umgesetzt werden soll.
Die CumEx-Leerkauftransaktionen der HC Bank begannen im Mai 2007. Ihre Händler, insbesondere der gesondert Verfolgte TB, erwarben am Tag der Hauptversammlung oder am Tag davor für den Bestand der HC Bank von einem Leerverkäufer außerbörslich große Stückzahlen an Aktien. Die Leerkäufe wurden zeitgleich durch den Abschluss gegenläufiger Futures abgesichert, bei denen die HC Bank als Verkäuferin auftrat.
278Sowohl die Aktienkaufgeschäfte als auch die gegenläufigen Futuregeschäfte wurden durch die Händler der HC Bank, insbesondere den gesondert Verfolgten TB, in enger Abstimmung mit den für die Abwicklung der täglichen Handelsgeschäfte am Handelstisch des gesondert Verfolgten PI zuständigen Mitarbeitern abgeschlossen. Hierbei handelte es sich insbesondere um den gesondert Verfolgten IA, in einigen Fällen aber auch um den gesondert Verfolgten KI. Der gesondert Verfolgte TB nahm zu diesen, in der Regel über das YH-Chat-System, Kontakt auf und teilte ihnen mit, welcher Gesamtbetrag seitens der HC Bank maximal investiert werden würde. Hiervon ausgehend wurde unter Rückgriff auf den tatsächlichen Aktienpreis berechnet, auf wie viele Stücke einer bestimmten Aktiengattung sich der Kauf maximal erstrecken konnte. Nachdem zwischen dem gesondert Verfolgten TB und dem jeweiligen Mitarbeiter der TJ insoweit Einvernehmen erzielt worden war, wurde zwischen ihnen die konkrete Preisgestaltung diskutiert. Anschließend wurde seitens des Handelstisches der TJ Rücksprache mit Vertretern bereitstehender Leerverkäufer und einem Mitarbeiter des Brokers SA Europe Ltd. (im Folgenden: SA), in der Regel ebenfalls mittels YH-Chats, gehalten, um die konkreten Preise zu vereinbaren. Sobald dies erfolgt war, traten der gesondert Verfolgte IA bzw. der gesondert Verfolgte KI wieder in Kontakt mit dem gesondert Verfolgten TB und vermittelten diesem abschließend den konkreten Aktienpreis, die zu handelnde Stückzahl und den genauen Orderzeitpunkt. Hierdurch wurde sichergestellt, dass die anschließend von dem gesondert Verfolgten TB bei dem Broker platzierten Aufträge zu den zuvor von den Mitarbeitern der TJ abgesprochenen Aufträgen der Leerverkäufer fanden.
279Auch der zeitgleich erfolgte Abschluss der Future-Geschäfte durch den gesondert Verfolgten TB wurde in vergleichbarer Weise durch die gesondert Verfolgten IA und KI begleitet. Durch den außerbörslichen Verkauf der Futures wurden sämtliche aus den Aktienkäufen resultierenden Positionen der HC Bank abgesichert. Die ebenfalls im Vorfeld durch die gesondert Verfolgten IA und KI abgesprochenen und anschließend dem gesondert Verfolgten TB zum Zwecke der Platzierung der Verkaufsorders kommunizierten Future-Preise waren dergestalt kalkuliert, dass trotz der während der Laufzeit des Futures durchgeführten Hauptversammlung mit anschließender Kupontrennung nicht die vollständige Dividende von dem Preis der Aktie in Abzug gebracht wurde. Vom Verkaufspreis abgezogen wurde vielmehr lediglich ein Bruchteil der Dividende, ausgedrückt durch den sogenannten Dividendenlevel. Somit wurden die Futures dergestalt bepreist, dass die HC Bank - auch unter Berücksichtigung zwischenzeitlich etwaig anfallender Zins- und Finanzierungskosten - einen Preis erzielen konnte, der höher war, als der Preis, der marktgerechten Konditionen entsprochen hätte. Die Käufer der Futures waren hierzu nur bereit, weil sie ihrerseits im Rahmen der Aktiengeschäfte als Leerverkäufer aufgetreten waren und hierbei den vollen Kaufpreis vereinnamt hatten, an die HC Bank aber nur eine Kompensationszahlung in Höhe der Nettodividende leisteten, ohne dass eine Kapitalertragsteuer in Abzug gebracht wurde. Auf diese Weise wurde der auf Seiten der Leerverkäufer anfallende Profit mittels der Future-Transaktionen anteilig an die HC Bank weitergeleitet. Bei den in der Dividendensaison des Jahres 2007 durchgeführten Transaktionen lagen die mit der HC Bank gehandelten Dividendenlevel im Schnitt bei 95, so dass sich der Profit der HC Bank auf 5 Prozent der jeweiligen Bruttodividende belief. Am Markt waren zu diesem Zeitpunkt bereits niedrigere und daher aus Sicht des Leerkäufers profitablere Dividendenlevel erzielbar, allerdings schaltete die TJ sich als Intermediär zwischen die HC Bank und die jeweilige Gegenseite. Hierbei bepreiste der gesondert Verfolgte KI die Futures dergestalt, dass auch die TJ einen Profit erzielte.
280Durch die ungewöhnlichen Parameter der Aktien- und Futuregeschäfte, insbesondere im Hinblick auf das Volumen der gehandelten Stücke und die vereinbarten Preise, sowie die genaue Vorgabe eines exakten Zeitpunktes für die Platzierung der Kauf- und Verkaufsorders wurde durch die Beteiligten gewährleistet, dass sämtliche Geschäfte nach Ordererteilung gegenüber dem Broker mit denjenigen Parteien zustande kamen, mit denen seitens des gesondert Verfolgten KI bereits im Vorfeld die entsprechenden Absprachen getroffen worden waren. Hierdurch wurde eine zufällige Zwischenschaltung dritter Parteien, die ihrerseits Kauf- und Verkaufsorders platzierten, ausgeschlossen.
281Dadurch, dass die Aktienkäufe am Tag der Hauptversammlung oder am Tag davor abgeschlossen wurden, erfolgte die Lieferung der Stücke entsprechend der vereinbarten Lieferbedingungen erst nach der Hauptversammlung und nach der Kupontrennung. Sämtliche der im Jahr 2007 gehandelten Stücke wurden dementsprechend erst nach der Kupontrennung und nach Zahlung der Dividende an den ursprünglichen Aktieninhaber im Depot der HC Bank gebucht. Infolgedessen wurde die Original-Nettodividende nicht an die HC Bank ausgezahlt, vielmehr vereinnahmte diese eine Dividendenkompensationszahlung, die betragsmäßig der Nettodividende entsprach. Die Originaldividende verblieb bei demjenigen, der die Aktien im Zeitpunkt der Hauptversammlung tatsächlich im Bestand hatte. Auf die von der HC Bank vereinnahmte Kompensationszahlung wurde weder bei den jeweiligen Leerverkäufern noch an anderer Stelle eine Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag abgeführt.
282Nach Eingang der Dividendenkompensationszahlungen stellte sich die HC Bank in ihrer Eigenschaft als - eigene - Depotbank für sämtliche Aktiengattungen Steuerbescheinigungen aus, in denen die auf die Bruttodividendensumme anfallenden Steuern als „Anrechenbare Kapitalertragsteuer“ bzw. als „Anrechenbarer Solidaritätszuschlag“ betragsmäßig ausgewiesen waren.
283Im Einzelnen schloss die HC Bank im Verlauf der Dividendensaison 2007 auf die vorstehende Art und Weise die nachfolgend dargestellten Aktienleerkaufgeschäfte ab:
284Stückzahl |
Gattung |
Tag der Hauptver-sammlung |
Brutto-dividende pro Aktie in Euro |
Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro |
1.790.000 |
Allianz SE |
02.05.2007 |
3,80 |
1.435.222,00 |
3.465.000 |
Altana AG |
03.05.2007 |
34,80 |
25.442.802,00 |
8.000.000 |
Dt. Telekom AG |
03.05.2007 |
0,72 |
1.215.360,00 |
2.713.475 |
MAN AG |
10.05.2007 |
2,00 |
1.145.086,45 |
1.700.000 |
Dt. Börse AG |
11.05.2007 |
3,40 |
1.219.580,00 |
1.770.000 |
Fresenius Med. Care KGaA |
15.05.2007 |
1,41 |
526.592,70 |
2.000.000 |
BMW AG |
15.05.2007 |
0,70 |
295.400,00 |
8.200.000 |
Commerzbank AG |
16.05.2007 |
0,75 |
1.297.650,00 |
3.240.000 |
Metro AG |
23.05.2007 |
1,12 |
765.676,80 |
2.680.000 |
Hypo Real Est. Hold. AG |
23.05.2007 |
1,50 |
848.220,00 |
2.550.000 |
Deutsche Bank AG |
24.05.2007 |
4,00 |
2.152.200,00 |
3.200.000 |
Linde AG |
05.06.2007 |
1,50 |
1.012.800,00 |
Gesamt: 37.356.589,95 Euro
286Nach Erhalt der Dividendenkompensationszahlung und Erstellung der Steuerbescheinigungen wurden die Aktienpositionen der HC Bank wieder aufgelöst. Auch zu diesem Zweck wurde mittels YH-Chats Kontakt zum Londoner Handelstisch der TJ aufgenommen, um die ebenfalls im Vorfeld durch den gesondert Verfolgten KI abgesprochenen Auflösungsgeschäfte auf die identische Art und Weise durchführen zu können wie die jeweiligen Kaufgeschäfte. Auch diese Transaktionen wurden wiederum kursgesichert abgeschlossen, so dass für die HC Bank zu keinem Zeitpunkt ein Marktpreisrisiko bestand, sie aber im Gegenzug auch nicht von etwaigen positiven Kursentwicklungen der gehaltenen Aktien profitierte. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass die Geschäfte für die HC Bank zu einem erheblichen Verlust geführt hätten, wenn bei Vorlage der Steuerbescheinigungen die Steueranrechnungen versagt worden wären. Auch bei erfolgten Steueranrechnungen wären die Geschäfte für die HC Bank im Übrigen wirtschaftlich sinnlos gewesen, wenn ihre Verkaufsfutures zu marktgerechten Preisen gehandelt worden wären. Denn in diesem Fall hätte die Bank ein vollkommen marktneutrales Geschäft abgeschlossen, das lediglich Transaktionskosten ausgelöst hätte. Dies war den in die Aktiengeschäfte eingebundenen Personen sowie dem Angeklagten bewusst.
287Auf Grundlage der vereinbarten Auflösungsgeschäfte wurden die Aktien wenige Tage nach der Buchung im Depot der HC Bank wieder ausgebucht und gelangten über die zwischengeschalteten Broker regelmäßig wieder zurück an die ursprünglichen Aktieninhaber.
Am 21.05.2007 fand ein Gespräch zwischen dem gesondert Verfolgten XL und dem gesondert Verfolgten Dr. YE statt, das unter anderem die Frage zum Gegenstand hatte, in welchem Umfang der gesondert Verfolgte Dr. YE an den Profiten der HC Bank beteiligt wird. Grundlage dieses Gesprächs war die zuvor zwischen dem gesondert Verfolgten Dr. YE und den Verantwortlichen der HC Bank getroffene Vereinbarung, wonach der gesondert Verfolgte Dr. YE für den Fall, dass die HC Bank die von ihm empfohlene Struktur mit dem von ihm hergestellten Kontakt bei der TJ umsetzt, unmittelbar an den durch die HC Bank erwirtschafteten Erträgen beteiligt wird. Diesen bezifferte der gesondert Verfolgte XL zu diesem Zeitpunkt mit 6,7 Millionen Euro. Der Angeklagte hatte dem gesondert Verfolgten XL für die Verhandlungen über das an den gesondert Verfolgten Dr. YE zu zahlende Honorar zuvor eine Verhandlungszielgröße von 1,36 Millionen Euro und einen Höchstbetrag von 1,5 Millionen Euro kommuniziert.
289Über den Verlauf des Gesprächs am 21.05.2007 berichtete der gesondert Verfolgte XL dem Angeklagten mittels eines schriftlichen Vermerks („Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“). Hiernach sollte der gesondert Verfolgte Dr. YE 35 Prozent des Nettogewinns aus den CumEx-Geschäften der HC Bank erhalten. Lediglich bei der Aktiengattung Altana AG, für die der gesondert Verfolgte XL eine besondere Risikosituation der HC Bank annahm, belief sich sein Anteil auf 12 Prozent. Zusammenfassend hielt der gesondert Verfolgte XL gegenüber dem Angeklagten fest, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE auf Grundlage dieser Vereinbarung ca. 1,33 Millionen Euro und damit 19,9 % des Nettoertrages der HC Bank erhalten würde. In dem für den Angeklagten verfassten und von diesem anschließend auch zur Kenntnis genommenen Vermerk führte der gesondert Verfolgte XL ferner aus, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE gegenwärtig Trades in anderen europäischen Ländern prüfe und diesbezüglich auf die HC Bank zukommen werde. Darüber hinaus nahm er Bezug auf eine Mitteilung des gesondert Verfolgten Dr. YE, wonach der gesondert Verfolgte PI wohl die TJ verlassen werde. Dies könne Anlass für die HC Bank sein, eine dauerhafte Kooperation mit dem gesondert Verfolgten PI einzugehen.
290Nach Beendigung der Dividendensaison zahlte die HC Bank die mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE vereinbarte Gewinnbeteiligung entsprechend dem Vorgehen im Jahr 2006 über die zwischengeschaltete Bank KB. Diese erstellte am 08.08.2007 eine tatsächlich nicht leistungsunterlegte Rechnung gegenüber der HC Bank, in der für die „Vermittlung von Wertpapierumsatz“ ein Betrag in Höhe von 1.285.000 Euro ausgewiesen wurde. Die Rechnung wurde unter anderem von dem Angeklagten gegengezeichnet. Diesem war bewusst, dass die Bank KB keine Leistungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Wertpapierumsätzen für die HC Bank erbracht hatte und dass der in der Rechnung ausgewiesene Betrag als Beteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE an den Profiten aus den CumEx-Transaktionen bestimmt war. Anschließend wurde die Zahlung an die Bank KB veranlasst, die ihrerseits im September 2007 den erhaltenen Betrag an die NA Ltd. weiterleitete, eine den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK wirtschaftlich zuzuordnende Gesellschaft mit Sitz auf den British Virgin Islands.
Ende des Jahres 2008 oder zu Beginn des Jahres 2009 wurde dem Angeklagten die vorausgefüllte Körperschaftsteuererklärung nebst Anlagen für die HC Gruppe als Organträgerin der HC Bank im Sinne des § 14 Abs. 1 KStG für das Jahr 2007 vorgelegt. Die darin enthaltenen Angaben wurden durch den Angeklagten entsprechend seiner hausinternen Zuständigkeit vollständig überprüft. Unter dem 06.01.2009 wurde die Steuererklärung durch den Angeklagten und durch den gesondert Verfolgten Dr. NC unterschrieben und anschließend die Versendung an das zuständige Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg veranlasst. Dort ging die Steuererklärung am 07.01.2009 ein.
292In den Zeilen 3a bis 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung wurde die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 44.712.400,34 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.460.600,99 Euro beantragt. Diese Beträge enthielten, was der Angeklagte wusste, die im Rahmen der oben dargestellten CumEx-Geschäfte der HC Bank in 2007 bescheinigte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 37.356.589,95 Euro. Weder der Angeklagte noch eine andere Person wiesen in der Steuererklärung aus, dass im Hinblick auf diesen Betrag zuvor Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nicht von den Dividendenkompensationszahlungen in Abzug gebracht worden war und dass es sich bei den zugrunde liegenden Aktienverkäufen durchgehend um Leerverkäufe gehandelt hatte. Auch enthielt die Steuererklärung keine Erläuterungen zu den weiteren Details der Aktien- und Futuregeschäfte. Dementsprechend erfolgte auch kein Hinweis darauf, dass sämtliche Geschäfte im Vorfeld abgesprochen worden waren und dass die Aktien entsprechend den zuvor getroffenen Absprachen wenige Tage nach der Ausstellung der Steuerbescheinigung für die HC Bank wieder an die Stückegeber rückveräußert wurden. Stattdessen lautete es in den Zeilen 3a bis 6 der Anlage WA lediglich wie folgt:
293„Anzurechnende Beträge/Steuerabzug EUR CT
2943a |
(lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen) Kapitalertragsteuer (20 %) |
44.712.400 I 34 |
4 |
Kapitalertragsteuer (25 %) |
|
5 |
Zinsabschlag |
25.800 I 97 |
6 |
Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer (25 und 20 %) und zum Zinsabschlag Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen. |
2.460.600 I 99“ |
Auch eine durch einen handschriftlichen Zusatz in Zeile 3a („s. Auflistung in der Anlage zur Anlage WA“) in Bezug genommene Anlage enthielt keinerlei Hinweise auf die den Aktiengeschäften zugrunde liegenden Leerverkäufe, die getroffenen Absprachen, die nur kurzzeitige Haltedauer der HC Bank mit anschließender Rückveräußerung der Aktien an die Stückegeber sowie den unterbliebenen Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auf die Dividendenkompensationszahlungen. Entsprechende Mitteilungen erfolgten auch nicht auf andere Weise, insbesondere nicht im Wege eines Begleitschreibens oder im Rahmen einer weiteren Anlage.
296Der Steuererklärung beigefügt waren die seitens der HC Bank als ihre eigene Depotbank auf die Dividendenkompensationszahlungen ausgestellten Steuerbescheinigungen.
297Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der gesondert Verfolgte Dr. NC bei Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung positive Kenntnis davon hatte, dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern im Umfang von 37.356.589,95 Euro auf von der HC Bank vereinnahmte Dividendenkompensationszahlungen entfielen, bei denen ein Abzug der Steuern tatsächlich nicht erfolgt war. Auch hat die Kammer keine Feststellungen zur Bewertung der steuerlichen Lage durch den gesondert Verfolgten Dr. NC getroffen.
298Auf Grundlage der in den Zeilen 3a bis 6 der Steuererklärung erfolgten Eintragungen sowie den der Steuererklärung beigefügten Steuerbescheinigungen trug die beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg zuständige Zeugin StaR’in a.D. LC die 44.712.401,00 Euro Kapitalertragsteuer sowie 2.460.600,99 Euro Solidaritätszuschlag als anrechenbare Steuern in den Entwurf des Körperschaftsteuerbescheides für die HC Gruppe ein. Eine weitergehende inhaltliche Prüfung der Voraussetzungen für die Steueranrechnung nahm die Zeugin LC entsprechend der üblichen Praxis nicht vor. Vielmehr prüfte sie allein, ob die Steuerbescheinigungen vollständig und im Original vorlagen, und ging im Übrigen davon aus, dass sämtliche für die Steuerveranlagung relevanten Umstände in der Körperschaftsteuererklärung zutreffend und vollständig angegeben worden waren.
299Im Anschluss an die Erstellung des Entwurfs für den Körperschaftsteuerbescheid durch die Zeugin LC entschied das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg für das Jahr 2007 über den Anrechnungsbetrag durch Bescheid vom 20.04.2009 insgesamt positiv, ohne dass eine weitergehende inhaltliche Prüfung der Voraussetzungen für die Steueranrechnung erfolgt wäre. Die in dem Bescheid enthaltene Anrechnungsverfügung wies den in der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung beantragten Anrechnungsbetrag an Kapitalertragsteuer in Höhe von 44.712.401,00 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.460.600,99 Euro in vollem Umfang aus. Zur Anrechnung gebracht wurden mithin auch die verfahrensgegenständlichen 37.356.589,95 Euro. Die Anrechnungsbeträge wurden mit der gegenüber der HC Gruppe festgesetzten Körperschaftsteuer (577.335,00 Euro) nebst Solidaritätszuschlag (31.754,52 Euro) sowie einem Zinsabschlag in Höhe von 25.801,00 Euro verrechnet. Auf dieser Grundlage erfolgte seitens der Finanzverwaltung an die HC Gruppe eine Auszahlung in Höhe von 46.589.693,47 Euro.
Der Angeklagte wusste im Zeitpunkt der Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung, dass hinsichtlich der zur Anrechnung gebrachten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag ein Betrag in Höhe von 37.356.589,95 Euro auf die im Jahr 2007 durchgeführten CumEx-Geschäfte der HC Bank und die hierbei generierten Steuerbescheinigungen entfiel. Entsprechend seiner Vorstellung zu Beginn der Dividendensaison wusste der Angeklagte auch im Zeitpunkt der Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung ferner, dass die HC Bank die Aktienkäufe mit Leerverkäufern abgeschlossen hatte, wobei der Abschluss der Kaufverträge vor dem Dividendenstichtag erfolgte, die tatsächliche Belieferung aber erst danach. Er ging vor diesem Hintergrund davon aus, dass die HC Bank nicht die Original-Nettodividende, sondern eine Dividendenkompensationszahlung in entsprechender Höhe vereinnahmt hatte. Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass auf diese Dividendenkompensationszahlung bei keiner Stelle Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Abzug gebracht worden war. Er ging auch davon aus und billigte, dass diese Sachverhaltsumstände weder von ihm noch von einer anderen Person gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg offenbart werden würden. Der Angeklagte wollte, dass seitens des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg die in der Steuererklärung zur Anrechnung gebrachten Beträge tatsächlich in vollem Umfang, d.h. einschließlich der auf die CumEx-Leerkauftransaktionen entfallenden Beträge, zur Anrechnung gebracht werden.
301Der Angeklagte erkannte die Möglichkeit und nahm zumindest billigend in Kauf, dass vor dem Hintergrund der durchgeführten Aktiengeschäfte und insbesondere aufgrund des fehlenden Steuerabzugs auf die Dividendenkompensationszahlung die Voraussetzungen für die begehrte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 37.356.589,95 Euro nicht vorliegen und eine spätere Steueranrechnung daher nicht mit dem Steuerrecht in Einklang steht.
Nach Abschluss der CumEx-Geschäfte in 2007 wurde seitens der HC Bank nach Möglichkeiten gesucht, diese auch in 2008 fortzusetzen. Hierbei war der Angeklagte eng in die Entscheidungsprozesse innerhalb der HC Bank eingebunden. Mit Emails vom 17.12. und vom 20.12.2007 benannte der gesondert Verfolgte TB dem Angeklagten eine Reihe von Aktiengattungen, die für die Umsetzung der Strategie im Januar 2008 nach seiner Einschätzung geeignet wären. Zugleich wies er darauf hin, dass noch entschieden werden müsse, mit welchen Kontrahenten die Geschäfte abgeschlossen werden. Zur weiteren Planung der Geschäfte nahm die HC Bank wiederum Kontakt zu dem gesondert Verfolgten Dr. YE sowie dem Londoner Handelstisch der TJ auf. Darüber hinaus ergab sich die Möglichkeit, die Transaktionen nicht nur durch die gesondert Verfolgten PI und KI, sondern auch durch einen Kontakt bei PE begleiten zu lassen. Die anschließenden Verhandlungen sowohl mit den gesondert Verfolgten PI und KI als auch mit Vertretern von PE, dort insbesondere mit dem gesondert Verfolgten JC, wurden auf Seiten der HC Bank wiederum vorrangig durch die gesondert Verfolgten TB und XL durchgeführt, die über das Ergebnis der Gespräche unmittelbar an den Angeklagten berichteten.
303Am 10.01.2008 übermittelten die gesondert Verfolgten TB und XL dem Angeklagten eine schriftliche Gegenüberstellung („Single Future-basierte Strukturirung“) der seitens des gesondert Verfolgten PI sowie der PE für die Dividendensaison 2008 unterbreiteten Vorschläge. Hiernach habe PE für die Dividendentermine im Januar 7 % vom Dividendenbetrag und somit ca. 33 % des Kapitalertragsteueranspruchs angeboten, wohingegen seitens des gesondert Verfolgten PI ein Anteil von 8 % und somit ca. 38 % des Kapitalertragsteueranspruchs genannt worden seien. Auf dieser Grundlage schlugen die gesondert Verfolgten TB und XL vor, die Geschäfte im Januar wiederum mit der TJ durchzuführen und im Übrigen mit PE darüber zu verhandeln, ob ein höherer Anteil als 8 % realisierbar sei. Zugleich wiesen die gesondert Verfolgten TB und XL den Angeklagten darauf hin, dass sie prüfen würden, ob ähnliche Geschäfte wie in Deutschland auch in der Schweiz und Österreich durchgeführt werden könnten.
304Auf Grundlage des Schreibens vom 10.01.2008 fertigte der Angeklagte eine Vorlage für die Partnersitzung am 15.01.2008. In dieser wurde unter der Überschrift „Single Future basierte Transaktionen“ dargelegt, dass hinsichtlich 20 namentlich benannter Aktiengattungen Handelsgeschäfte gegen Single Future der Eurex getätigt werden sollten. Sollten die Transaktionen wie geplant durchgeführt werden können, würde sich ein Ergebnisbeitrag zwischen 8 und 9 Millionen Euro ergeben. Hinsichtlich des Abschlusses der Transaktionen liefen Gespräche sowohl mit der TJ als auch mit PE. Am Ende der Partnervorlage wurde um Zustimmung zur Durchführung der genannten Transaktionen gebeten. Aufgrund der Ausführungen in der Partnervorlage stimmten die Partner der Durchführung der Geschäfte im Rahmen der Partnersitzung am 15.01.2008 zu. Hierauf wurden unter Einschaltung des Londoner Handelstischs der TJ noch im Januar CumEx-Leerkaufgeschäfte in den Aktiengattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG durchgeführt, wobei die gegenläufigen Verkaufsfutures der HC Bank zu Dividendenleveln um die 91 bis 92 gehandelt wurden.
305Die gesondert Verfolgten PI und KI hatten bereits im Laufe des Jahres 2007 entschieden, die TJ zu verlassen und mehrere eigene Gesellschaften zu gründen. Ende Februar 2008 beendeten sie ihre Tätigkeit bei der TJ, woraufhin auf Seiten der HC Bank die Entscheidung getroffen wurde, auf Grundlage der im Jahr 2007 und im Januar 2008 durchgeführten CumEx-Geschäfte und entsprechend der Anregung des gesondert Verfolgten Dr. YE eine dauerhafte Kooperationsvereinbarung mit den gesondert Verfolgten PI und KI abzuschließen. Für die HC Bank wurden die Verhandlungen insbesondere durch den gesondert Verfolgten XL unter Beteiligung der Rechtsabteilung, dort insbesondere des gesondert Verfolgten Dr. WA, geführt und mit dem Angeklagten abgestimmt. Dem war vorausgegangen, dass der Angeklagte auf Grundlage der im Schreiben vom 10.01.2008 ausgewiesenen Angebote des gesondert Verfolgten PI und der PE den Partnern empfohlen hatte, die Kooperation mit den gesondert Verfolgten PI und KI einzugehen.
306Mit Email vom 06.02.2008 übersandte der gesondert Verfolgte Dr. WA dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten XL eine erste Fassung eines „Investment Advisory Agreement“, in dem die künftige Zusammenarbeit zwischen der HC Bank und den gesondert Verfolgten PI und KI festgehalten werden sollte.
307Nachdem in der ersten Entwurfsfassung noch einzelne Änderungen vorgenommen worden waren, wurde am 29.02.2008 die endgültige Fassung einer mit „Investment Partnership Agreement“ überschriebenen Vereinbarung zwischen der HC Bank und den gesondert Verfolgten PI und KI abgeschlossen. Die Vereinbarung regelte die Zusammenarbeit bei den für das Jahr 2008 nach den bereits durchgeführten ersten Geschäften im Januar noch geplanten CumEx-Leerkaufgeschäften der HC Bank. Ihr war eine Aufstellung der Aktiengattungen beigefügt, mit denen CumEx-Leerkaufgeschäfte durchgeführt werden sollten. Daneben war in Artikel 4 der Vereinbarung und in einer der Vereinbarung beigefügten Anlage geregelt, in welchem Umfang die HC Bank und die gesondert Verfolgten PI und KI an den erwarteten Profiten beteiligt werden sollten. Hierfür wurde ein „pre-tax benefit“ der Bank von 8 Prozent vorausgesetzt. Dies bedeutete, dass die HC Bank mindestens zu einem Dividendenlevel von 92 handeln konnte und dass die bei einem Level von 92 und höher erwirtschafteten Profite allein der HC Bank zugutekommen würden. Dieser Level wurde von den Beteiligten gewählt, weil er in etwa demjenigen Level entsprach, zu dem die CumEx-Geschäfte im Januar 2008 gehandelt worden waren, die seitens der gesondert Verfolgten PI und KI noch als Mitarbeiter der TJ geplant worden waren. Da die im Jahr 2008 am Markt für CumEx-Leerverkaufgeschäfte erzielbaren Dividendenlevel tatsächlich jedoch - wie auch bereits 2007 - deutlich unter 92 lagen, sollte der von der HC Bank über die veranschlagten 8 Prozent hinaus erzielte Profit hälftig zwischen der Bank und den gesondert Verfolgten PI und KI geteilt werden. Sämtliche Einzelheiten der Vereinbarung waren dem Angeklagten bekannt. Dieser hatte bereits die Entwurfsfassungen der Vereinbarung zur Kenntnis genommen.
308Kurz nach Abschluss der Vereinbarung vom 29.02.2008 machten sich die gesondert Verfolgten PI und KI mit u.a. zwei Gesellschaften - der YA Capital Ltd. und der YA Principals Ltd. - selbständig. Die Vereinbarung wurde infolgedessen mit Wirkung ab dem 01.04.2008 inhaltsgleich auf die YA Capital Ltd. umgeschrieben.
309Aufgrund der mit den gesondert Verfolgten TB und KI sowie mit PE geführten Verhandlungen führte die HC Bank ab April 2008 insgesamt in 21 weiteren Aktiengattungen CumEx-Leerverkaufgeschäfte durch. Nach Gründung der YA-Gesellschaften durch die gesondert Verfolgten PI und KI wurden die Geschäfte in 15 Aktiengattungen durch deren Mitarbeiter geplant und begleitet. Hinsichtlich sechs weiterer Aktiengattungen wurden die Transaktionen durch PE und dort insbesondere durch den gesondert Verfolgten JC strukturiert. Dabei wurde der Angeklagte fortlaufend darüber informiert, in welchen Aktiengattungen der Handel erfolgt, teilweise war er auch selbst unmittelbar in die Entscheidung eingebunden, in welchen Gattungen und mit welchem Handelspartner die Transaktionen durchgeführt werden. Entsprechend seiner Funktion im Jahr 2007 kam dem Angeklagten als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling ferner die Aufgabe zu, die in den Aktienhandel eingebundenen Arbeitsbereiche zu koordnieren.
Die Struktur der seitens der HC Bank im Jahr 2008 durchgeführten Geschäfte entsprach hinsichtlich sämtlicher Aktiengattungen im Wesentlichen derjenigen des Vorjahres. Es kam auch in diesem Zusammenhang die bereits in 2007 praktizierte Handelsstrategie „Aktien gegen Futures“ zum Tragen, ferner entsprachen die konkreten Abläufe bei der Planung und bei der Umsetzung in weiten Teilen denjenigen des Vorjahres. Dies gilt sowohl für die unter Mitwirkung des gesondert Verfolgten KI während seiner Zeit bei der TJ als auch für die nach Gründung der YA-Gesellschaften begleiteten Geschäfte. Im Hinblick auf die unter Mitwirkung von PE umgesetzten Transaktionen entsprachen die zentralen Parameter in Gestalt des CumEx-Aktienerwerbs von einem Leerverkäufer ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen zwar denjenigen der unter Einschaltung des gesondert Verfolgten KI abgeschlossenen Geschäfte. PE trat aber selbst unmittelbar als Leerverkäuferin auf, ohne dass die YA Gesellschaften oder eine andere Partei als Vermittler agierten.
311aa) Der gesondert Verfolgte KI stimmte sowohl während seiner Tätigkeit bei der TJ im Januar 2008 als auch im Anschluss an die Gründung der YA-Gesellschaften bereits im Vorfeld der jeweiligen Handelstage den Korb der zu handelnden Aktiengattungen mit den beteiligten Akteuren, insbesondere den Brokern und Leerverkäufern, sowie dem gesondert Verfolgten TB ab. In diesem Zusammenhang wurden auch die zu handelnden Volumina sowie die voraussichtlichen Preise unter Berücksichtigung der prognostizierten Höhe der Dividenden sowohl für die Aktienkauf- als auch für die gegenläufigen Futuregeschäfte berechnet. Dabei war der Angeklagte KI insbesondere bei den nach Januar 2008 durchgeführten Transaktionen bestrebt, einen für die HC Bank als Leerkäuferin besonders günstigen, d.h. möglichst niedrigen Dividendenlevel auszuhandeln, da er selbst für die YA Gesellschaften einen mit Absinken des Dividendenlevels unter den Schwellenwert von 92 proportional ansteigenden Profit erwirtschaften würde. Bereits im Vorfeld kümmerte sich der gesondert Verfolgte KI ferner um die Ex-Belieferung, nahm also Kontakt zu möglichen Stückegebern auf und verhandelte mit diesen die zu handelnden Volumina und Preise.
312An den jeweiligen Handelstagen berechneten der gesondert Verfolgte KI oder ein anderer Mitarbeiter am Londoner Handelstisch der TJ (für die Aktiengattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG im Januar 2008) und nach Gründung der YA-Gesellschaften der gesondert Verfolgte KI oder ein anderer Mitarbeiter der YA-Gesellschaften auf Grundlage des tagesaktuellen Aktienpreises und unter Berücksichtigung des vereinbarten Dividendenlevels die jeweiligen Aktien- und Futurepreise. Diese wurden, regelmäßig über YH-Chats, nochmals mit dem gesondert Verfolgten TB und der jeweiligen Gegenpartei abgestimmt. Hieran anschließend kommunizierte der gesondert Verfolgte KI oder ein anderer Mitarbeiter der TJ bzw. der YA-Gesellschaften sowohl mit dem gesondert Verfolgten TB als auch mit der jeweiligen Gegenpartei und dem zwischengeschalteten Broker abschließend die Parameter für die Kauf- und Verkaufsorders und den genauen Zeitpunkt, zu dem diese platziert werden sollten. Hierdurch wurde wiederum erreicht, dass die jeweiligen Aufträge nicht mit denjenigen zufällig am Markt aktiver Dritter, sondern mit der im Vorfeld abgesprochenen Partei zusammengeführt werden. Während bei den Januar-Geschäften die Dividendenlevel so kalkuliert worden waren, dass auch die TJ an den Profiten beteiligt wird, wurde der Dividendenlevel bei den durch die YA-Gesellschaften strukturierten Geschäften zu Gunsten der HC Bank mit den am Markt tatsächlich erzielbaren Dividendenleveln bepreist.
313Bei allen Aktiengeschäften handelte es sich um außerbörslich „cum“ vereinbarte und erst nach den jeweiligen Hauptversammlungen belieferte Leerverkäufe, bei denen die HC Bank nicht die Original-Nettodividende, sondern eine Kompensationszahlung in entsprechender Höhe vereinnahmte und bei denen weder beim Leerverkäufer noch bei einer anderen Stelle Kapitalertragsteuer auf die Kompensationszahlung in Abzug gebracht wurde. Wiederum erstellte die HC Bank als ihre eigene Depotbank für sich Steuerbescheinigungen, die die auf die einzelnen Leerkauf-Positionen entfallenden Steuerbeträge auswiesen. Die Beträge wurden darin trotz des nicht erfolgten Steuerabzugs auf die Kompensationszahlung als „Anrechenbare Kapitalertragsteuer“ bzw. als „Anrechenbarer Solidaritätszuschlag“ bezeichnet.
314Unter Einbeziehung des Londoner Handelstischs der TJ sowie der YA-Gesellschaften führte die HC Bank im Jahr 2008 die nachfolgenden Erwerbsgeschäfte im Rahmen von CumEx-Leerverkauftransaktionen durch:
315Stückzahl |
Gattung |
Tag der Hauptver-sammlung |
Brutto-dividende pro Aktie in Euro |
Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro |
8.500.000 |
ThyssenKrupp AG |
18.01.2008 |
1,30 |
2.331.550,00 |
3.500.000 |
Siemens AG |
24.01.2008 |
1,60 |
1.181.600,00 |
5.650.000 |
Daimler AG |
09.04.2008 |
2,00 |
2.384.300,00 |
2.400.000 |
Münchener Rückvers. AG |
17.04.2008 |
5,50 |
2.785.200,00 |
3.200.000 |
BASF SE |
24.04.2008 |
3,90 |
2.633.280,00 |
2.850.000 |
MAN AG |
25.04.2008 |
3,15 |
1.894.252,50 |
9.500.000 |
Dt. Lufthansa AG |
29.04.2008 |
1,25 |
2.505.625,00 |
2.350.000 |
E.ON AG |
30.04.2008 |
4,10 |
2.032.985,00 |
2.436.036 |
Hannover Rückvers. AG |
06.05.2008 |
2,30 |
1.182.208,27 |
6.700.000 |
BMW AG |
08.05.2008 |
1,06 |
1.498.522,00 |
802.369 |
Hugo Boss AG Vz. |
08.05.2008 |
6,46 |
1.093.677,09 |
26.000.000 |
Dt. Telekom AG |
15.05.2008 |
0,78 |
4.279.080,00 |
6.000.000 |
Metro AG |
16.05.2008 |
1,18 |
1.493.880,00 |
5.000.000 |
Fresenius Med. Care KGaA |
20.05.2008 |
0,54 |
569.700,00 |
2.400.000 |
Allianz SE |
21.05.2008 |
5,50 |
2.785.200,00 |
4.250.000 |
Deutsche Bank AG |
29.05.2008 |
4,50 |
4.035.375,00 |
3.000.000 |
Linde AG |
03.06.2008 |
1,70 |
1.076.100,00 |
Gesamt: 35.762.534,86 Euro
317bb) Die unter Einbeziehung von PE im Jahr 2008 durch die HC Bank durchgeführten CumEx-Leerverkauftransaktionen wurden ähnlich organisiert wie die unter Beteiligung der TJ und der YA-Gesellschaften abgeschlossenen Geschäfte, allerdings agierte PE selbst unmittelbar als Leerverkäufer, so dass die Notwendigkeit einer Vermittlung der Preise und Stückzahlen zwischen der HC Bank und der Leerverkäuferseite entfiel. Stattdessen konnten diese unmittelbar zwischen der HC Bank und PE vereinbart werden. Im Übrigen musste im Vorfeld nur die Ex-Eindeckung vom Stückegeber abgesprochen werden. Ein Mitarbeiter von PE, in der Regel der gesondert Verfolgte JC, stimmte daher im Vorfeld die durchzuführenden Transaktionen und deren Parameter mit einem Mitarbeiter der HC Bank, in der Regel dem gesondert Verfolgten TB, ab. Ferner informierte er sich über die Stückzahl an verfügbaren Aktien und vereinbarte mit den Stückegebern die Parameter der Ex-Aktieneindeckung.
318An den jeweiligen Handelstagen der Aktienkauf- und Futureverkaufgeschäfte der HC Bank, dies war jeweils der Tag der Hauptversammlung oder der Tag davor, koordinierte der gesondert Verfolgte JC oder ein anderer Mitarbeiter von PE die Transaktionen, indem er unter Berücksichtigung der vereinbarten Dividendenlevel, der zu handelnden Stückzahlen und des tagesaktuellen Aktienpreises einem Händer der HC Bank sämtliche Handelsparameter weitergab und mitteilte, ab welchem Zeitpunkt die von PE platzierte Verkaufsorder bei dem Broker SA zu sehen sein würde. Die hierbei im Hinblick auf das Absicherungsgeschäft vereinbarten Dividendenlevel beliefen sich auf maximal 91. Durch die - in der Regel über YH-Chats - abgestimmten Parameter der Geschäfte wurde auch hier gewährleistet, dass die Aufträge der HC Bank und von PE zusammenfanden.
319Auch bei sämtlichen durch PE begleiteten Aktiengeschäften handelte es sich um „cum“ vereinbarte und „ex“ belieferte Leerverkäufe, bei denen die HC Bank lediglich eine Kompensationszahlung in Höhe der Netto-Dividende vereinnahmte. Auch hierfür stellte die HC Bank für sich selbst Steuerbescheinigungen aus, obgleich eine Kapitalertragsteuer auf die Kompensationszahlung nicht in Abzug gebracht worden war. Hieran anschließend wurde der Rückverkauf der Aktien organisiert.
320Unter Einbeziehung von PE führte die HC Bank im Jahr 2008 die nachfolgenden Erwerbsgeschäfte im Rahmen von CumEx-Leerverkauftransaktionen durch:
321Stückzahl |
Gattung |
Tag der Hauptver-sammlung |
Brutto-dividende pro Aktie in Euro |
Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro |
1.333.020 |
Merck KGaA |
28.03.2008 |
3,20 |
900.055,10 |
3.500.000 |
Henkel AG & Co. KGaA Vz. |
14.04.2008 |
0,53 |
391.405,00 |
5.200.000 |
Henkel AG & Co. KGaA |
14.04.2008 |
0,51 |
559.572,00 |
1.800.000 |
Fraport AG |
28.05.2008 |
1,15 |
436.770,00 |
350.000 |
Heidelberger Druckmaschinen AG |
18.07.2008 |
0,95 |
70.157,50 |
613.000 |
Südzucker AG |
29.07.2008 |
0,40 |
51.737,20 |
Gesamt: 2.409.696,80 Euro
323Die Steuerbescheinigungen, die im Laufe der Dividendensaison 2008 im Eigenhandel der HC Bank infolge der CumEx-Geschäfte erstellt wurden, wiesen infolgedessen insgesamt einen Betrag in Höhe von 38.172.231,66 Euro aus, obgleich in entsprechender Höhe weder Kapitalertragsteuer noch Solidaritätszuschläge auf die von der HC Bank allein erzielten Dividendenkompensationszahlungen in Abzug gebracht worden waren.
Der gesondert Verfolgte Dr. YE und der gesondert Verfolgte Dr. KK sollten auch im Hinblick auf den Eigenhandel der HC Bank im Jahr 2008 an den hierdurch erwirtschafteten Profiten beteiligt werden. Hierdurch sollte abgegolten werden, dass die Geschäfte entsprechend der von dem gesondert Verfolgten Dr. YE empfohlenen Struktur und unter Mitwirkung der gesondert Verfolgten PI und KI durchgeführt wurden, zu denen der gesondert Verfolgte Dr. YE den Kontakt hergestellt hatte. Um für die Zukunft eine Grundlage für die Beteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE sowie des gesondert Verfolgten Dr. KK über die Rechnungen der Bank KB zu schaffen, wurde von dieser unter dem 09.05.2008 ein als „Fee Letter“ bezeichnetes Schreiben an die HC Bank übermittelt. Hierin wurde dargelegt, die Bank KB habe der HC Bank unter Ausschluss jedweder Haftung die Möglichkeit von spezifischen Wertpapierumsätzen in Aktien aufgezeigt. Dem Handel läge eine spezielle Strategie zu Grunde, die als bekannt vorausgesetzt und daher im Rahmen des Schreibens nicht erneut dargestellt werde. Sollte die HC Bank entsprechende Wertpapierumsätze durchführen, sollten die daraus erzielten Erträge nach Abzug von Kosten nach einem in dem Schreiben näher dargestellten Schlüssel aufgeteilt werden.
325Das Schreiben der Bank KB wurde unter anderem von dem Angeklagten am 15.05.2008 unterzeichnet. Der Angeklagte war sich hierbei darüber bewusst, dass seitens der Bank KB in dem betroffenen Zeitraum keine Beratung hinsichtlich möglicher Wertpapierumsätze in Aktien stattgefunden hatte und dass das Schreiben allein der Abwicklung der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK diente.
326Unter dem 13.08.2008 erstellte die Schweizer Bank KB eine tatsächlich nicht leistungsunterlegte Rechnung über 5.188.000,00 Euro, wobei die abgerechnete Leistung wiederum mit „Vermittlung von Wertpapierumsatz“ bezeichnet wurde. Der Angeklagte zeichnete die Rechnung unter dem 01.09.2008 gegen, woraufhin die Zahlung der 5.188.000,00 Euro angewiesen wurde. Die Bank KB überwies wiederum einen Betrag in entsprechender Höhe an die NA Ltd.. Der Angeklagte wusste, dass weder die Bank KB noch die NA Ltd. Leistungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Wertpapierumsatz für die HC Bank erbracht hatten und dass durch die Zahlungen allein die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK für die Beratungen hinsichtlich der CumEx-Leerverkauftransaktionen entlohnt werden sollten.
Zu Beginn des Jahres 2010 wurde dem Angeklagten die vorausgefüllte Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe als Organträgerin der HC Bank für das Jahr 2008 nebst Anlagen vorgelegt. Der Angeklagte überprüfte entsprechend seiner hausinternen Verantwortung sämtliche Eintragungen und setzte unter dem 24.02.2010 seine Paraphe in das Unterschriftenfeld. Anschließend wurde die Steuererklärung durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC unterschrieben, ohne dass es noch zu Änderungen in der Steuererklärung gekommen wäre. Die so fertiggestellte Steuererklärung wurde an das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg übermittelt, wo sie am 02.03.2010 einging.
328In der Anlage WA zur Körperschafsteuererklärung der HC Gruppe waren für die HC Bank Kapitalertragsteuern in Höhe von 38.315.884,28 Euro sowie hierauf entfallende Solidaritätszuschläge in Höhe von 2.131.961,85 Euro als anrechenbare Steuern bezeichnet. Wörtlich lautete es in den hierfür maßgeblichen Zeilen 3 bis 6 wie folgt:
329„Anzurechnende Beträge/Steuerabzug EUR CT
3303 |
(lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen) Kapitalertragsteuer (20 %) |
38.315.884,28 |
4 |
Kapitalertragsteuer (25 %) |
|
5 |
Zinsabschlag |
447.060,34 |
6 |
Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer (25 und 20 %) und zum Zinsabschlag Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen. |
2.131.961,85“ |
Wie der Angeklagte wusste, waren in diesen Beträgen die auf die CumEx-Transaktionen entfallenden und in den Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Beträge in Höhe von insgesamt 38.172.231,66 Euro enthalten. Weder die Steuererklärung noch ein dieser beigefügtes separates Schreiben enthielten einen Hinweis darauf, dass im Hinblick auf diesen Betrag zuvor Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nicht in entsprechender Höhe von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war und dass den Aktiengeschäften durchgehend Erwerbe von Leerverkäufern zugrunde lagen. Auch im Übrigen wurde das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg weder durch den Angeklagten noch durch eine andere Person darauf hingewiesen, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld mit der TJ bzw. mit den YA Gesellschaften oder PE abgesprochen worden waren. Ferner wurde nicht dargelegt, dass die Aktien entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen wenige Tage nach der Ausstellung der Steuerbescheinigung für die HC Bank wieder an die Stückegeber rückveräußert wurden.
332Der Steuererklärung beigefügt waren sämtliche Steuerbescheinigungen, die seitens der HC Bank als ihre eigene Depotbank unmittelbar nach Vereinnahmung der Dividendenkompensationszahlungen ausgestellt worden waren. Auch diese enthielten keinen Hinweis darauf, dass die den Dividendenkompensationszahlungen zugrunde liegenden Aktiengeschäfte auf Leerverkäufen beruhten, bei denen ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung nicht erfolgt war.
333Die Kammer hat nicht festgestellt, ob die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC bei Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung positive Kenntnis davon hatten, dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern im Umfang von 38.172.231,66 Euro auf von der HC Bank vereinnahmte Dividendenkompensationszahlungen entfielen, bei denen ein Abzug der Steuern tatsächlich nicht erfolgt war. Auch hat die Kammer keine Feststellungen zur Bewertung der steuerlichen Lage durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC getroffen.
334Auf Grundlage der Angaben in der Steuererklärung und in den beigefügten Steuerbescheinigungen trug die zuständige Mitarbeiterin beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg, die Zeugin LC, Kapitalertragsteuer in Höhe von 38.315.885,00 Euro sowie hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.131.961,85 Euro als anrechenbare Steuern in den Entwurf des Körperschaftsteuerbescheides für die HC Gruppe ein. Eine weitergehende inhaltliche Prüfung der Voraussetzungen der Steueranrechnung nahm sie entsprechend der üblichen Praxis wiederum nicht vor.
335Auf Grundlage des Entwurfs der Zeugin LC entschied das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg für das Jahr 2008 durch Bescheid vom 14.04.2010 über die Anrechnung insgesamt, mithin hinsichtlich sämtlicher in den Zeilen 3 und 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung enthaltenen Beträge an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag - und damit auch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen 38.172.231,66 Euro - positiv. Eine weitergehende inhaltliche Prüfung der Anrechnungsvoraussetzungen erfolgte entsprechend der üblichen Praxis wiederum nicht. Nach Verrechnung der festgesetzten Körperschaftsteuer (1.635.293,00 Euro) nebst Solidaritätszuschlag (89.941,11 Euro) und einem Zinsabschlag (447.061,00 Euro) erfolgte auf Grundlage des Bescheides eine Auszahlung durch die Finanzverwaltung an die HC Gruppe in Höhe von 39.169.673,74 Euro.
Der Angeklagte wusste sowohl bei Einreichung der Vorlage für die Partnersitzung am 15.01.2008 als auch in dem Zeitpunkt, in dem er die Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für den Veranlagungszeitraum 2008 nach inhaltlicher Prüfung paraphierte, dass die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte auf Leerverkäufen über den Dividendenstichtag beruhen, bei denen die HC Bank eine Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Nettodividende bezieht, auf die Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an keiner Stelle in Abzug gebracht wird. Der Angeklagte wusste ferner bereits bei Einreichung der Partnervorlage, dass die HC Bank trotz des unterbliebenen Steuerabzugs im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung die Anrechnung der Steuern in dem auf den Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Umfang beantragen würde. Bei Paraphierung der Steuererklärung war der Angeklagte sich darüber bewusst, dass von dem in der Anlage WA zur Anrechnung gebrachten Betrag insgesamt 38.172.231,66 Euro auf die im Jahr 2008 durchgeführten CumEx-Leerkaufgeschäfte der HC Bank und die hierbei generierten Steuerbescheinigungen entfielen. Er war sich darüber im Klaren und billigte, dass wie im Jahr zuvor die Einzelheiten der den zur Anrechnung gebrachten Beträgen zugrunde liegenden Transaktionen - insbesondere in Gestalt des Vorliegens von Leerverkäufen über den Dividendenstichtag ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung - weder durch ihn noch durch eine andere Person gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg offenbart werden würden. Der Angeklagte wollte, dass die Steueranrechnungen entsprechend der Eintragungen in der Körperschaftsteuererklärung durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg vorgenommen werden.
337Der Angeklagte erkannte die Möglichkeit und nahm zumindest billigend in Kauf, dass vor dem Hintergrund der durchgeführten Aktiengeschäfte und insbesondere aufgrund des fehlenden Steuerabzugs auf die Dividendenkompensationszahlung die Voraussetzungen für die begehrte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 38.172.231,66 Euro nicht vorliegen und eine spätere Steueranrechnung daher nicht mit dem Steuerrecht in Einklang steht.
Die Verantwortlichen der HC Bank wollten auch im Jahr 2009 mit den CumEx-Transaktionen im Eigenhandel fortfahren, wobei der Angeklagte wiederum eng in die hausinterne Abstimmung sowie in die Kommunikation, insbesondere mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE, eingebunden war. Beraten durch die gesondert Verfolgten Dr. KK, Dr. YE und PI wurde über eine weitere Gesellschaft des HC Konzerns - die HD GmbH (im Folgenden: HE) - ferner eine Fondsstruktur aufgesetzt, die es auch privaten Investoren ermöglichte, in CumEx-Leerkaufgeschäfte zu investieren. Auch die Gespräche bezüglich der Implementierung der Fondsstruktur begleitete der Angeklagte und unterstütze diese aktiv.
339Da das Bundesministerium der Finanzen im Jahr 2009 zusätzliche Maßnahmen zur Unterbindung missbräuchlicher CumEx-Geschäfte ergreifen wollte, fiel dort die Entscheidung, die Geschäfte zum Gegenstand einer Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben) zu machen, die schließlich am 05.05.2009 veröffentlicht wurde. Die in diesem Markt aktiven Banken, Kapitalanlagegesellschaften, Berater und Broker bzw. Handelsplattformen wurden frühzeitig auf die Diskussionen im BMF aufmerksam und erörterten, ob und in welchem Umfang die CumEx-Transaktionen auch nach Erlass des BMF-Schreibens durchgeführt werden sollten. Auch in diese Gespräche war der Angeklagte aktiv eingebunden, wobei ihm von vornherein bewusst war, dass es dem BMF durch das Schreiben darum ging, Aktiengeschäfte zu unterbinden, die dem Grunde nach denjenigen entsprachen, die im Eigenhandel der HC Bank bereits umgesetzt wurden und die nun auch über die geplante Fondsstruktur realisiert werden sollten.
Dem BMF war im Nachgang zur Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2007 zur Kenntnis gelangt, dass trotz der hierdurch eingetretenen Gesetzesänderungen am Markt auch weiterhin CumEx-Leerverkauftransaktionen durchgeführt wurden, die auf eine Anrechnung bzw. Erstattung von Steuern auf Dividendenkompensationszahlungen abzielten, bei denen ein Steuerabzug zugunsten des Fiskus zuvor nicht in entsprechender Höhe stattgefunden hatte. Um entsprechende Transaktionen aufklären und gegen diese vorgehen zu können, veröffentlichte das Ministerium am 05.05.2009 ein BMF-Schreiben. Hierin wurde bestimmt, dass zur Aufklärung von CumEx-Leerverkauftransaktionen über den Dividendenstichtag das amtliche Muster der Steuerbescheinigung um einen Passus ergänzt wird, in dem dargelegt wird, in welchem Umfang in der bescheinigten Höhe der Kapitalerträge solche Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2009] aus Aktien enthalten sind, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert wurden. Für entsprechende Kapitalerträge sollte eine Steueranrechnung nur erfolgen können, wenn im Rahmen der Steuerveranlagung gemeinsam mit der Steuerbescheinigung eine sogenannte Berufsträgerbescheinigung vorgelegt wird. In dieser war zu bestätigen, dass keine Erkenntnisse über Absprachen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb von Aktien im Sinne der Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat, vorliegen. Da dem BMF auch zur Kenntnis gelangt war, dass CumEx-Transaktionen am Markt zwischenzeitlich auch über Fondsstrukturen praktiziert werden, wurde in dem BMF-Schreiben eine entsprechende Verpflichtung zur Vorlage einer Berufsträgerbescheinigung unter anderem auch für Erstattungsanträge nach § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2009] begründet; ausgenommen hiervon waren jedoch Publikumsfonds.
341Der endgültigen Fassung des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 waren mehrere Entwurfsfassungen vorausgegangen. Diese hatte das BMF vorab zur Stellungnahme an die Länder sowie an Banken- und Sparkassenverbände übermittelt. Auch die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK erhielten frühzeitig Kenntnis von den Entwürfen des BMF-Schreibens, wobei ihnen bewusst war, dass das Schreiben darauf abzielte, die von ihnen beratene CumEx-Leerverkaufstruktur zu unterbinden. Die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für den Eigenhandel der HC Bank sowie die geplanten Fondsstrukturen diskutierten die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK frühzeitig mit den dort Verantwortlichen, insbesondere auch mit dem Angeklagten. Mit Email vom 31.03.2009 informierte der gesondert Verfolgte Dr. PA unter anderem den Angeklagten über ein Gespräch mit dem gesondert Verfolgten Dr. KK zum erwarteten Inhalt des BMF-Schreibens. Mit Email vom 06.04.2009 leitete der gesondert Verfolgte Dr. YE einen Entwurf des BMF-Schreibens vom gleichen Tage unter anderem an den Angeklagten weiter. Dem Angeklagten war bewusst, dass die von der HC Bank seit 2007 im Eigenhandel durchgeführten und für die geplanten Fondsstrukturen in Aussicht genommenen Transaktionen solche waren, bei denen entsprechend der Formulierung im BMF-Schreiben die Gefahr einer mehrfachen Bescheinigung von Kapitalertragsteuern in Steuerbescheinigungen im Sinne des § 45a Abs. 3 EStG [VZ 2009] besteht, obwohl nur einmal Kapitalertragsteuer zu Lasten des rechtlichen Eigentümers der Aktien einbehalten wurde und kein weiterer Abzug von Kapitalertragsteuer nach § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2009] erfolgt ist. Da seitens der HC Bank nicht auf die profitablen CumEx-Transaktionen verzichtet werden sollte, nahm der Angeklagte hierauf im April 2009 an einer Reihe von Gesprächen zu der Frage teil, wie die Geschäfte auch nach Erlass des BMF-Schreibens durchgeführt werden können. Auch erhielt der Angeklagte wiederholt Emails des gesondert Verfolgten Dr. YE, in denen dieser eine vermeintliche Argumentation dafür aufzeigte, warum die im HC Eigenhandel und bei den geplanten Fondsstrukturen in Aussicht genommenen Geschäfte nicht unter das BMF-Schreiben fallen würden.
342Die bei der HC Bank und der HE mit der Planung und Durchführung der CumEx-Transaktionen befassten Mitarbeiter erörterten im April 2009 ferner, welchen Anforderungen die vorzulegenden Bescheinigungen entsprechen mussten, um die Vorgaben des BMF-Schreibens zu erfüllen. Auch in diese Diskussionen war der Angeklagte eingebunden. So erhielt er am 16.04. und am 17.04.2009 mehrere Emails der gesondert Verfolgten PI, Dr. WA und Dr. RC, in denen der Inhalt einer vom gesondert Verfolgten PI vorformulierten Bescheinigung diskutiert wurde.
343In einem an die gesondert Verfolgten Dr. NC, HC, Dr. WA und Dr. RC adressierten Vermerk vom 30.04.2009 fasste der Angeklagte die Ergebnisse der hausinternen Diskussionen über die Auswirkungen des BMF-Schreibens schließlich dahingehend zusammen, dass Übereinstimmung darüber erzielt worden sei, dass die Vorgaben des im Entwurf vorliegenden BMF-Schreibens von der HC Bank erfüllt würden. Nach den der HC Bank bekannten Sachverhalten handele es sich sowohl bei den geplanten Geschäften des Investmentfonds als auch bei den Eigenhandelsgeschäften der Bank in keinem Fall um Leerverkäufe. Die Steuerberater ZD und LE hätten bestätigt, dass sie die notwendigen gesonderten Bescheinigungen erstellen würden. Dem Angeklagten war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass sowohl die Eigenhandelsgeschäfte der Bank als auch die geplanten Transaktionen des Sondervermögens auch weiterhin darauf abzielten, durch einen Aktienerwerb von einem Leerverkäufer über den Dividendenstichtag auszunutzen, dass auf die von der HC Bank bzw. von dem Sondervermögen bezogene Dividendenkompensationszahlung ein Steuerabzug nicht erfolgen würde. Der Angeklagte war sich auch im Zeitpunkt der Abfassung des Vermerks weiterhin darüber im Klaren, dass entgegen des darin vermittelten Eindrucks die Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank sowie die geplanten Transaktionen des Sondervermögens solche waren, bei denen entsprechend der Formulierung im BMF-Schreiben die Kapitalertragsteuer mehrfach bescheinigt oder erstattet wird, obgleich nur einmal Kapitalertragsteuer zu Lasten des rechtlichen Eigentümers der Aktien einbehalten worden ist.
Im zweiten Halbjahr des Jahres 2008 unterbreiteten die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK gegenüber den Verantwortlichen der HC-Gesellschaften erstmals den Vorschlag, CumEx-Transaktionen auch mittels Einsatzes von Investmentfonds durchzuführen. Bei diesen sollten vermögende Privatanleger Eigenkapital in den Fonds investieren, das dann durch einen sogenannten „Prime Broker“ mittels Kreditgewährungen auf einen deutlich höheren Betrag gehebelt werden sollte. Mit dem den Fonds auf diese Weise insgesamt zur Verfügung stehenden Kapital sollten - wiederum unter Begleitung der YA Gesellschaften - CumEx-Transaktionen durchgeführt werden. Der Vorschlag der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK zielte darauf, dass über die Fondsstrukturen auch private Investoren vom CumEx-Leerverkaufsmarkt profitieren konnten, der zuvor im Wesentlichen institutionellen Anlegern vorbehalten war. Im Übrigen hatten der gesondert Verfolgte Dr. YE sowie der gesondert Verfolgte Dr. KK als Vorteil der Fondsstrukturen erkannt, dass bei diesen § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2009] zur Anwendung gelangte, mit der Folge, dass Steuererstattungen binnen kurzer Zeit - und nicht erst als Folge einer mehrere Monate oder Jahre nach den Transaktionen durchgeführten Steueranrechnung im Wege der allgemeinen Steuerveranlagung - erreicht werden können.
345aa) Im Oktober und November 2008 erläuterten die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK gegenüber Verantwortlichen der HC Gesellschaften die Einzelheiten der geplanten Fondsstruktur und gingen auch auf die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen steuerrechtlichen Fragen ein. An diesen Gesprächen nahm der Angeklagte teilweise selbst teil, teilweise wurde ihm durch Anwesende von deren Inhalt berichtet, so etwa durch den Geschäftsführer der HE - den gesondert Verfolgten Dr. PA - über ein am 24.10.2008 mit dem gesondert Verfolgten Dr. KK geführtes Gespräch. Nachdem seitens der HE Interesse an einer Umsetzung der Struktur signalisiert worden war, wurde der gesondert Verfolgte PI frühzeitig in die weiteren Gespräche eingebunden. Hierbei wurde Einvernehmen dahingehend erzielt, dass die YA Gesellschaften die HE, die als Kapitalanlagegesellschaft für den Fonds fungieren sollte, bei den CumEx-Geschäften in gleicher Weise beratend begleiten wie beim HC Eigenhandel.
346Obgleich der Angeklagte formell nicht Mitarbeiter der HE war, war er auch im Folgenden eng in die Kommunikation bezüglich der Aufsetzung des Fonds und dessen konkreter Struktur eingebunden, nahm aber eine weniger aktive Rolle ein als beim Eigenhandel der HC Bank. Ferner erfolgte die rechtliche Beratung durch den gesondert Verfolgten Dr. YE teilweise unmittelbar gegenüber dem Angeklagten. So übermittelte der gesondert Verfolgte Dr. YE dem Angeklagten sowie dem gesondert Verfolgten Dr. NC mit Email vom 20.02.2009 ein Gutachten zu steuerlichen Implikationen eines Aktienerwerbs über den Hauptversammlungsstichtag durch ein Investmentvermögen. In diesem ist dargestellt, zu Gunsten des Investmentvermögens solle durch Ausnutzung von „Marktineffizienzen“ ein Gewinn erzielt werden. Tatsächlich war dem Angeklagten bereits zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass Profite nicht durch etwaige Marktineffizienzen, sondern dadurch generiert werden sollten, dass entsprechend dem Vorgehen bei den Eigenhandelsgeschäften der HC Bank CumEx-Leerkäufe durchgeführt werden, bei denen trotz tatsächlich nicht erfolgten Steuerabzugs auf die Dividendenkompensationszahlung eine Steuererstattung zu Gunsten des Fondsvermögens vorgenommen wird.
347Im Frühjahr des Jahres 2009 wurde seitens der HE schließlich entschieden, die Fondsstruktur umzusetzen. Der Fonds sollte als inländisches Spezialsondervermögen im Sinne von § 2 Abs. 3 InvG a.F. aufgesetzt und von der HE als Kapitalanlagegesellschaft verwaltet werden. Die von der HE für das Sondervermögen umzusetzenden Transaktionen sollten durch die YA Gesellschaften vorbereitend geplant und begleitet werden. Als Bezeichnung für den Fonds wurde vor dem Hintergrund der Beratung durch die YA Capital UK Ltd. der Terminus „BC German Equity Special Fund“ gewählt. Als Depotbank des Fonds sollte die YF GmbH (im Folgenden: YG) fungieren. Ursprünglich war seitens der Beteiligten erwogen worden, dass die HC Bank als Depotbank des Fonds fungiert, was im Hinblick auf die daneben bereits laufenden Eigenhandelsaktivitäten der Bank aber verworfen wurde. Als Verantwortliche der YG nach Bekanntwerden des möglichen Inhaltes eines BMF-Schreibens wieder Abstand von einer Beteiligung an der Fondsstruktur nehmen wollten, kommunizierte der Angeklagte per Email sowie telefonisch wiederholt mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE und erörterte etwaige Risiken der YG, wenn diese die Funktion als Depotbank übernimmt. Im Anschluss an ein entsprechendes Gespräch am 21.04.2009 nahm der Angeklagte telefonisch Kontakt zu einem Verantwortlichen der YG auf und erkundigte sich über den dortigen Stand der Entscheidungsfindung.
348bb) Nachdem seitens der HE die Entscheidung getroffen worden war, die Fondsstruktur umzusetzen, wurde das hierfür erforderliche Vertragswerk im April 2009 aufgesetzt. Grundlage für die Beratung durch die YA Capital UK Ltd. sollte ein zwischen dieser und der HE am 22.04.2009 abgeschlossenes „Service Level Agreement“ sein. Unter dem gleichen Tag wurde ein Depotbankvertrag zwischen der HE und der YG abgeschlossen.
349Anlegerin des Investmentfonds war die PF Ltd. Da Investmentfonds nach der im Jahr 2009 geltenden Rechtslage selbst keine Kredite aufnehmen durften, wurde über die PF Ltd. das für die Dividendensaison erforderliche Kapital der Privatanleger, die durch die gesondert Verfolgen Dr. YE und Dr. KK angeworben worden waren, gesammelt, durch einen Kredit der als Prime Broker agierenden XH AG gehebelt und anschließend dem BC German Equity Special Fund zur Verfügung gestellt.
350Die HE tätigte für den BC German Equity Special Fund ab dem 22.04.2009 Transaktionen, die der Umsetzung einer CumEx-Leerverkaufstrategie um den Dividendenstichtag dienten. Seitens der YA Gesellschaften wurde der HE entsprechend dem Vorgehen bei den Eigenhandelsgeschäften der HC Bank ein im Vorfeld abgestimmter Aktienkorb kommuniziert. Dabei sollten für den Fonds nur in wenigen Fällen durch gegenläufige Futures abgesicherte Kassageschäfte gehandelt werden. Stattdessen sollte hinsichtlich der Fondsgeschäfte mehrheitlich die sog. Calender-Spread-Strategie umgesetzt werden. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Aktienerwerb in unmittelbarer Nähe zur Hauptversammlung von einem Leerverkäufer nicht durch den Abschluss von Kassageschäften, sondern durch Kauf-Futures erfolgt, die auf physische Lieferung gerichtet sind (physically settled Futures). Deren Laufzeit wurde dergestalt vereinbart, dass sie am Tag der Hauptversammlung selbst oder einen Tag davor ausliefen und hierdurch einen Anspruch auf Lieferung von Aktien begründeten, die noch den Anspruch auf Leistung der Originaldividende beinhalteten. Die Lieferfrist betrug allerdings in der Regel t+4, mit der Folge, dass die Geschäfte erst vier Tage nach Ablauf der Fälligkeitsfrist und damit stets nach dem Dividendenstichtag erfüllt wurden. Auf diese Weise wurde im Ergebnis - wie bei den CumEx-Kassageschäften - erreicht, dass ein vor dem Dividendenstichtag abgeschlossener Vertrag erst nach dem Dividendenstichtag und damit mit im Wert um die Dividendenausschüttung geminderten Aktien erfüllt wurde. Ein wesentlicher Vorteil dieses Vorgehens bestand darin, dass für die Beschaffung der für die Erfüllung der Lieferpflicht des Leerverkäufers erforderlichen Stücke zwei Tage mehr zur Verfügung standen.
351Auch die Ankaufsfutures wurden ebenso wie die von dem BC German Equity Special Fund teilweise durchgeführten Kassageschäfte durch jeweils gegenläufige und im Vorfeld abgesprochene Verkaufsfutures abgesichert. In deren Preis wurden die zuvor vereinbarten Dividendenlevel zum Zwecke der Verteilung der generierten Profite einberechnet.
352Die konkreten Transaktionen wurden von Mitarbeitern der YA Gesellschaften im Vorfeld der jeweiligen Hauptversammlungstage abgestimmt. An den Handelstagen selbst nahmen die Mitarbeiter der YA Gesellschaften entsprechend dem Vorgehen bei den Eigenhandelsgeschäften der HC Bank über YH Chats Kontakt zu den beteiligten Brokern, Leerverkäufern und Mitarbeitern der HE auf und stimmten mit diesen die genauen Inhalte der Transaktionen im Hinblick auf Volumina, Preise und Zeitpunkt der Orderplatzierungen ab. Die seitens der YA Gesellschaften in den Fonds gehandelten Dividendenlevel entsprachen hierbei nicht denjenigen Leveln, die tatsächlich mit der Leerverkäuferseite vereinbart worden waren. Stattdessen wurden die Level für den Fonds so bepreist, dass die für den Fonds generierten Profite hinreichten, um die den Investoren im Vorfeld zugesagte Rendite für ihr Investment ausbezahlen zu können. Zugleich schaltete sich eine YA Gesellschaft als Intermediär in die Futuregeschäfte ein. Diese Gesellschaft handelte den tatsächlich am Markt vereinbarten Dividendenlevel also nicht für den Fonds, sondern schaltete sich - über einen Broker - selbst in die Futuregeschäfte ein. Während sich der in den Fonds gehandelte Dividendenlevel mehrheitlich im Bereich um die 94 bewegte, betrug der tatsächliche Marktlevel zu diesem Zeitpunkt um die 80, jedenfalls aber nicht mehr als 83. Die Differenz zwischen den am Markt tatsächlich vereinbarten und den in den Fonds gehandelten Dividendenleveln vereinnahmten die YA Gesellschaften zunächst für sich selbst, teilten die hieraus generierten Profite entsprechend einer zuvor mit den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK getroffenen Vereinbarung aber anschließend im Verhältnis 50:50.
353Auf die vorstehend umschriebene Weise tätigte die HE für den BC German Equity Special Fund im Zeitraum vom 22.04.2009 bis zum 10.06.2009 in insgesamt 23 Aktiengattungen CumEx-Leerkauftransaktionen über den Dividendenstichtag. Für den Fonds wurden dementsprechend wie in den Eigenhandelsfällen der HC Bank lediglich Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt, nicht jedoch die Original-Dividenden, wobei Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge auf die Dividendenkompensationszahlungen bei keiner Stelle in Abzug gebracht wurden.
354cc) Die Dividendenkompensationszahlungen wurden dem Fondsvermögen durch die YG nicht lediglich in Höhe der Nettodividende, sondern in Höhe der Bruttodividende gutgeschrieben. Anschließend beantragte die YG bei dem hierfür zuständigen Bundeszentralamt für Steuern mit Sitz in Bonn für den BC German Equity Special Fund im Rahmen des hierfür eröffneten elektronischen Sammelantragsverfahrens die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. In dem seitens des Bundeszentralamtes für Steuern zur Verfügung gestellten elektronischen Sammelantragsformular wurde die für den BC German Equity Special Fund beantragte Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag betragsmäßig ausgewiesen. Als von dem Fonds generierter Kapitalertrag wurde durch Verwendung des hierfür vorgesehenen Zahlenschlüssels vermerkt, dass es sich um eine Dividende oder eine Dividendenkompensationszahlung handeln würde. Dem Bundeszentralamt für Steuern wurde weder von Mitarbeitern der antragstellenden YG noch von anderen Personen mitgeteilt, dass den Erstattungsanträgen im Vorfeld abgesprochene Leerverkäufe über den Dividendenstichtag zugrunde lagen und dass auf die von dem Fondsvermögen vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen keine Steuerabzüge erfolgt waren.
355Unmittelbar nach Veröffentlichung des BMF-Schreibens stellte die YG die Gutschriften der Dividendenkompensationszahlungen zeitweise ein. Hierauf wandte sich der gesondert Verfolgte Dr. YE an den Angeklagten und bat diesen, Einfluss auf die Depotbank auszuüben. Im weiteren Verlauf der Dividendensaison wurden die Dividendenkompensationszahlungen durch die YG wieder in vollem Umfang, mithin in Höhe der Bruttodividenden, zu Gunsten des Fondsvermögens gutgeschrieben.
356Die Bearbeitung der elektronischen Sammelanträge beim Bundeszentralamt für Steuern erfolgte in weiten Teilen automatisiert, nur vereinzelt wurden Stichproben durch die für die Kapitalertragsteuererstattung zuständigen Mitarbeiter durchgeführt. Diese beschränkten sich auf eine Prüfung der formellen Erstattungsvoraussetzungen, sie nahmen aber keine inhaltliche Prüfung der Erstattungsvoraussetzungen vor und prüften insbesondere nicht, ob den beantragten Steuererstattungen tatsächlich abgeführte Steuern in entsprechender Höhe gegenüberstanden. Den zuständigen Mitarbeitern des Bundeszentralamtes für Steuern war im Jahr 2009 nicht bekannt, dass im Rahmen des elektronischen Sammelantragsverfahrens Anträge auf sechs- und mehrstellige Steuererstattungen für Fondsvermögen gestellt werden, die im Rahmen von im Vorfeld abgesprochenen CumEx-Leerverkaufgeschäften Aktien über den Dividendenstichtag erworben und eine Dividendenkompensationszahlung vereinnahmt hatten, auf die Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht in Abzug gebracht worden waren. Auch eine rechtliche Prüfung, ob und unter welchen Voraussetzungen bei entsprechenden Geschäften ein Anspruch des Sondervermögens auf Erstattung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen begründet sein kann, hatte beim Bundeszentralamt für Steuern zu diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden. Vielmehr erfolgten die Steuererstattungen allein auf Grundlage der Annahme, dass die relevanten Informationen zutreffend und vollständig in das elektronische Sammelantragsformular eingetragen und dem Bundeszentralamt für Steuern mitgeteilt worden seien.
357Auf Grundlage der für den BC German Equity Special Fund durch die YG eingereichten Erstattungsanträge gewährte das Bundeszentralamt für Steuern die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 60.804.925 Euro. Diese Erstattungen wurden inzwischen von Seiten des Bundeszentralamtes für Steuern mit Haftungsbescheiden zurückgefordert, so unter anderem auch mit Haftungsbescheid vom 04.11.2020 gegenüber dem Angeklagten.
Hinsichtlich des Eigenhandels der HC Bank war bereits Ende des Jahres 2008 entschieden worden, diesen unter Fortsetzung der Kooperation mit den YA Gesellschaften auch im Jahr 2009 durchzuführen. Der Angeklagte war nicht lediglich in diese Entscheidung eingebunden, sondern wirkte aktiv an der Auswahl der zu handelnden Aktiengattungen mit. So fasste er am 16.01.2009 in einem an die gesondert Verfolgten Dr. NC, HC, TB und Dr. RC gerichteten Vermerk („Single Future Struktur“) zusammen, dass in der Dividendensaison des Jahres 2009 zunächst der Wert Wincor Nixdorf mit einem Volumen von 30 Millionen Euro (2,27 % Stimmenquote) gehandelt werden sollte. Anschließen würden sich die Werte Thyssen Krupp und Siemens. Hinsichtlich der Aktie der Porsche AG führte der Angeklagte aus, deren Handel sei im Hinblick auf eine anstehende Sonderdividende besonders attraktiv. Die Entscheidung über den Handel könne aber erst nach genauer Marktanalyse erfolgen.
359Entsprechend seiner Funktion in den Jahren 2007 und 2008 kam dem Angeklagten als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling ferner die Aufgabe zu, die in den Aktienhandel eingebundenen Arbeitsbereiche zu koordnieren und deren Entscheidungen zu kontrollieren.
360Das im Vorjahr zwischen der HC Bank und der YA Capital Ltd. abgeschlossene „Investment Partnership Agreement“ wurde in Kenntnis des Angeklagten unter dem 19.01.2009 weitgehend inhaltsgleich fortgeschrieben. Es diente im Folgenden als Grundlage für die weitere Zusammenarbeit bei der Durchführung der CumEx-Leerkaufgeschäfte über den Dividendenstichtag. Das Vorgehen sollte hierbei nach der Vorstellung der Beteiligten demjenigen im vorangegangenen Jahr entsprechen, insbesondere sollten auch weiterhin Kassakäufe der HC Bank abgeschlossen und durch gegenläufige Verkaufsfutures abgesichert werden. Deren Bepreisung sollte zum Zwecke der Profitverteilung weiterhin unter Berücksichtigung des zuvor abgesprochenen Dividendenlevels erfolgen. Seitens eines Mitarbeiters der YA Gesellschaften wurde daher bereits im Vorfeld der Dividendensaison ein Aktienkorb mit Brokern und Leerverkäufern sowie mit einem Mitarbeiter der HC Bank abgestimmt. Die Stückzahlen der zu handelnden Aktiengattungen wurden wiederum auf Grundlage des prognostizierten Aktienpreises unter Berücksichtigung der von der HC Bank mitgeteilten Liquiditätsgrenzen sowie der aufsichtsrechtlichen Meldeschwellen ermittelt.
Die einzelnen zur Umsetzung der Strategie erforderlichen Aktienkauf- und Derivategeschäfte wurden an den jeweiligen Handelstagen entsprechend dem Vorgehen in den Jahren 2007 und 2008 abgesprochen und durchgeführt. Auf Seiten der YA Gesellschaften wurde zunächst der jeweils aktuelle Aktienpreis ermittelt und auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung der prognostizierten Dividende sowie des im Vorfeld vereinbarten Dividendenlevels der konkrete Futurepreis berechnet. Diese Daten wurden sodann einem Mitarbeiter der HC Bank, in der Regel dem gesondert Verfolgten TB, dem Broker und der jeweiligen Gegenpartei mitgeteilt, damit Kauf- und Verkaufsorders mit den identischen Parametern und praktisch zeitgleich in das Ordersystem eingegeben werden konnten.
362Sämtliche auf diese Weise durch die YA Gesellschaften geplanten und von der HC Bank durchgeführten Aktienkäufe waren solche, die vor dem Dividendenstichtag außerbörslich abgeschlossen, aber nach dem Tag der Hauptversammlung erfüllt wurden. Die HC Bank erzielte hierdurch wiederum nicht die Originaldividende, sondern eine Kompensationszahlung in Höhe der Nettodividende, auf die ein Steuerabzug an keiner Stelle erfolgte. Die in die Futuregeschäfte eingepreisten Dividendenlevel lagen noch unter denjenigen des Vorjahres, wodurch die HC Bank und die YA Gesellschaften noch höhere Profitanteile erzielen konnten. Im Schnitt lagen die Level bei etwa 80, wobei ein Wert von 82,5 hinsichtlich keiner Aktiengattung überschritten wurde.
363Nach Erhalt der jeweiligen Dividendenkompensationszahlung stellte sich die HC Bank als ihre eigene Depotbank für sämtliche Aktiengattungen Dividendengutschriften aus. Hierin wurden ein der Bruttodividende entsprechender Betrag sowie die darin rechnerisch enthaltene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag als Abzugsposten ausgewiesen. Ferner stellte die HC Bank unter dem 29.04.2010 eine Steuerbescheinigung aus, in der für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.2009 „Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG“ in Höhe von 177.362.837,20 Euro ausgewiesen waren. In dieser heißt es auszugsweise wörtlich wie folgt:
364„… In der bescheinigten Höhe der Kapitalerträge sind enthalten: |
|
Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus Aktien, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert wurden. |
177.362.837,20 |
hierauf bescheinigte Kapitalertragsteuer |
44.340.709,30 |
…“ |
Weder die für die einzelnen Aktiengattungen ausgestellten Dividendengutschriften noch die Sammelbescheinigung vom 29.04.2010 enthielten einen Hinweis darauf, dass die betroffenen Aktien seitens der HC Bank im Rahmen von Leerverkäufen um den Dividendenstichtag erworben und dass hinsichtlich der seitens der Bank infolgedessen vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen bei keiner Stelle Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in Abzug gebracht worden waren. Ferner wurde nicht darauf hingewiesen, dass die Aktienkäufe im Vorfeld seitens der YA Gesellschaften abgesprochen worden waren.
366Wenige Tage nach Durchführung der Aktiengeschäfte und Buchung der Stücke im Depot der HC Bank wurden die Positionen entsprechend der bereits im Vorfeld durch Mitarbeiter der YA Gesellschaften organisierten Absprachen wieder aufgelöst und die Aktien an die Stückegeber zurückgeführt.
367Auf der Grundlage der Beratung durch die YA Gesellschaften führte die HC Bank im Jahr 2009 die nachfolgend zusammengefassten Aktiengeschäfte durch. Hierbei wurde bei zahlreichen Gattungen das Gesamtvolumen - sowohl hinsichtlich der Aktien als auch der gegenläufigen Verkaufsfutures - in mehreren Tranchen gehandelt:
368Stückzahl |
Gattung |
Tag der Hauptver-sammlung |
Brutto-dividende pro Aktie in Euro |
Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszu-schlag in Euro |
900.000 |
Wincor Nixdorf AG |
19.01.2009 |
2,13 |
505.608,75 |
14.200.000 |
ThyssenKrupp AG |
23.01.2009 |
1,30 |
4.868.825,00 |
6.900.000 |
Siemens AG |
27.01.2009 |
1,60 |
2.911.800,00 |
2.406.236 |
Porsche Automobil Holding SE |
30.01.2009 |
2,70 |
1.713.540,81 |
1.100.000 |
Douglas Holding AG |
18.03.2009 |
1,10 |
319.137,50 |
2.900.000 |
MAN AG |
03.04.2009 |
2,00 |
1.529.750,00 |
1.400.000 |
Merck KGaA |
03.04.2009 |
1,50 |
553.875,00 |
13.000.000 |
Daimler AG |
08.04.2009 |
0,60 |
2.057.250,00 |
4.900.000 |
Henkel AG & Co. KGaA |
20.04.2009 |
0,53 |
684.958,75 |
2.600.000 |
RWE AG |
22.04.2009 |
4,50 |
3.085.875,00 |
13.000.000 |
Deutsche Lufthansa AG |
24.04.2009 |
0,70 |
2.400.125,00 |
3.600.000 |
Allianz SE |
29.04.2009 |
3,50 |
3.323.250,00 |
10.000.000 |
BASF SE |
30.04.2009 |
1,95 |
5.143.125,00 |
11.000.000 |
E.ON AG |
06.05.2009 |
1,50 |
4.351.875,00 |
8.200.000 |
Fresenius Medical Care KGaA |
07.05.2009 |
0,58 |
1.254.395,00 |
8.000.000 |
Bayer AG |
12.05.2009 |
1,40 |
2.954.000,00 |
4.300.000 |
K+S AG |
13.05.2009 |
2,40 |
2.721.900,00 |
2.200.000 |
Metro AG |
13.05.2009 |
1,18 |
684.695,00 |
4.750.000 |
Linde AG |
15.05.2009 |
1,80 |
2.255.062,50 |
4.700.000 |
Dt. Börse AG |
20.05.2009 |
2,10 |
2.603.212,50 |
6.500.000 |
Dt. Bank AG |
26.05.2009 |
0,50 |
857.187,50 |
Gesamt: 46.779.448,31 Euro
Die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK wurden auf die gleiche Weise an den Profiten der CumEx-Leerverkauftransaktionen der Dividendensaison 2009 beteiligt wie in den Jahren zuvor, wobei wiederum die in dem „Fee Letter“ der Bank KB vom 09.05.2008 festgehaltene Verfahrensweise zum Tragen kam. Unter dem 06.08.2009 erstellte die Schweizer Bank KB eine tatsächlich nicht leistungsunterlegte Rechnung über 5.500.000,00 Euro, wobei auch hier die abgerechnete Leistung mit „Vermittlung von Wertpapierumsatz“ bezeichnet wurde. Der Angeklagte zeichnete die Rechnung unter dem 11.08.2009 gegen, woraufhin die Zahlung der 5.500.000,00 Euro angewiesen wurde. Die Bank KB überwies wiederum einen Betrag in entsprechender Höhe an eine den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK wirtschaftlich zuzuordnende Gesellschaft. Der Angeklagte wusste, dass weder die Bank KB noch eine den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK zuzuordnende Gesellschaft Leistungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Wertpapierumsatz für die HC Bank erbracht hatten und dass durch die Zahlungen allein die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten aus den CumEx-Leerkauftransaktionen beteiligt werden sollten.
Zu Beginn des Jahres 2011 wurde dem Angeklagten die vorausgefüllte Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für das Jahr 2009 nebst Anlagen vorgelegt. Der Angeklagte überprüfte sämtliche Eintragungen und setzte unter dem 01.03.2011 seine Paraphe in das Unterschriftenfeld. Anschließend wurde die Steuererklärung durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC unterschrieben, ohne dass es noch zu Änderungen in der Steuererklärung gekommen wäre. Die so fertiggestellte Steuererklärung wurde an das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg übermittelt, wo sie am 02.03.2011 einging.
372In der Anlage WA der Steuererklärung war in den Zeilen 4 und 6 die Anrechnung von Kapitalertragsteuern in Höhe von 45.575.633,09 Euro nebst Solidaritätszuschlägen in Höhe von 2.506.793,69 Euro beantragt. Wörtlich lautete es in der Anlage insoweit wie folgt:
373„Anzurechnende Beträge/Steuerabzug EUR CT
3743 |
(lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen) Kapitalertragsteuer (20 %) |
136 |
4 |
Kapitalertragsteuer (25 %) |
131 45.575.633 I 09 |
5 |
Zinsabschlag |
132 2.439 I 30 |
6 |
Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer (25 und 20 %) und zum Zinsabschlag Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen |
133 2.506.793 I 69 “ |
Wie der Angeklagte im Zeitpunkt der Prüfung und Paraphierung der Steuererklärung wusste, waren die auf die CumEx-Geschäfte der HC Bank im Eigenhandel des Jahres 2009 entfallenden und in den dazugehörigen Dividendengutschriften ausgewiesenen Beträge in Höhe von 46.779.448,31 Euro in den zur Anrechnung gebrachten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen rechnerisch enthalten.
376Weder die Steuererklärung noch eine andere seitens des Angeklagten oder einer anderen Person gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg getätigte Erklärung enthielt Hinweise darauf, dass im Hinblick auf einen Betrag in Höhe von 46.779.448,31 Euro Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zuvor nicht in entsprechender Höhe erhoben bzw. einbehalten und insbesondere nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Wiederum wurde gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg auch nicht angezeigt, dass die Dividendenkompensationszahlungen durch die HC Bank infolge von CumEx-Leerverkäufen erwirtschaftet worden waren. Auch im Übrigen erfolgten weder in der Steuererklärung noch im Rahmen einer sonstigen Mitteilung Angaben zu der konkreten Ausgestaltung der Geschäfte. Namentlich wurde das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg nicht darauf hingewiesen, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld (für die HC Bank) von Mitarbeitern der YA Gesellschaften mit der jeweiligen Gegenseite abgesprochen worden waren. Dementsprechend erfolgte auch kein Hinweis darauf, dass die Aktien entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen wenige Tage nach der Ausstellung der Steuerbescheinigung für die HC Bank wieder an die Stückegeber rückveräußert wurden.
377Entsprechend der Vorgaben aus dem BMF-Schreiben vom 05.05.2009 wurde beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg ferner eine Berufsträgerbescheinigung vorgelegt, in der ebenfalls nicht darauf hingewiesen wurde, dass in den verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen die jeweiligen Aktienverkäufer nicht mit Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag belastet und die Steuern auch nicht sonst von der Dividendenkompensationszahlung abgezogen worden waren.
378Die Kammer hat nicht festgestellt, ob die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC bei Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung positive Kenntnis davon hatten, dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern im Umfang von 46.779.448,31 Euro auf von der HC Bank vereinnahmte Dividendenkompensationszahlungen entfielen, bei denen ein Abzug der Steuern tatsächlich nicht erfolgt war. Auch hat die Kammer keine Feststellungen zur Bewertung der steuerlichen Lage durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC getroffen.
379Über den Anrechnungsantrag entschied das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg für das Jahr 2009 durch Bescheid vom 05.04.2011 in vollem Umfang positiv. Dem war wiederum zunächst eine Übertragung der Angaben aus der Steuererklärung in den Vordruck für den Steuerbescheid durch die Zeugin LC vorausgegangen, wobei der Vordruck im Hinblick auf die Anrechnungsbeträge anschließend inhaltsgleich im endgültigen Bescheid übernommen wurde. Weder die Zeugin LC noch ein anderer Mitarbeiter des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg nahmen eine Prüfung der materiellen Anrechnungsvoraussetzungen vor, insbesondere wurde nicht überprüft, ob den Anrechnungsbeträgen der HC Bank zuzurechnende Steuerabzüge in entsprechender Höhe gegenüberstanden. Die in den Zeilen 4 und 6 der Anlage WA zur Steuererklärung eingetragenen Beträge an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag waren in der mit dem Bescheid vom 05.04.2011 verbundenen Anrechnungsverfügung in vollem Umfang enthalten. Zur Anrechnung gebracht wurden dementsprechend auch die verfahrensgegenständlichen 46.779.448,31 Euro. Da die Körperschaftsteuer für den betroffenen Veranlagungszeitraum mit 0 Euro festgesetzt wurde, kam es infolgedessen unter unter Berücksichtigung der Position Zinsabschlag (2.440,00 Euro) zu einer entsprechenden Auszahlung an die HC Gruppe.
Der Angeklagte wusste bereits im Zeitpunkt der Planung der Geschäfte für die Dividendensaison 2009, dass bei den Aktiengeschäften Leerverkäufer tätig werden würden und dass die HC Bank Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmen würde, auf die ein Abzug von Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag nicht erfolgt. Ihm war insoweit auch bekannt, dass die Transaktionen ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderlich machten. Der Angeklagte ging dementsprechend davon aus, dass zwar möglicherweise die HC Bank selbst nicht unmittelbar in Absprachen mit Leerverkäufern eingebunden sein würde, dass als Ergebnis der von den YA Gesellschaften beratenen Transaktionen aber gleichwohl entsprechend der Formulierung im BMF-Schreiben vom 05.05.2009 mehr Kapitalertragsteuer bescheinigt als zuvor einbehalten werden würde.
381Bei Paraphierung der Steuererklärung im März 2011 ging der Angeklagte davon aus, dass die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen während der Dividendensaison 2009 tatsächlich entsprechend der vorstehend dargelegten Planung ausgeführt worden waren. Ihm war bekannt, dass von den in der Steuererklärung insgesamt zur Anrechnung gebrachten 48.082.426,78 Euro Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag ein Anteil in Höhe von 46.779.448,31 Euro auf die von der HC Bank für die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkaufgeschäfte bezogenen Dividendenkompensationszahlungen entfiel, ohne dass auf diese Steuern tatsächlich in Abzug gebracht worden waren. Ihm war bewusst, dass dieser Umstand weder in der Steuererklärung noch auf sonstige Weise gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg angezeigt wurde und billigte diesen Umstand.
382Der Angeklagte erkannte die Möglichkeit, dass wegen des fehlenden Steuerabzuges die Voraussetzungen für die mit der Steuererklärung geltend gemachte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 46.779.448,31 Euro nicht vorliegen und eine spätere Anrechnung daher nicht mit dem Steuerrecht in Einklang steht. Dies nahm er billigend in Kauf, da er die Anrechnungen zugunsten der HC Bank erreichen wollte.
Auch im Jahr 2010 wurden unter Mitwirkung des Angeklagten CumEx-Leerkauftransaktionen durch Gesellschaften des HC Konzerns durchgeführt. Diese betrafen zum einen den Eigenhandel der HC Bank, zum anderen wurde eine weitere Fondsstruktur durch die HE umgesetzt. In dieses Projekt war der Angeklagte weniger intensiv eingebunden, als dies noch bei der Aufsetzung des BC German Equity Special Fund im Jahr zuvor der Fall war.
Auch im Jahr 2010 wurde durch die HE als Kapitalanlagegesellschaft ein Sondervermögen, nunmehr in Gestalt eines Publikumsfonds im Sinne des § 112 InvG, aufgesetzt, über den private Investoren an CumEx-Leerkauftransaktionen partizipieren konnten. Bei der Aufsetzung der erforderlichen Struktur und bei der Abfassung des erforderlichen Vertragswerks wurde die HE bereits Ende des Jahres 2009 durch die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK beraten. Diese kümmerten sich auch um die für die Einrichtung eines Publikumsfonds erforderliche Genehmigung durch die BaFin.
385Am 06.01.2010 unterzeichnete der Angeklagte eine Partnervorlage, in der neben den geplanten Aktiengeschäften im Eigenhandel der HC Bank auch auf das Fondsvorhaben eingegangen wurde. Ausweislich der Partnervorlage sollte der Fonds durch YA Capital betreut werden und eine dem Eigenhandel der HC Bank entsprechende Strategie verfolgen. Ein erster „Teaser“ zu der Struktur sei der Partnervorlage als Anlage beigefügt. Vorbehaltlich der Zustimmung von HE, der Rechtsabteilung, der Abteilung Bilanz, Rechnungswesen und Controlling sowie von Herrn ZD zu dieser Struktur werde um Genehmigung gebeten. Die entsprechende Genehmigung erfolgte im Rahmen der Partnersitzung am 12.01.2010.
386Im weiteren Verlauf des Frühjahres des Jahres 2010 wurden die weiteren Strukturen für das als BC German Hedge Fund bezeichnete Sondervermögen umgesetzt. Als Beraterin der HE sollte die YA Capital UK Ltd. agieren. Nachdem eine Depotbank zunächst nicht gefunden werden konnte, gelang es schließlich über Kontakte in der Kanzlei der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK, die XG eG als Depotbank zu gewinnen. Im April 2010 nahm der Angeklagte an Gesprächen teil, in denen die Rolle der XG eG als Depotbank und die von dieser und der HE bei der Umsetzung des Fonds vereinnahmten Gebühren erörtert wurden. Ferner wurde er durch den gesondert Verfolgten Dr. RC über den Gang der Gespräche mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE zu Einzelheiten der Fondsstruktur in Kenntnis gesetzt.
387Dem Angeklagten war bewusst, dass die Geschäfte des BC German Hedge Fund in ihren wesentlichen Strukturen denjenigen des BC German Equity Special Fund sowie des Eigenhandels der HC Bank entsprechen würden. Dementsprechend ging er davon aus, dass die HE - beraten durch die YA Gesellschaften - auch für den BC German Hedge Fund Leerkäufe über den Dividendenstichtag tätigen und infolgedessen Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmen würde, auf die Steuern nicht in Abzug gebracht werden. Der Angeklagte wusste ferner, dass zu einem späteren Zeitpunkt gleichwohl die Erstattung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen gegenüber dem zuständigen Finanzamt beantragt und die durch die CumEx-Geschäfte erwirtschafteten Profite mittels gegenläufigen Futurepositionen auf die Beteiligten verteilt werden sollten.
388Nach Aufsetzung der Fondsstrukturen tätigte die HE für den BC German Hedge Fund in der Zeit vom 05.05. bis zum 21.06.2010 in 14 Aktiengattungen CumEx-Leerkauftransaktionen über den Dividendenstichtag. Hierbei wurden die Aktien teilweise im Wege von Kassageschäften erworben und gegen gegenläufige Verkaufsfutures abgesichert, teilweise wurde wiederum die bereits beim BC German Equity Fund eingesetzte Calender-Spread-Strategie umgesetzt. Sämtliche Geschäfte wurden im Vorfeld durch Mitarbeiter der YA Gesellschaften mit den Brokern, Leerverkäufern, Mitarbeitern der HC Bank sowie mit den Stückegebern abgesprochen und an den jeweiligen Handelstagen unter Vereinbarung der exakten Handelsparameter und -zeitpunkte koordiniert. Dabei wurde der in den Fonds gehandelte Dividendenlevel wiederum dergestalt bepreist, dass die den Investoren versprochene Rendite erwirtschaftet werden konnte, wohingegen die Differenz zwischen dem tatsächlichen Marktlevel und dem in den Fonds gehandelten Level zunächst durch die YA Gesellschaften vereinnahmt wurde.
389Durch den BC German Hedge Fund wurden aufgrund des Erwerbs der Aktien über den Dividendenstichtag lediglich Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt, auf die ein Abzug der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nicht erfolgte. Gleichwohl schrieb die XG eG dem Fondsvermögen Dividendenkompensationszahlungen in Höhe der Bruttodividende gut. Anschließend beantragte die XG eG im Rahmen ihrer elektronischen Kapitalertragsteueranmeldungen für Mai und Juni 2010 gegenüber dem nach einer Gesetzesänderung nunmmehr hierfür zuständigen Finanzamt Düsseldorf-Altstadt die Erstattung der jeweiligen Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschläge. Das Finanzamt Düsseldorf-Altstadt wurde in diesem Zusammenhang nicht darauf hingewiesen, dass den Geschäften des Fonds Leerkauftransaktionen zugrunde lagen und dass auf die von dem Fonds vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag nicht in Abzug gebracht worden waren.
390Auf Grundlage der Kapitalertragsteueranmeldungen der XG eG stimmte das Finanzamt Düsseldorf-Altstadt den Erstattungen am 30.07.2010 zu. Im Umfang von 48.797.770,18 Euro entfielen die Erstattungen auf Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge, denen kein entsprechender Abzug der Steuern auf die von dem BC German Hedge Fund vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen gegenüberstand. Auf Grund der Höhe der Kapitalertragsteueranmeldungen war diesen auf Seiten des Finanzamtes Düsseldorf-Altstadt nicht unmittelbar, sondern erst nach mehrtägiger Prüfung zugestimmt worden. Diese Prüfung beschränkte sich auf die formellen Erstattungsvoraussetzungen, insbesondere darauf, ob die XG eG berechtigt ist, am Erstattungsverfahren für Geschäfte des Sondervermögens teilzunehmen, und ob die erforderlichen Bescheinigungen vorliegen. Eine Prüfung der materiellen Erstattungsvoraussetzungen erfolgte aufgrund der Formalisierung des Erstattungsverfahrens nicht. Insbesondere wurde seitens der zuständigen Mitarbeiter des Finanzamtes Düsseldorf-Altstadt nicht überprüft, ob den Erstattungsanträgen tatsächlich Steuerabzüge und Steuerabführungen in entsprechender Höhe gegenüberstehen.
Die Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank sollten auch während der Dividendensaison 2010 in Kooperation mit den YA Gesellschaften durchgeführt werden. Im Rahmen einer Partnervorlage vom 06.01.2010 schlug der Angeklagte, der zu diesem Zeitpunkt noch den Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling verantwortete, vor, die Geschäfte in 20 Aktiengattungen fortzuführen, wobei das Volumen je Aktiengesellschaft bei einer Haltedauer von ca. 10 Tagen zwischen 300 und 350 Millionen Euro, immer jedoch innerhalb der 3% WpHG-Meldegrenze liegen sollte. In der Vorlage wurde ferner ausgeführt, das BMF habe dem YL gegenüber geäußert, dass der im BMF-Schreiben vom 05.05.2009 festgeschriebene steuerliche Sachverhalt zumindest in 2010 weiter gültig sein werde. Die Ergebnisse einer Ende 2009 eingesetzten Ad-Hoc-Arbeitsgruppe würden frühestens in 2011 nach einer Gesetzesänderung wirksam werden. Hinsichtlich des zu erwartenden Ertragsbeitrages führte der Angeklagte in der Partnervorlage aus, dieser werde demjenigen des Jahres 2009 ähnlich sein, wenn die Transaktionen wie geplant umgesetzt werden könnten und sich Dividendenzahlungen wie im Vorjahr ergeben würden.
392Im Rahmen der Partnersitzung am 12.01.2010 wurde der Fortsetzung der Transaktionen im HC Eigenhandel aufgrund der Umschreibung in der Partnervorlage zugestimmt. Im Folgenden wurde das zwischen der HC Bank und YA Capital Ltd. bestehende Investment Partnership Agreement, das wiederum Grundlage für die von den YA Gesellschaften für die HC Bank im Vorfeld abgesprochenen und begleiteten Transaktionen sein sollte, mit Kenntnis des Angeklagten für das Jahr 2010 fortgeschrieben. Während die sonstigen Regelungen im Wesentlichen beibehalten wurden, wurde der Passus zur Profitverteilung zu Lasten der YA Gesellschaft verändert. So wurde der allein der HC Bank zustehende „pre tax benefit“ auf 9 erhöht, mit der Folge, dass bis zu einem Dividendenlevel von 91 die erwirtschafteten Profite ausschließlich der HC Bank zugutekommen sollten. Hinsichtlich der Profite, die sich aus der Vereinbarung von einem unter 91 liegenden Dividendenlevel ergaben, sollte keine hälftige Teilung, sondern eine solche im Verhältnis von 45:55 zu Gunsten der HC Bank erfolgen.
Die im Eigenhandel der HC Bank im Jahr 2010 umgesetzte Handelsstrategie entsprach derjenigen der vorherigen Jahre. Im Wege von vorab durch die YA Gesellschaften abgesprochenen Kassageschäften wurden Aktien außerbörslich erworben und durch gegenläufige Verkaufsfutures abgesichert. Diese wurden unter Berücksichtigung eines mit sämtlichen Vertragsparteien zuvor abgestimmten Dividendenlevels bepreist, um die im Vorfeld prognostizierten Profite zu verteilen.
394Auch die Vorbereitung der Geschäfte entsprach derjenigen aus den vorangegangenen Jahren. Im Vorfeld der Planung der Dividendensaison wurde ein Aktienkorb durch Mitarbeiter der YA Gesellschaften zusammengestellt und dieser anschließend mit einem Händler der HC Bank abgestimmt. In diesem Korb wurden die zu handelnden Aktiengattungen und Preise sowie die in Betracht kommenden Stückzahlen aufgeführt. Nachdem insoweit Einvernehmen erzielt worden war, nahm ein Mitarbeiter der YA Gesellschaften Kontakt zu Leerverkäufern und Brokern auf und stimmte für jede Aktiengattung die Stückzahlen und die Dividendenlevel für die der Kurssicherung dienenden Futuregeschäfte ab. Zugleich wurde bereits im Vorfeld die Ex-Eindeckung des jeweiligen Leerverkäufers organisiert.
395An den jeweiligen Handelstagen selbst wurde seitens eines Mitarbeiters der YA Gesellschaften wiederum der aktuelle Aktienpreis ermittelt. Hiervon ausgehend und unter Berücksichtigung der im Vorfeld abgesprochenen Parameter wurden sowohl für die Kassageschäfte als auch für die gegenläufigen Futuregeschäfte sämtliche relevante Handelsdaten - insbesondere Stückzahl, Preis und Orderzeitpunkt - dem für die HC Bank tätigen Händler, dem Broker und der jeweiligen Gegenpartei kommuniziert.
396Sämtliche Aktiengeschäfte wurden vor dem Hauptversammlungstermin außerbörslich abgeschlossen, aber erst danach beliefert. Infolgedessen bezog die HC Bank lediglich eine Dividendenkompensationszahlung, wobei weder auf Seiten der Leerverkäufer noch an anderer Stelle Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Abzug gebracht wurde. Der auf Seiten der Leerverkäufer hieraus folgende Profit wurde über die Verkaufsfutures der HC Bank und die hierin vereinbarten Dividendenlevel anteilig auf diese übertragen. Hierbei bewegten sich die Level für sämtliche Aktiengattungen konstant im Bereich um die 79.
397Nach Vereinnahmen der Dividendenkompensationszahlungen stellte sich die HC Bank als ihre eigene Depotbank für sämtliche verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen Steuerbescheinigungen aus, die die auf die einzelnen Leerkauf-Positionen entfallenden Steuerbeträge auswiesen. In den einzelnen Bescheinigungen hieß es auszugsweise jeweils wörtlich wie folgt:
398„… Steuerbescheinigung (Original)
399…
400An …
401wurden am [jeweiliges Datum]…
402für [jeweilige ISIN-Nummer und Name der Aktien]
403folgende Kapitalerträge gezahlt / gutgeschrieben / gelten als zugeflossen:
404Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG …
405>davon: Erträge, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen …
406Kapitalertragsteuer …
407Solidaritätszuschlag …
408In der bescheinigten Höhe der Kapitalerträge sind enthalten:
409Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
410aus Aktien, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne
411Dividendenanspruch geliefert wurden. …
412hierauf bescheinigte Kapitalertragsteuer …
413…“
414Hinweise auf das Vorliegen von Leerverkäufen, bei denen die Verkäuferseite nicht mit der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht in Abzug gebracht worden war, waren in den Bescheinigungen nicht enthalten. In diesen wurde auch nicht auf die im Vorfeld der Aktiengeschäfte erfolgten Absprachen eingegangen.
415Wenige Tage nach Durchführung der Aktiengeschäfte und Buchung der Stücke im Depot der HC Bank wurden die Positionen wieder aufgelöst und die Aktien regelmäßig an die jeweiligen Stückegeber zurückgeführt.
416Auf der Grundlage der Beratung durch die YA Gesellschaften führte die HC Bank im Jahr 2010 folgende Aktiengeschäfte durch, wobei bei diversen Gattungen das Gesamtvolumen - sowohl hinsichtlich der Aktien- als auch auf der Future-Seite - in mehreren Tranchen gehandelt wurde:
417Stückzahl |
Gattung |
Tag der Hauptver-sammlung |
Brutto-dividende pro Aktie in Euro |
Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro |
12.300.000 |
ThyssenKrupp AG |
21.01.2010 |
0,30 |
973.237,50 |
950.000 |
Wincor Nixdorf AG |
25.01.2010 |
1,85 |
463.540,62 |
5.250.000 |
Siemens AG |
26.01.2010 |
1,60 |
2.215.500,00 |
1.050.000 |
Douglas Holding AG |
24.03.2010 |
1,10 |
304.631,25 |
4.125.000 |
MAN SE |
01.04.2010 |
0,25 |
271.992,18 |
1.801.000 |
Merck KGaA |
09.04.2010 |
1,00 |
475.013,75 |
1.300.000 |
Bilfinger + Berger AG |
15.04.2010 |
2,00 |
685.750,00 |
3.330.000 |
Henkel AG & Co. KGaA |
19.04.2010 |
0,53 |
463.492,37 |
5.200.000 |
RWE AG |
22.04.2010 |
3,50 |
4.800.250,00 |
3.100.000 |
Münchener Rückvers. AG |
28.04.2010 |
5,75 |
4.701.343,75 |
7.800.000 |
BASF SE |
29.04.2010 |
1,70 |
3.497.325,00 |
7.250.000 |
Bayer AG |
30.04.2010 |
1,40 |
2.677.062,50 |
2.600.000 |
Linde AG |
04.05.2010 |
1,80 |
1.234.350,00 |
3.400.000 |
Hannover Rück AG |
04.05.2010 |
2,10 |
1.883.175,00 |
4.125.000 |
Allianz SE |
05.05.2010 |
4,10 |
4.460.671,86 |
12.700.000 |
E.ON AG |
06.05.2010 |
1,50 |
5.024.437,50 |
8.500.000 |
Fresenius Medical Care KGaA |
11.05.2010 |
0,61 |
1.367.543,75 |
8.900.000 |
BMW AG |
18.05.2010 |
0,30 |
704.212,50 |
675.000 |
Wacker Chemie AG |
21.05.2010 |
1,20 |
213.637,50 |
1.050.000 |
Dt. Bank AG |
27.05.2010 |
0,75 |
207.703,12 |
5.750.000 |
Dt. Börse AG |
27.05.2010 |
2,10 |
3.184.781,25 |
1.550.000 |
Lanxess AG |
28.05.2010 |
0,50 |
204.406,25 |
4.590.909 |
United Internet AG |
02.06.2010 |
0,40 |
484.340,90 |
1.500.000 |
Fraport AG |
02.06.2010 |
1,15 |
454.968,75 |
9.600.000 |
SAP SE |
08.06.2010 |
0,50 |
1.266.000,00 |
3.850.000 |
Südzucker AG |
20.07.2010 |
0,45 |
456.946,87 |
Gesamt: 42.676.314,17 Euro
419Spätestens die ab dem 11.05.2010 durchgeführten Transaktionen wurden durch den gesondert Verfolgten TB erst getätigt, nachdem er kurzfristig nochmals Rücksprache mit dem Angeklagten gehalten und dieser den Transaktionen zugestimmt hatte.
Die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK wurden auf die gleiche Weise an den Profiten der CumEx-Leerkauftransaktionen der Dividendensaison 2010 beteiligt wie in den Jahren zuvor. Unter dem 12.07.2010 erstellte die Schweizer Bank KB eine tatsächlich nicht leistungsunterlegte Rechnung über 5.500.000,00 Euro, wobei die abgerechnete Leistung wiederum mit „Vermittlung von Wertpapierumsatz“ bezeichnet wurde. Der Angeklagte paraphierte die Rechnung unter dem 15.07.2010, woraufhin die Zahlung der 5.500.000,00 Euro angewiesen wurde. Die Bank KB überwies wiederum einen Betrag in entsprechender Höhe an eine den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK wirtschaftlich zuzurechnende Gesellschaft. Der Angeklagte wusste, dass weder die Bank KB noch eine den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK zuzurechnende Gesellschaft Leistungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Wertpapierumsatz für die HC Bank erbracht hatte und dass durch die Zahlungen allein die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten aus den CumEx-Leerkauftransaktionen beteiligt werden sollten.
Zu Beginn des Jahres 2012 wurde dem Angeklagten die vorausgefüllte Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für das Jahr 2010 vorgelegt, die er entsprechend seiner hausinternen Zuständigkeit hierauf inhaltlich vollständig überprüfte. Unter dem 27.02.2012 unterschrieben der Angeklagte sowie der gesondert Verfolgte Dr. NC die Steuererklärung und ließen diese dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg zukommen. Dort ging diese am 29.02.2012 ein.
422In den Zeilen 5 und 6 der Anlage WA war die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 45.909.109,15 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.525.001 Euro beantragt. Hierin enthalten waren - was der Angeklagte wusste - die oben dargestellten und in den Steuerbescheinigungen zu Unrecht ausgewiesenen Beträge in Höhe von 42.676.314,17 Euro. Wörtlich lautete es in der Anlage WA zur Steuererklärung insoweit wie folgt:
423„Anzurechnende Beträge/Steuerabzug EUR CT
4245 |
(lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen) Kapitalertragsteuer |
131 45.909.109 I 15 |
6 |
Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen |
133 2.525.001 I 00 “ |
Weder die Steuererklärung noch eine andere gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg abgegebene Erklärung enthielt Information darüber, dass den Aktiengeschäften durchgehend Leerverkäufe zugrunde lagen und dass im Hinblick auf einen Betrag in Höhe von 42.676.314,17 Euro Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nicht in entsprechender Höhe von den seitens der HC Bank allein vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen in Abzug gebracht worden war. Auch erfolgten gegenüber der Hamburger Finanzverwaltung keinerlei Hinweise darauf, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld durch die YA Gesellschaften mit sämtlichen Vertragsparteien abgesprochen worden waren und dass die Aktien entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen wenige Tage nach der Ausstellung der Steuerbescheinigung für die HC Bank wieder an die Stückegeber rückveräußert wurden.
426Im Übrigen lagen der Steuererklärung die vorgenannten Steuerbescheinigungen der HC Bank bei. Auch in den Berufsträgerbescheinigungen, die bei dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eingereicht wurden, war kein Hinweis darauf enthalten, dass der jeweilige Aktienverkäufer nicht mit Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Vielmehr wurde hierin lediglich entsprechend des Inhaltes des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 auf fehlende Erkenntnisse über Absprachen im Hinblick auf über den Dividendenstichtag vollzogene Erwerbe von Aktien sowie entsprechende Leerverkäufe hingewiesen, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat.
427Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der gesondert Verfolgte Dr. NC bei Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung positive Kenntnis davon hatte, dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern im Umfang von 42.676.314,17 Euro auf von der HC Bank vereinnahmte Dividendenkompensationszahlungen entfielen, bei denen ein Abzug der Steuern tatsächlich nicht erfolgt war. Auch hat die Kammer keine Feststellungen zur Bewertung der steuerlichen Lage durch den gesondert Verfolgten Dr. NC getroffen.
428Die Angaben in der Körperschaftsteuererklärung wurden seitens der zuständigen Mitarbeiterin des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg - der Zeugin LC - wiederum in den Vordruck für den Körperschaftsteuerbescheid eingetragen. Eine weitergehende inhaltliche Prüfung der Anrechnungsvoraussetzungen nahmen weder die Zeugin noch ein sonstiger Mitarbeiter im Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg vor. Die Voreintragungen der Zeugin waren Grundlage für den Bescheid des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 30.03.2012, in dem über den Anrechnungsantrag insgesamt positiv entschieden wurde. In der mit dem Bescheid verbundenen Anrechnungsverfügung wurden entsprechend der Angaben in der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung Kapitalertragsteuern in Höhe von (aufgerundet) 45.909.110,00 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.525.001,00 Euro zu Gunsten der HC Gruppe angerechnet. Dementsprechend waren auch die 42.676.314,17 Euro zur Anrechnung gebracht worden, die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen entfallen. Unter Berücksichtigung der festgesetzten Körperschaftsteuer (1.923.223,00 Euro) nebst Solidaritätszuschlag (105.777,26 Euro) erfolgte im Folgenden eine Auszahlung an die HC Gruppe in Höhe von 46.405.110,74 Euro.
Der Angeklagte wusste sowohl im Zeitpunkt der Planung und Durchführung der verfahrensgegenständlichen Transaktionen als auch bei der Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung, dass hinsichtlich der zur Anrechnung gebrachten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag ein Betrag in Höhe von 42.676.314,17 Euro auf die im Jahr 2010 durchgeführten CumEx-Geschäfte der HC Bank und die hierbei generierten Steuerbescheinigungen entfiel. Der Angeklagte wusste ferner, dass die HC Bank die Aktienkäufe mit Leerverkäufern abgeschlossen hatte, wobei die Kaufverträge vor dem, die tatsächliche Belieferung aber erst nach dem Dividendenstichtag erfolgte. Er ging vor diesem Hintergrund davon aus, dass die HC Bank nicht die Original-Nettodividende, sondern eine Dividendenkompensationszahlung in entsprechender Höhe vereinnahmt hatte. Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass auf diese Dividendenkompensationszahlung bei keiner Stelle Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag einbehalten, mithin in Abzug gebracht worden war. Er ging auch davon aus und billigte, dass diese Sachverhaltsumstände weder von ihm noch von einer anderen Person gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg offenbart werden würden. Der Angeklagte wollte, dass seitens des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg die in der Steuererklärung zur Anrechnung gebrachten Beträge tatsächlich in vollem Umfang, d.h. einschließlich der auf die CumEx-Leerkauftransaktionen entfallenden Beträge, zur Anrechnung gebracht werden.
430Der Angeklagte erkannte die Möglichkeit und nahm zumindest billigend in Kauf, dass vor dem Hintergrund der durchgeführten Aktiengeschäfte und insbesondere aufgrund des fehlenden Steuerabzugs auf die Dividendenkompensationszahlung die Voraussetzungen für die begehrte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 42.676.314,17 Euro nicht vorliegen und eine spätere Steueranrechnung daher nicht mit dem Steuerrecht in Einklang steht.
Während von der HE im Jahr 2011 keine weitere Fondsstruktur zur Durchführung von CumEx-Transaktionen aufgesetzt wurde, sollte der Eigenhandel der HC Bank auch in diesem Jahr entsprechend dem Vorgehen in den vorangegangenen Jahren fortgeführt werden. Entgegen der ursprünglichen Planung wurden die Geschäfte aber nicht während der gesamten Dividendensaison durchgeführt, sondern nur noch hinsichtlich zweier Aktiengattungen im Januar.
Zu Beginn des Jahres 2011 stimmte der Angeklagte sich mit seinem Nachfolger im Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling der HC Bank - dem gesondert Verfolgten HG (dieser hieß seinerzeit noch ZC) - hinsichtlich der Fortführung der CumEx-Geschäfte ab. Nachdem unter anderem dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten HG mit Email vom 17.01.2011 eine chronologische Übersicht der für das Jahr 2011 erwarteten Dividendentermine übermittelt worden war, fertigte der gesondert Verfolgte HG noch am gleichen Tage eine Vorlage für die am darauf folgenden Tage stattfindende Partnersitzung. Diese übermittelte er per Email an den gesondert Verfolgten Dr. WA und an den Angeklagten. Hierbei wies er darauf hin, dass er gemeinsam mit dem Angeklagten infolge von Veränderungen in der steuerlichen Behandlung eine Vorabprüfung der jeweiligen Einzeltransaktionen in die Partnervorlage aufgenommen habe.
433In der Partnervorlage wurde vorgeschlagen, die „Single Future basierten Transaktionen“ fortzuführen, wobei 18 in Betracht kommende Aktiengattungen exemplarisch aufgeführt wurden. Das Volumen je Aktiengattung solle bei einer Haltedauer von ca. 10 Tagen zwischen 300 und 350 Millionen Euro, stets jedoch unterhalb der 3% WpHG-Meldegrenze liegen. Seitens des BMF sei mit Schreiben vom 21.09.2010 klargestellt worden, dass der im BMF-Schreiben vom 05.05.2009 festgeschriebene steuerliche Sachverhalt bis auf weiteres gelte. Sollten die Transaktionen wie geplant durchgeführt werden können, könne mit einem ähnlichen Ergebnisbeitrag wie in 2010 gerechnet werden. Abschließend wurde in der Partnervorlage ausgeführt, dass jede Transaktion vor ihrer Ausführung im Hinblick auf die steuerlichen Regelungen nochmals durch den Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling zu prüfen sei.
434Im Rahmen der Partnersitzung vom 18.01.2011 wurde der Vorlage vom 17.01.2011 zugestimmt. Hierauf wurden die für die Dividendensaison geplanten Aktiengeschäfte wie in den Vorjahren von Mitarbeitern der YA Gesellschaften im Vorfeld durch Rücksprache mit den Leerverkäufern, Brokern, möglichen Stückegebern und den Händlern der HC Bank abgesprochen. Dies erfolgte auf Grundlage einer Fortschreibung der im Vorjahr zwischen der HC Bank und YA Capital Ltd. getroffenen Vereinbarung, wobei die darin enthaltene Gewinnvereinbarung übernommen wurde.
Die seitens der HC Bank umgesetzte und durch die YA Gesellschaften begleitete Handelsstrategie entsprach derjenigen der Vorjahre. Wiederum wurden Aktien im Wege von Kassageschäften erworben und durch gegenläufige Verkaufsfutures abgesichert, deren Preis unter Zugrundelegung eines zuvor mit der Verkäuferseite abgesprochenen Dividendenlevels berechnet war. Dieser bewegte sich für die im Januar gehandelten Aktiengattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG im Bereich um die 79.
436Die Umsetzung sowohl der Kassaankaufs- als auch der gegenläufigen Verkaufsfuturegeschäfte an den konkreten Handelstagen entsprach ebenfalls derjenigen der vorangegangenen Jahre. Die erforderlichen Organisationsarbeiten in Gestalt der Berechnung der tatsächlichen Stückzahlen und Preise und deren Koordinierung zwischen der HC Bank sowie der jeweiligen Gegenseite mittels YH-Chats erfolgten durch einen Mitarbeiter der YA Gesellschaften. Durch die zeitgleiche Platzierung der Kauf- und Verkaufsorders mit den im Vorfeld abgestimmten Inhalten wurde wiederum gewährleistet, dass die vorab in Aussicht genommenen Vertragsparteien zueinander fanden und sich nicht zufällig am Markt aktive Dritte in die Geschäfte zwischenschalteten.
437Die Kaufgeschäfte wurden am Tag der Hauptversammlung oder am Tag davor mit einem Leerverkäufer außerbörslich abgeschlossen, aber erst nach deren Durchführung beliefert. Infolgedessen wurde an die HC Bank für sämtliche Aktiengattungen nicht die Originaldividende, sondern eine Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Nettodividende überwiesen, hinsichtlich der weder der jeweilige Leerverkäufer noch eine andere Stelle mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet wurde. Nach Erhalt der Dividendenkompensationszahlungen stellte sich die HC Bank als ihre eigene Depotbank Steuerbescheinigungen aus, die die auf die einzelnen Leerkauf-Positionen entfallenden Steuerbeträge auswiesen. In den Bescheinigungen hieß es jeweils auszugsweise wörtlich wie folgt:
438„… Steuerbescheinigung (Original)
439…
440An …
441wurden am [jeweiliges Datum]…
442für [jeweilige ISIN-Nummer und Name der Aktien]
443folgende Kapitalerträge gezahlt / gutgeschrieben / gelten als zugeflossen:
444Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG …
445>davon: Erträge, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen …
446Kapitalertragsteuer …
447Solidaritätszuschlag …
448In der bescheinigten Höhe der Kapitalerträge sind enthalten:
449Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
450aus Aktien, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne
451Dividendenanspruch geliefert wurden. …
452hierauf bescheinigte Kapitalertragsteuer …
453…“
454Hinweise darauf, dass es sich bei den vorstehend dargestellten Geschäften um Leerverkäufe gehandelt hatte, bei denen die Verkäuferseite nicht mit der Steuer belastet und diese auch sonst nicht in Abzug gebracht worden war, enthielten die Bescheinigungen nicht.
455Wenige Tage nachdem die Aktiengeschäfte durchgeführt und die Stücke im Depot der HC Bank gebucht worden waren, wurden die Positionen wieder aufgelöst und die Aktien entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen regelmäßig an die jeweiligen Stückegeber zurückgeführt.
456Auf der Grundlage der Beratung durch die YA Gesellschaften führte die HC Bank folgende Aktiengeschäfte durch, wobei die Aktien jeweils - sowohl auf der Aktien- als auch auf der Future-Seite - in mehreren Tranchen gehandelt wurden:
457Stückzahl |
Gattung |
Tag der Hauptver-sammlung |
Brutto-dividende pro Aktie in Euro |
Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritäts-zuschlag in Euro |
|
11.500.000 |
ThyssenKrupp AG |
21.01.2011 |
0,45 |
1.364.906,25 |
|
3.700.000 |
Siemens AG |
25.01.2010 |
2,70 |
2.634.862,50 |
Gesamt: 3.999.768,75 Euro
459Entgegen der ursprünglichen Planung wurden im Jahr 2011 keine weiteren CumEx-Transaktionen im Eigenhandel der HC Bank durchgeführt. Gegenüber den YA Gesellschaften, die im Laufe des Jahres 2011 umfirmierten, wurde dies mit möglichen Reputationsrisiken begründet.
Eine Beteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den durch die CumEx-Transaktionen der HC Bank im Jahr 2011 generierten Profiten konnte nicht festgestellt werden.
Im ersten Halbjahr des Jahres 2013 wurde dem Angeklagten die vorausgefüllte Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für das Jahr 2011 nebst Anlagen vorgelegt. Der Angeklagte überprüfte sämtliche Eintragungen und unterschrieb diese am 27.06.2013 gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten Dr. NC. Anschließend veranlassten der Angeklagte sowie der gesondert Verfolgte Dr. NC die Versendung der Steuererklärung an das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg, wo diese am 28.06.2013 einging.
462In den Zeilen 5 und 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung wurde die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 8.271.671,17 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 454.941,49 Euro beantragt. Insoweit lautete es in der Anlage WA auszugsweise wörtlich wie folgt:
463„Anzurechnende Beträge/Steuerabzug EUR CT
4645 |
(lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen) Kapitalertragsteuer |
131 8.271.671 I 17 |
6 |
Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen |
133 454.941 I 49 “ |
Weder die Steuererklärung noch eine im Übrigen gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg erteilte Erklärung enthielten Hinweise auf die verfahrensgegenständlichen Leerverkäufe oder darauf, dass im Umfang von 3.999.768,75 Euro Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag an keiner Stelle von den seitens der HC Bank vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen in Abzug gebracht worden waren. Auch erfolgte keine weitergehende Mitteilung zu der Ausgestaltung der den Anrechnungen zugrunde liegenden Geschäfte, die sich dadurch kennzeichneten, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld von den YA Gesellschaften mit sämtlichen Vertragsparteien abgesprochen worden waren. Dementsprechend wurde die Hamburger Finanzverwaltung auch nicht darauf hingewiesen, dass die Aktien entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen wenige Tage nach der Ausstellung der Steuerbescheinigung für die HC Bank wieder an die Stückegeber rückveräußert wurden.
466Auch die beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eingereichte Berufsträgerbescheinigung enthielt keinen Hinweis darauf, dass der jeweilige Aktienverkäufer nicht mit Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war.
467Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der gesondert Verfolgte Dr. NC bei Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung positive Kenntnis davon hatte, dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern im Umfang von 3.999.768,75 Euro auf von der HC Bank vereinnahmte Dividendenkompensationszahlungen entfielen, bei denen ein Abzug der Steuern tatsächlich nicht erfolgt war. Auch hat die Kammer keine Feststellungen zur Bewertung der steuerlichen Lage durch den gesondert Verfolgten Dr. NC getroffen.
468Nachdem die Angaben in der Körperschaftsteuererklärung seitens der zuständigen Mitarbeiterin des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg - der Zeugin LC - wiederum ohne Prüfung der inhaltlichen Anrechnungsvoraussetzungen in den Entwurf für den Körperschaftsteuerbescheid eingetragen worden waren, entschied das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg über den Anrechnungsantrag für das Jahr 2011 durch Bescheid vom 04.10.2013 insgesamt positiv. Auch seitens eines anderen Mitarbeiters des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg erfolgte in diesem Zusammenhang keine Prüfung der materiellen Anrechnungsvoraussetzungen. Die in dem Bescheid enthaltene Anrechnungsverfügung wies zugunsten der HC Gruppe die in der Anlage WA zur Steuererklärung enthaltenen Beträge zur Kapitalertragsteuer (gerundet 8.271.672,00 Euro) nebst Solidaritätszuschlag (454.941,49 Euro) in vollem Umfang aus. Zur Anrechnung wurden mithin auch die verfahrensgegenständlichen 3.999.768,75 Euro gebracht. Da die Körperschaftsteuer für die HC Gruppe auf 0 Euro festgesetzt wurde, wurde der Gesamtbetrag - zuzüglich Zinsen in Höhe von 248.150,00 Euro - sodann an die HC Gruppe ausbezahlt.
Der Angeklagte wusste bereits im Zeitpunkt der Planung und Durchführung der verfahrensgegenständlichen Transaktionen und auch bei Unterzeichnung und Einreichung der Steuererklärung, dass hinsichtlich der zur Anrechnung gebrachten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag ein Betrag in Höhe von 3.999.768,75 Euro auf die im Jahr 2011 durchgeführten CumEx-Geschäfte der HC Bank und die hierbei generierten Steuerbescheinigungen entfiel. Der Angeklagte wusste ferner, dass die HC Bank die Aktienkäufe mit Leerverkäufern abgeschlossen hatte, wobei die Kaufverträge vor dem, die tatsächlichen Belieferungen aber erst nach dem Dividendenstichtag erfolgten. Er ging vor diesem Hintergrund davon aus, dass die HC Bank nicht die Original-Nettodividende, sondern eine Dividendenkompensationszahlung in entsprechender Höhe vereinnahmt hatte. Dem Angeklagten war bewusst, dass auf diese Dividendenkompensationszahlung bei keiner Stelle Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag einbehalten, mithin in Abzug gebracht worden war. Er wusste und billigte, dass diese Sachverhaltsumstände weder von ihm noch von einer anderen Person gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg offenbart werden würden. Der Angeklagte wollte, dass seitens des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg die in der Steuererklärung zur Anrechnung gebrachten Beträge tatsächlich in vollem Umfang, d.h. einschließlich der auf die CumEx-Leerkauftransaktionen entfallenden Beträge, zur Anrechnung gebracht werden.
470Der Angeklagte erkannte die Möglichkeit und nahm zumindest billigend in Kauf, dass vor dem Hintergrund der durchgeführten Aktiengeschäfte und insbesondere aufgrund des fehlenden Steuerabzugs auf die Dividendenkompensationszahlung die Voraussetzungen für die begehrte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 3.999.768,75 Euro nicht vorliegen und eine spätere Steueranrechnung daher nicht mit dem Steuerrecht in Einklang steht.
Die an den Angeklagten während seiner Tätigkeit für die HC Bank sowie die HC Gruppe erbrachten finanziellen Leistungen setzten sich grundsätzlich aus drei Komponenten zusammen. Neben dem fix vereinbarten Grundgehalt wurde dem Angeklagten regelmäßig eine so bezeichnete Tantieme gezahlt, die sich im Zeitraum 2002 bis 2009 durchgehend auf […] Euro brutto im Jahr belief. Ab dem Jahr 2010, in dem der Angeklagte ab Juli in fünfzigprozentiger Teilzeit arbeitete, wurde die Höhe der Tantieme an die regelmäßige Arbeitszeit angepasst. Zu dem Grundgehalt und der Tantieme trat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in jedem Jahr eine so bezeichnete Sonder- bzw. Bonuszahlung.
472Über die Zahlung etwaiger Sonder- bzw. Bonuszahlungen sowie deren Höhe wurde für sämtliche außertariflichen Mitarbeiter der HC Bank sowie der HC Gruppe jährlich, in der Regel im März des Folgejahres, entschieden. Zuständig für die Festsetzung der Höhe entsprechender Bonuszahlungen war der für den jeweiligen Abteilungsbereich zuständige Leiter der HC Bank bzw. der HC Gruppe. Die Höhe der an den Angeklagten geleisteten Sonder- bzw. Bonuszahlungen wurde unmittelbar durch den gesondert Verfolgten Dr. NC festgelegt.
473Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum existierten weder gesetzliche noch hausintern bei der HC Bank bzw. der HC Gruppe fixierte Regelungen für die bei der Bemessung von Sonder- bzw. Bonuszahlungen zu berücksichtigenden Umstände. Vielmehr wurde die Höhe einer etwaigen Sonderzahlung auf Grundlage einer Ermessensentscheidung des jeweiligen Bereichsleiters bzw. im Falle des Angeklagten des gesondert Verfolgten Dr. NC bestimmt. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg der Bank insgesamt spielte für die Festsetzungen der Sonderzahlungen insbesondere eine Rolle, in welchem Aufgabenfeld der betroffene Mitarbeiter eingesetzt war, welche Verantwortung er in diesem wahrnahm, wie seine Arbeitsquantität und -qualität durch den jeweiligen Bereichsleiter bzw. den gesondert Verfolgten Dr. NC beurteilt wurde und in welchem Ausmaß er durch seine Tätigkeit zum wirtschaftlichen Erfolg der HC Bank bzw. der HC Gruppe beigetragen hatte.
474Für seine Tätigkeit in den Jahren 2002 bis 2013 wurden seitens des gesondert Verfolgten Dr. NC die an den Angeklagten geleisteten Bonuszahlungen - brutto - wie folgt festgesetzt:
475für das Jahr |
Sonder- bzw. Bonuszahlung |
2002 |
[…] Euro |
2003 |
[…] Euro |
2004 |
[…] Euro |
2005 |
[…] Euro |
2006 |
[…] Euro |
2007 |
[…] Euro |
2008 |
[…] Euro |
2009 |
[…] Euro |
2010 |
[…] Euro |
2011 |
[…] Euro |
2012 |
[…] Euro |
2013 |
[…] Euro |
Die Beträge wurden in entsprechender Höhe an den Angeklagten ausgezahlt und von diesem ordnungsgemäß versteuert.
477Bei der Festsetzung der Höhe der Bonuszahlungen ging es dem gesondert Verfolgten Dr. NC unter Berücksichtigung der Ertragslage und der von der HC Bank in den betroffenen Jahren durchgeführten Projekte insbesondere darum, den persönlichen Einsatz des Angeklagten und dessen Auswirkung auf die Profite der HC Bank zu honorieren. Für die Jahre 2006 bis 2011 berücksichtigte der gesondert Verfolgte Dr. NC auch das Tätigwerden des Angeklagten im Zusammenhang mit den im Jahr 2006 durchgeführten und den verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen. Daneben berücksichtigte er, dass der Angeklagte im Zeitraum 2007 bis 2010 Mitglied des Aufsichtsrates mehrerer Banken, insbesondere der XF Bank sowie zeitweise bei YC, bei TG und bei der KH war. Für das Jahr 2007 fiel ferner ins Gewicht, dass der Angeklagte Neugründungen und Unternehmensbeteiligungen sowie die Veräußerung der HC Jacht begleitete, für das Jahr 2008, dass er die LD auf Gesellschafterebene betreute und Teilnehmer der Immobilien- und Schifffahrtsrunde war. Für das Jahr 2009 spielte bei der Bemessung der Bonuszahlung ferner eine Rolle, dass der Angeklagte die TD betreute, Teilnehmer der Immobilien- und Schifffahrtsrunde war und an dem Gesprächskreis kleiner Institute bei der BaFin teilnahm. Im Hinblick auf das Jahr 2010 berücksichtigte der gesondert Verfolgte Dr. NC, dass der Angeklagte mehrere schifffahrtsbezogene Projekte der HC Gruppe betreute. Schließlich spielte bei der Bemessung der Sonderzahlungen für den gesondert Verfolgten Dr. NC eine Rolle, dass der Angeklagte sich bereit erklärt hatte, trotz Erreichens des gesetzlichen Rentenalters in 2008 weiterhin für die HC Bank bzw. die HC Gruppe zu arbeiten. Für die Zahlungen ab 2010 fand ferner die Reduzierung der Arbeitszeit des Angeklagten Berücksichtigung.
478Dem Angeklagten war nicht bekannt, wie genau sich die an ihn geleisteten Sonder- und Bonuszahlungen zusammensetzten. Er ging aber davon aus, dass für die Höhe der Zahlungen neben seiner Bereitschaft, nach Erreichen der Altersgrenze weiter für die HC Bank zu arbeiten, auch der wirtschaftliche Erfolg der von ihm betreuten Projekte eine Rolle spielte.
Aufgrund der Größe der HC Bank wurden bei dieser für sämtliche verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträume standardmäßig Betriebsprüfungen durchgeführt. Hierbei ergingen wiederholt Steueränderungsbescheide, in denen teilweise auch die Körperschaftsteuer für einzelne Jahre neu festgesetzt wurde. Demgegenüber wurden die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkaufgeschäfte entfallenden Beträge in den Änderungsbescheiden zunächst unverändert und in vollem Umfang zur Anrechnung gebracht.
480Im Oktober 2014 erhielt das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg über die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main eine Kontrollmitteilung des Finanzamtes Darmstadt, in der auf mögliche Leerverkauftransaktionen unter Beteiligung der HC Bank in den Jahren 2006 und 2008 hingewiesen wurde. Der mit der Betriebsprüfung der HC Bank betraute Zeuge RR a.D. TF nahm hierauf gemeinsam mit einem Kollegen - dem Zeugen StAR a.D. VD - und dem Sachgebietsleiter QD eine Prüfung des Sachverhaltes vor. Ausgehend von der Annahme, dass in den Fällen, in denen die HC Bank im Jahr 2008 als Leerkäuferin aufgetreten ist, die Depotbank der Leerverkäuferin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag tatsächlich in Abzug gebracht habe, gelangten die an der Prüfung Beteiligten im Jahr 2015 zu der Einschätzung, dass die HC Bank zur Anrechnung der Steuern berechtigt und ihr gegenüber daher nichts zu veranlassen sei. Die Frage, ob ein CumEx-Leerkäufer auch dann zur Anrechnung der Steuer berechtigt ist, wenn auf die Dividendenkompensationszahlung ein Steuerabzug nicht erfolgt ist, wurde in diesem Zusammenhang nicht erörtert. Auch zuvor hatte beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eine abschließende Prüfung dieser Frage nicht stattgefunden.
481Im Frühjahr 2016 erhielten Mitarbeiter des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg Kenntnis davon, dass die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungsverfahren gegen Beschäftigte der HC Bank wegen des Verdachts der Beteiligung an CumEx-Geschäften in den Jahren 2006 bis 2011 führt. Ferner erhielt das Finanzamt Einblick in einen von RF erstellten Bericht, in dem die Frage der Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlages durch die HC Bank bzw. die HC Gruppe hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Transaktionen erörtert wurde. Hierauf kam es ab April des Jahres 2016 zu mehreren Gesprächen zwischen Vertretern der HC Bank und Vertretern des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg. Hierbei wurde seitens der Vertreter des Finanzamtes, dem Zeugen TF sowie der zuständigen Sachgebietsleiterin - der Zeugin RD’in MA -, zunächst der Standpunkt eingenommen, die Steueranrechnungen seien zu Unrecht erfolgt und wären - soweit dem keine Verjährung entgegensteht - voraussichtlich zurückzunehmen.
482In der Folgezeit prüfte die Zeugin MA die Sach- und Rechtslage weiter. Im Oktober 2016 entwarf die Zeugin ein Schreiben an die Finanzbehörde Hamburg, das seitens der Vorsteherin des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg - der Zeugin NB - gegengezeichnet und an die Finanzbehörde übermittelt wurde. Hierin wurde empfohlen, auf CumEx-Transaktionen der HC Bank entfallende Anrechnungen für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschläge für die Jahre 2009 bis 2011 zurückzunehmen. Hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2007 und 2008 komme eine Rücknahme wegen eingetretener Verjährung demgegenüber nicht mehr in Betracht. Im Anschluss an eine im November 2016 unter Beteiligung der Zeuginnen MA und NB und mehrerer Mitarbeiter der Finanzbehörde Hamburg - den Damen und Herren HM, KG, OA, LJ und YI - bei der Finanzbehörde durchgeführte Besprechung erfolgte zunächst keine Rücknahme der Steuranrechnungen für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011.
483Im Jahr 2017 wurde bei dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg sowie bei der Finanzbehörde Hamburg geprüft, ob die der HC Gruppe im Veranlagungszeitraum 2010 (Fall 4) gewährten Steueranrechnungen zurückzunehmen seien, soweit sie auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäfte zurückzuführen sind. Im Rahmen mehrerer Vermerke und Schreiben hielten die zuständigen Mitarbeiter als Ergebnisse der Prüfung fest, dass noch nicht von einem hinreichend ausermittelten Sachverhalt auszugehen sei. Vor diesem Hintergrund und angesichts mehrerer ungeklärter Rechtsfragen solle von einer Rücknahme der Anrechnungsverfügungen abgesehen werden. Hierauf wies das BMF die Finanzbehörde Hamburg Ende des Jahres 2017 an, die Steueranrechnung für den Veranlagungszeitraum 2010 zum Zwecke der Unterbrechung der Verjährung zurückzunehmen.
484Mit Bescheid des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 11.12.2017 wurden - unter gleichzeitiger Anordnung der Aussetzung der Vollziehung - die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkaufgeschäfte im Jahr 2010 (Fall 4) entfallenden Steueranrechnungen vollumfänglich zurückgenommen. Mit weiterem Bescheid vom 24.02.2020 wurde die Aussetzung der Vollziehung aufgehoben. Der Rücknahmebescheid ist infolge eines von der HC Gruppe betriebenen Einspruchsverfahrens nicht in Bestandskraft erwachsen. Über den Einspruch war im Urteilszeitpunkt noch nicht entschieden.
485Mit Bescheid des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 05.12.2018 wurden - unter gleichzeitiger Anordnung der Aussetzung der Vollziehung - die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkaufgeschäfte im Jahr 2011 (Fall 5) entfallenden Steueranrechnungen vollumfänglich zurückgenommen. Mit weiterem Bescheid vom 24.02.2020 wurde die Aussetzung der Vollziehung aufgehoben. Der Rücknahmebescheid ist infolge eines von der HC Gruppe betriebenen Einspruchsverfahrens nicht in Bestandskraft erwachsen. Über den Einspruch war im Urteilszeitpunkt noch nicht entschieden.
486Auf die sich aus den Bescheiden vom 11.12.2017 und vom 05.12.2018 ergebenden Rückforderungen des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg leistete die HC Bank zwischenzeitlich Zahlungen in entsprechender Höhe.
487Mit Änderungsbescheiden vom 15.04.2020 wurden die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäfte in den Jahren 2007 bis 2009 (Fälle 1 bis 3) entfallenden Anrechnungen von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlag zurückgenommen. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer aufgrund des nicht erfolgten Steuereinbehaltes nicht in Betracht komme. Gegen die Änderungsbescheide vom 15.04.2020 legte die HC Gruppe fristgerecht Einspruch ein, der mit Teil-Einspruchsentscheidung des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg im November 2020 als unbegründet zurückgewiesen wurde, soweit der Einspruch nicht die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes nach § 238 AO zum Gegenstand hat. Gegen diese Entscheidung hat die HC Gruppe fristgerecht Klage erhoben, über die im Urteilszeitpunkt noch nicht entschieden war. Im Januar 2021 leistete die HC Gruppe im Hinblick auf die in den Änderungsbescheiden vom 15.04.2020 angeordnete Zahlungsverpflichtung eine Zahlung in Höhe von 111 Millionen Euro an das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten KD und weitere Mitarbeiter der HC Bank sowie der HC Gruppe wurde auf Grundlage neuer, im Rahmen einer am 25.11.2015 durchgeführten Vernehmung eines Mitarbeiters der Bank KB gewonnener Erkenntnisse am 12.01.2016 eingeleitet. Hierbei stand zunächst die Mitwirkung an den Zahlungen an die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK über die Rechnungen der Bank KB im Mittelpunkt. Im April 2016 wurde der damalige Verteidiger des Angeklagten darüber informiert, dass auch die verfahrensgegenständlichen Eigenhandelsaktivitäten der HC Bank ab 2006 in die Ermittlungen einbezogen wurden. Die Ermittlungen wurden seitdem und bis zu Beginn des Jahres 2019 kontinuierlich und ohne Unterbrechungen durch zahlreiche Ermittlungsmaßnahmen gefördert. Auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse wäre der Staatsanwaltschaft eine Anklageerhebung gegen den Angeklagten zum April des Jahres 2019 möglich gewesen. Stattdessen wurde die Anklage erst am 27.05.2020 erhoben.
Soweit dem Angeklagten in Anklage und Eröffnungsbeschluss eine strafbare Beteiligung an den im Zusammenhang mit den Geschäften des BC German Equity Special Fund sowie des BC German Hedge Fund bewirkten Steuererstattungen vorgeworfen worden war (Fälle 4 bis 11 der Anklageschrift), hat die Kammer das Verfahren in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO i.V.m. § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO vorläufig eingestellt.
Die von der Kammer getroffenen Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit dieser gefolgt werden konnte, und auf den weiteren ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung ausgeschöpften Beweismitteln sowie auf den sonstigen aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung herrührenden Erkenntnissen.
Der Angeklagte hat sich im Verlauf der Hauptverhandlung zu seiner Person und zur Sache eingelassen, indem er eine von ihm schriftlich vorbereitete Erklärung vorgetragen hat. Im Anschluss hat er uneingeschränkt die Fragen der Verfahrensbeteiligten beantwortet.
492Abweichend von den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte folgende Angaben zur Sache gemacht:
493Die Steuererklärungen der HC Gruppe habe er in der Überzeugung unterschrieben oder gegengezeichnet, dass die darin enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind. Seine eigene Prüfung habe sich nur auf die ihm vorgelegten Zahlen beschränkt, hingegen habe er keine steuerrechtliche Einordnung vorgenommen. Die verfahrensgegenständlichen Geschäfte seien ihm damals steuerrechtlich völlig unbedenklich vorgekommen, was auch externe Berater bescheinigt hätten. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe mehrfach betont, dass seine Vorschläge absolut gesetzeskonform seien. Dafür stehe er mit seinem Namen ein. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe mit seiner Email vom 03.04.2009 wörtlich versichert, dass es in den beabsichtigten Transaktionen keine CumEx-Leerverkäufe über den Dividendenstichtag gebe. Als er, der Angeklagte, mit den verfahrensgegenständlichen Vorwürfen im Rahmen der Durchsuchung der HC Bank im Jahr 2016 erstmals konfrontiert worden sei, habe er diese für haltlos erachtet. Er sei davon überzeugt gewesen, alle steuerrechtlichen Vorschriften eingehalten zu haben. Auch sei es für ihn seinerzeit unvorstellbar gewesen, dass die HC Gruppe eine rechtswidrige Steueranrechnung habe erlangen wollen.
494Der Angeklagte hat eingeräumt, dass die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE vorgestellten Geschäfte immer steuergetrieben gewesen seien. Die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK habe er persönlich anlässlich eines Gespräches in der Bank kennengelernt, das vermutlich 2006 stattgefunden habe. Der gesondert Verfolgte Dr. NC habe ihn gebeten, hieran teilzunehmen. Der gesondert Verfolgte Dr. YE sei als Steuerrechtsexperte und ehemaliger hoher Finanzbeamter angekündigt worden, der einen vermögenden Mandantenstamm habe. An diesen Kontakten habe die HC Bank großes Interesse gezeigt, da es für das Bankhaus erforderlich gewesen sei, in diesem Marktsegment zu wachsen. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe ihn mit seiner Expertise beeindruckt. Jener habe verschiedene steuerliche Gestaltungen empfohlen, an deren Legalität er keinerlei Zweifel gehegt habe. Unter anderem habe der gesondert Verfolgte Dr. YE Geschäfte um den Dividendenstichtag vorgeschlagen. Natürlich sei ihm zum damaligen Zeitpunkt der Begriff „Dividendenstripping“ geläufig gewesen. Sicherlich seien im Verlaufe des Gesprächs damit verbundene steuerrechtliche Fragen, möglicherweise auch das hierzu ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 1999, angesprochen worden. Derartige Geschäfte seien von seinen früheren Arbeitgebern in weitaus größerem Umfang als bei der HC Bank durchgeführt worden. Er - der Angeklagte - habe sich gedacht, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE ihnen den Erwerb von Aktien deutscher Unternehmen von Steuerausländern vermitteln könne, welche die auf die Dividende entfallende Kapitalertragsteuer nicht vollständig angerechnet bzw. erstattet erhielten. Er sei dementsprechend bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen ab dem Jahr 2007 davon ausgegangen, dass Aktien von steuerausländischen Aktieninhabern um den Dividendenstichtag auf die HC Bank übertragen werden, damit diese die auf die Dividenden gezahlten Kapitalertragsteuern in vollem Umfang anrechnen kann. Durch eine Aufteilung der Anrechnungsbeträge habe erreicht werden sollen, dass sowohl die HC Bank als auch die Steuerausländer hiervon profitieren.
495Seiner Erinnerung nach seien in dem Gespräch sicherlich nicht solche Details wie die Beschaffung der Aktien besprochen worden und ob es sich dabei um „Inhaber- oder Leerverkäufe“ handele. Der gesondert Verfolgte Dr. NC, den der „Redeschwall“ des gesondert Verfolgten Dr. YE nach einiger Zeit sichtlich ermüdet habe, habe ihn gegen Ende des Gesprächs gebeten, sich um die Thematik zu kümmern. Sie hätten herausfinden wollen, inwieweit die HC Bank hiervon profitieren könne. Pflichtgemäß habe er die aus dem Gespräch erwachsenen Fragen an die zuständigen Abteilungen weitergeleitet und deren Ergebnisse an den gesondert Verfolgten Dr. NC berichtet. Er habe keine geschäftspolitischen Entscheidungen getroffen und sei auch keine Schnittstelle zwischen den Händlern und der Führungsebene der Bank gewesen.
496Die Bereichsleitungen Sales & Trading, Corporate Finance und Produktauswahl hätten unmittelbar an die Leitungsebene der Bank berichtet. § 25a KwG verlange eine klare Abgrenzung des von ihm geleiteten Organisationsbereichs von Marktaktivitäten. Die Produktempfehlungen des gesondert Verfolgten Dr. YE seien von den zuständigen Stellen in der Bank geprüft und umgesetzt worden. Er selbst habe zwar einige diesbezügliche Emails nachrichtlich erhalten, sich aber inhaltlich nicht weiter damit auseinandergesetzt. Mit den Details der Geschäfte, etwa Dividendenleveln und ähnlichem, habe er nichts anfangen können.
Für die Single Future Geschäfte originär zuständig gewesen seien die Bereiche Sales & Trading und Corporate Finance. Er gehe davon aus, dass das Wissen für die Partner durch die jeweiligen Fachabteilungen geliefert worden sei. Lediglich aufgrund seiner Verantwortlichkeit für die Bilanzierung sei er involviert worden. Der Angeklagte hat eingeräumt, dass einige Vorlagen zu den Single-Future-basierten Transaktionen für die Partnersitzungen von ihm erstellt wurden, allerdings habe er in diesen lediglich Textpassagen übernommen, die zuvor von den originär zuständigen Arbeitsbereichen geliefert worden seien. An den Partnersitzungen habe er nicht teilgenommen. Er habe es nie erlebt, dass allein auf Grundlage einer solchen Vorlage eine Zustimmung erfolgt sei. Im Vorfeld habe es immer einen Informationsfluss und umfangreiche Gespräche unter Einbeziehung der zuständigen Partner gegeben. Bei einer Privatbank von der Größe der HC Bank würden sich die Partner auch mit den Details der Geschäfte auskennen. Vorliegend sei dies etwa der gesondert Verfolgte HB gewesen. Der Handel sei dessen „Beritt“ gewesen. Er gehe nicht davon aus, dass die Partner irgendetwas nicht gewusst hätten, anderenfalls hätten diese Nachfragen gestellt. Wenn sie keine hieb- und stichfesten Antworten erhalten hätten, wären die Geschäfte nicht durchgeführt worden. Er glaube, dass er im Jahr 2010, vielleicht auch im Vorjahr, aus dem Partnerkreis gefragt worden sei, ob „das alles in Ordnung“ sei.
498Die Mehrzahl der in die Hauptverhandlung eingeführten Emails habe er aufgrund der Querschnittsfunktion seines Bereichs in Kopie erhalten. Allgemein hat der Angeklagte zu seiner Lektüre von Emails bekundet, dass er immer „zu viele“ erhalten habe und dazu übergegangen sei, diese nicht mehr zu lesen. Generell habe ihm die Bildschirmarbeit nicht zugesagt. Seine eigene Korrespondenz habe er in der Regel diktiert. Seine Sekretärin, die Zeugin LF, habe Zugang zu seinem Email-Postfach gehabt und eingehende Emails teilweise ausgedruckt, entweder wenn sie diese selbst für wichtig erachtet oder wenn er sie angesprochen habe. Es seien ihm aber bei weitem nicht alle Emails in ausgedruckter Form vorgelegt worden. Seine Englisch-Kenntnisse seien letztlich „rudimentär“. Zwar habe er während seiner früheren Tätigkeit für die ZB viel Englisch gesprochen, sei aber bei der HC Bank vollkommen aus der Übung gekommen.
Die Vorlage für die Partnersitzung 2006 habe er diktiert. Die Aussage, dass das „YE-Modell“ machbar sei, beruhe auf einer Prüfung der Bereiche Sales & Trading und Corporate Finance. Damals habe es Produkte am Markt gegeben, die den Leerverkauf deutscher Aktien zum Inhalt gehabt hätten, um Steuern zu generieren. Er sei immer davon ausgegangen, dass die HC Bank diese Geschäfte in 2006 mit der TJ und nicht mit der YB AG gemacht habe. Die bankintern verwendete Bezeichnung „YE-Modell“ sei also eher nur ein Schlagwort für derartige Geschäfte gewesen. Es bedeute nicht, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE diese Geschäfte seinerzeit auch initiiert habe. Im Jahr 2006 habe die HC Bank Leerverkäufe getätigt. Die zur Belieferung der Käuferseite erforderlichen Stücke habe sie geliehen. Aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Preis für den Rückkauf der Aktien habe der Profit für die Bank resultiert. Aus seiner damaligen Sicht sei das einfach nur eine legale Ausnutzung von Kursunterschieden gewesen. Wo der Gewinn für die Gegenseite hergekommen sei, könne er nicht genau sagen. Irgendjemand müsse die Steuer auf die Dividende gezogen haben, aber das sei nicht die HC Bank gewesen. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sei es wohl so gewesen, dass eine Seite keine Steuer einbehalten und abgeführt habe. Ob ihm das auch schon im Jahr 2006 klar gewesen sei, könne er nicht mehr erinnern. Der Angeklagte betonte, dass alle Beteiligten, auch ihre Vertragspartner, gewusst hätten, dass es sich um Leerverkäufe gehandelt habe. Für ihn hätten die Geschäfte im Jahr 2006 mit denjenigen aus den Folgejahren gar nichts zu tun. Erst das Jahressteuergesetz 2007 habe ihm vor Augen geführt, dass die Geschäfte des Jahres 2006 offensichtlich „nicht mehr gewollt“ und „ab sofort unterbunden“ seien. Das habe er aus einem Konvolut an Unterlagen geschlussfolgert, das auf seinem Tisch gelegen habe. Er habe das für sich so eingeordnet, dass sie solche Geschäfte nicht mehr machen dürften. Deswegen hätten sie in 2007 auch keine Leerkäufe getätigt.
Seiner Erinnerung nach sei er einmal im Hinblick auf die Single Future Geschäfte zu einer Partnersitzung hinzugerufen worden. Gestützt auf Vorarbeiten der zuständigen Abteilungen habe er in 2007 den Partnern die Genehmigung der Transaktionen vorgeschlagen. Anfang Januar 2008 habe er auf Anregung der gesondert Verfolgten TB und XL eine weitere Vorlage für die Partnersitzung gefertigt, wobei er die Limitierung aus deren Vorschlag übernommen und geprüft habe, ob das buchhalterisch passe. Der Ergebnisbetrag sei von den Bereichen Sales & Trading und Corporate Finance zusammen geliefert worden. Für das Jahr 2009 könne er sich an einen Genehmigungsprozess durch die Partner überhaupt nicht erinnern. Er habe die zeitliche Nähe der Geschäfte zum Dividendenstichtag nicht mit Leerverkäufen in Verbindung gebracht. Nach seiner Wahrnehmung hätten die gesondert Verfolgten Dr. YE, Dr. KK und PI sowie die Bank KB tatsächlich Kontakte zu ausländischen Inhabern mit hohen Aktienbeständen gehabt. Er habe keine Kenntnis von Absprachen über Leerverkäufe gehabt. Die mehrfache Anrechnung von nur einmal abgeführter Kapitalertragsteuer sei für ihn ausgeschlossen gewesen. Vielmehr sei er durchgehend davon überzeugt gewesen, dass Aktien von ausländischen Aktieninhabern erworben würden, um eine einmalige Anrechnung der auf die Dividende gezahlten Kapitalertragsteuer zu erreichen.
501Überlegungen des gesondert Verfolgten Dr. YE, Geschäfte auch in anderen europäischen Staaten durchzuführen, seien ihm bekannt, auch wenn er wohl „nicht im ersten Aufschlag dabei“ gewesen sei. An die Tabelle „Stand der Dividendenstrukturen/Übersicht“, die die Sekretärin des gesondert Verfolgten Dr. YE in diesem Zusammenhang im Oktober 2007 an den gesondert Verfolgten XL geschickt habe, könne er sich zwar konkret nicht erinnern, die Inhalte seien ihm „aber … einigermaßen präsent“, er habe „da auf jeden Fall etwas auf [seinem] Tisch gehabt“, eventuell in einer anderen Form. Ihm sei auch aufgefallen, dass dort von „Leerverkauf“ und von „mehrfacher Steueranrechnung“ gesprochen worden sei. Deshalb sei entschieden worden, so etwas nicht zu machen.
502Für die Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank sei von der Bank kein externes Gutachten in Auftrag gegeben worden. Diese Geschäfte hätten vom Umfang und vom Ergebnisbeitrag her ein „ein gewisses Gewicht“ gehabt. Die Bewertung dieser Geschäfte durch die HC Bank habe auf dem aufgebaut, was der gesondert Verfolgte Dr. YE dazu geschildert habe, das sei nachvollziehbar gewesen. Vor diesem Hintergrund hätte auf Seiten der HC Bank niemand die Notwendigkeit gesehen, ein Gutachten zu den Eigenhandelsaktivitäten einzuholen.
Zu Beginn des Jahres 2010 sei die Leitung des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling an seinen Nachfolger, den gesondert Verfolgten HG, übergegangen. In dieser Übergangsphase habe er sich sukzessive immer weiter aus der Verantwortung zurückgezogen. Die Single Stock Future Geschäfte habe er mit seinem Nachfolger besprochen. Diesbezüglich könne er sich an keine Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen erinnern. Die Vorlage für die Partnersitzung 2010 habe er noch in Absprache mit dem gesondert Verfolgten HG gefertigt. Jener habe die Vorlage zudem mit dem gesondert Verfolgten Dr. WA besprochen. Die Umsetzung der Partnervorlage habe seinem Nachfolger oblegen. Ab dem 01.07.2010 sei er dann aus der HC Bank ausgeschieden und habe nur noch in Teilzeit für die HC Gruppe gearbeitet. Zuvor habe er noch viel Resturlaub genommen. Seine Tätigkeit in den sechs Monaten vor dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses bei dem Bankhaus habe sich auf eine geordnete Überleitung auf seinen Nachfolger beschränkt. In die Single Future basierten Transaktionen in 2011 sei er nicht mehr involviert gewesen. Die Genehmigung der 2011er Geschäfte sei auf Vorschlag des gesondert Verfolgten HG durch die Partner erfolgt.
504Eingestellt habe die Bank die Eigenhandelsgeschäfte im Jahr 2011 nicht, weil man gedacht habe, dass die Steuererstattung in Gefahr gerate. Auslöser hierfür sei vielmehr die einsetzende öffentliche Diskussion gewesen, die erhebliche Reputationsrisiken mit sich gebracht habe. Wenn der untadelige Ruf der HC Bank als Privatbank leide, gingen die Kunden verloren. Er sei auch in diesem Zusammenhang zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass bei den Geschäften Leerverkäufe zum Tragen kommen oder dass die HC Gruppe die Anrechnung von zuvor nicht gezahlten Steuern beantragen würde.
Mit den beiden verfahrensgegenständlichen Investmentfonds habe er nichts zu tun gehabt. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe versucht, ihn einzuspannen, um die Errichtung der Fonds zu beschleunigen. Er habe insoweit aber nichts veranlasst. Er sei dafür schlicht nicht zuständig gewesen.
506Zwar habe er im Januar 2010 eine Partnervorlage geschrieben, in der es auch um das Aufsetzen eines Fonds gegangen sei. Den entsprechenden Passus habe er aber nicht selbst verfasst, sondern auf eine Bitte aus einem anderen Arbeitsbereich hin aufgenommen. Der dort verwendete Begriff „Teaser“ entspreche überhaupt nicht seinem Sprachgebrauch. Die von den Fonds getätigten Handelsgeschäfte habe er nicht im Einzelnen und nicht dem Umfang nach gekannt.
507Auf Vorhalt einer Information der Geschäftsleitung von HE über ein Gespräch mit dem gesondert Verfolgten HB in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrates zu dem BC German Equity Special Fund erklärte der Angeklagte, er gehe davon aus, dass er bei dem Gespräch am 29.02.2009 [sic] nicht zugegen gewesen sei. Er könne sich auch nicht daran erinnern, dass der gesondert Verfolgte HB - wie es in dem Schriftstück heißt - „Bauchschmerzen“ mit den Geschäften des Fonds gehabt habe. Wenn das dort so stehe, habe er selbst sich vermutlich dahingehend geäußert, dass das „Steuerrisiko“ ausgeschlossen werden müsse.
508Zu einer Email des gesondert Verfolgten Dr. PA an den Angeklagten vom 06.04.2009 zu einer von dem gesondert Verfolgten PI vorgeschlagenen neuen Anlagestrategie, die der Absender darin näher beleuchte, gab der Angeklagte an, nicht zu wissen, warum ihm das mitgeteilt worden sei. Es sei von ihm in der Email ja nichts verlangt worden. Vermutlich sei er lediglich informiert worden, damit die Geschäfte nicht in Konflikt mit den Eigenhandelsgeschäften gerieten.
509Mit Email des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 03.04.2009 an den Angeklagten und den gesondert Verfolgten Dr. PA fasste dieser ein soeben mit dem Angeklagten geführtes Telefonat zu den Gründen, warum sich die YG Bank unbesorgt als Depotbank an den besprochenen Transaktionen beteiligen könne, zusammen. Der Angeklagte erklärte hierzu, dass er nicht wisse, weshalb er diese Email erhalten habe. Dies könnte damit zusammenhängen, dass er gesagt habe, dass die HC Bank nicht als Depotbank fungieren könne.
510Mit Email vom 06.05.2009 teilte der gesondert Verfolgte Dr. YE dem Angeklagten mit, er habe von PI erfahren, dass die YG Bank nicht nur die Kapitalertragsteuer nicht erstattet, sondern dem Fonds auch die Nettodividende nicht gutgeschrieben habe. Zur Abwendung einer Katastrophe für die Investoren sei ein unverzügliches Eingreifen des Angeklagten erforderlich, worum er den Angeklagten herzlich bitte. Der Angeklagte erklärte hierzu, dass er aus seiner Sicht nicht eng eingebunden gewesen sei. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe hier etwas vom gesondert Verfolgten PI erfahren und ihn angesprochen. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe ihm offenbar zugetraut, dass er in seinem Sinne etwas unternehmen werde. Er könne sich aber nicht entsinnen, der Bitte nachgekommen zu sein bzw. den gesondert Verfolgten Dr. YE in dieser Angelegenheit angerufen zu haben.
Im Zusammenhang mit den BMF-Schreiben 2009 habe er keine Lobbyarbeit geleistet. Hierzu hätte er auch gar keine Möglichkeit gehabt und wisse auch nicht, zu welchem Zweck diese erforderlich gewesen wäre. Das sei auch nicht seine Aufgabe gewesen, sondern die der Rechtsabteilung. Er nehme an, dass eine mögliche Lobbyarbeit über den YL von Dr. YE angeregt worden sei.
512Das BMF-Schreiben vom Mai 2009 habe er auf jeden Fall gelesen und sich dieses auch von einem Rechtsanwalt erläutern lassen. Ob er dessen Inhalt zutreffend erfasst habe, wisse er nicht. Er habe erkannt, dass die heute als CumEx-Geschäfte bezeichnete Single Future Struktur von dem Schreiben betroffen sein könnte. Deshalb habe er Sicherheit haben wollen und die zuständigen Fachleute gebeten, das zu klären. Das Ergebnis all dieser Prüfungen sei gewesen, dass die von ihnen betriebenen Geschäfte auch vor dem Hintergrund des BMF-Schreibens zulässig seien. Andernfalls hätten sie diese nicht gemacht und er hätte auch die Steuererklärungen nicht unterzeichnet. Weder er selbst noch irgendjemand anderes in der Bank sei zu der Erkenntnis gelangt, dass die Geschäfte unter das BMF-Schreiben fallen und deswegen nicht in Ordnung sind.
513Einen Zusammenhang mit den Geschäften des Jahres 2006 habe er auch vor dem Hintergrund des BMF-Schreibens nicht gesehen. Er habe nicht „rückreflektiert“. Er habe erkannt, dass die Geschäfte der Jahre 2007 und 2008 unter das BMF-Schreiben fallen könnten. Deshalb habe er sich erklären lassen, wie das Schreiben zu verstehen sei. Er habe keine einfache Schlussfolgerung aus dem Inhalt des Schreibens ziehen können.
514Dem Angeklagten wurden zwei Vermerke über in seinem Beisein am 01.04. und am 20.04.2009 geführte Gespräche mit den Steuerberatern ZD und LE zu möglichen Auswirkungen der bis dahin vorliegenden Entwürfe des BMF-Schreibens vorgehalten. Der Angeklagte hat hierzu eingeräumt, dass der Gesprächsinhalt in beiden Vermerken zutreffend wiedergegeben werde. Den Entwurf des BMF hätten sie damals nicht so verstanden, dass die Geschäfte grundsätzlich nicht gewollt seien. Allerdings dürfe es zwischen den Kontrahenten keine Absprachen geben und es müssten bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt werden. Er habe gedacht, die endgültige Fassung des Schreibens müsse dahin analysiert werden, ob die Geschäfte der Bank darunter fallen und welche Konsequenzen gegebenenfalls daraus gezogen werden müssten. Insbesondere habe sich die Frage gestellt, ob diese Geschäfte ab 2009 überhaupt noch durchgeführt werden könnten. Das BMF-Schreiben habe jedenfalls Anlass geben, ihr bisheriges Tun genauer zu hinterfragen. Diese Prüfung hätten andere Bereiche der Bank mit dem Ergebnis vorgenommen, dass die Geschäfte nach wie vor konform mit den Vorgaben des Gesetzgebers seien. Weshalb die Käufe nicht, wie in den Gesprächen erörtert, weiter vorverlagert werden konnten, könne er nicht beantworten.
515Zu einem von ihm verfassten Vermerk vom 30.04.2009, der ein Gespräch zwischen ihm und den gesondert Verfolgten Dr. NC, HC und Dr. WA zusammenfasst und der ein steuerliches Risiko der Transaktionen des BC German Equity Special Fund einerseits und der Single Future Strukturen (Eigenhandel der Bank) andererseits thematisiert, räumte der Angeklagte ein, dass sie natürlich gewusst hätten, dass das BMF-Schreiben ein steuerliches Risiko begründe. Die in dem Vermerk getroffene Feststellung, dass in Bezug auf die Single Future Struktur „aktuell ein Risiko in Höhe von ca. 7 Mio. €“ gegeben sein könne, passe allerdings nicht zu dem im Jahr 2009 auf Seiten der Bank tatsächlich betroffenen Betrag von über 40 Millionen Euro. Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass es sich entgegen der Wertung des Zeugen Dr. KK nicht um eine „schriftliche Lüge“ gehandelt habe, wenn er in dem Vermerk folgende Ergebnisse festgehalten habe:
516„ … Es besteht Übereinstimmung, dass die Vorgaben des im Entwurf vorliegenden BMF Schreibens zur Abwicklung zu Aktiengeschäften an der Börse in zeitlicher Nähe zum Ausschüttungstermin von uns erfüllt werden.
517Nach den uns bekannten Sachverhalten handelt es sich bei den Transaktionen BC German Equity Special Funds und unseren eigen Single Future Strukturen in keinem Fall um Leerverkäufe. … “
Bei der HC Bank habe man nicht gewusst, dass die Ergebnisbeteiligung gar nicht den Kunden des gesondert Verfolgten Dr. YE zugeflossen sei. Ansonsten hätte man sich sicher nicht darauf eingelassen. In diesem Zusammenhang wurde dem Angeklagten u.a. die Rechnung der Bank KB „für Kundenvermittlung“ vom 16.08.2006 an die HC Bank über 196.000,00 Euro vorgehalten. Er sei nicht davon ausgegangen, dass die seitens des Bankhauses KB in Rechnung gestellten Beträge an den gesondert Verfolgten Dr. YE fließen. Nach seinem Verständnis habe es sich deshalb auch nicht um Scheinrechnungen gehandelt, sondern das Geld sei an das Bankhaus KB für Kunden gezahlt worden, die zugleich Mandanten des gesondert Verfolgten Dr. YE gewesen seien. Er habe selbst dafür gesorgt, dass eine „vertragliche Basis“ für die Geldflüsse geschaffen worden sei. Dem Angeklagten wurde in diesem Kontext eine von ihm am 07.07.2006 unterzeichnete und mit handschriftlichen Anmerkungen (u.a. Buchungstexten) versehene Tabelle vorgehalten, welche unter der Überschrift „OTC Equity Swap“ Erträge aus CumEx-Geschäften mit einzelnen deutschen Aktientiteln zusammenfasst. Ein Betrag in Höhe von 196.660,00 Euro, welcher 25% des Ergebnisses ausmacht, war dabei in einer Zeile mit der Bezeichnung „YE“ erfasst. Den für die HC Bank bzw. die HC Gruppe verbleibenden Profitanteil in Höhe von 589.980,00 Euro hat der Angeklagte handschriftlich als „Kursergebnis 2006“ bezeichnet und einem entsprechenden Ertragskonto zugewiesen. Dazu hat der Angeklagte erklärt, dass die Tabelle nicht von ihm stamme, was bereits daraus hervorgehe, dass darin von „YE“ und nicht von „Dr. YE“ die Rede ist. Ebenso sei er später nie auf die Idee gekommen, dass die Ertragsanteile, die YA vereinnahmt habe, für den gesondert Verfolgten KI oder andere Akteure persönlich bestimmt gewesen seien. Das sei von ihm immer auch als Abgeltung der Kunden „auf der anderen Seite“ angesehen worden.
Mit dem Entwurf des Partnership Agreements zwischen YA Capital und der HC Bank sei er nicht befasst gewesen. Dieses sei vermutlich von YA vorgeschlagen und durch die Rechtsabteilung geprüft worden. Ihm sei hierzu lediglich berichtet worden. Die Aushandlung der Profitverteilung sei ebenfalls nicht seine Aufgabe gewesen. Dies müsse durch die zuständigen Personen des Bereichs Handel oder Corporate Finance geschehen sein. Für ihn habe sich in diesem Zusammenhang auch nicht die Frage gestellt, ob die HC Bank für die Durchführung der Geschäfte die Hilfe von YA überhaupt benötige. Für ihn sei klar gewesen, dass die Bank auf den gesondert Verfolgten Dr. YE angewiesen gewesen sei, weil nur er den Zugriff auf die ausländischen Aktieninhaber gehabt habe. Mangels eines eigenen Marktzugangs hätten sie die Assistenz von YA bzw. von dem gesondert Verfolgten Dr. YE benötigt, wobei er damals zwischen der Rolle dieser Akteure nicht differenziert habe.
Ausschlaggebend für die Höhe der an ihn für den Zeitraum 2007 bis 2011 gezahlten Boni sei insbesondere seine Bereitschaft gewesen, seinen Eintritt in den Ruhestand wiederholt hinauszuschieben. Der gesondert Verfolgte Dr. NC habe ihm als Gegenleistung hierfür zwar keine bezifferte Sonderzuwendung versprochen, aber betont, dass eine Vertragsverlängerung sich für ihn lohnen werde. Dr. NC habe über die Höhe der Boni nach Gutsherrenart entschieden, Einblick in die hierfür relevanten Bemessungsgrundlagen habe er nicht gehabt. Er habe sich unter anderem im Zusammenhang mit dem Kauf verschiedener Bankhäuser und anderer für die Bank wirtschaftlich erfolgreicher Sachverhalte Verdienste erworben, die sich auf die Höhe der Boni ausgewirkt haben mögen. Die verfahrensgegenständlichen Geschäfte seien hierbei aber nicht der Schwerpunkt seiner Tätigkeit gewesen.
Zu einer Email vom 18.08.2006, in welcher der gesondert Verfolgte Dr. YE dem Angeklagten über den Stand zum Gesetzgebungsverfahren bezüglich des Jahressteuergesetzes 2007 berichtet, teilte der Angeklagte mit, er könne dazu nichts sagen. Er selbst habe über Lobbyarbeit keinen Einfluss hierauf nehmen können. Die Schlussfolgerung Dr. YEs, dass sie etwas mehr Zeit gewonnen hätten, um die endgültige Fassung des Gesetzes in ihrem Sinne zu beeinflussen, schreibt der Angeklagte dessen persönlicher Eitelkeit zu. Zudem habe er auch immer den Eindruck gehabt, der gesondert Verfolgte Dr. YE habe aus seiner früheren Tätigkeit noch eine Abrechnung mit der Finanzverwaltung offen, offensichtlich habe dieser „besser sein“ wollen.
522An den an ihn adressierten Vermerk des gesondert Verfolgten XL vom 30.04.2007, in dem dieser die Bedeutung des „Altana-Trades“ hervorhebt, welcher der Bank „€ 4,8 Mio.“ einbringe, was „deutlich mehr als die Hälfte des prognostizierten Gesamt-Bruttoertrags von € 8 Mio.“ ausmache, will der Angeklagte sich nicht erinnern können.
523In einem weiteren an den Angeklagten adressierten Vermerk vom 27.05.2008 bat der gesondert Verfolgte XL um Zustimmung bezogen auf die von YA Capital vorgeschlagenen Transaktionen betreffend die M-Dax-Titel ProSieben Sat1 Media AG, Südzucker AG und Heidelberger Druck AG. Der Angeklagte ließ sich hierzu dahin ein, er wisse heute nicht mehr, weshalb sich der gesondert Verfolgte XL an ihn gewandt habe. Er könne nur vermuten, dass die Partner gesagt hätten: „Macht nur was, wenn der Herr KD zustimmt.“ In diesem Zusammenhang steht eine Email des Angeklagten an den gesondert Verfolgten XL vom 29.05.2008, worin dieser mitteilt, dass sie in Aktien der ProSieben Sat1 Media AG keine Transaktionen vornehmen werden. Der Angeklagte erklärte, sich daran zu erinnern, dass diese Entscheidung auf eine in der Bank geltende Konfliktregelung zurückzuführen gewesen sei.
524Mit Email vom 15.07.2008 bezeichnete der gesondert Verfolgte TB den Angeklagten gegenüber seinem Vorgesetzten als „Paten“ der Transaktionen. Der Angeklagte äußerte dazu, dass diese als „Händlerspruch“ aufzufassende Bezeichnung vielleicht insoweit passe, als dass er sich im Auftrag des gesondert Verfolgten Dr. NC um die Geschäfte habe kümmern sollen. Die Mail zeige ja letztlich deutlich, dass es auch andere Wege in der Bank gegeben habe und er nicht zwingend in den Informationsfluss einbezogen werden musste. In die jeweiligen Einzelentscheidungen sei er nicht eingebunden gewesen. Die Berichtswege der beteiligten Bankmitarbeiter über deren jeweilige Bereichsleitungen hätten stets eingehalten werden müssen. Beispielsweise habe der gesondert Verfolgte TB nicht über ihn, sondern über den für den Handel zuständigen Bereichsleiter an die Partner berichtet. Dieser Bericht sei dann zwar auch über seinen Tisch gelaufen, aber nicht von ihm zu verantworten gewesen.
525Ein vom Angeklagten unterzeichneter Vermerk vom 16.01.2009 mit der Überschrift „Single Future Struktur“ enthält den Bericht u.a. an die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC, dass man zu Beginn der Dividendensaison 2009 Transaktionen in den Titeln Wincor Nixdorf, ThyssenKrupp und Siemens durchführen werde. Porsche sei lukrativ wegen der anstehenden Sonderdividende. Der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass er sich in dieser Zeit mit der Gründung einer Investment-AG beschäftigt habe. Diese Struktur sei unabhängig von den heute mit dem Begriff CumEx bezeichneten Geschäften sinnvoll gewesen. An dem Inhalt der Mitteilung sehe man nur, dass bei ihm Informationen aus den Bereichen Handel und Corporate Finance zusammengeflossen seien. Er habe diese und etwaige Meinungen der Partner lediglich zusammengetragen.
526Zu der Email vom 04.05.2009, mit der der gesondert Verfolgte Dr. YE dem Angeklagten verschiedene Fragen aus einem in der Vorwoche geführten Telefonat beantwortete, erklärte der Angeklagte, dass er die Fragen nur weitergeleitet habe. Insgesamt habe er die Schreiben des gesondert Verfolgten Dr. YE „so genommen und so gelesen, wie sie geschrieben waren“. Von schriftlichen Lügen, von denen der gesondert Verfolgte Dr. KK gesprochen habe, wisse er nichts.
527Ob er den Spiegel-Artikel von Juli 2009 und den Aufsatz von Jan-Willem Bruns in DStR 2010, 2061 ff., die ihm jeweils per Mail zugeleitet wurden und in denen es jeweils auch darum geht, ob die CumEx-Geschäfte eine strafbare Steuerhinterziehung darstellen, gelesen habe, wisse er nicht.
528Eine Email des gesondert Verfolgten Dr. WA vom 04.08.2016, in welcher dieser den Angeklagten bittet, in seinen Vermerk aufzunehmen, dass sämtliche Geschäfte nach ihrer Kenntnis unter strikter Beachtung der seinerzeitigen BMF-Schreiben zu diesem Thema abgeschlossen worden seien, ordnete der Angeklagte in folgenden Zusammenhang ein: Dr. NC habe ihn irgendwann nach seinem Ausscheiden gebeten, aufzuschreiben, welche Sicht der Dinge er habe. In die Abfassung der Stellungnahme der HC Gruppe gegenüber den Hamburger Finanzbehörden sei er nicht eingebunden gewesen. Vielleicht habe er diesbezüglich mal eine Frage beantwortet.
Die zur Person des Angeklagten getroffenen Feststellungen beruhen auf dessen eigener Einlassung, der die Kammer insoweit uneingeschränkt gefolgt ist. Die Kammer hat keinen vernünftigen Anlass, an deren Richtigkeit zu zweifeln. Hinsichtlich seines beruflichen Werdegangs werden seine Angaben zudem bestätigt und sinnvoll ergänzt durch einen von ihm am 09.05.2008 autorisierten tabellarischen Lebenslauf. Die familiäre Situation des Angeklagten hat auch die Zeugin LF, die viele Jahre als Sekretärin für den Angeklagten tätig war, bestätigt.
530Seine strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus der aktuellen Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 15.03.2021.
Die Rechtsverhältnisse der HC Bank und der HC Gruppe, deren Vertretungsverhältnisse und die dem Angeklagten jeweils erteilten Gesamtprokuren hat die Kammer anhand der Inhalte der Registerauszüge dieser Gesellschaften festgestellt.
Das Auftreten des gesondert Verfolgten Dr. YE gegenüber Verantwortlichen der HC Bank, soweit es um dessen Akquiseziele sowie um die Herausstellung seines steuerrechtlichen Wissens und seiner besonderen Mandantenstruktur ging, hat die Kammer anhand der insoweit plausiblen und einander ergänzenden Schilderungen des Angeklagten im Rahmen seiner Einlassung und des gesondert Verfolgten Dr. KK bei seiner Befragung festgestellt. Das Gespräch, das zwischen den gesondert Verfolgten Dr. NC, Dr. YE und Dr. KK sowie dem Angeklagten stattfand, haben der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Dr. KK hinsichtlich des äußeren Rahmens und der Beteiligten ebenfalls übereinstimmend geschildert, jedoch konnten beide dieses Gespräch zeitlich nicht mehr genau verorten. Ihre Angaben stimmen allerdings dahin überein, dass das Gespräch, bei dem der Angeklagte den beiden gesondert Verfolgten Rechtsanwälten zum ersten Mal persönlich begegnete, etwa zwischen der Mitte des Jahres 2006 und Anfang 2007 stattfand.
533Auf den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK, an deren Richtigkeit insoweit kein Zweifel begründet ist, beruhen die Feststellungen zu dessen beruflichem Werdegang und zu den Berufsstationen des gesondert Verfolgten Dr. YE und zu dessen erster Kenntnis von CumEx-Leerverkaufgeschäften.
a) Die allgemeinen Merkmale von CumEx-Geschäften, die Einzelheiten zur Abwicklung von Wertpapiergeschäften, die Wirkweise von derivativen Kurssicherungsinstrumenten - hier insbesondere von Single-Stock-Futures - und die bei der Preisbildung dieser Instrumente relevanten Größen einschließlich der Relevanz des sogenannten Dividendenlevels für die Preisbildung und die damit verbundenen Steuerungsmöglichkeiten hat die Kammer den klaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. JA entnommen. Dieser ist als Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzierung der Universität Mannheim mit den betreffenden Marktmechanismen vertraut und konnte diese zugleich anschaulich und detailreich erläutern. Ferner fügten seine Erklärungen sich auch zu den weiteren Ergebnissen der Hauptverhandlung, etwa den verlesenen Handelsbelegen und Chatprotokollen. Aus letzteren und der darin abgebildeten Kommunikation der Beteiligten lässt sich insbesondere ersehen, dass diese die Preise der Geschäfte exakt anhand der vom Sachverständigen aufgezeigten Parameter bestimmt haben.
535b) Die weiteren Details zur Wirkweise von CumEx-Leerverkaufgeschäften, zur Bedeutung der Bereitstellung von Ex-Aktien für die Belieferung der Leerverkäufe, zur Höhe der generierbaren Profite und zu deren Verteilung, zu den für CumEx-Leerverkaufgeschäfte im Tatzeitraum am Markt üblichen Dividendenleveln sowie zu CumCum-Geschäften stehen zur Überzeugung der Kammer insbesondere aufgrund der Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC fest.
536Die Angaben dieser Zeugen sind glaubhaft. Sie fügen sich zunächst in allen Punkten zu den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. JA. Hinzu kommt, dass die gesondert Verfolgten KI und JC über viele Jahre als Händler an der Londoner Börse agiert und in dieser Zeit überaus erfolgreich CumEx-Leerverkaufgeschäfte getätigt haben. Beide waren zunächst bei unterschiedlichen Großbanken angestellt und haben dort CumEx-Leerverkauftransaktionen geplant, strukturiert und die zur Durchführung erforderlichen Handelsgeschäfte eigenverantwortlich abgeschlossen. Sie waren mit der Wirkweise der Geschäfte vollständig vertraut und wussten, dass die damit erzielbaren Profite aus dem Umstand erwuchsen, dass eine nicht abgeführte Steuer zur Anrechnung oder Erstattung gebracht wurde. Desweiteren kannten beide auch die zu den unterschiedlichen Zeitpunkten für die verschiedenen Akteure am Markt realisierbaren Profitanteile. Die Kammer folgt diesen Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC ohne Einschränkung. Die Aussagen der Zeugen sind nicht nur vollständig plausibel, sondern werden auch dadurch bestätigt, dass beide - zu verschiedenen Zeitpunkten und völlig unabhängig voneinander - im Hinblick auf die erzielbaren Profite die Entscheidung getroffen haben, ihre jeweiligen Arbeitgeber zu verlassen, um fortan mit großem wirtschaftlichen Erfolg als Gesellschafter kleiner Handels- und Beratungsgesellschaften ebenfalls entsprechende CumEx-Leerverkauftransaktionen auf eigene Rechnung auf- und umzusetzen.
537Die Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC decken sich auch, soweit sie die in den verschiedenen Jahren am Markt üblichen Dividendenlevel für CumEx-Geschäfte beschrieben haben. Auch diesen Aussagen, wonach die Geschäfte für die Leerkäuferseite immer profitabler wurden, folgt die Kammer, da sie durch die verlesenen Handelsbelege, aus denen die jeweiligen Level errechnet werden können, durch die Mailkorrespondenz und auch durch die Profitvereinbarungen belegt sind. Entsprechendes gilt, soweit die gesondert Verfolgten KI und JC sich auch zur Entwicklung der für CumCum-Geschäfte marktüblichen Level geäußert haben. Sie haben geschildert, diese Level hätten zu Beginn des Tatzeitraumes zwischen etwa 96 und 100 gelegen und hätten sich in den folgenden Jahren immer näher in Richtung auf 100 zu bewegt, diese Marke in einigen Fällen sogar überschritten. Dies haben sie plausibel damit erklärt, dass bei einem Level von 100 Steuerinländer aus diesen Geschäften zwar keinen Profit mehr erzielen, der Vorteil, unmittelbar nach dem Dividendenstichtag über entsprechende Bestände verfügen zu können, aber überwiege. Dies folge daraus, dass diese Aktien in der Zeit zwischen der Ausschüttung und der cumcum-bedingten Rücklieferung an den Steuerausländer als Ex-Aktien für die Belieferung von CumEx-Leerverkaufgeschäften genutzt werden konnten und eine solche Ex-Belieferung in den Jahren ab 2009 ihrerseits Profite im Bereich von deutlich mehr als einem Dividendenpunkt erbracht habe. Soweit der gesondert Verfolgte JC bekundet hat, im Jahr 2008 habe es vereinzelt, insbesondere bei kleineren MDax-Titeln, auch CumCum-Level im Bereich unter 95 gegeben, liegt darin kein Widerspruch. Vielmehr hat der Zeuge dies selbst als Ausnahme von den ansonsten üblichen höheren Leveln beschrieben.
538c) Abgerundet und bestätigt wurden die Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC durch die Aussagen der als Zeugen gehörten Ermittlungsbeamten EKHK XE, ORR UA, StAR’in IB, StAR IC und RR HL. Diese haben im Rahmen ihrer Ermittlungen - mit unterschiedlichen Schwerpunkten - zum Teil Durchsuchungen durchgeführt und sichergestellte Unterlagen und Datenbestände ausgewertet. So hat der Zeuge HL die Ermittlungen zu den CumEx-Leerverkaufgeschäften der HC Bank in 2006 begleitet und die Struktur der Transaktionen und die Handelspartner der HC Bank aufgedeckt. Der Zeuge IC hat die im Rahmen der Durchsuchungen der HC Bank beschlagnahmten Unterlagen ausgewertet. Ein Schwerpunkt der Arbeiten der Zeugen IB und UA betraf die Fonds-Geschäfte und die Ermittlung von Transaktionsketten, der Zeuge XE hat die Durchsuchungen bei der HC Bank in 2016 und 2018 und die Auswertung der dabei sichergestellten Datenbestände betreut. Alle Zeugen haben die Wirkweise von CumEx-Leerverkaufgeschäften, die Herkunft und die Verteilung der Profite und die Arbeitsweise der Beteiligten übereinstimmend und den Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC entsprechend beschrieben.
a) Das besondere Vertrauen, das der gesondert Verfolgte Dr. NC dem Angeklagten entgegengebracht hat, haben der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung und der gesondert Verfolgte Dr. KK übereinstimmend beschrieben. Beide haben ausgesagt, der gesondert Verfolgte Dr. NC habe den Angeklagten gegen Ende der gemeinsamen Besprechung gebeten, sich in Abstimmung mit den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK um die weiteren Details der in Aussicht genommenen Geschäfte zu kümmern. Auch wenn dieses Gespräch eventuell zu einem Zeitpunkt stattfand, als die im Jahr 2006 von der HC Bank ausgeführten CumEx-Leerverkaufgeschäfte bereits liefen oder sogar bereits abgeschlossen waren, besteht für die Kammer kein Zweifel daran, dass der Angeklagte auch in Bezug auf diese Geschäfte derjenige den Partnern unmittelbar nachgeordnete Bedienstete der HC Bank war, auf dessen Tisch die Planungen zusammenliefen und der die erforderlichen Entscheidungen der Partner verantwortlich vorbereitete. Dies wird durch die von ihm verfasste „Vorlage für die Partnersitzung am 7. März 2006“ anschaulich belegt.
540b) Die Konstruktion der von der HC Bank in 2006 durchgeführten CumEx-Leerverkaufgeschäfte und die Rolle des Angeklagten bei der Umsetzung dieser Geschäfte hat die Kammer anhand der Aussage des Ermittlungsbeamten HL und anhand von zu diesen Geschäften verlesenen Urkunden festgestellt. Aus der Partnervorlage ergibt sich, dass der geplante Probelauf mit Daimler-Chrysler-Aktien als Leerverkauf der HC Bank unter Absicherung durch einen Equity Swap und durch Eindeckung im Wege einer „Wertpapierleihe“ erfolgen sollte. Der Zeuge HL hat bestätigt, dass die Ermittlungen ergeben haben, dass sowohl der Probelauf als auch die weiteren in dieser Saison getätigten Geschäfte dieser Planung entsprechend umgesetzt wurden, wobei - anders als von dem Angeklagten angeblich ursprünglich erinnert - die YB AG Vertragspartnerin der HC Bank sowohl bei den Leerverkäufen als auch bei den Equity Swaps war und die für sie erstellten Steuerbescheinigungen für sich zur Anrechnung verwendet hat. Auch die „Notiz für die Herren Partner“ vom 15.06.2006, die sich mit den Equity-Swaps und mit deren „Aufnahme in die Produktliste nach MaH“ befasst und die im Verteiler auch den Angeklagten nennt, bezeichnet die „YB AG“ als Kontrahentin der HC Bank.
541Die - zum Teil HC-internen - Mails vom 02.03.2006 - „Equity Swap - erbetene Produktprüfung nach MAH“, vom 17.03.2006 - „Kontaktdaten“, vom 17.05.2006 - „Reminder: Neu-Produkt-Prozess: Equity Swap“ und vom 19.06.2006 - „Antwort: Erträge aus Equity Swaps“, die entweder ausschließlich oder jedenfalls auch an den Angeklagten gerichtet sind, belegen, dass dieser in allen Phasen der Umsetzung derjenige Ansprechpartner war, bei dem die Informationen zu diesen Geschäften zusammen liefen. Ihm wurde nicht nur zu den Ergebnissen der hausinternen Produktprüfung berichtet, sondern er war auch Ansprechpartner für die herzustellenden Außenkontakte zu der YB AG und für die hausinterne Zurechnung der aus den Geschäften generierten Erträge.
542Dem entspricht, dass ein nicht datiertes, hausinternes Arbeitspapier mit dem Titel „Ablauf OTC-Equity Swaps (Total Return Swaps)“, das die einzelnen Komponenten der Geschäfte und das im Hause HC Bank vorgesehene Bearbeitungs- und Buchungsverfahren beschreibt, den Angeklagten als denjenigen nennt, mit dem das „Bearbeitungsverfahren … vereinbart“ wurde und nach dessen Vorgabe die Revision „wunschgemäß“ nicht informiert wurde. Auch war es u.a. der von dem Angeklagten geleitete Arbeitsbereich („BRWC“), der ausweislich der „Notiz für die Herren Partner“ vom 15.06.2006 den Entscheidungsträgern der HC Bank vorschlug, die Equity Swaps in die Produktliste nach MaH aufzunehmen.
543c) Die Einlassung des Angeklagten, wonach diese Geschäfte bei der HC Bank unabhängig von einer Beratung durch den gesondert Verfolgten Dr. YE aufgesetzt worden seien, die Bezeichnung als „YE Modell“ in seiner Partnervorlage von März 2006 vielmehr darauf beruhe, dass diese Geschäfte im Markt so bezeichnet worden seien, und die Informationen zu diesen Geschäften in der Bank von seiner Rolle unabhängig erarbeitet und von ihm für die Partner lediglich zusammengefasst worden seien, hält das Gericht für eindeutig widerlegt.
544Denn diese Angaben stehen in diametralem Widerspruch zum Inhalt der unter b) genannten Urkunden. Dass der gesondert Verfolgte Dr. YE dem Angeklagten mit Mail vom 17.03.2006 unter Bezugnahme auf ein Gespräch vom Vortag die Kontaktdaten des Ansprechpartners bei der späteren Vertragspartnerin, der YB AG, zuruft, belegt eindeutig, dass dieser die CumEx-Leerverkaufgeschäfte bei der HC Bank nicht nur beraten hat, sondern in deren Aufsetzung auch konkret eingebunden war. Dies fügt sich zu der entsprechenden Bezeichnung der Geschäfte in der kurz zuvor erstellten Partnervorlage. Desweiteren ergibt sich aus dem undatierten internen Arbeitspapier, dass der Angeklagte nicht lediglich an anderer Stelle erarbeitete Informationen zusammenstellte und weitergab, sondern zentrale Entscheidungen zum Bearbeitungsverfahren und zur Nichteinschaltung der Revision traf und verantwortete.
Dass der Angeklagte um die Wirkweise dieser Geschäfte, die Herkunft des dabei generierten Profits, dessen Verteilung über die Bepreisung des Equity-Swaps und davon wusste, dass die Zahlung der HC Bank an die Bank KB in Höhe von 196.000,00 Euro allein dazu diente, dem gesondert Verfolgten Dr. YE bzw. dessen Gesellschaft HK Ltd. mit Sitz auf British Virgin Island unter Einschaltung der Bank KB dessen Profitanteil zuzuleiten, entnimmt die Kammer dem Bearbeitungsvermerk des Angeklagten vom 07.07.2006 auf der Tabelle mit der Ertragsaufstellung aus den Geschäften, der vom Angeklagten freigegebenen Rechnung der Bank KB vom 16.08.2006 und dem von ihm darauf angebrachten handschriftlichen Vermerk sowie bestätigend der Aussage des gesondert Verfolgten Dr. KK. Die dem entgegenstehende Einlassung des Angeklagten, er habe „nie vermittelt bekommen … , dass dieses Geld an YE floss“, ist für die Kammer eine bloße, durch die Beweisaufnahme eindeutig widerlegte Schutzbehauptung.
546a) Der Angeklagte hat sich zum Hintergrund der Rechnung der Bank KB vom 16.08.2006 dahin erklärt, es handele sich dabei nicht um eine Scheinrechnung, vielmehr hätten Kunden der Bank KB bzw. des gesondert Verfolgten Dr. YE Interesse an diesen Geschäften gehabt. Die HC Bank ihrerseits habe Interesse am Aufbau neuer Kundenkontakte gehabt.
547Diese Darstellung ist schon aus sich heraus unverständlich, weil der Angeklagte nicht mitgeteilt hat, ob die Rechnung nun „für“ Kunden der Bank KB oder „für“ Mandanten des gesondert Verfolgten Dr. YE gestellt wurde. Ohne Bezug zu den von der HC Bank im Jahr 2006 durchgeführten CumEx-Leerverkäufen und damit unglaubhaft ist diese Einlassung aber insbesondere deshalb, weil bei diesen Geschäften andere „Kunden“ als die YB AG und diejenige Stelle, mit der die HC Bank die zur Belieferung abgeschlossenen Wertpapierleihgeschäfte tätigte, nicht vorkommen. Die Wertpapierleihgeschäfte wurden nach den vom Zeugen HL erläuterten Ermittlungsergebnissen regelmäßig mit XD, also mit einem professionellen Marktteilnehmer, und nicht etwa mit von der Bank KB oder von dem gesondert Verfolgten Dr. YE betreuten Kunden abgeschlossen. Es gab für die HC Bank also keinen plausiblen Grund, für die 2006er Leerverkaufgeschäfte eine „Rechnung für Kundenvermittlung“ zu bezahlen. Welche „Bemühungen“ die Bank KB in diesem Zusammenhang entfaltet haben soll, hat auch der Angeklagte nicht erklärt.
548b) Die von dem Angeklagten am 07.07.2006 gezeichnete Aufstellung der Profite der 2006er Leerverkaufgeschäfte belegt mit dem Eintrag „YE 25% 196.660,00 €“ dagegen, dass ein Viertel der von der HC Bank aus diesen Geschäften generierten Profite für „YE“ - und nicht etwa für die Bank KB, die ja die entsprechende, lediglich leicht abgerundete, Rechnung gestellt hat - bestimmt war. Die Kammer entnimmt dem, dass mit diesem Betrag allein der Umstand entlohnt werden sollte, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE der HC Bank die Möglichkeit zum Abschluss solcher CumEx-Leerverkäufe aufgezeigt hat. Der Einlassung des Angeklagten, er habe diese Tabellenzeile nicht mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE persönlich in Verbindung gebracht, der Name sei einfach das „Synonym“ für die Kunden von YE, sonst gar nichts, schenkt die Kammer angesichts der gegenläufigen Indizien keinen Glauben. Die Behauptung des Angeklagten, dass andernfalls dort „Dr. YE“ und nicht einfach nur „YE“ gestanden hätte, ist schlicht nicht überzeugend. Denn der akademische Grad steht mit dem Namen von dessen Träger in genauso enger Verbindung, wenn dieser lediglich als „Synonym“ für hinter diesem stehende Personen Verwendung findet.
549Nicht zuletzt deckt sich dies mit den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK. Dieser hat ausgesagt, es handele sich bei der Rechnung über 196.000,00 Euro um eine nicht leistungsunterlegte Scheinrechnung, die seine und die Partizipation des gesondert Verfolgten Dr. YE an den 2006er Leerverkaufgeschäften abdecke. Es sei der Angeklagte gewesen, der bei der Entlohnung anderer vom gesondert Verfolgten Dr. YE beratener Modelle, sogenannter „Asset-Linked-Note-Strukturen“, habe vermeiden wollen, dass die HC Bank an eine Offshore-Gesellschaft überweisen muss. Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Einschaltung der Schweizer Bank KB.
550Die Angaben des Zeugen Dr. KK werden zunächst durch seine Email vom 31.07.2006 an den gesondert Verfolgten Dr. TE, seinerzeit Direktor bei der Bank KB, bestätigt und sinnvoll ergänzt, in deren Anhang er „die vorformulierte Rechnung in Sachen HC mit der Bitte um weitere Veranlassung“ übersendet. Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat hierzu erläutert, für die HC Bank habe der Vorteil einer in der Schweiz ausgestellten Rechnung insbesondere darin bestanden, dass damit das Risiko, dass die Abzugsfähigkeit dieser Kosten als Betriebsausgaben im Rahmen einer Betriebsprüfung problematisiert werden könnte, verringert wurde. Für den gesondert Verfolgten Dr. YE und ihn habe die Rechnungstellung durch die Bank KB es vereinfacht, diese Profite vorbei an der Kanzlei, für die sie zu dieser Zeit tätig waren, zu vereinnahmen. Das Gericht hält diese authentischen Ausführungen für überzeugend. Sie fügen sich stimmig zur Urkundslage und werden durch entsprechende Vorgänge in den Folgejahren bestätigt. Zudem ist nicht ersichtlich, weshalb der gesondert Verfolgte Dr. KK, der sich mit dieser Aussage auch selbst belastet, insoweit falsch bekunden sollte.
551c) Im Rahmen seiner Einlassung am 22.04.2021 hat der Angeklagte eingeräumt, dass es auch sein Verständnis ist, dass die Quelle des Profits bei den 2006er CumEx-Leerverkaufgeschäften der HC Bank „mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ darin liegt, dass eine Steuer gezogen wird, die vorher nicht entrichtet wurde. Auch wenn der Angeklagte diese Einschätzung erst nach mehreren Nachfragen abgab und diese zugleich zu relativieren versuchte, hat die Kammer keinerlei Zweifel daran, dass der langjährig im Bankgeschäft erfahrene und bei der HC Bank u.a. für die Bilanzierung und für das Controlling zuständige Angeklagte auch bereits im Jahr 2006 die Wirkweise, und damit auch die tatsächliche Profitquelle der CumEx-Leerverkaufgeschäfte, erkannt hat. Denn es gehörte nicht nur zum Kernbereich seiner Zuständigkeit, diese Geschäfte vor Abgabe einer Empfehlung gegenüber den Partnern genau zu analysieren, sondern es entsprach auch seinem Arbeitsverständnis, sich gründlich auch in alle Details der ihm zugedachten Projekte einzuarbeiten. Dies haben völlig unabhängig voneinander etwa der Zeuge TF und die Zeugin LF so geschildert. Ersterer war als Betriebsprüfer über lange Zeiträume bei der HC Bank tätig und hat anschaulich beschrieben, dass der Angeklagte ihm gestellte Fragen nicht nur schnell, sondern immer auch auf Grundlage sehr großer Detailkenntnis beantwortete. Die Zeugin LF war bei der HC Bank über viele Jahre die Sekretärin des Angeklagten und hat dessen Arbeitsweise als allezeit gründlich und genau beschrieben. Davon ausgehend musste dem Angeklagten klar sein, dass dann, wenn entweder die YB AG keine Steueranrechnung erlangen würde oder die HC Bank auf die zu leistende Kompensationszahlung Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag entrichten würde, die jeweilige Seite mit diesen Geschäften einen Verlust realisieren würde.
552Die Kammer hat ferner auch keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte bereits im Jahr 2006 erfasst hat, dass der bei der HC Bank generierte Profit über die Preisparameter des Equity-Swaps anteilig an die YB AG als Vertragspartnerin weiter gereicht wird. Seine Angabe in der „Vorlage für die Partnersitzung am 07.03.2006“, inzwischen habe „das YE-Modell als machbar abgeklärt werden“ können, wird dort durch Ausführungen zum „Produkt Equity-Swap“ flankiert. Der Angeklagte berichtet in der Vorlage, dass angestrebt werde, dass der gesondert Verfolgte TB als Händler den Swap „nach Möglichkeit ebenfalls zum Schlusskurs“ erwirbt, also zu dem Kurs, zu dem die Bank die Stücke leer verkaufen will. Die Kammer schließt - ausgehend von der überzeugend als äußerst gründlich beschriebenen Arbeitsweise des Angeklagten - aus, dass dieser in der Partnervorlage entsprechend detaillierte Angaben zum Preis des Equity-Swaps macht, ohne sich zuvor genau über dessen Bestandteile kundig gemacht zu haben.
a) Den Umstand, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE den Angeklagten im Sommer 2006 darüber informierte, dass die Einbringung des Referentenentwurfes zum Jahressteuergesetz 2007 sich verzögere und somit Zeit gewonnen sei, die endgültige Fassung im gemeinsamen Sinne zu beeinflussen, entnimmt die Kammer der entsprechenden Mail vom 18.08.2006 mit dem Betreff „Jahressteuergesetz 2007“.
554b) Dass die sodann Ende des Jahres 2006 mit dem Jahressteuergesetz 2007 eingeführte Neuregelung den Missbrauch von CumEx-Leerverkaufgeschäften nicht stoppen konnte, wird durch die in den nachfolgenden Jahren am Markt getätigten Geschäfte belegt.
Die Feststellungen zu den Einzelfällen beruhen auf folgenden Erwägungen:
aa) Die Überzeugung der Kammer von dem festgestellten Inhalt des in der zweiten Hälfte des Jahres 2006 oder Anfang des Jahres 2007 durchgeführten Gespräches sowie davon, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE hieran anschließend entsprechend einer zuvor getroffenen Vereinbarung mit dem Angeklagten wiederholt telefonisch in Kontakt trat, gründet auf der Einlassung des Angeklagten sowie auf den Angaben des als Zeugen vernommenen gesondert Verfolgten Dr. KK.
557Unterschiedlich geäußert haben der Angeklagte sowie der gesondert Verfolgte Dr. KK sich nur zu der Frage, ob in dem Gespräch konkret auch über eine Leerkaufstrategie gesprochen wurde. Insoweit wird auf die Beweiswürdigung zum Vorliegen von Leerverkäufen in Fall 1 [vgl. unten c)ee)] und auf die dortigen Ausführungen zur Überzeugungskraft der Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK Bezug genommen.
558Dass es der gesondert Verfolgte Dr. YE war, der den Kontakt zwischen der HC Bank und dem Handelstisch des gesondert Verfolgten PI bei der TJ herstellte, schlussfolgert die Kammer ebenfalls aus der entsprechenden Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK. Der gesondert Verfolgte KI hat hiermit übereinstimmend bekundet, ihm sei jedenfalls im Nachgang klar geworden, dass die HC Bank infolge einer Vermittlung des gesondert Verfolgten Dr. YE an den gesondert Verfolgten PI herangetreten sei. Der festgestellte Sachverhaltsablauf steht darüber hinaus in Einklang mit dem Umstand, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE auf Grundlage der im Jahr 2006 mit dem früheren gesondert Verfolgten LI durchgeführten Geschäfte eine Geschäftsbeziehung mit der TJ und dort insbesondere mit dem gesondert Verfolgten PI aufgebaut hatte. Dass die von der TJ vermittelten Geschäfte des früheren gesondert Verfolgten LI im Jahr 2006 entsprechend den Feststellungen unter Mitwirkung des gesondert Verfolgten KI geplant und aufgesetzt wurden, schlussfolgert die Kammer aus den diesbezüglichen Angaben der gesondert Verfolgten Dr. KK und KI.
559Dass dem gesondert Verfolgten Dr. YE auch im Hinblick auf die Eigenhandelsgeschäfte des Jahres 2007 die festgestellte initiierende Rolle zukam, entspricht der Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach die HC Bank dessen Mandat gewesen sei, welches dieser selbst und zunächst ohne den gesondert Verfolgten Dr. KK betreut habe. Dies steht im Einklang mit dem Umstand, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE die HC Bank bereits im Jahr 2006 hinsichtlich der Durchführung der Transaktionen auf Leerverkäuferseite beraten und hierfür eine Profitbeteiligung vereinnahmt hatte. Die Beratung der HC Bank durch den gesondert Verfolgten Dr. YE und dessen Bestreben, die Geschäftsbeziehungen zwischen dieser und dem gesondert Verfolgten PI zu intensivieren, geht ferner aus diversen, in Urkunden dokumentierten, Kommunikationsinhalten hervor (z.B. Email vom 30.01.2007 von QE an XL „WG:Präsentation“; Vermerk XL „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“; Email vom 10.10.2007 von QE an XL „Unterlagen Step Plan Aktienverkauf / Übersicht Dividendenoptimierung“; Email von QE an KD und XL vom 11.02.2008 „Dividendenoptimierungsstruktur“; Email vom 20.02.2009 von Dr. YE an Dr. NC und KD „Versendung an HC“; Vermerk vom 30.04.2009 von KD an Dr. NC, HC und Dr. WA „Gesprächszusammenfassung“; Vermerk „Telefonat mit Herrn Dr. YE am 30.04.2009“, Email von Dr. YE vom 11.11.2009 an KD und Dr. NC „unser Gespräch von letzter Woche“; Vermerk von KD „Gespräch mit Herrn Dr. YE am heutigen Tage“ vom 02.03.2011). Diese lassen eindeutig erkennen, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE jedenfalls bis zum Jahr 2011 immer wieder zu den verfahrensgegenständlichen Transaktionen kommunizierte und hierbei insbesondere auch den Angeklagten ansprach.
560bb) Dass dem Angeklagten entgegen seiner eigenen Einlassung im Anschluss an das initiierende Gespräch und im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum innerhalb der HC Bank sowie der HC Gruppe zentrale Funktionen im Hinblick auf die Vorbereitung der jeweiligen Dividendensaison und auf die Koordinierung der in die CumEx-Transaktionen eingebundenen Arbeitsbereiche oblagen, steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, insbesondere auf Grund zahlreicher Urkundeninhalte, die die externe Kommunikation der HC Bank mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE sowie die internen Abstimmungen zwischen den Arbeitsbereichen der Bank betreffen. Die Einlassung des Angeklagten, er habe nur in anderen Abteilungen erarbeitete Ergebnisse zusammengestellt, wertet die Kammer als reine Schutzbehauptung.
561(1) Aus diversen Emails und Schreiben des gesondert Verfolgten Dr. YE, die entweder unmittelbar oder jedenfalls auch an den Angeklagten gerichtet sind, und aus Vermerken über zwischen dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. YE geführte Gespräche geht unzweifelhaft hervor, dass dieser den Angeklagten als zentralen Ansprechpartner angesehen hat, wenn es um die Erörterung struktureller Fragen und etwaige Anpassungen der Transaktionen im Hinblick auf Reaktionen des Gesetzgebers und anderer Marktteilnehmer ging. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang exemplarisch
562- die an den Angeklagten adressierte Email vom 18.08.2006 „Jahressteuergesetz 2007“, in der der gesondert Verfolgte Dr. YE ausführt, angesichts einer Verschiebung der Beschlussfassung des Bundeskabinetts zum Jahressteuergesetz 2007 sei Zeit gewonnen worden, die endgültige Fassung des Gesetzes noch zu beeinflussen;
563- das Schreiben vom 21.05.2008 an den gesondert Verfolgten Dr. NC und den Angeklagten „Unsere Besprechung vom 20.05.2008“, in dem der gesondert Verfolgte Dr. YE unter Bezugnahme auf einen persönlichen Gesprächstermin auf die in den Folgejahren geplante Zusammenarbeit der HC Bank mit ihm und mit dem gesondert Verfolgten PI sowie auf eine mögliche Ausdehnung der Transaktionen auf andere europäische Staaten eingeht;
564- die an den Angeklagten adressierte Email vom 04.05.2009 „Rückgabe der Anteile / Kapitalertragsteuer / Haftung der KAG“, in der mögliche Konsequenzen des erwarteten BMF-Schreibens beleuchtet werden;
565- die Email des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 06.05.2009 „YG Bank – Kapitalertragsteuer / Nettodividende“, in der dieser den Angeklagten darauf hinweist, die Depotbank schreibe dem BC German Equity Fund weder die Kapitalertragsteuer noch die Nettodividende gut, so dass ein Einschreiten geboten sei, um das der gesondert Verfolgte Dr. YE den Angeklagten ersucht;
566- die an den gesondert Verfolgten Dr. NC und den Angeklagten adressierte Email vom 11.11.2009 „unser Gespräch von letzter Woche“, mit der der gesondert Verfolgte Dr. YE diverse Unterlagen übermittelt, unter anderem ein von ihm als „Working Paper zu den cum / ex Trades“ bezeichnetes Dokument;
567- der „Vermerk für Herrn Dr. NC“ vom 03.02.2011, in dem der Angeklagte über ein Telefonat mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE berichtet, worin dieser geäußert habe, die Finanzverwaltung vertrete eine andere Auffassung zu der Single Future Struktur als er selbst, obgleich seine Annahmen (vermeintlich; Ergänzung der Kammer) auf Rechtsprechung basierten.
568Die Kammer schließt aus, dass der Angeklagte diese und weitere verfahrensgegenständliche, an ihn adressierte Schreiben und Emails nicht zur Kenntnis genommen oder ohne weitere inhaltliche Befassung lediglich hausintern weitergeleitet hat. Hiergegen spricht schon die eigene Einlassung des Angeklagten, wonach ihm von dem gesondert Verfolgten Dr. NC im Anschluss an das Beratungsgespräch mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE aufgetragen worden sei, die weiteren Details selbst unmittelbar mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE zu besprechen. Dann steht indes zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte auch sämtliche Urkunden zur Kenntnis genommen hat, um eine valide Empfehlung gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. NC abgeben zu können. Auch der gesondert Verfolgte Dr. KK hat unter Bezugnahme auf Telefongespräche, denen er selbst unmittelbar beigewohnt habe, angegeben, der gesondert Verfolgte Dr. YE habe wiederholt Einzelheiten der geplanten Transaktionen detailliert mit dem Angeklagten besprochen. Hiermit steht in Einklang, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. KK nach dessen Aussage ausdrücklich zu verstehen gegeben hat, der gesondert Verfolgte Dr. NC würde einer Durchführung der Transaktionen unter Einschaltung der HC Bank nur zustimmen, wenn der Angeklagte dies empfehle. Hiermit korrespondiert wiederum, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE in seiner Mail- und weiteren Kommunikation insbesondere den Angeklagten ansprach, so etwa auch im Rahmen des am 08.02.2008 verfassten Steuergutachtens, das neben dem gesondert Verfolgten XL und der HC Bank ausdrücklich den Angeklagten als Adressaten nennt.
569Soweit der Angeklagte angegeben hat, er selbst sei im Laufe der Zeit dazu übergegangen, nicht mehr sämtliche Emails zu lesen, vielmehr habe seine Sekretärin - die Zeugin LF - entschieden, welche Emails sie ihm ausdruckt und vorlegt, folgt hieraus nichts Abweichendes. Die Kammer ist vielmehr davon überzeugt, dass der Angeklagte sämtliche der zum Gegenstand der Beweiswürdigung gemachten Emails auch tatsächlich zeitnah nach ihrer Absendung zur Kenntnis genommen hat. Hinsichtlich einer Reihe von Emails folgt dies bereits daraus, dass der Angeklagte sich an deren Inhalte erinnern konnte, auch wenn er hiermit im Rahmen seiner Einlassung keine Details mehr in Verbindung brachte. Insbesondere hat der Angeklagte sich aber dahin eingelassen, die Zeugin LF habe jedenfalls diejenigen Emails ausgedruckt und vorgelegt, die sie für wichtig erachtet habe. Diverse der verfahrensgegenständlichen Emails sind ausschließlich oder vorrangig an den Angeklagten gerichtet, wohingegen andere Adressaten nur im „CC“ auftauchen, so dass schon nach der Einlassung des Angeklagten davon auszugehen ist, dass sie von der Zeugin LF ausgedruckt wurden. Ferner weisen insbesondere die Mailinhalte aus März bis Mai 2009 augenscheinlich derart gewichtige Fragestellungen im Hinblick darauf auf, ob die verfahrensgegenständlichen Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank sowie im geplanten Fondsvorhaben überhaupt fortgesetzt werden, dass die Kammer ausschließt, dass die Zeugin LF diese nicht als wichtig hätte einstufen können. Dies folgt bereits daraus, dass die Zeugin LF im Rahmen ihrer Vernehmung zu verstehen gegeben hat, sie habe die meisten eingehenden Emails ausgedruckt und vorgelegt. Insbesondere sei dies im Hinblick auf sämtliche Emails erfolgt, die inhaltliche Fragen zum Gegenstand gehabt hätten. Dass der Angeklagte sich mit den an ihn adressierten Emails auch inhaltlich auseinander gesetzt hat, folgt aus diversen Reaktionen seinerseits, so etwa aus einer Email vom 06.04.2009 („WG: Telefonat“), in der die Zeugin LF unter anderem den gesondert Verfolgten TB darauf hinweist, der Angeklagte würde gerne mit ihm über den Inhalt einer von dem gesondert Verfolgten Dr. YE am 03.04.2009 an ihn adressierten Email sprechen, die die geplanten Geschäfte des BC German Equity Special Fund zum Gegenstand hatte.
570Dass die Einschätzung des gesondert Verfolgten Dr. YE hinsichtlich der Person des Angeklagten tatsächlich mit einer dem entsprechenden Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungsfindung jedenfalls des gesondert Verfolgten Dr. NC korrespondierte, folgt aus den Angaben mehrerer Zeugen, die sich zur Stellung des Angeklagten in der Bank und zu seinem Verhältnis zu dem gesondert Verfolgten Dr. NC geäußert haben. Der Zeuge Dr. YK - in den Jahren 2007 und 2008 über einen Zeitraum von anderthalb Jahren selbst persönlich haftender Partner der HC Bank - hat unter Bezugnahme auf die langjährige Beschäftigungszeit des Angeklagten bei der HC Bank und eigene unmittelbare Wahrnehmungen hinsichtlich in seiner und in Anwesenheit des Angeklagten durchgeführter Gespräche mit dem gesondert Verfolgten Dr. NC bekundet, der Angeklagte sei nach seiner Einschätzung ein aktiver Kenner interner Vorgänge in der Bank gewesen und habe mit dem gesondert Verfolgten Dr. NC vertrauensvoll und loyal zusammengearbeitet. Der Zeuge HF - seit Juni 2006 Mitarbeiter der HC Bank und bis zum Urteilszeitpunkt Leiter des Personalbereichs - hat bekundet, nach seiner Einschätzung sei der Angeklagte der wichtigste Mitarbeiter des gesondert Verfolgten Dr. NC gewesen, was - neben dem Umstand, dass ein Nachfolger zunächst nicht gefunden werden konnte - der Grund dafür gewesen sei, dass der Angeklagte auch nach Erreichen des Rentenalters weiter für die HC Bank arbeitete. Schließlich hat auch der gesondert Verfolgte Dr. KK auf Grundlage seiner unmittelbaren Wahrnehmungen des Inhaltes des initiierenden Gesprächs bekundet, er habe in diesem den Eindruck gewonnen, der gesondert Verfolgte Dr. NC habe von dem Angeklagten erwartet, dass dieser Nachfragen zu den Details der von dem gesondert Verfolgten Dr. YE vorgeschlagenen Transaktionen stellt und sich auch im Nachgang des Gesprächs die Einzelheiten der vorgeschlagenen Struktur erläutern lässt.
571Der gesondert Verfolgte Dr. YE hatte vor diesem Hintergrund ein hohes Interesse daran, in engem Austausch mit dem Angeklagten zu stehen und diesen von der Profitabilität der Geschäfte zu überzeugen. Aus all dem schlussfolgert die Kammer, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE den Angeklagten nicht lediglich beiläufig über den weiteren Ablauf der geplanten Geschäfte informierte. Vielmehr fiel es gerade in den Aufgabenbereich des Angeklagten, weitere Details der Zusammenarbeit mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE abzusprechen und die von diesem gegenüber der HC Bank abgegebenen Erklärungen zur Kenntnis zu nehmen, um hiervon ausgehend die Entscheidung der Partner hinsichtlich der Durchführung der Geschäfte vorzubereiten.
572(2) Dass dem Angeklagten auch nach der hausinternen Wahrnehmung eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Koordinierung der CumEx-Transaktionen zukam, kommt unter anderem darin zum Ausdruck, dass der gesondert Verfolgte TB den Angeklagten mit Email vom 15.07.2008 („?“) gegenüber einem weiteren Mitarbeiter der HC Bank - Herrn KN - als „Paten“ der Transaktionen bezeichnete und Herrn KN um eine Einschätzung dazu bat, ob der Angeklagte über weitere Details der geplanten Transaktionen in den Aktiengattungen Heidelberger Druckmaschinen AG und Südzucker AG informiert werden sollte, was dieser mit Email vom gleichen Tag („Antwort: ?“) bejahte. Soweit der Angeklagte im Hinblick auf die von dem gesondert Verfolgten TB gewählte Formulierung zu verstehen gegeben hat, es handle sich nach seiner Einschätzung um einen „Händlerspruch“, der nichts daran zu ändern vermag, dass er in konkrete Entscheidungen nicht eingebunden gewesen sei, ist dies sowohl vor dem Hintergrund der weiteren Beweisergebnisse als auch im Hinblick auf die Mailkommunikation zwischen dem gesondert Verfolgten TB und Herrn KN insgesamt nicht glaubhaft. Denn die Formulierung des gesondert Verfolgten TB sowie die Reaktion von Herrn KN lassen deutlich erkennen, dass diese davon ausgingen, der Angeklagte sei im Hinblick auf die Eigenhandelsaktivitäten der HC Bank über sämtliche wesentlichen Fragestellungen in Kenntnis zu setzen. Die Kammer schließt aus, dass diese Einschätzung nicht auf einem realen Hintergrund beruhte, wonach dem Angeklagten wesentliche Funktionen hinsichtlich der Planung der Geschäfte sowie der Koordinierung der eingebundenen Arbeitsbereiche zukamen.
573Die in der Email des gesondert Verfolgten TB zum Ausdruck kommende Einschätzung korrespondiert mit Angaben des Zeugen EKHK PJ über den Inhalt einer zeugenschaftlichen Vernehmung des mittlerweile selbst gesondert Verfolgten Dr. WA, die während einer im Januar 2016 erfolgten Durchsuchungsmaßnahme durchgeführt wurde. Der Zeuge PJ hat seine Wahrnehmungen vom Inhalt der Aussage des gesondert Verfolgten Dr. WA - im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Leiter der Rechtsabteilung der HC Bank - dahingehend konkretisiert, dass dieser im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Transaktionen angegeben habe, der Angeklagte habe hausintern die Verantwortung für die Geschäfte getragen. Auch im weiteren Verlauf der Befragung habe der gesondert Verfolgte Dr. WA hinsichtlich einzelner Details der Transaktionen auf den Angeklagten verwiesen. Zwar war der Zeuge PJ nach seiner eigenen Einlassung im Zeitpunkt der Befragung des gesondert Verfolgten Dr. WA noch davon ausgegangen, unter Einschaltung der HC Gruppe wären vorrangig die CumEx-Geschäfte der in den Jahren 2009 und 2010 aufgesetzten Fonds durchgeführt worden, wohingegen die Erkenntnisse vom HC Eigenhandel noch gering gewesen seien. Die Kammer schließt indes aus, dass auch der gesondert Verfolgte Dr. WA im Zeitpunkt seiner Befragung davon ausging, diese beziehe sich allein auf die Fondsgeschäfte. Dies folgt bereits daraus, dass er die vorstehend wiedergegebene Äußerung nach Erinnerung des Zeugen PJ getätigt haben soll, nachdem ihm das Dokument „Bestätigungsschreiben - `Fee Letter`“ vom 09.05.2008 vorgehalten worden war. Von diesem steht indes zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass es vorrangig als Grundlage für die Beteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den durch die Eigenhandelsgeschäfte generierten Profiten dienen sollte. Im Übrigen hat die Beweisaufnahme insgesamt ergeben, dass der Angeklagte in die Fondsgeschäfte in deutlich geringerem Umfang eingebunden war als in den Eigenhandel.
574Die Kammer hat im Hinblick auf die Angaben des Zeugen PJ berücksichtigt, dass diese lediglich seine eigenen Erinnerungen an den Inhalt einer Aussage zum Gegenstand haben, die über fünf Jahre vor der Vernehmung des Zeugen in der hiesigen Hauptverhandlung durchgeführt wurde. Trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs ist die Kammer indes davon überzeugt, dass die Erinnerungen des Zeugen PJ hinsichtlich der Äußerungen des gesondert Verfolgten Dr. WA zutreffend sind. Denn der Zeuge konnte in diesem Zusammenhang sicher erinnern, dass der gesondert Verfolgte Dr. WA besonders auf den Umstand hingewiesen hat, der Angeklagte gehe aus der ihm vorgehaltenen Urkunde als „Rechtsunterzeichner“, mithin als diejenige Person hervor, die das Unterschriftenfeld auf der rechten Seite unterzeichnet habe. Hierin komme die hausinterne Verantwortung des Angeklagten für die betroffenen Sachverhaltskomplexe zum Ausdruck. Diese Erinnerung des Zeugen PJ war in jeder Hinsicht authentisch. Insbesondere leuchtet der Kammer ohne weiteres ein, dass er den Terminus „Rechtsunterzeichner“ und die Bedeutung, die der gesondert Verfolgte Dr. WA dem Begriff in seiner Vernehmung zuschrieb, auch mehrere Jahre nach der Befragung erinnern konnte.
575Hinsichtlich der Person des gesondert Verfolgten Dr. WA ist die Kammer sich im Übrigen darüber bewusst, dass dieser schon angesichts der ihm durch die Durchsuchungsmaßnahme bekannt gewordenen strafrechtlichen Ermittlungen ein Interesse daran haben konnte, seine eigene hausinterne Verantwortung für die Genehmigung der verfahrensgegenständlichen Transaktionen durch Hervorhebung der Rolle des Angeklagten herunterzuspielen. Allerdings fügen sich die Angaben des gesondert Verfolgten Dr. WA, die dieser nach den Erinnerungen des Zeugen PJ im Rahmen seiner Vernehmung hinsichtlich der hausinternen Verantwortlichkeit des Angeklagten getätigt hat, unmittelbar in die weiteren Ergebnisse der Hauptverhandlung ein.
576(3) Auch weitere Beweisergebnisse tragen die Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung der Entscheidungen der HC Bank eingenommen hat, im Zeitraum 2007 bis 2011 die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen durchzuführen.
577Auf Grundlage der Einlassung des Angeklagten selbst steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass er im Jahr 2007 gegenüber den Partnern empfahl, die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE vorgeschlagene Strategie umzusetzen. Ferner erstellte der Angeklagte jedenfalls in den Jahren 2008 und 2010 die Vorlagen für die Partnersitzungen, in denen um Genehmigung der für die jeweilige Dividendensaison geplanten Transaktionen gebeten wurde („Vorlage für die Partnersitzung am 15. Januar 2008“ und „Vorlage für die Partnersitzung am 12.01.2010“). Die für das Jahr 2011 von dem gesondert Verfolgten HG (damals ZC) unterzeichnete Partnervorlage („Vorlage für die Partnersitzung am 18.01.2011“) hatte dieser zuvor mit dem Angeklagten inhaltlich abgestimmt. Dies schlussfolgert die Kammer daraus, dass der gesondert Verfolgte HG die Partnervorlage mit Email vom 17.01.2011 an den gesondert Verfolgten Dr. WA übersandte und hierbei ausdrücklich darauf hinwies, er habe gemeinsam mit dem Angeklagten einen Passus zur Vorabprüfung der jeweiligen Einzeltransaktionen in die Partnervorlage aufgenommen. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer insbesondere auch die Einlassung des Angeklagten als widerlegt an, wonach er im Jahr 2011 in die Eigenhandelsaktivitäten nicht mehr eingebunden gewesen sein will.
578Der Umstand, dass der Angeklagte noch im Jahr 2011 und damit zu einem Zeitpunkt, in dem der gesondert Verfolgte HG (damals ZC) formell schon seine Nachfolge angetreten und der Angeklagte seine neue Tätigkeit bei der HC Gruppe aufgenommen hatte, in die Vorbereitung der Partnervorlage eingebunden wurde, belegt ebenfalls seine hervorgehobene Stellung hinsichtlich der Vorbereitung der Geschäfte. Bestätigt wird dieser Befund auch dadurch, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE ausweislich des von dem Angeklagten am 02.03.2011 für den gesondert Verfolgten Dr. NC verfassten Vermerks („Gespräch mit Herrn Dr. YE am heutigen Tage“) auch noch zu diesem Zeitpunkt, mithin nach dem formellen Ausscheiden des Angeklagten aus der HC Bank, im Rahmen eines Telefongesprächs mit diesem den Umstand besprach, dass seitens der Finanzverwaltung zu der Single Future Struktur eine andere Auffassung vertreten werde als von dem gesondert Verfolgten Dr. YE selbst.
579Hiermit im Einklang steht der Umstand, dass der Angeklagte auch in die Planung der Geschäfte des BC German Equity Special Fund sowie des BC German Hedge Fund eingebunden wurde, obgleich diese durch die HE und damit eine Gesellschaft verantwortet wurden, in der er selbst keine formelle Stellung einnahm. Soweit der Angeklagte sich in diesem Zusammenhang dahingehend eingelassen hat, mit den Fonds-Geschäften habe er mangels eigener Zuständigkeit nichts zu tun gehabt, werden diese Angaben durch zahlreiche Urkundeninhalte als Schutzbehauptung widerlegt. So geht bereits aus der Urkunde „Gespräch mit den Herren JB und Dr. PA zu BC German Equity Special Funds am 29.02.2009“ hervor, dass zum einen die Teilnehmer des in dem Vermerk dokumentierten Gesprächs Anlass sahen, den Angeklagten über Bedenken des gesondert Verfolgten HB hinsichtlich der Fondsgeschäfte zu informieren und dass zum anderen der Angeklagte sich konkret dahingehend äußerte, es müsse dafür Sorge getragen werden, dass das „`Steuerrisiko` im Fonds bleibe, bis das Risiko ausgeschlossen ist“. Insbesondere der Umstand, dass dem Angeklagten Zweifel eines Partners hinsichtlich der Fondsgeschäfte kommuniziert wurden, belegt nach Einschätzung der Kammer, dass der Angeklagte in die Planung der Fondsstrukturen eingebunden und sich frühzeitig über durch den Fonds begründete Steuerrisiken im Klaren war. Aus mehreren dokumentierten Gesprächsinhalten geht im Übrigen hervor, dass der Angeklagte an internen Diskussionen und an Gesprächen mit den gesondert Verfolgten Dr. YE und PI zu den Auswirkungen des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 nicht nur teilgenommen, sondern diese aktiv mitbestimmt hat (Vermerke „Gespräch mit ZD & KL am 01.04.2009“, „Gespräch am 20.04.2009 zwischen ZD und KL und PB“, „Telefonat mit PI vom 30.04.2009“, „Telefonat mit Herrn Dr. YE am 30.04.2009“). Nach Abschluss dieser Diskussionen war es der Angeklagte, der im Rahmen eines Vermerks als Ergebnis der Besprechungen festhielt, die Geschäfte im Eigenhandel sowie im BC German Equity Special Fund könnten trotz der sich aus dem BMF-Schreiben ergebenden Anforderungen fortgesetzt werden („Vermerk Gesprächszusammenfassung“ vom 30.04.2009).
580Durch den Vermerk vom 30.04.2009 („Telefonat mit Herrn Dr. YE am 30.04.2009“) ist belegt, dass der Angeklagte gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. YE geäußert hat, er sei darüber verwundert gewesen, „mit welcher Vehemenz Hr. Dr. YE das Fondsprojekt vorangetrieben hat.“ Auch diese Äußerung setzt nach Einschätzung der Kammer voraus, dass der Angeklagte an vorherigen Gesprächen mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE teilgenommen hat, die die Umsetzung des Fondsprojektes zum Gegenstand hatten. Schließlich trat der Angeklagte selbst unmittelbar in Kontakt mit Mitarbeitern der YG Bank, um diese davon zu überzeugen, dass diese die Rolle als Depotbank ausführt. Aus dem Vermerk „Gespräch von Herrn KD mit Herrn Dr. YE am 21.04.2009 um 15:00 Uhr“ geht insoweit nicht nur hervor, dass der Angeklagte mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE erörtert hat, warum die HC Bank nicht selbst die Depotbankfunktion übernehmen könne. Vielmehr ist hierin dokumentiert, dass der Angeklagte im Anschluss an das Gespräch mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE Kontakt zu dem Vorstandssprecher der YG Bank aufnahm und darauf hinwirkte, dass diese ihren Verpflichtungen aus der Dreiervereinbarung nachkommt.
581Nach alldem sind nach Einschätzung der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran begründet, dass der Angeklagte gerade aufgrund seiner engen Einbindung in die Eigenhandelsaktivitäten ab dem Jahr 2006 damit betraut wurde, auch bei den Fondsgeschäften unterstützend tätig zu werden, obwohl er formell bei der HE keine Position innehatte. Aus der Einlassung des Angeklagten folgt nichts Abweichendes. Zu dem Vermerk „Gespräch mit den Herren JB und Dr. PA zu BC German Equity Special Funds am 29.02.2009“ hat er sich ausweichend dahingehend eingelassen, an den Vorgang keine konkrete Erinnerung zu haben. Zu einzelnen Emails des gesondert Verfolgten Dr. YE, die die Rolle der YG als Depotbank zum Gegenstand haben und die unmittelbar an ihn adressiert wurden, hat der Angeklagte sich dahingehend eingelassen, er könne selbst nicht angeben, warum er diese Emails überhaupt erhalten habe. Dies ist nach Einschätzung der Kammer mit den vorstehend dokumentierten Urkundeninhalten indes nicht in Einklang zu bringen. Aus diesen geht eindeutig hervor, dass der Angeklagte nicht ledig passiver Beobachter der Fondsgeschäfte war, sondern dass er bei diesen jedenfalls in beratender Funktion tätig war und in dieser Eigenschaft gezielt über die wesentlichen Details der geplanten Geschäfte informiert wurde. Hierfür spricht zuletzt auch, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE das für die Fondsgeschäfte verfasste Gutachten „Steuerliches Gutachten zur Ausnutzung von Marktineffizienzen über den Hauptversammlungsstichtag“ mit Email vom 20.02.2009 an den gesondert Verfolgten Dr. NC und an den Angeklagten übersandte, wobei er in der Email lediglich auf den Titel des Gutachtens Bezug nahm, ohne den Grund für dessen Übersendung näher zu erläutern. Dies lässt zur Überzeugung der Kammer erkennen, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE zuvor mit dem gesondert Verfolgten Dr. NC sowie dem Angeklagten bereits über die Fondsstruktur gesprochen und die Versendung des Gutachtens angekündigt hatte. Der von ihm gewählte Adressatenkreis, der sich auf den gesondert Verfolgten Dr. NC sowie den Angeklagten beschränkte, stützt die Überzeugung der Kammer, wonach grundlegende Fragen bezüglich der Aufsetzung der Fondsgeschäfte, jedenfalls im Jahr 2009, nicht ohne Beteiligung des Angeklagten erörtert wurden.
582(4) Die zentrale Position des Angeklagten folgt ferner daraus, dass er jedenfalls in den Jahren 2008 und 2010 aktiv in die Entscheidung eingebunden war, in welchen Aktiengattungen und mit welchem Geschäftspartner Transaktionen durchgeführt werden. Dies belegt eine Email des Angeklagten vom 29.05.2008 („Single Future basierte Strukturierungen“), in der dieser dem gesondert Verfolgten XL auf dessen Nachfrage unter anderem mitteilte, hinsichtlich der Aktiengattungen Südzucker AG und Heidelberger Druckmaschinen AG sollten die Transaktionen nicht mit den YA Gesellschaften, sondern anderweitig durchgeführt werden. Tatsächlich wurden die Transaktionen in diesen Aktiengattungen im Jahr 2008 schließlich mit PE durchgeführt.
583Durch eine Email des gesondert Verfolgten TB vom 11.05.2010 („Planung in Bezug auf umzusetzende Transaktionen“) ist ferner dokumentiert, dass im Jahr 2010 der Handel in einzelnen Aktiengattungen erst nach aktiver Zustimmung des Angeklagten durchgeführt werden sollte. Der Umstand, dass der Angeklagte in seiner Eigenschaft als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling derart eng in vorrangig den Bereich des konkreten Aktienhandels betreffende Fragen eingebunden wurde, ist nach Einschätzung der Kammer ein weiterer Beleg für seine zentrale Bedeutung bei der Umsetzung der CumEx-Transaktionen der HC Bank. Soweit der Angeklagte im Hinblick auf diese Email zu verstehen gegeben hat, eine Prüfung seinerseits sei nur vorgesehen gewesen, weil er die bilanzrechtliche Zulässigkeit der Geschäfte hätte prüfen müssen, überzeugt dies die Kammer schon vor dem Hintergrund der weiteren Beweisergebnisse nicht. Hiergegen spricht ferner, dass die bilanzielle Prüfung der Eigenhandelsaktivitäten zu den ureigenen Aufgaben des von dem Angeklagten verantworteten Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling zählte, so dass für den gesondert Verfolgten TB kein Anlass bestand, die singuläre Zustimmung zu jeder Transaktion eigens hervorzuheben, wenn dies keine Besonderheit im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Geschäfte dargestellt hätte.
584(5) Die hervorgehobene Stellung des Angeklagten hinsichtlich der Eigenhandelsaktivitäten der HC Bank ergibt sich auch daraus, dass er in den Verhandlungen mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE weitgehend eigenbestimmt über die Verteilung der Profite entschied. Dies schlussfolgert die Kammer daraus, dass der gesondert Verfolgte XL im Anschluss an ein Gespräch mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE im Rahmen des Vermerks „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“ auf einen ihm von dem Angeklagten gewährten maximalen Verhandlungsrahmen eingegangen ist.
585Auch der gesondert Verfolgte Dr. KK hat ausgesagt, die Verhandlungen über die Profitverteilungen hätten nach seinen eigenen Wahrnehmungen unmittelbar zwischen dem gesondert Verfolgten Dr. YE und dem Angeklagten stattgefunden, wobei Dr. YE eine hälftige Teilung der Profite angeregt habe. Der Angeklagte habe hingegen auf einer Gewinnverteilung im Verhältnis 70 zu 30 bestanden, da die Bank größere Risiken trage und auch weitergehende Tätigkeiten entfalten müsste. Tatsächlich wurde in dem „Fee Letter“ vom 09.05.2008 eine Profitbeteiligung im Umfang von 30% für den Fall vereinbart, dass die HC Bank die Aktien selbst unmittelbar über ihren eigenen Handelstisch erwirbt. Vor diesem Hintergrund spricht es auch nicht gegen die Überzeugungskraft der Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK, dass - wie unter anderem aus dem Schreiben des gesondert Verfolgten XL „Gespräch mit Dr. YE am 21. Mai 2007“ und aus der Übersicht „TJ_GermanTrades.xls“ ersichtlich - hinsichtlich der Eigenhandelsgeschäfte im Jahr 2007 eine Profitbeteiligung im Verhältnis 65 zu 35 durchgeführt wurde. Denn zum einen wurde - entsprechend der Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK - langfristig eine Teilung der Profite im Verhältnis 70 zu 30 verwirklicht, zum anderen war der gesondert Verfolgte Dr. KK in die Verhandlungen im Jahr 2007 noch weniger eng eingebunden als in den Folgejahren. Hinzu kommt, dass die Abweichung zwischen 35 und 30% verhältnismäßig gering ausfällt.
586Die Unterzeichnung des „Bestätigungsschreiben - `Fee Letter`“ der Bank KB sowie die Gegenzeichnungen der nicht leistungsunterlegten Rechnungen der Bank KB belegen schließlich, dass der Angeklagte auch in den unmittelbaren Transfer der Profitanteile an den gesondert Verfolgten Dr. YE involviert war.
587Dass es auch im Übrigen maßgeblich von der Entscheidung des Angeklagten abhing, in welchem Umfang die HC Bank selbst von den durchgeführten Transaktionen profitierte, belegt ferner der Umstand, dass die gesondert Verfolgten TB und XL den Angeklagten über die Verhandlungen mit den gesondert Verfolgten PI und KI sowie mit PE und die jeweils zu erzielenden Profitanteile der HC Bank fortlaufend unterrichteten und auch die Fassungen des mit den gesondert Verfolgten PI und KI abgeschlossenen Partnership Agreements mit ihm abstimmten. Dies schlussfolgert die Kammer aus den in diesem Zusammenhang angefertigten Gesprächsvermerken und Inhalten von Email-Korrespondenz. So erläuterten die gesondert Verfolgten TB und XL mit einem ausschließlich an den Angeklagten gerichteten Vermerk vom 10.01.2008 („Single Future-basierte Strukturierung“) die unterschiedlichen Angebote von PE sowie des gesondert Verfolgten PI und die sich hieraus jeweils ergebenden Profitmöglichkeiten der HC Bank. Hiermit konfrontiert ließ sich der Angeklagte dahingehend ein, keine sichere Erinnerung an den Vermerk zu haben, er gehe aber davon aus, diesen gelesen zu haben. Auf Grundlage des Inhaltes des Vermerks hätte er wohl empfohlen, das aus Sicht der HC Bank profitablere Angebot des gesondert Verfolgten PI anzunehmen.
588Mit Email vom 06.02.2008 („Antwort: Beratungsvertrag mit PI“) übersandte der gesondert Verfolgte Dr. WA dem Angeklagten sowie dem gesondert Verfolgten XL schließlich eine aktualisierte Fassung des geplanten „Investment Advisory Agreements“ mit den gesondert Verfolgten PI und KI und wies darauf hin, er habe noch die vorgeschlagenen Änderungen berücksichtigt. Aus all dem schlussfolgert die Kammer, dass der Angeklagte jedenfalls dergestalt aktiv in die Entscheidung eingebunden war, eine dauerhafte Kooperationsvereinbarung mit den gesondert Verfolgten PI und KI einzugehen, dass er eine entsprechende Empfehlung gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. NC abgab.
589(6) Augenfällig wird die hervorgehobene Stellung des Angeklagten schließlich durch die aus Juni 2007 stammende HC-interne Präsentation „Single Future-basierte Strukturierung“, in der die Profite und Abläufe der Geschäfte der Dividendensaison 2007 dargestellt werden. Dem Angeklagten werden hierin entweder namentlich oder über das Kürzel „BRC“, das für den von dem Angeklagten geleiteten Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling steht, zentrale Funktionen zugeschrieben. So habe dem Angeklagten gemeinsam mit dem Bereich CF die Strukturierung der Transaktionen oblegen. Die Wahrnehmung des Projektmanagements durch den Bereich CF sei durch den Angeklagten beauftragt worden. Dem Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling sei ferner die Funktion des „Projekt-Mentors“ zugekommen. Ferner sei er verantwortlich für die Koordination mit Back-Office Abteilungen und für die Vorbereitung der Gremienentscheidungen und habe als Entscheidungs- und Kontrollinstanz innerhalb des Projektteams fungiert. Dies bestätigt, dass auch nach der hausinternen Arbeitsverteilung jedenfalls die grundsätzlichen Entscheidungen im Umfeld der umgesetzten Handelsstrategie nicht ohne vorherige Rücksprache mit dem Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling und damit mit dem Angeklagten umgesetzt werden konnten.
590Sollte nach dem HC-internen Verständnis dem von dem Angeklagten verantworteten Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling die Rolle eines „Projekt-Mentors“ obliegen, durch den letztlich sämtliche relevanten Arbeitsschritte von der Strukturierung bis hin zur Koordinierung des Back-Offices überwacht werden, so ist im Übrigen auch davon auszugehen, dass die von dem Angeklagten für den gesondert Verfolgten Dr. NC und die anderen Partner verfassten Vermerke und Partnervorlagen von diesem vollständig inhaltlich erfasst und verantwortet wurden. Insbesondere hat der Angeklagte die ihm übertragene Rolle eines „Projekt-Mentors“ ausweislich der Email-Kommunikation sowie der durch ihn vorgenommenen Unterrichtung der Entscheidungsträger auch aktiv wahrgenommen. Insoweit sieht die Kammer die Einlassung des Angeklagten als widerlegt an, wonach insbesondere bei Zusammenstellung der Partnervorlagen die von anderen Arbeitsbereichen der Bank übermittelten Textpassagen von ihm lediglich übernommen und nicht näher überprüft worden seien.
591(7) Die Gesamtschau der vorstehend benannten Umstände belegt nach Einschätzung der Kammer eindeutig, dass dem Angeklagten nicht nur eine herausragende Rolle bei der Vorbereitung der Entscheidung zukam, die verfahrensgegenständlichen Geschäfte durch die HC Bank überhaupt durchzuführen. Vielmehr verantwortete er auch fortlaufend die weiteren Abstimmungen mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE sowie dessen Profitbeteiligung und die Koordinierung der hausinternen Arbeitsbereiche. Auf Grundlage dieser Beweisergebnisse sieht die Kammer die Einlassung des Angeklagten als widerlegt an, wonach er selbst in die Vorbereitung und Koordinierung der Geschäfte nicht maßgeblich eingebunden gewesen sei und auch die Partnervorlage nur nach Maßgabe der Vorgaben anderer Arbeitsbereiche angefertigt habe.
592Hinsichtlich der seitens des Angeklagten im Hinblick auf die einzelnen Fälle konkret erbrachten Tatbeiträge wird ergänzend auf die Beweiswürdigung zu den einzelnen Taten Bezug genommen.
593cc) Die Inhalte der Mailkommunikation zwischen dem gesondert Verfolgten XL und dem Angeklagten am 30.01.2007 sowie der von dem gesondert Verfolgten Dr. YE übermittelten Präsentation ergeben sich aus den entsprechenden Urkunden selbst.
594Die Schlussfolgerung der Kammer, wonach sowohl der gesondert Verfolgte XL als auch der Angeklagte erkannten, dass die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE unterbreitete Strategie steuergetrieben war, dies aber in der übermittelten Präsentation nicht abgebildet wurde, gründet auf dem Inhalt der von dem gesondert Verfolgten XL an den Angeklagten versandten Email. Hierin weist der gesondert Verfolgte XL wörtlich darauf hin, die Präsentation betreffe die „Kapitalertragssteuerproblematik“, worin nach Einschätzung der Kammer eindeutig zum Ausdruck kommt, dass die Kapitalertragsteuer nach der Überzeugung des gesondert Verfolgten XL ein wesentliches, wenn nicht sogar das zentrale Element des in der Präsentation abgebildeten Geschäftsmodells darstellt. Denn eine andere wirtschaftliche Komponente bzw. Zielrichtung der Geschäfte wird von dem gesondert Verfolgten XL gar nicht thematisiert, vielmehr verbindet er die Präsentation ausschließlich mit einer Steuerthematik. Diese Einschätzung wird verstärkt durch die von dem gesondert Verfolgten XL in der Email ferner getätigte Aussage, wonach er der Präsentation kein steuerliches „Gimmik“ entnehmen könne, auch nicht in „Bezug auf die Kapitalertragssteuerproblematik“, was aber auch darin begründet liegen könne, dass er „nur zu langsam sei“. Die so gewählte Formulierung bringt nach Einschätzung der Kammer eine Erwartungshaltung des gesondert Verfolgten XL zum Ausdruck, wonach es angesichts einer von ihm angenommenen steuerlichen Komponente der Geschäfte zu erwarten gewesen wäre, dass diese auch in der Präsentation abgebildet wird. Zugleich war er augenscheinlich darüber verwundert, Ausführungen hierzu in der Präsentation nicht finden zu können.
595Dass auch der Angeklagte selbst den steuerlichen Implikationen der von dem gesondert Verfolgten Dr. YE in der Präsentation unterbreiteten Geschäfte zentrale Bedeutung zumaß, schlussfolgert die Kammer daraus, dass der gesondert Verfolgte XL es nicht für erforderlich erachtete, den Hinweis auf die „Kapitalertragssteuerproblematik“ näher zu erläutern. Vielmehr bringt die Email die Erwartungshaltung des gesondert Verfolgten XL zum Ausdruck, der Angeklagte wisse um die wesentliche Bedeutung der Kapitalertragsteuer im Hinblick auf die in Aussicht genommenen Geschäfte, so dass kein Bedarf bestand, dies näher zu erläutern. Dies deckt sich mit den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach der gesondert Verfolgte Dr. YE im Rahmen des Gesprächs mit dem gesondert Verfolgten Dr. NC sowie dem Angeklagten die Bedeutung der Kapitalertragsteuererstattung für die geplanten Transaktionen offen kommuniziert habe. Auch der Angeklagte hat im Rahmen seiner Einlassung zu verstehen gegeben, die von Dr. YE erörterten Themen hätten durchgehend eine Steuerkomponente und auch einen Bezug zum Aktienhandel um den Dividendenstichtag aufgewiesen.
596dd) Dass es der Angeklagte war, der gegenüber den Partnern die Durchführung der von dem gesondert Verfolgten Dr. YE empfohlenen Geschäfte im Jahr 2007 empfahl, steht fest aufgrund der entsprechenden Einlassung des Angeklagten. Diese wird bestätigt durch die entsprechende Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach der gesondert Verfolgte Dr. NC den Angeklagten im Anschluss an das initiierende Gespräch bat, sich die weiteren Details der Geschäfte durch den gesondert Verfolgten Dr. YE erläutern zu lassen und hiervon gegenüber den Partnern zu berichten.
597Zur Überzeugung der Kammer steht ferner fest, dass die Zustimmung der Partner zur Durchführung der Geschäfte im Jahr 2007 im Rahmen der Partnersitzung nicht erfolgt wäre, wenn der Angeklagte zuvor keine entsprechende Empfehlung abgegeben hätte. Der gesondert Verfolgte Dr. NC hatte gerade ihn damit betraut, sich die Einzelheiten der Geschäfte durch den gesondert Verfolgten Dr. YE erläutern zu lassen und auf Grundlage dieser Gespräche eine Empfehlung gegenüber den Partnern abzugeben. Dementsprechend wird in der HC-internen Präsentation aus Juni 2007 „Single Future Strukturierung“ auch festgehalten, die Vorbereitung der Gremienentscheidungen habe dem von dem Angeklagten verantworteten Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling oblegen, dem zugleich die Rolle als „Projekt Mentor“ zugekommen sei. Dass die Partner trotz dieser hausinternen Aufgabenverteilung auch dann entschieden hätten, CumEx-Leerkäufe im Eigenhandel umzusetzen, wenn der Angeklagte im Anschluss an die Beratung durch den gesondert Verfolgten Dr. YE hiervon abgeraten und entsprechende Geschäfte nicht zum Gegenstand einer Partnervorlage oder Empfehlung gemacht hätte, schließt die Kammer aus.
598ee) Die Kontaktaufnahme zwischen den gesondert Verfolgten TB und XL mit dem Londoner Handelstisch der TJ hat der Zeuge KI ebenso wie den Ablauf der persönlichen Treffen in London und Hamburg den Feststellungen entsprechend geschildert. Dies gilt ferner für die auf Grundlage der vereinbarten Zusammenarbeit erfolgte Zusammenstellung des Aktienkorbes für die Dividendensaison 2007.
599(1) Der gesondert Verfolgte KI hat die damaligen Vorgänge um seine Kontakte zu den gesondert Verfolgten TB und XL und seine Arbeitsschritte bei der Zusammenstellung des Aktienkorbes wie festgestellt geschildert.
600Belegt werden die Angaben des gesondert Verfolgten KI, soweit sie das Stattfinden eines persönlichen Treffens zwischen ihm und den gesondert Verfolgten XL und TB in London betreffen, ferner durch die Aussage des gesondert Verfolgten JC. Dieser hat angegeben, im Vorfeld der Dividendensaison 2008 in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter von PE ebenfalls in London ein Gespräch mit den gesondert Verfolgten TB und XL geführt zu haben, in dem es um eine mögliche Zusammenarbeit bei der Durchführung von CumEx-Transaktionen ging. Der gesondert Verfolgte TB habe frühzeitig zu verstehen gegeben, dass zeitgleich mit einem anderen Marktakteur über eine Zusammenarbeit verhandelt werde. Da er später wahrgenommen habe, dass der gesondert Verfolgte TB sowie der gesondert Verfolgte XL noch am gleichen Tag Kontakt zu den gesondert Verfolgten KI und PI gehabt hätten, sei für ihn erkennbar geworden, dass es sich bei diesen um die weitere Partei gehandelt habe. Auch der gesondert Verfolgte KI konnte sich daran erinnern, dass das Treffen zwischen ihm und den gesondert Verfolgten TB und XL am gleichen Tag stattgefunden haben muss wie ein Treffen mit Mitarbeitern von PE. Dies vor dem Hintergrund, dass die TJ sowie PE ihre Büroräume im gleichen Gebäude in London angemietet hätten und es zu einem zufälligen Zusammentreffen aller Beteiligten im Aufzug gekommen sei.
601(2) Zweifel an der Richtigkeit der umfassenden Angaben, die der gesondert Verfolgte KI über zwei Hauptverhandlungstage getätigt hat, sind weder in diesem Zusammenhang noch im Hinblick auf seine weiteren Ausführungen begründet. Vielmehr sind seine Schilderungen - insbesondere zu seinen Wahrnehmungen bzgl. des gesondert Verfolgten Dr. YE, zu den Geschäftsbeziehungen zwischen der TJ bzw. den YA Gesellschaften und der HC Bank sowie zu den unter seiner Beteiligung durchgeführten CumEx-Leerkaufgeschäften der HC Bank ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen - durchgehend glaubhaft.
602Der […] in London beheimatete gesondert Verfolgte KI ist britischer Staatsangehöriger. Im Jahr 2006 arbeitete er als Händler an dem zur damaligen Zeit von dem gesondert Verfolgten PI geleiteten Equity-Finance-Tisch der TJ. Dieser war zuständig für die Durchführung von marktneutralen Transaktionen, bei denen insbesondere Aktien und Derivate gehandelt wurden, wobei der Fokus nicht auf einer Beteiligung an den betroffenen Aktiengesellschaften, sondern an körperschaftlichen Aktionen der Unternehmen, insbesondere in Gestalt von Dividendenausschüttungen, lag. Unter Mitwirkung des gesondert Verfolgten KI führte die TJ für den früheren gesondert Verfolgten LI in den Jahren 2006 und 2007 CumEx-Leerkauftransaktionen durch, von denen der gesondert Verfolgte KI Ende des Jahres 2004 oder zu Beginn des Jahres 2005 erstmalig Kenntnis erlangt hatte und deren Wirkweise ihm ab dem Jahr 2006 vollständig vertraut war. Insbesondere wusste er um die Notwendigkeit, die einzelnen Aktien- und Derivattransaktionen im Vorfeld zwischen sämtlichen Marktakteuren abzusprechen, da er gerade diese Aufgabe bei der TJ im Zusammenhang mit den LI-Transaktion und im Jahr 2007 und zu Beginn des Jahres 2008 auch bei den verfahrensgegenständlichen HC-Geschäften übernahm.
603Im März des Jahre 2008 machte sich der gesondert Verfolgte KI mit dem gesondert Verfolgten PI selbständig und gründete die YA Gesellschaften. Diese boten Beratungsleistungen und Investmentmöglichkeiten für andere Gesellschaften an, insbesondere im Bereich Equity-Finance. Im Jahr 2011 änderten die gesondert Verfolgten PI und KI nach Teilung der YA Gruppe den Namen einer der YA Gesellschaften, für die sie im Folgenden tätig waren, in ZF. Ein wesentlicher Schwerpunkt der seitens der YA Gesellschaften bzw. ZF in den Jahren 2008 bis 2011 durchgeführten Geschäfte lag auf CumEx-Transaktionen, wobei dem gesondert Verfolgten KI neben anderen Mitarbeitern der YA Gesellschaften die Aufgabe zukam, grundlegende Strukturen (etwa in Gestalt der Calender-Spread-Strategie) für die Geschäfte vorzuschlagen, die Transaktionen im Vorfeld abzusprechen, diese am konkreten Handelstag zu begleiten und die Eindeckung mit Ex-Aktien zu gewährleisten. Er war hierdurch während des gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraums in unterschiedlicher Weise in sämtliche Arbeitsschritte unmittelbar eingebunden, die für das Gelingen der CumEx-Leerkauftransaktionen von Bedeutung waren.
604Ende des Jahres 2017 entschied sich der gesondert Verfolgte KI, umfassend mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren. Er hat seitdem in zahlreichen Vernehmungen detaillierte Angaben zu CumEx-Strukturen gemacht und sich auch im Rahmen der hiesigen Hauptverhandlung umfassend zu den unter seiner Mitwirkung durchgeführten, verfahrensgegenständlichen Transaktionen geäußert. Hierbei hat er ganz überwiegend Angaben zu Geschehensabläufen getätigt, in die er entweder selbst unmittelbar eingebunden war, oder die - im Hinblick auf die einzelnen Aktientransaktionen - nach einem regelhaften Schema abgewickelt wurden, dessen Einzelheiten ihm aufgrund seiner eigenen Markterfahrungen vertraut waren. Es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen er seine Wahrnehmungen und eigenen Ausführungshandlungen falsch oder mit unzutreffendem Inhalt hätte schildern sollen. Wenn der gesondert Verfolgte KI sich an bestimmte Einzelheiten nicht mehr genau erinnern konnte, wies er hierauf von sich aus hin. Dabei ist zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entstanden, Erinnerungslücken würden seitens des gesondert Verfolgten KI lediglich vorgeschoben, vielmehr waren diese unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Zeitablaufs durchgehend nachzuvollziehen. Im Übrigen erfolgten die Schilderungen des gesondert Verfolgten KI auch durchgehend erinnerungskritisch. So hat er von sich aus erkennbar gemacht, wenn bestimmte Schilderungen seinerseits nicht mehr auf konkreten Erinnerungen beruhten, sondern er erst nachträglich von diesen Kenntnis genommen hat.
605Die Angaben des gesondert Verfolgten KI erfolgten umfassend und detailreich und waren von seiner langjährigen Erfahrung geprägt, die er als Aktienhändler für Gesellschaften gesammelt hat, die in erheblichem Umfang an CumEx-Strukturen beteiligt waren und von diesen wirtschaftlich profitiert haben. Er war unmittelbar in die Planung und Strukturierung der verfahrensgegenständlichen Geschäfte ab dem Jahr 2007 eingebunden und hat deren Umsetzung entweder selbst vollzogen oder mitbekommen, dass diese durch andere Mitarbeiter der TJ oder der YA Gesellschaften durchgeführt wurden. Die Angaben des gesondert Verfolgten KI beruhten daher ganz überwiegend auf unmittelbaren eigenen Wahrnehmungen von den Handelsabläufen bei den verfahrensgegenständlichen Aktien- und Derivattransaktionen. Hierbei hat der gesondert Verfolgte KI sich wiederholt auch erheblich selbst belastet und seine eigene Rolle bei der Planung und Umsetzung der Geschäfte ungeschönt wiedergegeben. Ein Motiv, sich in diesem Zusammenhang selbst zu Unrecht zu belasten und auch das Ausmaß der unter seiner Mitwirkung durchgeführten CumEx-Geschäfte unzutreffend zu schildern, ist nicht erkennbar. Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass der gesondert Verfolgte KI für die hier verfahrensgegenständlichen Geschäfte bereits rechtskräftig verurteilt wurde. Er tätigte indes auch Angaben zu den im Jahr 2006 durchgeführten LI-Geschäften bei der TJ, hinsichtlich derer im Hinblick auf seine Mitwirkung ein Verfahren noch anhängig ist. Auch hat der gesondert Verfolgte KI glaubhaft angegeben, ihm sei bewusst, durch seine Angaben das Risiko zu verstärken, Regressforderungen von Gesellschaften ausgesetzt zu werden, die seitens der YA Gesellschaften beraten wurden. Dass er gleichwohl bereit war, umfassend zum Sachverhalt zu bekunden, spricht nach Einschätzung der Kammer deutlich für seine Bereitschaft, sich wahrheitsgemäß zur Sache einzulassen.
606Fremdbelastungstendenzen sind während der Aussage des gesondert Verfolgten KI an keiner Stelle erkennbar geworden. Insbesondere im Hinblick auf den Angeklagten hat er vielmehr bekundet, zu diesem nie Kontakt gehabt zu haben und auch mit dem Namen des Angeklagten keine spezifischen Erinnerungen zu verbinden. Auch hinsichtlich anderer Personen hat der gesondert Verfolgte KI im Rahmen seiner Aussage zu keinem Zeitpunkt eine Tendenz erkennen lassen, andere dergestalt zu belasten, dass er ihnen einen Kenntnisstand zuschreibt, ohne dies auf eigene tatsächliche Wahrnehmungen stützen zu können. Vielmehr hat der gesondert Verfolgte KI auf objektivierte Umstände, etwa in Gestalt von bestimmten Gesprächsinhalten und Einzelheiten der Bepreisung der Geschäfte, Bezug genommen, um zu begründen, warum er davon ausgeht, dass eine bestimmte Person positive Kenntnis vom Vorliegen der Details der CumEx-Leerkauftransaktionen gehabt hat. So führte er etwa aus, er habe gegenüber dem gesondert Verfolgten TB kommuniziert, dass es hinsichtlich bestimmter Aktiengattungen zu Spätlieferungen kommen würde, woraus er schlussfolgere, dass dem gesondert Verfolgten TB das Vorliegen von Leerverkäufen bekannt war, da bei Inhaberverkäufen regelmäßig keine Lieferverzögerungen auftreten würden. Auch im Übrigen hat der gesondert Verfolgte KI sich lediglich allgemein und nur ausnahmsweise in Bezug auf konkrete Personen, die ihm aus dem täglichen Handel bekannt waren, dahingehend geäußert, professionellen Marktteilnehmern hätte bewusst sein müssen, woher die Profite aus den durchgeführten Geschäften stammen. Es war an keiner Stelle ein Bestreben des gesondert Verfolgten KI erkennbar, Verantwortung von sich weg und hin zu anderen Marktakteuren zu verlagern.
607Wie die nachfolgende Beweiswürdigung zu sämtlichen Fällen zeigen wird, stehen die Angaben des gesondert Verfolgten KI ferner hinsichtlich zahlreicher Aspekte in Einklang mit den Angaben der gesondert Verfolgten JC und Dr. KK sowie - was die Handelsabläufe und die Bepreisung von Derivatgeschäften angeht - den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. JA. Auch sind sie durch zahlreiche Urkunden objektiviert und werden daher durch diese bestätigt.
608ff) Die Einbeziehung des Angeklagten in die grundsätzliche Strukturierung der Geschäfte sowie die in seine Zuständigkeit fallenden Kontroll- und Entscheidungsfunktionen sind belegt durch die Inhalte der HC-internen Präsentation aus Juni 2007 „Single Future-basierte Strukturierung“. Die darin festgehaltenen Aufgaben des von dem Angeklagten verantworteten Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling stehen im Einklang mit der bereits dargelegten hervorgehobenen Rolle, die der Angeklagte nach der hausinternen Wahrnehmung, insbesondere der gesondert Verfolgten TB und Dr. WA, im Zusammenhang mit der Planung der verfahrensgegenständlichen Geschäfte eingenommen hat.
aa) Die Feststellungen zur Organisation und Kommunikation im Hinblick auf die einzelnen Aktien- und Futuregeschäfte beruhen insbesondere auf den Angaben des gesondert Verfolgten KI. Dieser hat die einzelnen Handelsschritte sowohl für die Ankaufs- als auch für die nach der Hauptversammlung durchgeführten Auflösungsgeschäfte detailreich, nachvollziehbar und auf Grundlage eigener Wahrnehmungen wie festgestellt geschildert. Soweit der gesondert Verfolgte KI in diesem Zusammenhang dargelegt hat, der konkrete Handel sei auf Seiten der TJ nur teilweise durch ihn, vorrangig aber durch den gesondert Verfolgten IA ausgeführt worden, sind nach Einschätzung der Kammer keinerlei Zweifel daran begründet, dass die Vorgehensweise des gesondert Verfolgten IA mit derjenigen des gesondert Verfolgten KI identisch war. Denn der konkrete Ablauf der Transaktionen folgte den im Vorfeld vom gesondert Verfolgten KI getroffenen Absprachen und einem zwingenden Schema, dessen Nichtbeachtung zu einem Scheitern der Geschäfte bzw. einem Entfallen der Profite geführt hätte. So musste durch die inhaltsgleiche Weitergabe der vereinbarten Preise und Stückzahlen sowie des vorgesehenen Orderzeitpunktes gewährleistet werden, dass die im Vorfeld abgesprochenen Parteien überhaupt zusammenfinden.
610Die Angaben des gesondert Verfolgten KI sind darüber hinaus teilweise auch durch Urkunden objektiviert. Insbesondere bestätigen diverse YH‑Chatprotokolle die Angaben sowohl des gesondert Verfolgten KI als auch (im Hinblick auf das Jahr 2008) des gesondert Verfolgten JC, dass im Rahmen von Chats mit dem gesondert Verfolgten TB den Dividendenlevel spezifizierende Prozentangaben, die Stückzahlen der zu handelnden Aktiengattungen sowie die Preise für die Futuregeschäfte erörtert wurden (insbesondere Chat vom 27.03.2008 zwischen TB und JC; Chat vom 14.04.2008 zwischen JC, TB und KN; Chat vom 17.04.2008 zwischen TB und KI; Chat vom 23.01.2009 zwischen TB und PI). Ferner wird in diesen Chats dem gesondert Verfolgten TB signalisiert, zu welchen Zeitpunkten er das von der Gegenseite platzierte Angebot im Markt finden könne. Die maßgeblichen Passagen der Chatprotokolle sind durch den Sachverständigen Dr. KC übersetzt worden. Es besteht keinerlei Anlass, die Richtigkeit seiner Übersetzungen in Frage zu stellen. Dies gilt gleichermaßen für die gesamte Übersetzungstätigkeit des Sachverständigen im Hinblick auf die in englischer Sprache verfassten Urkunden. Im Übrigen war die Kammer auch aufgrund eigener Sprachkenntnisse in der Lage, die Richtigkeit der Übersetzungen jeweils nachzuvollziehen.
611Unbeachtlich ist nach Einschätzung der Kammer in diesem Zusammenhang, dass die in der Hauptverhandlung verlesenen Chatprotokolle nicht das Jahr 2007, sondern insbesondere die Jahre 2008 und 2009 betreffen. Denn sie bestätigen die Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC hinsichtlich der konkreten Kommunikation an den einzelnen Handelstagen und lassen insoweit ein allgemeines Muster erkennen. Auf dieser Grundlage schließt die Kammer aus, dass die Geschäfte im Jahr 2007 einem anderen Ablauf und einer abweichenden Kommunikation folgten.
612Ebenso wie die Angaben des gesondert Verfolgten KI sind auch diejenigen des gesondert Verfolgten JC sowohl in diesem Zusammenhang als auch im Hinblick auf seine weiteren Ausführungen durchgehend überzeugungskräftig. Der […] gesondert Verfolgte JC ist britischer Staatsangehöriger und lebt gegenwärtig in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Im Zeitraum 2007 bis 2009 führte er als Händler für PE CumEx-Leerverkäufe mit zahlreichen Gegenparteien durch. Ab Juni 2009 schloss er sich der Gesellschaft ZFP an, die insbesondere in den Jahren 2010 und 2011 CumEx-Leerverkauftransaktionen mit Fondsgesellschaften organisierte.
613Der gesondert Verfolgte JC entschied sich zu Beginn des Jahres 2017 dazu, umfassend mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren. Er hatte dies bereits in den Jahren zuvor erwogen und entschied sich schließlich hierzu, nachdem ihm seitens des gesondert Verfolgten Dr. KK zu verstehen gegeben worden war, dass sich dieser gegenüber den Strafverfolgungsbehörden einlassen würde. In der Folgezeit hat der gesondert Verfolgte JC im Rahmen zahlreicher Vernehmungen Angaben getätigt und sich auch in der hiesigen Hauptverhandlung umfassend zur Sache geäußert. Auf die erste Ladung des Gerichts hatte der gesondert Verfolgte JC sich zunächst auf sein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO berufen, nachdem er Kenntnis davon erlangt hatte, dass ihm im Falle einer Einreise nach Deutschland eine Schadensersatzklage im Zusammenhang mit einem vor dem Landgericht München I geführten Zivilprozesses zugestellt werden würde, die die Beratung und Durchführung von CumEx-Transaktionen zum Gegenstand hat. Nach nochmaliger Beratung mit seinem Verteidiger entschied der gesondert Verfolgte JC sich dazu, doch im hiesigen Verfahren auszusagen und teilte dies dem Gericht ungefragt über seinen Verteidiger mit.
614Auch der gesondert Verfolgte JC war über einen Zeitraum von mehreren Jahren bei Gesellschaften angestellt, die an CumEx-Leerkauftransaktionen mitwirkten, wobei diese teilweise die Rolle des Leerverkäufers einnahmen, teilweise als Organisatoren auftraten. Der gesondert Verfolgte JC konnte daher Angaben auf Grundlage eigener unmittelbarer Wahrnehmungen tätigen, die durchgehend detailreich und umfangreich erfolgten. Dabei ist an keiner Stelle der Eindruck entstanden, der gesondert Verfolgte JC habe seine Erinnerungen unzutreffend geschildert, um andere zu belasten oder seine eigene Verantwortung herunterzuspielen. Der Kammer ist in diesem Zusammenhang bewusst, dass das Aussageverhalten des gesondert Verfolgten JC wesentlich auch davon mitgeprägt ist, dass gegen ihn selbst Ermittlungsverfahren noch anhängig sind und er sich durch die Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden eine positive Wirkung auf diese Verfahren erhofft. Die Überzeugungskraft seiner Angaben wird hierdurch indes nicht berührt. Vielmehr hat die Kammer insoweit berücksichtigt, dass der gesondert Verfolgte JC der erste Zeuge war, der gegenüber den Strafverfolgungsbehörden überhaupt detaillierte Angaben zu den Abläufen und insbesondere zur Bepreisung der Future-Geschäfte getätigt hat. Diese Angaben haben die Ermittlungen erheblich vorangebracht, namentlich wurden Mitarbeiter des Bundeszentralamtes für Steuern - wie die Zeugen UA und IB bestätigt haben - auf deren Grundlage in die Lage versetzt, die für die Feststellung von CumEx-Geschäften ohne Steuerabzug zentralen Dividendenlevel selbst zu berechnen. Dass der gesondert Verfolgte JC entsprechende Angaben zu einem Zeitpunkt getätigt hat, in dem der weitere Verlauf der Ermittlungen noch nicht sicher vorhergesehen werden konnte, spricht nach Einschätzung der Kammer deutlich für seine Bereitschaft, seine Wahrnehmungen vollständig und entsprechend seiner tatsächlichen Erinnerungen zu schildern.
615Die Überzeugungskraft der Angaben des gesondert Verfolgten JC wird durch die vorübergehende Berufung auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO nicht geschmälert. Diese erfolgte allein aufgrund der kurzfristigen Mitteilung davon, dass ihm hier eine zivilgerichtliche Schadensersatzklage zugestellt werden sollte, wovon er zuvor augenscheinlich keine Kenntnis hatte. Insoweit ist nachzuvollziehen, dass er zunächst die weitere Vorgehensweise mit seinen Rechtsanwälten erörtern wollte. Dass er zuletzt von sich aus an das Gericht herangetreten ist, um zu signalisieren, dass er wieder zur Aussage bereit ist, verdeutlicht seine Bereitschaft, auch weiterhin uneingeschränkt an der Aufklärung der verfahrensgegenständlichen und weiterer CumEx-bezogener Sachverhalte mitzuwirken.
616Die Angaben des gesondert Verfolgten JC erfolgten im Übrigen durchgehend widerspruchsfrei und erinnerungskritisch, auch beantwortete er sämtliche Fragen spontan und gab an, wenn er sich zu bestimmten Themenkomplexen - insbesondere Details der steuerrechtlichen Abwicklung in Deutschland - nicht äußern konnte. Für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht ferner, dass diese in zentralen Punkten mit denjenigen des gesondert Verfolgten KI und - im Hinblick auf die Angaben zu Handelsabläufen und zur Bepreisung von Derivatgeschäften - den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. JA übereinstimmen. Hinsichtlich seiner Erläuterung der Berechnung der Dividendenlevel haben im Übrigen die Zeugen UA und IB unter Erörterung konkreter Rechenbeispiele aufgezeigt, dass diese auf mathematikwissenschaftlichen und damit ohne weiteres verifizierbaren Grundlagen basieren.
617bb) Die Feststellungen zu den im Jahr 2007 durch die HC Bank gehandelten Aktiengattungen und Stückzahlen und zu den auf die jeweiligen Dividendenkompensationszahlungen entfallenden Beträgen an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag beruhen auf den von der HC Bank erstellten Wertpapierabrechnungen und Dividendengutschriften. Den am Tag der jeweiligen Vertragsabschlüsse erstellten Wertpapierabrechnungen können für sämtliche Aktiengattungen die gehandelten Stückzahlen sowie die vereinbarten Preise entnommen werden. Aus dem auf allen Wertpapierabrechnungen enthaltenen Zusatz „Festpreisgeschäft“ ist zu entnehmen, dass sämtliche Käufe - entsprechend der Angaben des gesondert Verfolgten KI - außerbörslich getätigt wurden. Darüber hinaus kann den Abrechnungen jeweils der geplante Tag der Kaufpreiszahlung („Valuta“) entnommen werden. Hiernach wurden sämtliche Geschäfte mit einer Lieferfrist von „t+2“, d.h. von zwei Werktagen nach Vertragsschluss, abgeschlossen. Die tatsächlichen Buchungstage stehen fest aufgrund der für die einzelnen Aktienstücke erstellten Belege der XD. Aus diesen geht hervor, dass sämtliche Buchungen frühestens an dem auf die Hauptversammlung folgenden Werktag stattfanden. Ferner geht aus den Belegen der XD die Höhe der im Rahmen der Hauptversammlung beschlossenen Dividende hervor. Auch der Stückzahl der gehandelten Aktien sowie der Höhe der Dividendenzahlungen kann im Wege der Rückrechnung entnommen werden, welche Beträge an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auf die Dividendenkompensationszahlungen entfallen. Diese stimmen mit den den Dividendengutschriften zu entnehmenden Zahlen überein.
618Die Feststellungen zu den gegenläufig gehandelten Verkaufs-Futures der HC Bank beruhen auf den diesbezüglichen Future-Abrechnungen. Diesen können Anzahl und Preise der gehandelten Futures ebenso entnommen werden wie die Handelsdaten. Soweit die Summe der gehandelten Futures nicht deckungsgleich mit derjenigen der gehandelten Aktien ist, liegt dies darin begründet, dass ein gehandelter Future 100 oder 50 Aktien entspricht, was die gesondert Verfolgten KI und JC geschildert haben. Im Ergebnis stimmt die Anzahl der gehandelten Futures in sämtlichen Aktiengattungen mit derjenigen der gehandelten Stücke überein. Aus dem Eintrag „Börse FFM - Eurex (OTC)“ geht hervor, dass die Futures zunächst außerbörslich verkauft und dann über die Börse Eurex abgewickelt wurden. Soweit dies hinsichtlich des Belegs für die Gattung Fresenius Medical Care KGaA nicht der Fall ist, ist dies einer Sonderkonstellation im Hinblick auf die in dem Beleg dokumentierte Kapitalanpassung geschuldet.
619Aus den von der HC Bank ausgestellten Steuerbescheinigungen folgen deren festgestellte Inhalte, insbesondere im Hinblick auf die Höhe der darin ausgewiesenen Beträge an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag.
Die Überzeugung der Kammer, dass es sich bei sämtlichen verfahrensgegenständlichen Aktienkäufen der HC Bank im Jahr 2007 um Leerverkäufe handelte, bei denen auf die von der HC Bank erzielten Dividendenkompensationszahlungen an keiner Stelle Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen in Abzug gebracht worden sind, beruht auf den Angaben der gesondert Verfolgten Dr. KK und KI sowie den durch zahlreiche Urkunden belegten Parametern der durchgeführten Geschäfte.
621Die gesondert Verfolgten Dr. KK und KI, die unmittelbar in die Beratung, Planung und Umsetzung der Geschäfte eingebunden waren, haben übereinstimmend bekundet, dass durch diese im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum Profite dadurch erwirtschaftet werden sollten, dass die HC Bank im Rahmen von CumEx-Transaktionen Aktien von Leerverkäufern erwirbt und keine Stelle mit der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlungen belastet wird. Eine andere Motivation für die Durchführung der Geschäfte habe nicht bestanden. Aus zahlreichen weiteren Beweisergebnissen geht hervor, dass die Transaktionen tatsächlich entsprechend dieser Intention umgesetzt wurden.
622Der Umstand des Leerverkaufs folgt bereits daraus, dass die Geschäfte im Vorfeld durch den gesondert Verfolgten KI nach seiner Aussage als solche organisiert worden waren, insbesondere der Erwerb von einem Leerverkäufer und dessen Eindeckung mit Ex-Aktien abgesprochen wurde. Eine solche Ex-Eindeckung nach dem Tag der Hauptversammlung wäre von vornherein nicht erforderlich gewesen, wenn die Geschäfte als Inhaberverkäufe hätten durchgeführt werden sollen. Dass die konkreten Transaktionen an den jeweiligen Handelstagen nicht entsprechend den zuvor getroffenen Absprachen stattfanden, schließt die Kammer aus. Denn insoweit hat der gesondert Verfolgte KI bekundet, die Vereinbarungen seien zwar nicht rechtlich verbindlich gewesen, wären aber stets eingehalten worden. Die insoweit übliche Bezeichnung als „soft commitment“ rühre vorrangig daher, dass an den konkreten Handelstagen noch Preisanpassungen im Hinblick auf die tatsächlichen Aktienkurse hätten vorgenommen werden müssen, mithin nicht daher, dass die Parteien sich an die Vereinbarungen nicht gebunden gefühlt hätten. Aus den Angaben des gesondert Verfolgten KI, wonach er für sämtliche gehandelten Aktiengattungen im Vorfeld Kontakt zur Leerverkäuferseite aufgenommen und die späteren Aktientransaktionen abgesprochen hat, die später auch durchweg - unter seiner eigenen Mitwirkung oder unter Mitwirkung des gesondert Verfolgten IA - entsprechend dieser Absprachen durchgeführt wurden, folgt insoweit eindeutig, dass auf der Verkäuferseite durchgehend Leerverkäufer eingeschaltet waren.
623Aufgrund des Umstandes, dass nach den uneingeschränkt glaubhaften Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC durch die zeitgleiche Platzierung der außerbörslich vereinbarten Aktienkauf- und Verkauforders bei den zwischengeschalteten Brokern gewährleistet werden konnte, dass die Verträge zwischen den zuvor vereinbarten Parteien zustande kommen, steht fest, dass die Kaufverträge der HC Bank entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen mit Leerverkäufern abgeschlossen wurden. Wie nachfolgend dargelegt, werden die Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC durch weitere Indizien bestätigt. Im Übrigen haben beide gesondert Verfolgten langjährige Erfahrung mit der Abwicklung von CumEx-Leerverkauftransaktionen und dargelegt, dass es regelmäßig gelungen sei, diese entsprechend der vorherigen Planung umzusetzen. Die Kammer schließt aus, dass die gesondert Verfolgten KI und JC über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren derart erfolgreich am Markt hätten agieren können, wenn es im Zusammenhang mit den von ihnen organisierten und abgewickelten Transaktionen wiederholt zu einem Zwischenschalten unbeteiligter Dritter in die Aktiengeschäfte oder zu einem „versehentlichen“ Abschluss von Kaufverträgen mit Aktieninhabern gekommen wäre. Denn die Geschäfte hätten, wären sie mit einem Aktieninhaber zustande gekommen, wegen des dann erfolgenden Steuerabzuges für die Beteiligten nicht ansatzweise zu den im Vorfeld kalkulierten Profiten geführt. Weitergehende Aufklärungen zur tatsächlichen Herkunft der Aktien, etwa in Gestalt der Ermittlung der tatsächlichen Lieferketten, waren vor diesem Hintergrund nicht veranlasst, da die Kammer bereits aufgrund der vorstehenden sowie der nachfolgend dargelegten Beweisergebnisse vom Vorliegen von Leerverkäufen ohne Steuerabzug sicher überzeugt ist. Unbeachtlich ist ferner, ob und in welchem Umfang die Geschäfte unter Einschaltung eines sogenannten zentralen Kontrahenten abgewickelt wurden, der in die Kauf- und Verkaufsaufträge aller Käufer als Verkäufer und aller Verkäufer als Käufer eintritt. Denn die Kammer ist auf Grundlage der Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC davon überzeugt, dass durch das Agieren der in die konkreten Transaktionen eingebundenen Händler am Handelstag und insbesondere durch die wechselseitige und praktisch zeitgleiche Platzierung der Kauf- und Verkaufsorders mit abgestimmten Inhalten bei den Brokern bzw. der Börse gewährleistet wurde, dass die HC Bank und die jeweiligen Leerverkäufer entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen in die identischen Erwerbsgeschäfte eingebunden werden. Selbst bei Einschaltung eines zentralen Kontrahenten - der im Übrigen selbst nicht über einen Aktienbestand verfügt und daher stets Leerverkäufer ist - hätten sich im Ergebnis die Vertragsparteien gegenübergestanden, die entsprechend der zuvor getroffenen Absprache als Leerkäufer und Leerverkäufer agieren sollten. Denn der zentrale Kontrahent hätte das für die Erfüllung der Order der HC Bank erforderliche Gegengeschäft mit dem zuvor anvisierten Leerverkäufer abgeschlossen.
624Sowohl für das Vorliegen von Leerverkäufen als auch für den Umstand, dass ein Steuerabzug auf die von der HC Bank bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht erfolgt ist, sprechen ferner die Handelsdaten. Sowohl der Zeuge KI als auch der Zeuge JC haben auf Grundlage ihrer langjährigen Erfahrungen als Aktienhändler angegeben, der Abschluss großvolumiger Aktiengeschäfte am Tag der Hauptversammlung oder am Tag davor bei gleichzeitigem Abschluss von Kurssicherungsgeschäften mit eingepreisten Dividendenleveln sei von allen Marktakteuren als deutliches Zeichen dafür gewertet worden, dass eine CumEx-Leerverkaufstrategie verfolgt werde. Zwar sei es bei über die Börse abgeschlossenen Transaktionen nicht ausgeschlossen, dass ein CumCum-Geschäft über den Dividendenstichtag erfolgt, da bei einem in unmittelbarer Nähe zum Dividendenstichtag durchgeführten Inhaberverkauf die Belieferung zur Folge haben könnte, dass dem Erwerber die Originaldividende zugerechnet wird. Allerdings sei letztlich kein wirtschaftlicher Sinn für die Durchführung eines CumCum-Geschäfts über den Dividendenstichtag erkennbar, da es für den wirtschaftlichen Erfolg dieser Geschäfte - anders als bei den CumEx-Geschäften - nicht darauf ankommt, dass die Stückebuchung erst nach dem Hauptversammlungstag durchgeführt wird. Ein Marktakteur, der im maßgeblichen Zeitraum ein CumCum-Geschäft durchführen wollte, hätte vor diesem Hintergrund das Aktiengeschäft typischerweise dergestalt abgeschlossen, dass sichergestellt war, dass die Umbuchung der Stücke bereits vor dem Dividendenstichtag erfolgt, da hierdurch zweifelsfrei feststand, dass dem Erwerber die Aktien am Tag der Hauptversammlung zugerechnet werden. Ein wirtschaftlicher Grund dafür, CumCum-Geschäfte über den Dividendenstichtag abzuwickeln, sei nicht erkennbar. Vielmehr würde ein solches Vorgehen aufgrund der Abwicklungsdetails bei Aktienbuchungen um den Dividendenstichtag zusätzliche Risiken begründen.
625Auch haben die Zeugen in Einklang mit den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. JA ausgesagt, dass ein wirtschaftlicher Sinn des Abschlusses eines Aktienkaufes über den Dividendenstichtag, bei dem durch gegenläufige Kurssicherungsgeschäfte sämtliche Marktrisiken sowie sämtliche aktienkursbedingten Gewinnchancen ausgeschlossen werden, nicht erkennbar sei, wenn die Steuerkomponente ausgeblendet werde. Insbesondere - so der gesondert Verfolgte KI - bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass in nennenswertem Umfang Profite durch bloße „Arbitragegeschäfte“ erlangt werden könnten, da sich solche Effekte - was professionellen Marktakteuren auch bekannt sei - nicht ansatzweise in dem Umfang und in dem Ausmaß erzielen ließen, wie dies als Folge von CumEx-Leerverkauftransaktionen ohne Abzug der Kapitalertragsteuer der Fall sei. Auch diesen Angaben der Zeugen sowie des Sachverständigen Prof. Dr. JA folgt die Kammer. Es ist nach Überzeugung der Kammer ausgeschlossen, dass durch „Arbitragegeschäfte“ lange im voraus geplante Profite im mehrstelligen Millionenbereich zuverlässig generiert werden können.
626Die weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme haben zur Folge, dass die Kammer nicht nur davon überzeugt ist, dass die Aktienkäufe der HC Bank durchgehend mit Leerverkäufern abgeschlossen wurden, vielmehr steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts auch fest, dass bei diesen ein Abzug der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung an keiner Stelle stattfand.
627aa) Die Kammer ist überzeugt, dass die HC Bank bei den verfahrensgegenständlichen Geschäften im Jahr 2007 die der Kurssicherung dienenden Verkaufsfutures zu Dividendenleveln gehandelt hat, die deutlich unter denjenigen Leveln lagen, die bei einem marktüblichen CumCum-Geschäft vereinbart worden wären. Dabei kann dahinstehen, welche Level im Hinblick auf die einzelnen Aktiengattungen jeweils gehandelt wurden. Denn es kann ausgeschlossen werden, dass diese im Schnitt über 95 lagen. Auch steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass die tatsächlich seitens der TJ am Markt gehandelten Level noch unter den von der HC Bank gehandelten Leveln und damit durchgehend unter 95 lagen. Schon ein Dividendenlevel von 95 wäre bei einem CumCum-Geschäft im Jahr 2007 indes nicht marktüblich gewesen. Dies steht nicht im Widerspruch zu den Angaben des gesondert Verfolgten JC, der zu verstehen gegeben hat, ein Dividendenlevel von 95 sei vereinzelt auch bei bestimmten CumCum-Geschäften realisierbar gewesen. Denn er hat diese Angabe dahingehend konkretisiert, dies sei nur ausnahmsweise und insbesondere im Hinblick auf kleinere MDax-Titel der Fall gewesen. Solche wurden seitens der HC Bank aber gerade nicht gehandelt, vielmehr bezogen sich die Geschäfte regelmäßig auf DAX-Titel von großen Unternehmen.
628Die Überzeugung des Gerichts beruht in diesem Zusammenhang insbesondere auf einem an den Angeklagten adressierten Schreiben der gesondert Verfolgten XL und TB vom 10.01.2008 mit der Bezeichnung „Single Future-basierte Strukturierung“. In diesem führen die gesondert Verfolgten TB und XL aus, dass Gespräche mit dem gesondert Verfolgten PI und mit PE hinsichtlich der Durchführung von Single Future-basierten Transaktionen in 2008 geführt würden, die grundsätzlich identisch mit denjenigen aus 2007 ausgestaltet sein sollten. Hinsichtlich der Profitbeteiligung der HC Bank bzw. der HC Gruppe lautet es in dem Schreiben auszugsweise wörtlich wie folgt:
629„Herr PI hat uns nach einem ersten Gespräch letzte Woche gestern telefonisch einen Anteil von 8 % (ca. 38 % des Kapitalertragsteueranspruches) für die Januar-Transaktionen angeboten […]. Im letzten Jahr lag unser Profit-Anteil bei 5 %.“
630Der vorstehende Passus lässt erkennen, dass die gesondert Verfolgten TB und XL die mögliche Profitbeteiligung der HC Bank bzw. der HC Gruppe anhand der Bruttodividende berechnet haben. Für das Jahr 2007 bezeichnen sie den Profit-Anteil der HC Bank bzw. der HC Gruppe mit 5%, woraus sich bei Abzug dieses Wertes von der Bruttodividende (100%) der gehandelte Dividendenlevel von 95 ergibt. Anhaltspunkte dafür, dass die gesondert Verfolgten TB und XL den Profitanteil der HC Bank im Jahr 2007 in dem Schreiben fehlerhaft dargelegt haben könnten, bestehen nicht.
631Abgesehen von dem Vorstehenden ist die Kammer sogar davon überzeugt, dass die in den verfahrensgegenständlichen Geschäften des Jahres 2007 tatsächlich gehandelten Level noch unter 95 lagen. Denn der gesondert Verfolgte KI hat insoweit im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung bekundet, die TJ habe sich als Intermediär in die Geschäfte eingeschaltet, um einen eigenen Profit zu generieren. Die Kammer schließt aus, dass dieser Profit weniger als einen Dividendenpunkt betrug, so dass die tatsächlichen Marktlevel höchstens bei 94, tatsächlich aber wohl sogar noch darunter lagen. Dies schlussfolgert die Kammer abgesehen von den Angaben des gesondert Verfolgten KI daraus, dass der gesondert Verfolgte PI ausweislich des vorstehend dargestellten Schreibens vom 10.01.2008 bereits während der Verhandlungen über die Fortführung der Geschäfte im Jahr 2008 der HC Bank angeboten hatte, die im Januar vorgesehenen Transaktionen zu einem Dividendenlevel von 92 („Anteil von 8 Prozent“) zu handeln. Dies spricht erkennbar dafür, dass der gesondert Verfolgte KI schon im Jahr 2007 mit der Leerverkäuferseite zu Dividendenleveln gehandelt hat, die jedenfalls deutlich unter 95 lagen. Denn der gesondert Verfolgte PI musste das Angebot an die HC Bank dergestalt kalkulieren, dass für ihn und den gesondert Verfolgten KI auf Grundlage der getroffenen Vereinbarung ein Profit verbleibt, der überhaupt erst bei einem Dividendenlevel von 91,9 oder darunter eintreten würde. Es liegt insoweit auf der Hand, dass er bei der Vereinbarung des Referenzwertes von 92 auf Grundlage der Erfahrungen aus den im Jahr 2007 durchgeführten Geschäften davon ausging, es werde ihm und dem gesondert Verfolgten KI jedenfalls gelingen, einen Level von um die 91, vermutlich aber sogar von deutlich weniger zu erzielen.
632bb) Die Schlussfolgerung, dass auf Verkäuferseite ein Steuerabzug nicht erfolgt ist, gründet ferner auf dem Umstand, dass als Vertragspartner der HC Bank in fast allen Fällen SA auftrat, als deren Depotbank die XH AG agierte. Diese hat sich im Nachgang des Jahressteuergesetzes 2007 aber gerade auf den Standpunkt gestellt, eine Verpflichtung ihrerseits, die Kapitalertragsteuer einzubehalten, bestehe nicht. Dies folgt zum einen aus einem am 29.08.2008 an die Depotkunden der XH AG versandten „Domestic Custody Services Market Newsflash“, in dem festgehalten wird, die Pflicht zum Steuerabzug bei Leerverkaufsfällen treffe nicht die Verwahrstelle, die im Auftrag ihrer Kunden das Settlement vollziehe. Mit Schreiben vom 05.09.2016 führte die XH AG ferner gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg aus, als Depotbank der SA im Zeitraum 2007 bis 2011 keinen Steuerabzug vorgenommen zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass ein anderer Marktakteur anstelle der Depotbank der Leerverkäufer Kapitalertragsteuer in Abzug gebracht haben könnte, bestehen nicht. Obgleich die XH AG nicht in sämtlichen verfahrensgegenständlichen Fällen als Depotbank der Leerverkäufer agierte, schlussfolgert die Kammer doch im Hinblick auf die inhaltsgleiche Strukturierung sämtlicher Geschäfte und die Bepreisung mit ähnlichen Dividendenleveln, dass ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung durch keine Stelle vorgenommen wurde. Dies hätte bei den an diesen Geschäften Beteiligten jeweils zu einem erheblichen Verlust geführt.
633cc) Dass die HC Bank bei sämtlichen verfahrensgegenständlichen Transaktionen und damit auch in der Dividendensaison 2007 CumEx-Leerkauftransaktionen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung durchgeführt hat, schlussfolgert die Kammer ferner daraus, dass zwischen der HC Bank sowie den gesondert Verfolgten Dr. YE und PI wiederholt Diskussionen über eine Ausweitung der Strategie auf andere europäische Länder geführt wurden, in deren Rahmen offen über den unterbliebenen Steuerabzug kommuniziert wurde.
634In dem Vermerk „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21.05.2007“ führte der gesondert Verfolgte XL aus, der gesondert Verfolgte Dr. YE prüfe „gerade weitere Trades in anderen europäischen Ländern“ und werde insoweit auf die HC Bank zukommen. Hiermit korrespondiert die Email vom 10.10.2007 „Unterlagen Step Plan Aktienverkauf / Übersicht Dividendenoptimierung.eml“, mit der die Sekretärin des gesondert Verfolgten Dr. YE an den gesondert Verfolgten XL die Word-Datei „Zwischenstand Overview Dividendenoptimierung 33851 v6.doc“ übermittelte. Diese enthielt zum „Stand 20.09.2007“ eine tabellarische Übersicht zu verschiedenen europäischen Ländern, in denen die Umsetzbarkeit der „Short Sale (LI-Struktur)“ geprüft worden war. Zu Österreich war dort explizit die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer angesprochen („LK sowie YM praktizieren diese Struktur. LK hat allerdings Zweifel, ob es gelingt, die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer zu erreichen…“). Auch das Vorliegen von Leerverkäufen wird in der Übersicht offensichtlich vorausgesetzt, wenn es etwa für die Schweiz lautet: „TK/RF […] hat […] ein weiteres Kurzgutachten geschickt […], in dem er die grundsätzliche Machbarkeit unter bestimmten Annahmen (Leerverkäufer/Finanzkommisonär muss im Ausland sitzen) noch einmal bestätigt.“
635Die durch die Übermittlung der vorstehend skizzierten Tabelle flankierte mehrmonatige Diskussion über die Ausdehnung der Struktur auf andere europäische Staaten bringt nach Einschätzung der Kammer zum Ausdruck, dass dort im Ausgangspunkt die identischen Geschäfte wie in Deutschland und damit Leerverkäufe mit doppelter Steueranrechnung durchgeführt werden sollten. Insoweit hält die Kammer die Einlassung des Angeklagten für widerlegt, wonach er ein der Tabelle inhaltlich entsprechendes Dokument zwar erhalten habe, die darin umschriebenen Geschäfte aber weder im In- noch im Ausland durchgeführt worden seien. Die Schilderung des Angeklagten, er habe als Folge des Jahressteuergesetzes 2007 entschieden, dass Aktiengeschäfte über den Dividendenstichtag unter Einschaltung von Leerverkäufern von Seiten der HC Bank nicht durchgeführt werden sollten, ist schon angesichts der Inhalte der Tabelle nicht plausibel. Hätte der Angeklagte im Rahmen seiner zahlreichen dokumentierten Gespräche mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE klar zum Ausdruck gebracht, die HC Bank wolle nicht in Leerverkaufstrukturen eingebunden werden, hätte für diesen keinerlei Anlass bestanden, eine Versendung der tabellarischen Übersicht zur Abwicklung entsprechender Transaktionen auch in anderen europäischen Staaten zu veranlassen. Die Versendung stand auch erkennbar mit den durch mehrere Urkunden objektivierten Gesprächsinhalten in Zusammenhang (Vermerk XL „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“; Schreiben TB und XL „Single Future-basierte Strukturierung“ vom 10.01.2008 unter explizierter Bezugnahme auf die Länder Österreich und Schweiz; Schreiben Dr. YE „Unsere Besprechung vom 20.05.2008“), wonach die in Deutschland bereits praktizierten Geschäfte auf gleiche oder ähnliche Weise auch in anderen europäischen Staaten durchgeführt werden sollten. Angesichts dieser Parallelen ist die Kammer davon überzeugt, dass die in der Tabelle festgehaltenen Parameter (insbesondere Einschaltung eines Leerverkaufs und doppelte Anrechnung der Steuer) inhaltsgleich auch bei den in Deutschland durchgeführten Transaktionen zum Tragen kamen.
636Die vorstehende Würdigung zu den Diskussionen über eine Ausdehnung der Geschäfte auf andere europäische Staaten deckt sich zudem mit dem Umstand, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE im Rahmen der Email vom 18.08.2006 „Jahressteuergesetz 2007“ gegenüber dem Angeklagten darauf hinwies, aufgrund einer Verschiebung der Beschlussfassung über den Gesetzesentwurf sei Zeit gewonnen worden, „um die endgültige Fassung des Gesetzes in unserem Sinne zu beeinflussen.“ Im Rahmen des Jahressteuergesetzes sollte gerade die CumEx-Leerkaufthematik aufgegriffen werden, so dass eine diesbezügliche Lobbyarbeit, die den Interessen des gesondert Verfolgten Dr. YE und der HC Bank dient, naheliegend genau solche Geschäfte betreffen sollte.
637Soweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, er habe der Email keine Bedeutung beigemessen und sei davon ausgegangen, es sei dem gesondert Verfolgten Dr. YE lediglich darum gegangen, auf seine Einflussmöglichkeiten hinzuweisen, ist dies nicht glaubhaft. Die Email des gesondert Verfolgten Dr. YE muss einen realen Bezug zu vorherigen Gesprächen bzw. Erörterungen zu einer möglichen Zusammenarbeit haben, da andernfalls kein vernünftiger Grund erkennbar ist, warum der gesondert Verfolgte Dr. YE eine dem gemeinsamen Interesse dienende Lobbyarbeit anspricht. Denn in der Email wird gar nicht dargelegt, worin das „Interesse“ bestehen soll, so dass der gesondert Verfolgte Dr. YE augenscheinlich vorausgesetzt hat, der Angeklagte wisse sowohl, welche Reformvorhaben vom Jahressteuergesetz 2007 betroffen sein könnten, als auch, welche Interessen der HC Bank hierdurch berührt werden. Dann spricht angesichts der Inhalte des Jahressteuergesetzes 2007 aber sehr viel dafür, dass zuvor Erörterungen über eine CumEx-Leerkaufstrategie stattgefunden haben. Jedenfalls ist wiederum nicht erklärlich, warum Lobbyarbeit im Interesse der HC Bank gelegen hätte, wenn es dieser stets allein um die Durchführung von Inhaberverkäufen gegangen wäre, die durch das Jahressteuergesetz 2007 ohnehin keiner Regelung zugeführt werden sollten.
638Die seitens der Kammer gezogene Schlussfolgerung steht zuletzt auch im Einklang mit den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK zu den Inhalten des initiierenden Gesprächs zwischen dem gesondert Verfolgten Dr. YE und ihm auf der einen sowie dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. NC auf der anderen Seite. Hierin hat der gesondert Verfolgte Dr. YE nach den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK geschildert, so etwas wie die „LI-Transaktionen“ könnte auch bei der HC Bank umgesetzt werden. Die bei der TJ bereits implementierten LI Geschäfte wurden hiernach augenscheinlich als Referenz für die der HC Bank vorgeschlagene Struktur angeführt. Hiermit steht in Einklang, dass die Überlegungen hinsichtlich der in anderen europäischen Staaten durchführbaren Geschäfte in der tabellarischen Übersicht vom 20.09.2007 unter dem Stichwort „Short Sale (LI-Struktur)“ aufgeführt sind. Hätte der gesondert Verfolgte Dr. YE nicht im Vorfeld erläutert, worum es sich bei der LI-Struktur handelt, hätte die entsprechende Angabe in der Tabelle für die Empfänger bei der HC Bank erkennbar keinen Sinn ergeben. Dies auch vor dem Hintergrund, dass in der Übersicht die Details der Geschäfte nicht weiter erläutert werden, vielmehr augenscheinlich vorausgesetzt wird, der Empfänger könne die Begriffe „Short Sale“, „LI-Struktur“, „doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer“ und „Leerverkäufer/Finanzkommisionär“ sowie deren Bedeutung für das Gelingen der Struktur einordnen. Auch in der Email vom 10.10.2007, mit der die Präsentation übermittelt wurde, werden die Inhalte der Tabelle nicht weiter vertieft, vielmehr wird gegenüber dem gesondert Verfolgten XL allein auf eine vorherige Besprechung mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE Bezug genommen. Hierdurch werden die Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK bestätigt, wonach der gesondert Verfolgte Dr. YE gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. NC sowie dem Angeklagten offen und unter Bezugnahme auf die LI-Geschäfte bei der TJ vom Vorliegen von Leerverkäufen gesprochen hat und erkennbar war, wo der Profit bei den angedachten Geschäften herrührt.
639dd) Die Kammer verkennt nicht, dass weitere Urkunden existieren, insbesondere in Gestalt von Email-Kommunikation und internen Vermerken der HC Bank, in denen angedeutet wird, bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen kämen Leerverkäufe nicht zum Tragen. Dies gilt etwa für eine Präsentation der HC Bank vom 20.02.2008 mit dem Titel „Diskussionspapier PI“, in der ein Geschäftsablauf dargestellt wird, in dem Leerverkäufe keine Rolle spielen. Ferner führte der gesondert Verfolgte PI in einer Email unter anderem an den Angeklagten vom 06.04.2009 („Fund Trading Strategy“) aus, durch die von ihm vorgeschlagene Handelsstrategie könne gewährleistet werden, dass aufgrund des gewählten Ablauftages der Ankaufsfutures Aktien mit Dividendenberechtigung geliefert werden. In einer unter anderem an den Angeklagten versandten Email vom 03.04.2009 („Telefonat“) wies der gesondert Verfolgte Dr. YE darauf hin, dass es in den beabsichtigten Transaktionen „keine cum-/ex-Leerverkäufe über den Dividendenstichtag“ gebe, da lediglich Futures gehandelt würden. In einem von dem Angeklagten verfassten Vermerk vom 30.04.2009 („Gesprächszusammenfassung“) ist festgehalten, dass es sich „nach den uns bekannten Sachverhalten“ bei den Transaktionen des BC German Equity Special Fund und den Single Future Strukturen der HC Bank in keinem Fall um Leerverkäufe handele.
640Die vorstehend benannten und weitere Urkunden betreffen lediglich abstrakte Umschreibungen der umzusetzenden Geschäfte und sind bereits als solche nicht geeignet, durchgreifende Zweifel an den Schlussfolgerungen der Kammer zu begründen, die auf den tatsächlichen Durchführungsdetails der verfahrensgegenständlichen Transaktionen beruhen und die das Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung belegen. Im Übrigen betreffen jedenfalls die Emails vom 03.04.2009 und vom 06.04.2009 den Fondsbereich und lassen nur eingeschränkt Rückschlüsse hinsichtlich der im Eigenhandel durchgeführten Transaktionen zu. Auch wird das Vorliegen von Leerverkäufen in den Urkunden im Ergebnis gar nicht in Abrede gestellt, so können etwa auch die in der Email vom 03.04.2009 erwähnten Futures ohne weiteres mit einem Leerverkäufer gehandelt werden. Auch der Vermerk vom 30.04.2009 weist lediglich aus, dass nach den der HC Bank bekannten Sachverhalten Leerverkäufe nicht vorliegen würden, woraus nicht folgt, dass Leerverkäufe tatsächlich nicht zum Tragen kamen. Abgesehen hiervon steht aber ohnehin zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest, dass durch die in den Urkunden gewählten Formulierungen das Vorliegen von Leerverkäufen bewusst verschleiert werden sollte, was nicht nur den jeweiligen Erstellern, sondern auch den Adressaten der Urkunden - jedenfalls teilweise - bewusst war. Insoweit wird auf die Beweiswürdigung zur subjektiven Vorstellung des Angeklagten [vgl. unten B.IV.1.f)aa)(5)] Bezug genommen.
641ee) Soweit die Kammer im Rahmen der vorstehenden sowie der weiteren Beweiswürdigung auch Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK zugrunde gelegt hat, sind diese überzeugungskräftig.
642Der gesondert Verfolgte Dr. KK ist […] als Rechtsanwalt tätig. Er entschloss sich Ende des Jahres 2016 dazu, als Beschuldigter gegenüber den Ermittlungsbehörden freiwillig weitgehende Angaben zu den vom gesondert Verfolgten Dr. YE mit seiner Beteiligung initiierten und betriebenen CumEx-Geschäften zu machen. Diesen Schritt sei er - nach eigenem Bekunden - unbeeinflusst von Dritten auf Anraten seiner Verteidiger gegangen. Die Motivation dafür, über den eigenen Tatbeitrag hinaus sein Wissen zu offenbaren, sei die Hoffnung auf eine erhebliche Strafmilderung, bestenfalls sogar auf eine Einstellung des gegen ihn durch die Staatsanwaltschaft Köln geführten Verfahrens. Dieses legitime Eigeninteresse hat der gesondert Verfolgte Dr. KK unumwunden eingeräumt. Dabei hat er aber auch betont, dass ihm seitens der Strafverfolgungsbehörden für etwa geleistete Aufklärungshilfe keine konkreten Vorteile in Aussicht gestellt worden seien. Insbesondere sei ihm zu keinem Zeitpunkt die Einstellung gegen ihn gerichteter Strafverfahren zugesagt worden. Über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren sei er sich während zahlreicher Vernehmungen im Landeskriminalamt Düsseldorf nicht sicher gewesen, ob er im Anschluss eventuell in Untersuchungshaft genommen werde.
643Dass dem gesondert Verfolgten Dr. KK weder von der Staatsanwaltschaft noch von einer anderen Stelle irgendwie geartete Zusagen hinsichtlich des Ausgangs des gegen ihn geführten Strafverfahrens gemacht worden sind, ist durch die Ergebnisse der Hauptverhandlung bestätigt worden. Denn in einem auf den 15.12.2016 datierten, unter anderem von Dr. KK, seinen Verteidigern und der ermittelnden Staatsanwältin unterzeichneten Vermerk ist festgehalten, dass seitens der Staatsanwaltschaft zum Ausdruck gebracht worden ist, eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO komme vor dem Hintergrund der dem Angeklagten vorgeworfenen Tatbeiträge nicht in Betracht. Im Folgenden heißt es in dem Vermerk auszugsweise wörtlich wie folgt:
644„Denkbar sei allenfalls eine Strafmilderung bzw. das Absehen von Strafe nach § 46b StGB. Im Hinblick auf den gewichtigen Tatvorwurf gegen den Beschuldigten sei ein ebenso wesentlicher Aufklärungsbeitrag erforderlich. Der Beschuldigte stellte daraufhin in Aussicht, sich u.a. zur Mechanik der Transaktionen zu äußern. Er habe insoweit Erkundigungen eingeholt, um aktiv an der Sachaufklärung mitwirken zu können. Unter diesen Voraussetzungen erscheine die Anwendbarkeit des § 46b StGB nach vorläufiger Einschätzung der Staatsanwaltschaft vorstellbar. Durch die Staatsanwaltschaft wurde insoweit verdeutlicht, dass eine entsprechende Zusage derzeit nicht erfolgen kann. Eine abschließende Bewertung sei vielmehr erst nach Kenntnis und Prüfung der Einlassung im Hinblick auf einen messbaren Aufklärungserfolg möglich.“
645Die Kammer hat keinerlei Zweifel, dass der Vermerk vom 15.12.2016 den Inhalt der zwischen der Staatsanwaltschaft, dem gesondert Verfolgten Dr. KK und seinen Verteidigern erfolgten Erörterungen authentisch wiedergibt. Hiernach steht fest, dass seitens der Staatsanwaltschaft gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. KK keinerlei Zusage hinsichtlich des Verfahrensausgangs gemacht worden ist, sondern lediglich ein - gebotener - Hinweis auf die Rechtslage, insbesondere die Voraussetzungen des § 46b StGB, erteilt wurde. Hinsichtlich der tatsächlichen Anwendung dieser Regelung konnte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten von vornherein keinerlei konkrete Zusagen machen, da die Entscheidung hierüber stets allein dem Gericht obliegt. Im Übrigen wird in dem Vermerk ausdrücklich betont, dass die Staatsanwaltschaft gegenüber dem Angeklagten zu verstehen gegeben hat, eine Zusage könne zum damaligen Zeitpunkt nicht erfolgen. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass seitens der Strafverfolgungsbehörden gegenüber dem Angeklagten im Folgenden zugesichert worden ist, er könne durch weitere Aufklärungsbeiträge den Ausgang seines Strafverfahrens dergestalt beeinflussen, dass eine förmliche Bestrafung seinerseits nicht erfolge.
646Dem überdurchschnittlich intelligenten und nüchtern abwägenden gesondert Verfolgten Dr. KK ist nach Einschätzung der Kammer spätestens im Zeitraum seiner Aussage gegenüber den Ermittlungsbehörden bewusst geworden, dass angesichts des Gewichts seiner Tatbeiträge und seines außergewöhnlich hohen Profits aus CumEx-Geschäftsmodellen gegen ihn die Verhängung einer langjährigen Freiheitsstrafe in Betracht kommt. Dementsprechend hatte und hat er ein beträchtliches Eigeninteresse daran, dass die Staatsanwaltschaft gerade auch solchen Angaben Glauben schenkt, die zur Überführung anderer Tatbeteiligter beitragen. Die Kammer hat die offengelegten eigennützigen Motive des Zeugen bei der Würdigung seiner Aussage stets im Blick gehabt. Demgegenüber bestehen nach Einschätzung der Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aussagebereitschaft des gesondert Verfolgten Dr. KK darauf basiert, dass er davon ausgeht, aufgrund einer Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden seinen Anteil an den Profiten aus den CumEx-Transaktionen behalten zu können. Vielmehr muss ihm gerade bewusst sein, infolge seiner Angaben möglichen Rückforderungen der Finanzbehörden, Einziehungs- und Arrestanordnungen der Strafverfolgungsbehörden und ggf. auch zivilrechtlichen Schadensersatzbegehren von früheren Geschäftspartnern ausgesetzt zu werden. Im Übrigen hat der gesondert Verfolgte Dr. KK zum Ausdruck gebracht, dass er an einer freiwilligen (Rück-)Zahlung seines für die Taten erlangten Profitanteils interessiert sei. Hemmnisse auf Seiten der Finanzbehörden, die einer solchen Zahlung zur Schadenswiedergutmachung bislang entgegengestanden hätten, hat er nachvollziehbar geschildert.
647Die seitens der Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung zugrunde gelegten Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK beruhten ganz überwiegend auf seinen eigenen unmittelbaren Wahrnehmungen und erfolgten detailreich, lebensnah und widerspruchsfrei. Entscheidend für ihre Glaubhaftigkeit spricht aber, dass sie ganz überwiegend lediglich bestätigen, was sich ohnehin aus Urkundeninhalten und den Angaben weiterer Zeugen - insbesondere der gesondert Verfolgten KI und JC - ergibt.
648(1) Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat bezogen auf seine ehemaligen Geschäftspartner keinen Belastungseifer an den Tag gelegt. Insbesondere wies seine Aussage keine übermäßige Belastungstendenz bezogen auf den Angeklagten auf, dem er nur bei wenigen Gelegenheiten persönlich begegnet sein will. Hierbei hat er die Darstellung seiner Wahrnehmungen nicht in Richtung auf einen möglichen Vorsatz des Angeklagten akzentuiert. Vielmehr hat er sich auf die sachliche Darstellung seiner eigenen Rolle bei der Planung, Organisation und Abwicklung der verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen und auf seine diesbezüglich gemachten Wahrnehmungen konzentriert. Dabei hat er in vollem Umfang Verantwortung für seinen persönlichen Anteil an dem Gesamtgeschehen übernommen, ohne das Fehlverhalten anderer in den Vordergrund zu stellen. Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat sich, auch was die Darstellung der Beweggründe für seine Tatbeteiligung anbelangt, nicht geschont: Neben seiner kritiklosen Bewunderung für den gesondert Verfolgten Dr. YE hat er Geldgier, soziale Anpassung und den Verlust an „Bodenhaftung“ als Gründe dafür angegeben, irgendwann zwischen 2007 bis 2009 den „falschen Weg eingeschlagen“ zu haben.
649Als den Angeklagten entlastenden Umstand hat der gesondert Verfolgte Dr. KK anschaulich das robuste Auftreten des gesondert Verfolgten Dr. YE im Mandantengespräch geschildert. Dieser habe seinerzeit als Steuerberater in den Kreisen der wohlhabenden Kundschaft von Privatbanken ein hervorragendes Ansehen genossen. Aufgrund seiner Autorität, Sprachgewalt und Überzeugungskraft habe er es verstanden, gegen die CumEx-Geschäfte aufkommende rechtliche oder moralische Bedenken „wegzuwischen“. Bei der durch den gesondert Verfolgten Dr. KK erfolgten Charakterisierung seines einstigen Kanzleipartners klang stellenweise immer noch Ehrfurcht an. Dieser sei frühzeitig über die Entwicklungen auf dem Gebiet des Steuerrechts informiert gewesen, da er über exzellente Kontakte in die Finanzverwaltung und die Finanzwirtschaft verfügt habe. Zudem habe er sich mit einem Kreis von ausgewiesenen Steuerrechtsexperten umgeben, dem sogenannten „ThinkTank“. Dort seien Entwicklungen auf dem Gebiet des Steuerrechts tiefgründig diskutiert worden. Hiermit habe sich der gesondert Verfolgte Dr. YE aber nicht zufrieden gegeben, sondern versucht, durch Lobbyarbeit die Gesetzgebung und Auslegung des Steuerrechts in seinem Sinne zu beeinflussen. Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat dabei einerseits betont, dass auch er damals davon überzeugt gewesen sei, die steuerfachliche Kompetenz des gesondert Verfolgten Dr. YE sei über jeden Zweifel erhaben. Andererseits habe er den gesondert Verfolgten Dr. YE schon frühzeitig als Vermittler von aggressiven Steuersparmodellen wahrgenommen, der keine Auseinandersetzung mit den Finanzbehörden gescheut habe. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe hierbei auch empfohlen, im Hinblick auf Betriebsprüfungen, frühzeitig eine „Papierlage“ in dem Sinne zu schaffen, dass der wahre Hintergrund der Transaktionen unzutreffend oder verschleiernd dargestellt werde. Betriebsprüfer habe er als Gegner definiert, deren Anfragen es im Keim zu ersticken gelte.
650Die von dem gesondert Verfolgten Dr. KK so umschriebene Schaffung einer „Papierlage“ wird durch diverse Urkundeninhalte bestätigt, in denen wider besseres Wissen des jeweiligen Verfassers der Eindruck vermittelt wird, Leerverkäufe spielten bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen keinerlei Rolle. Neben den exemplarisch bereits benannten Emails des gesondert Verfolgten PI vom 03.04.2009 und des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 06.04.2009 gilt dies etwa auch für ein seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE am 20.02.2009 an den Angeklagten und den gesondert Verfolgten Dr. NC übermitteltes Gutachten mit dem Titel „Steuerliches Gutachten zur Ausnutzung von Marktineffizienzen bei dem Handel mit Aktien über den Hauptversammlungsstichtag“, in dem schon durch die Bezeichnung des Gutachtens der Eindruck vermittelt wird, Profite sollten nicht durch eine Erstattung von zuvor nicht abgeführter Kapitalertragsteuer, sondern durch „Marktineffizienzen“ erwirtschaftet werden. Dass solche bei der beratenen CumEx-Struktur nicht zum Tragen kamen, war dem gesondert Verfolgten Dr. YE indes bewusst. Dass bei der beratenen Struktur gezielt Leerverkäufe zum Tragen kommen sollten, wird in dem Gutachten nicht offengelegt.
651Auch unabhängig von der Person des Angeklagten hat der gesondert Verfolgte Dr. KK hinsichtlich anderer in CumEx-Leerkauftransaktionen eingebundener Personen nicht pauschal zum Ausdruck gebracht, allen seien die tatsächlichen Hintergründe der Profite bewusst gewesen. Vielmehr hat er sich insoweit differenziert geäußert und etwa im Hinblick auf Personen, die in die Fondsstrukturen investiert haben, angegeben, einigen seien die Einzelheiten der durch den Fonds umgesetzten Strukturen bekannt gewesen, wohingegen andere Investoren die Hintergründe der Profite nicht durchschaut hätten. Auch im Hinblick auf Verantwortliche der XG eG hat der gesondert Verfolgte Dr. KK bekundet, diesen sei jedenfalls zu Beginn der Verhandlungen nicht bewusst gewesen, welche Art von Geschäften durch den BC German Hedge Fund umgesetzt werden sollten. Eine diesbezügliche Kenntnis habe sich zwar während der Dividendensaison entwickelt, bis zum Schluss sei den Verantwortlichen der XG eG aber jedenfalls nicht bewusst gewesen, welche Beträge mit den Geschäften verdient werden konnten. Auch im Rahmen seiner Schilderungen des 2006 oder Anfang 2007 durchgeführten Gesprächstermins hat der gesondert Verfolgte Dr. KK zu verstehen gegeben, der gesondert Verfolgte Dr. NC habe die technischen Hintergründe der Transaktionen und die ganz feinen Verästelungen des Steuerrechts nach seiner Wahrnehmung nicht durchdrungen. Er hat mithin auch diesem kein Wissen zugeschrieben, das er nicht mit eigenen unmittelbaren Wahrnehmungen in Verbindung bringen konnte. Im Übrigen erfolgten die Schilderungen des Gesprächstermins durch den gesondert Verfolgten Dr. KK durchgehend detailreich und lebensnah. Dass er sich an zahlreiche Einzelheiten des Gesprächs erinnern konnte, ist plausibel, zumal es sein erster Termin bei der HC Bank war, die zuvor von dem gesondert Verfolgten Dr. YE allein beraten wurde, und der gesondert Verfolgte Dr. KK nachvollziehbar bekundet hat, er habe dies für sich selbst als bedeutsamen Schritt empfunden.
652Im Ergebnis hat der gesondert Verfolgte Dr. KK im Übrigen lediglich ausgesagt, nach seiner Einschätzung hätten sich professionelle Marktakteure, die über einen längeren Zeitraum mit CumEx-Leerkaufgeschäften konfrontiert waren, nicht der Erkenntnis verschließen können, welche Strategie insoweit verfolgt wurde und wo die Profite herrührten. Gegenüber den Verantwortlichen der HC Bank seien die Details der Transaktionen nicht verschleiert worden. Diese Angaben decken sich mit den Äußerungen der gesondert Verfolgten KI und JC. Auch diese haben ausgesagt, professionellen Marktakteuren habe bereits aufgrund der Handelsdaten und aufgrund weiterer Parameter der Aktien- und Derivatgeschäfte, insbesondere aber aufgrund der erzielten Profite klar sein müssen, welche Struktur im Einzelnen verfolgt werde. Auch haben sowohl der gesondert Verfolgte KI als auch der gesondert Verfolgte JC ausgesagt, sie hätten gegenüber ihren Ansprechpartnern bei der HC Bank - insbesondere dem gesondert Verfolgten TB - die Details der Transaktionen nicht verschleiert, vielmehr seien Umstände, aus denen auf das Vorliegen von Leerverkäufen zu schlussfolgern war, offen kommuniziert worden. Wenn der Terminus Leerverkauf nicht ausdrücklich verwendet wurde, sei dies allein darauf zurückzuführen, dass dies nicht erforderlich war, da die Struktur der Geschäfte den auf der Handelsseite eingebundenen Personen ohnehin bekannt gewesen sei.
653Nach dem Vorstehenden haben die gesondert Verfolgten Dr. KK, KI und JC, die auf unterschiedliche Weise und an unterschiedlichen Stellen in die Durchführung von CumEx-Leerkaufgeschäften mit der HC Bank eingebunden waren, übereinstimmend und unabhängig voneinander ausgesagt, dass deren Mitarbeiter und Verantwortliche nicht über Details der Transaktionen getäuscht wurden, sondern diese offen kommuniziert worden seien. Auch die Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC werden durch Urkundeninhalte gestützt, insbesondere durch Chat-Nachrichten, in denen auf die Notwendigkeit, die für die Belieferung der Geschäfte erforderlichen Aktien zu beschaffen, sowie auf die Bepreisung der Geschäfte eingegangen wird (etwa Chat zwischen JC und TB vom 27.03.2008 und Chat zwischen PI und TB vom 23.01.2009). Damit decken sich die seitens der Kammer zugrunde gelegten Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK auch in diesem Zusammenhang mit den weiteren Ergebnissen der Hauptverhandlung.
654Die Kammer schließt aus, dass die gesondert Verfolgten Dr. KK, KI und JC gemeinsam oder unabhängig voneinander entschieden haben, unzutreffend zu Lasten von Mitarbeitern der HC Bank in dem Sinne auszusagen, dass sie diesen ein tatsächlich nicht vorhandenes Wissen zuschreiben. Soweit sich die gesondert Verfolgten überhaupt zu konkreten Personen verhalten haben, haben sie diesen nicht pauschal bestimmte Kenntnisse zugeschrieben, sondern auf eigene unmittelbare Wahrnehmungen Bezug genommen, die noch dazu hinsichtlich entscheidender Gesichtspunkte durch Urkundeninhalte objektiviert sind. Abgesehen hiervon erscheint es auch lebensfremd, dass die gesondert Verfolgten im betroffenen Verfahrenszeitraum überhaupt davon ausgingen, sie hätten Verantwortliche und Mitarbeiter der HC Bank über die Struktur der Geschäfte sowie die Herkunft der Profite täuschen können. Denn ihnen musste bewusst sein, dass sie es gar nicht in der Hand haben, ob Mitarbeiter der HC Bank durch eine eigenständige Analyse der Geschäfte oder über andere Marktakteure weitere Details der Transaktionen erfahren. Dies gilt insbesondere im Verhältnis der gesondert Verfolgten JC und KI zueinander, die im Jahr 2008 als Konkurrenten hinsichtlich der Frage auftraten, mit wem die HC Bank in Zukunft CumEx-Transaktionen durchführen würde, worüber sie sich auch bewusst waren. Dass der gesondert Verfolgte KI in Kenntnis des Umstandes, dass die HC Bank Verhandlungen auch mit PE und damit der Leerverkäuferseite führt, davon ausging, er könne die HC Bank über das Vorliegen von Leerverkäufen täuschen, schließt die Kammer aus.
655Eine Täuschung des Angeklagten oder anderer Angehöriger der HC Bank durch den gesondert Verfolgten Dr. KK wird nach Einschätzung der Kammer auch nicht dadurch wahrscheinlicher, dass in einer von diesem mit dem gesondert Verfolgten Dr. RB im März 2009 geführten Email-Kommunikation erörtert wird, den Entwicklungen um das BMF-Schreiben dadurch zu begegnen, dass zur Beschwichtigung der Beteiligten eine Versicherung für Steuerrisiken abgeschlossen wird (insbesondere Mail von Dr. RB an Dr. KK vom 24.03.2009 „Vorschlag zur Loesung is dividendentrades“). Unabhängig davon, dass der Angeklagte sich schon selbst nicht dahingehend eingelassen hat, ihm gegenüber sei mit einer bestehenden Versicherung argumentiert worden, begründet auch der Inhalt der Email keinerlei Zweifel an den in diesem Zusammenhang getätigten Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK. Denn die Frage, ob in den von dem gesondert Verfolgten Dr. YE und dem gesondert Verfolgten Dr. KK beratenen Strukturen Leerverkäufe zum Tragen kommen, ist von der Email gar nicht betroffen. Vielmehr sollten Akteure, die davon ausgehen, dass der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens eröffnet ist und infolgedessen möglicherweise Steuerrisiken begründet sind, augenscheinlich dadurch beruhigt werden, dass eine Versicherung abgeschlossen wird, die im Zweifel für etwaige Rückforderungsbeträge einstehen würde. Die Intention, Marktakteure über das Vorliegen von Leerverkäufen zu täuschen oder den Eindruck zu vermitteln, ein Anspruch auf Anrechnung oder Erstattung der Steuer sei in CumEx-Leerkaufskonstellationen unter jedem denkbaren Gesichtspunkt begründet, kommt in der Email nach Einschätzung der Kammer nicht zum Ausdruck.
656(2) Soweit sich der gesondert Verfolgte Dr. KK zu den Details der verfahrensgegenständlichen Transaktionen geäußert hat, bestätigen auch diese Angaben lediglich Ergebnisse der Hauptverhandlung, die auch aufgrund sonstiger Beweismittel zur Überzeugung der Kammer feststehen. So hat er die Herkunft der Profite identisch geschildert wie die gesondert Verfolgten KI und JC, insbesondere belegen aber die Handelsdaten, dass die Aktien - entsprechend der Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK - über den Dividendenstichtag und zu Preisen gehandelt wurden, die - entsprechend der durch den Sachverständigen Prof. Dr. JA für plausibel erachteten Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC - auf eine CumEx-Leerverkaufstruktur ohne Abzug der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung hindeuten.
657Soweit der gesondert Verfolgte Dr. KK sich zu den in die Transaktionen eingebundenen Marktakteuren geäußert hat, decken sich seine Angaben mit diversen Urkunden, in denen die Geschäftsbeziehungen der beteiligten Akteure geregelt worden sind (etwa „Vereinbarung zwischen PF Limited und YF GmbH und HD GmbH“; „Allgemeine Vertragsbedingungen für Spezial Sondervermögen BC German Equity Special Fund“; „Besondere Vertragsbedingungen für Spezial-Sondervermögen BC German Equity Special Fund“; „Depotbankvertrag zwischen der HD GmbH und der YF GmbH“; „Depotbankvertrag zwischen der HD GmbH und der XG“).
658(3) Die Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK weisen auch insoweit keine durchgreifenden Widersprüche auf, als er sich zu der Frage verhalten hat, ab welchem Zeitpunkt er selbst zu der Einschätzung gelangt ist, die durchgeführten Transaktionen könnten mit dem Steuerrecht möglicherweise nicht in Einklang stehen.
659Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat die Entwicklung seiner eigenen Einstellung zu den getätigten CumEx-Geschäften anhand verschiedener Wegmarken wie dem Jahressteuergesetz 2007 und dem BMF-Schreiben aus Mai 2009 nachvollziehbar dargestellt. Dabei hat er sich nicht auf die stereotype Wiederholungen von einmal Gesagtem zurückgezogen, sondern war bereit, diese Erinnerung selbstkritisch zu hinterfragen. Von sich aus schilderte der gesondert Verfolgte Dr. KK, dass man sehr lange vollkommen unbefangen über die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer und über Leerverkäufe gesprochen habe. Mit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 sei man insoweit etwas vorsichtiger geworden. Ab März bzw. April 2009 - mit Ankündigung des BMF-Schreibens - sei dann so getan worden, als ob Leerverkäufe und doppelte Anrechnungen bei den Geschäften keine Rolle spielten. Diese Angaben werden durch zahlreiche Urkundeninhalte bestätigt, so wird insbesondere in der im Jahr 2007 erstellten Tabelle zu den europäischen Trades - wie bereits dargelegt - unmittelbar auf das Vorliegen von Leerverkäufen und doppelte Erstattungen von Kapitalertragsteuern Bezug genommen, wohingegen Emails ab April 2009 Formulierungen enthalten, durch die - verklausuliert - der Eindruck vermittelt wird, Leerverkäufe spielten bei den Geschäften keinerlei Rolle.
660In Einklang mit den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK stehen ferner die Inhalte eines von den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. RB für eine deutsche Kapitalanlagegesellschaft in der Rechtsform einer GmbH verfassten Gutachtens mit Datum vom 08.02.2008, welches dem Angeklagten mit E-Mail vom 11.02.2008 übermittelt wurde. Dort wird unter Ziff. 1.1.5 ausgeführt, es könne im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob bei der begutachteten Struktur, bei der Aktien über den Dividendenstichtag erworben werden sollen, Inhaberverkäufe oder Leerverkäufe zum Tragen kommen würden. Denn die GmbH würde entweder den Steuertatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG oder den des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG erfüllen. Mit der Steuer würde im Falle eines Leerverkaufs nicht die erwerbende GmbH, sondern der Leerverkäufer belastet werden. Diese Ausführungen geben erkennbar nicht den Sachverhalt wieder, der bei den von dem gesondert Verfolgten Dr. YE beratenen CumEx-Strukturen verwirklicht wurde. Denn bei diesen kamen Leerverkäufe gezielt und nicht - wie im Gutachten suggeriert - allenfalls zufällig zum Tragen und auf Seiten der Leerverkäufer erfolgte gerade kein Abzug der Steuer von der Dividendenkompensationszahlung.
661Auch die Darstellung des zu begutachtenden Sachverhalts unter B. des Gutachtens schweigt zu der von dem gesondert Verfolgten Dr. KK dargelegten Kenntnis der Beteiligten, dass das begutachtete Geschäftsmodell ausschließlich auf Leerverkaufsgestaltungen basierte. Dafür, dass diese Einschätzung zutrifft, spricht bereits der Umstand, dass das Gutachten nicht eindeutig offenlegt, woraus der seitens der Beteiligten konkret kalkulierte und im Vorhinein verteilte Gewinn denn resultieren sollte, wenn nicht aus der angerechneten, aber zuvor nicht in entsprechendem Umfang einbehaltenen Kapitalertragsteuer. Im Rahmen der eingehenden Erörterung eines Gestaltungsmissbrauchs wird unter 7.3 postuliert, dass allein, weil es sich bei den im Rahmen der Transaktion geschlossenen Verträgen um solche zwischen fremden Dritten handele, davon auszugehen sei, dass die Parteien mit dieser beachtliche wirtschaftliche - und damit außersteuerliche - Interessen verfolgten. Die Erträge, die die Kapitalgesellschaft aus dieser Struktur erziele, seien nicht steuerlicher Natur. Worin die außersteuerlichen Interessen und die nicht steuerlichen Erträge bestehen sollen, wird aber gar nicht dargelegt. Auch in der Email des gesondert Verfolgten Dr. YE an den Angeklagten vom 11.02.2008 („Dividendenoptimierungsstruktur“) wird das Geschäftsmodell verklausuliert als „Dividendenoptimierungsstruktur“ beschrieben. Dass Profite durch eine irgendwie geartete „Optimierung“ von Dividenden erzielt würden, wird in dem Gutachten aber gar nicht begründet.
662Die in dem Gutachten gewählten Formulierungen stützen damit die Aussage des gesondert Verfolgten Dr. KK, dass man bereits mit dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 in der Wortwahl vorsichtiger geworden sei, auch wenn - anders als nach Bekanntwerden der Entwürfe zum BMF-Schreiben vom 05.05.2009 - das Vorliegen von Leerverkäufen noch nicht gänzlich verschwiegen worden sei. Dass die Formulierungen in anderen Urkunden - etwa in der Tabelle zu den anderen europäischen Ländern aus dem Jahr 2007 - keinerlei Verklausulierungen enthalten, fügt sich in die Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK ein, wonach der Wechsel in der Wortwahl auch im Hinblick auf erwartete Betriebsprüfungen erfolgte. Gerade für solche bot sich die Vorlage eines steuerlichen Gutachtens an, nicht aber eine interne tabellarische Übersicht, in der skizziert wird, in welchen Ländern möglicherweise Geschäfte umgesetzt werden können, bei denen Steuern in höherem Umfang angerechnet als zuvor einbehalten werden.
663Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat im Übrigen bekundet, dass die Begründung des Entwurfs des Jahressteuergesetzes 2007 unter den dem „ThinkTank“ angehörenden Steuerexperten seiner Kanzlei diskutiert worden sei. Etwa aufkeimende steuerrechtliche Bedenken gegen CumEx-Geschäfte unter Einschaltung eines Leerverkäufers habe der gesondert Verfolgte Dr. YE wortgewaltig durch eine positivistische Auslegung zerstreut. Der gesondert Verfolgte Dr. YE habe sich davon überzeugt gegeben, dass der Gesetzeswortlaut sogar eine „Blaupause“ für die Fortführung der Geschäfte darstelle. Man sei dieser positivistischen Auslegung des Jahressteuergesetzes 2007 gefolgt, obwohl man definitiv gewusst habe, dass dies nicht der Intention des Gesetzgebers entsprochen habe. Man habe sich gesagt, selbst wenn der Erwerb von einem Leerverkäufer stamme, sei das unschädlich, zumal man den Leerverkäufer ja nicht kenne. Dabei hätten alle gewusst, dass es sich um einen Leerverkaufsmarkt handele.
664In diesem Zusammenhang hat der gesondert Verfolgte Dr. KK sich auch zum Auftreten eines von ihm so bezeichneten „Störgefühls“ geäußert, wobei seine Angaben trotz insistierender Nachfragen teilweise unklar blieben. Einerseits hat er bekundet, dass schon seit dem Bekanntwerden des Entwurfs zum Jahressteuergesetz 2007 bei ihm ein erstes „Störgefühl“ aufgetreten sei. Spätestens mit dem BMF-Schreiben 2009 sei ihm bewusst geworden, dass ein Problem bestehe, welches sie umschiffen wollten. Andererseits hat der gesondert Verfolgte Dr. KK auf entsprechenden Vorhalt der Verteidigung, wonach er in einem anderen Strafverfahren geäußert haben soll, dass bei ihm erst ab dem Jahr 2009 „Störgefühle“ aufgekommen seien, angegeben, dass dies wohl so zutreffe. Bei der Bewertung dieser Angaben ist zu berücksichtigen, dass der Vorhalt aus den Feststellungen eines Urteils des Landgerichts Bonn vom 18.03.2020 (62 KLs 1/19) und aus einem selektiven Auszug einer privat angefertigten stenografischen Mitschrift der dortigen Hauptverhandlung erfolgte. Dass der gesondert Verfolgte Dr. KK sich im Rahmen seiner Vernehmung im Verfahren 62 KLs 1/19 tatsächlich ausschließlich entsprechend des Vorhaltes geäußert hat, steht dagegen nicht fest. Insbesondere folgt dies nicht aus seiner Reaktion auf den Vorhalt. Denn es leuchtet unmittelbar ein, dass ein Zeuge auf eine entsprechende Frage einer Verteidigerin, die mit einem Hinweis auf eine stenografische Mitschrift und eine Urteilsfeststellung verbunden wird, davon ausgeht, jedenfalls die stenografische Mitschrift sei vollständig und gebe seine Angaben authentisch wieder. Bereits hieraus erklärt sich die Antwort des gesondert Verfolgten Dr. KK, ohne dass hierdurch ein widersprüchliches Aussageverhalten seinerseits tatsächlich belegt werden würde.
665Letztlich kommt es auf das Vorstehende indes ohnehin nicht an. Denn die Frage, ab wann bei dem gesondert Verfolgten Dr. KK ein „Störgefühl“ hinsichtlich der steuerrechtlichen Bewertung der Geschäfte eingetreten ist, spielt für die im Hinblick auf den Angeklagten zu klärende Schuld- und Rechtsfolgenfrage keinerlei Rolle. Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat keine Angaben dazu gemacht, inwieweit der Angeklagte nach seiner Einschätzung von einer steuerrechtlichen Legalität oder Illegalität des praktizierten Geschäftsmodells ausgegangen ist. Die von ihm in diesem Zusammenhang getätigte Angabe, wonach er bereits im Jahr 2007 ein „Störgefühl“ entwickelt habe, hat ihn vor diesem Hintergrund in erster Linie selbst belastet, nicht aber den Angeklagten. Dass es objektiv möglich war, Zweifel hinsichtlich der steuerrechtlichen Bewertung der Geschäfte auf Grundlage des Jahressteuergesetzes 2007 zu entwickeln, folgt bereits daraus, dass dieses ausweislich der Gesetzesbegründung gerade den Zweck verfolgte, CumEx-Leerverkaufgeschäfte und die Problematik einer mehrfachen Erstattung von nur einmal einbehaltenen Steuern einer Regelung zuzuführen. Unabhängig davon, ob der gesondert Verfolgte Dr. KK im Rahmen einer anderen Hauptverhandlung tatsächlich Angaben entsprechend des in hiesiger Hauptverhandlung erfolgten Vorhaltes getätigt hat, ist die Kammer aufgrund der plausiblen Ausführungen des gesondert Verfolgten Dr. KK hinsichtlich seiner Einschätzungen zum Jahressteuergesetz 2007 davon überzeugt, dass bei ihm erste Zweifel hinsichtlich der steuerlichen Legalität der Geschäfte tatsächlich bereits im Jahr 2007 begründet wurden. Wären der gesondert Verfolgte Dr. KK bzw. die Mitglieder des „ThinkTanks“ davon überzeugt gewesen, ein Anrechnungsanspruch des Leerkäufers sei auch bei fehlendem Abzug der Steuer auf die Dividendenkompensationszahlung in jedem Fall begründet, hätte für sie im Übrigen keinerlei Anlass bestanden, den Sachverhalt im Gutachten aus Februar 2008 verklausuliert darzustellen.
666(4) Die Kammer hat bei der Würdigung der Angaben des Zeugen Dr. KK berücksichtigt, dass dieser im Rahmen einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung vor dem Landgericht München I, wo er von der XA Bank neben weiteren Personen wegen der Beratung von CumEx-Geschäften auf Schadensersatz in vielstelliger Millionenhöhe in Anspruch genommen wird, diverse Behauptungen der dortigen Klägerin zu den dort verfahrensgegenständlichen Geschäften bestreitet. So bestreitet er unter anderem, dass im Rahmen der dort streitgegenständlichen Transaktionen Kapitalertragsteuer nicht erhoben und nicht abgeführt worden sei, dass mehrere Parteien Steuererstattungen erhalten hätten, obgleich die betreffende Kapitalertragsteuer nur einmal abgeführt worden sei und dass bei den dort streitgegenständlichen Transaktionen Absprachen zwischen den Parteien vorgelegen hätten und der bei den Leerverkäufen angefallene Profit zwischen den Parteien aufgeteilt worden sei. Auch lässt der gesondert Verfolgte Dr. KK im dortigen Verfahren vortragen, dass er zum Zeitpunkt der Erstellung der dort verfahrensgegenständlichen Gutachten keine Kenntnis von einer etwaigen Unrichtigkeit der darin getroffenen Annahmen und steuerlichen Wertungen gehabt habe. Ferner bestreitet er, gewusst zu haben, dass steuerliche Gutachten auf falschen Annahmen basiert hätten.
667Der vorstehend skizzierte Vortrag im zivilgerichtlichen Verfahren ist schon vor dem Hintergrund, dass er sich auf eine hier nicht verfahrensgegenständliche Beratung der XA Bank bezieht, nicht geeignet, zentralen Einfluss auf die Würdigung der Angaben zu nehmen, die der gesondert Verfolgte Dr. KK im Hinblick auf die hier betroffenen CumEx-Geschäfte getätigt hat. Abgesehen hiervon ist das Vorbringen unter Berücksichtigung des Bestrebens des gesondert Verfolgten Dr. KK zu würdigen, eine gegen ihn auf Schadensersatz in existenzvernichtender Höhe gerichtete zivilgerichtliche Klage abzuwenden. Von dieser hat der gesondert Verfolgte Dr. KK auch im Rahmen der hiesigen Hauptverhandlung berichtet und insoweit angegeben, er habe Strafanzeige gestellt, da auf Klägerseite bekannt gewesen sei, dass durch ihn und den gesondert Verfolgten Dr. YE eine CumEx-Leerkaufstrategie beraten worden war. Schon vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon überzeugt, dass das Bestreiten des gesondert Verfolgten Dr. KK im Zivilverfahren allein prozesstaktischen Erwägungen, nicht aber dem Umstand geschuldet ist, dass der gesondert Verfolgte Dr. KK tatsächlich keine Kenntnis davon gehabt hätte, dass auch bei den gegenüber der XA Bank beratenen Geschäften CumEx-Leerkaufstrategien ohne Abzug der Steuer auf die Dividendenkompensationszahlungen durchgeführt werden sollten. Dieses Vorgehen des gesondert Verfolgten Dr. KK im Zivilprozess erscheint vor dem Hintergrund des § 138 ZPO bedenklich, schränkt aber auf Grundlage der Ergebnisse der hiesigen Hauptverhandlung die Überzeugungskraft seiner im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigten Angaben nicht ein.
668(5) Bei einer Gesamtschau der vorstehend benannten Umstände ist die Kammer davon überzeugt, dass die im Rahmen der Beweiswürdigung zugrunde gelegten Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK zutreffen. Wie bereits im Vorstehenden für einzelne Sachverhaltsumstände aufgezeigt, wird auch die weitere Beweiswürdigung ergeben, dass diese Angaben ganz überwiegend lediglich eine bestätigende Wirkung hinsichtlich solcher Umstände entfalten, die auch aufgrund der Inhalte anderer Beweismittel zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Unabhängig davon, dass die Ausführungen des gesondert Verfolgten Dr. KK auch aus sich heraus glaubhaft waren, fügen sie sich ohne weiteres in die weiteren Ergebnisse der Hauptverhandlung ein und sind vor diesem Hintergrund überzeugungskräftig.
669ff) Bei einer Gesamtbetrachtung der vorstehend benannten Umstände sind nach Einschätzung der Kammer keinerlei Zweifel daran begründet, dass die verfahrensgegenständlichen CumEx-Aktiengeschäfte der Dividendensaison 2007 mit Leerverkäufern abgeschlossen wurden und dass bei keiner Stelle Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden sind. Für einen Aktieninhaber hätte bereits keine Eindeckung mit den zu liefernden Stücken nach dem Hauptversammlungstag organisiert werden müssen. Im Übrigen können die für die Verkaufsfutures der HC Bank vereinbarten Dividendenlevel nicht plausibel erklärt werden, wenn eine Belastung der Verkäuferseite mit der Steuer unterstellt wird, da andernfalls ein professioneller Marktakteur bereit gewesen wäre, zugunsten der HC Bank Verluste in erheblichem Umfang in Kauf zu nehmen. Auszuschließen ist vor dem Hintergrund der Angaben der gesondert Verfolgten JC und KI und den korrespondierenden tatsächlichen Handelsabläufen, dass im Rahmen der Geschäfte eine CumCum-Strategie umgesetzt wurde. Vielmehr hat der gesondert Verfolgte KI, der hinsichtlich sämtlicher im Jahr 2007 gehandelter Aktiengattungen die Planung der einzelnen Transaktionen übernommen hat, eindeutig zu verstehen gegeben, seine Planungen und die anschließenden Transaktionen hätten der Umsetzung einer CumEx-Leerkaufstrategie gedient. Dies deckt sich mit den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK zur Zielrichtung der von ihm und dem gesondert Verfolgten Dr. YE beratenen CumEx-Strategien.
670Wie aus der nachfolgenden Beweiswürdigung im Hinblick auf die Eigenhandelsaktivitäten in den Jahren 2008 bis 2011 hervorgeht, gewinnen die Anhaltspunkte, aus denen auf das Vorliegen von Aktienerwerben über den Dividendenstichtag von Leerverkäufern ohne Abzug der Steuer auf die Dividendenkompensationszahlung zu schließen ist, im Laufe der Zeit immer stärker an Gewicht. Neben dem deutlichen Absinken der Dividendenlevel auf teils unter 80 ist insoweit besonders hervorzuheben, dass die HC Bank bei den in 2008 durchgeführten Geschäften mit PE unmittelbar mit einem Leerverkäufer - mithin ohne vorherige Vermittlung durch die YA Gesellschaften bzw. die TJ - gehandelt hat, für den auf Grundlage der Angaben des Zeugen JC zur sicheren Überzeugung des Gerichts feststeht, dass ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung nicht erfolgt ist. Dass die Geschäfte von PE in ihrer Grundstruktur und hinsichtlich der Hintergründe der Profite denjenigen Geschäften entsprachen, die seitens der gesondert Verfolgten PI und KI begleitet wurden, steht indes zur sicheren Überzeugung des Gerichts auf Grundlage der entsprechenden Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC sowie zahlreicher weiterer objektivierter Umstände fest. So erfolgten die zeitgleichen Verhandlungen mit PE und dem gesondert Verfolgten PI ganz augenscheinlich vor dem Hintergrund, dass abgewogen werden sollte, welcher Marktakteur der HC Bank bei ansonsten weitgehend inhaltsgleichem Ablauf der geplanten Geschäfte den höheren Profitanteil zukommen lassen würde. Dies geht eindeutig aus dem Schreiben der gesondert Verfolgten TB und XL an den Angeklagten vom 10.01.2008 („Single Future-basierte Strukturierung“) hervor, in dem erörtert wird, ob das Angebot des gesondert Verfolgten PI oder das Angebot von PE im Hinblick auf die geplanten Transaktionen aus Sicht der HC Bank wirtschaftlich sinnvoller sei. Auch die bereits dargelegte Abwägung, ob der Handel mit den Aktiengattungen Südzucker AG und Heidelberger Druckmaschinen AG mit den YA Gesellschaften oder (so im Ergebnis) mit PE erfolgen soll, belegt, dass es um die Durchführung inhaltsgleicher Strukturen ging und nur die Frage im Raum stand, mit welchem Marktakteur die Geschäfte durchgeführt werden. Dies folgt im Übrigen auch aus dem Schreiben der gesondert Verfolgten TB und XL vom 10.01.2008 „Single Future-basierte Strukturierung“, in dem festgehalten ist, die Abwicklung der Transaktionen mit PE wäre im Vergleich zu den Geschäften, die mit der TJ abgeschlossen würden, „etwas anders, aber inhaltlich identisch“. Auch dies deckt sich mit dem Umstand, dass die mit PE abgeschlossenen Geschäfte denjenigen entsprechen sollten, die seitens des gesondert Verfolgten KI für die HC Bank geplant wurden, mit dem einzigen Unterschied, dass PE durchgehend unmittelbar selbst als Leerverkäufer auftrat.
671Steht hiernach fest, dass PE als Leerverkäufer agierte, bei dem ein Abzug der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung nicht erfolgt, und steht ferner fest, dass die von den YA Gesellschaften organisierten Transaktionen in ihrer Grundstruktur den Geschäften mit PE entsprachen, bestehen nach Einschätzung der Kammer keine Zweifel daran, dass auch bei diesen Geschäften Leerverkäufer aktiv waren und ein Steuerabzug nicht erfolgte. Da die CumEx-Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 2007 bis 2011 inhaltsgleich vorbereitet und konsequent als „Single Future Geschäfte“ bezeichnet wurden, schließt die Kammer im Übrigen aus, dass das Jahr 2008 in diesem Zusammenhang einen Ausnahmefall darstellte.
672gg) Für die Überzeugung der Kammer kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, ob und in welchem Umfang die Aktiengeschäfte erst drei Tage oder später nach dem Handelstag und damit nicht innerhalb der vereinbarten Lieferfrist von t+2 beliefert wurden. Auch dies würde auf ein CumEx-Leerkaufgeschäft hinweisen, da bei einem Aktienerwerb von einem Aktieninhaber entsprechende Spätlieferungen nicht zu erwarten wären. Allerdings sind Spätlieferungen ausweislich der vorliegenden Aktien- und XB-Belege zumindest teilweise für die gehandelten Aktien der Allianz AG, der Altana AG und der Commerzbank AG festzustellen.
Die Feststellungen zu den Zahlungen an die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK unter Einschaltung der Bank KB gründen zunächst auf dem Inhalt des durch den gesondert Verfolgten XL gefertigten Vermerks „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“, aus dem die getroffenen Feststellungen hinsichtlich der geplanten Nettobeteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE und die diesbezüglichen Verhandlungsvorgaben durch den Angeklagten hervorgehen. Die im Einzelnen seitens der HC Bank geleisteten Zahlungen an die Bank KB und deren Zahlungen an die NA Ltd. beruhen auf den verlesenen Rechnungen und Überweisungsbelegen sowie auf der Inaugenscheinnahme der darauf befindlichen Unterschriften. Die Unterschrift des Angeklagten konnte die Kammer aufgrund eines Vergleichs mit anderen Urkunden verifizieren. Insbesondere war seine Unterschrift anhand der am 11.03.2020 erteilten Strafprozessvollmacht identifizierbar. Dass die Rechnungen der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK im Hinblick auf die CumEx-Geschäfte dienten, hat im Übrigen der gesondert Verfolgte Dr. KK bekundet. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass es sich bei der NA Ltd. um eine dem gesondert Verfolgten Dr. YE und ihm selbst wirtschaftlich zuzuordnende offshore-Gesellschaft handelte.
Die getroffenen Feststellungen zu den Inhalten der ausgestellten Steuerbescheinigungen, der Steuererklärung sowie der Anlagen hierzu und zu den Entscheidungen des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 20.04.2009 folgen aus den betreffenden Urkunden selbst, zu deren Inhalten die Kammer zudem die inzwischen pensionierte Steuerbeamtin LC vom Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg vernommen hat. Diese war in sämtlichen verfahrensgegenständlichen Jahren für die steuerlichen Angelegenheiten der HC Gruppe und der HC Bank zuständig und hat ihre dortige Arbeitsweise sowie die weiteren hausinternen Abläufe den getroffenen Feststellungen entsprechend bekundet. Sie hat ferner angegeben, dass in keiner der mit der Steuererklärung vorgelegten Urkunden ergänzende Erläuterungen zu den den Steueranrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalten enthalten waren. Auch die Zeugin NB […] hat dargelegt, im Veranlagungsverfahren werde regelmäßig auf die Angaben des Steuerpflichtigen vertraut und eine Detailprüfung der materiellen Anrechnungsvoraussetzungen erfolge allenfalls im Rahmen etwaiger Betriebsprüfungen. Der Umstand, dass die Zeuginnen zu einem Zeitpunkt vernommen wurden, in dem - erst zu einem späteren Zeitpunkt beigezogene - Inhalte aus Akten des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg noch nicht Aktenbestandteil waren, steht der Überzeugungskraft ihrer Angaben nicht entgegen, da die Angaben der Zeuginnen zu den hier betroffenen Vorgängen im Jahr 2009 durch Inhalte der verlesenen Steuererklärungen und -bescheide tatsächlich bestätigt wurden.
675Aus der Steuererklärung der HC Gruppe vom 06.01.2009 sind zudem die Unterschriften des Angeklagten und des gesondert Verfolgten Dr. NC deutlich ersichtlich. Die Unterschrift des Angeklagten konnte die Kammer - wie bereits dargelegt - aufgrund eines Vergleichs mit der Strafprozessvollmacht identifizieren. Im Übrigen hat der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung auch zu verstehen gegeben, dass die Unterschrift von ihm stamme. Die Unterschrift des gesondert Verfolgten Dr. NC ist bereits aus sich heraus lesbar, war daneben aber auch der Zeugin LC bekannt. Ferner konnte auch diese Unterschrift durch einen Vergleich mit einer Strafprozessvollmacht vom 25.01.2016 verifiziert werden.
676Die Feststellung, dass der Angeklagte die zuvor von anderen Mitarbeitern eingetragenen Angaben in der Steuererklärung vor der Unterzeichnung vollständig überprüfte, entspricht der diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten, der ergänzend angegeben hat, er habe hausintern die Steuererklärung verantwortet. Auch die Zeugin LF - im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum Sekretärin des Angeklagten - hat bekundet, die dem Angeklagten vorgelegten Steuererklärungen seien von diesem durchgesehen und nur dann unterzeichnet worden, wenn er die Eintragungen für zutreffend erachtet habe. Wiederholt sei es auch dazu gekommen, dass Steuererklärungen seitens des Angeklagten nicht unmittelbar im ersten Entwurf, sondern erst nach erfolgten Rückfragen bei den zuständigen Arbeitsbereichen unterzeichnet bzw. paraphiert worden seien.
677Die Überzeugung der Kammer, dass die auf die im Rahmen von Fall 1 festgestellten Aktiengeschäfte rechnerisch entfallenden Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag Gegenstand der in der Anlage WA zur Steuererklärung vom 06.01.2009 zur Anrechnung gebrachten Beträge waren, gründet darauf, dass die auf diese Aktiengeschäfte entfallenden Steuerbescheinigungen gemeinsam mit der Steuererklärung eingereicht wurden. Dass die in der Steuererklärung zur Anrechnung gebrachten Beträge auch tatsächlich in vollem Umfang angerechnet wurden, folgt aus dem Inhalt des Bescheides des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 20.04.2009 sowie der entsprechenden Angabe der Zeugin LC.
Hinsichtlich der Feststellungen zu den subjektiven Vorstellungen des Angeklagten gilt das Folgende:
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte bereits im Zeitpunkt der Genehmigung der verfahrensgegenständlichen Transaktionen der Dividendensaison des Jahres 2007 erfasst hatte, dass die HC Bank über den Dividendenstichtag Aktien von Leerverkäufern erwerben sollte, ohne dass auf die von der HC Bank infolgedessen vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen bei irgend einer Stelle Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in Abzug gebracht werden. Dem Angeklagten war nach der Überzeugung der Kammer ferner bereits zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass die im Zusammenhang mit den Transaktionen zu generierenden Steuerbescheinigungen seitens der HC Gruppe beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eingereicht werden sollten, um eine Anrechnung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen zu erreichen, obgleich diese auf die Dividendenkompensationszahlungen nicht in Abzug gebracht worden waren. Die Einlassung des Angeklagten, er habe geglaubt, bei den verfahrensgegenständlichen Geschäften kämen ausschließlich Inhaberverkäufe zum Tragen und ihm sei das Vorliegen von abgesprochenen Leerverkäufen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung nicht bekannt gewesen, ist mit einem nach der Lebenserfahrung ausreichenden Maß an Sicherheit widerlegt, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht aufkommen. Diese Überzeugung des Gerichts beruht auf diversen Beweisergebnissen.
680(1) Die Überzeugung der Kammer, wonach dem Angeklagten bewusst war, dass die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE im Vorfeld der Dividendensaison des Jahres 2007 unterbreitete Geschäftsstruktur steuergetrieben war, beruht zunächst auf den eigenen Angaben des Angeklagten. Dieser hat sich dahingehend eingelassen, dass bei den von dem gesondert Verfolgten Dr. YE beratenen Geschäften die Steuer stets eine entscheidende Rolle gespielt habe. Dies habe auch im Hinblick auf diejenigen Modelle gegolten, die seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE im Rahmen des vor der Dividendensaison des Jahres 2007 geführten Gesprächs bei der HC Bank erläutert worden seien. Der Angeklagte hat sich in diesem Zusammenhang auch dahingehend eingelassen, ihm sei gerade im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Geschäfte bewusst gewesen, dass die mit diesen zu generierenden Profite nicht auf der Ausnutzung etwaiger Marktineffizienzen oder sonstiger marktbezogener Prozesse, sondern auf der Verteilung eines infolge der Geschäfte erlangten Steueranrechnungsguthabens zwischen den in die Geschäfte einbezogenen Parteien beruhen sollten.
681Die vorstehende Einlassung des Angeklagten wird durch diverse Urkunden bestätigt. Wie bereits dargelegt, geht insbesondere aus der von dem gesondert Verfolgten XL am 30.01.2007 verfassten Email „WG: Präsentation“, mit der dieser dem Angeklagten die seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE übermittelte Präsentation „German Basis Opportunity“ weiterleitete, unzweifelhaft hervor, dass sowohl der gesondert Verfolgte XL als auch der Angeklagte davon ausgingen, dass die Kapitalertragsteuer ein wesentliches Element des in der Präsentation abgebildeten Geschäftsmodells darstellt. Auch weitere im Folgenden erstellte Urkunden lassen eindeutig erkennen, dass dem Angeklagten die Bedeutung der Kapitalertragsteuer für die verfahrensgegenständlichen Geschäfte bewusst war, so etwa das von den gesondert Verfolgten TB und XL am 10.01.2008 verfasste Schreiben „Single Future-basierte Strukturierung“, in dem diese gegenüber dem Angeklagten erläuterten, welchen Prozentsatz der Kapitalertragsteuer die HC Bank bzw. die HC Gruppe nach der von dem gesondert Verfolgten PI vorgeschlagenen Profitverteilung vereinnahmen würde.
682Die vorstehenden Beweisergebnisse stehen zuletzt im Einklang mit den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK. Dieser hat ebenfalls bekundet, im Rahmen des initiierenden Gesprächs sei die Bedeutung der Kapitalertragsteuer für das von dem gesondert Verfolgten Dr. YE unterbreitete Geschäftsmodell offen kommuniziert und auch der Aktienhandel über den Hauptversammlungsstichtag sei erörtert worden. Ferner sei über eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 1999 gesprochen worden, womit der gesondert Verfolgte Dr. KK augenscheinlich auf das Urteil vom 15.12.1999 im Verfahren I R 29/97 Bezug nahm, in dem es gerade um die Frage ging, welche in einen Aktienkauf eingebundene Partei unter welchen Voraussetzungen zur Anrechnung von Kapitalertragsteuern berechtigt ist [zu dieser Entscheidung auch noch C.II.1.c)aa)(2)(d)]. Auch seien bereits im Rahmen des gemeinsamen Gesprächstermins Steuerrisiken erörtert worden, die sich daraus ergeben könnten, dass die Kapitalertragsteuer von Seiten der Finanzbehörden nicht angerechnet bzw. erstattet wird.
683(2) Die Kammer ist weiterhin davon überzeugt, dass der Angeklagte entgegen seiner eigenen Einlassung bankintern von den in die Planung und Umsetzung der Geschäfte eingebundenen Arbeitsbereichen fortlaufend über sämtliche für die Transaktionen wesentlichen Fragen informiert wurde, so dass ihm auch die Details zu den Handelsabläufen nicht verborgen geblieben sind. Soweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang angegeben hat, die Arbeitsbereiche Unternehmensfinanzierung (Corporate Finance) und Handel (Sales & Trading) sowie die Rechtsabteilung hätten die Ergebnisse ihrer Prüfungen ihm gegenüber nicht im Detail erläutert und er habe bei der Erstellung von Partnervorlagen lediglich die von diesen Arbeitsbereichen vorformulierten Textpassagen ohne eigene inhaltliche Prüfung zusammengefasst, wertet die Kammer dies als reine Schutzbehauptung. Entsprechendes gilt für die Einlassung des Angeklagten, wonach er in die weitere Planung und Umsetzung der Geschäfte nicht eingebunden gewesen sein will.
684Die vorstehend skizzierte Einlassung des Angeklagten ist bereits für sich betrachtet lebensfremd. Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er entsprechend der Feststellungen durch den gesondert Verfolgten Dr. NC im Anschluss an das initiierende Gespräch mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE mit der näheren Prüfung der Umsetzbarkeit der von diesem vorgeschlagenen Geschäfte betraut wurde. Dass er im Anschluss an diese Prüfung nach Beteiligung der weiteren Arbeitsbereiche der Bank als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling gegenüber den Partnern die Investition von mehreren Hundert Millionen Euro in Geschäfte empfohlen haben könnte, ohne die damit angestrebten steuerlichen Effekte und Risiken genau zu überblicken, ist nicht plausibel. Die Erstellung einer Informationsgrundlage für die Entscheidungsträger, die Aktientransaktionen im teils dreistelligen Millionenbereich zum Gegenstand hat, setzt ein hohes Maß an Verantwortung voraus und war infolgedessen organisatorisch auf der Führungsebene unmittelbar unterhalb der Partner der Bank angesiedelt. Die Kammer erachtet es für vollkommen lebensfremd, dass der Angeklagte den persönlich haftenden Gesellschaftern lediglich eine „Collage“ aus Zuarbeiten aus den unterschiedlichen Bereichen der Bank zusammengestellt haben will, ohne die grundlegenden Inhalte zu durchdringen und die wesentlichen wirtschaftlichen, steuerlichen und bilanziellen Gesichtspunkte zu prüfen. Ein entsprechendes Vorgehen würde im Übrigen in eklatantem Widerspruch zu den Schilderungen sämtlicher Zeugen stehen, die sich auf Grundlage unmittelbarer eigener Wahrnehmungen zu der Arbeitsweise des Angeklagten geäußert haben.
685Der Zeuge TF, der als Betriebsprüfer des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg im Außendienst über mehrere Jahre mit der Prüfung der HC Bank betraut war, hat seine Wahrnehmungen von der Arbeitsweise des Angeklagten dahingehend zusammengefasst, dass dieser etwaige Nachfragen der Betriebsprüfer stets unmittelbar selbst und konkret beantwortet habe, er habe ihn nicht an andere Stellen in der Bank verwiesen oder andere Mitarbeiter mit der Beantwortung der Fragen beauftragt. Auch habe der Angeklagte etwaig bei der Prüfung angefragte Belege stets griffbereit vorliegen gehabt. Der Zeuge TF konnte sich hierbei trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs von mehreren Jahren auch noch an konkrete Einzelfälle erinnern, so etwa an einen Fall, bei dem er die Anzahl der bei der Prüfung zu berücksichtigenden Beteiligungsgesellschaften abweichend festgestellt habe als der Angeklagte. Insgesamt schilderte der Zeuge, er habe den Eindruck gewonnen, dass der Angeklagte „seinen Laden letztlich im Griff“ gehabt habe und auf Rücksprachen mit anderen Mitarbeitern nicht angewiesen gewesen sei. Ferner sei er ihm in gewisser Hinsicht als „Mädchen für alles“ in der Bank vorgekommen. Diese Einschätzung steht im Einklang mit den bereits skizzierten Schilderungen der Zeugen Dr. YK und HF, wonach der Angeklagte ein aktiver Kenner interner Vorgänge in der Bank und der wichtigste Mitarbeiter des gesondert Verfolgten Dr. NC gewesen sei. Auch die Zeugin StAfrau a.D. VE sowie der Zeuge VD, die ebenfalls als Betriebsprüfer des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg im Außendienst für die Prüfung der HC Bank zuständig waren, haben geschildert, nach ihrer Wahrnehmung habe der Angeklagte über großes Detailwissen verfügt. Der Zeuge VD hat ferner bekundet, ihm sei von Mitarbeitern der Bank kommuniziert worden, der Angeklagte wisse über sämtliche wesentlichen Vorgänge in der Bank Bescheid. Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat auf Grundlage seiner Anschauungen aus dem im Vorfeld der Dividendensaison geführten Gespräch angegeben, er habe den Eindruck gewonnen, der Angeklagte habe für den gesondert Verfolgten Dr. NC als eine Art „CEO“ auf operativer Ebene fungiert.
686Die Kammer hat keinerlei Zweifel daran, dass die Schilderungen der Zeugen von der Arbeitsweise des Angeklagten ihren tatsächlichen Wahrnehmungen entsprechen und zutreffen. Dass der Angeklagte ausgerechnet bei den verfahrensgegenständlichen Geschäften, von denen ihm nach seiner eigenen Einlassung bewusst war, dass ihnen vom Umfang und vom Ergebnisbeitrag erhebliches Gewicht zukommt, und deren Detailprüfung ihm von dem gesondert Verfolgten Dr. NC ausdrücklich aufgetragen worden war, darauf verzichtete, sich wesentliche Details der Transaktionsabläufe und damit etwaig einhergehende Risiken erläutern zu lassen, ist lebensfremd.
687Abgesehen von dem Vorstehenden steht aber - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung zu den objektiven Feststellungen dargelegt - aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme ohnehin zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Angeklagten im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum zentrale Funktionen bei der Planung und Umsetzung der Transaktionen zukamen und dass die im Übrigen in die Geschäfte eingebundenen Arbeitsbereiche ihn fortlaufend über wesentliche Entwicklungen informierten. Auf die Darstellung unter B.IV.1.a)bb) wird insoweit vollumfänglich Bezug genommen. Angesichts der Umstände, dass der Angeklagte bzw. der von ihm verantwortete Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling nach Maßgabe der HC-internen Präsentation „Single Future-basierte Strukturierung“ an der Strukturierung der Transaktionen mitwirken, die Funktion des „Projekt-Mentors“ wahrnehmen und als Entscheidungs- und Kontrollinstanz fungieren sollte, er ferner in erheblichem Umfang in Email-Kommunikation zu den Geschäften eingebunden war, von Mitarbeitern der HC Bank als „Pate“ der Transaktionen wahrgenommen wurde und schließlich teils eigenverantwortlich über die Verteilung der Profite aus den Transaktionen entscheiden durfte, bleibt für die Annahme, andere Akteure in der Bank hätten weitergehende Kenntnisse von der Struktur der Geschäfte gehabt als er selbst, nach Einschätzung der Kammer keinerlei Raum. Ohne ein übergeordnetes Wissen hätte der Angeklagte insbesondere die Gremienentscheidung der Partner zur Überzeugung der Kammer gar nicht sinnvoll vorbereiten können. Soweit der Angeklagte sich in diesem Zusammenhang dahingehend eingelassen hat, es habe in der Bank noch ein anderweitiger „Kommunikationsfluss“ bestanden, an dem er nicht beteiligt gewesen sei, aus dem die Partner aber die für die Entscheidung erforderlichen Informationen generiert hätten, hat er diesen Informationsfluss schon selbst nicht näher konkretisieren können, sondern sich lediglich darauf berufen, diesen habe es einfach gegeben. Auch wenn die Partner Informationen nicht nur von dem Angeklagten, sondern auch von anderen Mitarbeitern der HC Bank erhalten haben sollten, steht dies im Übrigen nicht im Widerspruch dazu, dass der Angeklagte die Details der Transaktionen selbst in vollem Umfang durchschaut hatte.
688(3) Die Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte wusste, dass die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte am Tag der Hauptversammlung oder am Tag davor abgeschlossen, aber erst nach der Hauptversammlung beliefert werden, gründet zunächst auf der Einlassung des Angeklagten selbst. Dieser hat nicht in Abrede gestellt, dass er davon ausging, im Eigenhandel würden Aktiengeschäfte um den Dividendenstichtag betrieben. Auch seien ihm die wesentlichen Parameter der Aktientransaktionen mitgeteilt worden, da es in seine Zuständigkeit gefallen sei, diese auf ihre bilanzielle Unbedenklichkeit zu überprüfen. Gerade hierfür war indes erforderlich, dass der Angeklagte darüber in Kenntnis gesetzt wurde, an welchen Tagen die Aktien zu welchen Preisen gekauft und anschließend im Depot der HC Bank gebucht werden. Auch dies hat der Angeklagte nicht bestritten, sondern sich lediglich dahingehend eingelassen, er sei davon ausgegangen, für die rechtliche Beurteilung komme es allein auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses, nicht jedoch auf den Tag der Aktienbuchung an.
689Abgesehen von dem Vorstehenden folgt bereits aus dem Umstand, dass dem Angeklagten nach der bankinternen Aufgabenverteilung die Aufgabe des „Projekt-Mentors“ zukam und er an der Strukturierung der Geschäfte beteiligt war, dass ihm so zentrale Umstände wie die Handels- und Buchungstage zur Kenntnis gelangten. Im Übrigen belegt auch die Urkundslage, dass die Handelstage zu jedem Zeitpunkt offen kommuniziert wurden, so etwa in der seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE übermittelten Präsentation „German Basis Opportunity“. Dies deckt sich mit den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach die Abwicklungsdetails der Geschäfte und dementsprechend auch der Handel um den Dividendenstichtag bereits vor der Dividendensaison des Jahres 2007 offen kommuniziert worden seien.
690(4) Die Kammer ist auf Grundlage einer Vielzahl von Beweisergebnissen ferner davon überzeugt, dass der Angeklagte die Wirkweise der verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte - insbesondere die Einschaltung von Leerverkäufern sowie den nicht erfolgten Steuerabzug auf die von der HC Bank bezogenen Dividendenkompensationszahlungen und die Verteilung der Profite über die zeitgleich abgeschlossenen Derivate - bereits im Vorfeld der Dividendensaison des Jahres 2007 durchschaut hatte.
691Die Einlassung des Angeklagten, wonach er sich auf Grundlage der Beratung durch den gesondert Verfolgten Dr. YE darauf verlassen habe, dass bei den verfahrensgegenständlichen Geschäften ausschließlich Inhaberverkäufe mit Steuerausländern zum Tragen kommen sollten, ist schon für sich genommen teilweise unplausibel. Der Angeklagte hat sich in diesem Zusammenhang dahingehend eingelassen, dass die ab dem Jahr 2007 durchgeführten Geschäfte auf Vorschlag des gesondert Verfolgten Dr. YE betrieben worden seien. Dieser habe erläutert, der Gewinn der Käuferseite und somit der HC Bank resultiere daraus, dass ausländische Aktieninhaber durch einen Verkauf ihrer Bestände vor dem Stichtag darauf reagieren wollten, dass sie selbst die Steuer nicht vollständig angerechnet bzw. erstattet erlangen können. Nach Wahrnehmung des Angeklagten habe es sich dergestalt verhalten, dass die gesondert Verfolgten Dr. YE und PI bzw. die Bank KB über Kontakte zu vermögenden Steuerausländern mit hohen Aktienbeständen bzw. zu Aktienverwahrstellen im Ausland verfügten. Diese Aktien hätten um den Dividendenstichtag auf die HC Bank übertragen werden sollen, damit diese die auf die Dividenden entfallenden Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in vollem Umfang hätte vereinnahmen und anschließend anteilig an die Steuerausländer weiterleiten können. Er, der Angeklagte, sei aufgrund der von ihm zur Kenntnis genommenen Begründung zum Jahressteuergesetz 2007 zu der Überzeugung gelangt, dass Leerverkäufe um den Dividendenstichtag vom Gesetzgeber nicht gewollt seien. Er hätte entsprechende Leerverkaufgeschäfte gegenüber den Partnern der HC Bank nicht empfohlen und seitens der HC Bank wäre auch nicht entschieden worden, solche Geschäfte durchzuführen.
692Es widerspricht nach Einschätzung der Kammer allgemeiner Lebenserfahrung, dass die Verantwortlichen der HC Bank und insbesondere der Angeklagte Schilderungen des gesondert Verfolgten Dr. YE, wonach den Transaktionen durchgehend Inhaberverkäufe zugrunde lägen, ohne eigene detaillierte Prüfung des unterbreiteten Geschäftsmodells übernommen hätten. Vielmehr ist die Kammer vor dem Hintergrund der bereits dargelegten Arbeitsweise des Angeklagten gerade davon überzeugt, dass dieser den Partnern die Durchführung von Aktientransaktionen im teils dreistelligen Millionenbereich erst nach eingehender Analyse der Geschäfte vorgeschlagen hat. Dies bereits vor dem Hintergrund, dass dem Angeklagten bewusst war, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE nicht als unabhängiger Berater auftrat, sondern ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse dergestalt kund tat, dass er an den durch die Aktiengeschäfte zu generierenden Profiten beteiligt werden wollte [hierzu noch sogleich B.IV.1.f)bb)]. Dass der Angeklagte sich allein auf die Schilderungen eines Anwalts verlässt, der - wie der Angeklagte wusste - eine erhebliche Profitbeteiligung von jedenfalls 35 Prozent anstrebte und diese an seiner Kanzlei vorbei nur für sich vereinnahmen wollte, schließt die Kammer aus.
693Bei einer eigenen Analyse der verfahrensgegenständlichen Geschäfte blieb dem Angeklagten nicht verborgen, dass die für das Jahr 2007 geplanten Transaktionen insbesondere im Hinblick auf die Handelsdaten genau denjenigen Geschäften entsprachen, die seitens der HC Bank bereits im Jahr 2006, allerdings noch auf Verkäuferseite, durchgeführt worden waren. Insbesondere war für den Angeklagten unmittelbar ersichtlich, dass bei den von dem gesondert Verfolgten Dr. YE unterbreiteten Geschäften die Aktienkäufe vor, die tatsächlichen Aktienbuchungen im Depot der HC Bank aber erst nach den Hauptversammlungstagen stattfinden sollten. Dies wäre indes bei der angeblich von dem gesondert Verfolgten Dr. YE beratenen Struktur, die ihrem Wesen nach in einer klassischen CumCum-Transaktion bestanden hätte, gar nicht notwendig gewesen. Vielmehr kann der wirtschaftliche Erfolg eines CumCum-Geschäfts typischerweise dadurch generiert werden, dass die Aktien schon vor dem Dividendenstichtag im Depot des Käufers gebucht werden, um zu gewährleisten, dass dieser und damit der Steuerinländer die Dividende bezieht.
694Abgesehen von dem Vorstehenden hat der Angeklagte auch nicht nachvollziehbar dargelegt, worauf die von ihm geschilderte Wahrnehmung beruhen soll, wonach die gesondert Verfolgten Dr. YE und PI über Kontakte zu vermögenden Steuerausländern mit hohen Aktienbeständen bzw. zu Aktienverwahrstellen im Ausland verfügt haben sollen. Vielmehr hat der Angeklagte gerade im Hinblick auf den gesondert Verfolgten PI angegeben, er habe mit diesem zu keinem Zeitpunkt detaillierte Gespräche über die verfahrensgegenständlichen Geschäfte geführt. Auch im Übrigen hat die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass seitens der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK bzw. PI und KI gegenüber der HC Bank kommuniziert worden ist, sie würden über Kontakte zu Steuerausländern verfügen, die ein Interesse daran hätten, CumCum-Geschäfte mit der HC Bank in dem verfahrensgegenständlichen Umfang durchzuführen. Dass der Angeklagte, ohne irgendeinen Beleg hierfür zu haben, geglaubt haben will, der gesondert Verfolgte Dr. YE könnte bei den realisierten Handelsvolumina die Stücke über ausländische Anteilseigner organisieren, die zufällig seinem Mandantenstamm oder dem Kundenkreis der Bank KB angehören, überzeugt die Kammer nicht. Denn dies würde voraussetzen, dass der Angeklagte darauf vertraute, der gesondert Verfolgte Dr. YE oder die Bank KB verfügten über einen Kundenstamm, zu dem auch solche im Ausland residierenden Kunden zählen, die hinsichtlich eines Großteils der bedeutsamsten DAX-Titel jeweils annährend 3% der Unternehmensanteile halten.
695Die Kammer hält es nach alldem für deutlich naheliegender, dass der Angeklagte sich nicht ungeprüft auf etwaige Angaben des gesondert Verfolgten Dr. YE verlassen hätte, wonach bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen allein Inhaberverkäufe zum Tragen kommen sollten. Vielmehr ist sie davon überzeugt, dass der Angeklagte eine entsprechende Äußerung kritisch überprüft und hierbei erkannt hätte, dass die Struktur der Geschäfte mit Inhaberverkäufen nicht in Einklang steht.
696Tragend für die Überzeugung der Kammer von der Kenntnis des Angeklagten bezüglich des Vorliegens von Leerverkäufen sowie dem nicht erfolgten Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung sind indes die nachfolgend dargelegten Umstände.
697(a) Die Kammer ist aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Umstrukturierung der im Jahr 2006 durchgeführten Geschäfte im Jahr 2007 allein vor dem Hintergrund erfolgte, dass die HC Bank der durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, § 43 Abs. 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] begründeten Steuerabzugsverpflichtung der Depotbank eines Leerverkäufers entgehen wollte. Demgegenüber schließt sie aus, dass der Angeklagte und weitere Verantwortliche der HC Bank infolge des Inkrafttretens des Jahressteuergesetzes 2007 entschieden hatten, selbst nicht mehr an Leerkaufsmodellen um den Dividendenstichtag mitzuwirken.
698Die Überzeugung der Kammer gründet zunächst auf der bereits skizzierten Email des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 18.08.2006 „Jahressteuergesetz 2007“, in dem dieser gegenüber dem Angeklagten ausführte, es sei Zeit gewonnen worden, die endgültige Fassung des Gesetzestextes im Sinne des gesondert Verfolgten Dr. YE und der HC Bank zu beeinflussen. Eine Beeinflussung des Inhaltes des Jahressteuergesetzes konnte angesichts des Regelungsgehalts aus Sicht des gesondert Verfolgten Dr. YE sowie des Angeklagten überhaupt nur dann angezeigt sein, wenn entsprechend dem Vorgehen im Jahr 2006 auch ab dem Jahr 2007 CumEx-Leerkaufgeschäfte durchgeführt werden sollten. Insbesondere sollten Geschäftsmodelle, die auf eine CumCum-Struktur abzielen, durch das Jahressteuergesetz keinerlei Regelung zugeführt werden. Dies spricht deutlich dafür, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE sowie der Angeklagte frühzeitig erkannten, dass das erwartete Jahressteuergesetz 2007 die seitens der HC Bank praktizierten CumEx-Leerkaufgeschäfte betreffen würde und dass nunmehr nach Möglichkeiten zu suchen war, diese gleichwohl auch in Zukunft durchführen zu können.
699Soweit der Angeklagte geltend gemacht hat, er habe der Email keine weitere Bedeutung beigemessen, wertet die Kammer dies - wie bereits dargelegt - als reine Schutzbehauptung. Der gesondert Verfolgte Dr. YE ging bei der Abfassung der Email augenscheinlich davon aus, der Angeklagte sei mit dem erwarteten Inhalt des Jahressteuergesetzes vertraut und habe erkannt, welche Interessen der HC Bank durch dieses betroffen sein könnten. Dann musste die Email aber einen realen Hintergrund dergestalt haben, dass zwischen dem gesondert Verfolgten Dr. YE sowie dem Angeklagten Gespräche über eine Fortführung der CumEx-Geschäfte im Jahr 2007 bereits stattgefunden hatten, da keinerlei Anlass für eine irgendwie geartete Lobbyarbeit bestanden hätte, wenn seitens der HC Bank ab 2007 nur noch Geschäfte mit Inhaberverkäufen hätten durchgeführt werden sollen.
700Auf Grundlage der im Jahr 2006 auf der Leerverkäuferseite durchgeführten Geschäfte, die maßgeblich von dem Angeklagten betreut worden waren, war diesem im Übrigen bekannt, wie hoch die Profite waren, die bei CumEx-Leerverkaufsmodellen regelmäßig anfallen und zwischen den beteiligten Parteien verteilt werden können. Der Angeklagte war vor diesem Hintergrund insbesondere auch in der Lage, die für das Jahr 2007 von dem gesondert Verfolgten Dr. YE prognostizierten Profite mit denen abzugleichen, die seitens der HC Bank im Jahr 2006 bei der Profitteilung mit der YB AG generiert worden waren. Darüber hinaus hatte der Angeklagte die Wirkweise der Geschäfte verstanden und wusste nicht nur, dass der Profit des Leerverkäufers darauf gründet, dass er den vollständigen Kaufpreis vereinnahmt, sich im Gegenzug aber mit günstigeren Ex-Aktien eindeckt und bei ihm kein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung vorgenommen wird. Vielmehr wusste er auch, dass mittels der zeitgleich abgeschlossenen Derivate nicht nur Kursrisiken ausgeschlossen, sondern Teile der Profite auf die anderen Vertragspartner weitergeleitet wurden. Dies hatte dem Angeklagten zugleich die Kenntnis davon verschafft, dass die einzelnen in die Transaktionen eingebundenen Marktakteure sich kennen und die einzelnen Geschäfte im Vorfeld koordinieren mussten.
701Dass der gesondert Verfolgte Dr. YE gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. NC sowie dem Angeklagten bereits im Rahmen des einführenden Gesprächs offen zu verstehen gegeben hat, auch bei den von ihm für das Jahr 2007 vorgeschlagenen Geschäften sollten CumEx-Leerkaufstrukturen zum Tragen kommen, hat auch der gesondert Verfolgte Dr. KK bekräftigt. Auch weitere Urkundeninhalte belegen, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE jedenfalls zu diesem frühen Zeitpunkt gegenüber der HC Bank offen zu verstehen gegeben hat, dass bei den von ihm beratenen Geschäftsmodellen Leerverkäufe eine tragende Rolle spielen [hierzu sogleich B.IV.1.f)aa)(4)(c)].
702(b) Die Einlassung des Angeklagten, wonach er davon ausgegangen sei, der gesondert Verfolgte Dr. YE bzw. die Bank KB würden der HC Bank im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Geschäften Kontakte zu ausländischen Aktieninhabern verschaffen, mit denen CumCum-Transaktionen durchgeführt werden sollten, steht im Übrigen im Widerspruch zu dem Inhalt des von ihm selbst am 15.05.2008 unterzeichneten „Bestätigungsschreiben - Fee Letter“. Denn hierin ist festgehalten, die Profitbeteiligung der Bank KB erfolge vor dem Hintergrund, dass diese der HC Bank „unter Ausschluss jedweder Haftung die Möglichkeit von spezifischen Wertpapierumsätzen in Aktien aufgezeigt habe“, wobei dem Aktienhandel eine „spezielle Strategie zugrunde“ liege, die als „bekannt vorausgesetzt“ werde. Für den Fall, dass es zu entsprechenden Wertpapiertransaktionen kam, war in dem Schreiben vorgesehen, dass die daraus resultierenden Erträge nach Abzug von Transaktions- und Refinanzierungskosten sowie eines ggf. anfallenden Profit-Anteils eines „Arrangers“ nach einem näher dargelegtem Schlüssel verteilt werden.
703Der Inhalt dieses Bestätigungsschreibens steht mit dem Sachverhalt, von dem der Angeklagte ausgegangen sein will, nicht in Einklang. Denn hierin wird suggeriert, die Bank KB erhalte für den Nachweis der Möglichkeit, spezifische Wertpapierumsätze in Aktien zu tätigen, einen Ertragsanteil aus einer in dem Schreiben offenbar bewusst nicht näher erläuterten speziellen Strategie. Davon, dass die Bank KB der HC Bank Kontakte zu ausländischen Aktieninhabern zum Zwecke der Lieferung von Aktien mit Dividendenanspruch vermittelt hat, ist in dem Schreiben nicht die Rede. Es bestehen im Übrigen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Bank KB zu irgendeinem der verfahrensgegenständlichen Zeiträume die Möglichkeit spezifischer Wertpapierumsätze in Aktien gegenüber der HC Bank aufgezeigt und/oder der HC Bank einen „Arranger“ vorgestellt oder ausländische Aktieninhaber vermittelt hätte. Vielmehr war es allein der gesondert Verfolgte Dr. YE, der gegenüber dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. NC hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäfte beratend tätig geworden war und der den Kontakt zu den gesondert Verfolgten PI und KI vermittelt hatte. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür dokumentiert, dass gegenüber dem Angeklagten der Eindruck vermittelt worden sein könnte, die verfahrensgegenständlichen Geschäfte seien maßgeblich durch die Bank KB beraten und begleitet worden bzw. diese habe Kontakte zwischen der HC Bank und möglichen Vertragspartnern hergestellt.
704Die Kammer verkennt nicht, dass das Bestätigungsschreiben aus dem Jahr 2008 stammt, gleichwohl lassen sich aus ihm Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Angeklagten bereits zu Beginn des Jahrs 2007 ziehen. Denn das Schreiben steht im Widerspruch zu der Angabe des Angeklagten, der gesondert Verfolgte Dr. YE bzw. die Bank KB sollten nach seiner Wahrnehmung deswegen an den Profiten aus den verfahrensgegenständlichen Geschäften beteiligt werden, weil sie Kontakte zu ausländischen Aktieninhabern vermittelt haben. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass dem Angeklagten erst durch die Vorlage des Bestätigungsschreibens bewusst geworden sein könnte, dass die Profitbeteiligung tatsächlich für den gesondert Verfolgten Dr. YE oder die Bank KB und nicht für etwaige ausländische Aktieninhaber vorgesehen war.
705(c) Auch diverse weitere Urkunden lassen erkennen, dass seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE offen auf Leerverkäufe ohne Steuerabzug hingewiesen worden war und dass gerade der Angeklagte erkannt hatte, dass solche bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen zum Tragen kommen sollten.
706(aa) In der bereits skizzierten Email des gesondert Verfolgten XL vom 30.01.2007 „WG: Präsentation“ weist dieser gegenüber dem Angeklagten darauf hin, diese betreffe die „Kapitalertragssteuerproblematik“, wobei er augenscheinlich davon ausging, dem Angeklagten sei bewusst, was er hiermit zum Ausdruck bringen wollte. Wäre der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass bei den von dem gesondert Verfolgten Dr. YE für das Jahr 2007 vorgeschlagenen Geschäften allein Inhaberverkäufe zum Tragen kommen sollten, bei denen ein Steuerabzug auf die Originaldividende tatsächlich erfolgt und lediglich die einmalige Anrechnung einer einmalig einbehaltenen Steuer begehrt wird, und hätte der Angeklagte entsprechend seiner eigenen Einlassung die steuerrechtliche Legalität dieser Geschäfte zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen, erklärte sich nicht, über welche „Steuerproblematik“ er sowie der gesondert Verfolgte XL überhaupt gesprochen haben. Augenscheinlich ging der gesondert Verfolgte XL im Januar des Jahres 2007 aber davon aus, der Angeklagte wisse darum, dass die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE unterbreitete Geschäftsstruktur steuerrechtliche Fragen aufwirft. Dies steht wiederum damit im Einklang, dass die Neuregelungen im Jahressteuergesetz 2007 gerade die steuerrechtliche Behandlung von CumEx-Leerkauftransaktionen betrafen.
707(bb) In der bereits im Rahmen der Beweiswürdigung zu den objektiven Feststellungen behandelten Übersicht „Zwischenstand Overview Dividendenoptimierung 33851 v6.doc“ vom 20.09.2007, die mit Email vom 10.10.2007 an den gesondert Verfolgten XL übermittelt worden war, wies der gesondert Verfolgte Dr. YE - wie bereits dargelegt [hierzu B.IV.1.c)cc)] - offen auf das Vorliegen von Leerverkäufen und die doppelte Anrechnung von Kapitalertragsteuern hin. Es bestehen in diesem Zusammenhang keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Angeklagte diese Übersicht von dem gesondert Verfolgten XL erhalten hat. Aufgrund seiner Aufgabe als Koordinator innerhalb des CumEx-Eigenhandels war der Angeklagte auch in Bezug auf die bankinterne Meinungsbildung hinsichtlich der von dem gesondert Verfolgten Dr. YE vorgeschlagenen Ausdehnung der Geschäfte auf das europäische Ausland ein zentraler Ansprechpartner. Der Angeklagte hat zudem eingeräumt, dass er sich seinerzeit mit dem Inhalt der Übersicht befasst habe. Ihm sei aufgefallen, dass dort relativ deutlich von Leerverkäufen und auch von mehrfachen Steueranrechnungen gesprochen worden sei. Aus diesem Grund sei seitens der HC Bank entschieden worden, sich nicht an den Geschäften zu beteiligen. Der in der Übersicht benannte Investor LI sei um das Jahr 2007 an die HC Bank herangetreten und habe dieser Geschäfte empfohlen, die mit erheblichen steuerlichen Risiken einhergegangen wären. Die HC Bank sei nicht bereit gewesen, diese einzugehen. Nähere Angaben vermochte der Angeklagte zu diesen Vorgängen nicht zu machen.
708Es steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass die Versendung der Übersicht zu den anderen europäischen Staaten durch den gesondert Verfolgten Dr. YE an die HC Bank gerade vor dem Hintergrund veranlasst worden war, dass die darin dokumentierten Leerverkaufsmodelle im Wesentlichen inhaltsgleich mit den von der HC Bank ab dem Jahr 2007 im Eigenhandel praktizierten Geschäften waren. Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass der Angeklagte dies erkannt hat. Seine entgegenstehende Einlassung wertet sie als reine Schutzbehauptung.
709Die Kammer ist davon überzeugt, dass dem Angeklagten bei Erhalt der Übersicht bewusst war, dass sich hinter den darin verwendeten Bezeichnungen „Short Sale“ und „LI-Struktur“ CumEx-Leerkaufsmodelle verbargen, welche strukturell mit den CumEx-Eigenhandelsgeschäften der HC Bank mit deutschen Aktien im Jahr 2007 identisch waren. Hierfür spricht zum einen, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE die LI Struktur an keiner Stelle erläutert hat, da er deren Verständnis auf Seiten der HC Bank augenscheinlich voraussetzte. Zum anderen ist nicht erkennbar, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE Leerverkäufe und die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer offen angesprochen hätte, wenn er diese Grundgegebenheiten der von ihm beratenen CumEx-Geschäfte vor dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten XL zuvor verheimlicht oder die Erfahrung gemacht hätte, dass dies bei diesen zu einer ablehnenden Haltung führt. Insoweit steht für die Kammer fest, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE aufgrund der Zusammenarbeit bei den CumEx-Geschäften der Dividendensaison 2006 und 2007 davon ausging, dass ein gemeinsames Verständnis der Wirkweise dieser Geschäfte und ein grundsätzliches Interesse an deren Ausdehnung besteht. Noch mit Schreiben vom 10.01.2008 „Single Future-basierte Strukturierung“ haben die gesondert Verfolgten TB und XL im Übrigen gegenüber dem Angeklagten darauf hingewiesen, sie würden „Neben den Trades in Deutschland […] ähnliche Opportunitäten für die Länder Schweiz und Österreich prüfen.“ Auch der gesondert Verfolgte Dr. YE ging noch im Schreiben „Unsere Besprechung vom 20.05.2008“ gegenüber dem Angeklagten darauf ein, dass eine Ausdehnung der Geschäfte auf andere europäische Staaten angedacht sei. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die von dem gesondert Verfolgten Dr. YE verfolgte Strategie bezüglich anderer europäischer Länder seit Übersendung der Übersicht im Jahr 2007 grundlegend geändert haben könnte. Dementsprechend ist die Einlassung des Angeklagten nicht glaubhaft, dass er eine Beteiligung an Leerverkaufsgestaltungen im In- wie im Ausland ab dem Jahr 2007 abgelehnt habe. Dieses Thema war in den Jahren 2007 und 2008 vielmehr Gegenstand konkreter Planungen mit den gesondert Verfolgten PI und Dr. YE.
710Die durch die vorstehend bezeichneten Urkunden dokumentierten Vorgänge deuten nach Einschätzung der Kammer eindeutig darauf hin, dass der Angeklagte aktiv in Gespräche eingebunden war bzw. über Diskussionen informiert wurde, die die Frage betrafen, ob die in der Tabelle zusammengefassten Geschäfte in anderen europäischen Staaten durchgeführt werden. Zugleich ist sie aufgrund des Hinweises der gesondert Verfolgten XL und TB davon überzeugt, dass dem Angeklagten bewusst war, dass die in der Tabelle dargelegten Geschäfte in ihren wesentlichen Details inhaltsgleich mit den im Eigenhandel praktizierten Geschäften waren. Hierauf deutet schließlich auch der Vermerk des gesondert Verfolgten XL „Gespräch mit Herrn Dr. YE vom 21. Mai 2007“ hin, in dem dieser gegenüber dem Angeklagten gerade ankündigte, der gesondert Verfolgte Dr. YE werde noch wegen Trades in anderen europäischen Ländern auf die HC Bank zukommen.
711Die Kammer verkennt wiederum nicht, dass der Angeklagte die Tabelle zu den europäischen Trades frühestens am 10.10.2007 zur Kenntnis genommen hat. Gleichwohl lässt diese Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Angeklagten schon zu Beginn der Dividendensaison zu. Denn der gesondert Verfolgte Dr. YE sah im Zusammenhang mit der Versendung der Tabelle augenscheinlich keinerlei Anlass, die darin enthaltenen Parameter „Short Sale; LI-Struktur; Leerverkäufe; doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer“ gegenüber dem Angeklagten oder anderen Mitarbeitern der HC Bank näher zu erläutern, was eindeutig auf ein bereits bestehendes gemeinsames Verständnis von den Details der zugrunde liegenden Transaktionen hinweist. Im Übrigen hatte der gesondert Verfolgte Dr. YE ausweislich des Vermerks „Gespräch mit Herrn Dr. YE vom 21. Mai 2007“ dem gesondert Verfolgten XL bereits am 21. Mai 2007 auf die Ausdehnung der Geschäfte auf andere europäische Staaten hingewiesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Eigenhandel der HC Bank im Jahr 2007 noch nicht beendet, da sie im Zeitraum vom 23.05. bis zum 05.06.2007 noch in vier Aktiengattungen CumEx-Leerkaufgeschäfte durchführte.
712Die Formulierungen in der Übersicht belegen im Übrigen deutlich, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE CumEx-Leerkaufstrukturen nicht nur beraten, sondern deren Details auch offen gegenüber Mitarbeitern der HC Bank kommuniziert hat.
713(cc) Ein weiteres Indiz für die Kenntnis des Angeklagten vom Vorliegen von CumEx-Leerverkaufstrukturen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen stellt nach Einschätzung der Kammer die Email des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 11.11.2009 „unser Gespräch von letzter Woche“ an den Angeklagten und den gesondert Verfolgten Dr. NC dar. Es ist nicht erkennbar, warum der gesondert Verfolgte Dr. YE noch im November des Jahres 2009 detaillierte Unterlagen zu CumEx-Leerverkäufen an den Angeklagten hätte übermitteln sollen, wenn dieser bereits im Jahr 2007 zu verstehen gegeben hätte, dass er der Durchführung von Leerverkäufen nicht zustimmen würde. Der Email angehängt war unter anderem ein „Arbeitspapier“, in dem unter dem Punkt „A. Problemstellung“ die Geschäftsabläufe bei einem CumEx-Leerverkauf skizziert werden. Es liegt nach Einschätzung der Kammer auf der Hand, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE dieses - von ihm als „Working Paper zu den cum / ex Trades“ bezeichnete - Dokument an den Angeklagten und den gesondert Verfolgten Dr. NC versandte, weil die im Eigenhandel der HC Bank seit dem Jahr 2007 durchgeführten Geschäfte auf einer CumEx-Leerkaufstrategie beruhten. Wären entsprechende Geschäfte durch die HC Bank von vornherein abgelehnt worden, hätte die Versendung keinen Sinn ergeben, zumal es nach Verabschiedung des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 noch schwerer gewesen wäre, die Verantwortlichen der HC Bank erstmalig davon zu überzeugen, eine entsprechende Strategie zu verfolgen.
714Die Versendung der Mail erfolgte durch den gesondert Verfolgten Dr. YE augenscheinlich auch in der Erwartung, dass die Empfänger und somit auch der Angeklagte erfassen konnten, warum diese an sie erfolgt. Auch dies deutet nach Einschätzung der Kammer eindeutig darauf hin, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE sowie der Angeklagte von Beginn an und damit bereits im Jahr 2007 ein gemeinsames Verständnis von der verfolgten Handelsstrategie aufwiesen.
715Soweit der Angeklagte sich auf Vorhalt der Email vom 11.11.2009 - ebenso wie im Hinblick auf zahlreiche weitere Urkundeninhalte - dahingehend eingelassen hat, er habe an den darin dokumentierten Vorgang keine konkrete Erinnerung, ist dies nach Einschätzung der Kammer insgesamt nicht glaubhaft. Aus zahlreichen in Urkundenform dokumentierten Kommunikationsinhalten geht eindeutig hervor, dass der Angeklagte zum einen in vielfacher Weise mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE über die verfahrensgegenständlichen Geschäfte kommunizierte und dass er zum anderen auch bankintern über sämtliche zentralen Fragestellungen bezüglich der CumEx-Transaktionen jedenfalls informiert wurde. Dass der Angeklagte, der nach der bankinternen Aufgabenverteilung zentrale Funktionen bei der Planung und Umsetzung der Geschäfte ausfüllen sollte und dem nach seiner eigenen Einlassung deren wirtschaftliche Bedeutung für die Konzernjahresbilanz bekannt war, kaum noch konkrete Erinnerung an die von ihm in diesem Zusammenhang erhaltenen Emails und weiteren Urkunden haben möchte, überzeugt die Kammer auch bei Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Zeitablaufs nicht. Die Kammer schließt auch aus, dass der Angeklagte die Email vom 11.11.2009 nicht vollständig gelesen hat, da diese nicht nur an ihn, sondern auch an den gesondert Verfolgten Dr. NC gerichtet ist und an ein gemeinsames Gespräch aus der Vorwoche anknüpft, bei dem offensichtlich die Nachsendung einzelner Urkunden avisiert worden war. Aufgrund der Wortwahl des gesondert Verfolgten Dr. YE in der Email steht im Übrigen auch fest, dass dieser davon ausging, dem Angeklagten sei die Terminologie „CumEx“ geläufig. Dies stellt nach Einschätzung der Kammer ein weiteres zentrales Indiz dafür dar, dass in dem seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE in der Email vom 11.11.2009 in Bezug genommenen Treffen über CumEx-Leerkaufgeschäfte gesprochen worden ist, wozu kein Anlass bestanden hätte, wenn der Angeklagte bereits im Jahr 2007 zu verstehen gegeben hätte, dass solche seitens der HC Bank nicht praktiziert werden würden.
716(d) Vollkommen offenkundig wird die Kenntnis des Angeklagten vom Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen, bei denen kein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung erfolgt, nach Einschätzung der Kammer im Übrigen aus seiner Beteiligung an den im Umfeld des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 geführten Diskussionen. Der Kammer ist hier wiederum bewusst, dass Vorgänge aus dem Jahr 2009 im Ausgangspunkt nur eingeschränkte Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Angeklagten im Jahr 2007 zulassen. Allerdings dokumentieren die Kommunikationsinhalte aus dem Jahr 2009 ein derart eindeutiges Verständnis des Angeklagten vom Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug, dass ausgeschlossen ist, dass er dieses erst im Laufe der verfahrensgegenständlichen Geschäfte entwickelt und nicht bereits im Jahr 2007 aufgewiesen hat.
717(aa) Nach Einschätzung der Kammer sind keine vernünftigen Zweifel daran begründet, dass der Angeklagte erkannt hat, dass das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 und die Entwürfe hierzu CumEx-Leerkauftransaktionen mit dem Ziel, Steueranrechnungen trotz nicht erfolgten Steuerabzugs auf die Dividendenkompensationszahlung zu generieren, entgegenwirken sollten, und dass eben solche Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank praktiziert und für den BC German Equity Special Fund geplant wurden. Dies geht etwa aus einer Email des gesondert Verfolgten Dr. PA an den Angeklagten vom 31.03.2009 hervor, in dem dieser ein Telefonat mit dem gesondert Verfolgten Dr. KK dahingehend zusammenfasst, dass das - zu diesem Zeitpunkt bereits geplante - Rundschreiben wohl auf „eine Umsetzung der bekannten Strategie über Kassa-Geschäfte“ bei Spezialfonds abziele. Diesbezüglich habe der gesondert Verfolgte Dr. KK zu verstehen gegeben, dass „dieser Markt […] aktuell tot“ ist, so dass nunmehr „das Heil […] in einer Änderung der Strategie“ liege. Nach der in der Email gewählten Formulierung bestehen nach Einschätzung der Kammer keinerlei Zweifel daran, dass auf Seiten des Angeklagten Kenntnis vom Vorliegen von Leerverkäufen ohne Steuerabzug vorhanden war und eine Umsetzung der Geschäfte im Fondsbereich nur für möglich erachtet wurde, wenn es gelingen würde, die Vorgaben des BMF-Schreibens zu umgehen. Dies folgt unzweifelhaft daraus, dass das BMF-Schreiben zu keinem Zeitpunkt als Reaktion auf Inhaberverkäufe über den Dividendenstichtag gedacht war, vielmehr ging es durchgehend allein darum, Leerverkäufe mit dem Ziel einer unberechtigten Steueranrechnung zu unterbinden. Wenn der gesondert Verfolgte Dr. PA in der Email an den Angeklagten ausführt, das Schreiben betreffe die „Umsetzung der bekannten Strategie über Kassa-Geschäfte“, so dass die Strategie geändert werden müsse, lässt dies zur Überzeugung der Kammer eindeutig erkennen, dass es sich bei den geplanten Transaktionen um Leerkäufe handeln sollte, da der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens ansonsten erkennbar nicht eröffnet gewesen wäre.
718Die Email des gesondert Verfolgten Dr. PA lässt nach Einschätzung der Kammer unmittelbare Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Angeklagten insbesondere auch deshalb zu, weil der gesondert Verfolgte Dr. PA augenscheinlich davon ausging, der Angeklagte wisse, wovon die Rede ist, wenn von der „Umsetzung der bekannten Strategie über Kassa-Geschäfte“ gesprochen wird. Die Kammer hat keinerlei Zweifel daran, dass hiermit die im CumEx-Leerkaufsbereich weitgehend praktizierte Strategie des Handels von Kassakäufen gegen gegenläufige Absicherungsfutures gemeint war, bei denen Steuern auf die Dividendenkompensationszahlungen nicht in Abzug gebracht werden, da andere als derartige CumEx-Leerkaufsmodelle von dem geplanten Regelungsinhalt des BMF-Schreibens zu keinem Zeitpunkt erfasst werden sollten. Irgendwie geartete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte davon ausging, das BMF-Schreiben ziele auf Inhaberverkäufe über den Dividendenstichtag ab, bestehen nicht.
719(bb) Gestützt wird die vorstehende Annahme durch eine Email des gesondert Verfolgten Dr. PA an den Angeklagten vom 09.04.2009 „YG-Bank / PI“, in der dargelegt wird, unter welchen Voraussetzungen die YG-Bank bereit sei, die für den BC German Equity Special Fund ausgehandelte Dreiervereinbarung zu unterschreiben. Der gesondert Verfolgte Dr. PA führt hierin unter anderem aus, er könne sich nicht vorstellen, dass bereits im Vorfeld der Transaktionen die von der YG-Bank geforderte Berufsträgerbescheinigung im Sinne einer „Blankobescheinigung“ ausgestellt werden würde. Die Email vom 09.04.2009 endet mit der Anregung des gesondert Verfolgten Dr. PA, „über die aktuelle Situation - unprotokolliert - im Rahmen unseres Gesprächs am kommenden Dienstag zu informieren“. Zugleich weist er darauf hin, die von ihm dargelegten Informationen zu den Berufsträgerbescheinigungen seien bislang nur innerhalb der HC Gruppe verteilt worden.
720Es kann nach Einschätzung der Kammer nicht plausibel erklärt werden, warum der gesondert Verfolgte Dr. PA den Angeklagten im Umfeld der Diskussionen um das erwartete BMF-Schreiben auf Zweifel hinsichtlich der Ausstellung der Berufsträgerbescheinigungen hätte hinweisen und ihm ausdrücklich eine „unprotokollierte“ Besprechung hinsichtlich der Umsetzbarkeit des geplanten Fondsprojekts hätte empfehlen sollen, wenn der Angeklagte und weitere in die Planung des BC German Equity Special Fund eingebundene Personen davon ausgegangen wären, bei diesem sollten Aktien von Aktieninhabern erworben werden. Denn es hätte in dieser Konstellation keinerlei Anlass bestanden, sich Gedanken über die Ausstellbarkeit der Berufsträgerbescheinigung zu machen, geschweige denn, besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass diesbezügliche Informationen innerhalb der HC Gruppe verbleiben und zum Gegenstand nicht schriftlich dokumentierter Gespräche gemacht werden.
721(cc) Dass dem Angeklagten bewusst war, dass CumEx-Leerkaufgeschäfte im Sinne des BMF-Schreibens nicht nur beim BC German Equity Special Fund geplant waren, sondern auch im Eigenhandel der HC Bank praktiziert wurden, geht auch aus zwei Gesprächsvermerken vom 01.04. („Gespräch mit ZD & KL am 01.04.2009“) und vom 20.04.2009 („Gespräch am 20.04.2009 zwischen ZD und KL und PB“) hervor. Ausweislich dieser wurden unter Beteiligung des Angeklagten die Auswirkungen des Entwurfs des BMF-Schreibens auf die Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank und auf die geplanten Geschäfte des BC German Equity Special Fund erörtert. Die Ergebnisse des Gesprächs vom 01.04.2009 werden in dem Vermerk wie folgt festgehalten:
722Der Angeklagte hat sich zu dem Inhalt des Vermerks dahingehend eingelassen, dass das Gesprächsergebnis in diesem aus seiner Sicht zutreffend wiedergegeben sei. Befragt zu seinem Verständnis der Ausführungen im Vermerk, wonach die Geschäfte unter das BMF-Schreiben fielen, erklärte der Angeklagte zunächst: „Die fallen darunter, ja“. Dies sei aber nicht in dem Sinne zu verstehen, dass diese Geschäfte generell nicht erwünscht seien, sondern, dass sie lediglich den dort niedergelegten Voraussetzungen entsprechen müssten. Er habe sich nur gedacht, dass geprüft werden müsse, ob die von ihnen getätigten Geschäfte tatsächlich unter das Rundschreiben fallen. Für ihn sei klar gewesen, dass das Rundschreiben in 2009 ein Fragezeichen an das setze, was sie bis dahin getan hätten. Daher käme die Formulierung, dass das Rundschreiben auf die Geschäfte angewandt werden müsse. Hieraus habe er abgeleitet, dass diese Frage einer Prüfung hätte unterzogen werden müssen, die aber nicht mehr von ihm erarbeitet worden sei. Die Prüfung habe nach seiner Erinnerung ergeben, dass die Geschäfte der Bank mit den Vorgaben des BMF-Schreibens konform seien.
724Die Einlassung des Angeklagten zum Inhalt des Vermerks ist nach Einschätzung der Kammer schon aus sich heraus widersprüchlich. Die gleich zu Beginn des Vermerks dokumentierte Feststellung, wonach die seitens „PB“, mithin der HC Bank, praktizierten Geschäfte unter das BMF-Schreiben fallen, kann grundsätzlich nur am Ende einer Prüfung der betroffenen Geschäfte stehen. Wären die Gesprächsteilnehmer sicher davon ausgegangen, dass im Eigenhandel der HC Bank Inhaberverkäufe im Rahmen einer CumCum-Strategie durchgeführt werden, hätten das BMF-Schreiben sowie die vorhergehenden Entwürfe keinerlei Anlass für eine weitergehende Prüfung der Geschäfte begründet, da das Schreiben stets allein auf Leerverkaufstrukturen abzielte. Wenn in dem Vermerk festgehalten wird, dass die Geschäfte unter das BMF-Schreiben fallen und eine weitergehende Prüfung ihrer künftigen Durchführbarkeit veranlasst sei, deutet dies nach Einschätzung der Kammer vor diesem Hintergrund deutlich darauf hin, dass die Gesprächsteilnehmer davon überzeugt waren, dass im Eigenhandel der HC Bank Geschäfte im Sinne des Entwurfs zum BMF-Schreiben, mithin CumEx-Leerkäufe, durchgeführt werden.
725Die Einlassung des Angeklagten, er sei in die Prüfung der Anforderungen des BMF-Schreibens bzw. der Entwürfe hierzu selbst nicht unmittelbar eingebunden gewesen, wird im Übrigen widerlegt durch eine von ihm verfasste Email vom 03.04.2009 „Vorhaben PI“. Hierin äußert sich der Angeklagte zu einem von dem gesondert Verfolgten Dr. YE mit Email vom 02.04.2009 übermittelten Formulierungsvorschlag hinsichtlich einer Erklärung gegenüber der Finanzverwaltung. In dieser war vorgesehen, dass versichert werde, dass keine Absprachen mit Leerverkäufern zum Kauf von deutschen Aktien aus Auslandsdepots in Fällen getroffen worden sind, in denen Einnahmen an Stelle von Bezügen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von einem anderen als dem Anteilseigner nach § 20 Abs. 5 EStG bezogen werden, wenn die Aktien mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert werden. In der Email vom 03.04.2009 führt der Angeklagte aus, diese Erklärung könne nach seiner Einschätzung von HE nicht unterschrieben werden. Auch gehe er davon aus, die Erklärung sei zur Lösung der durch das BMF-Schreiben aufgeworfenen Fragen gar nicht vorgesehen. Diese Äußerungen dokumentieren nach Einschätzung der Kammer eine vertiefte Auseinandersetzung des Angeklagten mit den Inhalten des BMF-Schreibens und den sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die Geschäfte der HC Bank sowie der HE.
726Auch die weiteren Ausführungen in dem Vermerk vom 01.04.2009 lassen im Übrigen erkennen, dass die Gesprächsteilnehmer und somit auch der Angeklagte gerade nicht von einem Sachverhalt ausgegangen sind, bei dem der Erwerb der HC Bank von ausländischen Aktieninhabern sichergestellt ist. Aus der Überlegung zu den Voraussetzungen einer unveränderten Beibehaltung der Geschäfte ergibt sich, dass ein Nachweis der Kette bis zum ursprünglichen Verkäufer zuvor noch gar nicht erfolgt war. Auch wäre die in dem Vermerk dokumentierte Mitteilung des Angeklagten, wonach der gesondert Verfolgte Dr. YE der Meinung sei, dass Geschäfte über die Börse von der Regelung ausgenommen würden, von vornherein überhaupt nur dann von Bedeutung, wenn die Gesprächsteilnehmer übereinstimmend davon ausgegangen wären, dass die Transaktionen über die Börse gehandelt werden. Tatsächlich war den Mitarbeitern der HC Bank aber bekannt, dass die Aktien durchgehend außerbörslich erworben werden, was bereits daraus hervorgeht, dass dies auf den von ihnen selbst erstellten Wertpapierabrechnungen vermerkt ist. Der Inhalt des Vermerks verträgt sich nach alldem insgesamt nicht mit der Einlassung des Angeklagten, wonach er aufgrund der Angaben des gesondert Verfolgten Dr. YE sicher davon ausgegangen sein will, im Rahmen des Eigenhandels der HC Bank würden Aktien von steuerausländischen Aktieninhabern erworben.
727Bestätigt wird die vorstehende Einschätzung durch den weiteren Gesprächsvermerk vom 20.04.2009. Die Ergebnisse einer ausweislich der Teilnehmerzeile in Anwesenheit des Angeklagten durchgeführten Besprechung werden hierin auszugsweise wie folgt festgehalten:
728Die durch den Vermerk dokumentierten Gesprächsinhalte lassen eindeutig erkennen, dass seitens der Gesprächsteilnehmer das Vorliegen von Leerverkäufen aufgrund der Abwicklung der Geschäfte gerade nicht ausgeschlossen werden konnte, was sich wiederum nicht mit der Einlassung des Angeklagten verträgt, er sei sicher davon ausgegangen, dass die Aktien von steuerausländischen Aktieninhabern erworben werden. Dass als Ergebnis der Prüfung einer Vorverlagerung der Geschäfte festgehalten ist, diese habe sich als nicht praktikabel erwiesen, belegt ebenfalls eindeutig, dass den Gesprächsteilnehmern die Wirkweise der Geschäfte bekannt war. Denn nur bei einem Handel am Tag der Hauptversammlung oder am Tag davor war gewährleistet, dass die Aktien erst am Ex-Tag im Depot der HC Bank gebucht werden, mit der Folge, dass sie bei einem Erwerb vom Leerverkäufer lediglich die Dividendenkompensationszahlung vereinnahmt. Bei einem Inhaberverkauf, bei dem eine CumCum-Strategie verfolgt wird, wäre eine Vorverlagerung der Geschäfte demgegenüber unproblematisch möglich - bzw. nach Maßgabe der auch insoweit glaubhaften Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC sogar üblich - gewesen. Auch zu diesem Punkt hat der Angeklagte sich wiederum lediglich dahingehend eingelassen, er könne sich nicht erinnern, warum eine Vorverlagerung im Ergebnis für nicht möglich befunden wurde.
730Da die Gesprächsteilnehmer das Vorliegen von Leerverkäufen nicht ausschließen konnten, waren die Steuerberater von ZD & KL augenscheinlich nur unter der in dem Vermerk dokumentierten Prämisse bereit, die von ihnen erbetene Berufsträgerbescheinigung auszustellen. Dass die gewählte Auslegung mit Sinn und Zweck des Entwurfs zum BMF-Schreibens schwerlich in Einklang zu bringen ist, war den Beteiligten zur sicheren Überzeugung der Kammer ebenfalls bewusst. Erst vor diesem Hintergrund ist die Absicht, im Bankenverband auf eine Änderung der Textpassage hinzuwirken, verständlich. Auch dieses Vorgehen lässt sich im Übrigen wiederum nicht erklären, wenn der Angeklagte und weitere Verantwortliche der HC Bank tatsächlich davon überzeugt gewesen wären, bei den verfahrensgegenständlichen Geschäften agierten auf Verkäuferseite steuerausländische Aktieninhaber. Denn in dieser Konstellation wäre der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens sowie der hierzu ergangenen Entwürfe von vornherein evident nicht eröffnet gewesen. Soweit der Angeklagte sich auch in diesem Zusammenhang darauf berufen hat, er könne sich an Diskussionen über Lobbyarbeit zum BMF-Schreiben nicht erinnern und könne nicht erklären, worauf sich eine entsprechende Lobbyarbeit inhaltlich hätte beziehen sollen, ist dies im Hinblick auf seine durch die vorstehenden Urkunden dokumentierte enge Einbindung in die diesbezüglichen Diskussionen bei der HC Bank nicht glaubhaft.
731Gestützt werden die vorstehenden Ausführungen zur Kenntnis des Angeklagten vom Vorliegen von CumEx-Leerverkauftransaktionen in allen verfahrensgegenständlichen Geschäften schließlich durch den von dem gesondert Verfolgten Dr. WA am 06.01.2010 für ihn verfassten Vermerk „Steuerliche Behandlung von Aktiengeschäften mit Single Futures über den Dividendentermin.“ In diesem ist festgehalten, dass bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung gegen eine Fortsetzung der Single Future Geschäfte keine Bedenken bestehen würden, wenn bei diesen „wie bisher“ wie im BMF-Schreiben vorgesehen verfahren werde. Auch diese Wortwahl bringt deutlich zum Ausdruck, dass die vor dem 06.01.2010 sowie die hieran anschließend durchgeführten Transaktionen auch nach Einschätzung des Verfassers sowie des Adressaten des Vermerks dem Grunde nach unter das BMF-Schreiben fielen, da bei Inhaberverkäufen kein Anlass bestanden hätte, die sich aus dem Schreiben ergebenden Vorgaben umzusetzen. Hinsichtlich der Würdigung des Vermerkinhaltes im Übrigen wird auf die Ausführungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten in Fall 4 [B.IV.4.g)bb) und dd)] Bezug genommen.
732(dd) Die vorstehend erörterten Kommunikationsinhalte aus der Entstehungsphase des BMF-Schreibens von Mai 2009 belegen nach Auffassung der Kammer ohne vernünftigen Zweifel, dass das daraus erkennbare Verständnis des Angeklagten von der Eigenart der im Eigenhandel der HC Bank seit dem Jahr 2007 praktizierten CumEx-Leerkaufgeschäfte bei diesem von Beginn an vorlag. Denn wenn der Angeklagte zuvor tatsächlich davon ausgegangen wäre, die Bank tätige Käufe von Inhabern, so hätte ihm jedenfalls im Verlauf der Kommunikation im Frühjahr 2009, in der das Unterfallen dieser Geschäfte unter das BMF-Schreiben besprochen und Reaktionsmöglichkeiten hierauf erörtert wurden, deutlich werden müssen, dass seine Annahme nicht zutrifft. Dann wäre aber eine gänzlich andere Reaktion des Angeklagten zu erwarten gewesen. Aufgrund der nach seiner Einlassung angeblich bereits nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 getroffenen Hausentscheidung, Leer(ver)kaufgeschäfte nicht mehr auszuführen, hätte der Angeklagte nun entweder auf einer Einstellung der Geschäfte oder aber auf einer Vorverlagerung des Handelszeitpunktes bestehen müssen. Eine solche Reaktion - oder aber zumindest ein Offenlegen des Sachverhaltes im Rahmen der ab jetzt abzugebenden Steuererklärungen - ist jedoch an keiner Stelle auch nur im Ansatz erfolgt.
733(e) Weiteres Indiz für die Kenntnis des Angeklagten vom Vorliegen von Leerverkäufen über den Dividendenstichtag, bei denen auf die Dividendenkompensationszahlung ein Steuerabzug nicht erfolgt, ist ferner der Umstand, dass sich die von der HC Bank erzielten Profite nicht anders erklären lassen als mit dem unterbliebenen Steuerabzug auf der Verkäuferseite. Namentlich ist nicht erkennbar, welche Motivation ein Verkäufer gehabt haben sollte, die Absicherungsgeschäfte zu den hier vereinbarten Preisen zu handeln, da bereits die im Jahr 2007 durch die HC Bank gehandelten Dividendenlevel der Absicherungsfutures unter den für CumCum-Geschäfte bei DAX-Titeln gängigen Marktleveln lagen. Eine diesbezügliche Vorstellung des Angeklagten setzt keine Detailkenntnisse über die konkrete Höhe einzelner verwirklichter Dividendenlevel voraus, geschweige denn die für einen professionellen Aktien- und Derivatehändler zu erwartende Fähigkeit, diese selbst berechnen zu können. Allerdings hat die Kammer keinerlei Zweifel daran, dass der Angeklagte zum einen in der Lage war, die seitens der HC Bank im Jahr 2007 erwirtschafteten Profite mit dem abzugleichen, was seitens der YB AG im Jahr 2006 im Wege der Profitteilung mit der HC Bank erwirtschaftet worden war, und dass er zum anderen jedenfalls eine grobe Vorstellung davon hatte, in welchem Umfang steuerausländische Aktieninhaber typischerweise bereit waren, den Aktienerwerber im Rahmen einer klassischen CumCum-Transaktion an dem Steueranrechnungsguthaben zu beteiligen. Soweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, er sei davon ausgegangen, die ausländischen Aktieninhaber seien bereit gewesen, „viel“ - mithin einen hohen Anteil der Kapitalertragsteuer - auf die Aktienerwerber zu übertragen, schließt die Kammer schon angesichts der dokumentierten Arbeitsweise des Angeklagten aus, dass diesem die Marktwirklichkeit, wonach im Rahmen von CumCum-Transaktionen der Erwerber typischerweise nur um die 2-3% der Bruttodividende vereinnahmt, gänzlich verborgen geblieben sein könnte.
734(f) Die Überzeugung der Kammer vom Vorstellungsbild des Angeklagten gründet zuletzt maßgeblich auch darauf, dass die gesondert Verfolgten Dr. KK, KI und JC übereinstimmend und unabhängig voneinander angegeben haben, das Vorliegen von Leerverkäufen sowie der nicht erfolgte Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung seien gegenüber Mitarbeitern der HC Bank nicht verschwiegen worden.
735(aa) Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat insoweit angegeben, die Themen Leerverkäufe und Kapitalertragsteuererstattung seien bereits im Rahmen des im Vorfeld der Dividendensaison des Jahres 2007 geführten Gesprächs durch den gesondert Verfolgten Dr. YE offen angesprochen worden. Dabei habe er - der gesondert Verfolgte Dr. KK - vor dem Hintergrund, dass die HC Bank im Jahr 2006 bereits selbst als Leerverkäuferin über den Dividendenstichtag aufgetreten sei, auch den Eindruck gewonnen, dort sei schon viel Wissen, insbesondere zur Herkunft der Profite, vorhanden gewesen. Namentlich der Angeklagte habe einige kritische Nachfragen gestellt und auch auf Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Bezug genommen. Auch im Übrigen schilderte der gesondert Verfolgte Dr. KK seine Wahrnehmungen von dem Ablauf des Gesprächs dahingehend, dass die Erörterungen zu den Details der Transaktionen, einschließlich der steuerlichen Implikationen, zwischen dem gesondert Verfolgten Dr. YE sowie dem Angeklagten auf hohem Niveau stattgefunden hätten. Dabei sei deutlich geworden, dass sämtlichen Anwesenden im Raum klar war, dass bei den diskutierten Geschäften Profite durch die Generierung von Steuerbescheinigungen erwirtschaftet werden sollten, die einen „Griff in die Staatskasse“ ermöglichen würden.
736Die Kammer zweifelt nicht daran, dass der gesondert Verfolgte Dr. KK seine Wahrnehmungen von dem Ablauf des initiierenden Gesprächs entsprechend seiner tatsächlichen Erinnerungen geschildert hat und dass diese zutreffen. Ergänzend zu den obigen Ausführungen zur allgemeinen Würdigung der von diesem Zeugen getätigten Angaben [hierzu B.IV.1.c)ee)] ist darauf hinzuweisen, dass auch seine Schilderungen vom Ablauf des Gesprächs durchgehend sachlich und erinnerungskritisch erfolgten. Es ist auch plausibel, dass der gesondert Verfolgte Dr. KK trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs in diesem Kontext noch genaue Erinnerungen aufwies, da er nachvollziehbar bekundet hat, er habe das Gespräch als für ihn besonders bedeutsames Ereignis bzw. als „Karrierestep“ empfunden, da er erstmalig auf einen Partner der HC Bank getroffen sei. Diese Bank sei ihm aus dem Referendariat als „Top-Adresse“ bekannt gewesen. Der gesondert Verfolgte Dr. KK konnte in diesem Zusammenhang auch noch einzelne Abläufe des Gesprächs genau erinnern, einschließlich des Umstands, darüber enttäuscht gewesen zu sein, dass er nicht selbst zu Wort gekommen sei. Auch ist die Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK, er habe den Eindruck gewonnen, auf Seiten der HC Bank habe bereits viel Wissen zu den Transaktionen bestanden, im Hinblick auf die im Jahr 2006 noch laufenden oder bereits abgeschlossenen Geschäfte uneingeschränkt plausibel. Die von ihm geschilderte Wahrnehmung, wonach der gesondert Verfolgte Dr. YE und der Angeklagte „auf Augenhöhe“ miteinander kommuniziert hätten, steht im Einklang mit der Wortwahl des gesondert Verfolgten Dr. YE in den an den Angeklagten adressierten Schreiben und Emails. Im Rahmen seiner Aussage vermittelte der gesondert Verfolgte Dr. KK im Übrigen auch in diesem Zusammenhang nicht den Eindruck, den Angeklagten gezielt in ein besonders schlechtes Licht zu rücken, um von seiner eigenen Verantwortung abzulenken. Vielmehr hat er sogar ausdrücklich zu verstehen gegeben, er habe in den Räumlichkeiten der Bank den „Reichtum der Kunden“ gespürt, von dem er selbst etwas habe abhaben wollen.
737Für die Glaubhaftigkeit der Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK hinsichtlich des Ablaufs des Gesprächstermins spricht im Übrigen wiederum der Inhalt der tabellarischen Übersicht zu weiteren europäischen Ländern vom 20.09.2007. Der Umstand, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE hierin gegenüber der HC Bank offen auf das Vorliegen von Leerverkäufen sowie die doppelte Anrechnung von Kapitalertragsteuern hinwies, spricht deutlich für die Schilderung des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach hierüber auch im Rahmen des der Dividendensaison des Jahres 2007 vorgelagerten Gesprächs offen gesprochen worden ist.
738Aufgrund der vorstehenden Beweisergebnisse sieht die Kammer die Einlassung des Angeklagten als widerlegt an, wonach es im Rahmen des Gesprächs nicht um das Vorliegen von Inhaber- oder Leerverkäufen gegangen sein soll. Die Schilderungen des Angeklagten vom Gesprächsinhalt erfolgten in weiten Teilen weit weniger detailliert als diejenigen des gesondert Verfolgten Dr. KK. So vermochte der Angeklagte etwa weder sicher auszuschließen noch sich sicher daran zu erinnern, dass er im Gespräch mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 1999 rekurrierte. Im Übrigen hat der Angeklagte lediglich allgemeine Angaben zu den Gesprächsinhalten gemacht und zu verstehen gegeben, der gesondert Verfolgte Dr. YE habe diverse Vorschläge unterbreitet, wobei es wohl auch darum gegangen sei, dass er Kontakt zu vermögenden Kunden habe. Hierbei sei auch über eine Steuerthematik von im Ausland verwahrten Aktien gesprochen worden.
739Die Kammer wertet die Angaben des Angeklagten auch in diesem Zusammenhang als Schutzbehauptung, da sie sich in seine allgemeine - aus Sicht der Kammer widerlegte - Einlassung einfügen, wonach er darauf vertraut haben will, die HC Bank erwerbe bei den verfahrensgegenständlichen Geschäften Aktien von steuerausländischen Aktieninhabern. Schon angesichts der urkundlich belegten offenen Beratung von CumEx-Leerkaufsmodellen mit doppelter Anrechnung der Kapitalertragsteuer durch den gesondert Verfolgten Dr. YE im Jahr 2007 sind nach Einschätzung der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran begründet, dass der gesondert Verfolgte Dr. KK den Inhalt des Gesprächstermins zutreffend wiedergegeben hat.
740(bb) Wie bereits dargelegt [vgl. B.IV.1.c)ee)(1)], hat die Kammer ferner keinerlei Zweifel daran, dass die Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC zutreffen, wonach nach ihrer Wahrnehmung die Mitarbeiter der HC Bank mit dem Vorliegen von Leerverkäufen und der Funktionsweise der Geschäfte vertraut gewesen seien. Wenn hierüber nicht ausdrücklich gesprochen worden sei, sei dies nach den Angaben der Zeugen allein dem Umstand geschuldet gewesen, dass der Ablauf der CumEx-Transaktionen am Markt derart bekannt gewesen sei, dass weitergehende Erklärungen erkennbar überflüssig gewesen seien. Im Übrigen ist - wie bereits dargelegt [vgl. B.IV.1.b)aa)] - auch durch YH-Chats dokumentiert, dass seitens der gesondert Verfolgten KI und JC offen über die Bepreisung der Geschäfte sowie die Notwendigkeit, die Aktien erst noch beschaffen zu müssen, gesprochen worden ist. Vor dem Hintergrund, dass die Kammer keine Zweifel daran hat, dass der Angeklagte durch die weiteren in die CumEx-Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank eingebundenen Arbeitsbereiche fortlaufend über wesentliche Details der Transaktionen informiert wurde, ist auch dies ein deutliches Indiz für seine Kenntnis vom Vorliegen von Leerverkäufen. Es bestehen insbesondere keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er vom Bereich Handel nicht über ein dortiges Bekanntwerden von Leerverkäufen informiert worden wäre, wenn zuvor auf Seiten der HC Bank einheitlich die Überzeugung vorgelegen hätte, dass bei den Transaktionen allein Inhaberverkäufe zum Tragen kommen.
741Hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC wird vollumfänglich auf die obige Würdigung [B.IV.1.a)ee)(2) und b)aa)] Bezug genommen.
742(5) Die Kammer hat im Rahmen der Beweiswürdigung neben der Einlassung des Angeklagten auch sämtliche Gegenindizien, die darauf hindeuten könnten, dass dem Angeklagten das Vorliegen von Leerverkäufen und/oder der nicht erfolgte Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung tatsächlich nicht bekannt war, in die Betrachtung einbezogen. Auch diese begründen indes keine vernünftigen Zweifel im Hinblick auf die Feststellungen der Kammer zum Vorstellungsbild des Angeklagten. Die in diesem Zusammenhang zu würdigenden Urkunden stammen ganz überwiegend aus Zeiträumen, die den Eigenhandelsgeschäften des Jahres 2007 deutlich nachgelagert sind und lassen vor diesem Hintergrund nur eingeschränkte Rückschlüsse auf die Kenntnis des Angeklagten zu Beginn der Dividendensaison in Fall 1 zu. Im Übrigen sind sie aber in dem Kontext zu würdigen, in dem sie jeweils erstellt wurden. Dieser war insbesondere durch die Diskussionen um das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 und die darin zum Ausdruck gebrachte Missbilligung bestimmter CumEx-Leerverkaufsmodelle geprägt. Insoweit waren die involvierten Marktakteure teilweise bestrebt, die Bedeutung von Leerverkäufen für die verfahrensgegenständlichen Geschäfte nicht mehr offen zu kommunizieren. Dies hat aber nach der sicheren Überzeugung des Gerichts bei dem Angeklagten nicht dazu geführt, dass er vom Vorliegen von Leerverkäufen nicht mehr überzeugt gewesen wäre. Insoweit gilt das Folgende:
743(a) Die Kammer hat bei ihrer Betrachtung zunächst die Inhalte diverser Emails in den Blick genommen, die den Eindruck vermitteln könnten, die gesondert Verfolgten Dr. YE, Dr. KK und PI hätten Mitarbeiter der HC Bank über das Vorliegen von Leerverkäufen im Unklaren gelassen. Im Ergebnis rechtfertigen diese jedoch nicht die Schlussfolgerung, der Angeklagte habe von den Details der CumEx-Transaktionen im Eigenhandel der HC Bank keine Kenntnis gehabt.
744(aa) Berücksichtigt hat die Kammer zunächst eine Email des gesondert Verfolgten PI unter anderem an den Angeklagten vom 06.04.2009 („Fund Trading Strategy“), in der eine Anpassung der Handelsstrategie des geplanten Fonds erörtert wird. In der Email wird der Eindruck vermittelt, durch die vorgeschlagene Strategie könne gewährleistet werden, dass aufgrund des gewählten Ablauftages der Ankaufsfutures Aktien mit Dividendenberechtigung geliefert werden, ferner wäre aufgrund der Wahl der Handelsplattform ausgeschlossen, dass die jeweiligen Gegenparteien bekannt seien.
745Da die Email nur den Fondsbereich betrifft und die Strategie im HC Eigenhandel im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu keinem Zeitpunkt geändert wurde, können aus ihr allenfalls eingeschränkte Schlussfolgerungen zum Kenntnisstand des Angeklagten hinsichtlich der Details der Geschäfte im Eigenhandel gezogen werden. Insbesondere ist die Email aber im Zusammenhang mit den Entwürfen des schließlich am 05.05.2009 verabschiedeten BMF-Schreibens zu sehen. Wie bereits dargelegt, sind aus Sicht der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran begründet, dass der Angeklagte erkannt hatte, dass durch das BMF-Schreiben CumEx-Leerkauftransaktionen - wie sie im Eigenhandel der HC Bank praktiziert wurden und für den BC German Equity Special Fund geplant waren - unterbunden werden sollten und dass die Beteiligten nunmehr nach Wegen suchten, die Handelsstrategie dahingehend anzupassen, dass die Anforderungen des BMF-Schreibens - vermeintlich - eingehalten werden, ohne die Profitmöglichkeiten hinsichtlich der Transaktionen zu verlieren. Vor diesem Hintergrund zweifelt die Kammer nicht daran, dass der Angeklagte erkannt hat, dass die Überlegungen des gesondert Verfolgten PI vom 06.04.2009 genau hierauf abzielten. Die von diesem in der Email geschilderten Strukturen, aufgrund derer gewährleistet sei, dass Käufer und Verkäufer der Geschäfte sich nicht kennen würden, würden sich im Übrigen nicht mit der Annahme vertragen, durch die Geschäfte sollten im Sinne einer CumCum-Transaktion Aktien von nicht zur Steueranrechnung berechtigten ausländischen Aktieninhabern erworben werden, damit diese - über eine Verteilung des Steueranrechnungsguthabens - an der zugunsten der HC Bank erfolgenden Steueranrechnung profitieren können. Denn entsprechende Transaktionen würden gerade voraussetzen, dass Käufer und Verkäufer einander kennen. Anhaltspunkte dafür, dass der gesondert Verfolgte PI seinerseits davon ausging, der Angeklagte hätte nicht erfasst, dass die für den Fonds geplanten Transaktionen aufgrund des Vorliegens von Leerverkäufen unter das BMF-Schreiben fallen, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Im Übrigen deutet gerade der zwei Wochen nach der Email vom 06.04.2009 verfasste Vermerk „Gespräch am 20.04.2009 zwischen ZD und KL und PB“ darauf hin, dass dem Angeklagten das Vorliegen von Leerverkäufen bekannt war.
746Auch die Ausführungen in einer Email des gesondert Verfolgten Dr. PA unter anderem an den Angeklagten vom 08.09.2009 („Besuch von PI“) über den Inhalt eines mit dem gesondert Verfolgten PI geführten Gesprächs rechtfertigen nicht den Schluss auf eine Verschleierung der Hintergründe der Transaktionen durch den gesondert Verfolgten PI. Zwar soll dieser hierin geäußert haben, dass bei zukünftig umzusetzenden Fondsprojekten „nur Leverage“, aber keine Leerverkäufe beabsichtigt seien. Neben dem Umstand, dass die Email vom 08.09.2009 keine eigenen Äußerungen des gesondert Verfolgten PI enthält, sondern nur deren Wiedergabe durch den gesondert Verfolgten Dr. PA, ist auch in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich die Email nur zu den Fondsgeschäften, nicht jedoch zum Eigenhandel der HC Bank verhält. Abgesehen hiervon lässt die Email aber auch nicht erkennen, dass der gesondert Verfolgte PI gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. PA oder anderen Gesprächsteilnehmern das Vorliegen von Leerverkäufen generell abgestritten hat. Soweit der gesondert Verfolgte PI geäußert haben soll, bei den künftig geplanten Fonds sei nur „Leverage“ geplant, handelt es sich hierbei nicht um einen Gegenbegriff zum Leerverkauf, vielmehr wird hiermit die „Hebelung“ eines eingeworbenen Fondsvermögens auf einen höheren Betrag durch Kreditgewährungen und ähnliches umschrieben, um zugunsten des Fonds Geschäfte im größeren Umfang betreiben zu können. Wenn der gesondert Verfolgte PI geäußert haben soll, es sei lediglich „Leverage“, geplant, bringt er hiermit vor diesem Hintergrund nicht zum Ausdruck, dass Inhaberverkäufe beabsichtigt seien. Vielmehr erklärt er hiermit augenscheinlich, er selbst bzw. die hinter ihm stehenden YA-Gesellschaften seien allein mit der Kredithebelung befasst, nicht jedoch mit der Durchführung von Leerverkäufen. Dass andere in die Transaktionen eingebundenen Akteure als Leerverkäufer agieren, wird hiermit nicht in Abrede gestellt. Es ist auch gar nicht ersichtlich, wie eine reine Levegare-Strategie hätte funktionieren sollen, da man hierdurch lediglich mehr Anlagekapital generieren kann. Die dahinter stehende Geschäftsidee wird gerade nicht dargelegt. Dies war aus Sicht des gesondert Verfolgten PI auch nicht erforderlich, da die bereits bekannte CumEx-Leerkaufstrategie fortgesetzt werden sollte.
747Soweit der gesondert Verfolgte PI zeitweise gegenüber der HC Bank bestätigt hat, keine Kenntnis vom Vorliegen von Leerverkäufen zu haben, erfolgte im Übrigen auch dies erkennbar im Hinblick auf die vorliegenden Entwurfsfassungen des BMF-Schreibens, aus denen die Notwendigkeit hervorging, zukünftig Berufsträgerbescheinigungen vorzulegen. Dass die Vorstellung des Angeklagten vom Vorliegen von Leerverkäufen durch diese Bescheinigungen tatsächlich beeinflusst wurde, schließt die Kammer angesichts der weiteren Beweisergebnisse aus.
748(bb) Die Kammer hat ferner diverse E-Mails der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK in den Blick genommen, die ebenfalls im Umfeld der Diskussionen um den Erlass des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 angefertigt wurden und die ihrem Inhalt nach darauf abzielten, Verantwortliche der HC Bank bzw. der HE trotz der bekannt gewordenen Entwurfsfassung des BMF-Schreibens dazu anzuhalten, die geplanten Geschäfte des BC German Equity Special Fund umzusetzen. Auch diese Emails begründen im Hinblick auf die Überzeugung der Kammer, dass dem Angeklagten bereits ab dem Jahr 2007 bekannt war, dass bei den verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäften Leerverkäufe zum Tragen kommen, keine durchgreifenden Zweifel. Vielmehr deuten auch sie im Ergebnis gerade darauf hin, dass das Vorliegen von Leerverkäufen bekannt war und nach Wegen gesucht wurde, die Vorgaben des BMF-Schreibens zu umgehen.
749In einer Email vom 31.03.2009 „Argument für Anruf YG“ führte der gesondert Verfolgte Dr. KK gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. PA aus, der Anwendungsbereich des geplanten BMF-Schreibens sei voraussichtlich auf OTC-Transaktionen beschränkt, in denen Verkäufer und Käufer Absprachen treffen. Dies sei bei dem geplanten Fonds nicht der Fall. Im Übrigen sei der Anwendungsbereich des Schreibens aber auch aufgrund der Abwicklungsart (Termingeschäfte mit physischer Lieferung der Aktien) der geplanten Transaktionen, der fehlenden Einschaltung betrieblicher Anleger, sowie - unter Umständen - der Aufsetzung als Spezialfonds nicht eröffnet. Die in der Email gewählte Formulierung deutet darauf hin, dass offen über das Vorliegen von Leerverkäufen gesprochen worden ist, da nur Leerverkäufe von dem BMF-Schreiben erfasst werden sollten. Hätte es sich dergestalt verhalten, dass die gesondert Verfolgten Dr. KK und Dr. YE Verantwortliche der HE oder des HC Konzerns über das Vorliegen von Leerverkäufen täuschen wollen, hätte nichts näher gelegen, als darauf hinzuweisen, dass das BMF-Schreiben für die Geschäfte des Fonds keinerlei Rolle spielt, da bei diesen Aktien von einem Aktieninhaber erworben werden. Ausführungen dazu, ob der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens aus anderen Gründen möglicherweise nicht eröffnet ist, wären dann von vornherein entbehrlich gewesen. Dass in der Email zuletzt darauf hingewiesen wird, der gesondert Verfolgte Dr. YE könne gegenüber der YG-Bank eine Bestätigung abgeben, dass keine Anhaltspunkte für einen Leerverkauf und eine doppelte Anrechnung vorliegen, steht dem nicht entgegen, da hierin nicht zum Ausdruck gebracht wird, es lägen tatsächlich keine Leerverkäufe vor. Vielmehr wird lediglich dargelegt, der gesondert Verfolgte Dr. YE wäre notfalls bereit, eine Bestätigung abzugeben, wonach keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Leerverkaufs bestehen.
750Mit Email vom 03.04.2009 („Telefonat“) führte der gesondert Verfolgte Dr. YE gegenüber dem Angeklagten aus, in den bei dem Fonds beabsichtigten Transaktionen würden keine CumEx-Leerverkäufe über den Dividendenstichtag im Sinne des BMF-Schreibens vorliegen, da lediglich Futures gehandelt würden, die vom Anwendungsbereich des Schreibens nicht erfasst seien. Auch ein Future kann indes ohne Weiteres mit einem Leerverkäufer gehandelt werden, so dass auch in diesem Zusammenhang die Einbindung von Leerverkäufern gerade nicht in Abrede gestellt wird. Auch in einer weiteren, unter anderem an den Angeklagten adressierten Email vom 06.04.2009 („Entwurf BMF Schreiben“) begründet der gesondert Verfolgte Dr. YE den Umstand, dass die geforderte Berufsträgerbescheinigung nach seiner Einschätzung ausgestellt werden könnte, allein damit, dass bei den beabsichtigten Transaktionen „Termingeschäfte“ und keine „Aktienkäufe“ durchgeführt werden. Dass die Termingeschäfte nicht mit Leerverkäufern abgeschlossen werden, führt der gesondert Verfolgte Dr. YE aber gerade nicht aus.
751In einer weiteren Email vom 04.05.2009 („Rückgabe der Anteile / Kapitalertragsteuer / Haftung der KAG“) macht der gesondert Verfolgte Dr. YE gegenüber dem Angeklagten geltend, die von dem Fonds durchzuführenden Transaktionen in Gestalt eines Aktienerwerbs über (physically settled) Futures seien vom BMF-Schreiben nicht erfasst. Darüber hinaus begründet der gesondert Verfolgte Dr. YE, warum das BMF-Schreiben - vermeintlich - verfassungswidrig sei. Lediglich abschließend weist der gesondert Verfolgte Dr. YE darauf hin, für den Fall, dass durch den Fonds ausnahmsweise Kassageschäfte durchgeführt würden, würde ein Broker eine Bestätigung erteilen, wonach keine Leerverkäufe vorliegen. Auch hiermit wird das tatsächliche Vorliegen von Leerverkäufen nicht in Abrede gestellt, vielmehr wird lediglich zum Ausdruck gebracht, seitens eines Brokers würde für bestimmte Fallkonstellationen bestätigt werden, dass dies nicht der Fall sei.
752Wäre der Angeklagte davon ausgegangen, dass bei den geplanten Fondsgeschäften Aktien von ausländischen Aktieninhabern, mithin nicht von Leerverkäufern, erworben werden sollen, hätte es für sämtliche Beteiligte erkennbar nahe gelegen, allein hierauf abzustellen, da der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens dann evident nicht eröffnet gewesen wäre. Dass stattdessen ab dem 31.03.2009 über einen Zeitraum von mehreren Wochen unter Einschaltung auch des Angeklagten eingehend diskutiert wurde, ob angesichts der gewählten Fondsstruktur, des Handelns von Futures anstelle von Aktien und des vermeintlichen Nichtvorliegens von Absprachen der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens nicht eröffnet oder dieses eventuell verfassungswidrig sein könnte, spricht nach Einschätzung der Kammer deutlich dafür, dass das Vorliegen von Leerverkäufen tatsächlich bekannt war. Wäre es den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK darum gegangen, den Angeklagten über das Vorliegen von Leerverkäufen im Unklaren zu lassen, hätte es sich erkennbar aufgedrängt, das BMF-Schreiben nicht zum Gegenstand vertiefter Erörterungen zu machen. Denn ihnen hätte sich aufdrängen müssen, dass der Angeklagte Misstrauen daraus schöpfen könnte, dass der Inhalt eines auf die Vermeidung von CumEx-Leerverkaufgeschäften abzielenden Schreibens eingehend diskutiert wird, wenn er davon ausgegangen wäre, es sollten lediglich Verträge mit Aktieninhabern abgeschlossen werden. Die insbesondere im Vergleich zur tabellarischen Übersicht zu anderen europäischen Ländern vom 20.09.2007 deutlich verklausulierte Sprachfassung in den vorstehend benannten Emails stützt insoweit die Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach professionelle Marktakteure im Laufe der Zeit und insbesondere ab Bekanntwerden der Entwürfe zum BMF-Schreiben immer stärker darauf bedacht gewesen seien, das Vorliegen von Leerverkäufen zu negieren, ohne dass die Beteiligten davon ausgegangen wären, dass tatsächlich Inhaberverkäufe zum Tragen kommen.
753(b) Auch die seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE an den Angeklagten übermittelten Präsentationen und Gutachten begründen keine durchgreifenden Zweifel hinsichtlich der Überzeugung der Kammer, wonach dem Angeklagten bekannt war, dass im HC Eigenhandel des Jahres 2007 eine CumEx-Leerkaufstrategie ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung zum Tragen kommt. Insbesondere rechtfertigen die Inhalte der betreffenden Urkunden nach Einschätzung der Kammer nicht die Schlussfolgerung, der gesondert Verfolgte Dr. YE habe Verantwortliche der HC Bank über das Vorliegen von Leerverkäufen getäuscht.
754(aa) In der am 30.01.2007 von dem gesondert Verfolgten XL an den Angeklagten weitergeleiteten Präsentation „German Basis Opportunity“ ist eine Übersicht zu den einzelnen Transaktionen enthalten, die seitens des von dem gesondert Verfolgten Dr. YE beratenen Kunden - hier in Gestalt der HC Bank - durchgeführt werden sollten. Hierin wird das Vorliegen von Leerverkäufen zwar nicht erwähnt, allerdings ist der Präsentation ebenso wenig zu entnehmen, dass es sich um Inhaberverkäufe handelt. Vielmehr wird als Vertragspartner hinsichtlich des Aktienkaufgeschäfts allein ein Broker erwähnt. Ob es sich bei dem hinter dem Broker stehenden Akteur um einen Inhaber- oder um einen Leerverkäufer handelt, wird nicht aufgezeigt. Eine Verschleierung des Vorliegens von Leerverkäufen kann hierin nicht erblickt werden. Wie bereits dargelegt, deutet die Reaktion des gesondert Verfolgten XL gegenüber dem Angeklagten, wonach die Präsentation eine „Kapitalertragssteuerproblematik“ betreffe, eher darauf hin, dass er mit dieser keine Inhaberverkäufe in Verbindung brachte.
755(bb) Das steuerliche Gutachten vom 08.02.2008, das der Angeklagte mit Email des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 11.02.2008 „Dividendenoptimierungsstruktur“ erhalten hat, bezieht sich nicht auf den CumEx-Eigenhandel der HC Bank. Nach dem in dem Gutachten nicht genau umrissenen Sachverhalt zu urteilen, waren Aktiengeschäfte einer Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH um den Dividendenstichtag Gegenstand der Begutachtung. Dies hat der Angeklagte nach eigenem Bekunden ebenso aufgefasst und zugleich glaubhaft angegeben, die HC Bank habe dem gesondert Verfolgten Dr. YE gar keinen Auftrag erteilt, ein Gutachten zum verfahrensgegenständlichen Eigenhandel der HC Bank in den Jahren 2007 bis 2011 zu erstellen. Schon vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass der Angeklagte aus dem Gutachten vom 08.02.2008 irgendwie geartete Rückschlüsse auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Leerverkäufen bei den Eigenhandelsaktivitäten gezogen hat. Im Übrigen konnte der Angeklagte schon bei nur oberflächlicher Lektüre des Gutachtens erkennen, dass darin augenscheinlich eine andere Struktur umschrieben wird als die im Eigenhandel praktizierte. Denn in der Sachverhaltsschilderung wird durch die Bezugnahme auf etwaige Gewinne oder Verluste, die - „je nach Entwicklung der Aktie als Underlying“ - aus der Glattstellung der Future Positionen entstehen würden, suggeriert, die Kursentwicklung der Aktie wirke sich maßgeblich auf die durch die Aktiengeschäfte zu generierenden Profite aus. Dies war bei den verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäften indes nicht der Fall, vielmehr speisten diese ihren Profit - was dem Angeklagten nach seiner eigenen Einlassung auch bewusst war - allein aus der begehrten Steueranrechnung.
756Dass der Angeklagte aus einem nicht den Eigenhandel betreffenden Gutachten, in dem ein Sachverhalt begutachtet wurde, der schon nach seiner eigenen Einlassung im Eigenhandel nicht verwirklicht wurde, irgendwie geartete Rückschlüsse auf das Nichtvorliegen von Leerverkäufen in den verfahrensgegenständlichen Transaktionen geschlossen hat, schließt die Kammer aus.
757Nach dem Vorstehenden kommt es nicht mehr darauf an, dass selbst für den Fall, dass das Gutachten der Begutachtung einer CumEx-Leerkaufstruktur gegolten hätte, der weitere Inhalt des Gutachtens nicht die Annahme trägt, die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK hätten gegenüber der HC Bank das Vorliegen von Leerverkäufen verschleiert. Vielmehr fügt sich der Inhalt des Gutachtens plausibel in die Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK ein, wonach es sich bei entsprechenden Gutachten um reine Gefälligkeitsgutachten gehandelt habe, die insbesondere im Hinblick auf mögliche Betriebsprüfungen erstellt worden seien und hinsichtlich derer auch die Empfänger gewusst hätten, dass in ihnen nicht der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt einer steuerrechtlichen Beurteilung zugeführt wurde. Hierfür spricht bereits die unklare Darstellung des zu begutachtenden Sachverhaltes, wobei ein Erwerb der Aktien vom Leerverkäufer nur im Rahmen der steuerrechtlichen Würdigung als rein theoretische Möglichkeit angesprochen wird. Im Übrigen bezieht sich diese Passage allein auf die Frage, ob der „Verkäufer“, mithin der Broker (vgl. S. 5 des Gutachtens), als Leerverkäufer agiert. Der eigentlich verwirklichte Sachverhalt, wonach sowohl der Broker als auch der „Vorverkäufer“ Leerverkäufer sind, wird auch hier verschwiegen. Gerade dies entspricht aber der dem Gutachten durch den gesondert Verfolgten Dr. KK zugeschriebenen Funktion als „Gefälligkeits‑“ oder „Feigenblattgutachten“. Dies steht auch im Einklang mit den weiteren Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach aufgrund der durch das Jahressteuergesetz 2007 bewirkten Gesetzesänderungen in Urkunden, die potenziell für die Vorlage gegenüber Dritten bestimmt gewesen seien, das Vorliegen von Leerverkäufen nur noch verschleiernd kommuniziert oder verschwiegen wurde.
758Gegen die Glaubhaftigkeit der Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach die Gutachten lediglich die Funktion eines Gefälligkeitsgutachtens eingenommen hätten, was auch den Adressaten der Gutachten regelmäßig bekannt gewesen sei, spricht nicht, dass er sich durch die Erstellung entsprechender Gutachten einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt hätte. Vielmehr hat der gesondert Verfolgte Dr. KK in diesem Zusammenhang gerade plausibel bekundet, ein aus den Gutachten resultierendes Haftungsrisiko nicht gesehen zu haben, da nach seiner Einschätzung allen Beteiligten bekannt gewesen sei, dass in dem Gutachten ein Sachverhalt begutachtet wurde, der nicht den tatsächlich durchgeführten Transaktionen entsprochen habe.
759(cc) Durch das weitere seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE verfasste Gutachten vom 20.02.2009 mit dem Titel „Ausnutzung von Marktineffizienzen bei dem Handel über den Hauptversammlungsstichtag“ konnte die Einschätzung des Angeklagten hinsichtlich der Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank schon deswegen nicht unmittelbar beeinflusst werden, weil dieses die Fondsgeschäfte betraf. Im Übrigen hat der Angeklagte eingeräumt, ihm sei von vornherein bewusst gewesen, dass für die Rendite der Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank Marktineffizienzen „ganz sicher nicht“ maßgebend gewesen seien und dass die Gewinne auch nicht auf dem Handelsgeschick der Akteure beruhten. Diese Angaben sind bereits vor dem Hintergrund plausibel, dass die im Hinblick auf den Eigenhandel seitens der HC Bank erwarteten Profite im jeweiligen Vorfeld der Dividendensaison der Höhe nach eindeutig prognostiziert wurden (etwa in der seitens des Angeklagten verfassten „Vorlage für die Partnersitzung am 12.01.2010“: „Sofern alle oben genannten Transaktionen abgeschlossen werden können und sich Dividendenzahlungen wie im Vorjahr ergeben, kann mit einem ähnlichen Ertragsbeitrag wie in 2009 gerechnet werden.“), was bei der bloßen Ausnutzung von im Vorhinein nicht kalkulierbaren Marktineffizienzen nicht möglich gewesen wäre. Die Kammer zweifelt hiernach nicht daran, dass der Angeklagte bereits der Überschrift des Gutachtens vom 20.02.2009, wonach dieses die Ausnutzung von „Marktineffizienzen“ zum Gegenstand haben sollte, entnommen hat, dass die darin begutachtete Struktur nicht der im Eigenhandel praktizierten entsprach. Erst recht gilt dies vor dem Hintergrund, dass auch in der einleitenden Strukturbeschreibung des Gutachtens hinsichtlich der Profite zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Gewinn durch die „Ausnutzung von Marktineffizienzen“ erzielt werde, wobei Marktrisiken durch den Einsatz von Derivaten reduziert werden sollten. Denn der Angeklagte wusste, dass bei den Transaktionen Marktrisiken nicht lediglich „reduziert“ werden, vielmehr waren diese aufgrund der gewählten Geschäftsstruktur schlicht nicht vorhanden.
760Abgesehen von dem Vorstehenden steht zur Überzeugung der Kammer auf Grundlage der weiteren Beweisergebnisse auch fest, dass dem Angeklagten bewusst war, dass bei den Geschäften des BC German Equity Special Fund im Jahr 2009 eine vergleichbare Stretagie verfolgt wurde wie im Eigenhandel der HC Bank. Dies folgt bereits daraus, dass sich die Diskussionen hinsichtlich der Auswirkungen des BMF-Schreibens weitgehend inhaltsgleich auf die Fondsgeschäfte sowie die Eigenhandelsgeschäfte bezogen. Die Kammer ist vor diesem Hintergrund auch davon überzeugt, dass der Angeklagte nicht davon ausging, die Fondsgeschäfte würden Profite durch die Ausnutzung etwaiger Marktineffizienzen generieren. Zwar hat er dies im Rahmen seiner Einlassung nicht entsprechend eindeutig eingeräumt, wie in Bezug auf die Eigenhandelsgeschäfte. Allerdings hat er zu verstehen gegeben, die Ausnutzung von „Marktineffizienzen“ sei beim heutigen Börsenhandel über den Computer nach seiner Einschätzung gar nicht mehr möglich. Ob nicht auch schon im Jahr 2009 aufgrund des Hochfrequenzhandels ein Ausnutzen von kurzzeitigen Kursdifferenzen ausgeschlossen gewesen sei, könne er nicht angeben. Dass der Angeklagte, der nach seiner eigenen Einlassung gar nicht wusste, ob im Jahr 2009 eine Ausnutzung von Marktineffizienzen technisch überhaupt in Betracht kommt, in Kenntnis des Umstandes, dass diese bei den in weiten Teilen inhaltsgleich strukturierten Eigenhandelsgeschäften keinerlei Rolle spielten, im Februar des Jahres 2009 davon ausging, bei dem geplanten Fondsprojekt kämen Marktineffizienzen zum Tragen, schließt die Kammer aus. Soweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang noch darauf hingewiesen hat, er sei als Bankkaufmann immer davon ausgegangen, durch geschicktes Handeln von Aktien könne ein „Add-on“, also ein zusätzlicher Profit, erwirtschaftet werden, hat er nicht darzulegen vermocht, auf welche Weise entsprechende Effekte bei den Eigenhandels- oder Fondsgeschäften hätten zum Tragen kommen sollen. Vielmehr hat er sich in diesem Zusammenhang gerade dahingehend eingelassen, die Profite sollten durch die dem Steuerinländer gewährte Steueranrechnung erwirtschaftet werden, die dem ausländischen Aktieninhaber nicht (in vollem Umfang) möglich gewesen sei. Schließlich waren sowohl die Eigenhandels- als auch die Fonds-Geschäfte, wie der Angeklagte wusste, durch gegenläufige Verkaufs-Futures vollständig abgesichert, so dass auch mit der Marktentwicklung verbundene Chancen eliminiert wurden.
761Nach dem Vorstehenden ist die Kammer davon überzeugt, dass das Gutachten das Vorstellungsbild des Angeklagten hinsichtlich der Struktur der Geschäfte im Eigenhandel nicht beeinflussen konnte und auch nicht beeinflusst hat. Vielmehr stützt der Gutachteninhalt die Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach sowohl den Erstellern als auch den Adressaten bekannt gewesen sei, dass der begutachtete Sachverhalt nicht dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt entsprochen habe, da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Angeklagte davon ausging, in den Fonds- oder Eigenhandelsgeschäften würden irgendwie geartete „Marktineffizienzen“ zum Tragen kommen.
762(c) Wie bereits unter B.V.1.c)ee)(1) sowie soeben dargelegt, besteht nach Einschätzung der Kammer aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme kein Raum für die Annahme, der Angeklagte oder sonstige Verantwortliche der HC Bank seien seitens ihrer Geschäftspartner über das Vorliegen von Leerverkäufen getäuscht worden. Es ist insbesondere nicht im Ansatz erkennbar, dass die gesondert Verfolgten Dr. YE, Dr. KK, PI, KI und JC übereinstimmend oder unabhängig voneinander entschieden haben könnten, das Vorliegen von Leerverkäufen gegenüber der HC Bank zu verschweigen. Vielmehr ist die Kammer gerade davon überzeugt, dass die Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC zutreffen, wonach sie sicher davon ausgegangen sind, dass die Struktur der Geschäfte auf Seiten der HC Bank vollständig und zutreffend erfasst worden war. Wie soeben aufgezeigt, belegen auch die gutachterlichen Darstellungen des gesondert Verfolgten Dr. YE gerade nicht, dieser habe in Bezug zum Eigenhandel der HC Bank den Eindruck vermittelt, es würden Aktien im Wege von Inhaberverkäufen erworben werden.
763Es ist auch im Hinblick auf weitere Marktakteure nicht erkennbar, dass diese auf das Vorstellungsbild des Angeklagten dergestalt eingewirkt haben könnten, dass sie ihm gegenüber vorspielten, bei den verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäften kämen allein Inhaberverkäufe zum Tragen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf den in die verfahrensgegenständlichen Geschäfte eingebundenen Broker SA. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang berücksichtigt, dass auf Seiten von SA ein Interesse daran bestand, Kunden nicht über das Vorliegen von Leerverkäufen über den Dividendenstichtag aufzuklären. Dies folgt aus einer internen Urkunde „Product Review German Stock Trade“ vom 03.04.2008 bzw. deren aktualisierten Fassungen vom 15.04.2008 und vom 05.01.2009. In der Fassung vom 15.04.2008 wird die Wirkweise von CumEx-Leerkauftransaktionen unter Einschaltung von SA erläutert. In der späteren Fassung ist dargelegt, seitens zweier Anwaltskanzleien sei bei einer Analyse der Geschäfte der Standpunkt eingenommen worden, dass SA als Leerverkäufer der Aktien mit Abwicklung über XB Luxemburg nicht den deutschen Vorschriften zur Quellensteuer unterliegen würde. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass entsprechende Geschäfte seitens der Steuerbehörden, auch unter dem Blickwinkel einer Steuerhinterziehung, aufgegriffen und geprüft werden könnten. Für den Abschluss der Geschäfte wird darauf hingewiesen, dass diese dann zu üblichen Marktkonditionen abgeschlossen wären, wenn dem Kontrahenten nicht mitgeteilt würde, dass SA als Leerverkäufer über den Dividendenstichtag auftritt. Für SA bestehe auch nicht das Risiko, steuerrechtlichen Missbrauchstatbeständen zu unterfallen, wenn der Käufer im Zeitpunkt der Beantragung der Steueranrechnung keine Kenntnis davon gehabt hat, dass die Aktien von einem Leerverkäufer erworben wurden und die Dividendenkompensationszahlung keinem Steuerabzug unterlag.
764Die vorstehend skizzierten Urkunden mögen ein Interesse von SA dokumentieren, am Markt das Vorliegen von Leerverkäufen nicht offen zu kommunizieren, um das Risiko eines staatlichen Aufgriffs der Fälle unter Missbrauchsgesichtspunkten zu vermeiden. Irgendwie geartete Anhaltspunkte dafür, dass seitens Mitarbeitern von SA gegenüber dem Angeklagten oder irgendeinem anderen Mitarbeiter der HC Bank zu verstehen gegeben worden ist, bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen kämen Inhaberverkäufe zum Tragen, hat die Beweisaufnahme indes nicht ergeben. Der Angeklagte und weitere Mitarbeiter der HC Bank waren erkennbar nicht auf eine Mitteilung von SA zum Vorliegen von Leerverkäufen angewiesen, wenn ihnen - so zur Überzeugung der Kammer feststehend - aufgrund anderer Informationen bereits bekannt war, dass solche bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen zum Tragen kommen. Die Rolle von SA beschränkte sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf die Entgegennahme der wechselseitigen Kauf- und Verkaufsorders. Dass Mitarbeiter von SA in diesem Zusammenhang gegenüber Mitarbeitern der HC Bank aktiv den Eindruck vermittelt hätten, es lägen Inhaberverkäufe vor, ist nicht erkennbar. Noch viel weniger sind irgendwelche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Vorstellungen des Angeklagten durch irgendwie geartete Mitteilungen von SA beeinflusst worden sind.
765Im Ergebnis handelt es sich bei dem „Product Review German Stock Trade“ lediglich um eine interne Risikoanalyse von SA, die zu der Einschätzung gelangt, steuerrechtliche Risiken seien für SA nicht begründet, wenn dem Käufer das Vorliegen von Leerverkäufen unbekannt sei. Hieraus erklärt sich die Empfehlung, nicht offen über das Vorliegen von Leerverkäufen zu kommunizieren, was aber im Gegenzug keine ausdrückliche Täuschung dahingehend impliziert, SA agiere als Inhaberverkäufer. Noch viel weniger lassen die Urkunden irgendwie geartete Rückschlüsse hinsichtlich des Kenntnisstandes des Angeklagten zu.
766(d) Die Kammer hat bei ihrer Betrachtung ferner diverse HC-interne Urkunden aus dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum berücksichtigt, die den Eindruck vermitteln könnten, dort sei das Vorliegen von Leerverkäufen tatsächlich nicht bekannt gewesen. Auch diese begründen im Ergebnis indes keine vernünftigen Zweifel hinsichtlich der Überzeugung der Kammer vom festgestellten Vorstellungsbild des Angeklagten.
767(aa) In dem auf den 20.02.2008 datierten bankinternen „Diskussionspapier PI“ wird unter dem Gliederungspunkt „Steuerliche Betrachtung“ ein Geschäftsablauf dargestellt, bei dem ein ausländischer Aktieninhaber zunächst Aktien an einen Broker verkauft, die dieser anschließend an eine GmbH weiterveräußert. Hintergrund der Geschäfte sei der Umstand, dass der ausländische Aktieninhaber sich die zu zahlende Kapitalertragsteuer nicht verrechnen bzw. erstatten lassen könnte.
768Das Papier steht nach Einschätzung der Kammer in unmittelbarem Zusammenhang mit dem steuerlichen Gutachten vom 08.02.2008, da unter dem Gliederungspunkt „Darstellung der Struktur“ auf einen Aktienerwerb durch eine GmbH und die Einschaltung eines Sondervermögens eingegangen wird, das durch die „HC KAG“ verwaltet werde. Auch wird in der Präsentation auf ein Gutachten und auf die Einschätzung der Kanzlei XK ausdrücklich Bezug genommen. Vor diesem Hintergrund steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass der in der Präsentation dargestellte Geschäftsablauf jedenfalls nicht den Eigenhandel der HC Bank betrifft und das diesbezügliche Vorstellungsbild des Angeklagten von vornherein nicht beeinflusst haben kann, zumal vollkommen offen geblieben ist, ob er das Diskussionspapier überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Selbst wenn dies der Fall war, zweifelt die Kammer angesichts der bereits dargelegten Beweisergebnisse nicht daran, dass dem Angeklagten selbst bei oberflächlicher Lektüre aufgefallen wäre, dass die in der Präsentation für eine GmbH-Struktur umschriebenen Geschäfte nicht denjenigen entsprachen, die im Eigenhandel der HC Bank ab dem Jahr 2007 durchgeführt wurden. Insbesondere wäre dem Angeklagten aufgefallen, dass der unter dem Gliederungspunkt „Steuerliche Betrachtung“ enthaltene Passus, wonach im Zusammenhang mit dem Rückkauf des Futures ein Gewinn oder Verlust realisiert werden würde, nicht zutraf. Denn die Geschäfte im Eigenhandel waren gerade marktneutral abgeschlossen und speisten ihre Profite allein aus der Kapitalertragsteueranrechnung. Erfolgte diese, gingen die Geschäfte für sämtliche Verfahrensbeteiligte mit Profiten einher, blieb die Steueranrechnung aus, führten die Geschäfte auf Käuferseite zu erheblichen Verlusten. Marktbedingte Gewinne oder Verluste spielten hierfür keinerlei Rolle. Dies war dem Angeklagten schon angesichts der im Jahr 2007 zuvor durchgeführten Geschäfte und auch nach Maßgabe seiner eigenen Einlassung bekannt.
769Die Kammer hat bei ihrer Bewertung auch die auf S. 2 der Präsentation enthaltene Formulierung berücksichtigt, wonach die „beabsichtigten Transaktionen […] analog zu den Trades in der Vergangenheit über die neue Struktur abgewickelt werden“ könnten. Dass der Angeklagte tatsächlich davon ausging, der in der Präsentation dargestellte Geschäftsablauf entspreche demjenigen im Eigenhandel der HC Bank, ist indes nicht erkennbar. Vielmehr hat der Angeklagte gerade zu verstehen gegeben, das Gutachten vom 08.02.2008 und dementsprechend auch die Präsentation vom 20.02.2008 hätten nach seiner Einschätzung nicht die Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank betroffen, so dass er auch darin enthaltene Sachverhaltsschilderungen zur sicheren Überzeugung der Kammer nicht auf die Eigenhandelsgeschäfte übertragen hat. Darauf, ob er den zitierten Passus auf S. 2 der Präsentation überhaupt zur Kenntnis genommen hat, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.
770(bb) Die Kammer hat im Rahmen der Beweiswürdigung ferner den von dem Angeklagten am 30.04.2009 verfassten Vermerk „Gesprächszusammenfassung“ berücksichtigt, in dem dieser den Stand der Diskussionen hinsichtlich der Auswirkungen des erwarteten BMF-Schreibens zusammenfasst. Hierin lautet es auszugsweise wörtlich wie folgt:
771„Folgende Ergebnisse sind festgehalten:
772Es besteht Übereinstimmung, dass die Vorgaben des im Entwurf vorliegenden BMF Schreibens zur Abwicklung zu Aktiengeschäften an der Börse in zeitlicher Nähe zum Ausschüttungstermin von uns erfüllt werden.
773Nach den uns bekannten Sachverhalten handelt es sich bei den Transaktionen BC German Equity Special Funds und unseren eigen Single Future Strukturen in keinem Fall um Leerverkäufe. ZD & KL (Herren ZD und LE) haben bestätigt, dass sie die notwendigen gesonderten Bescheinigungen erstellen werden.“
774Obgleich der Vermerk seinem Wortlaut nach darauf hindeutet, das Vorliegen von Leerverkäufen sei auf Seiten der HC Bank nicht bekannt gewesen, lässt er bei Berücksichtigung auch des Kontextes seiner Entstehung keinerlei Zweifel an der Überzeugung der Kammer aufkommen, wonach der Angeklagte im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum und damit auch im Vorfeld der Dividendensaison des Jahres 2007 davon überzeugt war, dass im Eigenhandel der HC Bank eine CumEx-Leerkaufstrategie umgesetzt wurde. Vor diesem Hintergrund wertet die Kammer die Einlassung des Angeklagten, wonach er entsprechend der Formulierung in dem Vermerk tatsächlich vom Nichtvorliegen von Leerverkäufen überzeugt gewesen sei, als Schutzbehauptung.
775Der Vermerk dokumentiert den vorläufigen Abschluss der bankinternen Diskussionen um die Auswirkungen des BMF-Schreibens. Wie bereits dargelegt, hat die Kammer auf Grundlage der Email des gesondert Verfolgten Dr. PA an den Angeklagten vom 31.03.2009 sowie der Vermerke vom 01.04. und 20.04.2009 keinerlei Zweifel daran, dass der Angeklagte erkannt hatte, dass das BMF-Schreiben Leerverkäufe über den Dividendenstichtag erfasst und eben solche im Eigenhandel der HC Bank praktiziert werden. Wenn in dem Vermerk vom 30.04.2009 ausgeführt wird, nach den der HC Bank bekannten Sachverhalten lägen Leerverkäufe nicht vor, kann dies zur sicheren Überzeugung des Gerichts nicht damit erklärt werden, dass der Angeklagte zwischenzeitlich etwa zu der festen Überzeugung gelangt wäre, es werde doch eine auf Inhaberverkäufe abzielende Struktur verfolgt. Vielmehr belegt auch der Vermerk im Ergebnis, dass auf Seiten der HC Bank nach Wegen gesucht wurde, die CumEx-Leerkaufstrategie trotz der erwarteten Verabschiedung des BMF-Schreibens fortsetzen zu können.
776Die vorstehende Überzeugung der Kammer gründet insbesondere auf einem vom gesondert Verfolgten Dr. WA am 28.04.2009 verfassten, als vertraulich gekennzeichneten Vermerk mit der Bezeichnung „BC German Equity Special Funds“. Hierin werden die durch das BMF-Schreiben begründeten Risiken auszugsweise wörtlich wie folgt zusammengefasst:
777„Wenn das BMF-Schreiben in seiner letzten Entwurfsfassung unverändert in Kraft gesetzt wird, wäre es eine tragfähige Grundlage für die Weiterführung der Geschäfte. Sollte es aber aufgrund der Äußerungen der Länderreferenten in seinem Inhalt modifiziert werden, insbesondere indem nicht auf die Kenntnis des Käufers, sondern auf objektive Umstände abgestellt wird (so die Vorversion), besteht die Gefahr, dass die Steuergutschriften, die HE für den Fonds erhalten hat, im Nachhinein aberkannt werden und die Erstattungsbeträge zurückgezahlt werden müssen. Aufgrund des in Aussicht genommenen Lebenszyklus des Fonds würde das zu einer Zeit geschehen, in der dieser weitestgehend abgewickelt wäre. Das Haftungsrisiko trifft damit HE selbst, ohne dass noch Rückgriffsmöglichkeiten bestehen.“
778Der gesondert Verfolgte Dr. WA greift in den ersten beiden Sätzen des vorstehend skizzierten Passus eine Auffassung auf, wonach das BMF-Schreiben Bedenken hinsichtlich der Durchführung von CumEx-Leerkauftransaktionen nur dann begründen würde, wenn dem Käufer infolge einer Absprache mit dem Verkäufer bekannt wäre, dass ein Leerverkauf vorliegt. Die Kammer zweifelt nicht daran, dass die in dem Vermerk vom 30.04.2009 zusammengefassten Ergebnisse der bankinternen Diskussionen darauf zurückzuführen sind, dass sich die Gesprächsteilnehmer und damit auch der Angeklagte dafür entschieden haben, sich als Folge dieser Auffassung auf den Standpunkt zu stellen, aufgrund der Organisation der Geschäfte durch die YA Gesellschaften bzw. durch zwischengeschaltete Broker hätten allenfalls diese Kenntnis vom Vorliegen von Leerverkäufen, nicht jedoch die HC Bank. Hierfür spricht zunächst, dass der gesondert Verfolgte Dr. WA ausweislich des Textes des Vermerks vom 30.04.2009 an dem darin in Bezug genommenen Gespräch teilgenommen hat. Im Übrigen greift die in dem Vermerk enthaltene Formulierung, wonach nach den der HC Bank „bekannten Sachverhalten“ Leerverkäufe nicht vorliegen würden, ganz offensichtlich die Würdigung des gesondert Verfolgten Dr. WA auf, wonach Leerverkäufe unschädlich seien, solange der Käufer von diesen keine Kenntnis hat.
779Wären der Angeklagte und weitere Verantwortliche der HC Bank tatsächlich davon überzeugt gewesen, dass in den geplanten Geschäften gezielt Aktienkäufe mit steuerausländischen Aktieninhabern abgeschlossen werden sollen, hätte wiederum keinerlei Anlass bestanden, dass der gesondert Verfolgte Dr. WA eine eingehende Analyse zu der Frage abgibt, unter welchen Voraussetzungen Leerverkaufsgestaltungen schädlich sind. Ebenso wäre eine Differenzierung zwischen dem Käufer bekannten und - vermeintlich unschädlichen - unbekannten Leerverkäufen nicht erforderlich gewesen. Auch hätte in dem Vermerk vom 30.04.2009 schlicht festgehalten werden können, dass Leerverkäufe nicht vorliegen, es hätte nicht verklausuliert umschrieben werden müssen, dass dies nach „den uns bekannten Sachverhalten“ nicht der Fall ist.
780Im Ergebnis stützen die vorstehend benannten Umstände sowie die weiteren Beweisergebnisse zu den Diskussionen im Vorfeld des BMF-Schreibens eine Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach Marktakteure sich auf den Standpunkt gestellt hätten, Käufern sei das Vorliegen von CumEx-Leerkäufen dann nicht im Sinne des BMF-Schreibens bekannt, wenn sie mit der Leerverkäuferseite nicht unmittelbar, sondern vermittelt über Broker oder andere Marktakteure in Kontakt treten würden. Vor diesem Hintergrund begründet der Vermerk keinerlei Zweifel an der Überzeugung der Kammer, wonach dem Angeklagten das Vorliegen von Leerverkäufen tatsächlich bekannt war. Vielmehr deutet auch der Vermerkinhalt darauf hin, dass der Angeklagte in voller Kenntnis dieses Umstandes an Gesprächen mitwirkte, in denen eine Umgehung der Vorgaben aus dem BMF-Schreiben dergestalt diskutiert wurde, dass die objektiv feststehenden Leerverkaufstrukturen unter Berufung auf einen vermeintlich eingeschränkten Kenntnisstand der HC Bank verschleiert werden.
781(cc) Eine abweichende Bewertung ergibt sich zuletzt auch nicht aus einem auf den 13.09.2010 datierten Papier „Single Future-basierte Strukturierung“. In diesem ist festgehalten, die HC Bank würde - vermittelt über YA Capital - Aktien von „institutionellen Kapitalsammelstellen“ erwerben, die über signifikante Aktienpositionen in deutschen Aktien verfügen. Ferner heißt es in der Übersicht auszugsweise wörtlich wie folgt:
782„ … diese Kapitalsammelstellen unterliegen nicht der deutschen Steuerhoheit und weisen somit gegenüber deutschen `Kreditinstituten` komparative Nachteile auf
783um die potienziell entstehende Steuerlast zu reduzieren, ist die ausländische Kapitalsammelstelle bereit, die Aktien über den Dividendenstichpunkt an PB als (steuerbefreites) `Kreditinstitut` für eine gewisse Haltedauer zu verkaufen
784als Ausgleich dafür erhält zunächst PB einen im Vorfeld verhandelten Anteil an der Bruttodividenden (im Regelfall betrug dieser Anteil für die im Jahr 2010 getätigten Transaktionen 21%) ...“
785Obgleich der vorstehende Passus seinem Wortlaut nach auf den ersten Blick eine klassische CumCum-Transaktion, mithin ein Inhabergeschäft, umschreibt, ist dieser nach Einschätzung der Kammer nicht geeignet, Zweifel hinsichtlich der Kenntnis des Angeklagten vom Vorliegen von Leerverkäufen im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu begründen. Unklar geblieben ist in diesem Zusammenhang bereits, zu welchem Zweck und von wem die Übersicht im Jahr 2010 überhaupt erstellt worden ist. Auch ist nicht erkennbar, dass der Angeklagte diese überhaupt zur Kenntnis genommen hat.
786Abgesehen von dem Vorstehenden ist nach Einschätzung der Kammer aber auch kein vernünftiger Grund dafür erkennbar, warum auf Seiten der HC Bank Ende des Jahres 2010 erstmalig schriftlich ausdrücklich dokumentiert werden sollte, dass bei den Eigenhandelsgeschäften eine CumCum-Strategie verfolgt wird, was im Vorfeld und während der Dividendensaison der Jahre 2007 bis 2010 jeweils nicht erfolgt war. Hinzu tritt, dass die in dem Schreiben niedergelegte Profitbeteiligung der HC Bank sich mit klassischen CumCum-Geschäften nicht ansatzweise erklären lässt. Vereinnahmt die HC Bank bei den Geschäften 21% der Bruttodividenden, würden die Geschäfte für jeden Steuerausländer, der in einem Staat mit bestehenden Doppelbesteuerungsübereinkommen zur Bundesrepublik Deutschland ansässig ist, ein erhebliches Minusgeschäft bewirken, da dieser im Ergebnis regelmäßig lediglich mit einer 15prozentigen Quellensteuer belastet würde. Für entsprechende Aktieninhaber wäre es vor diesem Hintergrund erkennbar profitabler gewesen, auf die Geschäfte mit der HC Bank zu verzichten und den Steuerabzug in Kauf zu nehmen. Die Darstellung in dem Schreiben würde hiernach nur dann Sinn machen, wenn Verantwortliche der HC Bank darauf vertraut hätten, die YA Gesellschaften würden Kontakt zu Steuerausländern außerhalb des Geltungsbereichs von Doppelbesteuerungsabkommen unterhalten, die in zahlreichen Aktiengattungen und insbesondere in den bedeutsamsten DAX-Titeln Aktienbestände im Umfang von bis zu 3% der Unternehmensanteile halten. Schon dies erscheint lebensfremd. Im Übrigen ist aber auch hinsichtlich solcher Steuerausländer der in dem Schreiben festgehaltene Profit der HC-Bank mit klassischen CumCum-Geschäften nicht ansatzweise zu erklären. Denn hiernach wären von dem im Jahr 2010 zu verteilenden Steueraufkommen in Höhe von 26,375% insgesamt 21% bei der HC Bank verblieben und lediglich 5,375% bei den ausländischen Aktieninhabern. Tatsächlich marküblich wäre bei einem CumCum-Geschäft im Jahr 2010 eine Beteiligung der HC Bank in Höhe von etwa 2% und des ursprünglichen Aktieninhabers in Höhe von 24,375% gewesen.
787Selbst wenn auf Seiten der HC Bank im Jahr 2010 keine Kenntnis von der genauen Höhe der üblichen Dividendenlevel bei CumCum-Geschäften vorhanden gewesen sein sollte, besteht für die Annahme, ihren Mitarbeitern sei gänzlich verborgen geblieben, welche Profite mit diesen auf der Käuferseite typischerweise generiert werden können, keinerlei Raum. Die Kammer schließt insbesondere aus, dass der Angeklagte davon ausging, es sei bei einem CumCum-Geschäft auch nur ansatzweise realistisch, dass der Käufer im Ergebnis einen höheren Profitanteil hinsichtlich der angerechneten Steuer erwirtschaftet als der steuerausländische Aktienverkäufer. Insbesondere aufgrund der langjährigen Markterfahrung, die der Angeklagte während seiner diversen Tätigkeiten für international agierende Banken gesammelt hat, sowie der Kontakte zu anderen Marktakteuren, die der Angeklagte unter anderem über den YL pflegte, hält die Kammer es für ausgeschlossen, dass er die Profitmöglichkeiten bestimmter Aktientransaktionen vollkommen an der Marktwirklichkeit vorbei eingeschätzt haben könnte.
788Nach dem Vorstehenden ist das Schreiben aus September 2010 schon seinem Inhalt nach nicht geeignet, Zweifel an der Überzeugung der Kammer vom Vorstellungsbild des Angeklagten zu begründen. Darauf, dass nach Einschätzung der Kammer die Abfassung eines entsprechenden Schreibens zu einem derart späten Zeitpunkt plausibel damit erklärt werden kann, dass auch hiermit die von dem gesondert Verfolgten Dr. KK so bezeichnete „Papierlage“ geschaffen werden sollte, kommt es daher nicht mehr an. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die Beweisaufnahme keine Hinweise dafür ergeben hat, dass der Angeklagte das Schreiben zur Kenntnis genommen, geschweige denn dessen Entstehung beeinflusst hat.
789(e) Die Kammer hat im Rahmen der Beweiswürdigung ferner berücksichtigt, dass der Angeklagte noch im Jahr 2016 in die Erstellung eines Schriftstücks der HC Bank eingebunden wurde, in dem geltend gemacht wird, dass im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Geschäfte klassische CumCum-Geschäfte betrieben wurden. Hierauf deutet eine Email des gesondert Verfolgten Dr. WA an den Angeklagten vom 04.08.2016 („Cum / Ex“) hin, in der dieser auf einen Vermerk Bezug nimmt und ausführt, in diesen könne noch aufgenommen werden, dass nach der Kenntnis der HC Bank alle Geschäfte unter Beachtung der seinerzeitigen BMF-Schreiben abgeschlossen und ausgeführt worden seien und dass der gesondert Verfolgte PI zeitweise bestätigt habe, dass Leerverkauftransaktionen nicht stattgefunden hätten.
790Der Angeklagte hat im Rahmen seiner Einlassung zu verstehen gegeben, der gesondert Verfolgte Dr. NC habe ihn zu einem Zeitpunkt, in dem er nicht mehr für HC gearbeitet habe, gebeten, seine Sicht der Dinge aufzuschreiben. Hiermit in Zusammenhang steht augenscheinlich ein unter dem Briefkopf der HC Gruppe am 18.08.2016 verfasstes Schreiben „Zusammenfassende Darstellung der von PC & CO („PB“) verwirklichten Dividendentransaktionen in den Jahren 2007 bis 2011“, in dem unter dem Gliederungspunkt „I. Überblick - Fakten“ auf den Ablauf der verfahrensgegenständlichen Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank eingegangen wird.
791Unabhängig davon, dass die betroffenen Vorgänge aus dem Jahr 2016 allenfalls geringe Rückschlüsse hinsichtlich des Vorstellungsbildes des Angeklagten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zulassen, ist die Kammer davon überzeugt, dass die in dem Schreiben vom 18.08.2016 skizzierten Abläufe mit dem tatsächlichen Kenntnisstand des Angeklagten nicht ansatzweise in Einklang zu bringen sind. Dies gilt bereits für den einleitenden Passus des Schreibens, in dem vermerkt ist, die in den Jahren 2007 bis 2011 durchgeführten Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank hätten das Ziel verfolgt, „Marktvolatilitäten auszunutzen und eine einmalige Anrechnung von Kapitalertragsteuern zu erreichen, welche ausländischen Aktieninhaber aufgrund der europarechtswidrigen Dividendenbesteuerung in Deutschland nicht möglich war“. Denn der Angeklagte hat sich schon selbst dahin eingelassen, nach seiner Vorstellung hätten etwaige Marktineffizienzen oder Marktvolatilitäten bei den verfahrensgegenständlichen Transaktionen keinerlei Rolle gespielt. Solche kommen im Übrigen auch bei CumCum-Geschäften gar nicht zum Tragen, namentlich steht die Übertragung von Aktien zu dem Zweck, eine dem Steuerausländer nicht mögliche (volle) Steueranrechnung durch den Steuerinländer zu bewirken, mit irgendwie gearteten „Marktvolatilitäten“ in keinem Zusammenhang. Wenn in dem Schreiben vom 18.08.2016 dargelegt wird, es hätten (nicht näher erläuterte) Marktvolatilitäten ausgenutzt und klassisches „Dividendenstripping“ betrieben werden sollen, ist hiernach schon nicht klar, welcher Erklärungsansatz überhaupt verfolgt werden soll. Durch den Terminus „Marktvolatilität“ wird im Übrigen genau diejenige Sprachform eingesetzt, die nach den plausiblen Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK gebraucht wurde, um die wahre Motivation der Geschäfte zu verschleiern.
792Nicht mit dem Vorstellungsbild des Angeklagten in Einklang zu bringen ist ferner die in dem Schreiben vom 18.08.2016 enthaltene Formulierung, wonach die unter anderem an das Bankhaus KB gezahlten Provisionen ihren Grund darin gehabt hätten, dass die HC Bank ohne diese und den gesondert Verfolgten PI keinen Zugang zu den zu erwerbenden Aktien gehabt hätte. Denn es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Bank KB der HC Bank Kontakte zu bestimmten Aktieninhabern oder Aktienbeständen vermittelt hat, geschweige denn dafür, dass der Angeklagte hierauf ernsthaft vertraut hat.
793(f) Die Kammer hat zuletzt berücksichtigt, dass die verfahrensgegenständlichen Transaktionen unter Einschaltung einer deutschen Depotbank auf Verkäuferseite abgeschlossen wurden, so dass nach der Systematik des Jahressteuergesetzes 2007 dem Grunde nach eine Stelle vorhanden war, die - soweit man die inländische Depotbank als die „den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“ ansieht - zur Vornahme des Steuerabzugs verpflichtet war. Aus der objektiven Einschaltung einer inländischen Depotbank folgt indes nicht, dass gerade der Angeklagte darauf vertraut hat, dass diese den Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung vorgenommen hat.
794Der Angeklagte hat sich bereits ausdrücklich nicht in diesem Sinne eingelassen, vielmehr will er auf das Vorliegen von Inhaberverkäufen vertraut haben, so dass es von vornherein allein auf den Steuereinbehalt auf die Original-Dividende auf Seiten der Emittenten der Aktien angekommen wäre. Im Übrigen war dem Angeklagten bereits aufgrund seiner Einbindung in die im Jahr 2006 durchgeführten CumEx-Geschäfte der HC Bank bekannt, dass der Profit der Beteiligten gerade daher rührt, dass auf der Seite des Leerverkäufers ein Steuereinbehalt nicht erfolgt. Die Umstellung der Geschäfte dahingehend, dass die HC Bank ab dem Jahr 2007 nicht mehr als Leerverkäuferin auftrat, beruht nach Einschätzung der Kammer gerade darauf, dass der Angeklagte und weitere Verantwortliche der HC Bank nicht das Risiko eingehen wollten, als inländische Depotbank zum Steuerabzug verpflichtet zu werden, vielmehr dieses Risiko durch eine andere Stelle abgedeckt werden sollte. Die Kammer zweifelt aufgrund der vorstehenden Beweisergebnisse nicht daran, dass der Angeklagte erkannte, dass die im Eigenhandel erwirtschafteten Profite über die Bepreisung der Absicherungsgeschäfte nicht zu realisieren gewesen wären, wenn die Depotbank des Leerverkäufers die Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Abzug gebracht hätte, da es in dieser Konstellation an jeglichem Profit gefehlt hätte, der zwischen den in die Geschäfte eingebundenen Parteien hätte verteilt werden können.
795(6) Bei einer Gesamtbewertung der vorstehend benannten Umstände sind nach Einschätzung der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran begründet, dass der Angeklagte bereits im Zeitpunkt der Empfehlung der Geschäfte gegenüber den Partnern im Jahr 2007 zutreffend erfasst hatte, dass bei diesen Aktien über den Dividendenstichtag von Leerverkäufern erworben werden sollten, um anschließend gegenüber dem zuständigen Finanzamt die Anrechnung der Kapitalertragsteuer einschließlich des Solidaritätszuschlags zu beantragen, obgleich diese auf die von der HC Bank bezogene Dividendenkompensationszahlung nicht in Abzug gebracht worden war. Soweit in den skizzierten bankinternen Schriftstücken angedeutet wird, es würde eine klassische CumCum-Strategie mit einem Erwerb vom Aktieninhaber verfolgt, ist dies vor dem Hintergrund des hinsichtlich des Jahres 2007 durch Urkunden und Angaben mehrerer Zeugen belegten Kenntnisstandes des Angeklagten nicht nachvollziehbar bzw. belegen die Urkunden bei genauer Lektüre, dass durch diese lediglich der Anschein erweckt werden sollte, dass die Vorgaben des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 eingehalten werden. Insoweit wird auch in diesem Zusammenhang die Angabe des gesondert Verfolgten Dr. KK bestätigt, wonach die Marktakteure zunehmend bestrebt gewesen seien, eine „Papier- bzw. Aktenlage“ zu schaffen. Dies sei erfolgt, um Betriebsprüfer abblocken zu können, wenn diese die Geschäfte im Rahmen laufender Prüfung genauer hätten analysieren wollen. Ein derartiges Vorgehen kann nach Einschätzung der Kammer gerade darin bestehen, dass durch Steueranrechnungen erzielte Profite mit tatsächlich nicht existierenden „Marktineffizienzen“ oder „Marktvolatilitäten“ erklärt werden oder zum Vorliegen von Leerverkäufen Nichtwissen behauptet und der Standpunkt eingenommen wird, dass es nach dem BMF-Schreiben (vermeintlich) nur auf die positive Kenntnis des Käufers ankomme, der sich seinerseits auf die Zwischenschaltung eines Brokers oder Vermittlers berufen könne.
Die Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte Kenntnis von der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK sowie von deren Abwicklung über die Rechnungen der Bank KB hatte, gründet zunächst auf dem an den Angeklagten adressierten Schreiben des gesondert Verfolgten XL „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“ und auf der HC-internen Übersicht „TJ_GermanTrades.xls“. In dem Schreiben weist der gesondert Verfolgte XL gegenüber dem Angeklagten darauf hin, dass er sich mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE darüber unterhalten habe, in welchem Umfang dieser von dem Nettogewinn der HC Bank partizipieren solle. Dies und die im weiteren Verlauf des Schreibens getroffene Wortwahl lassen nach Einschätzung der Kammer allein die Schlussfolgerung zu, dass der gesondert Verfolgte XL davon ausging, der gesondert Verfolgte Dr. YE solle unmittelbar selbst von den Profiten aus dem CumEx-Eigenhandel profitieren. Nur so erklärt sich der Hinweis, die HC Bank würde hinsichtlich der Geschäfte in der Aktiengattung der Altana AG „seinen Anteil bei 8,75 % […] sehen“, woraufhin der gesondert Verfolgte Dr. YE angeregt habe, nochmals zu überlegen, ob die HC Bank „seinen Anteil auf 15 % erhöhen“ könnte. Im Ergebnis hält der gesondert Verfolgte XL fest, der gesondert Verfolgte Dr. YE erhalte ca. 1,33 Millionen Euro. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der gesondert Verfolgte XL bei den Verhandlungen mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE davon ausging, es gehe nicht um eine unmittelbare Profitbeteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE persönlich, sondern um eine Beteiligung anderer Marktakteure, insbesondere ausländischer Aktieninhaber, können dem Schreiben nicht ansatzweise entnommen werden. Dementsprechend ist auch in der Übersicht „TJ_GermanTrades.xls“ vermerkt, seitens des gesondert Verfolgten Dr. YE sei im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Geschäfte ein „Provisionsanteil“ vereinnahmt worden. Auch diese Formulierung verträgt sich nicht mit der Annahme, Mitarbeiter der HC Bank seien davon ausgegangen, die mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE ausgehandelten Zahlungen dienten nicht seiner eigenen Profitbeteiligung.
797Vor dem vorstehend dargelegten Hintergrund sieht die Kammer wiederum die Einlassung des Angeklagten als widerlegt an, wonach er davon ausgegangen sei, die Zahlungen an die Bank KB seien allein vor dem Hintergrund erfolgt, dass Profitbeteiligungen an die ausländischen Aktieninhaber hätten weitergeleitet werden sollen. Die Formulierungen im Schreiben des gesondert Verfolgten XL lassen eindeutig erkennen, dass dieser davon ausging, der Angeklagte wisse, dass es in den darin skizzierten Gesprächen um eine Profitbeteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE selbst ging, zumal hierin auf einen von dem Angeklagten vorgegebenen Verhandlungsrahmen verwiesen wird. Auch ein solcher macht deutlich mehr Sinn, wenn es um die Frage geht, in welchem Umfang der gesondert Verfolgte Dr. YE an den Profiten beteiligt wird, als wenn es um die Gewinnverteilung mit den unmittelbaren Vertragsparteien gegangen wäre. Denn weder bei CumCum- noch bei CumEx-Geschäften erfolgt die Verteilung der Profite dergestalt, dass nach Durchführung der Transaktionen eine Rechnung an den Aktienkäufer ausgestellt wird. Vielmehr dient in diesem Zusammenhang die Einpreisung der Dividendenlevel in die Futuretransaktionen dazu, die Profite zwischen den Akteuren zu verteilen, so dass es erkennbar keinen Sinn macht, dass der Käufer seinerseits eine rechnungsgestützte Zahlung an die vermeintlichen Aktieninhaber leistet.
798Abgesehen hiervon gelten die Ausführungen zum Kenntnisstand des Angeklagten von der Profitbeteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE im Jahr 2006 entsprechend. Die Kammer hat keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Angeklagte erkannte, dass die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK auf genau dieselbe Art und Weise an den Profiten beteiligt werden sollten wie im Jahr 2006, mithin über die tatsächlich nicht leistungsunterlegten Rechnungen der Bank KB. Hierfür spricht wiederum auch, dass der Angeklagte nicht zu konkretisierten vermochte, auf Grundlage welcher konkreten Kommunikationsinhalte oder sonstiger Wahrnehmungen er davon ausgegangen sein will, dass die Bank KB der HC Bank Kontakt zu im Ausland gehaltenen Aktienbeständen vermittelt hat. Auch die Urkundslage deutet nicht auf einen entsprechenden Vorgang, vielmehr ist sowohl in dem „Bestätigungsschreiben - Fee Letter“ vom 15.05.2008 als auch in der Rechnung vom 08.08.2007 lediglich von einer „Vermittlung von Wertpapierumsatz“ bzw. „Wertpapierumsätzen in Aktien“ die Rede. Insgesamt nicht glaubhaft ist vor diesem Hintergrund auch die Einlassung des Angeklagten, er habe die Formulierungen in dem Schreiben „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“ nicht dahingehend verstanden, dass Herr Dr. YE selbst an den Profiten beteiligt werden sollte, er interpretiere dies vielmehr erst heute so.
799Auch der gesondert Verfolgte Dr. KK hat im Übrigen bestätigt, dass zwischen dem gesondert Verfolgten Dr. YE sowie dem Angeklagten offen über den Umfang der unmittelbaren eigenen Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. KK und Dr. YE verhandelt worden sei. Auch diese Schilderungen des gesondert Verfolgten Dr. KK erfolgten detailliert und lebensnah. So konnte er sich daran erinnern, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE eine hälftige Teilung der Profite angeregt habe, wohingegen der Angeklagte zu verstehen gegeben habe, die HC Bank erbringe deutlich mehr Leistungen und trage deutlich höhere Risiken, so dass dies nicht in Betracht komme.
800Dass der Angeklagte den Inhalt der Rechnung der Bank KB vom 08.08.2007 zur Kenntnis genommen hat, steht fest aufgrund der durch ihn erfolgten Zeichnung der Rechnung.
Die Feststellungen der Kammer zum Kenntnisstand des Angeklagten im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Steuererklärung beruhen auf dem Folgenden:
802(1) Die Kammer ist auf Grundlage der vorstehenden Beweiswürdigung zum Kenntnisstand des Angeklagten zu Beginn der Dividendensaison des Jahres 2007 davon überzeugt, dass diesem auch bei Unterzeichnung der Steuererklärung bewusst war, dass die HC Bank im Rahmen des praktizierten Eigenhandels durchgehend Aktien über den Dividendenstichtag von Leerverkäufern erworben hatte und dass ein Steuerabzug auf die von der HC Bank vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen nicht vorgenommen worden war. Die in der Zwischenzeit, mithin bis zum 06.01.2009 stattgefundenen Ereignisse waren solche, die diese Erkenntnis nur verfestigt haben, was insbesondere im Hinblick auf die Übermittlung der Übersicht zu den anderen europäischen Staaten vom 20.09.2007 und die damit einhergehenden Diskussionen gilt. Im Übrigen hatte zwischenzeitlich der Eigenhandel der HC Bank im Jahr 2008 stattgefunden, bei dem - was dem Angeklagten bewusst war - seitens der HC Bank ein noch deutlich höherer, mit marktüblichen CumCum-Transaktionen evident nicht erzielbarer Profit vereinnahmt worden war als im Jahr 2007. Diese Geschäfte wurden - was dem Angeklagten ebenfalls bewusst war - unter teilweiser Beteiligung der unmittelbar als Leerverkäuferin agierenden PE durchgeführt. Auch dies stützt die Überzeugung der Kammer, wonach dem Angeklagten bei Unterzeichnung der Steuererklärung bewusst war, dass im HC Eigenhandel des Jahres 2007 die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkäufe verwirklicht wurden. Demgegenüber konnten das Gutachten des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 08.02.2008 sowie die HC-interne Präsentation „Diskussionspapier PI“ vom 20.02.2008 die Vorstellung des Angeklagten schon deswegen nicht beeinflussen, weil auf Grundlage seiner Einlassung davon auszugehen ist, dass er zutreffend erfasst hatte, dass deren Inhalte die Eigenhandelsgeschäfte gar nicht betreffen.
803Der Angeklagte hatte im Übrigen zwischenzeitlich auch erfahren, dass bei den im Jahr 2008 durchgeführten Geschäften auch die gesondert Verfolgten PI und KI in erheblichem Umfang an den Profiten aus den Eigenhandelsaktivitäten der HC Bank partizipiert hatten. Der Angeklagte hat sich auch in diesem Zusammenhang dahingehend eingelassen, er sei nie auf die Idee gekommen, dass die YA Gesellschaften selbst an den Profiten beteiligt wurden. Er sei stets davon ausgegangen, dass lediglich von den gesondert Verfolgten PI und KI vermittelte Kunden hätten bezahlt werden sollen. Es sei ihm „fremd“, dass Geld „in die Tasche von Akteuren fließt“. Auch diese Einlassung ist mit der dem Angeklagten bekannten Urkundenlage indes nicht in Einklang zu bringen und als reine Schutzbehauptung zu werten. So hatte der Angeklagte nach seiner eigenen Einlassung Kenntnis vom „Investment Partnership Agreement“, in dessen Artikel 4 Abs. 2 eine Verteilung der Profite zwischen der HC Bank und den gesondert Verfolgten PI und KI vereinbart wurde. Mit Schreiben vom 10.03.2008 „Single Future-basierte Strukturierung“, das ausweislich des Verteilers auch an den Angeklagten gerichtet war, fassten die gesondert Verfolgten XL und TB die getroffene Vereinbarung dahingehend zusammen, dass „eine Gesellschaft der Herren PI und KI zu 50% an der Verbesserung unserer Ergebnisse aus den Single Future-basierten Trades in die deutschen Aktien partizipieren“ soll. Von einer Vergütung etwaig seitens der gesondert Verfolgten KI und PI vermittelten Kunden ist auch in diesem Zusammenhang nicht die Rede.
804Die vorstehend skizzierte Urkundenlage deckt sich im Übrigen mit den Angaben des gesondert Verfolgten KI, wonach es im Rahmen der Verhandlungen mit der HC Bank um eine unmittelbare Profitbeteiligung seiner selbst und des gesondert Verfolgten PI bzw. der YA Gesellschaften gegangen sei. Es bestehen vor diesem Hintergrund auch insoweit keine Anhaltspunkte, dass der Angeklagte im Hinblick auf die Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank im Jahr 2008 darauf vertraute, es würden Aktien von steuerausländischen Aktieninhabern erworben werden, zu denen seitens der gesondert Verfolgten PI und KI Kontakte hergestellt worden seien.
805(2) Die Überzeugung der Kammer, wonach dem Angeklagten bewusst war, dass hinsichtlich der in der Steuererklärung zur Anrechnung gebrachten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen ein Betrag in Höhe 37.356.589,95 Euro auf die im Jahr 2007 durchgeführten verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäfte der HC Bank entfiel, beruht auf dem - aufgrund der Einlassung des Angeklagten sowie der Angaben der Zeugin LF feststehenden - Umstand, dass der Angeklagte die Steuererklärung entsprechend seiner hausinternen Verantwortung im Detail darauf prüfte, ob die darin ausgewiesenen Beträge rechnerisch richtig und vollständig erfasst waren. In diesem Zusammenhang nahm der Angeklagte auch wahr, dass der Steuererklärung die auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte entfallenden Steuerbescheinigungen beigefügt waren. Dass der Angeklagte wusste, in welchen Aktiengattungen im Eigenhandel der HC Bank des Jahres 2007 CumEx-Leerkaufgeschäfte getätigt worden waren, steht zur Überzeugung der Kammer wiederum aufgrund seiner Rolle als „Projekt-Mentor“ sowie des Umstandes fest, dass er durch die in den Aktienhandel eingebunden Mitarbeiter der HC Bank und durch den gesondert Verfolgten XL fortlaufend über die wesentlichen Entwicklungen informiert wurde. Namentlich das an den Angeklagten adressierte Schreiben des gesondert Verfolgten XL „Gespräch mit Herrn Dr. YE am 21. Mai 2007“, in dem dieser auf die Geschäfte in der Aktiengattung Altana AG sowie auf die Gespräche über die Profitbeteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE einging, belegt, dass der Angeklagte fortlaufend darüber ins Bild gesetzt wurde, in welchen Aktiengattungen die verfahrensgegenständlichen Geschäfte durchgeführt und welche Profite hiermit generiert werden. Im Übrigen hat der Angeklagte sich selbst dahin eingelassen, die im Einzelnen gehandelten Aktien seien ihm im Vorfeld mitgeteilt worden, damit er die geplanten Geschäfte unter bilanziellen Gesichtspunkten prüfen kann.
806Die Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte wusste und wollte, dass gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg nicht dargelegt wird, dass den begehrten Steueranrechnungen CumEx-Leerkaufgeschäfte ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen zugrunde lagen, gründet auf seiner eigenen unmittelbaren Einbindung in die endgültige Abfassung der Steuererklärung sowie seiner hausinternen Verantwortung für deren Inhalte. Hätte der Angeklagte auf die Hintergründe der Transaktionen hinweisen wollen, wäre es an ihm gewesen, diese im Rahmen eines Begleitschreibens zur Steuererklärung oder auf anderem Wege gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg mitzuteilen.
Die Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte die Möglichkeit, dass die Voraussetzungen für eine Anrechnung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen in Höhe der verfahrensgegenständlichen 37.356.589,95 Euro nach den einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften nicht vorliegen, jedenfalls erkannt und billigend in Kauf genommen hat, beruht auf dem Folgenden:
808(1) Der Angeklagte hat sich selbst dahingehend eingelassen, im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2007 und damit noch vor Beginn der Dividendensaison 2007 sei ihm bewusst geworden, dass CumEx-Leerverkäufe vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen seien. Er vermute, dass es die Lektüre der Gesetzesbegründung gewesen sei, die bei ihm zu der Überzeugung geführt habe, dass Geschäfte wie die in 2006 durchgeführten nicht mehr gemacht werden sollten. Diese Einlassung des Angeklagten ist plausibel, da der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz trotz partiell missverständlicher Formulierungen jedenfalls die im Ergebnis eindeutige Klarstellung entnommen werden kann, durch die Gesetzesänderungen solle gewährleistet werden, dass „so viel Quellensteuer erhoben [wird], wie bei den Anteilseignern später steuerlich berücksichtigt wird“ (BT-Drs. 16/2712, S. 47 f.). Es liegt auf der Hand, dass derjenige, der in Kenntnis dieser gesetzgeberischen Intention Geschäfte durchführt, von denen er weiß, dass sie auf eine Anrechnung tatsächlich in diesem Umfang nicht einbehaltener Steuern abzielen, jedenfalls mit der Möglichkeit rechnet, dass die begehrte Steueranrechnung mit der Steuerrechtslage nicht in Einklang steht.
809(2) Auch weitere, von der Einlassung des Angeklagten unabhängige, Umstände tragen die Überzeugung der Kammer, wonach dieser die Möglichkeit erkannt hat, dass die begehrten Steueranrechnungen mit dem Steuerrecht nicht in Einklang stehen.
810Der Angeklagte hatte bereits zu Beginn der Dividendensaison, insbesondere aber im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Steuererklärung, erkannt, dass den beantragten Steueranrechnungen keine entsprechenden Steuerabzüge auf die Dividendenkompensationszahlungen gegenüberstanden. Damit wusste der Angeklagte auch, dass im Rahmen des verfahrensgegenständlichen Geschäftsmodells nicht lediglich die eigene Steuerlast der HC Bank oder eines Dritten reduziert, sondern Gewinne dadurch erwirtschaftet werden sollen, dass zu Lasten des Fiskus Steuern angerechnet werden, denen keine Steuererhebungen in entsprechender Höhe gegenüberstanden. Dass der kaufmännisch ausgebildete Angeklagte in seiner Verantwortung als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling in Kenntnis dieser Wirkweise der Geschäfte davon überzeugt war, ein Anrechnungsanspruch der HC Bank sei trotz des unterbliebenen Steuerabzugs begründet, schließt die Kammer aus.
811(a) Der Angeklagte hat im Rahmen seiner Einlassung nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht, worauf seine Überzeugung beruht haben soll, die Geschäfte seien in steuerrechtlicher Hinsicht unbedenklich. Er hat sich in diesem Zusammenhang lediglich allgemein dahingehend eingelassen, im Rahmen des der Dividendensaison 2007 vorgelagerten Beratungsgesprächs mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE seien ausschließlich „legale“ Steuermodelle besprochen worden. Im Übrigen sei er davon ausgegangen, für die Zurechnung der Aktien und den Anrechnungsanspruch der HC Bank sei es allein auf den Tag des Kaufvertragsabschlusses angekommen, nicht jedoch auf den Tag der Aktienbuchung im Depot. Auf die Nachfrage, wie es sein könne, dass seitens der HC Bank im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Geschäfte erhebliche Gewinne erwirtschaftet wurden, denen nach ihrer eigenen Einschätzung keinerlei Marktrisiken gegenüberstanden, hat der Angeklagte ausweichend dahingehend geantwortet, hierbei handle es sich um eine „interessante, vielleicht auch eine philosophische Frage“.
812Die Kammer wertet auch diese Angaben als reine Schutzbehauptung. Es ist nicht plausibel, dass der Angeklagte sich ohne vertiefte eigene Prüfung auf pauschale, von ihm nicht näher konkretisierte Angaben des gesondert Verfolgten Dr. YE oder anderer Personen verlassen haben will, wonach keine Zweifel an der Berechtigung der begehrten Steueranrechnungen begründet seien. Die Kammer schließt insbesondere aus, dass der Angeklagte sich keinerlei Gedanken darüber gemacht hat, wie es rechtlich unterlegt sein soll, dass die Aktien am Tag der Hauptversammlung der HC Bank zugerechnet werden, obgleich sich diese im Bestand eines Dritten befinden, der diese erst nach der Hauptversammlung veräußert. Insoweit hat der Angeklagte zur sicheren Überzeugung der Kammer auch erkannt, dass hinsichtlich des allein auf die Originaldividende erfolgten Steuerabzugs neben der HC Bank jedenfalls auch diejenigen, die am Tag der Hauptversammlung zivilrechtliche Inhaber der Aktien waren, einen Anrechnungsanspruch hinsichtlich der auf die Originaldividende entfallenden Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen geltend machen würden. Auf welcher Grundlage, insbesondere angesichts welcher etwaigen Äußerungen des gesondert Verfolgten Dr. YE, der Angeklagte zu der Überzeugung gelangt sein will, ein Anrechnungsanspruch sei nur zugunsten der HC Bank oder zugunsten der HC Bank sowie der ursprünglichen Aktieninhaber begründet, ist nicht erkennbar und hat auch der Angeklagte nicht darzulegen vermocht.
813Soweit der Angeklagte sich dahingehend eingelassen hat, er habe „irgendein Schriftstück“ erhalten, in dem die steuerrechtliche Unbedenklichkeit der Eigenhandelsgeschäfte dokumentiert gewesen sei, erachtet die Kammer auch dies als eine reine Schutzbehauptung. Denn der Angeklagte war nicht ansatzweise in der Lage, den Inhalt des Schriftstücks wiederzugeben oder dessen Urheber zu benennen. Es bestehen auch im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte eine detaillierte juristische Ausarbeitung zu den im Eigenhandel der HC Bank durchgeführten Geschäften zur Kenntnis genommen hat. Auch hat der Angeklagte nicht zu konkretisieren vermocht, auf Grundlage welcher konkreter Angaben welcher „externer Berater“ er von der steuerlichen Unbedenklichkeit der Geschäfte überzeugt war.
814(b) Die Überzeugung der Kammer hinsichtlich der steuerrechtlichen Bewertung der Geschäfte durch den Angeklagten gründet ferner auf dem Umstand, dass er an der Entscheidung mitwirkte, die Geschäfte entgegen der Vorgehensweise im Jahr 2006 nunmehr auf der Leerkäuferseite durchzuführen. Wie bereits dargelegt, steht für die Kammer fest, dass diese Umstellung vor dem Hintergrund erfolgte, dass die HC Bank nicht bereit war, das Risiko einzugehen, in ihrer Eigenschaft als inländische Depotbank als die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] angesehen und mit der Steuer belastet zu werden. Vielmehr sollte diese Position durch eine andere Stelle eingenommen werden. Hieraus schlussfolgert die Kammer, dass der Angeklagte in Kenntnis der dem entgegenstehenden gesetzgeberischen Intention zum Jahressteuergesetz 2007 an einer Umstellung der Geschäfte mitwirkte, damit der HC Bank die mit diesen einhergehenden Profitmöglichkeiten erhalten blieben.
815(c) Wie bereits dargelegt, hat der Angeklagte nicht nachvollziehbar geschildert, aufgrund welcher konkreter Ausführungen des gesondert Verfolgten Dr. YE er zu der Überzeugung gelangt sein will, die verfahrensgegenständlichen Transaktionen könnten in steuerrechtlicher Hinsicht bedenkenfrei durchgeführt werden. Selbst wenn man aber zugunsten des Angeklagten unterstellt, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE ihm gegenüber eingehend ausgeführt hat, warum von einem Steueranrechnungsanspruch der HC Bank auszugehen sei, begründet dies keinen durchgreifenden Zweifel hinsichtlich der Überzeugung der Kammer vom Vorstellungsbild des Angeklagten. Dabei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE nach den insoweit überzeugenden Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK im Jahr 2007 als anerkannter Fachmann für Steuerrechtsfragen galt und seinen Standpunkt im Rahmen von Diskussionen nachdrücklich und unter Verweis auf Rechtsprechung und steuerrechtliche Vorschriften durchzusetzen versuchte. Auch der Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, er habe den gesondert Verfolgten Dr. YE als „Koryphäe“ auf dem Gebiet des Steuerrechts wahrgenommen. Für die Kammer steht indes fest, dass der Angeklagte Ausführungen des gesondert Verfolgten Dr. YE nicht unbesehen übernommen, sondern selbst kritisch analysiert und bewertet hat.
816Für den Angeklagten war von vornherein erkennbar, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE der HC Bank gegenüber nicht als unabhängiger Berater auftritt, vielmehr war der Angeklagte von Beginn an in Gespräche eingebunden, die die Profitbeteiligung des gesondert Verfolgten Dr. YE betrafen. In diesem Zusammenhang hat der Angeklagte insbesondere auch wahrgenommen, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE nicht nur mit einem sechsstelligen Betrag an den Profiten der HC Bank beteiligt wurde, sondern dass er diese an seiner eigenen Kanzlei vorbei und vermittelt über nicht leistungsunterlegte Scheinrechnungen der Bank KB vereinnahmte. Dass der Angeklagte trotz dieses erheblichen Eigeninteresses des gesondert Verfolgten Dr. YE auf einen unabhängigen Rechtsrat durch diesen vertraute, schließt die Kammer aus. Im Übrigen hat der Angeklagte sich dahingehend eingelassen, er habe bei dem Auftreten des gesondert Verfolgten Dr. YE stets den Eindruck gewonnen, dieser habe eine Rechnung mit der Finanzverwaltung, seinem früheren Arbeitgeber, offen gehabt. Auch insoweit war dem Angeklagten augenscheinlich bewusst, dass es dem gesondert Verfolgten Dr. YE darum ging, Geschäftsmodelle zu beraten, die mit Erwartungen oder Vorstellungen der Finanzverwaltung nicht in Einklang stehen könnten. Wie aus der Urkunde „Telefonat mit Herrn Dr. YE am 30.04.2009“ hervorgeht, war es ferner der Angeklagte, der dem gesondert Verfolgten Dr. YE seine Verwunderung darüber zum Ausdruck brachte, „mit welcher Vehemenz“ dieser das Fondsprojekt vorangetrieben habe. Auch dies belegt nach Einschätzung der Kammer, dass der Angeklagte entgegen seiner Einlassung nicht davon überzeugt war, die Empfehlungen des gesondert Verfolgten Dr. YE gründeten auf einem unabhängigen Rechtsrat und seien über jeden Zweifel erhaben.
817Die Kammer hat in diesem Zusammenhang berücksichtigt, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE gegenüber der TJ im Zusammenhang mit den CumEx-Transaktionen des früheren gesondert Verfolgten LI im Rahmen eines Schreibens vom 12.01.2007 („Auswirkungen der Änderungen des EStG betreffend die Dividendenbesteuerung auf die geplanten Transaktionen der LH GmbH“) zum Ausdruck gebracht hat, die Neuregelung des § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] wirke sich auf die Geschäfte nicht aus. Das Schreiben begründet indes keinerlei durchgreifende Zweifel hinsichtlich der Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte die Möglichkeit erkannt hat, dass ein Anspruch auf die begehrten Steueranrechnungen nach den einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften nicht begründet ist. Es ist schon nicht erkennbar, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE die HC Bank identisch beraten hat wie die TJ. Hiergegen spricht bereits, dass die HC Bank - anders als die TJ - selbst auf der Käuferseite agierte. Insofern zielte das Schreiben vom 12.01.2007 seinem Inhalt nach augenscheinlich auch allein darauf ab, etwaigen Bedenken der TJ hinsichtlich einer Haftung ihrerseits entgegenzuwirken. Abgesehen hiervon hat der Angeklagte aber schon nach seiner eigenen Einlassung erfasst, dass das Jahressteuergesetz 2007 gerade das Ziel verfolgte, Steueranrechnungen bei CumEx-Leerkaufmodellen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung entgegen zu wirken. Dass diese Einschätzung auf Grundlage einer Beratung durch den gesondert Verfolgten Dr. YE, die derjenigen aus dem Schreiben vom 12.01.2007 entsprochen hätte, entfallen sein könnte, hat der Angeklagte schon selbst nicht angegeben und ist auch im Übrigen nicht erkennbar.
818(d) Dass die Einlassung des Angeklagten, auf Seiten der HC Bank sei zu keinem Zeitpunkt das Risiko präsent gewesen, dass die Steuer nicht angerechnet wird, eine bloße Schutzbehauptung darstellt, steht für die Kammer im Übrigen auch deswegen fest, weil sie mit diversen Urkunden, in denen ein Steuerrisiko gerade beleuchtet wird, nicht in Einklang zu bringen ist. So wurde in dem in Anwesenheit des Angeklagten durchgeführten Gesprächstermin am 20.04.2009 ausweislich des Vermerks „Gespräch am 20.04.2009 zwischen ZD und KL und PB“ gerade festgehalten, „dass PB bei Leerverkäufen unter Umständen das Risiko hat, dass der ohne Steuergutschrift entstehende Verlust aus den Aktienkäufen und -verkäufen bei PB verbleibt.“ Auch war es der Angeklagte, der nach dem Vermerk „Gespräch mit den Herren JB und Dr. PA zu BC German Equity Special Funds am 29.02.2009“ ausgeführt haben soll, es müsse dafür Sorge getragen werden, dass das „`Steuerrisiko` im Fonds bleibe, bis das Risiko ausgeschlossen ist“. Zuletzt dokumentiert ein Vermerk „Telefonat mit Herrn Dr. YE am 30.04.2009“, dass im Rahmen eines in Anwesenheit des Angeklagten geführten Gesprächs über die „steuerlichen Risiken für PB aus dem BMF-Schreiben diskutiert“ worden sei.
819Die Kammer hat in diesem Zusammenhang berücksichtigt, dass der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung darauf hingewiesen hat, in dem von ihm am 30.04.2009 verfassten Vermerk („Gesprächszusammenfassung“) werde in Bezug auf die Single Future Struktur der HC Bank ein Risiko in Höhe von „ca. 7 Mio €“ beziffert, was nach seiner Einschätzung belege, dass er nicht von dem für das Jahr 2009 tatsächlich bestehenden Steuerrisiko in Höhe von 40 Millionen Euro ausgegangen sei. Hierdurch werden indes keine Zweifel an der Überzeugung der Kammer begründet, wonach der Angeklagte die Möglichkeit erkannt hat, dass ein Anspruch der HC Gruppe auf die begehrte Steueranrechnung nicht besteht. Vielmehr bringt der Vermerk allenfalls die Überzeugung des Angeklagten zum Ausdruck, dass im Falle einer Verweigerung der Steueranrechnungen die HC Bank nicht sämtliche durch die Transaktionen entstandenen Verluste allein zu tragen haben würde. Zugleich ist er ein weiterer deutlicher Beleg dafür, dass der Angeklagte gerade nicht sicher davon überzeugt war, dass ein Anspruch der HC Bank bzw. der HC Gruppe auf die Anrechnungen der Steuern begründet ist.
820(e) Die Kammer hat berücksichtigt, dass in der Vorlage für die Partnersitzung am 15.01.2008 seitens des Angeklagten im Hinblick auf die Eigenhandelsaktivitäten des Jahres 2008 ausgeführt ist, der gesondert Verfolgte Steuerberater ZD habe bestätigt, dass die Transaktionen im HC Eigenhandel unter steuerlichen Gesichtspunkten den anzuwendenden Vorschriften entsprächen. Indes ist eine entsprechende schriftliche Ausarbeitung des gesondert Verfolgten ZD nicht dokumentiert, auch hat sich der Angeklagte nicht auf die Existenz einer solchen berufen und auch nicht dargelegt, welche genaue Rechtsmeinung seitens des gesondert Verfolgten ZD ihm gegenüber kommuniziert worden ist. Unabhängig hiervon bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem gesondert Verfolgten ZD die Besteuerungsgrundlagen tatsächlich zutreffend mitgeteilt worden waren, namentlich ist nicht erkennbar, dass dieser bereits zu diesem Zeitpunkt wusste, dass bei den geplanten Transaktionen CumEx-Leerkaufstrategien umgesetzt werden sollten. Insoweit ist auch nicht erkennbar, dass die Bewertung der steuerrechtlichen Lage durch den Angeklagten durch die in der Partnervorlage dokumentierte Einschätzung des gesondert Verfolgten ZD irgendwie beeinflusst worden ist.
821(f) Der Angeklagte hat sich nicht darauf berufen, dass seine Bewertung der Steuerrechtslage dadurch beeinflusst worden ist, dass auch andere Marktakteure CumEx-Geschäfte wie die verfahrensgegenständlichen durchgeführt haben und dass seitens staatlicher Akteure im Jahr 2007 bzw. bis zum Januar 2009 - abgesehen von dem Jahressteuergesetz 2007 - keine weitergehenden Maßnahmen ergriffen worden waren, um diese zu unterbinden. Auch im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte für eine Beeinflussung seines Vorstellungsbildes durch entsprechende Vorgänge. Dass die Geschäfte durch andere Marktakteure und sonstige Dritte ggf. für legal erachtet wurden, betrifft das Vorstellungsbild des Angeklagten selbst nicht.
822(3) Bei einer Gesamtschau der vorstehend benannten Umstände vermag die Kammer zwar nicht mit letzter Sicherheit zu sagen, dass der Angeklagte sicher davon ausging, ein Steueranrechnungsanspruch der HC Bank sei im Hinblick auf die CumEx-Geschäfte des Jahres 2007 nicht begründet. Keinerlei Zweifel bestehen nach Einschätzung der Kammer aber daran, dass er diese Möglichkeit als nicht lediglich fernliegend erkannt hat. Dies folgt bereits aus der plausiblen Einlassung des Angeklagten zu seiner Bewertung der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007, im Übrigen aber auch aus dem sich hieran anschließenden Wechsel von der Leerverkäufer auf die Leerkäuferseite sowie daraus, dass die Kammer ausschließt, der Angeklagte könne in Kenntnis der Wirkweise der verfahrensgegenständlichen Geschäfte nicht jedenfalls mit der Möglichkeit gerechnet haben, diese stünden mit der Steuerrechtslage nicht in Einklang bzw. würden seitens der Finanzverwaltung als missbräuchlich bewertet werden, mit der Folge, dass ein Anrechnungsanspruch der HC Bank nicht begründet wäre.
823(4) Dass der Angeklagte die von ihm erkannte Möglichkeit, wonach ein Anrechnungsanspruch der HC Bank hinsichtlich der im Jahr 2007 durchgeführten Geschäfte nicht begründet ist, auch billigte, steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Umstandes, dass er die Durchführung der Geschäfte gleichwohl gegenüber den Partnern empfahl und die hierdurch generierten Steuerbescheinigungen und darin ausgewiesenen Steuerbeträge im Rahmen der Steuererklärung zum Gegenstand des Anrechnungsantrags machte, ohne auf das Vorliegen von Leerverkäufen über den Dividendenstichtag sowie auf den nicht erfolgten Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen hinzuweisen.
Die Feststellungen zu den Diskussionen mit dem gesondert Verfolgten PI sowie mit PE hinsichtlich der Durchführung der Transaktionen im Laufe der Dividendensaison 2008 beruhen im Wesentlichen auf den Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC, die durch mehrere interne Schriftstücke der HC Bank objektiviert sind.
825Der gesondert Verfolgte KI hat seinen Ausstieg bei der TJ sowie denjenigen des gesondert Verfolgten PI, die anschließende Gründung der YA Gesellschaften sowie die Verhandlungen mit der HC Bank wie festgestellt geschildert. Hierbei hat er insbesondere auch den Hintergrund des im Rahmen der Profitvereinbarung zugrunde gelegten Dividendenlevel-Refenzwertes von 92 den Feststellungen entsprechend erläutert. Der gesondert Verfolgte JC hat den Ablauf der in seiner Anwesenheit geführten Gespräche mit den gesondert Verfolgten TB und XL den Feststellungen entsprechend geschildert. Beide Zeugen haben - wie bereits dargelegt - ferner die Aussage des jeweils anderen bestätigt, wonach ihnen noch im Jahr 2008 bewusst geworden sei, dass die HC Bank Geschäfte auch mit PE bzw. mit den gesondert Verfolgten PI und KI plante.
826Dass die HC Bank bereits zu Beginn des Jahres entschieden hatte, die im Jahr 2007 praktizierte Geschäftsstrategie fortzuführen, folgt aus dem von den gesondert Verfolgten TB und XL an den Angeklagten verfassten Schreiben „Single Future-basierte Strukturierung“ vom 10.01.2008 und aus der von dem Angeklagten am 11.01.2008 angefertigten Partnervorlage, die jeweils die festgestellten Inhalte aufweisen. Die Überzeugung der Kammer, wonach die Partner der Durchführung der Geschäfte gerade aufgrund der Ausführungen in der Partnervorlage zustimmten, beruht auf der - bereits im Rahmen der Beweiswürdigung zu Fall 1 dargelegten - Funktion des Angeklagten bei der Planung und Begleitung der Geschäfte. Auch im Jahr 2008 kam dem Angeklagten als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Geschäfte die Rolle des „Projekt-Mentors“ zu, der nicht nur sämtliche involvierten Arbeitsbereiche koordinieren, sondern gerade auch die Gremienentscheidungen vorbereiten sollte. Dass angesichts dieser Aufgabenzuweisung auch ohne entsprechende Partnervorlage des Angeklagten seitens der Partner entschieden worden wäre, den CumEx-Eigenhandel fortzuführen, schließt die Kammer aus.
827Die Feststellungen zu den Inhalten des „Investment Advisory Agreement“ sowie des „Investment Partnership Agreement“ werden durch die jeweiligen Urkunden objektiviert. Dass der von den gesondert Verfolgten TB und XL zunächst ausgehandelte Inhalt mit dem gesondert Verfolgten Dr. WA sowie mit dem Angeklagten abgesprochen wurde, folgt aus der Email Kommunikation zwischen den gesondert Verfolgten Dr. WA, XL und dem Angeklagten am 06.02.2008. Dieser entnimmt die Kammer zugleich, dass dem Angeklagten die Fassungen der Vereinbarungen bekannt waren.
828Dass der Angeklagte den Partnern empfohlen hatte, die Kooperation mit den gesondert Verfolgten PI und KI einzugehen, schlussfolgert die Kammer aus seiner Einlassung. Der Angeklagte hat in diesem Zusammenhang angegeben, sich zwar nicht mehr an das Schreiben „Single Future-basierte Strukturierung“ vom 10.01.2008 erinnern zu können, da es aber an ihn adressiert sei, gehe er davon aus, es auch erhalten zu haben. Auf Grundlage des Inhaltes des Schreibens hätte er angesichts des wirtschaftlich profitableren Angebotes der gesondert Verfolgten PI und KI wohl empfohlen, die Geschäfte vorrangig mit diesen durchzuführen. Diese Angaben des Angeklagten sind uneingeschränkt glaubhaft, zumal es allgemeiner Lebenserfahrung entspricht, dass bei ansonsten weitgehend identischen Handelsabläufen derjenige Geschäftspartner gewählt wird, der eine höhere Profitbeteiligung der HC Bank erwarten lässt und mit dem vergleichbare Geschäfte bereits im Vorjahr - aus Sicht der Beteiligten erfolgreich - durchgeführt wurden.
Die Feststellungen zu den vorbereitenden Planungen der seitens der HC Bank durchgeführten Geschäfte sowie zu den konkreten Abläufen an den jeweiligen Handelstagen beruhen insbesondere auf den Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC sowie auf diversen Urkunden, denen im Einzelnen die gehandelten Aktien und Derivate sowie die Handelsdaten entnommen werden können.
830aa) Der gesondert Verfolgte KI hat das Vorgehen des Londoner Handelstischs der TJ im Januar 2008 sowie anschließend der YA Gesellschaften im Hinblick auf die Planung der Aktien- und Futuregeschäfte, auf die angewendete Handelsstrategie und auf deren konkrete Umsetzung am Handelstag wie festgestellt geschildert. Hierbei hat der gesondert Verfolgte KI auch nachvollziehbar begründet, warum er auf Grundlage der mit der HC Bank getroffenen Profitvereinbarung bestrebt war, die unter Beteiligung der YA Gesellschaften durchgeführten Geschäfte durchgehend mit möglichst niedrigen Dividendenleveln zu arrangieren, die jedenfalls unter 92 liegen mussten.
831Sämtliche von dem gesondert Verfolgten KI in diesem Zusammenhang getätigten Angaben beruhen auf seinen eigenen unmittelbaren Wahrnehmungen und sind kongruent mit seinen Ausführungen, die das Jahr 2007 betreffen. Hinsichtlich der Glaubhaftigkeit seiner Angaben nimmt die Kammer Bezug auf die an dortiger Stelle bereits getätigten Ausführungen. Hinzu tritt, dass die schon aus sich heraus glaubhaften Angaben durch mehrere Urkunden objektiviert werden, insbesondere durch die bereits erörterten Protokolle von YH-Chats aus dem Jahr 2008. Auch die Inhalte des „Investment Advisory Agreement“ bzw. „Investment Partnership Agreement“ stimmen mit den Schilderungen des gesondert Verfolgten KI überein, was die Kammer ebenfalls als Beleg dafür wertet, dass er durchgehend bemüht war, die tatsächlichen Geschehensabläufe entsprechend seiner Erinnerungen zu schildern.
832bb) Der gesondert Verfolgte JC hat die unter Mitwirkung von PE durchgeführten Geschäfte den getroffenen Feststellungen entsprechend geschildert. Auch hierbei konnte er überwiegend auf unmittelbare eigene Wahrnehmungen Bezug nehmen. Soweit der Zeuge zunächst nicht erinnern konnte, dass unter Einschaltung von PE CumEx-Leerkauftransaktionen nicht nur in vier Aktiengattungen, sondern auch in den Gattungen Heidelberger Druckmaschinen AG und Südzucker AG durchgeführt wurden, fiel ihm auf entsprechenden Vorhalt wieder ein, dass es wohl auch Geschäfte in diesen Gattungen gab. Angesichts des inzwischen eingetretenen Zeitablaufs leuchtet es der Kammer unmittelbar ein, dass der gesondert Verfolgte JC sich insoweit nicht mehr genau erinnerte, zumal ausweislich der verlesenen Chat-Protokolle die Geschäfte bei PE jedenfalls in einem Fall auch von einem anderen Mitarbeiter betreut wurden.
833Auch die Angaben des gesondert Verfolgten JC werden durch die Inhalte von YH-Chats objektiviert. Im Rahmen eines unter Mitwirkung des gesondert Verfolgten JC durchgeführten Chats vom 14.04.2008 wird erkennbar, dass die konkreten Handelsdaten mit der HC Bank im Vorfeld abgesprochen wurden, ein weiterer Chat vom 27.03.2008 belegt, dass der gesondert Verfolgte JC mit dem gesondert Verfolgten TB im Vorfeld der Platzierung der Orders bei einem Broker sämtliche Parameter der zu handelnden Geschäfte absprach, wobei der Futurepreis unter Einspeisung eines Prozentsatzes (im konkreten Fall 91) berechnet wurde. Hiermit und mit weiteren Chat-Protokollen im Wege eines Vorhalts konfrontiert, bekundete der Zeuge, im Rahmen der Kommunikation sei nach seiner Einschätzung stets eindeutig gewesen, dass PE als Leerverkäufer agiert habe, da er auf die Notwendigkeit verwiesen habe, die erforderlichen Stücke am Markt erst noch beschaffen zu müssen.
834cc) Die Feststellungen zu den Aktienkauf- und Futureverkaufgeschäften beruhen auf den von der HC Bank erstellten Wertpapier- und Future-Abrechnungen. Diesen können die gehandelten Stückzahlen und Preise sowie die Handels- und Fälligkeitsdaten entnommen werden. Aus den Wertpapierabrechnungen geht ferner hervor, dass die HC Bank während ihrer Zusammenarbeit zunächst mit der TJ und später mit den YA Gesellschaften sowie mit PE im Jahr 2008 die festgestellten Käufe und Verkäufe außerbörslich als Festpreisgeschäfte abgeschlossen hat. Die Belege der XB AG weisen hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Aktiengattungen und Stückzahlen aus, dass die Aktien erst nach dem Tag der Hauptversammlung geliefert wurden. Aus den von der HC Bank erstellten Abrechnungen zu den Verkäufen der Single-Stock-Futures folgen deren Anzahl und Preise. Aus dem jeweiligen Zusatz „Börse FFM - Eurex (OTC)“ geht hervor, dass die Futures OTC, also „over the counter“ bzw. außerbörslich gehandelt wurden.
Auch im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte der Dividendensaison 2008 zweifelt die Kammer nicht daran, dass es sich durchgehend um Leerverkäufe gehandelt hat, bei denen ein Steuerabzug auf die von der HC Bank erzielten Dividendenkompensationszahlungen an keiner Stelle stattgefunden hat. Neben den gesondert Verfolgten Dr. KK und KI hat auch der gesondert Verfolgte JC bekundet, dass die Profite der Transaktionen gerade durch den nicht erfolgten Steuerabzug auf der Leerverkäuferseite generiert werden sollten. Dass die Geschäfte tatsächlich entsprechend der durch die gesondert Verfolgten Dr. KK, KI und JC geschilderten Planung durchgeführt wurden, steht aufgrund diverser Beweisergebnisse fest.
836Dass es sich bei den im Rahmen von Fall 2 festgestellten Aktiengeschäften durchgehend um CumEx-Leerkäufe handelte, folgt wiederum bereits aus dem Umstand, dass sowohl nach den Angaben des gesondert Verfolgten KI als auch nach denjenigen des gesondert Verfolgten JC eine Eindeckung des Aktienverkäufers mit Ex-Aktien organisiert werden musste. Im Hinblick auf den gesondert Verfolgten JC tritt hinzu, dass er angegeben hat, PE habe selbst als Leerverkäuferin agiert. Aus den bereits bei Fall 1 dargelegten Gründen waren vor diesem Hintergrund auch an dieser Stelle keine weiteren Ermittlungen zur Herkunft der Aktien, etwa in Gestalt der Aufklärung von Lieferketten, erforderlich.
837Hinsichtlich der Feststellung, dass weder bei der Leerverkäuferseite noch an anderer Stelle ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung erfolgte, gilt ergänzend zu den obigen Ausführungen:
838aa) Dass ein Abzug auf der Leerverkäuferseite im Hinblick auf die unter Beteiligung von PE durchgeführten Geschäfte nicht erfolgt ist, steht fest aufgrund der Angaben des gesondert Verfolgten JC. Dieser hat ausgesagt, die von PE erwirtschafteten Profite seien gerade darauf zurückzuführen, dass sie als Leerverkäuferin agiert habe, ein Steuerabzug auf ihrer Seite aber nicht erfolgt sei. Im Übrigen seien die Stücke gerade über XB Luxemburg und damit über das Ausland gehandelt worden, um einen Steuerabzug zu vermeiden.
839bb) Bei sämtlichen in der Dividendensaison 2008 durchgeführten Transaktionen betrugen die in die Futuregeschäfte eingepreisten Dividendenlevel maximal 91, so dass sie deutlich von den bei CumCum-Geschäften üblichen Leveln abwichen. Dies folgt im Hinblick auf die noch mit der TJ durchgeführten Geschäfte aus dem in dem „Investment Partnership Agreement“ vereinbarten Referenzlevel von 92, oberhalb dessen die aus den Absicherungsgeschäften erzielten Profite allein der HC Bank zugestanden hätten. Der gesondert Verfolgte KI hat in diesem Zusammenhang angegeben, der Level sei nicht willkürlich vereinbart worden, vielmehr hätten sich die HC Bank sowie er und der gesondert Verfolgte PI an denjenigen Leveln orientiert, die bei den noch im Januar unter Mitwirkung der TJ durchgeführten Aktiengeschäfte realisiert worden seien. Dass für die im Januar gehandelten Aktiengattungen Siemens AG und ThyssenKrupp AG tatsächlich ein Dividendenlevel von 92 mit der HC Bank gehandelt worden war, wird auch dadurch bestätigt, dass die gesondert Verfolgten TB und XL den Angeklagten in dem Schreiben „Single Future-basierte Strukturierung“ vom 10.01.2008 darauf hingewiesen hatten, der gesondert Verfolgte PI habe für diese „…einen Anteil von 8 %“ angeboten.
840Da die Kammer entsprechend der Ausführungen zu Fall 1 im Übrigen davon überzeugt ist, dass die TJ sich in die Futuregeschäfte zwischenschaltete, um einen eigenen Gewinn zu erzielen, steht ferner fest, dass die von der HC Bank gehandelten Level nicht den tatsächlichen - niedrigeren - Marktleveln entsprachen. Für die Kammer steht schon vor diesem Hintergrund fest, dass der Absprache mit der Leerverkäuferseite im Hinblick auf die Aktiengattungen Siemens AG und ThyssenKrupp AG eine Vereinbarung hinsichtlich des Dividendenlevels von maximal 91 zugrunde lag.
841cc) Im Hinblick auf die ab April 2008 seitens der HC Bank unter Mitwirkung der YA Gesellschaften sowie von PE durchgeführten weiteren Geschäfte steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die für die Absicherungsfutures realisierten Dividendenlevel teilweise weit unter 90, jedenfalls aber nicht über 91 lagen.
842Die Überzeugung der Kammer gründet auf diversen Chatprotokollen, die den konkreten Aktienhandel betreffen, und zu denen die gesondert Verfolgten KI und JC ergänzende Angaben getätigt haben. Im Rahmen eines YH-Chats am 27.03.2008 nahmen der gesondert Verfolgte JC sowie der gesondert Verfolgte TB detaillierte Berechnungen zu einem Futurepreis vor, wobei ein Dividendenlevel von 91 gehandelt werden sollte. Dies ergibt sich aus der Angabe „Rate = 91%“ und aus dem sich anschließenden Austausch. Während eines am 17.04.2008 zwischen dem gesondert Verfolgten KI und dem gesondert Verfolgten TB durchgeführten Chats unterhielten sich diese im Hinblick auf die Aktiengattung Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG über einen Dividendenlevel von 83. Dies folgt aus dem YH-Chatprotokoll vom selben Tage (etwa KI: „Yes indeed. I see 2.4M MUV2 today at 83 %. Does that sound right?“ – Übersetzung etwa: “Ja, in der Tat. Ich sehe 2.4M [M = Millionen] MUV2 [= Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG] heute bei 83%. Ist das zutreffend?). Auch diese Urkundeninhalte sind durch den Sachverständigen Dr. KC im Rahmen der Hauptverhandlung übersetzt worden.
843Konfrontiert mit den jeweiligen Inhalten dieser und weiterer Chats haben sowohl der gesondert Verfolgte KI als auch der gesondert Verfolgte JC angegeben, die betreffenden Prozentangaben repräsentierten den Dividendenlevel und seien CumEx-typisch deutlich niedriger als die üblichen CumCum-Level, die sich im Bereich 96,5 und aufwärts und allenfalls bei kleineren MDax-Titeln vereinzelt bei 95 bewegt hätten. Zugleich haben die Zeugen angegeben, in sämtlichen hier verfahrensgegenständlichen Transaktionen hätten sich die Dividendenlevel in einer vergleichbaren Spanne und typischerweise unter 90 bewegt.
844dd) Auch die Geschäfte im Jahr 2008 wurden in erheblichem Umfang mit SA als Vertragspartner durchgeführt, wobei wiederum die XH AG als Depotbank fungierte. Die Ausführungen für das Jahr 2007 hinsichtlich des nicht erfolgten Steuerabzugs durch die XH AG gelten insoweit entsprechend.
845ee) Bei einer Gesamtschau ist die Kammer auch im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte der Dividendensaison 2008 davon überzeugt, dass es sich um CumEx-Leerkäufe gehandelt hat, bei denen ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen nicht erfolgt ist. Die Angaben der gesondert Verfolgten Dr. KK, KI und JC, wonach die Geschäfte gerade mit dieser Zielrichtung konzipiert worden seien, werden insbesondere durch die dargelegte Preisgestaltung bestätigt. Wäre die Aktienverkäuferseite mit der Steuer belastet und diese von der Brutto-Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden, hätte dies für sie erhebliche wirtschaftliche Verluste bedeutet. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein professioneller Aktienverkäufer hierzu hätte bereit sein sollen. Dass bei den unter Beteiligung von PE durchgeführten Geschäften auf Verkäuferseite ein Steuerabzug nicht stattgefunden hat, hat der gesondert Verfolgte JC als Mitarbeiter von PE unmittelbar bestätigt. Da ausweislich des Schreibens der gesondert Verfolgten TB und XL vom 10.01.2008 an den Angeklagten auch auf Seiten der HC Bank davon ausgegangen wurde, dass bei den seitens der gesondert Verfolgten PI und KI vermittelten Geschäften die identische Profitgrundlage bestehen sollte wie bei den unter Beteiligung von PE abgeschlossenen Transaktionen, ist nicht erkennbar, dass bei diesen Geschäften ein Steuerabzug vorgenommen werden sollte.
846Ausschließen kann die Kammer vor dem Hintergrund der dargelegten Preisgestaltung sowie der ergänzenden Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC zu den gängigen Dividendenleveln, dass den verfahrensgegenständlichen Transaktionen CumCum-Geschäfte zugrunde lagen. Es ist nicht erkennbar, dass sich ein steuerausländischer Aktieninhaber hierauf eingelassen hätte, um - entsprechend der CumCum-Geschäften zugrunde liegenden Motivation - jedenfalls einen kleinen Teil der sonst anfallenden Steuer zu sparen.
847Für die Überzeugung der Kammer nicht mehr entscheidend ist, dass die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte noch weitere Merkmale aufweisen, die auf eine CumEx-Leerkaufstrategie hinweisen. Dies gilt zum einen für den Umstand, dass es bei mehreren Geschäften zu Spätlieferungen gekommen ist, die bei Inhabergeschäften nicht zu erwarten gewesen wären. Drei Tage oder später nach dem Handelstag wurden etwa einzelne Aktien der Gattungen BMW AG, Deutsche Lufthansa AG, E.ON AG, Hannover Rück AG, Linde AG, MAN AG und Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG gebucht. Zum anderen kommt es auch nicht mehr darauf an, dass den verfahrensgegenständlichen Transaktionen häufig sehr hohe Aktienvolumina zugrunde lagen, was ebenfalls ein Indiz für das Auftreten von Leerverkäufern sein kann. All diese Umstände machen vielmehr das Vorliegen von CumEx-Leerkaufgeschäften ohne Steuerabzug nur wahrscheinlicher und bestätigen insoweit das bereits aus der Preisgestaltung und den Angaben der gesondert Verfolgten KI, JC und Dr. KK folgende Ergebnis, wonach es bei den Geschäften gerade darum ging, eine entsprechende Struktur umzusetzen. Im Übrigen belegen sie auch die diesbezüglichen Angaben der gesondert Verfolgten KI und JC, was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit ihrer Ausführungen spricht.
Die Feststellungen zu dem „Fee Letter“ vom 09.05.2008 beruhen auf dem Inhalt der Urkunde selbst. Dass diese unter anderem die Unterschrift des Angeklagten trägt, steht fest aufgrund der Inaugenscheinnahme des Unterschriftenfelds, wobei zur Identifizierbarkeit der Unterschrift des Angeklagten die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend gelten.
849Die Feststellungen zu den Zahlungen an die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK unter Einschaltung der Bank KB gründen auf den verlesenen Rechnungen und Überweisungsbelegen sowie der Inaugenscheinnahme der darauf befindlichen Unterschriften.
Die Feststellungen zu den Inhalten der ausgestellten Steuerbescheinigungen, der Steuererklärung und der Entscheidung des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 14.04.2010 folgen aus den betreffenden Urkunden selbst, zu deren Inhalten die Kammer zudem auch die Zeugin LC vom Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg vernommen hat. Diese hat auch die weiteren Arbeitsabläufe im Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg entsprechend der Feststellungen geschildert und angegeben, dass in keiner der mit der Steuererklärung vorgelegten Urkunden ergänzende Erläuterungen zu den den Steueranrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalten enthalten waren. Aus der betreffenden Steuererklärung der HC Gruppe vom 24.02.2010 sind zudem die Unterschriften der gesondert Verfolgten Dr. NC und HC deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation der Unterschrift des gesondert Verfolgten Dr. NC gelten die zu Fall 1 dargestellten Gründe entsprechend. Der Unterschriftszug „HC“ ist in der Steuererklärung deutlich lesbar, konnte aber darüber hinaus auch durch den Abgleich einer unterzeichneten Strafprozessvollmacht verifiziert werden. Der Umstand, dass die Zeugin LC zu einem Zeitpunkt vernommen wurde, zu dem später beigezogene Inhalte aus Akten des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg noch nicht Aktenbestandteil waren, steht der Überzeugungskraft ihrer Angaben zu den Vorgängen im Jahr 2010 nicht entgegen, da diese durch die Inhalte der Steuererklärungen und -bescheide tatsächlich bestätigt wurden.
851Die Feststellung, dass der Angeklagte die Steuererklärung vor deren Vorlage bei den gesondert Verfolgten Dr. NC und HC vollständig überprüft hat, entspricht wiederum seiner Einlassung und den Angaben der Zeugin LF. Dass er die Steuererklärung in diesem Zusammenhang auch paraphiert hat, konnte durch den Abgleich der auf der Steuererklärung erkennbaren Paraphe mit diversen Urkunden, insbesondere dem Arbeitsvertrag des Angeklagten, verifiziert werden, auf denen die Paraphe ebenfalls gut erkennbar ist.
852Die Feststellung, dass die Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen, die auf die zu Fall 2 festgestellten Aktiengeschäfte entfallen, zum Gegenstand der Angaben in Anlage WA zur Steuererklärung vom 24.02.2010 gemacht worden sind, beruht wiederum darauf, dass hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Aktiengattungen die entsprechenden Steuerbescheinigungen mitsamt der Steuererklärung an das Finanzamt für Großunternehmen übermittelt wurden. Dass die zur Anrechnung gebrachten verfahrensgegenständlichen Steuerbeträge durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg tatsächlich in vollem Umfang angerechnet wurden, ergibt sich unmittelbar aus dem Bescheid vom 14.04.2010 und wurde im Übrigen durch die Zeugin LC bestätigt.
Den Feststellungen der Kammer zum Vorstellungsbild des Angeklagten im Fall 2 liegt Folgendes zugrunde.
854aa) Hinsichtlich der Feststellungen der Kammer, wonach der Angeklagte sowohl im Zeitpunkt der Genehmigung der im Jahr 2008 durchgeführten CumEx-Aktiengeschäfte im Eigenhandel der HC Bank sowie bei deren Durchführung und auch bei Prüfung und Paraphierung der Steuererklärung wusste, dass bei diesen Geschäften Aktien von Leerverkäufern über den Dividendenstichtag mit dem Ziel erworben werden, die hierbei generierten Steuerbescheinigungen zur Beantragung von Steueranrechnungen einzusetzen, obgleich auf die Dividendenkompensationszahlungen an keiner Stelle Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in Abzug gebracht werden, gelten die Ausführungen zur Beweiswürdigung hinsichtlich Fall 1 in weiten Teilen entsprechend. Das Vorstellungsbild des Angeklagten entsprach sowohl zu Beginn des Jahres 2008 als auch während der diesbezüglichen Dividendensaison, insbesondere aber bei Paraphierung der Steuererklärung den dort dargelegten Beweisergebnissen. Die in der Zwischenzeit eingetretenen Entwicklungen haben zur sicheren Überzeugung der Kammer nicht dazu geführt, dass der Angeklagte nunmehr vom Vorliegen von Inhaberverkäufen oder von der Vornahme eines Steuerabzugs auf der Leerverkäuferseite überzeugt war, sondern allenfalls seine positive Kenntnis von der CumEx-Leerverkaufstruktur ohne Steuerabzug weiter verfestigt.
855Die Struktur der im Jahr 2008 durchgeführten Geschäfte entsprach derjenigen aus dem Jahr 2007, mit der einzigen Ausnahme, dass hinsichtlich 6 Aktiengattungen die Verhandlungen unmittelbar mit PE, also mit der Leerverkäuferseite, geführt wurden. Auch insoweit gibt es allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass deren Mitarbeiter darauf bedacht waren, das Vorliegen von Leerverkäufen oder den unterbliebenen Steuerabzug gegenüber Mitarbeitern der HC Bank zu verheimlichen. Auch der Angeklagte selbst hat sich nicht dahingehend eingelassen, er habe auch bei den Geschäften mit PE darauf vertraut, die Aktien würden von steuerausländischen Aktieninhabern erworben werden. Bereits im Januar 2008 und insbesondere im weiteren Verlauf der Dividendensaison wurde für den Angeklagten ferner erkennbar, dass sich der Profitanteil für die HC Bank nochmals deutlich erhöhte. So erfuhr er bereits durch das Schreiben der gesondert Verfolgten XL und TB vom 10.01.2008, dass der gesondert Verfolgte PI der HC Bank „einen Anteil von 8 % (ca. 38 % des Kapitalertragsteueranspruches)“ angeboten habe. Die Umrechnung des Anteils von 8% auf denjenigen des Kapitalertragsteueranspruchs verdeutlicht nach Einschätzung der Kammer nicht nur, dass den Beteiligten bekannt war, welches Geld zu verteilen war, vielmehr ist auch der hierin zum Ausdruck gebrachte Dividendenlevel von 92 - der im Laufe der Dividendensaison noch unterschritten wurde - mit CumCum-Geschäften offensichtlich nicht plausibel zu erklären. Auch wenn der Angeklagte die genauen Dividendenlevel nicht gekannt haben mag, schließt die Kammer aus, dass ihm vollkommen verborgen geblieben ist, welche Profitverteilungen bei CumCum- und bei CumEx-Geschäften am Markt typischerweise vereinbart werden.
856Das von dem gesondert Verfolgten Dr. YE übermittelte steuerliche Gutachten vom 08.02.2008 konnte das Vorstellungsbild des Angeklagten hinsichtlich der im Eigenhandel praktizierten Geschäfte schon deswegen nicht beeinflussen, weil er dieses nach seiner Einlassung gar nicht auf die Eigenhandelsgeschäfte bezogen hat. Dies gilt entsprechend für das „Diskussionspapier PI“ vom 20.02.2008. Insoweit wird in vollem Umfang auf die Ausführungen unter B.IV.1.f)aa)(5)(d)(aa) Bezug genommen.
857Auch im Zeitraum zwischen der Durchführung der Aktiengeschäfte und der Paraphierung der Steuererklärung im Februar 2010 sind keinerlei Umstände eingetreten, die zu einem abweichenden Vorstellungsbild des Angeklagten hätten führen können. Das Gutachten „Ausnutzung von Marktineffizienzen bei dem Handel über den Hauptversammlungsstichtag“ vom 20.02.2009 betraf - was der Angeklagte wusste - allein den Fondsbereich. Insbesondere wusste der Angeklagte aber, dass Marktineffizienzen bei den verfahrensgegenständlichen Geschäften keinerlei Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund vermochte das Gutachten bei dem Angeklagten allenfalls die Kenntnis zu verfestigen, dass der gesondert Verfolgte Dr. YE Anlass sah, die wirtschaftliche Motivation der Transaktionen in dem Gutachten zu verschleiern.
858Die Überzeugung der Kammer, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Prüfung und Paraphierung der Steuererklärung Kenntnis vom Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen hatte, gründet im Übrigen insbesondere auf seiner Einbindung in die Diskussionen um die Auswirkungen des BMF-Schreibens im März und April des Jahres 2009. Auf die Ausführungen unter B.IV.1.f)aa)(4)(d) wird insoweit Bezug genommen. In der Zwischenzeit war ferner der Eigenhandel der HC Bank im Jahr 2009 durchgeführt worden, bei dem zur Kenntnis des Angeklagten gelangt war, dass die seitens der HC Bank generierten Profite nochmals und in einem Umfang gestiegen waren, der mit einer Durchführung von CumCum-Geschäften nicht ansatzweise erklärt werden konnte.
859Die Überzeugung der Kammer von der Kenntnis des Angeklagten davon, dass von dem in der Anlage WA zur Anrechnung gebrachten Betrag 38.172.231,66 Euro auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen entfielen, folgt aus seiner eigenen Einlassung, wonach er fortlaufend über die einzelnen Geschäfte informiert wurde, um diese unter bilanziellen Gesichtspunkten prüfen zu können. Im Übrigen entspricht es der Rolle des Angeklagten als „Projekt-Mentor“, dass ihm sämtliche Details der durchgeführten Transaktionen mitgeteilt wurden. Dass dies der in der HC Bank gelebten Praxis entsprach, dokumentiert die von dem Angeklagten erstellte Vorlage für die „Partnersitzung am 15. Januar 2008“, in der er auf 20 Aktiengattungen hinwies, hinsichtlich derer die Single-Future-basierten Geschäfte durchgeführt werden sollten, wobei das Volumen je Aktiengesellschaft zwischen 300 und 350 Millionen Euro, stets jedoch unterhalb der dreiprozentigen WpHG-Meldegrenze liegen sollte. Im Übrigen hat der Angeklagte im Rahmen der von ihm vorgenommenen Prüfung der Steuererklärung auch die auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte entfallenden Steuerbescheinigungen zur Kenntnis genommen.
860bb) Die Überzeugung der Kammer vom Vorstellungsbild des Angeklagten hinsichtlich der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK gründet auf seiner Einbindung in die diesbezüglichen Vorgänge in den Jahren 2006 und 2007 und auf seiner Zeichnung der Rechnung der Bank KB vom 13.08.2008. Es sind keine Umstände erkennbar, warum der Angeklagte zwischenzeitlich die Überzeugung erlangt haben sollte, die Rechnung der Bank KB habe einen realen Hintergrund dergestalt, dass diese der HC Bank Kontakt zu im Ausland gehaltenen Aktiendepots vermittelt habe. Hiergegen spricht im Übrigen auch seine Unterzeichnung des „Fee Letter“ am 15.02.2008, in dem - wie bereits dargelegt - von einer entsprechenden Vermittlung nicht die Rede ist.
861cc) Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannt hatte, dass auf die im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Geschäfte begehrten Steueranrechnungen nach den maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften kein Anspruch besteht, gelten zunächst die diesbezüglichen Ausführungen zu Fall 1 [B.IV.1.f)dd)] in vollem Umfang entsprechend. Es sind in der Zwischenzeit keine Umstände eingetreten, die zu einer Änderung des Vorstellungsbildes des Angeklagten geführt haben. Vielmehr ist die Kammer davon überzeugt, dass sich dieses durch die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Erlass des BMF-Schreibens im April 2009 - und damit vor Paraphierung der Steuererklärung - noch verfestigt hat. Soweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang zu verstehen gegeben hat, er habe darauf vertraut, dass die Geschäfte auch vor dem Hintergrund des BMF-Schreibens zulässig seien, wertet die Kammer dies als reine Schutzbehauptung.
862(1) Die Lektüre des BMF-Schreibens hat zur sicheren Überzeugung des Gerichts die beim Angeklagten bereits aufgrund seiner Kenntnisnahme der Begründung zum Jahressteuergesetz 2007 vorhandene Erkenntnis verstärkt, dass die von der HC Bank im Eigenhandel praktizierte CumEx-Leerkaufstrategie vom Gesetzgeber sowie von der Finanzverwaltung nicht erwünscht war. Denn der Angeklagte hat sich schon selbst dahin eingelassen, die im April 2009 erfolgte Prüfung der Geschäfte sei gerade vor dem Hintergrund erfolgt, ob diese auch nach Verabschiedung des Schreibens fortgesetzt werden können. Zugleich dokumentieren auch die in diesem Zusammenhang angefertigten Vermerke und weiteren Urkunden die Vorstellung des Angeklagten, dass Geschäfte, die unter das BMF-Schreiben fallen, steuerrechtlich unzulässig sein könnten [vgl. bereits B.IV.1.f)dd)]. Dass der Angeklagte im Anschluss an die Diskussionen im April 2009 ernsthaft darauf vertraute, die Geschäfte seien steuerrechtlich unbedenklich, wenn es zwar im Ergebnis zu einer Anrechnung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen beim Leerkäufer ohne vorherigen Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlung kommt, der Leerkäufer sich aber darauf beruft, ihm sei das Vorliegen von Leerverkäufen nicht bekannt, da die Aktien vermittelt über einen anderen Marktakteur erworben worden seien, schließt die Kammer aus. Denn der Angeklagte hatte schon nach seiner eigenen Einlassung bereits im Jahr 2007 erfasst, dass CumEx-Leerkäufe als solche - mithin unabhängig von der subjektiven Vorstellung der Beteiligten - einen Anspruch auf Steueranrechnung möglicherweise dann nicht begründen, wenn ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung nicht erfolgt. Auf Grundlage welcher konkreten Beratung bzw. Mitteilung der Angeklagte im Jahr 2009 die Überzeugung erlangt haben möchte, allein entscheidend sei das Vorstellungsbild der Vertragsparteien, wobei die Käuferseite sich auf eine Zwischenschaltung von Brokern oder Vermittlern berufen könne, ist nicht erkennbar, zumal schon der Wortlaut des BMF-Schreibens eine entsprechende Einschätzung nicht trägt.
863Die Kammer hat in diesem Zusammenhang auch den von dem gesondert Verfolgten Dr. WA am 06.01.2010 - und damit vor Einreichung der Steuererklärung im Fall 2 - verfassten und an den Angeklagten adressierten Vermerk „Steuerliche Behandlung von Aktiengeschäften mit Single Futures über den Dividendentermin“ berücksichtigt. In diesem ist festgehalten, dass gegen eine Fortsetzung der Geschäfte keine Bedenken bestehen würden, wenn bei diesen wie in dem BMF-Schreiben vorgesehen verfahren würde. Die von dem Angeklagten bereits im Jahr 2007 erkannte Möglichkeit, dass ein Anspruch auf Steueranrechnung in den verfahrensgegenständlichen Geschäften nicht begründet ist, konnte durch diese Mitteilung des gesondert Verfolgten Dr. WA indes schon deswegen nicht der Überzeugung weichen, dass die Geschäfte in steuerlicher Hinsicht unbedenklich seien, weil dies im Ergebnis zur Folge gehabt hätte, dass durch ein BMF-Schreiben Steueranrechnungen trotz nicht erfolgten Steuereinbehaltes legitimiert worden wären. Dass der Angeklagte von einer derartigen Wirkweise des BMF-Schreibens überzeugt war, schließt die Kammer aus.
864(2) Aus dem Gutachten des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 20.02.2009 „Ausnutzung von Marktineffizienzen bei dem Handel über den Hauptversammlungsstichtag“ hatte der Angeklagte ferner ersehen können, dass dieser die steuerliche Legalität einer Struktur bescheinigt, deren wirtschaftlichen Hintergrund er mit tatsächlich gar nicht vorhandenen Marktineffizienzen verschleierte. Die Kammer geht davon aus, dass der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannte, dass dies gerade vor dem Hintergrund erfolgte, dass erhebliche Zweifel daran begründet waren, ob in CumEx-Leerkaufmodellen ein Anrechnungsanspruch des Leerkäufers unabhängig davon begründet ist, ob auf die Dividendenkompensationszahlung ein Steuereinbehalt tatsächlich stattgefunden hat oder nicht.
865(3) Die Überzeugung des Gerichts, wonach der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannte, dass der Anspruch auf die begehrte Steueranrechnung nicht begründet sei, wird ferner gestützt durch eine an ihn adressierte Email des gesondert Verfolgten Dr. PA vom 14.07.2009 mit dem Betreff „Spiegel 29/2009“. Der Email beigefügt war ein in der Zeitschrift „Der Spiegel“ erschienener Artikel, der mögliche Schäden des Fiskus infolge von CumEx-Transaktionen zum Gegenstand hatte. In dem Artikel wird ein Sprecher des BMF dahingehend zitiert, entsprechende Geschäfte begründeten einen „Missbrauch“ und man werde prüfen, „ob es sich um Steuerhinterziehung handle“. Zwar bezieht sich der Artikel im Ausgangspunkt allein auf Geschäfte, bei denen eine ausländische Depotbank eingeschaltet war, jedoch schließt die Kammer aus, dass der Angeklagte nicht erkannte, dass sich die dort zitierten Äußerungen des Sprechers des BMF auch auf solche Transaktionen erstrecken konnten, bei denen auf der Seite des Leerverkäufers eine deutsche Depotbank eingeschaltet wird, die keine Steuern einbehält. Denn die von dem Artikel betroffene Schädigung des Fiskus in Gestalt einer Steueranrechnung, der keine Steuereinbehalte in entsprechender Höhe gegenüberstehen, tritt in dieser Konstellation in gleicher Weise ein.
866Aus der Lektüre des Artikels konnte der Angeklagte nicht nur eindeutig ersehen, dass die Geschäfte auf Seiten der Finanzverwaltung unerwünscht waren, vielmehr geht aus ihm auch hervor, dass das BMF-Schreiben lediglich als Nachweismittel für CumEx-Leerkaufgeschäfte gedacht war, nicht jedoch durch dieses zum Ausdruck gebracht werden sollte, solche Geschäfte seien unbedenklich, wenn ihnen keine unmittelbaren Absprachen zwischen Verkäufern und Käufern zugrunde lagen. Denn in dem Artikel ist festgehalten, der Bund vertraue nunmehr auf eine „neue Regelung“, wonach ab sofort bestätigt werden müsse, dass keine geheimen Absprachen zwischen Aktienverkäufer und -käufer vorliegen würden. Dass nach der Vorstellung der Bundesregierung erst entsprechende Absprachen zu einem Entfallen des Anspruchs auf Steueranrechnung führen, kann dem Artikel eindeutig nicht entnommen werden, da die Passage zum BMF-Schreiben erst im Anschluss an die Zitate des BMF-Sprechers stehen, die schon für sich genommen eindeutig erkennen lassen, dass dieser die Geschäfte angesichts ihrer objektiven Strukturmerkmale für nicht geeignet hielt, einen Steueranrechnungsanspruch des Käufers zu begründen.
867Soweit der Angeklagte sich im Hinblick auf den Artikel dahingehend eingelassen hat, er könne nicht sicher angeben, ob er diesen gelesen habe, geht die Kammer davon aus, dass dies der Fall gewesen ist. Denn die weitere im engen zeitlichen Zusammenhang ergangene Email-Kommunikation lässt zur Überzeugung der Kammer eindeutig erkennen, dass der Artikel bei den Verantwortlichen der HC Bank eingehend erörtert worden ist, wobei angesichts der hervorgehobenen Position des Angeklagten auszuschließen ist, dass er in die diesbezüglichen Erörterungen nicht eingebunden wurde. So wies der gesondert Verfolgte Dr. PA in der an den Angeklagten adressierten Email vom 08.09.2009 „Besuch von PI“ darauf hin, dass diesem eine englische Übersetzung des Spiegel-Artikels ausgehändigt worden sei, wobei der gesondert Verfolgte Dr. PA augenscheinlich davon ausging, der Angeklagte wisse, um welchen Artikel es sich handle, da er dessen Inhalt nicht weiter erläuterte. Die Beschaffung einer englischen Übersetzung des Artikels zu dem Zweck, diesen mit dem gesondert Verfolgten PI erörtern zu können, bringt nach Einschätzung der Kammer ebenfalls zum Ausdruck, dass auf Seiten der HC Bank und insbesondere durch den Angeklagten erkannt worden war, dass die verfahrensgegenständlichen Transaktionen dem Grunde nach dem in dem Artikel umschriebenen Sachverhalt entsprachen. Soweit der gesondert Verfolgte Dr. PA in der Email vom 08.09.2009 ausführte, betroffen sei der Spiegel-Artikel aus der „vergangenen Woche“, werden hierdurch nach Einschätzung der Kammer keine Zweifel daran begründet, dass tatsächlich der in der Mail vom 14.07.2009 weitergeleitete Artikel betroffen war. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass in der Zwischenzeit noch ein weiterer Artikel aus der Zeitschrift „Der Spiegel“ mit Bezug zu den mit dem gesondert Verfolgten PI durchgeführten Geschäften auf Seiten der HC Bank zur Kenntnis genommen und diskutiert worden ist.
868(4) Gestützt wird die Überzeugung der Kammer von der steuerrechtlichen Bewertung der verfahrensgegenständlichen Geschäfte durch den Angeklagten im Zeitpunkt der Prüfung und Paraphierung der Steuererklärung im Übrigen auch dadurch, dass er im Jahr 2009 in diverse Gespräche eingebunden war, in denen das Risiko erörtert wurde, dass es bei den Transaktionen des BC German Equity Special Fund nicht zu einer Steuererstattung kommt. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter B.IV.3.h)(dd)(2) Bezug genommen.
869(5) Dass der Angeklagte die von ihm erkannte Möglichkeit, wonach ein Anrechnungsanspruch der HC Bank hinsichtlich der im Jahr 2008 durchgeführten Geschäfte nicht begründet ist, auch weiterhin billigte, steht zur Überzeugung der Kammer fest. Hierfür spricht - wie bereits zu Fall 1 ausgeführt - dass er die Durchführung der Geschäfte wiederum gegenüber den Partnern empfahl und die hierdurch generierten Steuerbescheinigungen und die darin ausgewiesenen Steuerbeträge im Rahmen der von ihm verantworteten Steuererklärung erneut zum Gegenstand des Anrechnungsantrags machte, ohne auf das Vorliegen von Leerverkäufen über den Dividendenstichtag sowie auf den nicht erfolgten Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen hinzuweisen.
Die Feststellungen zum Erlass des BMF-Schreibens beruhen auf dem Inhalt des Schreibens selbst. Die im Vorfeld der endgültigen Fassung unter Einschaltung des gesondert Verfolgten Dr. YE und unter Beteiligung des Angeklagten geführten Diskussionen, insbesondere zur Prüfung einer Vorverlegung der Geschäfte, stehen zur Überzeugung des Gerichts aufgrund diverser Emails und Gesprächsvermerke fest (insbesondere Email Dr. PA an KD „Anruf von Dr. KK“ vom 31.03.2009; Email Dr. YE an Dr. RC, KD und Dr. PA „Entwurf BMF Schreiben“ vom 06.04.2009; Vermerk „Gespräch mit ZD & KL am 01.04.2009“; Vermerk „Gespräch am 20.04.2009 zwischen ZD und KL und PB“). Den Vermerken zu den Gesprächen mit ZD und KL ist insbesondere zu entnehmen, dass eine Vorverlegung der Geschäfte zwar erörtert, aber im Ergebnis als nicht praktikabel verworfen wurde.
871Dass der Angeklagte am 16.04. und am 17.04.2009 Emails zu den Anforderungen der nach dem erwarteten BMF-Schreiben vorzulegenden Bescheinigungen erhielt, steht fest aufgrund der Email des gesondert Verfolgten Dr. WA vom 17.04.2009 („Antwort: Erklärung von PI“). Der Inhalt des Vermerks vom 30.04.2009 geht aus der betreffenden Urkunde selbst hervor. Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat ferner die zu den Entwürfen sowie die zur endgültigen Fassung des BMF-Schreibens aufgekommenen Diskussionen entsprechend der Feststellungen geschildert.
aa) Die Feststellungen zu den Beratungen der HC Gruppe und der HE hinsichtlich der Aufsetzung einer Fondsstruktur beruhen insbesondere auf den diesbezüglichen Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK, die im Übrigen durch zahlreiche Urkunden sowie durch die Aussage des gesondert Verfolgten KI bestätigt werden.
873Der gesondert Verfolgte Dr. KK hat die Hintergründe für die Errichtung der Fonds sowie die Beratungen der HC-Verantwortlichen durch ihn und den gesondert Verfolgten Dr. YE den Feststellungen entsprechend geschildert. Dass ein wesentlicher Vorteil der Fondsstrukturen in der schnelleren Abwicklung des Erstattungsverfahrens begründet lag, hat im Übrigen auch der gesondert Verfolgte KI bestätigt. Dieser Umstand wird ferner in einer von dem gesondert Verfolgten Dr. PA am 27.10.2008 angefertigten „Vertraulichen Notiz für Herrn KD“ hervorgehoben. Der gesondert Verfolgte KI hat darüber hinaus ebenfalls bekundet, dass die YA Gesellschaften frühzeitig in die Überlegungen eingebunden wurden, wobei insoweit vorrangig der gesondert Verfolgte PI in Erscheinung getreten sei.
874Die Angaben des Zeugen Dr. KK hinsichtlich der initiierenden Beratung durch ihn und den gesondert Verfolgten Dr. YE werden durch diverse Urkunden bestätigt, in denen auf bereits erfolgte Erörterungen zu den Fondsstrukturen Bezug genommen wird und einzelne steuerliche und abwicklungstechnische Details erörtert werden. Entsprechend der Feststellungen weisen die Urkunden überwiegend auch den Angeklagten als Adressaten der Korrespondenz oder als Teilnehmer von einzelnen Gesprächsterminen aus (exemplarisch „Vertrauliche Notiz für Herrn KD“ vom 27.10.2008; Email QE an KD und XL vom 11.02.2008 „Dividendenoptimierungsstruktur“; Email Dr. PA an KD vom 31.03.2009 „Anruf von Dr. KK“; Email Dr. YE an KD und Dr. PA vom 03.04.2009 „Telefonat“; Email UB an Dr. RC, KD und Dr. PA vom 06.04.2009 „Entwurf BMF Schreiben“; Email Dr. YE an KD vom 04.05.2009 „Rückgabe der Anteile/Kapitalertragsteuer/Haftung der KAG“). Die festgestellten Inhalte des mit Email vom 20.02.2009 übermittelten Gutachtens beruhen auf dem Gutachten selbst.
875Die Überzeugung der Kammer von der festgestellten Struktur des Investmentfonds unter Beteiligung der PF Ltd., der HE, der YF GmbH sowie den YA Gesellschaften gründet auf den Angaben der gesondert Verfolgten Dr. KK und KI, die durch diverse vertragliche Vereinbarungen, die die rechtlichen Beziehungen der einzelnen Akteure zum Gegenstand haben, bestätigt werden (insbesondere „Framework Contract Covering Consultancy Services in Respect of the Portfolio Management“; „Service Level Agreement“; „Investment Guidelines BC German Equity“; „Vereinbarung zwischen PF Limited und YF GmbH und HD GmbH“; „Allgemeine Vertragsbedingungen für Spezial Sondervermögen BC German Equity Special Fund“; „Besondere Vertragsbedingungen für Spezial-Sondervermögen BC German Equity Special Fund“; „Depotbankvertrag zwischen der HD GmbH und der YF GmbH“). Ein HC-interner Vermerk („Gespräch mit den Herren JB und Dr. PA zu BC German Equity Special Funds am 29.02.2009“) fasst die Abläufe hinsichtlich der Aufsetzung des Fonds ebenfalls in weiten Teilen entsprechend der getroffenen Feststellungen zusammen. Unter anderem wird hier eigens auf die Entscheidung hingewiesen, dass die „PB“, mithin die HC Bank, nicht als Depotbank agiert. Die Kammer hat keine Zweifel, dass der Vermerk die tatsächlichen Geschehensabläufe zutreffend erfasst, dies bereits vor dem Hintergrund, dass er inhaltlich den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK sowie der sich aus diversen Emails und Vermerken ergebenden Urkundslage entspricht. Anzumerken ist lediglich, dass der in dem Vermerk umschriebene Gesprächstermin nicht am 29.02.2009 stattgefunden haben kann, da es sich bei dem Jahr 2009 nicht um ein Schaltjahr handelte.
876Die Feststellungen zu der vorübergehenden Abstandnahme der YF GmbH von der Fondsstruktur und die diesbezügliche Kommunikation zwischen dem gesondert Verfolgten Dr. YE und dem Angeklagten beruhen auf dem Gesprächsvermerk „Gespräch von Herrn KD mit Herrn Dr. YE am 21.04.2009 um 15:00“.
877bb) Die Feststellungen zur Anwerbung der Investoren durch die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK und zur Hebelung des eingeworbenen Kapitals durch die XH AG beruhen auf den entsprechenden Angaben der gesondert Verfolgten Dr. KK und KI. Der gesondert Verfolgte KI hat ferner die praktizierte Handelsstrategie einschließlich der konkreten Durchführung der Transaktionen, der im Vorfeld getroffenen Absprachen und der Zwischenschaltung der YA Gesellschaften in die Verkaufsfutures erläutert. Seine Angaben decken sich mit der Aussage des gesondert Verfolgten Dr. KK, wonach bei den Fondsstrukturen auf einen Handel „Futures gegen Futures“ umgestiegen worden sei, da das BMF-Schreiben vorrangig Kassageschäfte erfasst habe. Ferner haben sowohl der gesondert Verfolgte KI als auch der gesondert Verfolgte Dr. KK sich entsprechend den Feststellungen zu der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK geäußert.
878cc) Die Feststellungen zu den im Zeitraum vom 22.04.2009 bis zum 10.06.2009 durchgeführten Transaktionen über den Dividendenstichtag beruhen auf den im Zusammenhang mit der Durchführung der Transaktionen ausgestellten Belegen, namentlich den Anlageempfehlungen der HD GmbH, den Buchungsbestätigungen der QC Ltd., den Wertpapierabrechnungen, den XB-Buchungsbelegen und diversen Emails. Aus diesen gehen insbesondere die gehandelten Stückzahlen, die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte der Kassa- bzw. Futuregeschäfte sowie die vereinbarten Preise hervor. Ferner kann ihnen entnommen werden, dass durch die gewählten Fälligkeitstermine entsprechend der Angaben des gesondert Verfolgten KI gewährleistet wurde, dass die Belieferung der Geschäfte erst nach dem Dividendenstichtag erfolgt.
879Die Überzeugung der Kammer, dass auch bei den Fondsgeschäften ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung an keiner Stelle erfolgt ist, beruht neben den bereits beim Eigenhandel der HC Bank benannten Umständen insbesondere auf der Höhe der gehandelten Dividendenlevel. Die in den Fonds gehandelten Level bewegten sich im Bereich um 94. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest auf Grundlage der Angaben des gesondert Verfolgten KI sowie des Zeugen UA. Dieser hat als Mitarbeiter des Bundeszentralamtes für Steuern auf Grundlage von Erläuterungen des Zeugen JC eine Excel-Tabelle zur Berechnung der Dividendenlevel erstellt, die anschließend von weiteren Mitarbeitern des Bundeszentralamtes für Steuern für sämtliche durch den BC German Equity Special Fund durchgeführten Transaktionen herangezogen wurde. Die Kammer hat sich die Berechnungen durch den Zeugen UA in der Hauptverhandlung erläutern lassen und zweifelt an deren Richtigkeit nicht, zumal sowohl der Sachverständige Prof. Dr. JA als auch der gesondert Verfolgte KI bestätigt haben, dass die den Berechnungen zugrunde liegende Formel geeignet ist, die Höhe der Dividendenlevel verlässlich zu berechnen. Die Kammer hat sich ferner unter Abgleich sämtlicher Handelsbelege davon überzeugt, dass die gehandelten Stückzahlen und Preise von den Zeugen zutreffend in die von ihnen herangezogene Formel eingestellt und hiervon ausgehend zutreffend Level von um die 94 berechnet wurden. Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass die am Markt tatsächlich gehandelten Level deutlich unter 94, vermutlich im Bereich 83, jedenfalls aber nicht höher als 84 lagen. Dies vor dem Hintergrund, dass der gesondert Verfolgte KI geschildert hat, die von den YA Gesellschaften vereinnahmte Spanne („Spread“) habe der Differenz zwischen dem Markt- und dem Fondslevel entsprochen, wobei sich der Marktlevel im unteren 80er-Bereich bewegt habe. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der gesondert Verfolgte KI an dieser Stelle die Unwahrheit gesagt haben sollte. Im Übrigen hat auch der gesondert Verfolgte Dr. KK bestätigt, dass den Investoren die tatsächlich am Markt erzielbaren Preise nicht offenbart werden sollten. Auch diese Angabe ist plausibel, da eine Geheimhaltung der tatsächlich durch YA erwirtschafteten und mit den gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK geteilten Profite gegenüber den Investoren im Interesse der gesondert Verfolgten lag.
880Wie bereits dargelegt, ist ein Dividendenlevel im Bereich 83 bis 84 nach Einschätzung der Kammer ein sicherer Anhaltspunkt dafür, das auf der Verkäuferseite ein Leerverkäufer agiert hat und dass auf die Dividendenkompensationszahlung an keiner Stelle ein Steuerabzug erfolgt ist.
881dd) Die Feststellungen zum Sammelantragsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern beruhen insbesondere auf den Angaben der Zeugen StAR VB und LtRD RA. Der seit dem Jahr 2016 bei dem Bundeszentralamt für Steuern mit der Aufarbeitung von CumEx-Verfahren und unter anderem auch mit dem BC German Equity Special Fund betraute Zeuge VB hat die Abläufe des Steuererstattungsverfahrens und insbesondere den Aufbau des elektronischen Sammelantragsformulars erläutert. Ferner hat der Zeuge VB in Einklang mit den Angaben des Zeugen RA - im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Leiter des für die Erstattung von Kapitalertragsteuer zuständigen Referates - bekundet, die beim Bundeszentralamt für Steuern eingereichten Anträge seien rein EDV-basiert auf Plausibilität und Vollständigkeit geprüft worden. Auch die händischen Stichproben hätten keine Prüfung der materiellen Erstattungsvoraussetzungen beinhaltet. Insoweit hat der Zeuge RA auch bekundet, eine detaillierte Prüfung hätte nicht nur der gesetzgeberischen Intention widersprochen, mit dem elektronischen Sammelantragsverfahren ein effizientes Masseverfahren zur Verfügung zu stellen. Vielmehr hätte er aus damaliger Perspektive auch keinen Anlass gesehen, Detailprüfungen vorzunehmen, da man darauf vertraut habe, dass nur solche Erstattungsanträge gestellt werden, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erstattung tatsächlich vorliegen. Man habe nicht damit gerechnet, dass in erheblichem Umfang Anträge auf Steuererstattung gestellt werden, denen keine Steuerabführungen in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Hätte man hiervon Kenntnis gehabt, wäre es nicht zu den Erstattungen gekommen.
882Die Angaben des Zeugen RA sind überzeugend. Es leuchtet der Kammer ohne weiteres ein, dass auf Seiten des Bundeszentralamtes für Steuern trotz der bereits seit Jahren bekannten CumEx-Thematik auch im Jahr 2009 nicht damit gerechnet wurde, dass professionelle Marktakteure Fondsstrukturen aufsetzen, deren alleiniges Ziel darin besteht, durch großvolumige Aktientransaktionen um den Dividendenstichtag Steuererstattungen im deutlich zweistelligen Millionenbereich zu erlangen, denen keine Steuereinbehalte in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Spätestens seit Erlass des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 konnten Mitarbeiter des Bundeszentralamtes für Steuern angesichts der darin zum Ausdruck gebrachten Missbilligung entsprechender Transaktionen darauf vertrauen, dass diese nicht mehr gezielt durchgeführt werden.
883Soweit der Zeuge RD a.D. HI - im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter im Bundeszentralamt für Steuern - zunächst ausgesagt hat, es habe allgemeiner Meinung entsprochen, dass Steuererstattungen bei CumEx-Transaktionen über den Dividendenstichtag zugunsten des Leerkäufers stets zu erfolgen haben, folgt hieraus nichts Abweichendes. Denn der Zeuge hat auf Nachfrage konkretisiert, diese Äußerung beruhe ausschließlich auf seiner Wahrnehmung, dass die Steuern in entsprechenden Fallgestaltungen tatsächlich erstattet wurden. Kenntnisse darüber, wie das Steuererstattungsverfahren im Einzelnen ausgestaltet war und über welche Informationen die in die Steuererstattung eingebundenen Mitarbeiter überhaupt verfügten, habe er nicht, zumal er selbst im Bundeszentralamt für Steuern auch nicht in der Abteilung tätig gewesen sei, in deren Zuständigkeit die Erstattung von Kapitalertragsteuer fiel. Er habe zu keinem Zeitpunkt Rücksprache mit Kollegen zu der Frage gehalten, unter welchen Voraussetzungen ein CumEx-Leerkäufer einen Anspruch auf Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer habe. Insoweit hat der Zeuge zuletzt auf ausdrückliche Nachfrage eingeräumt, er könne an seiner Einschätzung, ein Anrechnungsanspruch des CumEx-Leerkäufers sei nach damals einhelliger Auffassung begründet gewesen, nicht festhalten.
884Die singuläre Einschätzung des Zeugen HI ist nicht geeignet, die nachvollziehbaren Angaben des Zeugen RA in Zweifel zu ziehen. Abgesehen hiervon hat aber auch der Zeuge HI angegeben, ab dem BMF-Schreiben vom 05.05.2009 sei klar gewesen, dass entsprechende Geschäfte nicht gewollt und wohl auch rechtswidrig seien. Dies deckt sich wiederum mit der vorstehenden Würdigung, wonach es ohne weiteres plausibel ist, dass Mitarbeiter des Bundeszentralamtes für Steuern jedenfalls nach Verabschiedung dieses Schreibens nicht damit rechneten, dass in nennenswertem Umfang Erstattungsanträge auf Grundlage von CumEx-Leerkaufmodellen eingereicht werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der früheste Erstattungsantrag für den BC German Equity Special Fund - wie aus den entsprechenden Anträgen hervorgeht - am 14.05.2009 und damit nach Verabschiedung des BMF-Schreibens beim Bundeszentralamt für Steuern eingereicht wurde.
885Die Feststellungen zu der Kontaktaufnahme des gesondert Verfolgten Dr. YE im Anschluss an die vorübergehende Weigerung der YF GmbH, die Dividendenkompensationszahlungen gutzuschreiben, gründen auf der Email des gesondert Verfolgten Dr. YE vom 06.05.2009 („YG Bank – Kapitalertragsteuer / Nettodividende“). Hierin weist der gesondert Verfolgte Dr. YE den Angeklagten darauf hin, von dem gesondert Verfolgten PI erfahren zu haben, dass die YG Bank dem Fonds weder die „Kapitalertragsteuer“ noch die „Nettodividende“ gutgeschrieben habe. Angesichts der drohenden Folgen für die Investoren sei ein Eingreifen erforderlich, worum der gesondert Verfolgte Dr. YE den Angeklagten bitte.
886Die Feststellungen zu den Auszahlungen der auf die Sammelanträge entfallenden Steuerbeträge in Höhe von insgesamt 60.804.925,00 Euro beruhen auf den sog. KStR-Datenbankauskünften. Der Zeuge VB hat insoweit bekundet, dass das Bundeszentralamt für Steuern Sammelanträge und die hierauf ergangenen Bescheide nicht in Originalform aufbewahrt, sondern lediglich die wesentlichen Inhalte in einer elektronischen Datenbank zusammenfasst. Diese können den KStR-Datenbankauskünften entnommen werden, aus denen jeweils für eine bestimmte Aktiengattung und für einen bestimmten Antragsteller hervorgeht, in welchem Umfang Kapitalertragsteuern erstattet wurden. Der Aufbau der Datenbankauskünfte wurde von dem Zeugen VB erläutert. Die Kammer konnte hieraus nachvollziehen, dass die erstatteten 60.804.925,00 Euro auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen des BC German Equity Special Fund entfallen.
887Die Feststellungen zu den Haftungsbescheiden beruhen auf den diesbezüglichen Angaben des Zeugen VB. Diese werden durch den Inhalt des gegenüber dem Angeklagten am 04.11.2020 erlassenen Haftungsbescheides bestätigt.
Die Feststellungen zu den im Vorfeld der Dividendensaison getroffenen Vorbereitungen beruhen insbesondere auf den Angaben des gesondert Verfolgten KI. Dieser hat die Eigenhandelsaktivitäten der HC Bank, insbesondere die Handelsstrategie und die Planung der Geschäfte durch die YA Gesellschaften im Vorfeld der Dividendensaison, den Feststellungen entsprechend geschildert und insoweit angegeben, diese seien im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum und somit auch im Jahr 2009 identisch strukturiert worden. Auch hat er ausgesagt, dass das „Investment Partnership Agreement“ aus dem Vorjahr weitgehend inhaltsgleich fortgeschrieben worden sei.
889Die Feststellungen zur Kenntnis des Angeklagten von der Fortschreibung des „Investment Partnership Agreement“ gründen auf seiner eigenen Einlassung. Dass er gegenüber anderen Angehörigen der HC Bank, unter anderem dem gesondert Verfolgten Dr. NC, Einzelheiten der zu handelnden Aktiengattungen erläuterte, geht insbesondere aus dem von ihm verfassten Vermerk vom 16.01.2009 „Single Future Struktur“ hervor, der den festgestellten Inhalt aufweist. Dass der Angeklagte auch im Jahr 2009 als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling tätig war, steht aufgrund seiner eigenen Einlassung fest.
Der gesondert Verfolgte KI hat auch die an den jeweiligen Handelstagen ausgeführten Tätigkeiten entsprechend der Feststellungen geschildert. Zur Würdigung seiner Aussagen wird auf die Ausführungen zum Eigenhandel in 2007 und 2008 Bezug genommen.
891Die Feststellungen zu den Aktienkauf- und Futureverkaufgeschäften beruhen auf den von der HC Bank erstellten Wertpapier- und Future-Abrechnungen. Diesen können die gehandelten Stückzahlen, Preise und Handelsdaten entnommen werden. Aus den Wertpapierabrechnungen geht ferner hervor, dass die HC Bank die festgestellten Käufe und Verkäufe außerbörslich als Festpreisgeschäfte durchgeführt hat. Die entsprechenden Belege der XD weisen insoweit jeweils aus, dass die Aktien erst nach dem Tag der Hauptversammlung geliefert wurden. Die von der HC Bank hinsichtlich der gegenläufigen Verkaufsfutures erstellten Future-Abrechnungen weisen deren Anzahl sowie die vereinbarten Preise aus. Aus dem jeweiligen Zusatz „Börse FFM - Eurex (OTC)“ geht wiederum hervor, dass die Futures zunächst außerbörslich verkauft und anschließend über die Börse Eurex abgewickelt wurden.
892Die getroffenen Feststellungen zu den von der HC Bank ausgestellten Steuerbescheinigungen beruhen auf den Urkunden selbst.
Auch im Hinblick auf die Eigenhandelsfälle des Jahres 2009 hat der gesondert Verfolgte KI bekundet, im Vorfeld der Dividendensaison seien die erforderlichen Absprachen mit Leerverkäufern und Stückegebern getroffen worden. Am jeweiligen Handelstag seien die Transaktionen dann unter Anpassung an die tagesaktuellen Börsenpreise entsprechend dieser Absprachen durchgeführt worden. Profite aus den Transaktionen hätten dadurch generiert werden sollen, dass auf der Leerverkäuferseite ein Steuerabzug nicht erfolgte. Wie bereits dargelegt, schlussfolgert die Kammer bereits aus dem Umstand, dass in allen Fällen eine Ex-Eindeckung für den Verkäufer organisiert werden musste, dass es sich um Leerverkäufe handelte. Auch in diesem Zusammenhang sind Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des gesondert Verfolgten KI nicht begründet. Insoweit wird auf die Würdigung seiner Angaben zu den Fällen 1 und 2 Bezug genommen.
894Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass weder die Leerverkäuferseite noch eine andere Stelle im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet worden ist. Insoweit gilt ergänzend zu den obigen Ausführungen:
895aa) Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die im Jahr 2009 bei den Verkaufsfutures der HC Bank eingepreisten Dividendenlevel sich nur knapp über 80 bewegten. Damit lagen sie noch weit deutlicher unter denjenigen, die im Rahmen eines CumCum-Geschäfts vereinbart worden wären. Dies schlussfolgert die Kammer daraus, dass der Angeklagte KI zu verstehen gegeben hat, die Geschäfte im HC Eigenhandel seien mit den bestmöglichen am Markt erzielbaren Dividendenleveln gehandelt worden, da ein möglichst niedriger Level den Profit auch der YA Gesellschaften gesteigert hätte. Die Kammer hat insoweit keinerlei Zweifel daran, dass der gesondert Verfolgte KI aufgrund seiner Markterfahrung in der Lage war, zu den üblichen Marktleveln zu handeln, die sich zu diesem Zeitpunkt nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der gesondert Verfolgten JC und KI im Bereich um 80 bewegten.
896Die vorstehende Einschätzung ist ferner durch diverse Urkunden objektiviert. Im Rahmen eines zwischen den gesondert Verfolgten TB und PI am 23.01.2009 geführten Chats, der die Aktiengattung ThyssenKrupp AG betrifft, wird seitens des gesondert Verfolgten TB nachgefragt, ob der Level mit 82, 83 oder 79 % im Rahmen der Kalkulation Berücksichtigung finden soll. Hierauf weist der gesondert Verfolgte PI darauf hin, dass der Markt gegenwärtig einen Level von 82 % hergebe. Hierin kommt nach Einschätzung der Kammer die Vorstellung der gesondert Verfolgten TB und PI zum Ausdruck, dass es möglich sei, am Markt Level um die 79 zu erzielen, wohingegen Level im Bereich 82 oder 83 eher die regelmäßig zu erwartenden Preise abbilden würden. Dies deckt sich mit den Angaben der Zeugen KI und JC zu den im Jahr 2009 erzielbaren Dividendenleveln. Wie bereits dargelegt, ist ein Dividendenlevel von 83 oder darunter nach Einschätzung der Kammer im hiesigen Kontext ein sicherer Indikator für das Vorliegen eines CumEx-Leerkaufgeschäfts, bei dem auf die Dividendenkompensationszahlung ein Steuerabzug an keiner Stelle vorgenommen wird.
897bb) Auch die Geschäfte im Jahr 2009 wurden in erheblichem Umfang mit SA als Broker durchgeführt, wobei wiederum die XH AG als Depotbank agierte. Die Ausführungen für das Jahr 2007 hinsichtlich des nicht erfolgten Steuerabzugs durch die XH AG gelten insoweit entsprechend.
898cc) Obgleich ausweislich der Wertpapierabrechnungen eine Lieferfrist von t+2 für die Stücke vereinbart wurde, wurden zahlreiche Stücke später als zwei Handelstage nach dem Schlusstag und damit verspätet in das Depot der HC Bank gebucht. Dies betrifft die Aktiengattungen Bayer AG, Daimler AG, Deutsche Lufthansa AG, Douglas Holding AG, E.ON AG, Fresenius Medical Care KGaA, Henkel AG & Co. KGaA, K+S AG, Linde AG, METRO AG, RWE AG, Siemens AG und ThyssenKrupp AG. Entsprechende Spätlieferungen wären bei Inhaberverkäufen nicht zu erwarten.
899dd) Bei einer Gesamtschau der vorstehend dargestellten Umstände hat die Kammer keine Zweifel, dass es sich auch bei den Eigenhandelsgeschäften der HC Bank im Jahr 2009 um CumEx-Leerverkäufe handelte, bei denen keine Stelle im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung mit der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet wurde. Dies folgt für die Kammer auch in diesem Fall bereits aus der Preisgestaltung der Single-Stock-Future-Geschäfte, die sich anders nicht erklären lässt, sowie aus den ergänzenden Angaben der gesondert Verfolgten KI und Dr. KK. Die Umstände, dass es daneben zu cumex-typischen Spätlieferungen kam, sich die XH AG als Depotbank des Brokers SA nicht zum Steuerabzug verpflichtet fühlte und eine konsequente Abwicklung der Geschäfte über den Dividendenstichtag im Falle der Verfolgung einer reinen CumCum-Strategie keinen Sinn ergeben würde, runden dieses Bild nur noch ab.
Die Feststellungen zur Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK beruhen auf der Rechnung der Bank KB vom 06.08.2009, der Inaugenscheinnahme der darauf befindlichen Unterschriften sowie auf den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK.
Die getroffenen Feststellungen zu der Steuererklärung und zu der Entscheidung des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 05.04.2011 folgen aus den betreffenden Urkunden selbst, zu deren Inhalten die Kammer zudem auch die Zeugin LC vom Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg vernommen hat. Diese hat wiederum die Arbeitsabläufe beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg entsprechend der getroffenen Feststellungen bestätigt und angegeben, dass in keiner der mit der Steuererklärung vorgelegten Urkunden ergänzende Erläuterungen zu den den Steueranrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalten enthalten waren.
902Aus der Steuererklärung der HC Gruppe vom 01.03.2011 sind die Unterschriften der gesondert Verfolgten Dr. NC und HC deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation dieser Unterschriften gelten die zu den Fällen 1 und 2 dargestellten Ausführungen entsprechend. Der Umstand, dass die Zeugin LC zu einem Zeitpunkt vernommen wurde, zu dem später beigezogene Akten des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg noch nicht Aktenbestandteil waren, steht der Überzeugungskraft ihrer Angaben zu den Vorgängen im Jahr 2011 nicht entgegen, da diese durch Inhalte der Steuererklärungen und -bescheide tatsächlich bestätigt wurden.
903Die Feststellung, dass der Angeklagte die Steuererklärung vor deren Vorlage bei den gesondert Verfolgten Dr. NC und HC vollständig überprüft hat, entspricht wiederum seiner Einlassung und den Angaben der Zeugin LF. Dass er die Steuererklärung in diesem Zusammenhang auch paraphiert hat, konnte durch den Abgleich der auf der Steuererklärung erkennbaren Paraphe mit diversen Urkunden, insbesondere dem Arbeitsvertrag des Angeklagten, verifiziert werden, auf denen die Paraphe ebenfalls gut erkennbar ist.
904Dass die auf die zu Fall 3 festgestellten Aktiengeschäfte entfallenden Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen zum Gegenstand der Angaben in Anlage WA zur Steuererklärung vom 01.03.2011 gemacht worden sind, schlussfolgert die Kammer wiederum daraus, dass hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Aktiengattungen die entsprechenden Steuerbescheinigungen mitsamt der Steuererklärung an das Finanzamt für Großunternehmen übermittelt wurden. Dass die zur Anrechnung gebrachten - und dementsprechend die verfahrensgegenständlichen - Steuerbeträge durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg tatsächlich in vollem Umfang angerechnet wurden, ergibt sich unmittelbar aus dem Bescheid vom 05.04.2011 und wurde im Übrigen durch die Zeugin LC bestätigt.
aa) Die Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte Sinn und Zweck des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 sowie der Entwürfe hierzu erfasst und erkannt hat, dass die Aktivitäten im Eigenhandel der HC Bank sowie die geplanten Geschäfte des BC German Equity Special Fund hierunter fallen, gründen auf den ab März 2009 durch zahlreiche Urkunden objektivierten Kommunikations- und Gesprächsinhalten. Auf die diesbezüglichen Ausführungen unter B.IV.1.f)aa)(4)(d) wird vollumfänglich Bezug genommen.
906bb) Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer von der Kenntnis des Angeklagten vom Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung sowohl im Zeitpunkt der Planung und Durchführung der Transaktionen als auch bei der Prüfung und Paraphierung der Steuererklärung im März 2011 gelten die Ausführungen zu Fall 1 und 2 entsprechend. Es sind in der Zwischenzeit keine Umstände eingetreten, die den Schluss nahe legen, der Angeklagte habe nunmehr darauf vertraut, es kämen Inhaberverkäufe zum Tragen oder die Steuer auf die Dividendenkompensationszahlung würde beim Leerverkäufer oder bei irgend einer anderen Stelle in Abzug gebracht. Vielmehr wurden 16 der im Jahr 2009 insgesamt gehandelten 21 Aktiengattungen erst nach dem 31.03.2009 gehandelt, an den sich die unter Beteiligung des Angeklagten geführte Diskussion über die Auswirkungen des BMF-Schreibens angeschlossen hat. Gerade diese belegt nach Einschätzung der Kammer aber - wie bereits mehrfach dargelegt - deutlich seine Kenntnis von den Details der im Eigenhandel umgesetzten CumEx-Struktur. Zugleich erwirtschaftete die HC Bank in der Dividendensaison des Jahres 2009 infolge des weiteren Absinkens der Dividendenlevel noch höhere Profite, die mit der Durchführung von CumCum-Transaktionen nicht ansatzweise hätten erklärt werden können. Auch wenn der Angeklagte die genauen Dividendenlevel nicht gekannt haben mag, schließt die Kammer aus, dass ihm vollkommen verborgen geblieben ist, welche Profitverteilungen bei CumCum- und bei CumEx-Geschäften am Markt typischerweise vereinbart werden.
907Die Überzeugung der Kammer von der Kenntnis des Angeklagten, dass von dem in der Anlage WA zur Anrechnung gebrachten Betrag 46.779.448,31 Euro auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen entfielen, folgt daraus, dass der Angeklagte die Steuererklärung inhaltlich überprüft und hierbei auch die auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen entfallenden Steuerbescheinigungen zur Kenntnis genommen hat. Ferner hat der Angeklagte sich auch dahin eingelassen, er sei fortlaufend über die einzelnen Geschäfte informiert worden, um diese unter bilanziellen Gesichtspunkten prüfen zu können. Im Übrigen entspricht es der Rolle des Angeklagten als „Projekt-Mentor“, dass ihm sämtliche Details der durchgeführten Transaktionen mitgeteilt werden.
908cc) Die Überzeugung der Kammer vom Vorstellungsbild des Angeklagten hinsichtlich der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK gründet auf seiner Einbindung in die diesbezüglichen Vorgänge in den Jahren 2006 bis 2008 und auf seiner Zeichnung der Rechnung der Bank KB vom 06.08.2009. Es sind keine Umstände erkennbar, warum der Angeklagte zwischenzeitlich die Überzeugung erlangt haben sollte, die Rechnung der Bank KB habe einen realen Hintergrund dergestalt, dass diese der HC Bank Kontakt zu im Ausland geführten Aktiendepots vermittelt habe.
909dd) Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannt hatte, dass auf die im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Geschäfte begehrten Steueranrechnungen nach den maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften kein Anspruch besteht, gelten die diesbezüglichen Ausführungen zu Fall 1 und 2 in vollem Umfang entsprechend. Es sind in der Zwischenzeit keine Umstände eingetreten, auf deren Grundlage sich das Vorstellungsbild des Angeklagten hätte ändern können.
910(1) Eine Änderung der steuerrechtlichen Bewertung durch den Angeklagten ist zur Überzeugung der Kammer nicht dadurch eingetreten, dass die von dem BMF-Schreiben geforderten Berufsträgerbescheinigungen für die Geschäfte der HC Bank tatsächlich erstellt wurden. Denn diese dokumentieren allein einen etwaigen Kenntnisstand des Berufsträgers vom Vorliegen von Leerverkäufen bzw. diesbezüglichen Absprachen, wohingegen der Angeklagte schon im Jahr 2007 jedenfalls die Möglichkeit erkannt hatte, bereits das - objektive - Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug habe zur Folge, dass ein Anspruch des Leerkäufers auf die Steueranrechnung nicht begründet ist.
911Auch der Umstand, dass der Angeklagte im Jahr 2009 mitbekommen hatte, dass die in Fall 1 beantragten Steueranrechnungen tatsächlich gewährt wurden, hat bei ihm nach Einschätzung der Kammer nicht die Überzeugung begründet, dass der Anspruch sicher begründet ist. Denn der Angeklagte wusste, dass die Entscheidung der Finanzverwaltung allein auf Grundlage der Mitteilungen in der Steuererklärung sowie den Steuerbescheinigungen erfolgt war und dass dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg das Vorliegen von Leerverkäufen sowie der nicht erfolgte Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen nicht mitgeteilt worden waren.
912(2) Gestützt wird die Überzeugung der Kammer von der steuerrechtlichen Bewertung der verfahrensgegenständlichen Geschäfte durch den Angeklagten im Übrigen auch durch seine Einbindung in diverse im Jahr 2009 geführte Gespräche, in denen das Risiko erörtert wurde, dass es bei den Transaktionen des BC German Equity Special Fund eventuell nicht zu einer Steuererstattung kommt. Da der Angeklagte erfasst hatte, dass die Geschäfte des Fonds ihrer Struktur nach denjenigen im Eigenhandel der HC Bank in weiten Teilen entsprachen, steht für die Kammer zugleich fest, dass er die in diesem Zusammenhang erörterten Gesichtspunkte gleichermaßen auf die Eigenhandelsgeschäfte bezog.
913(a) Auf Vorhalt des Vermerks „Gespräch mit den Herren JB und Dr. PA zu BC German Equity Special Funds am 29.02.2009“ erklärte der Angeklagte, er gehe davon aus, dass er bei diesem Gespräch nicht zugegen gewesen sei. Er könne sich auch nicht daran erinnern, dass der gesondert Verfolgte HB - wie in dem Vermerk festgehalten - „Bauchschmerzen“ mit den Geschäften des Fonds gehabt habe. Bezogen auf die Bedenken des gesondert Verfolgten HB findet sich in dem Vermerk indes folgende Handlungsempfehlung: „Dies sollte Herrn KD zur Kenntnis gebracht werden.“ Am Ende des Vermerks heißt es zudem wörtlich: „Im Nachgang sagte Herr KD Herrn JB, dass er dafür sorgen müsse, dass das `Steuerrisiko` im Fonds bleibe, bis das Risiko ausgeschlossen ist.“ Hiermit konfrontiert, hat der Angeklagte sich auf mangelnde Erinnerung an ein solches Gespräch berufen. Allerdings hat er die sachliche Richtigkeit des Vermerks nicht in Zweifel gezogen.
914Nach dem Vorstehenden hat der Angeklagte entgegen seiner Einlassung zu den Eigenhandelsgeschäften nicht in Abrede gestellt, ein „Steuerrisiko“ der strukturell gleichgelagerten Fonds-Geschäfte als Problem erkannt zu haben. Dem Wortlaut des Zitats lässt sich entnehmen, dass aus Sicht des Angeklagten ein steuerliches Risiko in Kauf genommen werden konnte, solange dieses im Fonds blieb. Nach Auffassung der Kammer fügt sich die Annahme, dass das Steuerrisiko auf den Fonds beschränkt werden könnte, nahtlos zu der von dem gesondert Verfolgten Dr. KK geschilderten Empfehlung, den Fonds so bald wie möglich nach der Dividendensaison aufzulösen, wodurch eine Rückforderung der Steuererstattung faktisch ausgeschlossen werde. Zur Überzeugung der Kammer spricht der Vermerk nicht nur dafür, dass der Angeklagte in wesentliche Entscheidungen betreffend die Geschäfte der Fonds eingebunden war, sondern auch dafür, dass er auch die Möglichkeit erkannt hatte, dass ein Anspruch auf Steuererstattung bei den Fondsgeschäften nicht begründet sein könnte. Denn gerade diese Einschätzung macht das Bestreben des Angeklagten erklärlich, einen finanziellen Nachteil für die HE im Falle einer Realisierung des von ihm erkannten Risikos einer Versagung der Steuererstattung oder einer Rückforderung von zuvor erstatteten Steuern zu vermeiden, indem dieses auf den Fonds verlagert wird. Irgendwelche hiervon abweichenden, plausiblen Erklärungsversuche hat der Angeklagte nicht unternommen. Vielmehr hat er sich pauschal auf seine fehlende Erinnerung an den Vorgang berufen.
915(b) In einer Email des gesondert Verfolgten Dr. PA vom 06.04.2009 („Fund Trading Strategy“), deren einziger Adressat der Angeklagte war, hinterfragt der Verfasser die Behauptung des gesondert Verfolgten PI, es handele sich bei den Futures, die bei dem Fonds gehandelt werden sollten, um ein börsengehandeltes Produkt. Hiergegen spreche bereits die Bezeichnung „OTC Flexible Futures“. Auch verweise LIFFE bei den BClear-Produkten auf die „Verbindung der Flexibilität von OTC-Produkten mit der Nutzung eines zentralen Clearings und Settlements“. In der Tat ließen sich diese Produkte individuell ausgestalten, was allerdings auch das Vorhandensein einer entsprechenden Gegenseite voraussetze. Damit stelle sich die Frage, ob die Geschäfte nicht doch generell als OTC-Geschäfte klassifiziert würden, für die EUREX bzw. LIFFE lediglich als Plattform genutzt werde.
916Der Angeklagte blieb auch vor dem Hintergrund des vorstehend zusammengefassten Email-Inhaltes bei seiner Behauptung, er habe sich inhaltlich nicht mit den Geschäften des Fonds auseinandergesetzt und sei in diese auch nicht eingebunden gewesen. Warum ihm das Vorstehende von Dr. PA überhaupt mitgeteilt worden sei, wisse er nicht. Es sei von ihm da auch nichts verlangt worden, soweit er sich erinnern könne.
917Dem Angeklagten musste sich bei Lektüre der Email unter Berücksichtigung seines damaligen Wissensstandes aufdrängen, dass es sich bei den Futures um individuell ausgestaltete Produkte handelte, bei denen nur der Anschein erweckt werden sollte, dass die Gegenseite zufällig aufgrund des Gesetzes von Angebot und Nachfrage über die Börse gefunden wird, und dass die Behauptung des gesondert Verfolgten PI, es handele sich dabei um kein OTC-Geschäft, gerade nicht zutrifft. Damit waren aber auch Absprachen zwischen dem gesondert Verfolgten PI und der Gegenseite, ggfs. unter Einschaltung weiterer Mittelspersonen, gerade nicht ausgeschlossen.
918(c) Auch aus der Email des gesondert Verfolgten Dr. PA an den Angeklagten vom 06.04.2009 „Zwischenstand YG“ geht hervor, dass der Angeklagte über rechtliche Bedenken hinsichtlich der begehrten Steuererstattungen für den Fonds im Bilde war. Denn hierin führt der gesondert Verfolgte Dr. PA gerade aus, dass sich Anzeichen verdichten würden, wonach sich der „Prime Broker PH aufgrund der Rechtslage zurückziehen wird“. Soweit der Angeklagte sich auch in diesem Zusammenhang dahingehend eingelassen hat, er könne sich an diesen Vorgang nicht erinnern, schließt die Kammer aus, dass er im April des Jahres 2009 nicht mitbekommen hat, dass einzelne Marktakteure Bedenken hinsichtlich der Transaktionen äußerten. Hiergegen spricht zum einen, dass auch die Email vom 06.04.2009 vorrangig an ihn gerichtet war, wohingegen die gesondert Verfolgten TB und Dr. RC in dieser nur in CC gesetzt sind. Zum anderen war der Angeklagte aktiv in die Diskussionen um die Auswirkungen des BMF-Schreibens eingebunden und hatte die Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Depotbank mitbekommen.
919(3) Dass der Angeklagte die von ihm erkannte Möglichkeit, wonach ein Anrechnungsanspruch der HC Bank hinsichtlich der im Jahr 2009 durchgeführten Geschäfte nicht begründet ist, auch billigte, steht zur Überzeugung der Kammer aus den gleichen Gründen fest, die bereits zu den Fällen 1 und 2 dargestellt wurden. Diese liegen auch für das Steuerjahr 2009 vor.
aa) Die Feststellungen zur Planung und Aufsetzung des BC German Hedge Fund unter Einbeziehung der HE, der YA Gesellschaften und der XG eG zum Zwecke der Durchführung von CumEx-Leerkauftransaktionen beruhen auf den Angaben der gesondert Verfolgten KI und Dr. KK. Diese haben die Struktur des Fonds, die von diesem verfolgte Strategie und die Beratung der HE durch die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK entsprechend der Feststellungen und unter detaillierter Darlegung ihrer eigenen Beteiligung geschildert. Ihre Angaben stimmen mit dem Inhalt diverser Urkunden überein, insbesondere mit dem „Depotbankvertrag zwischen der HD GmbH und der XG“ vom 29.04.2010 sowie dem „Ausführlichen Verkaufsprospekt einschließlich Vertragsbedingungen – Stand: Oktober 2010 BC German Hedge Fund“.
921Die Feststellungen zum Inhalt der Partnervorlage vom 06.01.2010 und zu deren Unterzeichnung durch den Angeklagten beruhen auf der Urkunde selbst sowie auf der Inaugenscheinnahme der gut leserlichen Unterschrift. Diese konnte durch Abgleich mit dem auf diversen anderen Urkunden angebrachten Schriftzug als diejenige des Angeklagten identifiziert werden.
922Die Feststellungen zur Suche nach der Depotbank beruhen auf den diesbezüglichen Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK. Die Einbindung des Angeklagten in Gespräche über die Depotbankfunktion der XG eG sowie seine fortlaufende Unterrichtung über Einzelheiten der Fondsstruktur beruhen auf den von dem gesondert Verfolgten Dr. RC verfassten Urkunden „Notiz für Herrn KD“ vom 20.04.2010 und „Gesprächsnotiz“ vom 27.04.2010. Diesen ist zu entnehmen, dass der Angeklagte am 27.04.2010 an einem Gespräch teilnahm, in dem insbesondere die Höhe der Provisionen der HE sowie die Ausführung der Depotbankfunktion durch die XG eG erörtert wurden. In der „Notiz für Herrn KD“ fasste der gesondert Verfolgte Dr. RC für den Angeklagten die Inhalte mehrere Gespräche mit dem Angeklagten und den gesondert Verfolgten Dr. YE, Dr. WA und Dr. PA zusammen, in denen auf die Frage eingegangen wurde, ob die HC Bank bei dem BC German Hedge Fund als Zwischenverwahrer agieren könne.
923bb) Die Feststellungen zu den Aktiengeschäften des BC German Hedge Fund beruhen auf den Wertpapierabrechnungen der XG eG und auf den Transaktionsbestätigungen der Broker WB und SA, insbesondere in Gestalt von Mail-Nachrichten. Soweit die Urkunden englische Passagen enthalten, sind diese von dem Sachverständigen Dr. KC im Rahmen der Hauptverhandlung übersetzt worden. Im Übrigen war die Kammer aufgrund eigener Sprachkenntnisse ohne weiteres in der Lage, den Inhalt der entsprechenden Urkunden nachzuvollziehen. Zu den einzelnen Urkunden hat die Kammer ferner die Zeugin IB gehört, die als Mitarbeiterin des Bundeszentralamtes für Steuern auf Grundlage der aus den Urkunden ersichtlichen Parameter der Aktien- und Futuregeschäfte die sich für die einzelnen Geschäfte ergebenden Dividendenlevel berechnet hat. Hierbei hat die Zeugin auf eine Berechnungsformel zurückgegriffen, die sowohl von dem Sachverständigen Prof. Dr. JA als auch von den gesondert Verfolgten KI und JC als valide Berechnungsgrundlage bestätigt wurde.
924Auf Grundlage der Transaktionsbelege sowie der Angaben der Zeugin IB steht fest, dass es sich bei den festgestellten Geschäften um CumEx-Geschäfte handelte. Die Wertpapierabrechnungen der XG eG weisen aus, dass die Aktien jeweils außerbörslich erworben wurden. Der gesondert Verfolgte KI hat angegeben, dass im Rahmen der Geschäfte des BC German Hedge Fund auf der Verkäuferseite Leerverkäufer agierten und Lieferfristen von bis zu vier Tagen („t+4“) vereinbart wurden. Dieser hat darüber hinaus die Rolle der YA Gesellschaften bei den im Vorfeld getroffenen Absprachen sowie deren wesentlichen Inhalt - einschließlich der Bepreisung der Dividendenlevel - entsprechend der Feststellungen geschildert.
925cc) Die Kammer ist auch hinsichtlich der Geschäfte des BC German Hedge Fund davon überzeugt, dass auf die seitens des Fonds bezogenen Kompensationszahlungen weder die Aktienverkäufer noch andere Stellen mit Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen belastet worden sind. Dies folgt zunächst aus den Angaben der gesondert Verfolgten Dr. KK und KI, die bestätigt haben, dass durch den Fonds eine CumEx-Leerkaufstrategie ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung verfolgt werden sollte. Die Berechnungen der Zeugin IB haben darüber hinaus ergeben, dass die Aktien zu Dividendenleveln in den Fonds gehandelt wurden, die sich ganz überwiegend im Bereich zwischen 79,6 und 91 bewegten. Lediglich hinsichtlich fünf Aktiengattungen bewegten sich die Dividendenlevel im Bereich um 96 bzw. 97,9 und 97,84. Die Absicherungsfutures des BC German Hedge Fund wurden hiernach ganz überwiegend zu einem Kurs gehandelt, der weit unter demjenigen lag, den ein Aktieninhaber auf dem CumCum-Markt hätte erzielen können. Soweit hinsichtlich einzelner Aktiengattungen Dividendenlevel von über 97 vereinbart wurden, hat der gesondert Verfolgte KI dargelegt, dass auch bei der Berechnung der Preise für die Absicherungsgeschäfte des BC German Hedge Fund die Dividendenlevel dergestalt eingestellt wurden, dass den Investoren exakt die im Vorfeld versprochene Rendite ausgezahlt werden konnte. Im Übrigen vereinnahmten die YA Gesellschaften durch ihre Zwischenschaltung bei den Absicherungsgeschäften die Differenz zu dem mit der Verkäuferseite ausgehandelten Dividendenlevel. Der insoweit erzielte Profit belief sich nach den Angaben des gesondert Verfolgten KI jedenfalls auf zweistellige Dividendenpunkte, so dass tatsächlich bei keiner einzigen Aktiengattung ein Dividendenlevel von über 90 vereinbart worden war.
926Aufgrund der Preisgestaltung der Absicherungsgeschäfte sowie der ergänzenden Erläuterungen der gesondert Verfolgten Dr. KK und KI hat die Kammer keine vernünftigen Zweifel daran, dass den Aktienkäufen für den BC German Hedge Fund CumEx-Leerverkäufe ohne Steuerabzug zugrunde lagen. Bestätigt wird dies dadurch, dass der als Mitarbeiter des LKA mit der Aufarbeitung des BC German Hedge Fund betraute Zeuge IC dargelegt hat, dass die Aktien beim BC German Hedge Fund ganz überwiegend über ausländische Stellen gehandelt wurden. Bei diesen war schon von Gesetzes wegen keine Stelle verpflichtet, den Steuerabzug vorzunehmen.
927dd) Die Feststellungen zu den Inhalten der durch die XG eG erstellten elektronischen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen für Mai und Juni 2010 folgen aus den diesbezüglichen Ausdrucken der Anmeldungen vom 09.06.2010 und vom 12.07.2010. Dass auf Seiten des Finanzamtes Düsseldorf-Altstadt den Erstattungsanmeldungen am 30.07.2010 zugestimmt wurde, ergibt sich aus der diesbezüglichen Verfügung vom selben Tage sowie aus den Angaben der Zeugen RR KJ und StAFrau KF, die im betroffenen Zeitraum mit Fragen der Kapitalertragsteuer beim Finanzamt Düsseldorf-Altstadt betraut waren. Die Zeugen haben auch die weiteren Vorgänge um den BC German Hedge Fund den Feststellungen entsprechend geschildert.
Dass der Angeklagte im Rahmen einer Partnervorlage vom 06.01.2010 vorschlug, die CumEx-Aktiengeschäfte im Eigenhandel der HC Bank auch im Jahr 2010 fortzusetzen, folgt aus dem Inhalt der Urkunde selbst. Die Vorgänge in der Partnersitzung vom 12.01.2010 sind dokumentiert in dem „Protokoll Partnersitzung Nr. 2/2010“. Dass der Angeklagte auch im Januar 2010 noch Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling war, steht aufgrund seiner eigenen Einlassung fest.
929Die Feststellungen zur Fortschreibung des Investment Partnership Agreements zwischen der HC Bank und der YA Capital Ltd. beruhen auf den Angaben des gesondert Verfolgten KI. Dieser ist detailliert auf den Inhalt der Vereinbarung und insbesondere auf die Anpassung der Profitverteilung eingegangen. Hierbei hat er nachvollziehbar geschildert, die Anpassung zu Gunsten der HC Bank sei nach seiner Einschätzung erfolgt, weil sich dort zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt habe, die Geschäfte könnten auch ohne Mitwirkung der YA Gesellschaften durchgeführt werden. Ferner seien sich Verantwortliche der HC Bank darüber bewusst gewesen, dass durch die Absenkung der am Markt gehandelten Dividendenlevel auch die Profitmöglichkeiten bei CumEx-Leerkaufstrategien gestiegen seien. Dass der Angeklagte Kenntnis von der Fortschreibung der Vereinbarung hatte, entspricht seiner eigenen Einlassung. Diese steht im Einklang mit dem Umstand, dass der Angeklagte - insbesondere durch den gesondert Verfolgten TB - in den Jahren zuvor stets über die Details der Gespräche mit den gesondert Verfolgten PI und KI in Kenntnis gesetzt worden war und nicht erkennbar ist, warum dies im Jahr 2010 abweichend gehandhabt worden sein sollte, zumal in diesem Zusammenhang eine Steigerung der Profitbeteiligung der HC Bank vereinbart wurde.
Die Feststellungen zur Planung der konkreten Aktientransaktionen beruhen auf den Angaben des gesondert Verfolgten KI. Dieser hat dargelegt, dass auch im Jahr 2010 die identische Handelsstrategie durchgeführt wurde wie in den Vorjahren und dass zu diesem Zweck im Vorfeld der Dividendensaison Absprachen entsprechend der Feststellungen getroffen wurden. Die Kammer hat - entsprechend der Würdigung seiner Angaben zu den vorangegangenen Jahren - keinen Anlass, an seinen Ausführungen zu zweifeln, zumal diese durch die Beleglage zu den konkret gehandelten Aktiengeschäften bestätigt werden.
931Dass die HC Bank die festgestellten Aktien- und Futuregeschäfte durchgeführt hat, folgt aus den von ihr selbst erstellten Wertpapierabrechnungen und Dividendengutschriften. Anhand der Belege von XD hat die Kammer nachvollziehen können, dass sämtliche gehandelten Aktien jeweils erst nach dem Hauptversammlungstag in dem Depot der HC Bank gebucht wurden. Die von der HC Bank erstellten Abrechnungen zu den Verkaufsfutures lassen deren Anzahl sowie die vereinbarten Preise erkennen. Zugleich geht aus ihnen hervor, dass die Futures außerbörslich verkauft und anschließend über die Börse Eurex abgewickelt wurden. Die festgestellten Inhalte der seitens der HC Bank erstellten Steuerbescheinigungen ergeben sich aus den Urkunden selbst.
932Die Überzeugung der Kammer, dass die Transaktionen jedenfalls ab dem 11.05.2010 nur nach vorheriger Einzelzustimmung des Angeklagten durchgeführt wurden, gründet auf der Email des gesondert Verfolgten TB von diesem Tage „Planung in Bezug auf umzusetzende Transaktionen“. Hierin führt der gesondert Verfolgte TB unter anderem gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. NC aus, dass keine Transaktion - sei sie bereits vorhersehbar oder nicht - ohne vorhergehende Abstimmung mit dem Angeklagten zur Umsetzung kommen würde. Die Kammer schließt aus, dass der gesondert Verfolgte TB sich im Folgenden nicht an diese Zusage gehalten hat, zumal - wie bereits dargelegt - durch diverse Kommunikationsinhalte belegt ist, dass der gesondert Verfolgte TB bestrebt war, den Angeklagten fortlaufend über sämtliche wesentlichen Details der Aktiengeschäfte zu informieren.
Die Kammer ist auch hinsichtlich der im Jahr 2010 im Eigenhandel der HC Bank durchgeführten Geschäfte davon überzeugt, dass es sich um Leerkäufe handelte, bei denen an keiner Stelle auf die an die HC Bank gezahlte Kompensationszahlung Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Abzug gebracht worden ist. Die gesondert Verfolgten Dr. KK und KI haben hinsichtlich des gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraums bekundet, die Geschäfte hätten gerade die Intention verfolgt, aus der entsprechenden Wirkweise Profite zu generieren, und wären auch dementsprechend strukturiert und umgesetzt worden. Im Übrigen gründet die Überzeugung der Kammer - ergänzend zu den bereits oben dargestellten Erwägungen zum Vorliegen von Leerverkäufen - in diesem Zusammenhang auf folgenden Umständen:
934aa) Die Kammer ist überzeugt, dass die Preise der gegenläufigen Single Stock Futures konstant mit einem Dividendenlevel von um die 79 bepreist waren. Dies ergibt sich daraus, dass in der HC-internen Übersicht „Single Future-basierte Strukturierung“ festgehalten ist, der seitens der HC Bank im Vorfeld verhandelte Anteil an der Bruttodividende habe im Regelfall für die im Jahr 2010 getätigten Transaktionen bei 21 % gelegen. Hieraus ergibt sich im Gegenzug ein Dividendenlevel von 79. Dieses Ergebnis deckt sich auch damit, dass im Vorjahr Dividendenlevel von knapp über 80 gehandelt wurden und sowohl der gesondert Verfolgte KI als auch der gesondert Verfolgte JC bekundet haben, die Dividendenlevel seien bei CumEx-Leerkauftransaktionen während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums kontinuierlich gesunken.
935bb) Auch die Geschäfte im Jahr 2010 wurden in erheblichem Umfang mit SA als Vertragspartner durchgeführt, wobei wiederum die XH AG als Depotbank fungierte. Die Ausführungen für das Jahr 2007 hinsichtlich des nicht erfolgten Steuerabzugs durch die XH AG gelten insoweit entsprechend.
936cc) Neben diesen Umständen, die nach Einschätzung der Kammer bereits für sich genommen das Vorliegen von Leerverkäufen tragen, deuten auch diverse Spätlieferungen darauf hin, dass die Aktien nicht von Aktieninhabern, sondern von Leerverkäufern erworben wurden. Dies betrifft einzelne Stücke der Aktiengattungen Allianz SE, BASF SE, Bilfinger Berger AG, Deutsche Börse AG, Douglas Holding AG, E.ON AG, Fresenius Medical Care KGaA, Hannover Rückversicherung AG, Linde AG, MAN SE, Merck KGaA, Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG und RWE AG.
937dd) Bei einer Gesamtschau der vorstehend dargestellten Umstände hat die Kammer keine Zweifel, dass es sich auch bei den Eigenhandelsgeschäften der HC Bank im Jahr 2010 um CumEx-Leerverkäufe handelte, bei denen auf die Dividendenkompensationszahlungen bei keiner Stelle Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in Abzug gebracht worden sind. Dies folgt für die Kammer auch in diesem Zusammenhang bereits aus der Preisgestaltung der Single Stock Future-Geschäfte, die sich anders nicht erklären lässt, sowie aus den ergänzenden Angaben der gesondert Verfolgten KI und Dr. KK. Dass es daneben zu cumex-typischen Spätlieferungen kam, sich die XH AG als Depotbank des Brokers SA nicht zum Steuerabzug verpflichtet fühlte und eine konsequente Abwicklung der Geschäfte über den Dividendenstichtag im Falle der Verfolgung einer reinen CumCum-Strategie keinen Sinn ergeben würde, rundet dieses Bild nur noch ab.
Dass die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK entsprechend der Jahre zuvor mittels einer nicht leistungsunterlegten Rechnung der Schweizer Bank KB in dem festgestellten Umfang an den im Jahr 2010 aus den CumEx-Geschäften der HC Bank resultierenden Profiten beteiligt wurden, ergibt sich zunächst aus der entsprechenden Rechnung der Bank vom 12.07.2010. Auf dieser ist die in Augenschein genommene Paraphe des Angeklagten gut sichtbar erkennbar. Dass die Rechnung tatsächlich nicht leistungsunterlegt war und allein der Abwicklung der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK auf die festgestellte Art und Weise diente, hat der gesondert Verfolgte Dr. KK glaubhaft bekundet.
Die getroffenen Feststellungen zu den Inhalten der Steuererklärung und zu der Entscheidung des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 30.03.2012 folgen aus den betreffenden Urkunden selbst. Aus der Steuererklärung der HC Gruppe vom 27.02.2012 sind die Unterschriften des Angeklagten und des gesondert Verfolgten Dr. NC deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation der Unterschriften gelten die zu Fall 1 gemachten Ausführungen entsprechend.
940Dass die auf die zu Fall 4 festgestellten Aktiengeschäfte entfallenden Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen zum Gegenstand der Angaben in der Anlage WA zur Steuererklärung vom 27.02.2012 gemacht wurden, schlussfolgert die Kammer wiederum daraus, dass hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Aktiengattungen die entsprechenden Steuerbescheinigungen mitsamt der Steuererklärung an das Finanzamt für Großunternehmen übermittelt wurden. Dass die zur Anrechnung gebrachten und dementsprechend auch die verfahrensgegenständlichen Steuerbeträge durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg tatsächlich in vollem Umfang angerechnet wurden, ergibt sich unmittelbar aus dem Bescheid vom 30.03.2012 und wurde im Übrigen durch die Zeugin LC bestätigt. Auch den weiteren Ablauf bis zur Erstellung des Körperschaftsteuerbescheides hat die Zeugin LC entsprechend der Feststellungen glaubhaft geschildert. Diese hat ferner angegeben, dass in keiner der mit der Steuererklärung vorgelegten Urkunden ergänzende Erläuterungen zu den den Steueranrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalten enthalten waren.
aa) Die Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte erfasst hatte, dass die Geschäfte des BC German Hedge Fund in ihren wesentlichen Strukturen denjenigen des BC German Equity Special Fund sowie des Eigenhandels der HC Bank entsprechen würden, gründet auf diversen urkundlich belegten Kommunikationsinhalten. So ist in der von dem Angeklagten am 06.01.2010 erstellten „Vorlage für die Partnersitzung am 12.01.2010“ vermerkt, dass eine YA Gesellschaft die Auflage eines Fonds plane, der eine entsprechende Strategie verfolge wie die Single Future basierten Eigenhandelsgeschäfte der HC Bank. Zwar hat der Angeklagte ausgeführt, diese Passage in der Vorlage stamme nicht von ihm, sondern sei von einer anderen Abteilung in der Bank zugeliefert worden. Unabhängig davon, ob dies zutrifft, hat der Angeklagte jedoch nicht in Abrede gestellt, die entsprechende Formulierung vollständig zur Kenntnis genommen zu haben. Aus ihr geht indes gerade hervor, dass im Fonds genau solche Geschäfte geplant waren, die ihrem Wesen nach denjenigen der Eigenhandelsaktivitäten der HC Bank entsprachen.
942Dass der Angeklagte über Detailwissen zu der Fondsstruktur verfügte, belegt zur Überzeugung der Kammer ferner eine von dem gesondert Verfolgten Dr. WA am 16.04.2010 an ihn und den gesondert Verfolgten Dr. PA adressierte Email „WG: Depotbank“, in der Details des Steuererstattungsverfahrens unter Einschaltung der Depotbank sowie der Kapitalanlagegesellschaft erörtert werden. Ferner wird in der Email darauf eingegangen, dass sich ein Einbehalt potenzieller Rückforderungsbeträge im Fonds aufgrund der gewählten Fondskonstruktion nicht realisieren ließe, da diese Beträge zur unverzüglichen Rückführung „des Leverage“ benötigt würden. Vor diesem Hintergrund äußerte der gesondert Verfolgte Dr. WA ferner Zweifel, ob eine hinreichende Absicherung des Rückforderungsrisikos auf Ebene der Verwahrbank, der Depotbank, des Sondervermögens oder der Kapitalanlagegesellschaft möglich sei.
943Die Email vom 16.04.2010 ist nach Einschätzung der Kammer zunächst ein weiterer deutlicher Beleg dafür, dass der Angeklagte entgegen seiner Einlassung eng in die Beratungen hinsichtlich der Aufsetzung der Fondsstrukturen eingebunden war. Als widerlegt sieht die Kammer insbesondere die Einlassung des Angeklagten an, wonach Emails wie die hier betroffene weitgehend anlasslos an ihn versandt worden seien, ohne dass die Adressaten eine Reaktion seinerseits erwartet hätten. Die Email des gesondert Verfolgten Dr. WA betrifft Detailfragen der geplanten Fondsstruktur, insbesondere dahingehend, welche Akteure in diese eingebunden sind und auf welche Weise der Fonds das für die Aktiengeschäfte erforderliche Kapital generiert. Wenn der gesondert Verfolgte Dr. WA entsprechende Emails an den Angeklagten ohne weitergehende Erläuterungen übersendet, liegt dem offensichtlich die Annahme zu Grunde, der Angeklagte werde erfassen, worum es in der Email geht. Dies setzt aber wiederum voraus, dass dem gesondert Verfolgten Dr. WA im Rahmen von Gesprächen oder auf sonstige Weise durch den Angeklagten genau dieser Eindruck vermittelt worden ist. Abgesehen hiervon belegen aber auch zahlreiche Gesprächsvermerke, die Gegenstand der Beweisaufnahme waren, dass der Angeklagte an Gesprächen zu den Details der Fonds nicht nur beteiligt war, sondern diese aktiv mitgestaltet hat.
944Aus dem Inhalt der Email vom 16.04.2010 konnte der Angeklagte nicht nur ersehen, welche Akteure in die beabsichtigte Fondsstruktur eingebunden waren, vielmehr wird durch diese wiederum belegt, dass - entgegen der Einlassung des Angeklagten - steuerliche Risiken auch unter seiner Beteiligung eingehend erörtert wurden. Namentlich wies der gesondert Verfolgte Dr. WA gerade darauf hin, dass es nach seiner Einschätzung nicht möglich sein dürfte, im Fonds dauerhaft so viel Kapital zu bündeln, dass dieses zur Abdeckung etwaiger Steuerrückforderungen ausreichen würde, vielmehr befürchtete der gesondert Verfolgte Dr. WA insoweit augenscheinlich gerade, dass die Steuern durch die HE als Kapitalanlagegesellschaft oder durch die HC Bank zurückzuzahlen sein könnten, wenn diese als Depotbank agiert. Hiermit steht im Einklang, dass schließlich entschieden wurde, dass die HC Bank die Depotbankfunktion nicht übernimmt.
945Auch weitere HC-interne Urkunden (insbesondere „Notiz für Herrn KD“ vom gesondert Verfolgten Dr. RC vom 20.04.2010 und „Gesprächsnotiz“ vom gesondert Verfolgten Dr. RC vom 27.04.2010) belegen deutlich, dass der Angeklagte wiederholt an Gesprächen beteiligt war, die sich auf die Struktur des Fonds bezogen und denen er entnehmen konnte, dass diese im Wesentlichen derjenigen des BC German Equity Special Fund entsprechen sollte.
946bb) Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer von dem Vorstellungsbild des Angeklagten von den verfahrensgegenständlichen Geschäften im Zeitpunkt ihrer Planung und Durchführung sowie im Zeitpunkt der Prüfung und Unterzeichnung der Steuererklärung im Februar 2012 gelten die Ausführungen zu den Fällen 1 bis 3 entsprechend. Es sind in der Zwischenzeit keine Umstände eingetreten, die Anlass geben, daran zu zweifeln, dass der Angeklagte Kenntnis vom Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung hatte. Entsprechende Zweifel ergeben sich insbesondere - wie bereits dargelegt - nicht daraus, dass die im BMF-Schreiben vom 05.05.2009 vorgesehenen Berufsträgerbescheinigungen für die Geschäfte der HC Bank tatsächlich ausgestellt wurden und auch seitens der YA Gesellschaften schriftlich bestätigt worden war, dass man dort keine Kenntnisse vom Vorliegen von Leerverkäufen habe. Denn die Berufsträgerbescheinigungen dokumentieren allenfalls auf den Angaben des Steuerpflichtigen beruhende - vermeintliche - Erkenntnisse der jeweiligen Berufsträger, nicht jedoch solche des Angeklagten. Die Bescheinigungen seitens der YA Gesellschaften dienten demgegenüber augenscheinlich der Absicherung der HC Bank, ohne dass - wie bereits dargelegt - hierdurch Zweifel an der Überzeugung der Kammer begründet werden, dass die gesondert Verfolgten KI und PI Verantwortliche der HC Bank nicht über das Vorliegen von Leerverkäufen getäuscht haben.
947Ein von dem gesondert Verfolgten Dr. WA an den Angeklagten gerichteter Vermerk vom 06.01.2010 „Steuerliche Behandlung von Aktiengeschäften mit Single Futures über den Dividendentermin“ stellt einen weiteren deutlichen Beleg dafür dar, dass dem Angeklagten das Vorliegen von Leerverkäufen über den Dividendenstichtag im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum bekannt war. In dem Vermerk fasste der gesondert Verfolgte Dr. WA die Auswirkungen des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 zusammen und wies auf mögliche Gesetzesvorhaben hin, die die Anrechnung oder Erstattung nicht abgeführter Kapitalertragsteuer „künftig zuverlässig ausschließen“ sollen. Hieran anschließend führt er in dem Vermerk wörtlich wie folgt aus:
948„Zwischen den Vertretern der Banken, der Verbände und des BMF bestand in der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe am 20. Oktober 2009 Einigkeit, dass bis zum Inkrafttreten der Neuregelung weiterhin nach dem BMF-Schreiben vom 5. Mai 2009 zu verfahren ist. Wenn wir - wie bisher - nach diesen Schreiben verfahren, bestehen gegen die Fortsetzung der Geschäfte keine Bedenken.“
949Auch die in diesem Vermerk gewählte Wortwahl gründet augenscheinlich auf der Annahme, dass der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Geschäfte dem Grunde nach eröffnet ist, was indes gerade voraussetzt, dass es sich um Leerverkäufe handelt. Inhaberverkäufe wären von vornherein nicht unter das BMF-Schreiben gefallen, so dass kein Anlass bestanden hätte, dieses im Vorfeld der Dividendensaison des Jahres 2010 erneut zum Gegenstand einer eingehenden rechtlichen Analyse zu machen, wenn allein Aktienerwerbe von Aktieninhabern geplant gewesen wären. Auch hätte in dieser Konstellation keine Notwendigkeit bestanden, irgendwie geartete Vorgaben aus dem BMF-Schreiben zu erfüllen.
950Im Übrigen sind die im Jahr 2010 zugunsten der HC Bank gehandelten Dividendenlevel von 79 mit der Durchführung von Geschäften mit Aktieninhabern auf der Verkäuferseite mit den am Markt gehandelten Leveln nicht ansatzweise in Einklang zu bringen. Auch wenn der Angeklagte die genauen Dividendenlevel nicht gekannt haben mag, schließt die Kammer auch für dieses Jahr aus, dass ihm vollkommen verborgen geblieben ist, welche Profitverteilungen bei CumCum- und bei CumEx-Geschäften am Markt typischerweise vereinbart werden.
951Die Überzeugung der Kammer von der Kenntnis des Angeklagten davon, dass von dem in der Anlage WA zur Steuererklärung zur Anrechnung gebrachten Betrag 42.676.314,17 Euro auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen entfielen, folgt daraus, dass der Angeklagte die Steuererklärung inhaltlich überprüft und hierbei auch die auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen entfallenden Steuerbescheinigungen zur Kenntnis genommen hat. Ferner hat der Angeklagte sich auch dahin eingelassen, er sei fortlaufend über die einzelnen Geschäfte informiert worden, um diese unter bilanziellen Gesichtspunkten prüfen zu können.
952cc) Die Überzeugung der Kammer vom Vorstellungsbild des Angeklagten hinsichtlich der Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK gründet auf seiner Einbindung in die diesbezüglichen Vorgänge in den vorhergehenden Jahren und auf seiner Zeichnung der Rechnung der Bank KB vom 12.07.2010. Es sind keine Umstände erkennbar, warum der Angeklagte zwischenzeitlich die Überzeugung erlangt haben sollte, die Rechnung der Bank KB habe einen realen Hintergrund dergestalt, dass diese der HC Bank nun Kontakt zu im Ausland gehaltenen Aktiendepots vermittelt habe.
953dd) Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannt hatte, dass auf die für die verfahrensgegenständlichen Geschäfte begehrten Steueranrechnungen ein Anspruch nach den maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften nicht besteht, gelten die diesbezüglichen Ausführungen zu den Fällen1 bis 3 in vollem Umfang entsprechend. Es sind in der Zwischenzeit keine Umstände eingetreten, auf deren Grundlage sich das Vorstellungsbild des Angeklagten hätte ändern können. Vielmehr haben diese allenfalls zu einer Verfestigung der bereits zuvor bestehenden Einschätzung des Angeklagten geführt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den seitens des Angeklagten am 02.03.2011 und damit fast ein Jahr vor Einreichung der Steuererklärung verfassten Vermerk „Gespräch mit Herrn Dr. YE am heutigen Tage“, in dem der Angeklagte diverse Angaben des gesondert Verfolgten Dr. YE für den gesondert Verfolgten Dr. NC zusammenfasst. Hiernach soll der gesondert Verfolgte Dr. YE zu verstehen gegeben haben, dass „seine im Gespräch bei uns im Haus vorgetragene Single Future Struktur von ihm bisher nicht weiter verfolgt wurde, weil die Finanzverwaltung eine andere Auffassung als seine auf Rechtsprechung beruhenden Annahmen vertritt. Dies schließe auch Wertpapierleihegeschäfte ein.“
954Auch wenn der Angeklagte eine etwaige Äußerung des gesondert Verfolgten Dr. YE hier dahingehend zusammenfasst, dass dieser sich im Hinblick auf seine Auffassung auf „Rechtsprechung“ berufen habe, geht aus dem Vermerk doch zugleich hervor, dass die Finanzverwaltung die Rechtsauffassung des gesondert Verfolgten Dr. YE nicht teilte. Die Kammer ist davon überzeugt, dass auch diese Einschätzung des gesondert Verfolgten Dr. YE die Vorstellung des Angeklagten weiter verfestigt hat, wonach jedenfalls eine Möglichkeit dafür besteht, dass der Anspruch auf die begehrte Steueranrechnung zugunsten der HC Bank nicht begründet ist. Verstärkt wird dieser Umstand im Übrigen dadurch, dass in dem Vermerk festgehalten ist, der gesondert Verfolgte Dr. YE habe ausdrücklich erklärt, „dass sofern der Kapitalertragsteuererstattung physische Ware in unserem Besitz zugrunde liegt, keine Bedenken bestehen müssen.“ Denn der Angeklagte wusste gerade, dass ein physischer Aktienbestand von der HC Bank im Zeitpunkt der Hauptversammlungen und damit am Dividendenstichtag nicht gehalten wurde.
955Durchgreifende Zweifel hinsichtlich der Überzeugung der Kammer von der festgestellten Bewertung der steuerrechtlichen Lage durch den Angeklagten werden auch nicht durch den Vermerk des gesondert Verfolgten Dr. WA vom 06.01.2010 „Steuerliche Behandlung von Aktiengeschäften mit Single Futures über den Dividendentermin“ begründet. Soweit dieser gegenüber dem Angeklagten darauf hinweist, gegen eine Fortsetzung der Geschäfte bestünden keine Bedenken, wenn diese entsprechend der Vorgaben aus dem BMF-Schreiben umgesetzt werden, steht schon - wie bereits dargelegt - auf Grundlage der eigenen Einlassung des Angeklagten fest, dass er bereits nach der Lektüre der Begründung zum Jahresssteuergesetz 2007 die Möglichkeit erkannt hatte, dass bei einem CumEx-Leerverkauf über den Dividendenstichtag ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung ein Anspruch auf Steueranrechnung in der Person des Leerkäufers nicht begründet ist. Dass der Angeklagte im Nachgang des BMF-Schreibens ernsthaft darauf vertraute, entscheidend sei nicht der objektive Umstand des Leerverkaufs, sondern die Kenntnis des Leerkäufers bzw. das Fehlen von Absprachen, wobei es aus Sicht des Leerkäufers ausreiche, wenn er sich auf die Zwischenschaltung eines Brokers oder Vermittlers berufe, schließt die Kammer aus den bereits unter B.IV.2f)cc) dargelegten Umständen aus.
956ee) Dass der Angeklagte die von ihm erkannte Möglichkeit, wonach ein Anrechnungsanspruch der HC Bank hinsichtlich der im Jahr 2010 durchgeführten Geschäfte nicht begründet ist, auch billigte, steht zur Überzeugung der Kammer auch für dieses Jahr aus dem bereits genannten und auch in 2010 festgestellten Verhalten des Angeklagten bei Abgabe der Steuererklärung fest.
Die Feststellung, dass der Angeklagte im Jahr 2011 mit seinem Nachfolger - dem gesondert Verfolgten HG (damals ZC) - Gespräche über eine Fortführung der verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte führte, entspricht der Einlassung des Angeklagten. Sie ist objektiviert durch die Emails „Liste der erwarteten Dividendentermine für das Jahr 2011“ und „Single Future“ vom 17.01.2011. Hieraus geht hervor, dass nicht lediglich die Übersicht über die Dividendentermine sowohl an den gesondert Verfolgten HG als auch an den Angeklagten versandt wurde. Vielmehr führte der gesondert Verfolgte HG in der Email „Single Future“ gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. WA gerade aus, die Partnervorlage zu den Single Future-Transaktionen sei von ihm in Rücksprache mit dem Angeklagten um einen Passus zu einer Vorabprüfung ergänzt worden. Diese Ausführungen ergeben nur Sinn, wenn der gesondert Verfolgte HG sich zuvor tatsächlich mit dem Angeklagten über die Geschäfte ausgetauscht hat, zumal auch in der Partnervorlage, deren festgestellter Inhalt sich aus der Urkunde selbst ergibt, auf die Vorabprüfung durch den Bereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling eingegangen wird. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der gesondert Verfolgte HG auf eine Absprache mit dem Angeklagten verweisen würde, wenn es eine solche tatsächlich nicht gegeben hätte. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer die Einlassung des Angeklagten als widerlegt an, wonach er im Jahr 2011 gar nicht mehr in die Geschäfte involviert gewesen sei.
958Die festgestellten Vorgänge in der Partnersitzung vom 18.01.2011 stehen fest aufgrund des „Protokolls der Partnersitzung Nr. 3/2011“. Dass im Folgenden die zwischen der HC Bank und den YA Gesellschaften getroffene Kooperationsvereinbarung fortgeschrieben wurde und von Mitarbeitern der YA Gesellschaften die durchzuführenden Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld der Dividendensaison wie in den Vorjahren abgesprochen wurden, hat der gesondert Verfolgte KI glaubhaft bekundet. Aus einem YH-Chatprotokoll vom 17.01.2011 geht im Übrigen hervor, dass der gesondert Verfolgte KI mit einem für die HC Bank tätigen Händler übereinkam, zu einem späteren Zeitpunkt die Geschäfte in den Aktiengattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG zu besprechen.
Die Feststellungen zu der verfolgten Handelsstrategie beruhen auf den Angaben des gesondert Verfolgten KI. Dieser hat glaubhaft bekundet, dass seitens der YA Gesellschaften in sämtlichen verfahrensgegenständlichen Zeiträumen und damit auch im Jahr 2011 CumEx-Leerkäufe mit den in die Geschäfte eingebundenen Akteuren abgesprochen und an den konkreten Handelstagen kurzfristig umgesetzt wurden. Aus den von der HC Bank erstellten Wertpapierabrechnungen über den jeweiligen Kauf der Aktien, aus den damit korrespondierenden Dividendenabrechnungen und aus den Belegen von XD geht hervor, dass die HC Bank im Jahr 2011 die festgestellten Aktiengeschäfte in den Gattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG durchgeführt hat. Den Wertpapierabrechnungen kann neben der Aktiengattung sowie der gehandelten Stückzahl auch das jeweilige Handelsdatum entnommen werden. Aus dem auf den Wertpapierabrechnungen enthaltenen Zusatz „Börsenplatz: ausserbörsl. Inland“ geht ferner hervor, dass die Aktien außerbörslich erworben wurden. Dass die Aktien jeweils erst nach der Hauptversammlung in das Depot der HC Bank gebucht wurden, steht aufgrund der den Belegen der XD zu entnehmenden Buchungstage fest.
960Die Feststellungen zu den im Zusammenhang mit den Aktienkäufen jeweils getätigten Future-Verkäufen beruhen auf den hierzu erstellten Abrechnungen der HC Bank, denen die Anzahl der gehandelten Futures ebenso entnommen werden kann wie die Handelsdaten und Preise. Zugleich geht aus dem auf den Abrechnungen enthaltenen Zusatz „Börse: EUREX-OTC“ hervor, dass die Verkaufs-Futures zunächst außerbörslich gehandelt und sodann über die Börse EUREX abgewickelt wurden.
961Die Feststellungen zu den Inhalten der Steuerbescheinigungen folgen aus den Urkunden selbst. Dass die Beendigung der CumEx-Geschäfte im Eigenhandel des Jahres 2011 gegenüber den YA Gesellschaften mit Reputationsrisiken begründet wurde, steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der entsprechenden Angabe des gesondert Verfolgten KI fest.
Die Überzeugung der Kammer, dass es sich bei den Aktiengeschäften, die die HC Bank im Rahmen von Fall 5 tätigte, um Leerverkäufe handelte, bei denen keine Stelle mit der auf die Dividendenkompensationszahlung entfallenden Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet wurde, folgt neben den bereits oben dargelegten Erwägungen zum Vorliegen von Leerverkäufen sowie den Angaben der gesondert Verfolgten Dr. KK und KI aus den bei diesen Geschäften eingerechneten Dividendenleveln. Die Kammer ist überzeugt, dass die Preise der seitens der HC Bank gehandelten gegenläufigen Verkaufsfutures mit einem Dividendenlevel von um die 79 berechnet waren. Dies ergibt sich bereits aus den in den Vorjahren gehandelten Dividendenleveln in Verbindung mit den Angaben der gesondert Verfolgten JC und KI, wonach die Level bei CumEx-Leerkaufgeschäften im verfahrensgegenständlichen Zeitraum kontinuierlich gesunken seien. Dem entspricht, dass ausweislich der „Vorlage für die Partnersitzung am 18.01.2011“ „mit einem ähnlichen Ertragsbeitrag“ wie im Jahr 2010 durch die „Single Future basierte[n] Transaktionen“ gerechnet worden war. Lagen die Level im Jahr 2010 bei 79 lässt auch dies erkennen, dass die für das Jahr 2011 gehandelten Level jedenfalls nicht maßgeblich von diesen abwichen.
Die getroffenen Feststellungen zu den Inhalten der Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe und zu der Entscheidung des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 04.10.2013 folgen aus den betreffenden Urkunden selbst. Der Ablauf der Erstellung des Körperschaftsteuerbescheides beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg wurde durch die Zeugin LC entsprechend der Feststellungen glaubhaft geschildert. Diese hat auch angegeben, dass in keiner der mit der Steuererklärung vorgelegten Urkunden ergänzende Erläuterungen zu den den Steueranrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalten enthalten waren.
964Aus der Steuererklärung der HC Gruppe vom 27.06.2013 sind zudem die Unterschriften des Angeklagten und des gesondert Verfolgten Dr. NC deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation der Unterschriften gelten die im Rahmen von Fall 1 gemachten Ausführungen entsprechend. Die Überzeugung der Kammer, dass die auf die zu Fall 5 festgestellten Aktiengeschäfte entfallenden Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen zum Gegenstand der Angaben in Anlage WA zur Steuererklärung vom 27.06.2013 gemacht wurden, gründet darauf, dass für beide Aktiengattungen die entsprechenden Steuerbescheinigungen mitsamt der Steuererklärung an das Finanzamt für Großunternehmen übermittelt wurden. Dass die zur Anrechnung gebrachten und dementsprechend auch die verfahrensgegenständlichen Steuerbeträge durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg tatsächlich in vollem Umfang angerechnet wurden, ergibt sich unmittelbar aus dem Bescheid vom 04.10.2013 und wurde im Übrigen durch die Zeugin LC bestätigt. Auch den weiteren Ablauf bei der Erstellung des Körperschaftsteuerbescheides hat die Zeugin LC entsprechend der Feststellungen glaubhaft geschildert.
aa) Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer von dem Vorstellungsbild des Angeklagten von den verfahrensgegenständlichen Geschäften im Zeitpunkt von deren Planung und Durchführung sowie im Zeitpunkt der Prüfung und Unterzeichnung der Steuererklärung im Juni 2013 gelten die Ausführungen zu den Fällen 1 bis 4 entsprechend. Es sind in der Zwischenzeit keine Umstände eingetreten, die Anlass geben, daran zu zweifeln, dass der Angeklagte Kenntnis vom Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung hatte.
966Im Übrigen sind die im Jahr 2011 zugunsten der HC Bank gehandelten Dividendenlevel von maximal 79 mit der Durchführung von Geschäften mit Aktieninhabern auf der Verkäuferseite mit den am Markt gehandelten Leveln nicht ansatzweise in Einklang zu bringen. Auch wenn der Angeklagte die genauen Dividendenlevel weiterhin nicht gekannt haben mag, schließt die Kammer auch für dieses Jahr aus, dass ihm vollkommen verborgen geblieben ist, welche Profitverteilungen bei CumCum- und bei CumEx-Geschäften am Markt typischerweise vereinbart werden.
967Die Überzeugung der Kammer von der Kenntnis des Angeklagten davon, dass von dem in der Anlage WA zur Anrechnung gebrachten Betrag 3.999.768,75 Euro auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen entfielen, folgt daraus, dass der Angeklagte die Steuererklärung inhaltlich überprüft und hierbei auch die auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen entfallenden Steuerbescheinigungen zur Kenntnis genommen hat. Aus seiner Einbindung in die Erstellung der Partnervorlage war dem Angeklagten frühzeitig bekannt, in welchen Aktiengattungen im Jahr 2011 CumEx-Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank durchgeführt werden sollten.
968bb) Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer, wonach der Angeklagte jedenfalls die Möglichkeit erkannt hatte, dass auf die im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Geschäfte begehrten Steueranrechnungen nach den maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften kein Anspruch besteht, gelten die diesbezüglichen Ausführungen zu den Fällen1 bis 4 in vollem Umfang entsprechend. Es sind in der Zwischenzeit keine Umstände eingetreten, auf deren Grundlage sich das Vorstellungsbild des Angeklagten hätte ändern können.
969Die Kammer hat in diesem Zusammenhang berücksichtigt, dass der gesondert Verfolgte HG in der auch dem Angeklagten bekannten „Vorlage für die Partnersitzung vom 18.01.2011“ ausgeführt hat, das Bundesministerium der Finanzen habe mit Schreiben vom 21.09.2010 klar gestellt, „dass die im Rundschreiben vom 5. Mai 2009 festgeschriebenen Vorgaben für die steuerliche Unbedenklichkeit bis auf weiteres gelten.“ Es ist nicht erkennbar, dass der Angeklagte auf Grundlage gerade dieser Mitteilung davon ausgegangen sein könnte, die Geschäfte seien steuerlich unbedenklich. Denn zum einen wird in der Partnervorlage lediglich ausgeführt, die Vorgaben des BMF-Schreiben würden weiter gelten, zum anderen hatte der Angeklagte bereits im Jahr 2007 jedenfalls die Möglichkeit erkannt, dass die im Eigenhandel der HC Bank betriebenen Geschäfte nach Maßgabe der einschlägigen Steuervorschriften einen Anspruch auf Anrechnung der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nicht begründen. Diese Einschätzung wurde durch das BMF-Schreiben noch verfestigt.
970cc) Dass der Angeklagte die von ihm erkannte Möglichkeit, wonach ein Anrechnungsanspruch der HC Bank hinsichtlich der im Jahr 2011 durchgeführten Geschäfte nicht begründet ist, auch billigte, steht zur Überzeugung der Kammer wiederum aufgrund des Umstandes fest, dass er die durch die Geschäfte generierten Steuerbescheinigungen und darin ausgewiesenen Steuerbeträge im Rahmen der von ihm verantworteten und unterzeichneten Steuererklärung zum Gegenstand des Anrechnungsantrags machte, ohne auf das Vorliegen von Leerverkäufen über den Dividendenstichtag sowie auf den nicht erfolgten Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlungen hinzuweisen.
Die Feststellungen zur Höhe der von dem Angeklagten im Zeitraum 2002 bis 2013 bezogenen Tantiemen sowie Sonder- und Bonuszahlungen gründen auf den von der HC Bank in jedem Jahr an den Angeklagten gerichteten Schreiben „Festlegung Ihrer Bezüge“. Hierin wird die Höhe der gegenüber dem Angeklagten geleisteten Tantiemen sowie der Sonder- bzw. Bonuszahlungen entsprechend der getroffenen Feststellungen ausgewiesen.
972Die Einzelheiten des Vergütungssystems bei der HC Bank und insbesondere der Entscheidungsfindung bei der Bezifferung von Sonder- und Bonuszahlungen gründen auf den Angaben des Zeugen HF. Dieser ist seit Juni 2006 Leiter des Bereichs Personal bei der HC Bank. Er hat im Rahmen seiner Vernehmung den Feststellungen entsprechende Ausführungen dazu gemacht, wer für die Festsetzung von Bonus- und Sonderzahlungen bei der HC Bank zuständig war und welche Gesichtspunkte bei der konkreten Festsetzung entsprechender Zahlungen Berücksichtigung gefunden haben. Es sind aus Sicht der Kammer keine Zweifel daran begründet, dass sich auch der gesondert Verfolgte Dr. NC bei der Bezifferung der an den Angeklagten in den einzelnen Jahren geleisteten Sonder- bzw. Bonuszahlungen an den vom Zeugen HF geschilderten allgemeinen Bewertungskriterien orientiert hat, da es sich hierbei um diejenigen Parameter handelt, die bei der Bezifferung entsprechender Zahlungen standardmäßige Berücksichtigung finden würden. Die in diesem Zusammenhang im Einzelnen festgestellten Betätigungen des Angeklagten, die seitens des gesondert Verfolgten Dr. NC in den Jahren 2007 bis 2010 Berücksichtigung gefunden haben, stehen fest aufgrund der Geschäftsberichte der HC Bank für die Jahre 2007 bis 2010, in denen der wesentliche Inhalt der von der HC Bank umgesetzten Projekte beschrieben wird, sowie aufgrund der ergänzenden Angaben des Angeklagten im Rahmen seiner Einlassung.
973Dass es dem gesondert Verfolgten Dr. NC im Zeitraum 2006 bis 2011 auch darum ging, das Tätigwerden des Angeklagten im Zusammenhang mit den in diesen Jahren durchgeführten CumEx-Transaktionen zu honorieren, steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts bereits aufgrund der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung fest, die diesen Geschäften für die Jahresbilanz der HC Gruppe insgesamt zukam. Aus einer seitens der HC Gruppe selbst erstellten Übersicht zur Konzernrendite geht insoweit hervor, dass den verfahrensgegenständlichen Geschäften für die Gesamtjahresbilanz ganz erhebliche Bedeutung zukam. Danach wäre der Konzernjahresüberschuss in den Jahren 2008 und 2009 bei Entfall der cumex-bedingten Steuererstattungen negativ gewesen; in den Jahren 2007 und 2008 machten diese Erstattungen rund 60% bzw. 80% des jeweiligen Konzernjahresüberschusses aus. Im Jahr 2011, in dem diese Geschäfte nur noch im Januar durchgeführt wurden, waren es immerhin noch gut 16%. Die Kammer schließt aus, dass es bei der Bezifferung der an den Angeklagten geleisteten Bonuszahlungen für den gesondert Verfolgten Dr. NC keine Rolle gespielt hat, dass der Angeklagte in erheblichem Umfang zu dem Gelingen von Geschäften beigetragen hat, die eine derart große Bedeutung für die Konzernbilanz hatten.
974Gestützt wird die Einschätzung der Kammer darüber hinaus durch den Umstand, dass in dem Zeitraum, in dem die von dem Angeklagten begleiteten CumEx-Geschäfte von Seiten der HC Bank durchgeführt wurden, die Bonuszahlungen an den Angeklagten teils deutlich höher ausfielen als in den Jahren, in denen entsprechende Geschäfte nicht stattfanden. So bezog der Angeklagte für das Jahr 2006 eine Sonderzahlung in Höhe von […] Euro, was eine Verdoppelung der für 2005 an ihn gezahlten […] Euro darstellte. Für das Jahr 2007 bezog der Angeklagte mit […] Euro die höchste von ihm überhaupt erlangte Bonuszahlung, wobei im Vergleich zum Jahr 2006 wiederum eine überproportionale Steigerung erfolgte. Zwar ging die Sonderzahlung für das Jahr 2008 auf […] Euro zurück, indes ist zu berücksichtigen, dass in diesem Zeitraum die sog. Banken- und Wirtschaftskrise einsetzte. Obwohl diese ausweislich der seitens der HC Gruppe erstellten Übersicht zur Konzernrendite bei dieser zu einem erheblichen Rückgang des Konzernjahresüberschusses führte (von […] Euro in 2007 auf […] Euro in 2008), bezog der Angeklagte auch für das Jahr 2008 eine Bonuszahlung, die deutlich über den Zahlungen lag, die für die Jahre 2002 bis 2005 an ihn geleistet worden waren. Für das Jahr 2009 und damit trotz noch andauernder Wirtschaftskrise erfolgte eine weitere Steigerung auf […] Euro. Eine identische Sonderzahlung vereinnahmte der Angeklagte für 2010, obgleich er in diesem Jahr bereits teilweise in Teilzeit arbeitete. Soweit der Angeklagte für das Jahr 2011 lediglich eine Sonderzahlung in Höhe von […] Euro bezog, arbeitete er in dem betroffenen Zeitraum durchgehend in Teilzeit, im Übrigen wurden in diesem Jahr seitens der HC Bank nur noch wenige CumEx-Geschäfte mit deutlich geringerer Bedeutung für die Gesamt-Konzernrendite durchgeführt.
975Es steht zur sicheren Überzeugung der Kammer fest, dass die vorstehend skizzierte Entwicklung der an den Angeklagten geleisteten Bonuszahlungen sich jedenfalls anteilig nur damit erklären lässt, dass der gesondert Verfolgte Dr. NC auch den Beitrag des Angeklagten an den im Zeitraum 2006 bis 2011 durchgeführten CumEx-Geschäften honorieren wollte. Die Kammer verkennt nicht, dass der Angeklagte in den betroffenen Jahren auch in andere für die Konzernrendite der HC Gruppe bedeutsame Projekte eingebunden war und entscheidend zu deren Gelingen beitrug. Jedoch entsprach dies zum einen seiner Rolle als Generalbevollmächtigter und gilt dies zum anderen gleichermaßen für die Jahre, in denen CumEx-Geschäfte durch die HC Bank nicht abgewickelt wurden, ohne dass sich dies auf entsprechende Weise in den Bonuszahlungen an den Angeklagten niedergeschlagen hätte. Dass die für die Jahresbilanz der HC Gruppe besonders bedeutsamen Erträge aus den CumEx-Geschäften und die Mitwirkung des Angeklagten hieran bei den an ihn geleisteten Bonus- bzw. Sonderzahlungen keine Rolle spielten, schließt die Kammer vor diesem Hintergrund insgesamt aus.
976Die Feststellungen zur Vorstellung des Angeklagten von der Zusammensetzung der an ihn geleisteten Zahlungen beruhen auf seiner Einlassung. Nach dieser war dem Angeklagten zwar nicht genau bekannt, wie sich die Bonuszahlungen zusammensetzen, vielmehr habe er den Eindruck gewonnen, der gesondert Verfolgte Dr. NC habe diese festgelegt, ohne über die Höhe zu verhandeln oder die Beträge im Einzelnen zu erläutern. Zugleich hat der Angeklagte aber zu verstehen gegeben, nach seiner Wahrnehmung habe sich seine Bereitschaft, über das Erreichen der Altersgrenze für die HC Bank weiterzuarbeiten, ebenso positiv für ihn ausgewirkt, wie der Umstand, dass er an mehreren aus Sicht der Bank erfolgreichen Projekten mitgewirkt habe. Zugleich hat der Angeklagte sich dahingehend eingelassen, ihm sei die wirtschaftliche Bedeutung der verfahrensgegenständlichen Geschäfte für die Konzernjahresbilanz bewusst gewesen und er sei davon ausgegangen, der wirtschaftliche Erfolg der von ihm begleiteten Projekte spiele bei der Bemessung der Bonuszahlungen auch eine Rolle. Vor diesem Hintergrund schließt die Kammer aus, dass der Angeklagte davon ausging, seine zentralen Funktionen bei der Umsetzung der CumEx-Eigenhandelsgeschäfte hätten bei der Bemessung seiner Bonuszahlungen keine Rolle gespielt.
977Zweifel an den seitens des Angeklagten zur Zusammensetzung seiner Bonuszahlungen getätigten Angaben sind nicht begründet. Sie decken sich mit den Angaben des Zeugen HF, der ausgesagt hat, für die Bemessung der Höhe der Bonuszahlungen hätten keine verbindlichen Vorgaben oder Richtlinien existiert, vielmehr seien sie von der jeweils zuständigen Person in eigener Entscheidungsverantwortlichkeit festgelegt worden. Auch im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der gesondert Verfolgte Dr. NC dem Angeklagten gegenüber näher aufgeschlüsselt hat, warum die Sonder- bzw. Bonuszahlung in einem bestimmten Jahr die von ihm gewählte Betragssumme erreicht hat. Dass der Angeklagte mangels weitergehender Angaben des gesondert Verfolgten Dr. NC davon ausging, seine Bereitschaft, sein Beschäftigungsverhältnis bei der HC Bank über das vorgesehene Vertragsende hinaus zu verlängern, habe für die Höhe der Sonderzahlungen ebenso eine Rolle gespielt wie seine Mitwirkung an für die Bank erfolgreichen Projekten, ist bereits aus sich heraus uneingeschränkt plausibel. Denn hierbei handelt es sich um Parameter, die bei der Bemessung individueller Bonuszahlungen typischerweise und erwartungsgemäß eine Rolle spielen würden.
Die Feststellungen zu den Betriebsprüfungen bei der HC Bank beruhen auf den Angaben der vernommenen Zeugen des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg, insbesondere den Zeugen TF, MA, StAFrau PG und RR TC. Dass gegenüber der HC Gruppe diverse Steueränderungsbescheide ergingen, in denen die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkaufgeschäfte entfallenden Beträge zunächst unverändert zur Anrechnung gebracht wurden, folgt aus den entsprechenden Bescheiden des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg, unter anderem vom 18.04.2011, 01.07.2013, 10.04.2014 (für den Veranlagungszeitraum 2007), vom 04.03.2011, 18.09.2013, 10.04.2014, 12.12.2016 (für den Veranlagungszeitraum 2008), vom 18.09.2013, 10.04.2014, 12.12.2016 (für den Veranlagungszeitraum 2009), vom 12.06.2013, 15.07.2013, 18.09.2013, 10.04.2014, 12.12.2016 (für den Veranlagungszeitraum 2010) und vom 10.04.2014 (für den Veranlagungszeitraum 2011).
Die Vorgänge im Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg nach Eingang der Kontrollmitteilung des Finanzamtes Darmstadt beruhen insbesondere auf den Angaben des Zeugen TF. Der in diesem Zeitpunkt gemeinsam mit dem Zeugen VD mit der Betriebsprüfung der HC Bank betraute Zeuge hat die Prüfungsvorgänge beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg den Feststellungen entsprechend geschildert und insbesondere bekundet, die Entscheidung, dass nichts zu veranlassen sei, sei auf Grundlage der Einschätzung getroffen worden, dass die Depotbank der Leerverkäufer Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag tatsächlich in Abzug gebracht habe. Diese Angabe des Zeugen ist uneingeschränkt glaubhaft. Sie ist bereits aus sich heraus nachvollziehbar, da für den Fall, dass die Steuer tatsächlich einbehalten worden wäre, die Steuer rechtmäßig zugunsten der HC Bank bzw. der HC Gruppe angerechnet worden wäre und dementsprechend kein Anlass bestanden hätte, Steueränderungsbescheide zu erlassen. Dass die Entscheidung beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg entscheidend von der Einschätzung mitgeprägt war, ob auf Seiten der Leerverkäufer ein Steuerabzug stattgefunden hat oder nicht, belegt auch der Umstand, dass sich der Zeuge TF im Jahr 2016, als er erstmals zu der Überzeugung gelangte, dass ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung wohl doch nicht stattgefunden hat, gerade dafür eingesetzt hat, dass die angerechneten Steuern durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg zurückgefordert werden, soweit eine Verjährung nicht entgegensteht. Dieser Umstand steht fest aufgrund der entsprechenden Angaben der Zeugen TF, MA und PG. Es leuchtet nicht ein, warum der Zeuge TF seine Einschätzung zu den Geschäften binnen eines Jahres derart gravierend hätte ändern sollen, wenn er bereits im Jahr 2015 davon ausgegangen wäre, dass ein Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlung tatsächlich nicht stattgefunden hat. Auch im Übrigen haben die Mitarbeiter des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg, einschließlich des Zeugen VD, angegeben, vor ihrer Befassung mit den verfahrensgegenständlichen Geschäften von CumEx-Leerkaufgeschäften entweder keinerlei Kenntnis gehabt oder sich jedenfalls keine Vorstellung zu der Frage gebildet zu haben, ob und unter welchen Voraussetzungen bei entsprechenden Geschäften ein Anrechnungsanspruch des Leerkäufers begründet ist.
980Die Feststellungen zu den Vorgängen im Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg im Jahr 2016, insbesondere hinsichtlich der Erlangung der Kenntnis von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sowie von den bei der HC Bank geführten Gesprächen, beruhen auf den entsprechenden Angaben der Zeugen TF, PG und MA. Der festgestellte Inhalt des Schreibens aus Oktober 2016, in dem seitens der Zeugin MA sowie der Zeugin NB gegenüber der Finanzbehörde Hamburg empfohlen wurde, die Steueranrechnungen für die Jahre 2009 bis 2011 zurück zu nehmen, beruht auf der Urkunde selbst und auf den entsprechenden Angaben der Zeuginnen MA und NB. Auch den Ablauf des im November 2016 mit Mitarbeitern der Finanzbehörde Hamburg geführten Gesprächs haben die Zeuginnen MA und NB, die an dem Gespräch selbst unmittelbar beteiligt waren, den Feststellungen entsprechend geschildert. Ihre Angaben stimmen im Übrigen mit dem Umstand überein, dass im Nachgang des Gesprächstermins zunächst von einer Rücknahme der Anrechnungsverfügung für den Veranlagungszeitraum 2009 abgesehen wurde.
981Dass im Jahr 2017 im Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg die Rücknahme der im Veranlagungszeitraum 2010 erfolgten Steueranrechnungen entsprechend der getroffenen Feststellungen erörtert wurde, steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der Angaben der Zeuginnen PG und MA sowie diverser Urkunden, insbesondere dem Schreiben der Zeugin NB vom 20.10.2017. In diesem wird seitens des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg dargelegt, dass mangels eines ausreichend ermittelten Sachverhaltes und angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen für die HC Bank sowie den bestehenden rechtlichen Problemen und unterschiedlichen rechtlichen Auffassungen eine Änderung der Anrechnungsverfügungen nicht angebracht sei. Dass hieran anschließend die Finanzbehörde Hamburg durch das Bundesministerium der Finanzen angewiesen wurde, die Steuern zurückzufordern, steht fest aufgrund der Schreiben des Ministeriums vom 08.11.2017 und vom 01.12.2017, in denen die Finanzbehörde ausdrücklich angewiesen wurde, verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen. Angesichts der eindeutigen Urkundslage hält die Kammer insoweit die Angaben der Zeugin NB für widerlegt, wonach die Rücknahme der Anrechnungsverfügungen zwischen Vertretern der Hamburger Finanzverwaltung und Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen einvernehmlich und ohne vorherige Weisung beschlossen worden sei. Dieser Umstand nötigt indes nicht dazu, die Angaben der Zeugin NB insgesamt in Zweifel zu ziehen, da sie sich im Übrigen vollumfänglich mit den Schilderungen weiterer Zeugen sowie urkundlich belegten Vorgängen decken.
Es spielt für die Überzeugungskraft der Angaben der bei der Hamburger Finanzverwaltung tätigen - inzwischen zum Teil pensionierten - Zeugen NB, TF, LC und MA insgesamt keine Rolle, dass diese zu einem Zeitpunkt vernommen wurden, zu dem später beigezogene Inhalte aus Akten des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg noch nicht vorlagen. Insbesondere wurde die Befragung der Zeugen zu den tatsächlich verfahrensgegenständlichen Sachverhalten nicht dadurch beeinträchtigt, dass diesen keine weitergehenden Vorhalte aus den Steuerakten gemacht werden konnten. Die Inhalte der erst nach der Vernehmung der Zeugen eingeführten Urkunden aus den Steuerakten haben die Angaben der Zeugen der Hamburger Finanzverwaltung zu den verfahrensgegenständlichen Ereignissen bis zum Jahr 2013 uneingeschränkt bestätigt, so dass sich die erst nachträgliche Beiziehung bzw. Einführung auf den Verlauf der Hauptverhandlung und auf die Ergebnisse der Beweisaufnahme nicht entscheidend ausgewirkt hat.
983Welche Auffassung seitens der Hamburger Finanzverwaltung ab dem Jahr 2015 vertreten wurde, spielt für die Frage, ob im Zeitraum 2009 bis 2013 Steuerhinterziehungstaten vollendet wurden, zudem grundsätzlich keine Rolle [hierzu noch C.II.1.d)bb)(3)]. Abgesehen hiervon geht aber aus den erst nach den Vernehmungen eingeführten Inhalten der Steuerakten gerade hervor, dass - entsprechend der Angaben der Zeugen TF, MA, PG und NB - im Jahr 2016 zunächst seitens des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg gegenüber der HC Bank zum Ausdruck gebracht worden war, dass die Steuern zurückzufordern seien. Ferner bestätigt das Schreiben aus Oktober 2016 die von den Zeuginnen NB und MA geschilderte Empfehlung gegenüber der Hamburger Finanzbehörde, die Steuern für die Jahre 2009 und folgend zurückzunehmen. Auch geht aus dem Schreiben der Zeugin NB vom 20.10.2017 hervor, dass entsprechend der Angaben der Zeugin MA seitens des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg aufgrund angenommener tatsächlicher und rechtlicher Unklarheiten im Jahr 2017 zunächst der Standpunkt eingenommen worden war, die Steuern sollten nicht zurückgefordert werden.
984Mit Ausnahme der Weisung durch das Bundesministerium der Finanzen, die indes seitens der Zeugin MA entgegen der Schilderung der Zeugin NB im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung bereits geschildert worden war, enthalten die eingeführten Inhalte der Steuerakten hiernach weder im Hinblick auf das eigentliche Tat- noch auf das Nachtatgeschehen Inhalte, die von den Angaben der Zeugen abweichen.
985Soweit die Steuerakten ferner diverse Vermerke der Zeugin MA enthalten, die zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind, weisen auch diese keine Inhalte auf, die eine erneute Befragung der Zeugin oder anderer Personen erfordert hätten. Vielmehr bestätigen diese, dass die Zeugin MA im Zeitraum 2016 bis 2017 mit der Frage der Rücknehmbarkeit der Steueranrechnung befasst war und abschließend zu der Überzeugung gelangt ist, der Sachverhalt sei noch nicht hinreichend aufgeklärt, ferner bestünden rechtliche Zweifel hinsichtlich der Rücknehmbarkeit der Anrechnungsverfügungen. Auch dies deckt sich mit den Angaben, die die Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung getätigt haben.
Die festgestellten Inhalte der Bescheide vom 11.12.2017, vom 05.12.2018, vom 24.02.2020 und vom 15.04.2020 ergeben sich ebenso wie diejenigen zu der Teil-Einspruchsentscheidung des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg aus November 2020 sowie zu der Klageschrift der HC Gruppe aus den jeweiligen Urkunden selbst. Dass die HC Bank zwischenzeitlich Zahlungen in der durch die Rückforderungsbescheide begründeten Höhe geleistet hat, steht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der entsprechenden Mitteilung der HC Bank „PC & CO begleicht Steuerforderungen wegen Aktiengeschäften“.
Die Feststellungen zum Ablauf des Ermittlungsverfahrens beruhen auf den Angaben diverser Ermittlungspersonen, insbesondere der Zeugen XE, PJ und IC. Diese haben sich zum Beginn der Ermittlungen im Jahr 2016 und zu den sich hieran anschließenden Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere in Gestalt von Durchsuchungen sowie der Sichtung von Urkunden und Datenbeständen, geäußert. Die Zeugen IB und UA haben sich ergänzend zu der Auswertung der Transaktionsbelege unter Berücksichtigung der durch die Vernehmung des gesondert Verfolgten JC gewonnenen Erkenntnisse geäußert. Aus der Vernehmung der gesondert Verfolgten Dr. KK, KI und JC sind ferner Dauer und Zeiträume ihrer Vernehmungen offenbar geworden.
988Aus diesen Beweisergebnissen ergibt sich, dass der Sachverhalt bereits im April 2019 ausermittelt war und eine Anklageerhebung gegen den Angeklagten bereits zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen wäre.
Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in fünf Fällen schuldig.
Der Ahndung der Taten steht nicht der Eintritt einer Verfolgungsverjährung nach § 78 Abs. 1 Satz 1 StGB entgegen. Nach § 376 Abs. 1 AO in der seit dem 29.12.2020 geltenden Fassung i.Vm. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO beträgt die Verjährungsfrist in sämtlichen Fällen fünfzehn Jahre. Bei Inkrafttreten der Regelung am 29.12.2020 war auch noch keine der Taten verjährt. Die Verjährungsfrist begann jeweils frühestens im Jahr 2009 zu laufen, da keine Tat zu einem früheren Zeitpunkt im Sinne des § 78a Satz 1 StGB beendet wurde. Die vor Inkrafttreten des § 376 Abs. 1 AO n.F. geltende zehnjährige Verjährungsfrist war am 29.12.2020 hinsichtlich keiner Tat abgelaufen. Für die Fälle 3 bis 5 folgt dies bereits daraus, dass sie frühestens im Jahr 2011 beendet wurden. Abgesehen hiervon wurde die Verjährungsfrist sowohl durch Schreiben der Staatsanwaltschaft Köln vom 15.04.2016 (Hauptakte Band 2, Bl. 691-695, 698, 776 d.A.) als auch durch Durchsuchungsbeschluss des AG Köln vom 13.01.2016 (Hauptakte Band 1, Bl. 271-280 d.A.) hinsichtlich der Fälle 1 bis 4 nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 StGB unterbrochen. Fall 5 wurde erst im Jahr 2013 beendet, ferner wurde die Verjährungsfrist auch insoweit jedenfalls durch Erhebung der öffentlichen Klage am 27.05.2020 nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB unterbrochen.
Der Ahndung der Taten stehen auch im Übrigen keinerlei Verfahrenshindernisse entgegen, insbesondere ist das Verfahren gegen den Angeklagten nicht in einer die staatsanwaltschaftliche Neutralitätspflicht (§ 160 Abs. 2 StPO) oder das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) verletzenden Art und Weise durchgeführt worden. Abweichendes zeigt auch der Einstellungsantrag der Verteidigung vom 01.06.2021 nicht auf.
Im Antrag vom 01.06.2021 wird im Wesentlichen geltend gemacht, die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft - Frau Oberstaatsanwältin Brorhilker - habe im Rahmen der Hauptverhandlung pflichtwidrig und unter Missachtung einer allgemeinen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung auf eine vermeintliche Interessenkollision auf Seiten des Wahlverteidigers Prof. Dr. VC und eine sich hieraus ergebende Unwirksamkeit seiner Bevollmächtigung hingewiesen. Ferner habe die Sitzungsvertreterin ausgeführt, der betreffende Verteidiger habe einem Zeugen unzutreffend eine falsche Aussage und damit ein Aussagedelikt unterstellt.
993Ein Verfahrenshindernis wird durch diese Vorgänge nicht begründet.
994aa) Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, während des gesamten Strafverfahrens darauf hinzuwirken, dass der Angeklagte effektiv verteidigt ist. Bestehen nach ihrer Einschätzung im Hauptverfahren Anhaltspunkte dafür, dass dies nicht der Fall ist, hat sie das Gericht auf die zugrunde liegenden Sachverhalte hinzuweisen, um diesem eine Einschätzung dazu zu ermöglichen, ob weitergehende Maßnahmen zur Gewährleistung eines insgesamt fairen Verfahrens angezeigt sind. Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Verteidigung können sich unter anderem aus einer möglichen Interessenkollision eines Verteidigers ergeben.
995Vor diesem Hintergrund durfte die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft das Gericht zunächst darüber informieren, dass sie Kenntnis von einer jedenfalls zeitweisen Vertretung eines im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten weiteren gesondert Verfolgten - des gesondert Verfolgten HB - durch den Wahlverteidiger Prof. Dr. VC hat. Denn das Gericht war jedenfalls gehalten, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 146 StPO sowie den Umstand zu prüfen, ob der Angeklagte auch dann effektiv verteidigt gewesen wäre, wenn ein Sitzungstermin in Anwesenheit nur von Prof. Dr. VC durchgeführt worden wäre. Tatsächlich sind im Rahmen der Hauptverhandlung Umstände offenbar geworden, die geeignet waren, hieran Zweifel aufkommen zu lassen. So tauschte sich der Angeklagte im Rahmen des am 12.05.2021 durchgeführten Sitzungstermins während der Hauptverhandlung mit der neben ihm sitzenden Wahlverteidigerin Dr. KE darüber aus, ob er seine Einlassung ergänzen bzw. hinsichtlich einzelner Aspekte klarstellen solle. Als der Vorsitzende anfragte, ob der Angeklagte sich nun ergänzend einlassen wolle, intervenierte Prof. Dr. VC mehrfach, um den Vorsitzenden davon abzuhalten, dem Angeklagten die Möglichkeit der Einlassung zu gewähren. Der Angeklagte ließ sich gleichwohl klarstellend ein. Diese klarstellende Einlassung war ihrem Inhalt nach objektiv geeignet, den Angeklagten zu entlasten, denn sie betraf die Frage, welcher der Partner der Bank auf welcher Informationsgrundlage die im Partnerkreis zu treffende Entscheidung, ob die verfahrensgegenständlichen Eigenhandelsgeschäfte durchgeführt werden sollen, federführend begleitet hat. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, die betreffende Bereichszuständigkeit habe seinerzeit bei dem gesondert Verfolgten HB gelegen.
996Schon dieser Geschehensablauf belegt, dass die Staatsanwaltschaft gehalten war, das Gericht fortlaufend über Erkenntnisse zu etwaigen vergangenen oder gegenwärtigen Vertretungsverhältnissen des Wahlverteidigers Prof. Dr. VC zu anderen gesondert Verfolgten oder zu durch die gegenständlichen Verfahrenskomplexe betroffenen Gesellschaften zu informieren, um dem Gericht eine weitergehende Prüfung des § 146 StPO sowie der Frage zu ermöglichen, inwieweit die Interessen des Angeklagten durch das Auftreten des Verteidigers Prof. Dr. VC beeinträchtigt werden. Die Kammer ist auf Grundlage der in der Hauptverhandlung zutage getretenen Umstände sowie der Mitteilungen der Staatsanwaltschaft zu der Einschätzung gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Wahlverteidigers nicht vorliegen, allerdings aufgrund der Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 EMRK zu gewährleisten war, dass kein Sitzungstermin durchgeführt wird, an dem nicht jedenfalls ein weiterer Verteidiger anwesend ist, in dessen Person sich materielle Interessenkonflikte nicht abzeichnen. Dies ist im Laufe der Hauptverhandlung durchgehend umgesetzt worden.
997Es kann dahinstehen, ob die seitens der Oberstaatsanwältin Brorhilker getroffene Einschätzung zutrifft, wonach aufgrund des Auftretens des Verteidigers Prof. Dr. VC der Anfangsverdacht eines Parteiverrates begründet und die Wirksamkeit seiner Vollmacht zweifelhaft ist. Die Oberstaatsanwältin hat unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Rechtsprechung dargelegt, worauf die von ihr geäußerten Erwägungen beruhen. Ihre Ausführungen würden insoweit allenfalls eine unzutreffende rechtliche Würdigung dokumentieren, die aber unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet ist, die Fairness des Verfahrens zu Lasten des Angeklagten zu beeinflussen. Vielmehr liegt es gerade in dessen unmittelbarem Interesse, dass Vorgänge, die nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft einen Parteiverrat zu seinen Lasten begründen können, ebenso aufgeklärt werden, wie Umstände, die der Wirksamkeit einzelner Prozesshandlungen möglicherweise entgegenstehen können. Abgesehen hiervon ist der Verteidiger Prof. Dr. VC durch das Gericht nicht zurückgewiesen worden, so dass die Stellungnahme der Oberstaatsanwältin Brorhilker sich auf die Verteidigung des Angeklagten nicht ausgewirkt hat.
998bb) Es beeinträchtigt den Angeklagten ferner nicht in seinem Recht auf ein faires Verfahren, wenn die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Hauptverhandlung darauf hinweist, dass nach ihrer Einschätzung seitens der Verteidigung Zeugenaussagen unzutreffend wiedergegeben werden.
999Die Staatsanwaltschaft ist zur Mitwirkung an der Ermittlung des wahren Sachverhaltes verpflichtet und hat in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuwirken, dass Zeugen keine Aussagen zugeschrieben werden, die diese tatsächlich nicht getätigt haben. Dass aus Sicht der Staatsanwaltschaft tatsächlich Anlass bestand, die Äußerung der Verteidigung zum Aussageverhalten des gesondert Verfolgten Dr. KK zu kommentieren, belegt bereits der Umstand, dass noch im Antrag vom 01.06.2021 ausgeführt wird, seitens der Staatsanwaltschaft sei dem gesondert Verfolgten Dr. KK „Straffreiheit“ in Aussicht gestellt worden. Wie bereits dargelegt, hat die Hauptverhandlung ergeben, dass seitens der Staatsanwaltschaft gegenüber dem gesondert Verfolgten Dr. KK die Rechtslage hinsichtlich § 46b StGB erläutert und darauf hingewiesen worden ist, dass eine Einstellung nach § 153a StPO nicht in Betracht käme. Eine irgendwie geartete Zusage hinsichtlich einer Straffreiheit ist hierin nicht zu sehen, zumal die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46b StGB ohnehin allein dem Gericht obläge.
1000Das Verfahren gegen den Angeklagten wird auch nicht dadurch unfair, dass die Staatsanwaltschaft keine vermögenssichernden Maßnahmen gegen den gesondert Verfolgten Dr. KK beantragt hat. Die Beantragung eines Vermögensarrestes liegt nach § 111e Abs. 1 StPO grundsätzlich im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Von diesem hat die Staatsanwaltschaft Köln in Bezug auf Personen, denen eine Beteiligung an Steuerhinterziehungstaten im Umfeld von CumEx-Leerverkaufgeschäften vorgeworfen wird, bislang ganz überwiegend dahingehend Gebrauch gemacht, dass eine Arrestanordnung nicht beantragt wird. Warum sie verpflichtet sein sollte, gerade im Hinblick auf solche Personen, die an der Aufklärung des Sachverhaltes mitwirken und zum Ausdruck bringen, zu einer Rückzahlung der erlangten Profite bereit zu sein, abweichend zu verfahren, ist nicht erkennbar.
1001Abgesehen von dem Vorstehenden sind etwaige Vorgänge, die den Einlassungen des gesondert Verfolgten Dr. KK vorausgegangen sind, auch deswegen nicht geeignet, die Fairness des Verfahrens zu Lasten des Angeklagten zu beeinflussen, weil der gesondert Verfolgte Dr. KK entgegen der im Antrag vom 01.06.2021 getroffenen Würdigung nicht der für die Beweisergebnisse allein oder vorrangig maßgebliche „Kron-“ oder „Hauptbelastungszeuge“ ist. Wie im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, gründet die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen auf zahlreichen Beweismitteln und nicht vorrangig auf den Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK. Vielmehr verhält es sich dergestalt, dass die Angaben des gesondert Verfolgten Dr. KK die sich ganz überwiegend auch aus anderen Beweismitteln ergebenden Beweisergebnisse bestätigen.
1002cc) Dass ausweislich der Begründung des Antrags vom 01.06.2021 auch im öffentlichen Eigentum stehende Landesbanken den verfahrensgegenständlichen Geschäften vergleichbare CumEx-Transaktionen durchgeführt haben sollen, macht das Verfahren gegen den Angeklagten ebenfalls nicht unfair, sondern hat allenfalls zur Folge, dass ein Tatverdacht auch gegen Mitarbeiter der betroffenen Banken begründet sein kann. Welche Ermittlungsmaßnahmen in welchen Verfahren durchgeführt und in welcher Reihenfolge etwaige Anklagen erhoben werden, obliegt allein der Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die hierbei auch etwaige Begrenzungen der Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden zu berücksichtigen hat. Die im Antrag vom 01.06.2021 geäußerten Vermutungen hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Verfahren gegen Verantwortliche von im öffentlichen Eigentum stehenden Landesbanken, die „in den unteren Schubladen […] ihrem Ende entgegen“ dämmern sollen, sind rein spekulativ und nicht geeignet, die Fairness des gegen den Angeklagten geführten Verfahrens zu tangieren.
1003dd) Auch die weiteren Ausführungen im Antrag vom 01.06.2021 zeigen keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Bestehen eines Verfahrenshindernisses auf. Die Annahme, die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft habe mit der Presse zusammengearbeitet, beruht augenscheinlich auf bloßen Vermutungen, die durch weitere Nachfragen bei der betroffenen Oberstaatsanwältin sowie den Presseabteilungen der Staatsanwaltschaft Köln sowie des Landgerichts Bonn nicht bestätigt wurden. Entsprechendes gilt für die im Antrag darüber hinaus geäußerte Vermutung, die Oberstaatsanwältin habe mit dem gesondert Verfolgten Dr. KK oder dessen Rechtsanwälten Absprachen oder Gespräche darüber geführt, wie man gegen einen der Wahlverteidiger des Angeklagten vorgehen könne.
1004Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft in öffentlicher Hauptverhandlung Stellungnahmen verliest, begründet nicht dadurch ein unzulässiges Zusammenwirken mit der Presse, dass an der öffentlichen Hauptverhandlung Pressevertreter teilnehmen und Kenntnis vom Inhalt der Stellungnahmen nehmen.
1005Die im Antrag vom 01.06.2021 behauptete Beteiligung der Oberstaatsanwältin an einer „willkürlichen Verfahrensmanipulation“ vom 25.02.2021 war Gegenstand diverser Stellungnahmen der betroffenen Oberstaatsanwältin, durch die bereits die geltend gemachten tatsächlichen Anknüpfungspunkte der vermeintlichen Verfahrensmanipulation widerlegt wurden.
1006ee) Abgesehen von dem Vorstehenden beschränkt sich die Antragsbegründung auf die Abgabe bloßer Wertungen, insbesondere dergestalt, dass aus Sicht der Staatsanwaltschaft Köln „im Cum-Ex-Komplex nur schuldige“ Täter existieren würden, dass das Verfahren „mit parteilichem Eifer“ betrieben werde und dass es der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf den Angeklagten allein darum gehe, alle Hindernisse auf dem Weg zu dessen Verurteilung zu einer hohen Freiheitsstrafe „aus dem Weg zu räumen“.
1007Konkrete Ermittlungshandlungen, durch die die Staatsanwaltschaft gegen ihre Objektivitätspflicht aus § 160 Abs. 2 StPO verstoßen haben könnte, werden im Antrag vom 01.06.2021 nicht dargelegt. Solche sind auch nicht ansatzweise erkennbar, vielmehr hat die Hauptverhandlung gerade ergeben, dass die Ermittlungsorgane ihrer sich aus § 160 Abs. 2 StPO ergebenden Neutralitätspflicht durchgehend nachgekommen sind. So haben etwa die Vernehmungen der in der Hauptverhandlung gehörten Ermittlungspersonen erkennen lassen, dass diese sowohl bei der Analyse der verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen als auch bei der Auswertung der vorhandenen Datenbestände nicht nur die belastenden, sondern durchgehend auch die entlastenden Umstände in den Blick genommen haben. Wie bereits dargelegt, hat die Hauptverhandlung darüber hinaus ergeben, dass auch solche Emails, Präsentationen und weitere Urkunden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind, die ihrem Wortlaut nach auf ein Fehlverständnis von Entscheidungsverantwortlichen der HC Bank hindeuten und daher potentiell entlastende Wirkung entfalten könnten.
1008Es sind im Übrigen auch keinerlei Umstände offenbar geworden, die darauf hindeuten, der Angeklagte sei zu irgendeinem Zeitpunkt des Strafverfahrens in seinen Verteidigungs- und Mitwirkungsrechten eingeschränkt worden. Soweit im Antrag vom 01.06.2021 der angebliche Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK im Wesentlichen mit dem Verhalten der Oberstaatsanwältin Brorhilker begründet wird, blendet dies im Übrigen aus, dass die Hauptverhandlung an insgesamt 29 Sitzungstagen stattgefunden und die betroffene Oberstaatsanwältin lediglich an 5 Tagen die Sitzungsvertretung wahrgenommen hat. Ihr Einfluss auf den Verlauf der Hauptverhandlung war vor diesem Hintergrund von vornherein erheblich eingeschränkt. Abgesehen hiervon bietet weder das Verhalten der betroffenen Oberstaatsanwältin im Rahmen der Hauptverhandlung noch ihr Vorgehen im Ermittlungsverfahren irgendwelche Anknüpfungspunkte dafür, dass sie das Verfahren gegen den Angeklagten unfair oder voreingenommen geführt haben könnte.
1009Soweit im Antrag vom 01.06.2021 auf S. 13 suggeriert wird, sämtliche Kammermitglieder sowie die Schöffen würden die Oberstaatsanwältin mit deren Vornamen ansprechen bzw. „duzen“, ist dies unzutreffend. Auch werden die Beratungen und Entscheidungen der Kammer in keinerlei Weise davon beeinflusst, ob sich die Kammermitglieder sowie die Schöffen mit dem Vor- oder mit dem Nachnamen ansprechen.
1010ff) Soweit im Rahmen eines Ablehnungsantrags vom 02.03.2021 zum Ausdruck gebracht worden ist, das Verfahren sei als unfair anzusehen, weil zwei der erkennenden Richter sich in den zu einem anderen Verfahren ergangenen schriftlichen Urteilsgründen im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Sachverhalte bereits zu einer Mittäterschaft des Angeklagten geäußert hätten, trifft dies nicht zu. Die im hiesigen Verfahren getroffenen Urteilsfeststellungen beruhen ausschließlich auf den Ergebnissen der an 29 Tagen durchgeführten Hauptverhandlung und den in dieser Hauptverhandlung erfolgten Wahrnehmungen der zur Entscheidung berufenen Berufsrichter und Schöffen. Irgendwie geartete Wahrnehmungen der an der Urteilsfindung beteiligten Personen aus anderen Verfahren haben die Würdigung der in der hiesigen Verhandlung erfolgten Beweisaufnahme sowie die Urteilsberatungen in keinerlei Weise beeinflusst.
Soweit im Antrag vom 01.06.2021 hilfsweise die Aussetzung der Hauptverhandlung beantragt worden ist, erfolgte dies mit der identischen Begründung wie die Beantragung der Verfahrenseinstellung aufgrund des vermeintlichen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses. Vor diesem Hintergrund wies der Aussetzungsantrag keinen eigenständigen Gehalt auf. Da - wie bereits dargelegt - keine Anhaltspunkte dafür begründet sind, dass das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren durch das Verhalten von Frau Oberstaatsanwältin Brorhilker auf irgendeine Art und Weise negativ beeinflusst wurde, bestand für eine Aussetzung des Verfahrens keinerlei Raum. Ob Anlass für eine Auswechslung der betroffenen Oberstaatsanwältin besteht, ist im laufenden Verfahren durch die zuständige Stelle geprüft und verneint worden.
Der Angeklagte hat sich in Fall 1 der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht.
Die von dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. NC unterzeichnete Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für das Jahr 2007 enthält - ebenso wie die mit der Steuererklärung übermittelten Steuerbescheinigungen - unrichtige, jedenfalls aber unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen. Im Rahmen der Steuererklärung und in den beigefügten Steuerbescheinigungen wurde unter anderem erklärt, dass hinsichtlich Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen ein der HC Bank zurechenbarer Steuereinbehalt in Höhe von insgesamt 37.356.589,95 Euro stattgefunden hat. Diese Angabe ist unrichtig im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, da auf die von der HC Bank im Jahr 2007 bezogenen Dividendenkompensationszahlungen, die Grundlage der Angaben in der Steuererklärung sowie den Steuerbescheinigungen waren, keine Kapitalertragsteuern und auch keine Solidaritätszuschläge einbehalten worden waren. Diese Umstände hatten erkennbar Relevanz für die steuerrechtliche Bewertung und waren infolgedessen offenbarungspflichtig. Eine entsprechende Mitteilung gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg erfolgte indes weder durch den Angeklagten noch durch eine andere Person.
Der von dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. NC unterzeichneten Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für das Jahr 2007 ist im Wege der Auslegung der in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA enthaltenen Eintragungen die Erklärung zu entnehmen, dass ein der HC Bank zuzurechnender Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen im Umfang von 35.409.090,00 Euro bzw. im Umfang von 1.947.499,95 Euro (insgesamt 37.356.589,95 Euro) auf Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen stattgefunden hat.
1015aa) Die in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 zur Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe enthaltenen Angaben sind auslegungsbedürftig, da sie sich in der Wiedergabe der dort eingetragenen Beträge, verbunden mit dem handschriftlichen Zusatz „s. Auflistung in der Anlage zu Anlage WA“, erschöpfen (zur Auslegungsbedürftigkeit bloßer Mengenangaben in der Steuererklärung auch BeckOK-AO/Ibold, 16. Edition 01.04.2021, § 370 Rn. 116 f., 132 f.; MüKo-StGB/Schmitz/Wulf, 3. Aufl., § 370 AO Rn. 228).
1016Durch die Eintragung bestimmter Beträge in die Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 bringt der Erklärende zum Ausdruck, dass in dem angegebenen Umfang die Voraussetzungen einer Steueranrechnung vorliegen sollen. Dies folgt bereits daraus, dass die Zeilen 3a bis 7 des amtlichen Steuervordrucks der Anlage WA 2007 ausweislich der Überschriftszeile „Anzurechnende Beträge/Steuerabzug“ zum Gegenstand haben sollen. Eintragungen in diese Felder sind hiernach dahingehend zu verstehen, dass nach Einschätzung des Erklärenden ein Sachverhalt vorliegt, der zur Folge hat, dass eine Steueranrechnung im beantragten Umfang vorzunehmen ist und dass zuvor ein Steuerabzug stattgefunden hat. Welche tatsächlichen Umstände im Rahmen dieses Sachverhaltes verwirklicht worden sein sollen, ist wiederum denjenigen Vorschriften zu entnehmen, die die Voraussetzungen der begehrten Steueranrechnung zum Gegenstand haben. Dies gilt jedenfalls für den Fall, dass - wie im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Steuererklärung der HC Gruppe - weitere Angaben zu den tatsächlichen Umständen des verwirklichten Sachverhaltes nicht gemacht werden. Denn in dieser Konstellation kann die jeweils zuständige Finanzbehörde die Eintragungen allein dahingehend verstehen, dass derjenige Sachverhalt verwirklicht sein soll, bei dessen Vorliegen die gesetzlichen Voraussetzungen einer Steueranrechnung tatsächlich erfüllt sind.
1017Die Voraussetzungen für eine Anrechnung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen ergaben sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007]. Hiernach war unter anderem erforderlich, dass die Steuern auf Kapitalerträge tatsächlich „erhoben“ worden waren. Erhoben ist die Kapitalertragsteuer, wenn sie von dem Entrichtungspflichtigen der Kapitalertragsteuer für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einbehalten wurde. Auf die Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer an das Finanzamt kommt es zwar nicht an (vgl. BFH, Urteil vom 23.04.1996 - VIII R 30/93, juris Rn. 14; FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 99 f.). Voraussetzung einer Anrechnung ist jedoch stets, dass die betroffene Steuer tatsächlich ordnungsgemäß auf einen Kapitalertrag einbehalten worden ist (zum Hintergrund Bruns, DStZ 2012, 333, 336 sowie BFH, Urteil vom 08.09.2010 - I R 90/09, juris Rn. 13, 18).
1018Nach dem Vorstehenden wird in der Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für den Veranlagungszeitraum 2007 zum Ausdruck gebracht, dass den in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung eingetragenen Beträgen in Höhe von 44.712.400,34 Euro (Kapitalertragsteuer) und in Höhe von 2.460.600,99 Euro (Solidaritätszuschlag) tatsächlich einbehaltene Steuern in entsprechendem Umfang gegenüberstehen. Zugleich wurde durch die Beifügung der verfahrensgegenständlichen Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen erklärt, dass sich die zur Anrechnung gebrachten Steuern jedenfalls im Umfang von 35.409.090,00 Euro und von 1.947.499,95 Euro auf Kapitalerträge in Gestalt von Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen beziehen. Dies folgt bereits daraus, dass entsprechende Bescheinigungen im Falle eines vorherigen Steuereinbehaltes demjenigen auszustellen waren, der eine Dividende oder eine Dividendenkompensationszahlung bezogen hat, wobei nach Maßgabe des § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] der Inhalt der Bescheinigung nicht davon abhing, ob eine Dividende oder eine Dividendenkompensationszahlung vereinnahmt wurde. Die Beifügung der Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen, auf die durch den handschriftlichen Zusatz in Zeilen 3a und 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung Bezug genommen wurde, bringt hiernach zum Ausdruck, dass die geltend gemachten Anrechnungsbeträge im Umfang der in den Bescheinigungen ausgewiesenen Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge auf Steuern entfallen, die im Zusammenhang mit einem der HC Bank zuzurechnenden Bezug von Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen erhoben, mithin einbehalten worden sind.
1019Der den Eintragungen in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 zur Körperschaftsteuererklärung zu entnehmende Erklärungsinhalt deckt sich mit den in den Steuerbescheinigungen enthaltenen Angaben. Diese weisen zunächst Beträge in Höhe der Bruttodividenden aus, von denen anschließend Kapitalertragsteuern in Höhe von 20% und Solidaritätszuschläge hierauf in Höhe von 5,5% in Abzug gebracht werden, woraus sich ein „Haben“ in Höhe der jeweiligen Nettodividende ergibt. Hierdurch bringen die Steuererbescheinigungen zum Ausdruck, dass die HC Bank im Hinblick auf die von den Bescheinigungen betroffenen Aktiengattungen nicht lediglich Beträge in Höhe der Nettodividende bezogen hat, sondern dass hinsichtlich dieser Beträge zuvor ein Abzug der Steuern tatsächlich erfolgt ist. Dies deckt sich mit dem Umstand, dass die Steuern auch in den Steuerbescheinigungen als „anrechenbare“ Steuern bezeichnet werden, was nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] wiederum deren vorherige Erhebung voraussetzt. Dass die Steuern trotz der Bezeichnung der Steuerbescheinigung als „Dividendengutschrift und Steuerbescheinigung“ entweder auf Dividenden oder auf Dividendenkompensationszahlungen entfallen sollen, folgt auch in diesem Zusammenhang aus der Regelung in § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007], wonach für Dividendenkompensationszahlungen ausgestellte Steuerbescheinigungen inhaltlich den Bescheinigungen für Dividenden entsprachen. Werden Steuerbescheinigungen mitsamt der Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht, bringt der Erklärende nach alldem hierdurch auch zum Ausdruck, dass der in der Bescheinigung dokumentierte Steuerabzug tatsächlich auf einen dem Erklärenden zuzurechnenden Kapitalertrag stattgefunden hat.
1020bb) Nicht mit dem Gesetzeswortlaut sowie mit Sinn und Zweck der Steuerbescheinigung in Einklang zu bringen und daher abzulehnen ist eine in der Literatur teilweise vertretene Auffassung, wonach sich die Erklärungspflicht des Steuerpflichtigen im Rahmen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] und dementsprechend auch der Erklärungsgehalt der Körperschaftsteuererklärung auf die Vorlage der Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 oder 3 EStG [VZ 2007] beschränke, da hierdurch der Nachweis der Erhebung der Kapitalertragsteuer geführt werde (so aber Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3103; Desens, DStZ 2014, 154, 158; Loritz, WM 2017, 353, 357 f.; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1248; Podewils, FR 2014, 1064, 1067).
1021Die Steuerbescheinigung stellt nach der eindeutigen Fassung des § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 und 2 EStG [VZ 2007] lediglich eine zusätzliche Anrechnungsvoraussetzung dar, die neben die darüber hinaus normierten Voraussetzungen tritt (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 104 ff.; Beschluss vom 06.04.2021 - 4 V 723/20, juris Rn. 89; OLG Köln, Urteil vom 11.12.2014 - 7 U 23/14, juris Rn. 51; Anzinger, RdF 2012, 394, 398; Bruns, DStZ 2012, 333, 337; Knauer/Schomburg, NStZ 2019, 305, 307; Schön, RdF 2015, 115, 118, 127 ff.; Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 794 f.; Westermann, DStZ 2019, 467, 470; im Ergebnis wohl auch Jachmann-Michel, jM 2020, 251, 252). Sie soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein ergänzendes Nachweismittel für Zwecke der Veranlagung sein, um eine praktikable Durchführung der Kapitalertragsteueranrechnungen zu ermöglichen (FG Hessen, Beschluss vom 06.04.2021 - 4 V 723/20, juris Rn. 89). Ihr eine Vollbeweisfunktion zum Nachweis der Erhebung der Kapitalertragsteuer beizumessen, mit der Folge, dass es auf das Vorliegen der übrigen in § 36 Abs. 2 EStG [VZ 2007] normierten Anrechnungsvoraussetzungen nicht mehr ankommen würde, würde diesen Zweck eines zusätzlichen Nachweisinstrumentes in sein Gegenteil verkehren (FG Hessen, Beschluss vom 06.04.2021 - 4 V 723/20, juris Rn. 89).
Der erklärte Sachverhalt, wonach die HC Bank Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen bezogen hat, auf die ein Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen tatsächlich erfolgt ist, ist steuerlich erheblich.
1023Steuerlich erheblich sind Tatsachen, wenn sie zur Ausfüllung eines Besteuerungstatbestandes herangezogen werden müssen und damit Grund und Höhe des Steueranspruchs oder des Steuervorteils beeinflussen oder wenn sie die Finanzbehörde zur Einwirkung auf den Steueranspruch sonst veranlassen können (BGH, Urteil vom 27.09.2002 - 5 StR 97/02, juris Rn. 20; Jäger, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 43; Joecks, in: Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 AO Rn. 186). So liegt es hier im Hinblick auf die im Rahmen der Eintragungen in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 sowie den beigefügten Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen enthaltenen Erklärungen. Sowohl der Umstand, dass eine Dividende oder eine Dividendenkompensationszahlung vereinnahmt wurde, als auch das Vorliegen eines dem Erklärenden zuzurechnenden Einbehaltes von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] Grundvoraussetzung dafür, dass eine Steueranrechnung erfolgen kann. Damit betreffen diese Umstände unmittelbar den Grund des begehrten Steuervorteils.
Die HC Bank hat im Veranlagungszeitraum 2007 hinsichtlich der in den Steuerbescheinigungen und Dividendengutschriften bezeichneten Aktien keine Dividenden, sondern lediglich Dividendenkompensationszahlungen bezogen. Auf diese hat kein der HC Bank zuzurechnender Steuereinbehalt stattgefunden.
1025aa) Die HC Bank hat im Hinblick auf die in den verfahrensgegenständlichen Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Aktien keine Dividenden vereinnahmt.
1026Die § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] berechtigten die jeweiligen Steuerschuldner, die auf Dividenden erhobenen Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge zur Anrechnung zu bringen. Steuerschuldner war nach § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007] der Gläubiger des betroffenen Kapitalertrages, also derjenige, der die Dividende erzielt hat. Erzielt wird eine Dividende gemäß § 20 Abs. 2a Satz 1 EStG [VZ 2007] durch den Anteilseigner, der von § 20 Abs. 2a Satz 2 EStG [VZ 2007] als derjenige definiert wird, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses, regelmäßig also am Tag der Hauptverhandlung, zuzurechnen sind. Dies ist nach § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich der (zivilrechtliche) Eigentümer der Aktien, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO der sogenannte „wirtschaftliche“ Eigentümer.
1027Nach dem Vorstehenden wären der HC Bank die auf die verfahrensgegenständlichen Aktien ausgeschütteten Dividenden dann zuzurechnen, wenn die Aktien im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse in ihrem Eigentum gestanden hätten (§ 39 Abs. 1 AO) oder sie zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO erfüllt hätte. Beides ist nicht der Fall.
1028(1) Die HC Bank war im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse nicht Anteilseignerin der Aktien nach § 39 Abs. 1 AO, da sie das Eigentum an diesen jeweils erst nach den Hauptversammlungen erworben hat.
1029(a) Bei girosammelverwahrten Aktien ist der Depotinhaber nach Maßgabe der §§ 741, 1008 BGB; § 6 Abs. 1 DepotG Miteigentümer nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art (vgl. auch FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 73; Beschluss vom 06.04.2021 - 4 V 723/20, juris Rn. 85; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 240; Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 5. Aufl., Band 1, § 72 Rn. 79 f.). Für jede Aktiengattung wird seitens der Verwahrstelle regelmäßig nur eine einzige Globalurkunde verwahrt. Dabei vermittelt die die Wertpapiere verwahrende Wertpapiersammelbank den Aktionären aufgrund des depotgeschäftlichen Verwahrverhältnisses über ihre Depotbanken, die die Aktien für sie verwalten, mehrstufigen mittelbaren Mitbesitz (FG Hessen, Beschluss vom 06.04.2021 - 4 V 723/20, juris Rn. 85). Bei Verkauf der Aktien geht das Eigentum durch Änderung des Besitzmittlungswillens zu Gunsten des Erwerbers und durch die Gutschrift der Aktie auf dessen Depotkonto über (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2016 - 6 K 1544/11, juris Rn. 64 f.; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 242; FG Hessen, Beschluss vom 06.04.2021 - 5 V 723/20, juris Rn. 85; ferner BFH, Urteil vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 40). Die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses ist erst dann vollendet, wenn der betreffende Aktienbestand dem Depotkonto des Erwerbers gutgeschrieben worden ist.
1030Nach dem Vorstehenden war die HC Bank im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse nicht zivilrechtliche Eigentümerin der in den verfahrensgegentändlichen Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Aktien. Denn die Umbuchung des Aktienbestandes und damit der Abschluss des zivilrechtlichen Eigentumserwerbes erfolgten in sämtlichen Fällen erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen der Emittenten der Aktien.
1031(b) Nicht mit dem geltenden Recht in Einklang zu bringen und daher abzulehnen ist eine in jüngster Vergangenheit im hier betroffenen Zusammenhang vertretene Auffassung, wonach börsennotierte Aktien als Wertrechte zu behandeln seien, mit der Folge, dass ihr Verkauf an der Börse zu einer „Vermehrung“ der Aktien führe und erst die rechtliche Übertragung der Aktien diese wieder auf ihren ursprünglichen Bestand reduziere (Schmid, DStR 2021, 1203, 1208 f.). Dem Ansatz liegt augenscheinlich die Annahme zu Grunde, eine bestimmte faktische Handhabung von Börsengeschäften sei geeignet, die Rechtslage umzugestalten. Dies trifft nicht zu. Bei Aktien handelt es sich um Sachen, an denen nach den allgemeinen Grundsätzen in §§ 929 ff. BGB (Mit‑) Eigentum erworben werden kann (dass dies der vorherrschenden Auffassung entspricht, räumt im Ergebnis auch Schmid, DStR 2021, 1203, 1204 selbst ein). Dies wird durch § 6 Abs. 1 S. 1 DepotG auch eindeutig vorausgesetzt, da das darin normierte Miteigentum nach Bruchteilen nur an Sachen erworben werden kann, nicht jedoch an Forderungen oder an Rechten. Bestrebungen, die Rechtslage insoweit umzugestalten, wurden seitens des Gesetzgebers gerade in Bezug auf Aktien zuletzt ausdrücklich nicht weiter verfolgt, bzw. auf einen späteren Zeitpunkt verschoben (vgl. BR-Drs. 8/21, S. 37 f.; hierzu Wieneke/Kunz, NZG 2021, 316, 317).
1032Allein der Umstand, dass die Buchungspraxis an der Börse Fragen hinsichtlich der Subsumierbarkeit einzelner sachenrechtlicher Vorschriften aufwirft (vertiefend etwa zu §§ 868, 871 BGB Wieneke/Kunz, NZG 2021, 316), hat nicht zur Folge, dass entgegen der geltenden Rechtslage Aktien nicht mehr als Sachen anzusehen wären. Der mehrfache Verkauf einer einheitlichen Sache führt aber nicht zu einer „Vervielfältigung“ dieser Sache, nur weil sie infolge der Verkäufe eventuell in mehreren Bilanzen, Handelsbüchern oder auf sonstige Weise als Aktivposten geführt wird. Dies gilt für die dem Sachenrecht unterworfenen Aktien gleichermaßen. Dass die abweichende Auffassung auch mit der Systematik des EStG nicht in Einklang zu bringen ist, folgt im Übrigen daraus, dass nach ihr ein CumEx-Leerkäufer eine nach § 20 Abs. 3 EStG zu versteuernde „Ersatzdividende“, nicht jedoch einen sonstigen Bezug nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG beziehen soll (Schmid, DStR 2021, 1203, 1210). Dann wäre aber die Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG genau in denjenigen Fällen nicht anwendbar, die sie ihrem Wortlaut nach erfasst und für die sie durch das Jahressteuergesetz 2007 eingeführt worden ist. Dies ist mit dem Gesetzeswortlaut sowie dem Willen des Gesetzgebers erkennbar nicht in Einklang zu bringen.
1033(2) Die HC Bank hat im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse auch nicht die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 AO erfüllt. Wirtschaftliches Eigentum im Sinne der Vorschrift könnte sie vor den Gewinnverteilungsbeschlüssen der Aktiengesellschaften allenfalls durch den Abschluss der Kaufverträge über die einzelnen Stücke erlangt haben. Ein anderer Sachverhalt, durch den die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 AO erfüllt worden sein könnten, liegt nicht vor.
1034(a) Die HC Bank hat wirtschaftliches Eigentum nicht bereits dadurch erlangt, dass sie die Kaufverträge über die verfahrensgegenständlichen Aktien abgeschlossen hat. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wären ihr die Aktien als Folge der Kaufverträge nur dann zuzurechnen gewesen, wenn sie bereits zu diesem Zeitpunkt die tatsächliche Herrschaft über die Aktien in der Weise hätte ausüben können, dass sie die zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf die Aktien wirtschaftlich ausschließen konnte. So lag es hier nicht.
1035Die HC Bank stand an den Hauptversammlungstagen in keinerlei rechtlicher Beziehung zu den zivilrechtlichen Aktieninhabern, sondern verfügte lediglich über einen schuldrechtlichen Lieferanspruch gegen die jeweiligen Vertragspartner. Da es sich bei diesen um Leerverkäufer ohne eigenen Aktienbestand handelte, konnten diese der HC Bank keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Aktien verschaffen, die den Anforderungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO entsprochen hätte (hierzu und im Folgenden FG Hessen, Urteile vom 10.02.2016 - 4 K 1684/14, juris Rn. 71 ff.; vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 82 ff.; Beschluss vom 06.04.2021 - 4 V 723/20, juris Rn. 89 f., 101, 104; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 301 ff.; Anzinger, RdF 2012, 394, 399 ff.; Bruns, DStR 2010, 2061, 2062 f.; Florstedt, FR 2016, 641, 645 ff.; Schön, RdF 2015, 115, 120 f.; Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 788 ff.; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 74 ff. jeweils mit weiteren Nennungen).
1036Infolge der Kaufvertragsabschlüsse erwarb die HC Bank einen schuldrechtlichen Lieferanspruch auf Übereignung der Aktien gegen ihre unmittelbaren Vertragspartner. Diese Vertragspartner hatten die von der Veräußerung betroffenen Aktien im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse nicht in ihrem Bestand, sondern beschafften sich diese erst nach den jeweiligen Hauptversammlungen im Rahmen der Ex-Eindeckung. Im für die Beurteilung nach § 20 Abs. 2a Satz 2 EStG [VZ 2007] i.V.m. § 39 Abs. 2 AO maßgeblichen Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse war zugunsten der HC Bank hiernach allein ein Lieferanspruch gegen ihre Vertragspartner auf Übereignung eines bestimmten Anteils an einer bestimmten Aktiengattung begründet. Dieser Anspruch war zwar auf die Übereignung von Aktien bzw. eines Aktienanteils mit Dividendenbezugsrecht gerichtet, war aber nicht wie das Eigentum an der Aktie rechtlich geschützt. Insbesondere konnte das absolute Eigentumsrecht derjenigen, die im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse zivilrechtliches Eigentum an Stücken der von der Veräußerung betroffenen Aktiengattung innehatten, durch den nur relativ wirkenden Anspruch der HC Bank gegen ihre Vertragspartner nicht beeinträchtigt werden.
1037Durch die zwischen der HC Bank und ihren Vertragspartnern abgeschlossenen Kaufverträge wurden die Möglichkeiten der zivilrechtlichen Aktieninhaber, auf die ihnen zugeordneten Stücke bzw. Aktienanteile einzuwirken, in keiner Weise eingeschränkt. Vielmehr konnten diese entsprechend der sich aus § 903 BGB ergebenden Befugnisse auch weiterhin nach freiem Belieben mit den ihnen zugeordneten Stücken verfahren und andere von der Einwirkung auf die Aktien ausschließen. Der allein relativ wirkende Anspruch der HC Bank gegen ihre Vertragspartner begründete keine Verpflichtung der zivilrechtlichen Aktieninhaber, die Stücke zu übereignen, vielmehr hätten sich diese entscheiden können, diese durchgehend in ihrem eigenen Depot zu belassen, wodurch andere von einer Einwirkung auf die Stücke durchgehend ausgeschlossen worden wären. Auch wurden die den ursprünglichen Aktieninhabern zustehenden Stimm- und Bezugsrechte, insbesondere nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AktG und nach § 58 Abs. 4 AktG a.F., durch die bloßen Kaufvertragsabschlüsse in keinerlei Weise beeinträchtigt, vielmehr konnten sie diese gerade am Tag der Hauptversammlung ohne jede Einschränkung ausüben und hatten dementsprechend auch einen Anspruch auf Bezug der Originaldividenden. Die HC Bank war bis zu ihrem - erst nach den jeweiligen Hauptversammlungen vollzogenen - Eigentumserwerb nicht in der Lage, die ursprünglichen zivilrechtlichen Eigentümer von der Sachherrschaft über die Aktien auszuschließen. Vielmehr konnten diese über die Aktien bzw. ihre Aktienanteile nach freiem Belieben verfügen. Nach alldem existierte keine einzige Rechtsposition und kein einziges Nutzungsrecht der zivilrechtlichen Aktieninhaber, auf das die HC Bank allein aufgrund der mit den Leerverkäufern abgeschlossenen Kaufverträge Einfluss hätte ausüben können. Damit ist bereits die Grundvoraussetzung einer Anteilszurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO nicht verwirklicht.
1038(b) Dass die HC Bank nicht bereits durch den Abschluss der Kaufverträge die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO erfüllen konnte, folgt ferner daraus, dass die gegenteilige Annahme zur Folge hätte, dass die betroffenen Aktien im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses sowohl den tatsächlichen zivilrechtlichen Aktieninhabern (nach § 39 Abs. 1 AO) als auch der HC Bank (nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) zuzurechnen wären. Denn der zugunsten der zivilrechtlichen Aktieninhaber wirkende Zurechnungstatbestand nach § 39 Abs. 1 AO kann nicht durch den bloßen Abschluss eines Kaufvertrages zwischen zwei Parteien aufgehoben werden, zu denen der Aktieninhaber im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses in keinerlei rechtlicher Beziehung steht. Eine Zurechnung der Aktien am Tag der Hauptversammlung - auch - zugunsten der HC Bank ließe sich vor diesem Hintergrund nur dadurch erreichen, dass man von einer gleichzeitigen Verwirklichung des § 39 Abs. 1 AO und des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ausgeht. Eine derartige „Vervielfachung“ bzw. „Verdoppelung“ der Zurechnungstatbestände hinsichtlich eines einzigen Wirtschaftsgutes lässt § 39 AO indes nach keiner gängigen Auslegungsmethode zu. Vielmehr können insbesondere Aufbau und Wortlaut der Vorschrift allein dahingehend interpretiert werden, dass ein Wirtschaftsgut immer nur entweder dem zivilrechtlichen Eigentümer oder dem wirtschaftlichen Eigentümer zugerechnet werden kann (vgl. BMF, Schreiben vom 24.06.2015 - IV C 1 - S 2252/13/10005 : 003, DStR 2015, 1624, 1626; FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2016 - 6 K 1544/11, juris Rn. 70; FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 77; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 266 ff.; Anzinger, RdF 2012, 394, 400 ff.; Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 44 f.; Bruns, DStR 2010, 2061, 2062 f.; ders., DStZ 2011, 676, 680; Florstedt, FR 2016, 641 ff., 651; ders., NZG 2017, 601, 603 ff.; ders. StuW 2018, 216, 221 f.; Fu, in: Gosch, AO/FGO, 161. Lieferung, § 39 Rn. 99; Haarmann, BB 2018, 1623, 1635; Pflaum, StBp 2015, 185, 189; Ratschow, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 39 Rn. 52; Rau, DStR 2010, 1267, 1271; ders., FR 2014, 1012, 1018 f.; ders., DStR 2017, 1852, 1854 f.; Schön, RdF 2015, 115, 121; Spengel, FR 2017, 545, 547; ders./Eisgruber, DStR 2015, 785, 787 f.; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 67 f., 76; ders., DStR 2018, 1976, 1977; wohl auch Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 166. Lieferung, § 39 AO Rn. 24; Jachmann-Michel, jM 2020, 251, 254).
1039Von § 39 Abs. 1 AO wird der Grundsatz aufgestellt, dass Wirtschaftsgüter entsprechend der sachenrechtlichen Zuordnung regelmäßig dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sind. Die Regelung in § 39 Abs. 2 AO, die sich auf den sogenannten wirtschaftlichen Eigentümer und auf die Zurechnung von Wirtschaftsgütern beim Vorhandensein einer Gesamthand bezieht, wird hieran anschließend mit dem Passus „Abweichend von Absatz 1“ eingeleitet. Schon diese Formulierung bringt eindeutig zum Ausdruck, dass ein bestimmtes Wirtschaftsgut nur entweder dem zivilrechtlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 1 AO) oder Personen i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zugerechnet werden kann oder ein Fall der Gesamthand vorliegt, die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO indes zur Folge hat, dass das jeweilige Wirtschaftsgut den Beteiligten auch jeweils nur anteilig zugerechnet wird. Verstärkt wird dieser Befund dadurch, dass eine Person nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO gerade dadurch zum wirtschaftlichen Eigentümer wird, dass sie den zivilrechtlichen Eigentümer von der Einwirkung auf das betroffene Wirtschaftsgut „wirtschaftlich ausschließen“ kann. Die Annahme, eine Aktie könne in einem bestimmten Zeitpunkt mehreren Personen jeweils in vollem Umfang steuerrechtlich zugerechnet werden, steht zu dem in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO verankerten Ausschließlichkeitskriterium klar im Widerspruch.
1040Das am Wortlaut orientierte Auslegungsergebnis deckt sich im Übrigen auch mit der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck des § 39 Abs. 2 AO, wonach die Regelung Fälle erfassen soll, bei denen in Abweichung von dem in § 39 Abs. 1 AO normierten sachenrechtlichen Leitbild ein Wirtschaftsgut nicht dem zivilrechtlichen Eigentümer, sondern einer anderen Person zugerechnet wird (vertiefend FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 77; Anzinger, RdF 2012, 394, 400; Florstedt, FR 2016, 641, 642).
1041Stehen § 39 Abs. 1 AO und § 39 Abs. 2 AO hiernach in einem Ausschließlichkeitsverhältnis, konnten die zwischen der HC Bank und den Leerverkäufern abgeschlossenen Kaufverträge nicht zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auf Seiten der HC Bank führen, weil die tatsächlichen Aktieninhaber in ihren sich aus § 903 BGB ergebenden Befugnissen allein auf Grundlage der Kaufvertragsabschlüsse in keinerlei Weise beeinträchtigt wurden, so dass der zu Ihren Gunsten wirkende (Regel-)Tatbestand des § 39 Abs. 1 AO weiterhin verwirklicht war.
1042(c) Bestätigt wird das vorstehende Auslegungsergebnis zu § 39 AO auch durch die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2007 eingeführte Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007]. Hierin wurde seitens des Gesetzgebers klargestellt, dass ein CumEx-Leerkäufer nicht die Dividende, sondern eine andere „Einnahme“ anstelle eines Bezuges im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007], also anstelle einer Dividende, bezieht. Dann steht indes gerade fest, dass ihm die Dividende im Zeitpunkt der Hauptversammlung nicht zuzurechnen sein soll (FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 319; ferner BMF, Schreiben vom 24.06.2015 - IV C 1 - S 2252/13/10005 : 003, DStR 2015, 1624, 1626). Damit erübrigt sich letztlich auch eine Auseinandersetzung darüber, ob dem Leerkäufer über § 39 Abs. 2 AO die Aktien am Dividendenstichtag zuzurechnen sind, so dass er als Bezieher der Originaldividende anzusehen wäre, da dies nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] gerade nicht der Fall ist.
1043Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, aus der Begründung zum Jahressteuergesetz 2007 folge, dass die Voraussetzungen des § 39 AO in CumEx-Fällen mit Leerverkauf auch durch den Leerkäufer bereits mit Abschluss des Kaufvertrages begründet werden (insbesondere Derlien/Kern, BB 2013, 1943, 1946 ff.; Hahne, DStR 2007, 605, 609 f.; Müller, StB 2015, 352, 353 f.; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1240 f.), kann dem bereits vor dem Hintergrund der Wirkweise einer Gesetzesbegründung nicht gefolgt werden. Abgesehen hiervon mag die Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007 zwar missverständlich formuliert sein, sie trägt aber bei vollständiger und verständiger Lektüre ohnehin nicht den Schluss, der Gesetzgeber habe durch das JStG 2007 Einzelheiten des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 AO in CumEx-Leerkaufsfällen in dem Sinne einer Regelung zuführen wollen, dass - entgegen der im Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] verankerten Wertung - der Leerkäufer im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses als wirtschaftlicher Eigentümer und damit als Bezieher der Originaldividende anzusehen sei.
1044Die für die Anrechnung und Erstattung von Kapitalertragsteuern sowie die Zurechnung von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Bestimmungen in § 39 AO und § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] haben durch das Jahressteuergesetz 2007 keinerlei Änderungen erfahren, so dass sich die Gesetzesbegründung auf die Beurteilung der von diesen Vorschriften erfassten Vorgänge von vornherein nicht auswirken kann (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 87; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 274, 317; Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 43 mit Fn. 45). Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber davon ausging, die Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007 sei maßgeblich auch für die Auslegung dieser Vorschriften. Die in der Literatur aufgegriffenen Passagen der Gesetzesbegründung, wonach der Leerkäufer in CumEx-Konstellationen als „wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 39 AO“ anzusehen sei und eine „Nettodividende und den Kapitalertragsteuer-Anrechnungsanspruch“ erhalte (BR-Drs. 622/06, S. 77 f. und BT-Drs. 16/2712, S. 48), stellen lediglich eine Umschreibung der Börsenpraxis (FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 318), jedenfalls aber nicht mehr als eine verkürzte rechtliche Würdigung dar. Insoweit handelt es sich hierbei allenfalls um ein „obiter dictum“, dem keine Auslegungshinweise für § 39 AO entnommen werden können (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 87; Anzinger, RdF 2012, 394, 402; Florstedt, NZG 2017, 601, 605; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 74 f.).
1045Abgesehen von dem Vorstehenden vermag die Gesetzesbegründung aber auch nicht die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] enthaltene Klarstellung zu überlagern, wonach der Leerkäufer gerade nicht die Dividende bezieht, sondern eine andere „Einnahme“. Dem entspricht die in BT-Drs. 16/2712, S. 48 enthaltene Formulierung, wonach es sich bei den Dividendenkompensationszahlungen um „eigenständige Einnahmen an Stelle der Dividende“ handelt, die durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG mit den Dividenden „gleichgestellt werden“ sollen (Schön, RdF 2015, 115, 122 f.; Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 790 f.). Hierdurch wird insgesamt zum Ausdruck gebracht, dass der Leerkäufer gerade keine Dividenden als wirtschaftlicher Eigentümer bezieht, sondern lediglich eine Dividendenkompensationszahlung. Dies deckt sich mit dem Auslegungsergebnis zu § 39 AO ebenso wie mit dem Wortlaut der durch das Jahressteuergesetz 2007 neu geschaffenen Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG.
1046(d) Die Verneinung der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO auf Seiten der HC Bank im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Der in diesem Zusammenhang viel zitierten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15.12.1999, wonach in bestimmten Konstellationen bereits der Abschluss eines Kaufvertrages über Aktien wirtschaftliches Eigentum in der Person des Käufers begründen kann (BFH, Urteil vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 41), lag ein Fall zugrunde, in dem die Aktien im Depot des Veräußerers vorhanden waren und dieser auch zivilrechtlicher Eigentümer der Aktien war, bei dem also ein Inhaberverkauf vorlag (hierzu FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 78; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 255, 311; Bruns, DStR 2010, 2061, 2062 f.; Florstedt, FR 2016, 641, 644; Spengel, BB, 2016, 2988, 2990; ders./Eisgruber, DStR 2015, 785, 789; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 26 f.; vgl. ferner FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2016 - 6 K 1544/11, juris Rn. 75). Die Entscheidung trifft daher keine Aussage dazu, ob auch derjenige den Tatbestand des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO bezüglich einer Aktie bereits durch Abschluss eines Kaufvertrages zu begründen vermag, dessen Vertragspartner die Aktien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht selbst im Bestand hat.
1047Dass die Auslegung des § 39 AO dadurch beeinflusst werden kann, ob der zu behandelnden Aktientransaktion ein Leerverkauf zugrunde liegt, ist im wissenschaftlichen Schrifttum teilweise schon vor bzw. unmittelbar im Anschluss an die Verkündung des Urteils vom 15.12.1999 betont worden (Krause, WM 1999, 1101, 1103; Rau/Sahl, BB 2000, 1112, 1116). Für die hier beleuchtete Fragestellung ist der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs allein die Aussage zu entnehmen, dass maßgeblich eine an dem Gesamtbild der Verhältnisse orientierte Betrachtung sei (BFH, Urteil vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 41; Beschluss vom 20.11.2007 - I R 85/05, juris Rn. 15), nicht aber, dass der bloße Abschluss eines Kaufvertrages stets zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums auf Seiten des Käufers führt. Im Übrigen ist bei der Bewertung konkreter Einzelfälle zu berücksichtigen, dass sowohl die Entscheidung aus dem Jahr 1999 als auch ein diese Entscheidung bestätigender Beschluss vom 20.11.2007 (I R 85/05) Sachverhalte aus Veranlagungszeiträumen betrafen, die vor Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2007 stattgefunden hatten. Dementsprechend ergingen die Entscheidungen auch noch zu Sachverhalten, hinsichtlich derer die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] enthaltene Klarstellung noch nicht in Kraft getreten bzw. anzuwenden war.
1048Auch in seiner zuletzt zu einer CumEx-Leerverkaufskonstellation ergangenen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof nicht den Grundsatz aufgestellt, wonach das wirtschaftliche Eigentum auch bei Leerverkäufen stets bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses in der Person des Käufers begründet wird. Vielmehr soll es für die Prüfung des § 39 AO auf die Gesamtumstände des betroffenen Einzelfalls bzw. das „Gesamtbild der Verhältnisse“ ankommen (BFH, Urteil vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 39 ff.). Hierbei soll ein Leerverkäufer durch den bloßen Kaufvertragsabschluss die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO jedenfalls dann nicht erfüllen können, wenn das Gesamtvertragskonzept zwischen Leerverkäufer und Leerkäufer dergestalt aufgesetzt ist, dass auf Seiten des Leerkäufers lediglich ein Durchgangserwerb ohne nennenswerte Inanspruchnahme der mit dem Innehaben der Wertpapiere verbundenen Rechte erfolgen soll (BFH, Urteil vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 32; auch für CumCum-Konstellationen das Gesamtvertragskonzept in den Vordergrund rückend: BFH, Urteil vom 18.08.2015 - I R 88/13, juris Rn. 21; vgl. ferner FG München, Urteil vom 14.12.2020 - 7 K 899/19, juris Rn. 48 sowie zur Entscheidung des BFH vom 16.04.2014 insgesamt Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 44 und Schwenke, jM 2015, 83, 86).
1049Auch nach den vom Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 16.04.2014 aufgestellten Grundsätzen hätte die HC Bank wirtschaftliches Eigentum nicht bereits durch Abschluss der Kaufverträge erworben, ohne dass es auf die Auswirkungen des Vorliegens von Leerverkäufen noch ankommen würde. Denn die Aktien wurden von ihr allein zu dem Zweck erworben, Steuerbescheinigungen zu generieren, um mit diesen die Anrechnung von zuvor auf die Dividendenkompensationszahlung nicht einbehaltener Steuern beantragen zu können. Weder sollte die HC Bank Stimmrechte an den Aktien ausüben noch sollte sie Kurschancen und -risiken tragen. Vielmehr wurden die Geschäfte gerade marktneutral abgeschlossen, um zu gewährleisten, dass sich Kurssteigerungen und -senkungen im Vermögen der HC Bank nicht auswirken. Dementsprechend war von Anfang an ein nur kurzzeitiger Durchgangserwerb der HC Bank geplant, bei dem durch den bloßen Kaufvertragsabschluss kein wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO begründet werden kann.
1050Nichts Abweichendes folgt im Übrigen aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof im Verfahren I R 2/12 vor Verabschiedung des Urteils am 16.04.2014 in einem Gerichtsbescheid vom 06.03.2013 noch eine teilweise abweichende Rechtsauffassung vertreten hatte. Denn der Gerichtsbescheid ist für die Auslegung der hier betroffenen Vorschriften schon vor dem Hintergrund unbeachtlich, dass er nicht in Rechtskraft erwachsen ist, sondern nach § 90a Abs. 3 Hs 2 FGO als nicht ergangen gilt. Der Gerichtsbescheid beinhaltet hiernach allenfalls eine vorübergehende rechtliche Würdigung des dortigen Sachverhaltes durch die zur Entscheidung berufenen Richter. Im Übrigen hatte der Bundesfinanzhof auch im Gerichtsbescheid die Frage, ob der Leerkäufer bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses wirtschaftliches Eigentum erwirbt, gerade offen gelassen [Ziff. II.4.b)bb) des Beschlusses]. Soweit der Bundesfinanzhof im Folgenden ausgeführt hat, diese Frage sei nicht entscheidungserheblich, da der Leerkäufer jedenfalls den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2008] verwirklicht habe, fehlt im Folgenden eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie es sich auswirkt, wenn auf die Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2008] ein eigenständiger Steuereinbehalt nicht stattgefunden hat. Insoweit kann dahinstehen, ob der Bundesfinanzhof diese - erkennbar entscheidungsrelevante - Frage übersehen oder ihr keine Bedeutung beigemessen hat, da die Sache ohnehin an das Finanzgericht Hamburg zurückverwiesen werden sollte. Denn für die Fragen, wie die von CumEx-Leerverkaufsfällen betroffenen steuerrechtlichen Vorschriften auszulegen sind und welche Offenbarungspflichten gegenüber den Finanzbehörden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bestanden, kann ein nicht in Rechtskraft erwachsener Gerichtsbescheid aus dem Jahr 2013, in dem die entscheidungserheblichen Fragen ausdrücklich offen gelassen oder nicht behandelt wurden, keinerlei Relevanz gewinnen.
1051(e) Soweit in der Literatur auch heute noch vereinzelt der Standpunkt eingenommen wird, dass auch ein Leerkäufer die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfüllt, vermag dies nicht zu überzeugen. Entsprechende Stellungnahmen beruhen auf einer unzureichenden Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Vorgaben, teilweise sogar auf einer groben Missachtung tragender Prinzipien des Zivil- und Verfassungsrechts. Dies gilt insbesondere für Begründungsansätze, wonach CumEx-Leerkaufgeschäfte lediglich eine vom Gesetzgeber im Jahressteuergesetz 2007 bewusst offen gehaltene „Gesetzeslücke“ ausgenutzt haben sollen (so etwa Desens, DStR 2012, 2473). Tatsächlich ist dies nicht der Fall, vielmehr machten sich Marktakteure im Rahmen von CumEx-Leerverkaufsmodellen Abwicklungsmechanismen an der Börse sowie den Umstand zu Nutze, dass im Steueranrechnungsverfahren die Eintragungen in den Steuererklärungen seitens der Finanzbehörden zunächst als zutreffend unterstellt und unverändert übernommen, mithin keiner vertieften Prüfung unterzogen werden. Die Rechtslage wird durch entsprechende Vorgänge nicht umgestaltet. Sie ist - wie bereits dargelegt - eindeutig und hat zur Folge, dass einem Leerkäufer wie der HC Bank die Aktien am Dividendenstichtag nicht zuzurechnen sind.
1052Abgesehen von dem Vorstehenden ist festzustellen, dass Stellungnahmen im Schrifttum, die sich für einen Anrechnungsanspruch des CumEx-Leerkäufers auch bei fehlendem Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlung aussprechen, schwerpunktmäßig ab dem Jahr 2011 und damit in Zeiträumen publiziert wurden, in denen seitens der Finanzverwaltung entsprechende Sachverhalte zunehmend aufgedeckt und Steueranrechnungen bzw. -erstattungen verweigert bzw. die Geschäfte kritisch beleuchtet wurden. Den Darstellungen ist dabei das Bestreben zu entnehmen, immer neue Argumente für eine - vermeintliche - Begründung des Anrechnungsanspruchs in der Person des CumEx-Leerkäufers anzuführen, wobei die zu Grunde liegenden gesetzlichen Vorgaben und steuerrechtlichen Grundprinzipien immer weiter in den Hintergrund gedrängt werden, um diese durch vermeintliche Vertrauenstatbestände (in diese Richtung Desens, DStZ 2014, 154, 156; Spilker, FR 2017, 469, 473 ff.), angeblich existierende Vorgaben des Europarechts (so etwa Loritz, Stbg 2020, 165, 171, 176 f.) und „faktische Gegebenheiten“ des Börsenhandelns (hierzu etwa Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3099, 3101 f.; Klein, BB 2016, 2200, 2201; Loritz, WM 2017, 309, 312 ff. und zuletzt Schmid, DStR 2021, 1203, 1208) zu ersetzen. Sämtliche in diesem Zusammenhang anzutreffenden Begründungsansätze lassen schon im Ausgangspunkt die gebotene Auseinandersetzung mit den sich aus Wortlaut und Systematik des § 39 AO ergebenden Vorgaben vermissen (eingehend bereits FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 – 4 K 977/14, juris Rn. 77 ff., 83; Florstedt, FR 2016, 641. 642 ff.; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 59 ff.) und bedürfen daher an dieser Stelle keiner weitergehenden Analyse.
1053(f) Die HC Bank hat auch unter sonstigen Gesichtspunkten die Voraussetzungen des § 39 AO nicht vor den jeweiligen Gewinnverteilungsbeschlüssen erfüllt.
1054bb) Nach dem Vorstehenden hat die HC Bank nach § 20 Abs. 2a Satz 2 EStG [VZ 2008] i.V.m. § 39 AO keine Dividenden erzielt. Vielmehr handelt es sich bei den an sie im Hinblick auf die einzelnen Aktiengattungen erfolgten Zahlungen in Höhe der Nettodividende um Dividendenkompensationszahlungen, die sie im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] erhalten hat, da die Kaufverträge auf die Lieferung von Aktien mit Dividendenbezugsberechtigung gerichtet waren, die Aktien aber erst nach den Hauptversammlungen und damit ohne Dividendenanspruch geliefert wurden. Auf die von der HC Bank vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen wurden entgegen § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht erhoben.
1055Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] konnte eine auf Dividendenkompensationszahlungen erhobene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag im Rahmen der jährlichen Veranlagung zur Anrechnung gebracht werden, wenn eine Erhebung und damit ein Einbehalt der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung tatsächlich erfolgt war. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] war der Steuerabzug durch das inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut vorzunehmen, das den Verkaufsauftrag für den Leerverkäufer ausführte. Die Steuererhebung war hiernach dergestalt durchzuführen, dass die „den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“ bei Auszahlung der Dividendenkompensationszahlung einen Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag einbehielt. Von § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] erfasst waren allerdings nur die den Verkaufsauftrag ausführenden inländischen Kreditinstitute.
1056(1) Die vorstehend dargelegten Voraussetzungen für einen Steuereinbehalt wurden hinsichtlich der von der HC Bank bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht erfüllt. Insoweit wäre erforderlich gewesen, dass die von den Leerverkäufern mit der Abwicklung des Verkaufsauftrags betrauten Depotbanken oder eine andere Stelle einen Betrag in Höhe der Bruttodividende von den Leerverkäufern erhalten, aber nur einen Betrag in Höhe der Nettodividende an die HC Bank weitergeleitet hätten (vgl. FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 100 ff.). Die mit einem Betrag in Höhe der Nettodividende belasteten Depotbanken hätten ihrerseits bei den Leerverkäufern Rückgriff in Höhe eines der Bruttodividende entsprechenden Betrages nehmen müssen, da sie nur in dieser Konstellation einen Betrag vereinnahmt hätten, der wertmäßig der Differenz zwischen der Brutto- und Nettodividende entspricht und der im Folgenden an den Fiskus hätte abgeführt werden sollen. So lag es hier indes nicht. Vielmehr haben die in die verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäfte eingebundenen Depotbanken lediglich einen Betrag in Höhe der Nettodividende an die HC Bank ausbezahlt, ohne ihrerseits Zugriff auf einen darüber hinausgehenden Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zu nehmen. Auch im Übrigen wurden die Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im Hinblick auf die Dividendenkompensationszahlungen bei niemandem in Abzug gebracht. Namentlich hat keine Stelle einen Betrag in Höhe der Differenz zwischen Brutto- und Nettodividendenkompensationszahlung zu dem Zweck vereinnahmt, diesen an den Fiskus weiterzuleiten.
1057(2) Ein der HC Bank zuzurechnender Steuereinbehalt ergibt sich entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1247) nicht bereits daraus, dass die von ihr gezahlten Bruttokaufpreise die Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag wirtschaftlich mitumfassten, sie im Gegenzug neben den Aktien wertmäßig jedoch lediglich Beträge in Höhe der Nettodividende gutgeschrieben erhielt. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei den Kaufpreiszahlungen der HC Bank und den an sie geleisteten Dividendenkompensationszahlungen um zwei vollständig getrennte Zahlungsströme handelt. In Abzug zu bringen war die Kapitalertragsteuer, deren Anrechnung die HC Bank bzw. die HC Gruppe begehrte, allein von den Dividendenkompensationszahlungen, nicht von den von ihr geleisteten Kaufpreisen. Denn die Dividendenkompensationszahlung stellt denjenigen Kapitalertrag dar, der seitens der HC Bank bezogen worden ist.
1058Die Kapitalertragsteuer ist erst dann als „erhoben“ im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anzusehen, wenn die Differenz zwischen Brutto- und Nettobetrag gerade mit dem Zweck der späteren Abführung der Kapitalertragsteuer durch die hierfür zuständige Stelle einbehalten (bzw. dem vorgeschaltet erlangt) wurde. Diese Voraussetzungen wurden durch die bloße Zahlung der Kaufpreise nicht erfüllt. Diese fielen schon nicht unter § 20 Abs. 1 EStG [VZ 2007], so dass für die von den Leerverkäufern beauftragten Finanzinstitute keine § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] vergleichbare gesetzliche Grundlage bestand, die sie zur Abführung von Kapitalertragsteuer aus diesen Beträgen berechtigt und verpflichtet hätte. Vielmehr waren die Finanzinstitute im Verhältnis zu den Leerverkäufern verpflichtet, die Kaufpreise wertmäßig uneingeschränkt zu deren Gunsten zu buchen. Sie haben den Kaufpreis gerade nicht zu dem Zweck erhalten, hiervon einen Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag an den Fiskus weiterzuleiten.
1059Für die Erhebung der Steuer kann auch im Übrigen nicht darauf abgestellt werden, dass die HC Bank als Leerkäuferin lediglich eine Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Nettodividende bezogen hat. Namentlich folgt hieraus nicht, dass die Steuer zuvor durch die Depotbank der Leerverkäufer oder eine andere Stelle in Abzug gebracht worden wäre (vgl. bereits FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 100, 102; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 87). Zwar hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass von einer Erhebung der Kapitalertragsteuer auszugehen ist, sobald sie vom Entrichtungspflichtigen der Kapitalertragsteuer für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einbehalten wurde, so dass es auf die Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer an das Finanzamt nicht ankommt (BFH, Urteil vom 23.04.1996 - VIII R 30/93, juris Rn. 14). Auch in dieser Konstellation bleibt indes Grundvoraussetzung für die Steueranrechnung, dass diese zuvor tatsächlich ordnungsgemäß einbehalten worden ist. Dies folgt bereits daraus, dass nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] nur tatsächlich erhobene Steuern anzurechnen sind. Ein Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlung hat in den CumEx-Leerkaufgeschäften der HC Bank aber gerade nicht stattgefunden. Denn die auf der Seite der Leerverkäufer eingeschalteten Depotbanken haben keinen Betrag in Höhe der Differenz zwischen Brutto- und Nettodividende zu dem Zweck der Weiterleitung dieses Betrages an den Fiskus erhalten. Allein der Umstand, dass die von der HC Bank bezogenen Zahlungen die Steuern wertmäßig nicht mitumfassten, hat nicht zur Folge, dass die auszahlenden Stellen einen den Steuern wertmäßig entsprechenden Betrag etwa zum Zwecke der Abführung an den Fiskus zurückbehalten hätten.
1060(3) Ein Steuereinbehalt auf die von der HC Bank vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen ergibt sich zuletzt auch nicht daraus, dass Steuern auf die von den Emittenten der Aktien ausgeschütteten Dividenden tatsächlich einbehalten worden sind. Vielmehr kommt es für den Anrechnungsanspruch des Leerkäufers allein darauf an, dass ein Steuereinbehalt gerade auf die von ihm bezogene Dividendenkompensationszahlung stattgefunden hat. Denn § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] forderte unmittelbar, dass die tatsächlich erhobene Steuer auf die Bezüge „entfällt“, die von dem die Steueranrechnung Begehrenden vereinnahmt wurden. Bereits hieraus folgt, dass derjenige, der - wie die HC Bank - eine Dividendenkompensationszahlung bezieht, sich zur Begründung eines Steueranrechnungsanspruchs nicht darauf berufen kann, dass auf die Dividenden Kapitalertragsteuern tatsächlich abgeführt worden sind. Denn dieser Steuereinbehalt ist allein im Hinblick auf die Originaldividende und damit auf einen Kapitalertrag vorgenommen worden, der der HC Bank gerade nicht zuzurechnen ist (im Ergebnis Jachmann-Michel, jM 2020, 251, 254).
1061Entgegenstehende Auffassungen (Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3103; Derlien/Kern, BB 2013, 1943, 1948; Desens, DStZ 2014, 154, 160 f.; ders., DStR 2014, 2317, 2322; Klein, BB 2013, 1054, 1056; Loritz, WM 2017, 353, 356; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1246) sind mit dem Wortlaut des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] nicht in Einklang zu bringen. Sie hätten im Übrigen zur Folge, dass einmalig durch die Emittenten der Aktien einbehaltene Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge jeweils in vollem Umfang und damit zweifach sowohl zugunsten der ursprünglichen Aktieninhaber als auch zugunsten der HC Bank anzurechnen wären. Die Anrechnung von Steuern in einem Umfang, dem keine Steuereinbehalte in entsprechender Höhe gegenüberstehen, steht indes im evidenten Widerspruch zu zentralen Grundsätzen des Steuerveranlagungsverfahrens. Denn bei der Kapitalertragsteuer handelt es sich um eine Abzugsteuer, die in Gestalt einer Vorauszahlung für bestimmte Kapitalerträge erfolgt (FG Hessen, Beschluss vom 08.10.2012 - 4 V 1661/11, juris Rn. 42). Dementsprechend setzt die spätere Anrechnung der Steuer zwingend ihre vorherige Erhebung in entsprechendem Umfang voraus. Eine Anrechnung von Steuervorauszahlungen, die tatsächlich nicht in Abzug gebracht worden sind, kommt nicht in Betracht (FG Hessen, Beschluss vom 08.10.2012 - 4 V 1661/11, juris Rn. 42).
1062Entgegen einer in der Literatur anzutreffenden Argumentation kommt es für den Anrechnungsanspruch des Leerkäufers auch nicht deswegen auf den Steuereinbehalt durch den Emittenten der Aktien an, weil dieser in § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] als Schuldner der Kapitalerträge definiert wird (so etwa Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3103 f.; Derlien/Kern, BB 2013, 1943, 1948; Desens, DStZ 2014, 154, 160 f.; ders., DStR 2014, 2317, 2322; Klein, BB 2013, 1054, 1056; Loritz, WM 2017, 353, 356; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1246). Schon der Wortlaut des § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] ist einer entsprechenden Auslegung nicht zugänglich. Denn wenn darin normiert wird, dass der Emittent der Aktien „insoweit“ als Schuldner der Kapitalerträge gilt, folgt bereits aus dem Terminus „insoweit“, dass sich die Reichweite der in § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] normierten Fiktion allein auf den Regelungsinhalt der Vorschrift und damit auf den Vorgang der Bescheinigung des Kapitalertragsteuerabzugs erstreckt. Weitere Sachverhalte werden von der Fiktionswirkung gerade ausgenommen. Dies spricht eindeutig dafür, dass lediglich aus Gründen der Verfahrensvereinfachung der Inhalt einer Steuerbescheinigung nicht davon abhängen soll, welche Art von Kapitalertrag bezogen wurde, dass § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] aber keinerlei Aussage dazu trifft, wem der Steuereinbehalt durch die Emittenten der Aktien zuzurechnen ist (zum gesetzgeberischen Hintergrund der Regelung Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 794). Dieser Befund wird noch dadurch verstärkt, dass der Emittent der Aktien nach der Vorschrift lediglich als Schuldner der Kapitalerträge „gilt“. Auch diese Formulierung in § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] bringt eindeutig zum Ausdruck, dass der Emittent der Aktien gerade nicht Schuldner der Kapitalerträge im Verhältnis zum Leerkäufer ist, sondern lediglich als dieser fingiert werden soll. Aus der systematischen Stellung des § 45a EStG [VZ 2007] folgt im Übrigen, dass der Vorgang der Steuerbescheinigung dem Vorgang der Steuererhebung nachgeschaltet ist, dass also eine Bescheinigung nur und erst dann ausgestellt werden soll, wenn die Voraussetzungen einer Steuererhebung tatsächlich vorliegen (Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 794).
1063(4) Auch im Übrigen wurden durch keine Stelle Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge auf die von der HC Bank bezogenen Dividendenkompensationszahlungen einbehalten.
Da den seitens der HC Gruppe zur Anrechnung gebrachten Beträgen im Umfang von 35.409.090,00 Euro (Kapitalertragsteuer) bzw. von 1.947.499,95 Euro (Solidaritätszuschlag) keine Steuereinbehalte in entsprechender Höhe auf die von der HC Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen gegenüberstehen, sind die diesbezüglichen Eintragungen in Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung und in den Steuerbescheinigungen unrichtig. Abweichendes ergibt sich nicht daraus, dass die Angaben Ergebnis einer teilweise vertretenen Rechtsauffassung waren.
1065Angaben, die unrichtig oder unvollständig sind, weil ihnen eine unzutreffende Rechtsauffassung zugrunde liegt, bleiben unrichtig oder unvollständig im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (Jäger, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 44). Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn der Erklärende alle steuerlich erheblichen Tatsachen richtig und vollständig vorträgt und es dem Finanzamt dadurch ermöglicht, die Steuer unter abweichender rechtlicher Beurteilung zutreffend festzusetzen (BGH, Urteil vom 10.11.1999 - 5 StR 221/99, juris Rn. 23). Offenbarungspflichtig sind hierbei jedenfalls sämtliche Sachverhalte, deren steuerliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist. Werden diese nicht mitgeteilt, ist die Erklärung objektiv unrichtig. Eine etwaige Fehlvorstellung des Erklärenden hinsichtlich der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung vermag allenfalls den Tatbestandsvorsatz entfallen zu lassen (Jäger, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 44).
1066aa) Nach dem Vorstehenden bestand eine Offenbarungspflicht jedenfalls für diejenigen Umstände, aus denen sich ergibt, dass die HC Bank hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Aktien lediglich Dividendenkompensationszahlungen erlangt hat, auf die ein Steuerabzug nicht erfolgt ist. Die diesbezügliche steuerliche Relevanz war bereits im Erklärungszeitpunkt offensichtlich, jedenfalls aber objektiv zweifelhaft. Dies folgt daraus, dass eine Rechtsauffassung, wonach die Voraussetzungen einer Steueranrechnung nach § 31 Abs. 1 KStG i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] in der Person eines CumEx-Leerkäufers unabhängig davon begründet sein können, ob ein Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlung stattgefunden hat oder nicht, mit dem Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und mit zentralen Grundsätzen des steuerlichen Veranlagungsverfahrens nicht in Einklang steht.
1067Die Annahme, der Leerkäufer könne neben dem tatsächlichen Aktieninhaber die Voraussetzungen des § 39 AO erfüllen, so dass ihm die Dividende im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sei, steht - wie bereits dargelegt - in unauflöslichem Widerspruch zu dem im Wortlaut des § 39 AO niedergelegten Exklusivitätsverhältnis. Dies gilt erst recht seit Inkrafttreten des JStG 2007 - und damit auch im Erklärungszeitpunkt - da sich seitdem aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG [VZ 2007] ergibt, dass der Leerkäufer in der hier betroffenen Konstellation gerade nicht die Dividende, sondern eine Dividendenkompensationszahlung bezieht. Wie bereits dargelegt, ist ferner auch die Annahme, der durch das aktienführende Unternehmen erfolgende Steuereinbehalt sei sowohl dem tatsächlichen Aktieninhaber als auch dem Leerkäufer zuzurechnen, nicht mit den Vorschriften des EStG [VZ 2007] und zentralen Prinzipien des Steuerveranlagungsverfahrens in Einklang zu bringen.
1068bb) Angesichts dieser Zusammenhänge könnte die steuerliche Relevanz der Umstände, aus denen sich der nicht erfolgte Steuereinbehalt auf die dem Leerkäufer allein zuzurechnende Dividendenkompensationszahlung ergibt, allenfalls dann entfallen, wenn im Erklärungszeitpunkt seitens der Rechtsprechung, der Finanzverwaltung und/oder durch die regelmäßige Verwaltungspraxis der Finanzbehörden eindeutig zum Ausdruck gebracht worden wäre, dass es hierauf für die Frage, ob die Steuer zugunsten des Leerkäufers anzurechnen ist, tatsächlich nicht ankommt. So lag es im Januar des Jahres 2009 indes nicht.
1069(1) Wie bereits dargelegt, hat der Bundesfinanzhof in seiner vor Januar 2009 ergangenen Rechtsprechung nicht den Standpunkt eingenommen, der Leerkäufer erfülle die Voraussetzungen des § 39 AO stets bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschluss. Die zu der Thematik ergangenen Entscheidungen betrafen anders gelagerte Sachverhalte und ergingen im Übrigen nicht für Veranlagungszeiträume, in denen die durch das JStG 2007 geänderten Vorschriften zur Anwendung gelangten. Ferner ist von Seiten der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zu keinem Zeitpunkt der Standpunkt eingenommen worden, in den hier betroffenen CumEx-Konstellationen könnten entgegen der für die Anrechnung von Kapitalertragsteuern grundlegenden Systematik Steuern in höherem Umfang angerechnet werden als sie zuvor tatsächlich einbehalten wurden.
1070(2) Offen bleiben kann im hier beleuchteten Zusammenhang, ob in einer Gesetzesbegründung enthaltene Ausführungen ihrer Rechtsnatur nach überhaupt geeignet sind, Einfluss auf die steuerliche Relevanz bestimmter Umstände und damit auf ihre Offenbarungspflichtigkeit im Rahmen der Steuererklärung zu nehmen. Denn der in Teilen widersprüchlichen Begründung des JStG 2007 kann - wie bereits dargelegt - nicht der Standpunkt entnommen werden, ein Leerkäufer erfülle die Voraussetzungen des § 39 AO stets bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bzw. er sei zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer unabhängig davon berechtigt, ob auf der Ebene des Leerverkäufers ein weiterer Steuerabzug stattgefunden hat. Vielmehr sollte durch die Änderungen des JStG 2007 ausweislich der Gesetzesbegründung gerade bewirkt werden, dass in den hier betroffenen Fallgestaltungen „so viel Quellensteuer erhoben [wird], wie bei den Anteilseignern später steuerlich berücksichtigt wird“ (BT-Drs. 16/2712, S. 47 f.). Gerade dies ist indes nicht der Fall, wenn man die Auffassung vertritt, der durch den Emittenten der Aktien vorgenommene Steuereinbehalt berechtige neben dem ursprünglichen Aktieninhaber auch den Leerkäufer zur Steueranrechnung in voller Höhe. Die Umstände, aus denen sich das Vorliegen eines CumEx-Leerverkaufs und der unterbliebene Steuereinbehalt auf Ebene des Leerverkäufers ergeben, bleiben damit auch nach Maßgabe der Begründung zum JStG 2007 offenbarungspflichtig.
1071(3) Es entsprach im Erklärungszeitpunkt auch nicht der regelmäßigen Verwaltungspraxis, dass es für den Kapitalertragsteueranspruch des Leerkäufers nicht darauf ankommt, ob auf der Ebene des Leerverkäufers ein Steuereinbehalt stattgefunden hat oder nicht. Eine entsprechende bewusste Verwaltungspraxis existierte im Jahr 2009 insbesondere nicht auf Seiten des hinsichtlich der HC Gruppe für die Steuerveranlagung zuständigen Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage der Anrechenbarkeit von Kapitalertragsteuern zugunsten des Leerkäufers in CumEx-Leerverkaufsfällen fand durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg überhaupt erstmals nach Eingang der Kontrollmitteilung des Finanzamtes Darmstadt im Oktober 2014 statt. Eine ab diesem Zeitpunkt gebildete Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist nicht geeignet, sich rückwirkend auf die objektive Unrichtigkeit von im Jahr 2009 erfolgten Angaben bzw. auf Offenbarungspflichten auszuwirken. Insoweit kommt es auf die Vorgänge im Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg ab dem Jahr 2015, die die Entscheidung betreffen, ob die auf CumEx-Geschäften der HC Bank beruhenden Steueranrechnungen zurückzunehmen sind oder nicht, nicht entscheidend an.
1072Abgesehen von dem Vorstehenden ist seitens des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg im Anschluss an die erste umfassende Prüfung der verfahrensgegenständlichen Geschäfte intern zumindest von mit der Betriebsprüfung der HC Bank betrauten Mitarbeitern der Standpunkt eingenommen worden, die Steueranrechnungen zugunsten der HC Gruppe seien zu Unrecht erfolgt. Dem steht nicht entgegen, dass die mit der Prüfung der Kontrollmitteilung des Finanzamtes Darmstadt befassten Finanzbeamten im Jahr 2015 zunächst zu der Einschätzung gelangten, es sei nichts weiter zu veranlassen. Denn diese Einschätzung wurde ausgehend von der - unzutreffenden - Annahme getroffen, die XH AG habe als Depotbank des Brokers SA Kapitalertragsteuer tatsächlich einbehalten. In dieser Konstellation hätten die Voraussetzungen der Steueranrechnung zugunsten der HC Bank indes unproblematisch vorgelegen und hätten den Steueranrechnungen auch vorherige Steuereinbehalte in entsprechender Höhe gegenübergestanden.
1073Erst die im Jahr 2016 beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg vorgenommene zweite Prüfung der Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer erfolgte ausgehend von der Annahme, dass auf der Ebene des Leerverkäufers ein Steuereinbehalt möglicherweise nicht erfolgt war. Diese Prüfung mündete in die im Oktober 2016 an die Finanzbehörde Hamburg gerichtete Empfehlung, die verfahrensgegenständlichen Kapitalertragsteueranrechnungen für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 zurückzunehmen, wohingegen für die Veranlagungszeiträume 2007 und 2008 von einer der Rückforderung entgegenstehenden Verjährung ausgegangen wurde.
1074Aus welchen Gründen seitens der Hamburger Finanzbehörden im Folgenden zunächst von der Rücknahme der Anrechnungsverfügungen abgesehen wurde und ob dem vorrangig Zweifel an der Beweisbarkeit eines bestimmten Sachverhaltes oder rechtliche Erwägungen zugrunde lagen und ob diese vorrangig die Frage der Anrechenbarkeit der Steuer oder die Voraussetzungen des § 130 AO bzw. Verjährungsfragen zum Gegenstand hatten, kann dahinstehen. Ebensowenig kommt es darauf an, ob und von welchen Mitarbeitern der Hamburger Finanzverwaltung im Zeitraum ab 2015 der Standpunkt eingenommen wurde und ggf. bis heute eingenommen wird, dass ein Anrechnungsanspruch der HC Bank bzw. der HC Gruppe tatsächlich besteht. Dass im Anschluss an die erstmalig im Jahr 2016 getroffene Einschätzung, die HC Bank könne als CumEx-Leerkäuferin aufgetreten sein und die HC Gruppe die Anrechnung einer auf Ebene des Leerverkäufers nicht in Abzug gebrachten Steuer begehrt haben, durch das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eine umfassende Prüfung der Anrechnungsvoraussetzungen durchgeführt und jedenfalls vorübergehend auch seitens der Behördenleitung der Standpunkt eingenommen wurde, die Anrechenbarkeit sei zu verneinen, belegt deutlich, dass die steuerliche Relevanz dieser Umstände offensichtlich, jedenfalls aber zweifelhaft ist. Es kommt insoweit nicht mehr darauf an, dass zwischenzeitlich ohnehin für sämtliche verfahrensgegenständlichen Steueranrechnungen Rückforderungsbescheide ergangen sind, eine im Zeitraum ab 2016 auf Seiten der Hamburger Finanzverwaltung gebildete Auffassung, wonach die Steueranrechnungen zugunsten der HC Gruppe nicht zurückzunehmen seien, sich mithin jedenfalls im Ergebnis nicht durchgesetzt hat.
1075Auch im Übrigen kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob seitens einzelner Mitarbeiter der Finanzverwaltung ggf. der Standpunkt eingenommen worden ist, in CumEx-Konstellationen der verfahrensgegenständlichen Art sei auch der Leerkäufer trotz unterbliebenen Steuereinbehaltes auf die Dividendenkompensationszahlung zur Anrechnung der Steuer berechtigt. Entscheidend ist vielmehr, dass dieser Standpunkt seitens der Finanzverwaltung nicht offiziell, etwa im Rahmen der Beantwortung einer Voranfrage, eingenommen worden ist. Allein der Umstand, dass die Anträge auf Steueranrechnung und Steuererstattung antragsgemäß beschieden wurden, ist nicht Ausdruck einer regelmäßigen Verwaltungspraxis, wenn Angaben des Steuerpflichtigen in den Antragsformularen als zutreffend unterstellt werden und die den Anrechnungs- und Erstattungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalte den zur Entscheidung berufenen Finanzbehörden gar nicht bekannt sind.
1076(4) Die Offenbarungspflicht hinsichtlich der Umstände, aus denen sich das Vorliegen von Leerverkäufen sowie der fehlende Steuereinbehalt auf Ebene der Leerverkäufer ergeben, entfällt auch nicht im Hinblick darauf, dass im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung weder eine ausdrückliche finanzgerichtliche Rechtsprechung noch Stellungnahmen der Finanzverwaltung vorlagen, die die Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer in der Person des Leerverkäufers ausdrücklich ausschlossen. Eine Offenbarungspflicht besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs „insbesondere“, nicht aber ausschließlich in Fällen, in denen der Erklärungspflichtige eine Rechtsauffassung vertritt, die von der Rechtsprechung, von Richtlinien der Finanzverwaltung oder der regelmäßigen Verwaltungspraxis abweicht (BGH, Urteil vom 10.11.1999 - 5 StR 221/99, juris Rn. 26). Vielmehr erstreckt sich die Erklärungspflicht auf sämtliche Sachverhalte deren steuerliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist (BGH, Urteil vom 10.11.1999 - 5 StR 221/99, juris Rn. 26). So liegt es indes, wenn eine Steueranrechnung auf Grundlage einer seitens der Finanzgerichte und der Finanzverwaltung nicht bestätigten Rechtsauffassung angestrebt wird, die sich über den Gesetzeswortlaut hinwegsetzt und zu Ergebnissen führt, die mit wesentlichen Grundprinzipien des Steueranrechnungsverfahrens nicht in Einklang zu bringen sind. Im Übrigen konnte das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eine Veranlagungspraxis nicht entwickeln, solange es keine Kenntnis davon hatte, dass in einem von ihr zu beurteilenden Fall ein CumEx-Leerkäufer die Steueranrechnung trotz nicht erfolgten Steuereinbehaltes auf die Dividendenkompensationszahlungen begehrt. Genau diese Umstände waren dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg indes bis zum Jahr 2016 nicht offenbart worden.
1077(5) Für die Offenbarungspflicht von vornherein keine Rolle spielt der Umstand, ob öffentliche Stellen, etwa in Gestalt des Bundesministeriums der Finanzen oder des Gesetzgebers, es versäumt haben, zu einem früheren Zeitpunkt effektive Regelungen zur Unterbindung bestimmter CumEx-Leerverkaufstrukturen zu implementieren.
1078Öffentliche Stellen dürfen grundsätzlich darauf vertrauen, dass professionelle Marktakteure gesetzeskonform agieren und nicht nach Gestaltungsmodellen suchen, die das alleinige Ziel verfolgen, Steuern angerechnet zu erhalten, denen keine Steuereinbehalte in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Eine irgendwie geartete Duldung oder Legitimierung entsprechender Geschäftsmodelle liegt in dem Verhalten öffentlicher Stellen nicht begründet. Wie bereits dargelegt, trägt insbesondere die vielfach herangezogene Begründung zum Jahressteuergesetz 2007 nicht die Schlussfolgerung einer bewussten Duldung von Steueranrechnungen, denen keine vorherigen Steuereinbehalte in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Denn die selektive Heranziehung der Passagen zum - vermeintlichen - Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums auch durch einen Leerkäufer sowie des Passus, wonach Steuerausfälle durch das Jahressteuergesetz lediglich „verringert“ werden sollten, blendet neben der durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] geschaffenen Klarstellung die ebenfalls in der Gesetzesbegründung enthaltene Formulierung aus, wonach die Schaffung neuer gesetzlicher Regelungen notwendig sei, um dem Fiskus die Kapitalertragsteuer betragsmäßig zur Verfügung zu stellen, die den Anrechnungsansprüchen der in die Aktiengeschäfte eingebunden Personen entspricht. Hierdurch wird aber gerade zum Ausdruck gebracht, dass Steueranrechnungen in einem Umfang, dem keine Steuereinbehalte in entsprechender Höhe gegenüberstehen, verhindert werden sollen. Dem entspricht, dass ausweislich eines Vermerks vom 19.12.2005 die Einkommensteuerreferatsleiter der Länder im Rahmen einer vom 26. bis 28.10.2005 durchgeführten Besprechung gemeinsam mit Vertretern des BMF zu der Einschätzung gelangten, der - im Jahressteuergesetz 2007 schließlich übernommene - Vorschlag des Bankenverbandes schließe aus, „dass Kapitalertragsteuer in größerem Umfang angerechnet werde, als sie abgeführt worden sei“. Eine bewusste Legitimierung von Steueranrechnungen ohne vorherigen Steuereinbehalt in entsprechender Höhe ist hierin erkennbar nicht zu sehen.
Die jedenfalls offenbarungspflichtigen Umstände in Gestalt des Aktienerwerbes von einem Leerverkäufer sowie des nicht erfolgten eigenständigen Steuerabzugs auf Ebene des Leerverkäufers wurden dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg im Zusammenhang mit der Abgabe der Steuererklärung weder durch den Angeklagten noch durch einen anderen mitgeteilt. Entsprechende Hinweise erfolgten vor Tatvollendung weder in der Körperschaftsteuererklärung 2007 noch in einem hiermit verbundenen Begleitscheiben oder auf sonstige Weise. Demnach war das Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg auf Grundlage der ihm mitgeteilten Tatsachen schon nicht in der Lage zu prüfen, welche Art von Kapitalerträgen die HC Bank tatsächlich bezogen hat und ob auf diese Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge tatsächlich einbehalten worden sind (vgl. auch schon LG Köln, Beschluss vom 16.07.2015 - 106 Qs 1/15, juris Rn. 23). Die Angaben sind vor diesem Hintergrund jedenfalls auch unvollständig im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, da die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen nicht wie von § 90 Abs. 1 Satz 2 AO gefordert vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt wurden.
1080Nach dem Vorstehenden kommt es nicht mehr darauf an, dass eine Mitteilungspflicht auch im Hinblick darauf bestand, dass die großvolumigen Aktientransaktionen unter den Beteiligten abgesprochen waren und im Wege eines Kreislaufgeschäftes unter Ausschluss von Marktrisiken eine nur kurzzeitige Haltedauer bei der HC Bank mit dem alleinigen Ziel bewirkten, die bei dem Leerverkäufer nicht in Abzug gebrachte Kapitalertragsteuer zur Anrechnung zu bringen und unter den Beteiligten aufzuteilen. Auch diese Umstände sind offenkundig mitteilungspflichtig. Denn es drängt sich auf, dass unter den Beteiligten abgesprochene Transaktionen von Aktien und Derivaten, die unter Ausschluss jeglicher Marktrisiken allein auf die Anrechnung nicht einbehaltener Steuern abzielen, - unbeschadet der rechtlichen Beurteilung nach Maßgabe der für die Anrechnung geltenden Vorschriften der AO sowie des EStG - jedenfalls die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO erfüllen können. Auch dessen Tatbestandsmerkmale können indes nur geprüft werden, wenn der zuständigen Finanzbehörde Mitteilung von den zugrunde liegenden Aktientransaktionen gemacht wird. Dies ist vor Tatvollendung weder durch den Angeklagten noch durch einen anderen erfolgt.
Die Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe wurde mitsamt der Anlage WA sowie den Steuerbescheinigungen bei dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg und damit bei einer Finanzbehörde eingereicht.
Die HC Gruppe hat infolge der unrichtigen Angaben einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe von 37.356.589,95 Euro erlangt. Die in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung eingetragenen Beträge wurden zu Gunsten der HC Gruppe im Rahmen der mit dem Körperschaftsteuerbescheid vom 20.04.2009 zusammengefassten Anrechnungsverfügung in vollem Umfang berücksichtigt. Dementsprechend wurden auch die auf die verfahrensgegenständlichen Transaktionen und Steuerbescheinigungen entfallenden 37.356.589,95 Euro vollumfänglich zur Anrechnung gebracht. Bereits in der Anrechnungsverfügung liegt ein Steuervorteil im Sinne des § 370 Abs. 1 AO begründet (BGH, Urteil vom 06.06.2007 - 5 StR 127/07, juris Rn. 19). Im Übrigen sind die sich aus dem Körperschaftsteuerbescheid nach erfolgter Anrechnung ergebenden Erstattungsbeträge auch ungekürzt an die HC Gruppe ausgezahlt worden. Dass die Anrechnungen durch Bescheid des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 15.04.2020 zurückgenommen wurden, wirkt sich nicht aus, da die Tat bereits durch die im Jahr 2009 ergangene Anrechnungsverfügung vollendet wurde.
1083Der von der HC Gruppe erlangte Steuervorteil war nicht gerechtfertigt. Nach Maßgabe der § 31 Abs. 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] waren nur tatsächlich erhobene, mithin einbehaltene Steuern anzurechnen, ein Steuereinbehalt hat auf Kapitalerträge, die der HC Gruppe bzw. der HC Bank als deren Organgesellschaft zuzurechnen sind, jedoch nicht stattgefunden.
1084Die nicht gerechtfertigten Steuervorteile sind auch gerade aufgrund der in der Steuererklärung enthaltenen unrichtigen Erklärungen zu steuerlich erheblichen Tatsachen gewährt worden. Wären die 37.356.589,95 Euro nicht als tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in der Steuererklärung ausgewiesen worden, wäre es nicht zu deren Anrechnung gekommen. Bereits hierdurch wird der gesetzliche Tatbestand erfüllt. Es kommt insoweit nicht darauf an, wie sich die für die Steuerveranlagung zuständige Zeugin LC verhalten hätte, wenn ihr gegenüber zutreffend mitgeteilt worden wäre, dass der begehrten Steueranrechnung CumEx-Leerverkaufgeschäfte ohne Steuereinbehalt auf Ebene des Leerverkäufers zugrunde liegen. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass die Zeugin im Veranlagungsverfahren grundsätzlich nur eine formelle Prüfung, insbesondere hinsichtlich des Vorliegens der Steuerbescheinigungen, aber keine weitergehende inhaltliche Prüfung der Anrechnungsvoraussetzungen vorgenommen hat. Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO stellt kein Täuschungsdelikt dar. Auch auf den Kenntnisstand des Finanzamtes hinsichtlich der falschen oder unvollständigen Angaben kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 15.05.2018 - 1 StR 159/17, juris Rn. 136 f.). Vielmehr genügt es, dass die Angaben in anderer Weise als durch Täuschung für die Steuerverkürzung oder den nicht gerechtfertigten Steuervorteil ursächlich werden (Jäger, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 42). So liegt es hier im Hinblick auf die unzutreffende Angabe, in Höhe von 37.356.589,95 Euro sei ein der HC Bank zuzurechnender und damit in entsprechendem Umfang anzurechnender Einbehalt von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag erfolgt. Nur auf Grundlage dieser - mangels Erläuterung der Einzelheiten der zugrundeliegenden Transaktionen von vornherein nicht überprüfbaren - Erklärung wurde der betreffende Betrag durch die Zeugin LC in den hierfür vorgesehenen Entwurf für die Anrechnungsverfügung übertragen, der im Rahmen des Bescheides für 2007 unverändert übernommen wurde.
1085Unbeachtlich ist zuletzt auch, ob für den Fall, dass die offenbarungspflichtigen Umstände bereits vor Tatvollendung gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen mitgeteilt worden wären, sich bei diesem die Rechtsauffassung durchgesetzt hätte, dass ein Anrechnungsanspruch der HC Bank tatsächlich besteht. Denn es reicht im Rahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO aus, dass sich in dem Taterfolg der durch Abgabe einer unrichtigen Erklärung in Gang gesetzte Kausalverlauf sowie die rechtlich missbilligte Gefährdung des Steueraufkommens realisieren (Jäger, in: Klein AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 42). So liegt es hier, da für den Fall, dass die Angaben in Anlage WA 2007 unterblieben wären, die Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht angerechnet worden wären.
1086Dass die Steuern zwischenzeitlich seitens der HC Bank zurückgezahlt wurden, ist, unabhängig davon, dass die HC Bank die betreffenden Bescheide weiter anficht, unerheblich, da die Tat bereits im Jahr 2009 vollendet wurde.
Der Angeklagte hat § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO täterschaftlich verwirklicht. Dies folgt bereits daraus, dass er die Steuererklärung eigenhändig unterzeichnet und deren Inhalte hausintern bei der HC Bank verantwortet hat. Selbst wenn man aber unter Berücksichtigung der weiteren Umstände der Abgabe der Steuererklärung davon ausgeht, deren (Mit-)Unterzeichnung allein begründe noch keine täterschaftliche Stellung, würde dem Angeklagten eine solche nach Maßgabe der allgemeinen Abgrenzungskriterien zukommen.
Durch die Unterzeichnung der Steuererklärung hat der Angeklagte § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO täterschaftlich begangen. Derjenige, der einen Tatbestand eigenhändig verwirklicht, ist nach § 25 Abs. 1 StGB stets Täter und nicht Gehilfe (BGH, Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 198/17, juris Rn. 21). Dies gilt auch dann, wenn der Tatbestand durch den Betroffenen unter dem Einfluss und in Gegenwart eines anderen und nur in dessen Interesse verwirklicht wird (BGH, Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 198/17, juris Rn. 21). Hiernach wirkt der Umstand, dass eine Person Angaben im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gegenüber einer Behörde macht, grundsätzlich täterschaftsbegründend, auch wenn es sich bei der betroffenen Person nicht um den Steuerpflichtigen (§ 33 AO) oder sonst Erklärungspflichtigen (§§ 34, 35 AO) handelt (BGH, Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 198/17, juris Rn. 20). Denn die unrichtigen Angaben sind ihm bereits aufgrund der eigenhändigen Unterzeichnung der Steuererklärung zuzurechnen (Jäger, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 25b).
1089Hiervon ausgehend hat der Angeklagte dadurch, dass er selbst unrichtige Angaben gegenüber den Finanzbehörden getätigt hat, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO täterschaftlich verwirklicht. Er hat die Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe, deren Inhalte er hausintern verantwortet hat, eigenhändig unterzeichnet und hierdurch die darin enthaltenen unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg jedenfalls (mit-)verantwortet. Hierbei kam ihm als Prokurist der HC Gruppe und als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling auch gerade die Entscheidungsherrschaft über den Inhalt der Steuererklärung zu, so dass er nicht als deren bloßer „Absender“ fungierte. Vielmehr hat er auf das steuerliche Verfahren in einer seine Täterschaft begründenden Weise unmittelbar Einfluss genommen.
Selbst wenn man - etwa vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte nicht allein vertretungsberechtigt war und die Steuererklärung nicht allein, sondern gemeinsam mit dem persönlich haftenden und in der Steuererklärung als gesetzlicher Vertreter ausgewiesenen Gesellschafter Dr. NC unterzeichnet hat - davon ausgeht, die bloße Unterzeichnung der Steuererklärung durch den Angeklagten wirke noch nicht täterschaftsbegründend, lägen die Voraussetzungen einer täterschaftlichen Stellung nach den für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme geltenden allgemeinen Abgrenzungsregeln vor.
1091Ob sich das Handeln eines Angeklagten als täterschaftliche Beteiligung darstellt oder allenfalls eine Beihilfestrafbarkeit begründet, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (BGH, Beschlüsse vom 08.06.2017 - 1 StR 188/17, juris Rn. 3; vom 26.11.2019 - 3 StR 323/19, juris Rn. 7). Hiervon ausgehend ist hinsichtlich des Angeklagten von einer täterschaftlichen Stellung auszugehen.
1092aa) Der Angeklagte hat nicht lediglich in erheblichem Umfang an der unmittelbaren Tatbestandsverwirklichung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Gestalt des Machens unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen mitgewirkt, vielmehr erscheint er auch deswegen als Zentralgestalt des Geschehens, weil bereits die den späteren Angaben in der Steuererklärung zugrunde liegenden Aktientransaktionen ohne seine vorherigen Empfehlungen nicht durchgeführt worden wären. Es war der Angeklagte, der auf Grundlage der Besprechungen mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE gegenüber den Partnern der HC Bank empfahl, die CumEx-Leerkäufe durchzuführen. Zwar wirkte er anschließend in der Partnersitzung nicht selbst unmittelbar an der Zustimmung der Partner zu den Geschäften mit und hätte es auch nicht in der Hand gehabt, die Geschäfte gegen ein entsprechendes Votum der Partner durchzusetzen. Indes wäre es nicht zu einer Genehmigung der Geschäfte gekommen, wenn der Angeklagte diese zuvor nicht empfohlen hätte. Der gesondert Verfolgte Dr. NC hatte gerade ihn damit betraut, sich die Einzelheiten der Geschäfte durch den gesondert Verfolgten Dr. YE erläutern zu lassen und auf Grundlage dieser Gespräche eine Empfehlung gegenüber den Partnern abzugeben. Hätte der Angeklagte im Anschluss an die Beratung durch den gesondert Verfolgten Dr. YE von den Geschäften abgeraten und diese auch nicht zum Gegenstand einer Partnervorlage bzw. Empfehlung gemacht, hätten die Partner nicht von sich aus entschieden, die Aktientransaktionen gleichwohl durchführen zu lassen. Schon hieraus folgt, dass es maßgeblich vom Willen des Angeklagten abhing, ob im Geschäftsbetrieb der HC Bank überhaupt CumEx-Leerkaufgeschäfte durchgeführt werden.
1093bb) Die zentrale Rolle des Angeklagten im Zusammenhang mit der Aufsetzung der CumEx-Leerkaufgeschäfte der HC Bank wird auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass andere Arbeitsbereiche der Bank ihrerseits Informationen zur Vorbereitung der Partnerentscheidung zulieferten. Vielmehr kam dem Angeklagten bzw. dem von ihm geleiteten Bereich Bilanz, Rechnungswegen und Controlling gerade die - durch die HC-interne Präsentation aus Juni 2007 „Single Future Strukturierung“ dokumentierte - Aufgabe zu, die einzelnen Arbeitsbereiche in der Bank zu koordinieren und die Gremienentscheidungen im Rahmen der Partnersitzungen auf Grundlage der gesammelten Informationen vorzubereiten. Zugleich fungierte der von dem Angeklagten verantwortete Arbeitsbereich als Kontrollinstanz hinsichtlich der in die konkreten Aktiengeschäfte eingebundenen Abteilungen.
1094cc) Ein wesentlicher, die Tatherrschaft vermittelnder Tatbeitrag liegt ferner in der Unterzeichnung der Steuererklärung durch den Angeklagten begründet. Als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswegen und Controlling verantwortete der Angeklagte hausintern die Steuererklärung. Auch wenn er die einzelnen Eintragungen in der Erklärung nicht selbst vornahm, überprüfte er diese vollständig, bevor er die Steuererklärung unterzeichnete. Die anschließende Mitunterzeichnung der Steuererklärung durch den gesondert Verfolgten Dr. NC erfolgte auf Grundlage der von dem Angeklagten geprüften Eintragungen, die seitens des gesondert Verfolgten Dr. NC nicht mehr geändert wurden. Damit hatte der Angeklagte die unmittelbare Tatherrschaft darüber, welche Erklärungen in derjenigen Fassung der Steuererklärung enthalten sind, die tatsächlich beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eingereicht wurde. Auch trat er gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg als (Mit-)Erklärender der in der Steuererklärung enthaltenen Angaben auf. Der Angeklagte hätte es unmittelbar in der Hand gehabt, die auf die CumEx-Leerkaufgeschäfte entfallenden Beträge aus Anlage WA 2007 der Körperschaftsteuererklärung zu streichen oder jedenfalls gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg ergänzende Angaben zu den Sachverhalten zu tätigen, die den verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen zugrunde lagen. Auch hierdurch hätte der Angeklagte Einfluss darauf nehmen können, ob es im Folgenden überhaupt zur Tatbestandsverwirklichung kommt. Ihm kam als Vertreter der HC Gruppe die unmittelbare Entscheidungsherrschaft über den Inhalt der Steuererklärung zu.
1095dd) Dass der Angeklagte insgesamt als Zentralgestalt der Tatbestandsverwirklichung anzusehen ist, wird durch seine Rolle im Zusammenhang mit der Verteilung der Tatbeute bestätigt. So konnte der Angeklagte innerhalb gewisser Grenzen frei darüber entscheiden, in welchem Umfang der gesondert Verfolgte Dr. YE an den Profiten aus den verfahrensgegenständlichen Geschäften und Steueranrechnungen beteiligt wird. Auch dies spricht gegen eine untergeordnete, lediglich unterstützende Funktion des Angeklagten, ohne dass dem neben den vorstehend benannten Gesichtspunkten noch entscheidendes Gewicht zukommen würde.
1096ee) Der täterschaftlichen Stellung des Angeklagten steht nicht entgegen, dass er die tatbestandlichen Steuervorteile nicht unmittelbar für sich selbst anstrebte, sondern in dem Bewusstsein agierte, dass diese primär der HC Gruppe und deren Geschäftspartnern zugutekommen würden. Ein hohes Interesse an der Tatbestandsverwirklichung kann auch anderweitig vermittelt werden als durch das Bestreben, unmittelbar selbst an der Tatbeute beteiligt zu werden. Als Generalbevollmächtigtem der HC Bank und Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling trug der Angeklagte eine gesteigerte Verantwortung für die Geschäfte der Konzerngesellschaft und deren Beitrag zur Konzernrendite der HC Gruppe. Dem Angeklagten war hierbei bewusst, dass der Umsetzung der CumEx-Geschäfte erhebliche Bedeutung für die Jahresbilanz der HC Gruppe zukam und dass auch die Bewertung seiner Arbeit für die Bank vom Ergebnisbeitrag der Geschäfte abhängen würde. Dabei war dem Angeklagten bekannt, dass es für die Bemessung der an ihn für das Jahr 2007 geleisteten Sonderzahlung auch darauf ankommen würde, wie der gesondert Verfolgte Dr. NC den wirtschaftlichen Erfolg des von ihm, dem Angeklagten, verantworteten Aufgabenbereichs bewerten würde. Der Angeklagte konnte daher absehen, dass es für die Höhe seiner eigenen Bezüge unmittelbar auf die erfolgreiche Umsetzung der CumEx-Leerkaufgeschäfte ankommen würde. Hieraus folgt, dass er die Tat zumindest auch als eigene anstrebte und nicht lediglich die Tat eines anderen fördern bzw. unterstützen wollte.
1097ff) Bei einer Gesamtabwägung der vorstehend benannten Umstände sind die Tatbeiträge des Angeklagten als täterschatlich zu bewerten. Dies folgt neben dem Umfang seiner Tatbeteiligung, die sich auf sämtliche der Tatbestandsverwirklichung vorgelagerten Arbeitsschritte (Einreichung der Partnervorlage, Koordinierung der in den Aktienhandel eingebundenen Arbeitsbereiche, Prüfung und Unterzeichnung der Steuererklärung) ebenso erstreckte wie auf die Verteilung der Tatbeute, aus seiner die Tatherrschaft begründenden Mitwirkung an der Einreichung der Steuererklärung. Hinzu tritt sein jedenfalls nicht untergeordnetes Tatinteresse, das durch seine Mitverantwortung für die Jahresbilanz der HC Bank sowie der HC Gruppe sowie durch die Erwartung begründet wurde, über eine Sonder- bzw. Bonuszahlung an den Profiten aus den CumEx-Geschäften beteiligt zu werden.
Nicht entscheidend ist, ob der gesondert Verfolgte Dr. NC durch die Einreichung der Steuererklärung selbst die Voraussetzungen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht hat. Sollte dies der Fall sein, wären dem Angeklagten die Erklärungen des gesondert Verfolgten Dr. NC gemäß den Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Sollte der gesondert Verfolgte Dr. NC selbst nicht vorsätzlich gehandelt haben, wäre sein Verhalten dem Angeklagten gemäß den Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zuzurechnen. Im Ergebnis wirkt sich dies nicht aus. Denn der Angeklagte ist entweder als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) oder als mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) für die unrichtigen Angaben verantwortlich. Ein Geschehensablauf, der sein Verhalten als straflos oder als bloße Teilnahme erscheinen ließe, kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 04.03.1996 - 5 StR 494/95, juris Rn. 15). Im Falle eines vorsätzlichen Handelns des gesondert Verfolgten Dr. NC läge der bei § 25 Abs. 2 StGB erforderliche gemeinschaftliche Tatplan jedenfalls in dem konkludent gefassten Entschluss des Angeklagten und des gesondert Verfolgten Dr. NC begründet, die Steuererklärung mit den darin enthaltenen unrichtigen Angaben gemeinsam zu unterzeichnen und anschließend deren Einreichung beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg zu veranlassen. Sollte der gesondert Verfolgte Dr. NC ohne Vorsatz gehandelt haben, lägen die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB darin begründet, dass der Angeklagte seinerseits über überlegenes Wissen verfügte und durch die Unterzeichnung der Steuererklärung veranlasste, dass der - dann vorsatzlose - gesondert Verfolgte Dr. NC seinerseits die Steuererklärung (mit-)unterzeichnete.
Der Angeklagte handelte auch vorsätzlich. Er wusste, dass die HC Bank Kaufverträge über Aktien mit Leerverkäufern über den Dividendenstichtag abschließt und dass die Verträge erst im Anschluss an die jeweiligen Hauptversammlungen beliefert wurden. Ihm war ferner bewusst, dass Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge allein durch die aktienführenden Unternehmen im Hinblick auf die Originaldividenden einbehalten wurden und dass ein weiterer Steuereinbehalt auf die seitens der HC Bank bezogenen Kompensationszahlungen gerade nicht erfolgte. Damit waren dem Angeklagten sämtliche Umstände bekannt, aus denen sich ergab, dass die in den Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ausgewiesenen und zum Gegenstand der Erklärungen in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung 2007 gemachten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht von den von der HC Bank bezogenen Dividendenkompensationszahlungen in Abzug gebracht worden waren. Ferner wusste und wollte der Angeklagte, dass gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg weder im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung noch auf sonstige Weise Mitteilung davon gemacht wird, dass den von der HC Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen kein Steuerabzug auf Seiten der Leerverkäufer gegenüberstand.
1100Soweit sich der Vorsatz im Rahmen des § 370 Abs. 1 AO auch darauf beziehen muss, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will bzw. er erkennt oder es zumindest für möglich hält, dass ein von ihm angestrebter Steuervorteil nach dem einschlägigen Steuerrecht nicht begründet ist (BGH, Urteile vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 21; vom 24.01.2018 - 1 StR 331/17, juris Rn. 14; vom 01.04.2020 - 1 StR 5/20, juris Rn. 11), sind auch diese Voraussetzungen in der Person des Angeklagten erfüllt.
1101Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es keiner Absicht und keines direkten Vorsatzes. Es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Der Hinterziehungsvorsatz setzt weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs bzw. der steuerrechtlichen Lage voraus (BGH, Urteile vom 16.12.2009 - 1 StR 491/09, Rn. 37; vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 21). Notwendig, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass der Täter die eine Steuerhinterziehung ausfüllenden objektiven Tatbestandsmerkmale im Rahmen einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ zutreffend erfasst (FG Köln, Urteil vom 16.01.2019 - 11 K 2194/16, juris Rn 71; Jäger, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 171; Joecks, in: Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 AO Rn. 503). Die Kenntnis aller Einzelheiten, insbesondere eine konkrete Vorstellung über die korrekte Einordnung des von ihm nicht, nicht richtig oder unvollständig erklärten Sachverhalts oder der genauen gesetzlichen Grundlagen des Steueranspruchs ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 21; FG Köln, Urteil vom 16.01.2019 - 11 K 2194/16, juris Rn 71).
1102Hiervon ausgehend hat der Angeklagte auch die Anforderungen an die zutreffende Erfassung der steuerrechtlichen Lage erfüllt. Er hatte bereits in dem Zeitpunkt, in dem er dem gesondert Verfolgten Dr. NC und den weiteren Partnern im Vorfeld der Dividendensaison des Jahres 2007 empfahl, die verfahrensgegenständlichen Geschäfte durchführen zu lassen, jedenfalls im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ die Möglichkeit erkannt, dass die Voraussetzungen für die angestrebte Anrechnung der Steuern fehlen, weil ein Steuerabzug bzw. ein Steuereinbehalt nur durch die Emittenten der Aktien im Hinblick auf die Originaldividende, nicht aber hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlung erfolgt war. Diese Vorstellung hat sich bis zu dem Zeitpunkt, in dem er die Steuererklärung prüfte und unterzeichnete, nicht verändert.
1103Der Angeklagte handelte vorsätzlich auch hinsichtlich der seine Täterschaft begründenden Umstände. Ihm war die Bedeutung seiner Tatbeiträge für die Tatbestandsverwirklichung, insbesondere im Hinblick auf die Prüfung und Unterzeichnung der Steuererklärung, bewusst.
Der Angeklagte handelte auch rechtswidrig und schuldhaft, insbesondere unterlag er keinem Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB. Das hiernach erforderliche Bewusstsein, Unrecht zu tun, hat bereits derjenige, der in dem Bewusstsein eines Verstoßes gegen die rechtliche Ordnung handelt, ohne dass es darauf ankommt, dass er die konkret verletzte Norm kennt (BGH, Beschluss vom 24.02.2011 - 5 StR 514/09, juris Rn. 34; Allgayer, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 17 Rn. 4; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 17 Rn. 3). Ein Verbotsirrtum nach § 17 Satz 1 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Vielmehr reicht für die Unrechtseinsicht das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung aus. In einem Verbotsirrtum handelt ein Tatbeteiligter nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt. Ob er glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (BGH, Urteil vom 30.05.2008 - 1 StR 166/07, Rn. 58; Sch/Sch/Sternberg-Lieben/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 17 Rn. 5). Im Übrigen reicht ein Handeln mit bedingter Unrechtseinsicht aus. Eine solche liegt bereits dann vor, wenn der Tatbeteiligte mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt (BGH, Urteile vom 24.02.2011 - 5 StR 514/09, juris Rn. 34; vom 07.04.2016 - 5 StR 332/15, juris Rn. 24; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 17 Rn. 5).
1105Hiervon ausgehend folgt die Unrechtseinsicht des Angeklagten bereits daraus, dass er die Möglichkeit erkannte und billigend in Kauf nahm, dass die anvisierten und durch seine Tatbeiträge geförderten Steuervorteile mit den einschlägigen Bestimmungen des deutschen Steuerrechts nicht in Einklang stehen. Darauf, ob er damit rechnete bzw. es für möglich hielt, durch sein Verhalten einen Straftatbestand zu verwirklichen, kommt es nicht an.
Auch in Fall 2 hat sich der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht.
Die Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für das Jahr 2008 sowie die der Erklärung beigefügten Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen enthielten die unrichtige Angabe der steuerlich erheblichen Tatsache, dass hinsichtlich Kapitalertragsteuern in Höhe von 36.182.210,11 Euro und Solidaritätszuschlägen in Höhe von 1.990.021,55 Euro (insgesamt 38.172.231,66 Euro) ein der HC Gruppe bzw. der HC Bank zurechenbarer Steuereinbehalt in Gestalt eines Steuerabzugs stattgefunden hat.
Nach Maßgabe der bereits bei Fall 1 dargelegten Gesichtspunkte ist den Zeilen 3 und 6 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe für den Veranlagungszeitraum 2008 sowie den der Steuererklärung beigefügten Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen die Erklärung zu entnehmen, dass die HC Bank im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen 23 Aktiengattungen Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, auf die Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im Umfang von 36.182.210,11 Euro bzw. im Umfang von 1.990.021,55 Euro tatsächlich einbehalten worden sind. Die für die Auslegung maßgeblichen Vorgaben aus § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2008] sowie § 36 Abs. 2, § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2008] sind inhaltsgleich mit den Regelungen für den Veranlagungszeitraum 2007.
Sowohl der Umstand, dass die HC Bank Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt haben soll, als auch die Erklärung, dass ein ihr zuzurechnender Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlag im Umfang von 36.182.210,11 Euro bzw. im Umfang von 1.990.021,55 Euro stattgefunden hat, sind Grundvoraussetzung für die begehrte Steueranrechnung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2008] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2008] und daher steuerlich erheblich.
Die HC Bank hat entsprechend der rechtlichen Würdigung zu Fall 1 auch im Veranlagungszeitraum 2008 im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen keine Dividenden im Sinne von § 20 Abs. 2a EStG [2008] i.V.m. § 39 AO bezogen. Denn sie hat sämtliche Aktien von Leerverkäufern erworben, wobei die Buchungen in ihrem Depot jeweils erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen vollzogen wurden. Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 4, Abs. 2a, § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG [VZ 2008] und § 39 AO sind inhaltsgleich mit den für den Veranlagungszeitraum 2007 geltenden Vorschriften.
1111Hinsichtlich der von der HC Bank im Veranlagungszeitraum 2008 bezogenen Dividendenkompensationszahlungen hat ein Steuerabzug an keiner Stelle stattgefunden. Die auf die Dividenden erfolgten Steuereinbehalte sind ihr entsprechend der Ausführungen zu Fall 1 nicht zuzurechnen. Insbesondere sind die dort für den Veranlagungszeitraum 2007 neben den bereits genannten Vorschriften noch für maßgeblich erklärten Regelungen in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 45a Abs. 3 Satz 3 [VZ 2008] für den Veranlagungszeitraum 2008 inhaltsgleich anzuwenden.
Da den seitens der HC Gruppe zur Anrechnung gebrachten Beträgen an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlägen im Umfang von insgesamt 38.172.231,66 Euro keine Steuereinbehalte in entsprechender Höhe auf die von der HC Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen gegenüberstehen, sind die diesbezüglichen Eintragungen in Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung 2008 und in den Steuerbescheinigungen unrichtig, jedenfalls aber unvollständig. Abweichendes ergibt sich auch in diesem Zusammenhang nicht daraus, dass hinsichtlich der die Unrichtigkeit der Erklärung begründenden Umstände eine Mitteilungspflicht nicht bestanden hätte. Die Ausführungen zu Fall 1 zur Offenbarungspflicht jedenfalls derjenigen Umstände, aus denen sich ergibt, dass die HC Bank hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Aktien lediglich Dividendenkompensationszahlungen erlangt hat, auf die ein Steuerabzug nicht erfolgt ist, gelten entsprechend. Die dortigen Gesichtspunkte, aus denen sich die Erklärungspflicht der betroffenen Umstände ergibt, bestanden im März des Jahres 2010 fort. Darüber hinaus war es zwischenzeitlich zur Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 gekommen (IV C 1 - S 2252/09/10003), in dem seitens des Bundesministeriums der Finanzen gerade zum Ausdruck gebracht worden war, dass Aktientransaktionen, die allein das Ziel verfolgen, Steuern in höherem Umfang angerechnet zu erhalten als zuvor einbehalten worden sind, unterbunden werden sollen. Auch hieraus folgt, dass Einzelheiten von Aktientransaktionen, die gerade zu einem solchen Ergebnis führen konnten, offenbarungspflichtig waren.
1113Soweit teilweise die Auffassung vertreten worden ist, das BMF-Schreiben bringe die Vorstellung der Finanzverwaltung zum Ausdruck, eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] habe immer schon dann zu erfolgen, wenn keine Absprachen zwischen Leerverkäufer und Käufer bestanden (vgl. Müller StB 2015, 352, 354; Podewils, FR 2014, 1064, 1068), mit der Folge, dass es auf den tatsächlichen Steuereinbehalt nicht mehr ankommen würde, ist dem nicht zu folgen, da der Wortlaut des BMF-Schreibens einer entsprechenden Interpretation nicht zugänglich ist. Der insoweit maßgebliche Passus in dem Schreiben lautet wie folgt:
1114„Bestehen zwischen dem Leerverkäufer und dem Käufer Absprachen, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Leerverkauf und dem Kauf begründen, ist dem Käufer […] bekannt, dass ihm eine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde, obwohl die darin ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht erhoben bzw. abgeführt worden ist.
1115In diesen Fällen ist die in der Bescheinigung ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 31 KStG anzurechnen, weil sie nicht erhoben worden ist.“
1116Dieser Formulierung kann nicht die Aussage entnommen werden, ein Anrechnungsanspruch des Leerverkäufers sei stets bereits dann gegeben, wenn zwischen ihm und dem Verkäufer keine Absprache besteht. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass in dem BMF-Schreiben das Vorliegen von Absprachen in ein Verhältnis zum Vorgang der Erhebung von Kapitalertragsteuer gesetzt wird. Denn der vorstehend zitierte Passus enthält die eindeutige Aussage, dass die Anrechnung der Kapitalertragsteuer zu unterbleiben hat, wenn diese nicht erhoben worden ist. Insbesondere wird in dem zweiten Absatz unmissverständlich darauf abgestellt, dass die Steueranrechnung nicht vorzunehmen ist, „weil“ keine Erhebung erfolgt ist und nicht, weil eine Absprache vorliegt. Im Kern hat das BMF durch das Schreiben vom 05.05.2009 somit nochmals explizit klargestellt, dass eine Steueranrechnung stets an einen vorherigen Steuereinbehalt in entsprechender Höhe gebunden ist. Dies führt erst recht dazu, dass eine Mitteilungspflicht hinsichtlich solcher Geschäfte anzunehmen ist, bei denen eine Steueranrechnung mit einem Steuereinbehalt begründet werden soll, der ausschließlich auf einen Kapitalertrag erfolgt ist, der demjenigen, der die Steueranrechnung begehrt, nicht zuzurechnen ist.
Gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg ist auch in Fall 2 weder der Umstand, dass die HC Bank keine Dividenden, sondern Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, noch die Tatsache, dass ein Steuereinbehalt in Gestalt eines Steuerabzugs auf diese nicht erfolgt ist, offenbart worden. Entsprechende Hinweise wurden vor der Tatvollendung weder durch den Angeklagten noch durch eine andere Person im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung bzw. eines Begleitschreibens hierzu oder auf sonstige Weise gegenüber dem Finanzamt getätigt.
Die unrichtigen bzw. unvollständigen Erklärungen zu steuerlich erheblichen Tatsachen wurden gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg und damit einer Finanzbehörde im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO getätigt.
Die HC Gruppe hat infolge der unrichtigen Angaben einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe von 38.172.231,66 Euro im Rahmen der mit dem Bescheid für 2008 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 14.04.2010 zusammengefassten Anrechnungsverfügung erlangt, da die auf die verfahrensgegenständlichen 23 Aktiengeschäfte bzw. die verfahrensgegenständlichen Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen entfallenden Beträge in dieser in vollem Umfang zu ihren Gunsten zur Anrechnung gebracht worden sind. Dass die Anrechnungen durch Bescheid des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 15.04.2020 zurückgenommen und die Steuern zwischenzeitlich zurückgezahlt worden sind, wirkt sich nicht aus, da die Tat bereits durch die im Jahr 2010 ergangene Anrechnungsverfügung vollendet wurde. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Steuervorteile sowie deren Bewirkung durch die unrichtigen Angaben die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend.
Der Angeklagte hat auch in Fall 2 den § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO täterschaftlich verwirklicht. Dem steht nicht entgegen, dass er die Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe in diesem Jahr nicht unterzeichnet, sondern lediglich paraphiert hat. Denn die von ihm im Hinblick auf Fall 2 erbrachten Tatbeiträge sind nach Maßgabe der bereits dargelegten Abgrenzungskritieren als täterschaftlich zu bewerten. Darauf, ob die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC als Unterzeichner der Steuererklärung ihrerseits vorsätzlich handelten, kommt es im Ergebnis nicht an, da entweder die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 StGB oder diejenigen des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB erfüllt sind.
Die seitens des Angeklagten erbrachten Tatbeiträge begründen eine täterschaftliche Stellung seinerseits. Er wirkte an sämtlichen Arbeitsschritten, die der Aufsetzung und Umsetzung der CumEx-Geschäfte vorausgingen, in einem Umfang mit, der zur Folge hat, dass es maßgeblich von seinem Willen abhing, ob und in welchem Ausmaß die Transaktionen überhaupt durchgeführt werden. Ferner erfolgte die Unterzeichnung der Steuererklärung durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC und deren anschließende Einreichung beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg aufgrund der vorherigen Prüfung der Eintragungen in der Erklärung und deren Paraphierung durch den Angeklagten, so dass er auch die unmittelbar tatbestandsmäßige Handlung mitbeherrschte.
1122aa) Es war der Angeklagte, der durch die von ihm zusammengestellte Vorlage zur Partnersitzung im Januar 2008 die Grundlage dafür legte, dass die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkäufe der HC Bank nach der erfolgten Genehmigung durch die Partner tatsächlich umgesetzt wurden. Auch wenn der Angeklagte an der Zustimmung der Partner selbst nicht unmittelbar beteiligt war, wäre eine solche nicht erfolgt, wenn der Angeklagte die Transaktionen nicht im Vorfeld der Partnersitzung empfohlen hätte. Hierdurch hatte der Angeklagte es unmittelbar in der Hand, ob es bei der HC Bank überhaupt zur Umsetzung einer CumEx-Leerkaufstrategie kommt.
1123bb) Der Angeklagte erbrachte darüber hinaus weitere zentrale Tatbeiträge im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Aktienhandel und insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung darüber, mit welchen Marktakteuren dieser umgesetzt wird. So empfahl der Angeklagte gegenüber den Partnern, eine dauerhafte Kooperation mit den gesondert Verfolgten PI und KI einzugehen und verantwortete so den anschließenden Abschluss der schriftlichen Kooperationsvereinbarung mit, in der insbesondere auch die Einzelheiten der Profitverteilung niedergelegt wurden. Gegenüber den mit dem Aktienhandel betrauten gesondert Verfolgten XL und TB kommunizierte der Angeklagte hinsichtlich einzelner Aktiengattungen, ob und mit wem diese gehandelt werden sollen. Maßgebliche Entscheidungen, insbesondere hinsichtlich der zu handelnden Aktiengattungen, wurden durch die gesondert Verfolgten TB und XL nicht ohne vorherige Rücksprache mit dem Angeklagten getroffen. Ferner war es wiederum der Angeklagte, der die Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK abwickelte und in diesem Zusammenhang auch den „Fee Letter“ vom 09.05.2008 unterzeichnete.
1124cc) Auch im Jahr 2008 war der Angeklagte als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling im Übrigen für die Koordination sämtlicher in die Durchführung der CumEx-Transaktionen eingebundener Arbeitsbereiche zuständig. Zentrale Entscheidungen zu den zu handelnden Aktiengattungen und Volumina konnten nach der hausinternen Arbeitsverteilung nicht ohne vorherige Absprache mit ihm durchgeführt werden. Auch fungierte er als vorrangiger Ansprechpartner des gesondert Verfolgten Dr. YE, wenn mit diesem Details der künftigen Zusammenarbeit besprochen werden sollten.
1125dd) Wesentlicher, die Tatherrschaft auf Seiten des Angeklagten begründender Tatbeitrag ist aber insbesondere die hausinterne Verantwortung der Steuererklärung durch ihn. Erst nach seiner vollständigen Prüfung der Steuererklärung und deren Paraphierung durch ihn wurde die Erklärung den gesondert Verfolgten Dr. NC und HC vorgelegt, die ihrerseits keine weiteren Änderungen an dieser mehr vornahmen. Vor diesem Hintergrund hätte es wiederum der Angeklagte unmittelbar in der Hand gehabt, die Eintragungen in Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung anzupassen oder mit einem Hinweis auf die den Anrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalte zu versehen. Für die Verwirklichung der tatbestandsmäßigen Handlung in Gestalt des Machens unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben und für die Bedeutung des Angeklagten hierfür macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob er die Steuererklärung nach vollständiger Überprüfung eigenhändig unterzeichnete oder lediglich paraphierte. Denn in beiden Fällen fiel die hausinterne Zuständigkeit für die Inhalte der Steuererklärung in den von ihm verantworteten Arbeitsbereich und wurden die anschließenden (mit-)Unterzeichnungen durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC allein aufgrund der vorherigen Prüfung und Bestätigung der Steuererklärung durch den Angeklagten vorgenommen.
1126ee) Da die Paraphierung der Steuererklärung durch den Angeklagten deren endgültiger Einreichung unmittelbar vorgeschaltet war, wirkt es sich auch nicht entscheidend aus, dass er allein im Vorbereitungsstadium tätig geworden ist. Auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungshandlung beschränkt, kann eine täterschaftliche Stellung vermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 22.10.2019 - 4 StR 227/19, juris Rn. 7). Auch bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO steht der Umstand, dass der Angeklagte seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der Steuererklärung erbracht hat, der Annahme von Mittäterschaft nicht entgegen, wenn ihm aufgrund seiner Tätigkeit eine Schlüsselstellung bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zukam (BGH, Beschluss vom 25.09.2012 - 1 StR 407/12, juris Rn. 37; Urteil vom 09.04.2013 - 1 StR 586/12, juris Rn. 43 ff.). Hierbei kommt es insbesondere auch darauf an, ob das Verhalten eines Tatbeteiligten als entscheidender Tatbeitrag für die Abgabe der unrichtigen Steuererklärung bzw. Steueranmeldung zu bewerten ist (BGH, Urteil vom 07.11.2006 - 5 StR 164/06, juris Rn. 23). Dies ist im Hinblick auf den Angeklagten der Fall. Im Gesamtgefüge der einzelnen Tatbeiträge kommt ihm für die Durchführung der Aktiengeschäfte ebenso wie für die Abgabe unrichtiger Erklärungen gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg maßgebliche Bedeutung zu. Ohne die Empfehlungen des Angeklagten wäre es weder zu den CumEx-Leerkauftransaktionen im HC-Eigenhandel noch zur Begründung einer dauerhaften Kooperation mit den gesondert Verfolgten PI und KI gekommen. Insbesondere verantwortete der Angeklagte die Steuererklärung aber hausintern und trug daher auch die Verantwortung für die in Anlage WA enthaltenen unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben.
1127ff) Bei einer Gesamtschau der vorstehend benannten Gesichtspunkte ist insbesondere aufgrund des Umfanges der Tatbeteiligung des Angeklagten und seiner Tatherrschaft von einer täterschaftlichen Tatbestandsverwirklichung seinerseits auszugehen. Auch in Fall 2 wirkte der Angeklagte in wesentlicher Funktion an sämtlichen Arbeitsschritten mit, die der Tatbestandsverwirklichung vorausgingen (Anfertigung der Partnervorlage, Eingehen einer dauerhaften Kooperationsvereinbarung mit den gesondert Verfolgten KI und PI, Koordination der in den Aktienhandeln eingebundenen Arbeitsbereiche, Prüfung und Paraphierung der Steuererklärung), und legte eine langfristige Grundlage für die Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK durch die Unterzeichnung des „Fee Letter“. Durch seine hausinterne Verantwortung für die Steuererklärung und deren Paraphierung kam ihm im Übrigen die Tatherrschaft zu. Vor diesem Hintergrund steht der Annahme der täterschaftlichen Stellung des Angeklagten wiederum nicht entgegen, dass er die ungerechtfertigten Steuervorteile nicht unmittelbar für sich selbst erreichen wollte. Insoweit gelten die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend. Insbesondere war dem Angeklagten auch weiterhin bewusst, dass das Gelingen der verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerkaufgeschäfte und seine Mitwirkung hieran maßgebliche Bedeutung für die Konzernjahresbilanz sowie für die Bemessung des an ihn geleisteten Bonus haben würden.
Es kommt auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC ihrerseits § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO täterschaftlich verwirklicht haben oder ob dies - etwa mangels vorsätzlichen Handelns ihrerseits - nicht der Fall ist. Denn dem Angeklagten sind die Erklärungen wiederum entweder über § 25 Abs. 2 StGB oder über § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zuzurechnen. Im Falle eines vorsätzlichen Handelns der gesondert Verfolgten Dr. NC und HC läge der bei § 25 Abs. 2 StGB erforderliche gemeinschaftliche Tatplan jedenfalls in dem konkludent gefassten Entschluss des Angeklagten und der gesondert Verfolgten Dr. NC und HC begründet, die Steuererklärung mit den darin enthaltenen unrichtigen Angaben zu paraphieren bzw. zu unterzeichnen und anschließend deren Einreichung nebst Steuerbescheinigungen beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg zu veranlassen. Sollten die gesondert Verfolgte Dr. NC und HC unvorsätzlich gehandelt haben, lägen die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB darin begründet, dass der Angeklagte seinerseits über überlegenes Wissen verfügte und durch die Paraphierung der Steuererklärung veranlasste, dass die - dann vorsatzlosen - gesondert Verfolgten Dr. NC und HC ihrerseits die Steuererklärung unterzeichneten.
Der Angeklagte handelte auch in Fall 2 vorsätzlich. Seine Vorstellung hinsichtlich der Struktur der CumEx-Leerkauftransaktionen der HC Bank und von den Inhalten der gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg abgegebenen Erklärungen entsprach derjenigen in Fall 1. Der Angeklagte handelte darüber hinaus auch vorsätzlich hinsichtlich der Umstände, aus denen sich seine täterschaftliche Stellung ergab.
1130Auch die Vorstellung des Angeklagten von der steuerrechtlichen Lage entsprach seinem Vorstellungsbild in Fall 1. Die in seiner Person bereits im Jahr 2007 vorhandene Einschätzung, dass die Voraussetzungen der angestrebten Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer zugunsten der HC Gruppe bei den verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen eventuell nicht vorliegen, ist im Folgenden nicht der sicheren Überzeugung gewichen, dass ein entsprechender Anspruch begründet sei, sondern hat sich durch die Diskussion um das BMF-Schreiben weiter verfestigt.
Der Angeklagte handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Für einen Verbotsirrtum nach § 17 StGB ist wiederum bereits aufgrund des von dem Angeklagten für möglich gehaltenen Verstoßes gegen das Steuerrecht kein Raum.
Auch in den Fällen 3 bis 5, d.h. in insgesamt drei weiteren Fällen, hat sich der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht.
Der Angeklagte hat im Zusammenhang mit den Einreichungen der Körperschaftsteuererklärungen der HC Gruppe für die Veranlagungszeiträume 2009, 2010 und 2011 den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Die Steuererklärungen sowie die mit diesen beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eingereichten Steuerbescheinigungen enthalten unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen, aufgrund derer die HC Gruppe nicht gerechtfertigte Steuervorteile im Umfang von 46.779.448,31 Euro (Veranlagungszeitraum 2009; Fall 3), im Umfang von 42.676.314,17 Euro (Veranlagungszeitraum 2010; Fall 4) und im Umfang von 3.999.768,75 Euro (Veranlagungszeitraum 2011; Fall 5) erlangt hat.
Den Körperschaftsteuererklärungen der HC Gruppe für die Jahre 2009, 2010 und 2011 sowie den beigefügten Steuerbescheinigungen sind die Erklärungen zu entnehmen, dass Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im Umfang von 46.779.448,31 Euro (2009), im Umfang von 42.676.314,17 Euro (2010) und im Umfang von 3.999.768,75 Euro (2011) auf Kapitalerträge einbehalten wurden, die der HC Bank als Organgesellschaft der HC Gruppe zuzurechnen sind. Diese Erklärungen sind unzutreffend, da ein Steuereinbehalt auf die von der HC Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht stattgefunden hat.
1135aa) Den Körperschaftsteuererklärungen der HC Gruppe für die Jahre 2009, 2010 und 2011 ist die Angabe zu entnehmen, dass die in den Zeilen 4 und 6 (2009) bzw. in den Zeilen 5 und 6 (2010 und 2011) der Anlage WA zu den Körperschaftsteuererklärungen eingetragenen Beträge sich auf tatsächlich einbehaltene, mithin in Abzug gebrachte Steuern beziehen. Die bereits im Rahmen von Fall 1 dargelegten Auslegungsgrundsätze gelten in diesem Zusammenhang entsprechend, insbesondere sind die für die Ermittlung des Erklärungsinhaltes maßgeblichen § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] inhaltsgleich mit den Bestimmungen des EStG [VZ 2007]. Dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern im Umfang von 46.779.448,31 Euro (2009), im Umfang von 42.676.314,17 Euro (2010) und im Umfang von 3.999.768,75 Euro (2011) auf Kapitalerträge im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2009-2011] entfallen sollen, ergibt sich aus den Steuerbescheinigungen, die den Körperschaftsteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 beigefügt waren. Aus diesen geht unmittelbar hervor, dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2009-2011] betreffen sollen, die auf Aktien entfallen sind, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert wurden.
1136Der Erklärungsinhalt der Körperschaftsteuererklärungen der HC Gruppe für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 wird nicht durch das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 (IV C 1 - S 2252/09/10003) beeinflusst. Soweit teilweise die Auffassung vertreten worden ist, das Schreiben bringe die auch für den die Steuererklärung Abgebenden maßgebliche Vorstellung der Finanzverwaltung zum Ausdruck, eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] habe immer schon dann zu erfolgen, wenn keine Absprachen zwischen Leerverkäufer und Käufer bestanden (vgl. Müller StB 2015, 352, 354; Podewils, FR 2014, 1064, 1068), mit der Folge, dass es auf den tatsächlichen Steuereinbehalt nicht mehr ankommen würde, trifft dies - wie bereits bei Fall 2 dargelegt - nicht zu. Abgesehen hiervon war das BMF-Schreiben schon aufgrund seines Charakters als Verwaltungsvorschrift von vornherein nicht geeignet, sich auf die materiellen Voraussetzungen einer Steueranrechnung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] auszuwirken. Es kann dementsprechend auch den im Wege der Auslegung zu ermittelnden Erklärungsgehalt der Angaben in Anlage WA nicht beeinflussen.
1137bb) Die Umstände, dass die HC Bank Kapitalerträge vereinnahmt haben soll, auf die im verfahrensgegenständlichen Umfang ein ihr zuzurechnender Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlag stattgefunden hat, waren auch in den Jahren 2009 bis 2011 Grundvoraussetzung für die begehrte Steueranrechnung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] und daher steuerlich erheblich.
1138cc) Die Angaben sind unrichtig, jedenfalls aber unvollständig, da auf die von der HC Bank in den Veranlagungszeiträumen 2009, 2010 und 2011 allein vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen keine Steuern einbehalten worden sind.
1139Da die HC Bank auch in den Fällen 3 bis 5 die verfahrensgegenständlichen Aktien von Leerverkäufern erworben hat und die Aktien erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen in ihrem Depot gebucht wurden, sind ihr die von den Emittenten der Aktien ausgeschütteten Dividenden nicht zuzurechnen, sondern lediglich die von ihr vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen. Die Ausführung zu Fall 1 bezüglich der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen im EStG und in der AO gelten insoweit entsprechend. Diese haben im Hinblick auf die hier betroffenen Fragestellungen keine Änderungen erfahren, insbesondere gingen die abweichende Verortung des § 20 Abs. 2a EStG [VZ 2007-2008] in § 20 Abs. 5 [VZ 2009-2011] und die insoweit angepasste Verweisung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2009-2011] nicht mit einer inhaltlichen Anpassung der Vorschriften einher. Auch § 39 AO sowie § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG [VZ 2009-2011] entsprechen für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 in den hier betroffenen Regelungsbereichen den Bestimmungen des EStG [VZ 2007].
1140Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge sind auf die von der HC Bank in den Fällen 3 bis 5 bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht einbehalten, mithin nicht in Abzug gebracht worden. Die Erhebungen von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen, die auf die ausgeschütteten Dividenden erfolgt sind, sind ihr entsprechend der Ausführungen zu Fall 1 nicht zuzurechnen. Die ab dem Veranlagungszeitraum 2009 geltenden Gesetzesänderungen in § 44 Abs. 1 Satz 3, § 45a Abs. 3 EStG wirkten sich in diesem Zusammenhang nicht aus, da von diesen weder die Zurechnung von Aktien in einem bestimmten Zeitpunkt noch die Voraussetzungen für die Anrechnung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen betroffen sind.
1141dd) Auch in den Fällen 3 bis 5 ist gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg vor Tatvollendung nicht angezeigt worden, dass die Steuern auf die von der HC Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht einbehalten bzw. erhoben, mithin nicht in Abzug gebracht worden sind. Diese Umstände bzw. die Details der den Steueranrechnungen zugrunde liegenden Transaktionen waren auch mitteilungspflichtig, wobei insoweit die Ausführungen zu den Fällen 1 und 2 - insbesondere auch im Hinblick auf die Auswirkungen des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 - entsprechend gelten. Hinzu tritt, dass ein Regierungsrat gerade der Hamburger Finanzverwaltung im Rahmen eines Aufsatzes aus dem Jahr 2010 mit dem Titel „Leerverkäufe und missbräuchliche Gestaltungen“ den Standpunkt eingenommen hatte, dass „nicht legaler Gestaltungsspielraum ausgenutzt, sondern zielgerichtet Steuerhinterziehung betrieben wird, wenn eine KESt-Erstattung/Anrechnung beantragt wird, obwohl die KESt nicht an das Finanzamt abgeführt wurde“ (Bruns DStR 2010, 2061, 2065). Auch vor diesem Hintergrund war die steuerliche Relevanz der betroffenen Umstände bei Einreichung der Steuererklärungen beim Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg offensichtlich, jedenfalls aber zweifelhaft.
Die Steuererklärungen wurden wiederum gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg und damit einer Finanzbehörde abgegeben.
Die HC Gruppe hat infolge der unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen in den Fällen 3 bis 5 nicht gerechtfertigte Steuervorteile in Höhe von 46.779.448,31 Euro (Fall 3), in Höhe von 42.676.314,17 Euro (Fall 4) und in Höhe von 3.999.768,75 Euro (Fall 5) im Rahmen der mit den Bescheiden für 2009, 2010 und 2011 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 05.04.2011, 30.03.2012 und 04.10.2013 zusammengefassten Anrechnungsverfügungen erlangt. In diesen wurden die auf die verfahrensgegenständlichen Transaktionen entfallenden Beträge, die Eingang in die Anlage WA 2009, WA 2010 und WA 2011 zur Körperschaftsteuererklärung der HC Gruppe gefunden hatten, jeweils in vollem Umfang angerechnet. Ferner wurden die sich aus den Anrechnungen ergebenden Guthaben auch an die HC Gruppe ausgezahlt. Dass die Anrechnungen für die Jahre 2009, 2010 und 2011 durch Bescheide des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg vom 11.12.2017, 05.12.2018 und 15.04.2020 zurückgenommen und die Steuern zwischenzeitlich zurückgezahlt worden sind, wirkt sich nicht aus, da die Taten bereits durch die in den Jahren 2011, 2012 und 2013 ergangenen Anrechnungsverfügungen vollendet wurden. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Steuervorteile sowie deren Bewirkung durch die unrichtigen Angaben die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend.
Der Angeklagte hat § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in den Fällen 3 bis 5 nach Maßgabe der bereits bei Fall 1 dargelegten Bewertungsmaßstäbe jeweils täterschaftlich verwirklicht. Insoweit gilt hinsichtlich der einzelnen Fälle das Folgende:
Bei einer Gesamtabwägung sämtlicher Sachverhaltsumstände hat der Angeklagte auch in Fall 3 angesichts des Umfangs seiner Tatbeteiligung sowie der in seiner Person begründeten Tatherrschaft eine täterschaftliche Stellung inne gehabt. Der Angeklagte hatte auch im Jahr 2009 unmittelbaren Einfluss auf sämtliche Arbeitsschritte, die der Aufsetzung und Umsetzung der CumEx-Geschäfte vorausgingen. Ferner erfolgte die Unterzeichnung der Steuererklärung durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC wiederum aufgrund seiner vorherigen Prüfung der Eintragungen sowie der nachfolgenden Paraphierung. Hierdurch konnte der Angeklagte selbst unmittelbar beeinflussen, ob und mit welchem Inhalt unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen bei einer Finanzbehörde getätigt werden und hatte hierdurch eine täterschaftliche Stellung inne.
1146Der Angeklagte war auch im Jahr 2009 als Leiter des Bereichs Bilanz, Rechnungswesen und Controlling für die Koordination sämtlicher in die Durchführung der CumEx-Transaktionen eingebundenen Arbeitsbereiche zuständig und wurde hierbei auch in die Auswahl der konkret zu handelnden Aktiengattungen eingebunden. Darüber hinaus prägte er die im April 2009 durchgeführten Gespräche in der HC Bank, ob die Geschäfte trotz des erwarteten BMF-Schreibens fortgesetzt werden, entscheidend mit. Dass die Geschäfte in diesem Zusammenhang auch gegen eine von ihm abgegebene Empfehlung fortgeführt worden wären, ist nicht erkennbar. Im Übrigen lief die Kommunikation mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE vorrangig über den Angeklagten. Auch die Profitbeteiligung der gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK wurde durch den Angeklagten umgesetzt.
1147Wesentlicher, die Tatherrschaft begründender Tatbeitrag ist auch im Jahr 2009 die hausinterne Verantwortung der Steuererklärung durch den Angeklagten. Erst nach seiner vollständigen Prüfung der Steuererklärung und deren Paraphierung durch ihn wurde diese den gesondert Verfolgten Dr. NC und HC vorgelegt, die ihrerseits keine weiteren Änderungen an dieser mehr vornahmen. Vor diesem Hintergrund hätte es wiederum der Angeklagte unmittelbar in der Hand gehabt, die Eintragungen in Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung anzupassen oder mit einem Hinweis auf die den Anrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalte zu versehen. Für die Verwirklichung der tatbestandsmäßigen Handlung in Gestalt des Machens unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben und die Bedeutung des Angeklagten hierfür machte es im Ergebnis keinen Unterschied, ob der Angeklagte die Steuererklärung nach vollständiger Überprüfung eigenhändig unterzeichnete oder lediglich paraphierte. Denn in beiden Fällen fiel die hausinterne Zuständigkeit für die Inhalte der Steuererklärung in den von ihm verantworteten Arbeitsbereich und erfolgten die anschließenden Unterzeichnungen durch die gesondert Verfolgten Dr. NC und HC aufgrund der vorherigen Prüfung und Bestätigung der Steuererklärung durch den Angeklagten.
1148Da die Paraphierung der Steuererklärung durch den Angeklagten deren endgültiger Einreichung unmittelbar vorgeschaltet war, wirkt es sich entsprechend der bereits zu Fall 2 dargelegten Grundsätze wiederum nicht entscheidend aus, dass er allein im Vorbereitungsstadium tätig geworden ist. Denn der Angeklagte verantwortete die Steuererklärung hausintern und trug daher auch die Verantwortung für die in Anlage WA enthaltenen unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben.
1149Der Annahme der täterschaftlichen Stellung steht wiederum nicht entgegen, dass der Angeklagte die ungerechtfertigten Steuervorteile nicht unmittelbar für sich selbst erreichen wollte. Insoweit gelten die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend. Hinsichtlich der Zurechnung der Erklärung der gesondert Verfolgten Dr. NC und HC über § 25 Abs. 2 StGB oder über § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB gelten die Ausführungen zu Fall 2 entsprechend.
Der Angeklagte unterzeichnete im Fall 4 die Steuererklärung und hat hierdurch den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO unmittelbar selbst verwirklicht.
1151Selbst wenn man davon ausgeht, die Unterzeichnung der Steuererklärung entfalte als solche aufgrund der weiteren Unterzeichnung durch den gesondert Verfolgten Dr. NC keine täterschaftsbegründende Wirkung, sind die Tatbeiträge des Angeklagten nach Maßgabe der allgemeinen Abgrenzungskriterien als täterschaftlich zu bewerten. Der Angeklagte verantwortete auch zu Beginn des Jahres 2010 und damit in dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung getroffen wurde, die CumEx-Eigenhandelsaktivitäten auch in diesem Jahr fortzuführen, den Arbeitsbereich Bilanz, Rechnungswesen und Controlling. Die Grundlage für die entsprechende Beschlussfassung der Partner in der Partnersitzung legte wiederum der Angeklagte, indem er im Januar 2010 die Partnervorlage anfertigte, deren Genehmigung zur Folge hatte, dass die Geschäfte auch in Fall 4 durchgeführt wurden. Auch hieran anschließend oblag dem Angeklagten wiederum die Koordination sämtlicher in die Durchführung der Aktiengeschäfte eingebundener Arbeitsbereiche. Dadurch, dass jedenfalls ab 11.05.2010 auch die konkreten Aktiengeschäfte erst nach vorheriger Zustimmung durch den Angeklagten durchgeführt wurden, hatte er einen unmittelbaren Einfluss auf die zu handelnden Aktiengattungen und Volumina. Ferner akzeptierte er wiederum die Scheinrechnung der Bank KB, mittels derer die gesondert Verfolgten Dr. YE und Dr. KK an den Profiten aus den CumEx-Leerkauftransaktionen beteiligt wurden.
1152Wesentlicher, die Tatherrschaft begründender Tatbeitrag ist im Jahr 2010 aber die Unterzeichnung der Steuererklärung durch den Angeklagten, die wiederum erst nach vollständiger Überprüfung der dortigen Eintragungen durch ihn erfolgte. Erst im Anschluss an die Unterzeichnung der Erklärung, durch die der Angeklagte hausintern die inhaltliche Verantwortung für die Eintragungen übernahm, wurde diese - ohne inhaltliche Änderungen - auch durch den gesondert Verfolgten Dr. NC unterzeichnet. Vor diesem Hintergrund hatte es wiederum der Angeklagte unmittelbar in der Hand, die Eintragungen in Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung anzupassen oder mit einem Hinweis auf die den Anrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalte zu versehen. Der Angeklagte konnte hierdurch selbst darüber entscheiden, ob und mit welchen Inhalten unrichtige oder unvollständige Erklärungen gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg gemacht werden.
1153Bei einer Gesamtbewertung der vorstehend genannten Gesichtspunkte hatte der Angeklagten auch in Fall 4 - insbesondere aufgrund des Umfangs der Tatbeteiligung sowie seiner Tatherrschaft - eine täterschaftlich Stellung inne. Dem steht wiederum nicht entgegen, dass der Angeklagte die ungerechtfertigten Steuervorteile nicht unmittelbar für sich selbst erreichen wollte. Insoweit gelten die Ausführungen zu Fall 1 ebenso entsprechend wie diejenigen bezüglich der Zurechnung der Erklärung des gesondert Verfolgten Dr. NC über § 25 Abs. 2 StGB oder über § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB.
Der Angeklagte unterzeichnete im Fall 5 die Steuererklärung und hat hierdurch den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO unmittelbar selbst verwirklicht.
1155Selbst wenn man davon ausgeht, die Unterzeichnung der Steuererklärung entfalte als solche aufgrund der weiteren Unterzeichnung durch den gesondert Verfolgten Dr. NC keine täterschaftsbegründende Wirkung, sind die Tatbeiträge des Angeklagten nach Maßgabe der allgemeinen Abgrenzungskriterien als täterschaftlich zu bewerten. Die Vorlage zur Partnersitzung, in der die Entscheidung getroffen wurde, die CumEx-Eigenhandelsaktivitäten auch im Jahr 2011 fortzuführen, wurde durch den gesondert Verfolgten ZC (damals HG) nach Rücksprache mit dem Angeklagten angefertigt. In der gemeinschaftlichen Anfertigung der Partnervorlage liegt ein wesentlicher Tatbeitrag des Angeklagten begründet, da hierdurch die Grundlage für die Entscheidung der Partner gelegt wurde, die CumEx-Geschäfte im Eigenhandel auch im Jahr 2011 fortzuführen. Auch in diesem Zeitraum fungierte der Angeklagte im Übrigen als Ansprechpartner für den gesondert Verfolgten Dr. YE, soweit strategische Fragen hinsichtlich der Fortsetzung der CumEx-Transaktionen betroffen waren.
1156Wesentlicher, die Tatherrschaft begründender Tatbeitrag ist auch im Jahr 2011 aber die Unterzeichnung der Steuererklärung durch den Angeklagten, die wiederum erst nach vollständiger Überprüfung der dortigen Eintragungen durch ihn erfolgte. Erst im Anschluss an die Unterzeichnung der Erklärung, durch die der Angeklagte hausintern die inhaltliche Verantwortung für die Eintragungen übernahm, wurde diese - ohne inhaltliche Änderungen - auch durch den gesondert Verfolgten Dr. NC unterzeichnet. Vor diesem Hintergrund hatte es wiederum der Angeklagte unmittelbar in der Hand, die Eintragungen in Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung anzupassen oder mit einem Hinweis auf die den Anrechnungsanträgen zugrunde liegenden Sachverhalte zu versehen. Der Angeklagte konnte hierdurch selbst entscheiden, ob und mit welchen Inhalten unrichtige oder unvollständige Erklärungen gegenüber dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg eingereicht werden.
1157Bei einer Gesamtschau der vorstehend benannten Gesichtspunkte hatte der Angeklagte auch in Fall 5 eine täterschaftliche Stellung inne. Dem steht wiederum nicht entgegen, dass der Angeklagte die ungerechtfertigten Steuervorteile nicht unmittelbar für sich selbst erreichen wollte. Insoweit gelten die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend. Dies gilt ferner für die Zurechnung der Erklärung des gesondert Verfolgten Dr. NC über § 25 Abs. 2 StGB oder über § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB.
Der Angeklagte handelte auch in den Fällen 3 bis 5 vorsätzlich. Die diesbezüglichen Ausführungen zur Tatsachenkenntnis des Angeklagten, zum Wollen hinsichtlich der Gewährung der Steuervorteile sowie zur Bewertung der steuerrechtlichen Lage bei den Fällen 1 und 2 gelten entsprechend. Eine Änderung des Vorstellungsbildes des Angeklagten, das geeignet wäre, Einfluss auf die rechtliche Würdigung zu nehmen, liegt nicht vor. Vielmehr hat sich dieses durch die Entwicklungen um das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 sowie die weiteren dargelegten Umstände weiter verfestigt.
Der Angeklagte handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Für einen Verbotsirrtum nach § 17 StGB ist wiederum bereits aufgrund des von dem Angeklagten für möglich gehaltenen Verstoßes gegen das Steuerrecht kein Raum.
Bei der Strafzumessung hat die Kammer folgende Umstände berücksichtigt:
Die zu verhängenden fünf Einzelstrafen hat die Kammer jeweils dem erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO entnommen. Dieser droht in besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren an.
Der Angeklagte hat in allen Fällen das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der seit dem 01.01.2008 unverändert geltenden Fassung verwirklicht. Eine Prüfung nach § 2 Abs. 3 StGB brauchte die Kammer nicht vorzunehmen, da auch die zeitlich erste, das Jahr 2007 betreffende Tat erst nach dem 01.01.2008 beendet war. Bei Veranlagungssteuern - wie hier der Körperschaftsteuer - ist der durch die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung verursachte Erfolg eingetreten und die Straftat damit vollendet, wenn auf Grund der unrichtigen Erklärung ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil gewährt und dies dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben worden ist. In diesem Zeitpunkt ist die Tat zugleich beendet (BGH, Beschluss vom 30.06.2016 - 1 StR 99/16, juris Rn. 13). Danach war die das Jahr 2007 betreffende Tat erst mit Bekanntgabe des auf die Erklärung vom 06.01.2009 ergangenen Steuerbescheides vom 20.04.2009 beendet.
1163a) Der Hinterziehungsbetrag übersteigt in allen Fällen die für eine Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ maßgebliche Wertgrenze bei weitem. Ein „großes Ausmaß“ im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO liegt bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro vor (BGH, Urteil vom 27.10.2015 - 1 StR 373/15, juris Rn. 32 ff.). Hiervon ausgehend ist die maßgebliche Grenze in den zur Aburteilung anstehenden Fällen im geringsten Fall (2011, Hinterziehungsbetrag rund 3,9 Mio. Euro) um das 78-fache und im höchsten Fall (2009, rund 46,7 Mio. Euro) um das 934-fache überschritten.
1164Die Kammer geht aufgrund der Systematik des § 370 AO, wonach es für den Grundtatbestand der Steuerhinterziehung nicht darauf ankommt, ob der Täter den nicht gerechtfertigten Steuervorteil für sich oder für einen anderen erlangt, davon aus, dass dies auch für das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO gilt. Andernfalls bestünde ein Wertungswiderspruch zu einem nach dem Regelbeispiel gleichgestellten Täter, der Steuern verkürzt. Denn bei der Variante der Steuerverkürzung kommt es nicht darauf an, zu wessen Gunsten ein Taterfolg eintritt. Für diese Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm. Mit Artikel 3 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21.12.2007 (BGBl I, 3198 ff.) wurde § 370 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 AO dahingehend neu gefasst, dass ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung künftig in der Regel bereits dann vorliegen soll, wenn in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden. Lediglich das bis dahin zusätzlich enthaltene, aber schwer bestimmbare Merkmal des „groben Eigennutzes“ wurde gestrichen (vgl. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 27.06.2007, BT-Drs. 16/5846, S. 75).
1165b) Ausgehend davon, dass die Verwirklichung des Regelbeispiels lediglich ein Indiz dafür darstellt, dass die Tat insgesamt als besonders schwer anzusehen ist, entkräften vorliegend besondere strafmildernde Umstände des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht [dazu sogleich D.I.2.a) und b)].
Sofern man die von der Kammer für zutreffend erachtete Auslegung als mit der Wortlautgrenze unvereinbar ansieht, weil der Täter als das Subjekt des Satzes 2 des § 370 Abs. 3 AO den Steuervorteil persönlich erlangt haben müsse, würde dies im Ergebnis nichts ändern. Wegen der sehr hohen Hinterziehungsbeträge wäre gleichwohl vom Vorliegen eines (unbenannten) besonders schweren Falles des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO auszugehen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.08.2012 - 1 StR 257/12, juris, Rn. 29; Jäger, in: Klein, AO, 15. Aufl., § 370 Rn. 277, 285 a.E.). Ein Fall ist besonders schwer, wenn er sich nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt vorkommender Fälle so abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist (Fischer, StGB, 67. Aufl., § 46 Rn. 88). Das ist hier bei gesonderter Betrachtung jeder einzelnen Tat der Fall.
1167In diesem Zusammenhang hat die Kammer folgende strafmildernden und strafschärfenden Gesichtspunkte gesehen und in ihrer Gesamtheit gewürdigt:
1168a) Zu Gunsten des Angeklagten wirkte sich aus, dass
1169er im Rahmen seiner Einlassung jedenfalls teilweise auch ihn belastende Umstände eingeräumt hat, so etwa sein Vorstellungsbild in 2006, seine Vorstellung von der steuerrechtlichen Lage und auch die Wahrnehmung von ihn belastender Korrespondenz;
er hinsichtlich der nicht gerechtfertigten Steuervorteile nur mit bedingtem Vorsatz handelte;
er in Relation zu der Höhe der Steuerschäden nur in geringem Maße von den Taten profitiert hat, wobei er die für die Taten erlangten Zuwendungen nicht durch eine überzogene Lebensweise verbraucht hat;
das Erfolgsunrecht durch die inzwischen (allerdings unter Vorbehalt der Rückforderung) geleistete Zahlung der HC Gruppe ausgeglichen ist;
seit den Taten zum Teil mehr als zehn Jahre vergangen sind und das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten bis zur Anklage vier Jahre gedauert hat. Soweit eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung anzunehmen ist, hat die Kammer zusätzlich einen Teil der auszuurteilenden Strafe als bereits vollstreckt erklärt (dazu hinten unter E.);
der Angeklagte aufgrund seines hohen Alters besonders strafempfindlich ist;
er nicht vorbestraft war und auch seit den hier in Rede stehenden Taten strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist;
er während der Verfahrens einer hohen medialen Aufmerksamkeit ausgesetzt war;
die Hauptverhandlung unter Corona-Bedingungen für ihn besonders belastend war, da ein Restrisiko für eine Infektion mit eventuell gravierenden gesundheitlichen Folgen bestand.
b) Zu Lasten des Angeklagten fiel dagegen ins Gewicht, dass
1188es sich bei einer Gesamtwürdigung des Tatbilds hier um eine besonders schwerwiegende Form der Wirtschaftskriminalität handelt, wobei der Angeklagte in das arbeitsteilige, gut organisierte Hinterziehungssystem an zentraler Stelle eingebunden war;
das errichtete Hinterziehungssystem auf Dauer und auf eine hartnäckige wiederkehrende Tatbegehung angelegt war;
der Angeklagte darin eingebunden war, auf eine Eindämmung dieser Taten abzielende Initiativen des Gesetzgebers oder der Finanzverwaltung zu umgehen, worin eine erhöhte kriminelle Energie zum Ausdruck kommt;
der vom Vorsatz umfasste zu Unrecht erlangte Steuervorteil im Jahr 2011 das 78-fache und in den Jahren 2007 bis 2010 das 746-fache bis 934-fache des Schwellenwertes einer Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß ausmacht;
der Angeklagte die mit dem gesondert Verfolgten Dr. YE ausgehandelten Profitanteile in den Büchern des Bankhauses HC verschleierte, indem er diese auf Scheinrechnungen der Bank KB zur Zahlung anwies und dadurch ermöglichte, dass diese Profite von dort weiter an Offshore-Gesellschaften transferiert wurden. Dieser Punkt spielte allerdings für das Jahr 2011 keine Rolle; gleichwohl ist auch der dieses Steuerjahr betreffende Fall aus den übrigen vorgenannten Gründen, die insoweit ebenfalls tragend sind, als besonders schwer zu qualifizieren.
Bei einer zusammenfassenden Betrachtung überwiegen die strafschärfenden Umstände insgesamt so erheblich, dass die Anwendung des Strafrahmens des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO tat- und schuldangemessen ist.
Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer nochmals die bereits bei der Strafrahmenwahl bedeutsamen Umstände in den Blick genommen und gegen einander abgewogen. Dabei kam den strafschärfenden Umständen nur insoweit Bedeutung zu als diese nicht bereits zur Anwendung des höheren Strafrahmens des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO geführt haben.
1200Da die Strafzumessungsgründe für jeden Fall weitgehend identisch sind, hat die Kammer sich bei der Bemessung der Strafen für die einzelnen Fälle zur Differenzierung insbesondere an der Höhe der jeweils verursachten Steuerschäden orientiert. Denn bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das von § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB vorgegebene Kriterium „verschuldete Auswirkungen der Tat“ im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht. „Auswirkungen der Tat“ sind insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch § 370 AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.1989 - 3 StR 179/88, juris Rn. 8; Beschluss vom 23.03.1994 - 5 StR 91/94, juris Rn. 9 ff.; Urteil vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, juris Rn. 32 ff.). Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender und für die Abgrenzung der einzelnen Strafen zueinander tauglicher Strafzumessungsumstand (vgl. auch BGH, Beschluss vom 18.03.1998 - 5 StR 693/97, juris Rn. 16).
1201Unter Abwägung der oben genannten Strafzumessungsgesichtspunkte und der Wirkungen, die für das künftige Leben des Angeklagten zu erwarten sind, erachtet die Kammer folgende Staffelung der Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
1202Fall 1 (2007) 4 Jahre 2 Monate
1203Fall 2 (2008) 4 Jahre 4 Monate
1204Fall 3 (2009) 4 Jahre 10 Monate
1205Fall 4 (2010) 4 Jahre 8 Monate
1206Fall 5 (2011) 2 Jahre
1207Soweit die Kammer offen gelassen hat, ob der Angeklagte in Mittäterschaft handelte, weil diejenigen Personen, die die Steuererklärungen (mit-)unterzeichnet haben, entsprechend einem gemeinsamen Tatplan vorsätzlich handelten, oder ob der Angeklagte in diesen Fällen, weil die Unterzeichnenden allenfalls fahrlässig handelten, als mittelbarer Täter agierte, ist sie im Rahmen der Strafzumessung von der für den Angeklagten günstigeren Möglichkeit einer Mittäterschaft ausgegangen. Die Kammer misst dieser Begehungsweise hier einen geringeren Schuldgehalt bei, denn im Fall mittelbarer Täterschaft käme strafschärfend hinzu, dass der Angeklagte die vorsatzlos handelnden Unterzeichner wissentlich dem Risiko der Strafverfolgung ausgesetzt hätte.
Die festgesetzten Einzelstrafen waren gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 StGB unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 4 Jahren und 10 Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe zurückzuführen.
1209Zur Bemessung der Gesamtstrafe hat die Kammer sämtliche Strafzumessungsgesichtspunkte, die bereits für die Bildung der Einzelstrafen bestimmend waren, und darüber hinaus das Verhältnis der einzelnen Taten zueinander, ihren sachlichen und situativen Zusammenhang und die mit jeder weiteren Dividendensaison einhergehende sinkende Hemmschwelle bedacht.
1210Allerdings handelte es sich im Falle des Angeklagten nicht lediglich um die nahtlose Fortführung eines bereits eingeschliffenen Fehlverhaltens. Vielmehr hat er jedenfalls ab 2009 daran mitgewirkt, von der Finanzverwaltung etablierte Erstattungshemmnisse zu überwinden.
1211Unter nochmaliger Würdigung der lange zurückliegenden Taten und der altersbedingt besonderen Strafempfindlichkeit des Angeklagten hat die Kammer eine straffe Zusammenführung der Einzelstrafen für angemessen erachtet, was zu der Verhängung einer alles in allem tat- und schuldangemessenen Gesamtfreiheitsstrafe von
12125 Jahren und 6 Monaten
1213führte.
1214Insbesondere hat die Kammer darauf geachtet, dass die zu verbüßende Strafe dem Angeklagten eine nicht nur theoretische Aussicht auf eine Wiedererlangung der Freiheit zu Lebzeiten eröffnet.
Die Kammer hatte über die bereits in der Strafzumessung berücksichtigte Verfahrensdauer hinaus eine eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von April 2019 bis Mai 2020 angemessen zu kompensieren. Ob eine mit dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehende Verzögerung vorliegt, bestimmt sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung gegeneinander abgewogen werden müssen (BVerfG, Beschluss vom 05.02.2003 - 2 BvR 327/02 u.a., juris Rn. 33 ff.; BGH, Beschluss vom 17.01.2008 - GSSt 1/07, juris Rn. 15 ff.; BGH, Urteil vom 21.04.2011 - 3 StR 50/11, juris Rn. 5). Besondere Faktoren, die regelmäßig von Bedeutung sind, sind dabei insbesondere der durch die Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, die Schwere des Tatvorwurfs, der Umfang und die Schwierigkeit des Verfahrensgegenstands sowie das Ausmaß der mit der Dauer des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen Belastungen. Im Interesse der effektiven Verteidigung der Rechtsordnung ist allerdings eine überzogene Kompensation, insbesondere bei schwerer Wirtschaftskriminalität, zu vermeiden (BGH, Beschluss vom 17.11.2010 - 1 StR 145/10, juris; BGH, Urteil vom 08.08.2006 - 5 StR 189/06, juris Rn. 8 f.).
1216Von den verfahrensgegenständlichen Vorwürfen gegen ihn hat der Angeklagte erstmals durch Gewährung von Akteneinsicht im Februar 2016 Kenntnis erlangt. Wie festgestellt, wäre auf Basis der Ermittlungsergebnisse eine Anklageerhebung bereits ab April 2019 möglich gewesen, diese ist indes erst im Mai 2020 erfolgt. Dass die personellen Ressourcen der Staatsanwaltschaft Köln möglicherweise eine schnellere Anklageerhebung nicht gestattet haben, ist unerheblich.
1217Vor dem Hintergrund der mit dem schwebenden Verfahren verbundenen besonderen Belastungen ist es deshalb zur Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung angemessen aber auch ausreichend, dass zwei Monate der verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Diese Anrechnung war allein auf die durch Zusammenfassung der Einzelstrafen gebildete Gesamtstrafe vorzunehmen, denn allein die Gesamtstrafe ist Grundlage der Vollstreckung (BGH, Beschluss vom 17.01.2008 - GGSt 1/07, juris Rn. 48).
Gegenüber dem Angeklagten war nach § 73 Abs. 1 Alt. 2, § 73c Satz 1 StGB in Höhe eines Betrages von 100.000 Euro die Einziehung von Wertersatz anzuordnen. Hierbei gelangen gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB die Regelungen des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 zur Anwendung.
1219Die Voraussetzungen einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB liegen vor. Der Angeklagte hat die verfahrensgegenständlichen Taten rechtswidrig verwirklicht, so dass die von der Vorschrift geforderten Anknüpfungstaten vorliegen. Darüber hinaus hat der Angeklagte vermögenswerte Zuwendungen in Gestalt von Sonder- bzw. Bonuszahlungen und damit „Etwas“ im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB erhalten. Diese Zahlungen erfolgten jedenfalls anteilig zum Zwecke der Honorierung seiner Beteiligung an den abgeurteilten Steuerhinterziehungen und wurden damit in entsprechendem Umfang von dem Angeklagten „für“ die Taten erlangt.
Der Angeklagte hat in dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 2007 bis 2011 „Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt. Als erlangtes „Etwas“ im Sinne der Vorschrift ist grundsätzlich jeder wirtschaftlich messbare Vorteil anzusehen (BGH, Urteil vom 21.03.2002 - 5 StR 138/01, juris Rn. 39; § 73 Rn. 12; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 73 Rn. 3; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 22). Erfasst werden insbesondere Entgelte und vergleichbare finanzielle Zuwendungen sowie unmittelbar vermögensmehrende Gewinne (Sch/Sch-Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73 Rn. 6). Vermögensmehrende Zuwendungen in diesem Sinne sind dem Angeklagten sowohl während seiner Tätigkeit für die HC Bank als auch während seiner Anstellung bei der HC Gruppe in Gestalt der monatlichen Gehaltszahlungen, der jährlichen Tantieme sowie der Sonder- bzw. Bonuszahlungen zugute gekommen. Ein irgendwie gearteter Zusammenhang zwischen den Tatbestandsverwirklichungen des Angeklagten und der Höhe seiner Gehaltszahlungen sowie der von ihm bezogenen Tantiemen ist nicht festgestellt, so dass diese Beträge als Grundlage einer Einziehungsentscheidung nicht in Betracht kommen. Abweichendes gilt für die variablen jährlichen Sonder- bzw. Bonuszahlungen, deren Höhe unter Berücksichtigung des Arbeitseinsatzes des Angeklagten im jeweils vorangegangenen Jahr durch den gesondert Verfolgten Dr. NC festgelegt wurde. Diese beliefen sich für die Jahre 2007 bis 2011 auf […] Euro, auf […] Euro, auf […] Euro, auf […] Euro und auf […] Euro bzw. auf insgesamt […] Euro brutto.
1221Der Angeklagte hat diese Vermögenswerte auch erlangt, da die Beträge tatsächlich an ihn überwiesen wurden, so dass er wertmäßig unmittelbar über diese verfügen konnte.
Einen Teil der von ihm bezogenen Vermögenswerte hat der Angeklagte im Sinne des § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB „für“ die abgeurteilten Taten erlangt.
1223Für die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB sind Vermögenswerte, die als Gegenleistung für ein rechtswidriges Tun gewährt werden, jedoch nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen (BGH, Beschluss vom 27.03.2019 - 2 StR 561/18, juris Rn. 8). Erfasst werden insbesondere Entgelte für die erfolgte oder künftige Begehung rechtswidriger Taten (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 41). Derartige Zuwendungen können auch dann „für“ die Tat erlangt sein, wenn sie unabhängig vom Eintritt eines Taterfolges und im Wege einer Vorauszahlung gewährt werden (Wiedner in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 73 Rn. 32a f.). Auch kommt es nicht darauf an, durch wen die Zuwendungen geleistet werden, soweit feststeht, dass durch diese die Beteiligung des Zuwendungsempfängers an der Tat abgegolten bzw. honoriert werden soll.
1224Hiervon ausgehend hat der Angeklagten einen Teil der an ihn geleisteten Sonder- bzw. Bonuszahlungen „für“ die Taten erlangt. Bei der Bemessung der an den Angeklagten für seine Tätigkeit bei der HC Bank bzw. der HC Gruppe jährlich geleisteten Sonder- bzw. Bonuszahlungen hat der gesondert Verfolgte Dr. NC für die Jahre 2007 bis 2011 jeweils auch das Tätigwerden des Angeklagten im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäften honoriert. Durch die Sonder- bzw. Bonuszahlungen sollte somit unter anderem auch abgegolten werden, dass der Angeklagte im Vorfeld einen wesentlichen Beitrag für das Erlangen der - der Höhe nach aufgrund der Steuerbescheinigungen bereits ausrechenbaren - Steueranrechnungen und damit für das Erreichen der tatbestandlichen Erfolge im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO leistete.
Einzuziehen war insgesamt ein Betrag in Höhe von 100.000 Euro. Dieser entspricht den im Wege der Schätzung zu ermittelnden Zahlungen, die der Angeklagte als Honorierung seiner Beteiligung an den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt hat.
Die auf Seiten des Angeklagten infolge der Sonder- und Bonuszahlungen eingetretenen Vermögensmehrungen können als solche nicht mehr eingezogen werden, so dass nach § 73c Satz 1 StGB die Einziehung eines Geldbetrages anzuordnen ist, der dem Wert des Erlangten entspricht. Dieser war nach § 73d Abs. 2 StGB im Wege der Schätzung zu ermitteln, da die exakte Ermittlung der Höhe der seitens des Angeklagten für die abgeurteilten Taten bezogenen Sonder- bzw. Bonuszahlungen nicht möglich ist.
1227Für die Kammer steht, wie oben dargelegt, fest, dass durch die Zahlungen jedenfalls auch die Beiträge des Angeklagten für das Gelingen der CumEx-Leerkaufgeschäfte im Eigenhandel der HC Bank abgegolten werden sollten. Zugleich steht fest, dass die Höhe der Zahlungen durch den gesondert Verfolgten Dr. NC nach freiem Ermessen bestimmt wurde. Dieser hat sich auf sein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO berufen und konnte durch die Kammer daher nicht zur Zusammensetzung der Sonder- und Bonuszahlungen an den Angeklagten gehört werden. Weitergehende Erkenntnismöglichkeiten standen der Kammer nicht zur Verfügung. Vielmehr haben die Einlassung des Angeklagten sowie die zeugenschaftliche Vernehmung des Zeugen HF gerade ergeben, dass keine festen Parameter für die Bezifferung der Bonus- und Sonderzahlungen durch den gesondert Verfolgten Dr. NC existierten und dass deren Zusammensetzung auch nicht schriftlich oder auf sonstige Weise aufgeschlüsselt wurde. Vor diesem Hintergrund konnte nur schätzungsweise ermittelt werden, in welchem Umfang die an den Angeklagten geleisteten Sonder- und Bonuszahlungen der Honorierung seiner Beteiligung an den verfahrensgegenständlichen Taten dienten.
1228Die Kammer ist im Rahmen der Schätzung dergestalt vorgegangen, dass sie auf Grundlage der feststehenden Sonder- und Bonuszahlungen in denjenigen Jahren, in denen seitens der HC Bank CumEx-Geschäfte nicht durchgeführt wurden (2002 bis 2005 und 2012 bis 2013), geschätzt hat, mit welcher gewöhnlichen Entwicklung der Sonderzahlungen zu rechnen gewesen wäre, wenn bei deren Bezifferung die CumEx-Geschäfte im Eigenhandel der HC Bank keine Rolle gespielt und auch im Übrigen die Arbeitsleistung des Angeklagten durch den gesondert Verfolgten Dr. NC den anderen Geschäftsjahren vergleichbar bewertet worden wäre. Anschließend hat die Kammer für die verfahrensgegenständlichen Jahre 2007 bis 2011 die jeweilige Differenz zwischen der durch den Angeklagten tatsächlich bezogenen Bonuszahlung und derjenigen Zahlung berechnet, die bei gewöhnlicher Entwicklung der Sonderzahlungen zu erwarten gewesen wäre. Das Ergebnis dieser Gegenüberstellung ist in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst:
1229für das Jahr |
Höhe der tatsächlichen Bonuszahlung |
geschätzte Höhe der Bonuszahlung bei gewöhnlicher Entwicklung |
Differenz |
2002 |
[…] Euro |
||
2003 |
[…] Euro |
||
2004 |
[…] Euro |
||
2005 |
[…] Euro |
||
2006 |
[…] Euro |
[…] Euro |
[nicht angeklagt] |
2007 |
[…] Euro |
[…] Euro |
[…] Euro |
2008 |
[…] Euro |
[…] Euro |
[…] Euro |
2009 |
[…] Euro |
[…] Euro |
[…] Euro |
2010 |
[…] Euro |
[…] Euro |
[…] Euro |
2011 |
[…] Euro |
[…] Euro |
[…] Euro |
2012 |
[…] Euro |
||
2013 |
[…] Euro |
Für die Jahre 2006 und 2007 ist die Kammer mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon ausgegangen, dass von einer vergleichbaren Steigerung der Bonuszahlungen wie in den vorangegangenen Jahren 2003 bis 2005 zu rechnen gewesen wäre. Ausgehend von den dortigen Zuwächsen von […] Euro bzw. […] Euro ist die Kammer von einem Zuwachs von […] Euro im Jahr 2006 und von […] Euro im Jahr 2007 ausgegangen. Hinsichtlich des Jahres 2008 geht die Kammer davon aus, dass aufgrund der Auswirkungen der Banken- und Wirtschaftskrise eher mit einem Rückgang der Bonus- oder Sonderzahlung zu rechnen gewesen wäre, hat aber zugunsten des Angeklagten angenommen, dass im Jahr 2008 bei gewöhnlicher Entwicklung ein identischer Bonus gezahlt worden wäre wie im Jahr 2007. Im Hinblick auf das Jahr 2009 ist die Kammer zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass bei gewöhnlicher Entwicklung wieder mit einem Anstieg des Bonus zu rechnen gewesen wäre, obgleich in diesem Zeitraum die Wirtschaftskrise noch anhielt. Hieraus ergibt sich der mit […] Euro bezifferte - fiktive - Bonus. Bei den Jahren 2010 und 2011 hat die Kammer insbesondere die hälftige Reduzierung der Arbeitszeit des Angeklagten ab Juli 2010 berücksichtigt, die bei gewöhnlicher Entwicklung der Sonderzahlungen zu einem Rückgang bereits im Jahr 2010 geführt hätte. Hieraus ergibt sich der mit […] Euro bezifferte - fiktive - Bonus. Obgleich der Angeklagte im Jahr 2011 durchgehend in Teilzeit tätig war, ist die Kammer zu seinen Gunsten davon ausgegangen, dass ein weiterer Rückgang der Bonuszahlung im Vergleich zu 2010 in diesem Jahr nicht zu verzeichnen gewesen wäre.
1231Von den so für die einzelnen Jahre ermittelten (Brutto-)Differenzbeträgen waren in einem ersten Schritt jeweils die von dem Angeklagten in Abzug gebrachten Steuern zu berücksichtigen. Hierbei hat die Kammer in jedem Jahr den damals geltenden Höchststeuersatz von insgesamt 47,475 % (einschließlich Solidaritätszuschlag) zugrunde gelegt:
1232für das Jahr |
Besteuerung |
Nettobetrag |
2007 |
[..] Euro abzüglich 47,475 % ([..] Euro) = |
[…] Euro |
2008 |
[…] Euro abzüglich 47,475 % ([…] Euro) = |
[…] Euro |
2009 |
[…] Euro abzüglich 47,475 % ([…] Euro) = |
[…] Euro |
2010 |
[…] abzüglich 47,475 % ([…] Euro) = |
[…] Euro |
2011 |
[…] Euro abzüglich 47,475 % ([…] Euro) = |
[…] Euro |
Die so ermittelten Nettobeträge bilden im Ausgangspunkt die Höchstbeträge, die an den Angeklagten für seine Beteiligung an den verfahrensgegenständlichen Taten geleistet worden sein und die infolgedessen der Einziehung unterliegen können. Bei der Bezifferung des konkreten Einziehungsbetrages war jedoch zu berücksichtigen, dass nicht aufgeklärt werden konnte, in welchem Umfang in den Jahren 2007 bis 2011 für den gesondert Verfolgten Dr. NC bei der Bemessung der an den Angeklagten geleisteten Sonder- und Bonuszahlungen auch Umstände eine Rolle gespielt haben, die mit den verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäften nicht im Zusammenhang stehen. Obgleich die Kammer - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt - keinerlei Zweifel daran hat, dass durch die Sonder- und Bonuszahlungen ganz maßgeblich der Einsatz des Angeklagten im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Aktiengeschäften honoriert werden sollte, verbleiben erhebliche Unsicherheiten, wie sich die Sonder- und Bonuszahlungen nach der Vorstellung des gesondert Verfolgten Dr. NC im Detail zusammensetzen sollten. Um sämtliche verbleibende Unsicherheiten auszuschließen, ist die Kammer unter Berücksichtigung insbesondere der weiteren festgestellten Tätigkeiten des Angeklagten zugunsten der HC Bank sowie der HC Gruppe und seiner Bereitschaft, für diese auch nach Erreichen der Altersgrenze weiterzuarbeiten, von einem größtmöglichen Sicherheitsabschlag dahingehend ausgegangen, dass nur ein Viertel der für die Jahre 2007 bis 2011 in der vorstehenden Tabelle zusammengefassten Beträge darauf zurückzuführen ist, dass die Beteiligung des Angeklagten an den CumEx-Transaktionen abgegolten werden sollte. Dass den CumEx-Transaktionen bei der Bezifferung noch geringeres Gewicht zukam, schließt die Kammer schon angesichts ihrer erheblichen Bedeutung für die Konzernjahresrendite aus.
1234Die so für die einzelnen Taten bzw. verfahrensgegenständlichen Zeiträume ermittelten Einziehungsbeträge hat die Kammer zugunsten des Angeklagten abgerundet. Dies führt zu den in der nachfolgenden Tabelle zusammengefassten Einziehungsbeträgen
1235Fall / für Jahr |
Kürzung auf ¼ |
Gerundet |
Fall 1: 2007 |
¼ von […] Euro = […] Euro |
[…] Euro |
Fall 2: 2008 |
¼ von […] Euro = […] Euro |
[…] Euro |
Fall 3: 2009 |
¼ von […] Euro = […] Euro |
[…] Euro |
Fall 4: 2010 |
¼ von […] Euro = […] Euro |
[…] Euro |
Fall 5: 2011 |
¼ von […] Euro = […] Euro |
[…] Euro |
= 100.000 Euro |
Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nach § 73 Abs. 2 StGB einziehbare Nutzungen gezogen hat, hat die Hauptverhandlung ebenso wenig ergeben wie Hinweise auf mögliche Aufwendungen, die nach § 73d Abs. 1 StGB zu einer Kürzung des Einziehungsbetrages führen könnten.
Die Einziehung ist nicht - teilweise - nach § 73e Abs. 1 StGB ausgeschlossen. Der dem durch die Tat verletzten Steuerfiskus gegen den Angeklagten nach § 71 AO zustehende Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten bzw. auf Ersatz des Wertes des Erlangten ist nicht erloschen. Soweit seitens der HC Bank bzw. der HC Gruppe Zahlungen auf die Rückforderungsbescheide erbracht wurden, können diese gegenüber dem Angeklagten schon deswegen keine Wirkung entfalten, weil die entsprechenden Bescheide zugleich im Klage- bzw. Einspruchswege angegriffen werden, wodurch zum Ausdruck gebracht worden ist, dass eine Rückforderung der geleisteten Beträge angestrebt wird. In diesem Fall ist nicht mit schuldbefreiender Wirkung geleistet und die Steuerforderung nicht nach § 47 AO erloschen (Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 166. Lieferung, § 224 Rn. 7).
1238Darauf, ob der Anspruch des Steuerfiskus gegen den Angeklagten wegen steuerrechtlicher Verjährung nach §§ 47, 232 AO erloschen ist, kommt es nach § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB - der gemäß Art. 316j Nr. 1 EGStGB zur Anwendung gelangt - nicht an. Abgesehen hiervon endet die zehnjährige Festsetzungsfrist des § 191 Abs. 3 Satz 2 AO nach § 191 Abs. 3 Satz 1 AO i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2, § 171 Abs. 7 AO aber ohnehin nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat verjährt ist. Auf eine etwaige Verjährung der Ansprüche gegen die HC Gruppe kann sich der Angeklagte aufgrund der von § 191 Abs. 5 Satz 2 AO angeordneten Durchbrechung der Akzessorietät seiner Haftung nicht berufen.
1239Auch ein sonstiger Ausschlusstatbestand nach § 73e StGB ist nicht verwirklicht.
Der Angeklagte haftet hinsichtlich des gesamten Einziehungsbetrages gesamtschuldnerisch. Eine Gesamtschuld besteht insbesondere dann, wenn mehrere Tatbeteiligte und/oder Einziehungsadressaten Mitverfügungsgewalt über den Tatertrag erlangen oder wenn zunächst nur ein Tatbeteiligter oder Einziehungsadressat Verfügungsgewalt hat, dieser dann jedoch auch anderen Tatbeteiligten und/oder Einziehungsadressaten Verfügungsgewalt über Teile des Tatertrages verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2010 - 4 StR 215/10, juris Rn. 8, 18; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 669). Durch die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung soll gewährleistet werden, dass den Tat- bzw. Dritteinziehungsbeteiligten das aus der Tat Erlangte entzogen wird, ohne dass dies mehrfach erfolgt (BGH, Urteil vom 07.06.2018 - 4 StR 63/18, juris Rn. 16).
1241Nach dem Vorstehenden besteht hinsichtlich des gesamten Einziehungsbetrages eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten. Die an ihn geleisteten Sonder- und Bonuszahlungen wurden durch den gesondert Verfolgten Dr. NC zum Zwecke der Honorierung der Beteiligung des Angeklagten an der Planung und Umsetzung der verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäfte und unter Berücksichtigung der - auf Grundlage der im Zeitpunkt der Bonus- und Sonderzahlungen vorliegenden Steuerbescheinigungen der Höhe nach bereits ausrechenbaren - Steueranrechnungsbeträge beziffert. Im Ergebnis sollte der Angeklagte durch die Zahlungen daher wirtschaftlich an den von der HC Gruppe noch zu vereinnahmenden Steuervorteilen beteiligt werden. Diese Steuervorteile wurden durch die HC Gruppe in vollem Umfang vereinnahmt und unterliegen bei dieser der Einziehung nach § 73b StGB. Dem Umstand, dass die § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB unterfallenden Einziehungsbeträge beim Angeklagten seine Beteiligung an diesen zu Unrecht gewährten Steuervorteilen abbilden, ist durch Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung Rechnung zu tragen.
1242Der Anordnung der Gesamtschuld steht nicht entgegen, dass der Angeklagte Zahlungen noch vor Einreichung der jeweiligen Steuererklärungen der HC Gruppe und damit im Vorbereitungsstadium erlangt hat. Denn eine Profitbeteiligung, die eine gesamtschuldnerische Haftung nach sich zieht, kann bereits im Vorfeld der Tatbegehung stattfinden, wenn sie im Hinblick auf antizipierte Erträge aus der künftigen Straftatbegehung gewährt wird und die Erträge zu einem späteren Zeitpunkt bei einem anderen potenziellen Einziehungsadressaten in vollem Umfang anfallen und daher bei diesem uneingeschränkt der Einziehung unterliegen können. So liegt es hier, da sämtliche an den Angeklagten geleisteten Bonus- und Sonderzahlungen im Ergebnis den Profit der HC Gruppe aus den verfahrensgegenständlichen Geschäften schmälerten. Gleichwohl fielen die im Wege der Steueranrechnung zu Unrecht gewährten Steuervorteile vollumfänglich bei der HC Gruppe an, so dass dieser gegenüber unter den Voraussetzungen des § 73b StGB eine uneingeschränkte Einziehungsanordnung in Betracht kommt.
1243Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang ferner, dass der Angeklagte die Einziehungsgegenstände „für“ die Tat erlangt hat, wohingegen sie die HC Gruppe „durch“ die Tat erlangt haben kann. Gerade in Fällen, in denen eine Gesellschaft im Sinne des § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB „durch“ die Tat Vermögenswerte erlangt und einen Täter oder Teilnehmer an diesen profitieren lässt, so dass gegenüber diesem die Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB eröffnet sein kann, ist eine gesamtschuldnerische Haftung anzuordnen, um zu gewährleisten, dass das aus der Tat Erlangte nicht mehrfach eingezogen wird (im Ergebnis BGH, Urteil vom 28.11.2019 - 3 StR 294/19, juris Rn. 5 ff., 45). Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Angeklagte die Bonus- bzw. Sonderzahlungen auch dann vereinnahmt hätte, wenn es im Folgenden infolge der Steuererklärungen nicht zu Steueranrechnungen zu Gunsten der HC Gruppe gekommen, die Taten mithin im Versuchsstadium stecken geblieben wären. Denn in dieser Konstellation hat kein anderer etwas in Gestalt eines zu Unrecht gewährten Steuervorteils erlangt, so dass sich bezüglich dieses Dritten die Frage nach einer gesamtschuldnerischen Haftung von vornherein nicht stellen kann.
1244Der Name des Gesamtschuldners bzw. der Gesamtschuldner brauchte nicht angegeben zu werden (BGH, Urteil vom 07.06.2018 - 4 StR 63/18, juris Rn. 16).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO.
1246Die Kammer hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 08.05.2021 das Verfahren hinsichtlich der Fonds-Fälle (Fälle 4 bis 11 der Anklage vom 27.05.2020) gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt. In diesem Beschluss ist bereits angeordnet, dass die auf diese Fälle entfallenden ausscheidbaren notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt werden.