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Die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet.
Dem Beschuldigten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sein Führerschein wird eingezogen. Vor Ablauf eines Jahres darf die Verwaltungsbehörde ihm keine neue Fahrerlaubnis erteilen.
Der Beschuldigte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften:
§§ 20, 63, 69, 69 a StGB
G r ü n d e :
2A.
3I.
4Feststellungen zur Person
5( diverse Angaben zum Lebenslauf des Beschuldigten )
6( weitere Angaben zum Lebenslauf des Beschuldigten )
7Der Beschuldigte leidet unter einer chronifizierten paranoid – halluzinatorischen Schizophrenie (ICD-10: F 20.0), die in akut psychotischen Phasen mit einem systematisierten Wahn, gekennzeichnet durch Verfolgungs-, Beeinflussungs- und Beeinträchtigungserleben, Größenwahn sowie Wahrnehmungsstörungen in Form von optischen und akustischen Halluzinationen einhergeht. Im Rahmen seiner psychotischen Schübe kommt es zu Sinnestäuschungen gepaart mit schweren suizidalen Impulsen, wobei das Wahnsystem eine große, handlungsrelevante Dynamik entwickelt. In diesem Zusammenhang spielen imperative Stimmen eine Rolle, welche ihm für ihn zwingende Handlungsanweisungen erteilen. Die Erkrankung löst deshalb im Rahmen psychotischer Schübe vor allem einen von den halluzinierten Stimmen determinierten, starken Suizidwunsch aus, welcher in seiner Umsetzung eine Gefahr für andere Menschen mit sich bringen kann. So beabsichtigte der Beschuldigte in einer akut psychotischen Episode vor etwa zwanzig Jahren im Wege des erweiterten Suizids sich und seinen einjährigen Sohn durch einen Sprung aus dem Fenster als Folge der halluzinierten Suizidbefehle zu töten. Auslöser dieses psychotischen Schubs war empfundener starker Stress aufgrund wirtschaftlicher Not in einer Phase der Arbeitslosigkeit. Eine weitere akut psychotische Episode war Hintergrund der Vorfälle im Jahre 2012, die Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht E - ## KLs ##/14 - wegen u.a. versuchter schwerer Brandstiftung waren und die im Folgenden noch darzustellen sein werden, welche ebenfalls mit der potentiellen Gefährdung anderer Menschen einhergingen. Antrieb war insoweit ebenfalls ein starker Selbsttötungswunsch ausgelöst durch akustische Halluzinationen in Form von handlungsleitenden Stimmen. Die Erkrankung hat zeitweise gleichfalls depressive Symptome zur Folge. Auch der Tod seiner Mutter vor etwa zehn Jahren löste bei dem Beschuldigten eine tiefe Traurigkeit, erneut akute suizidale Gedankengänge und eine bis gegenwärtig bestehende, depressive Stimmung aus.
8Der Beschuldigte ist trotz antipsychotischer Medikation in der Unterbringung formalgedanklich verlangsamt, teils vorbeiredend und umständlich und zeigt sich affektiv depressiv verstimmt. Durch die Gabe der antipsychotischen Medikation konnte hingegen eine teilweise Entaktualisierung der schweren Wahnphänomene und Halluzinationen im Tatzeitraum, welche noch darzustellen sein werden, bewirkt werden. Der Beschuldigte begab sich in der Vergangenheit jeweils anlässlich der beiden akuten Episoden auf den T in stationäre „Reha“- Behandlung seiner psychischen Erkrankung. Die während der stationären Behandlungen ärztlicherseits verschriebenen antipsychotischen Medikamente zur Behandlung seiner paranoiden Schizophrenie (Aripiprazol) setzte der Beschuldigte nach seiner Rückkehr nach Deutschland nach Verbesserung seiner Krankheitssymptome jeweils selbständig wieder ab, da ihm eine Krankheitseinsicht fehlt.
9Der Beschuldigte leidet des Weiteren körperlich unter Diabetes mellitus Typ II, welcher medikamentös nur schlecht eingestellt ist, da er aus Angst vor Spritzen nur unregelmäßig Insulin spritzt. Ferner leidet der Beschuldigte an einer beginnenden, unbehandelten Herzinsuffizienz.
10Der Beschuldigte konsumiert seit etwa zehn Jahren regelmäßig, in unterschiedlichen Intervallen von einmal monatlich bis einmal wöchentlich Metamphetamine (Crystal Meth) inhalativ. In akut psychotischen Phasen erfolgt der Metamphetaminkonsum auch, um die Sinnestäuschungen im Sinne einer dysfunktionalen Eigenbehandlung zu unterdrücken. Da die Metamphetamine jedoch als Katalysator für psychotisches Erleben wirken, kommt es zu einem problematischen Wechselspiel von psychotischer Erkrankung und Suchtmittelkonsum.
11Der Beschuldigte erwarb etwa im Jahre 1988 den Führerschein der Fahrerlaubnisklassen zwei und drei.
12Der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten v. 29.06.2020 weist keine Eintragungen auf. In einem Verfahren vor dem Landgericht E – ## KLs ##/14 (### Js ###/##) – wurde er mit Urteil vom 06.02.2015 wegen Schuldunfähigkeit bei der Tatbegehung freigesprochen. Dem Urteil lagen folgende Feststellungen zugrunde:
13„Der Angeklagte litt trotz der stationären Behandlung seiner psychischen Erkrankung in der Heimat – wie erörtert – noch zu Beginn des Jahres 2012 unter psychischen Problemen, die sich in Angstzuständen sowie der Wahrnehmung nicht vorhandener Stimmen und Visionen manifestierten. Die Familienangehörigen des Angeklagten stellten eine Veränderung seiner Persönlichkeit fest.
14Am Abend des ##.##.2012 konsumierte der Angeklagte Alkohol und traf sich mit zwei Landsleuten mit Namen S und D. Zu dritt begaben sie sich in die – unweit der Wohnung des Angeklagten in der Ier Fußgängerzone gelegene – Spielhalle „N“. Dort kam es zu einer Auseinandersetzung, im Zuge derer die Abdeckscheibe einer Musikbox beschädigt wurde. Aufgrund dessen rief ein Angestellter der Spielhalle kurz nach Mitternacht die Polizei. Während die Zeugen C und J den entsprechenden Einsatzbefehl erhielten und sich auf dem Weg zur Spielhallte machten, verließen der Angeklagte und seine Begleiter die Spielhalle und begaben sich in Richtung des – weniger als 100 Meter entfernt gelegenen – Hauses Y-Straße in I, einem mehrstöckigen Geschäfts- und Wohnhaus, in dem der Angeklagte seine Wohnung hat. Als die beiden Polizeibeamten gegen 24.00 Uhr in der Fußgängerzone eintrafen, erblickten sie den Angeklagten und seine Begleiter und gingen auf die drei Personen zu, um deren Personalien festzuhalten.
15Unterdessen entfernte sich der Angeklagte aus der Gruppe und ging in sein Wohnhaus. Noch während die beiden Polizeibeamten die Personalien der Begleiter des Angeklagten aufnahmen, kehrte der Angeklagte mit einer Trittleiter aus seinem Wohnhaus zurück. Er ging mit einer Drohgebärde auf die Beamten zu, woraufhin der Zeuge J Pfefferspray in Richtung des Angeklagten sprühte. Dieser zeigte hierauf jedoch kaum eine Reaktion – außer stark geröteten Augen. Allerdings begab sich der Angeklagte anschließend zurück in sein Wohnhaus. Daraufhin forderten die Zeugen C und J Kollegen der Eer Wache zur Verstärkung an. Aufgrund dessen erhielten die Zeugen W, A und V einen Einsatzbefehl „Raubüberfall auf eine Spielhallte in I“. Kurz vor ihrem Eintreffen an den Tatörtlichkeiten erhielten sie dann eine Korrektur ihres Einsatzbefehls, wonach es sich um eine Widerstandsleistung handele. Die Beamten forderten aufgrund dessen Verstärkung durch die Feuerwehr an. Zunächst trafen die Zeugen W und A vor Ort ein. Während der Zeuge J weiterhin vor der Haustür verharrte, weil er sich aufgrund seines vorangegangenen Einsatzes des Pfeffersprays selbst noch beeinträchtigt fühlte, begaben sich die Zeugen A, W und C in der genannten Reihenfolge in das Geschäfts- und Mehrfamilienhaus Y-Straße.
16Die Beamten folgten dem Angeklagten durch das schmale Treppenhaus, das zu einzelnen, offenen Wohneinheiten führt. Noch bevor sie den Angeklagten, dessen Wohnung sich im dritten Stock befindet, treppauf einholen und zur Rede stellen konnten, ergriff dieser einen Benzinkanister. Obwohl sich zur Tatzeit unter anderem seine Lebensgefährtin und sein jüngster Sohn in der Wohnung im dritten Stock aufhielten, goss der Angeklagte Benzin in Richtung der Beamten die hölzerne, teils mit Teppich beklebte Treppe hinab. Bereits kurz darauf entzündete er das Benzin mit einem Feuerzeug. Der Zeuge A, der unterhalb des Angeklagten auf einem Treppenabsatz stand, sprang beiseite, lief in ein angrenzendes Badezimmer, füllte ein Behältnis mit Wasser und löschte den Brand. Dennoch verblieben Brandspuren auf dem Teppich und einem Teil des Treppengeländers. Kurz nach dem Löschen des Feuers traf auch der Nebenkläger vor Ort ein. Ungefähr zur selben Zeit zog sich der Angeklagte in seine Wohnung zurück. Ihm folgte der Zeuge A, der wegen der vorangegangenen Geschehnisse seine Dienstwaffe im Anschlag hielt.
17Die Zeugen A und der Nebenkläger begaben sich in die Wohnung des Angeklagten, wobei der Zeuge C ihnen mit einem Feuerlöscher folgte, um eine etwaige weitere Brandattacke des Angeklagten abzuwehren. Sie trafen den Angeklagten in seiner Küche an. Als sich die Beamten daran machten, den Angeklagten vorläufig festzunehmen, sträubte er sich mit aller Kraft hiergegen. Es gelang den Beamten daher vorerst nicht, dem Angeklagten Handschellen anzulegen. Aufgrund dessen setzten die Beamten körperliche Gewalt ein, gegen die sich der Angeklagte durch mehrere Schläge zur Wehr setzte. Mit einem seiner Schläge traf der Angeklagte die Brille des Nebenklägers, die aufgrund dessen zu Boden fiel und verkratzte.
18Als die Beamten den Angeklagten unter Anwendung weiterer Gewalt zu Boden brachten, um ihn fesseln zu könne, fiel der Nebenkläger auf die Knie, so dass er sich Hämatome beider Knie sowie einen Kratzer am Unterschenkel zuzog.
19Der Nebenkläger versetzte dem Angeklagten mehrere Schläge ins Gesicht, aufgrund derer der Angeklagte unter anderem eine Nasenbeinfraktur, ein Monokelhämatom sowie zahlreiche Prellungen und Schürfungen im Gesichtsbereich erlitt. Er wurde nach erfolgter Fesselung von einem seitens der vor Ort eingesetzten Beamten herbeigerufenen Krankenwagen in das Waldkrankenhaus gebracht und dort versorgt.
20Eine dem Angeklagten am ##.##.2012 um 2.30 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 0,56 Promille.
21Im Anschluss an die verfahrensgegenständlichen Vorfälle begab sich der Angeklagte erneut in seine Heimat, um sich einer weiteren stationären Behandlung seiner psychischen Erkrankung zu unterziehen. Nach seiner Entlassung aus der renommierten Klinik in seinem Heimatland am ##.##.2014 nahm er noch über einen geraumen Zeitraum Medikamente ein, die der Angeklagte einige Zeit später absetzte, Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung verspürt der Angeklagte auch ohne Medikamenteneinnahme – trotz der emotionalen Belastungen durch das Strafverfahren sowie die schwerwiegende Erkrankung seiner Lebensgefährtin – keine Krankheitssymptome mehr.
22II.
23Bei der Tatbegehung war die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten aufgrund seiner Erkrankung an paranoider Schizophrenie aufgehoben.“
24Zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB führte das Landgericht E damals aus:
25„Beim Angeklagten ist eine entsprechende Prognose jedoch nicht zu stellen. Es kann zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht mehr erwartet werden, dass er weitere krankheitsbedingte Straftaten begeht, da er auch ohne medikamentöse Behandlung und trotz belastender Umstände (Erwartung des Strafverfahrens und Krankheit der Lebensgefährtin) seit geraumer Zeit symptomfrei lebt und insofern als geheilt betrachtet werden kann. Plausibel ist dieser beim Angeklagten zu verzeichnende – günstige – Krankheitsverlauf vor dem Hintergrund, dass seine psychische Erkrankung durch den Konsum der Droge „Crystal Meth“ hervorgerufen worden war. Diese bewirkt hirnorganische Veränderungen, die jedoch reversibel sind und beim Angeklagten aufgrund seiner Drogenabstinenz und seiner erfolgreichen medizinischen Behandlung rückgängig gemacht werden konnte. Da seine – in der Vergangenheit bestehende – psychische Erkrankung zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht fortdauert, ist nicht zu prognostizieren, dass vom Angeklagten in Zukunft weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind.“
26II.
271.
28Vorgeschichte
29Am Abend des ##.##.2020 begann der Beschuldigte erneut, auf Halluzinationen beruhende, imperative Stimmen und Schatten wahrzunehmen. Dieser akut psychotische Zustand dauerte die gesamte Nacht und den Folgetag, den ##.##.2020, an. Der Beschuldigte verspürte einen starken Wunsch zu sterben. Auch die Stimmen in seinem Kopf befahlen ihm, sich zu töten. Er konsumierte gegen Mittag inhalativ etwa eine Fingerspitze Crystal Meth, um sich zu entspannen und seine Gedanken zu beruhigen, was nicht gelang. Der Beschuldigte begab sich am Abend zu seinem schwarzen PKW WX $#, amtliches Kennzeichen $$-&& ###, und fasste den Entschluss, auf die Bundesautobahn zu fahren um sich mittels eines absichtlich herbeigeführten Verkehrsunfalles zu töten. Auf dem Weg zur Bundesautobahn befahlen ihm die halluzinierten Stimmen jedoch, stattdessen das Gebäude der Vereinten Nationen in E aufzusuchen, anzuzünden, abzubrennen und selbst im Feuer zu sterben. Der Beschuldigte glaubte wahnhaft und realitätsverkennend, die Vereinten Nationen hätten Menschen – u.a. „RZ, den Griechen“ – getötet, dessen Mord er rächen solle. Er begriff sich in seinem akut psychotischen Erleben als Rächer von - in seiner Wahrnehmung - durch die Vereinten Nationen begangenen Menschenrechtsverletzungen, welche er hauptursächlich für die Kriege in der Welt verantwortlich macht. Hiervon sei - nach Ansicht des Beschuldigten - auch die Bundesrepublik Deutschland betroffen, da die aufgrund des Krieges geflüchteten Syrer die Bundesrepublik zerstören würden. Der Beschuldigte fühlte sich am Tattag in seinem krankheitsbedingt realitätsverkennenden Erleben ferner von einer freien evangelischen Kirchengemeinde namens „BG“ in E verfolgt, welche seine Gedanken steuere und ihm Befehle erteile. Zudem sah er sich in seinem bizarren Wahn selbst als Gottheit an.
302.
31Tat v. ##.##.2020 – ca. 19.00 Uhr
32Gegen 19.00 Uhr fuhr der Beschuldigte entsprechend der Befehle der halluzinierten Stimmen, denen er sich krankheitsbedingt nicht wiedersetzen konnte, zum mehrstöckigen Gebäude der KL, X-Straße in E, das er fälschlicherweise für ein Gebäude der Vereinten Nationen hielt, welches sich tatsächlich jedoch auf dem Nachbargrundstück befindet. Dort stellte er sein Fahrzeug ab. Aus dem Auto nahm er einen schwarzen, mit Benzin gefüllten Reservekanister mit fünf Litern Fassungsvermögen sowie eine Rolle Toilettenpapier, die er zum Reinigen von Fenstern und Flächen im Fahrzeug aufbewahrte. Er ging hiermit auf den Haupteingang des Gebäudes zu, um dieses in Brand zu stecken. Hierzu führte er eine gefüllte Packung Streichhölzer und ein funktionstüchtiges Feuerzeug mit sich. Unmittelbar vor der zweiflügeligen, gläsernen rechten Eingangsschiebetüre des Gebäudes glitt dem Beschuldigte der geöffnete Benzinkanister aus der Hand und fiel auf den Boden. Sofort hob er den Benzinkanister auf, verschüttete eilig vor dem Eingangsbereich einen Teil des Benzins, wickelte das Toilettenpapier ab und legte den abgewickelten Toilettenpapierstreifen in mehreren Bahnen in die Benzinlache. Mehrfach versuchte der Beschuldigte vergeblich, mit Streichhölzern das Toilettenpapier in Brand zu stecken, die Streichholzflamme erlosch jedoch jedes Mal unmittelbar nach dem Entzünden. Das derart entfachte Feuer sollte nach der Vorstellung des Beschuldigten im Folgenden auf das Gebäude übergreifen und dieses niederbrennen. Währenddessen wurde er von dem Zeugen B, einem Redakteur in der persischen Redaktion der KL, der während seiner Spätschicht vor der Eingangstüre in unmittelbarer Nähe eine Raucherpause machte, beobachtet. Er rief dem Beschuldigten zu: „Was machen Sie denn da?“, woraufhin dieser dem Zeugen zu verstehen gab, er solle weggehen. Der Zeuge B lief ins Gebäude der KL und verständigte aufgeregt einen Sicherheitsdienstmitarbeiter, den Zeugen F. Beide Zeugen beobachteten von innen den Beschuldigten durch den gläsernen, beleuchteten Eingangsbereich. Hiervon fühlte sich der Beschuldigte in seinem Tun gestört. Der Zeuge F entfernte sich, um fernmündlich die Polizei zu verständigen, während der Zeuge B den Beschuldigten weiterhin beobachtete. Das ausgebrachte Benzin lief, da die Schiebetüren des Gebäudes im Übergang zum Fußboden ein sichtbares Spaltmaß von mehreren Millimetern aufweisen, wie vom Beschuldigten zumindest billigend in Kauf genommen, teilweise in den als Schleuse ausgestalteten Eingangsbereich des Gebäudes. Dort wurde es von ausliegenden, von außen sichtbaren Schmutzfangmatten aus Kokosfasern aufgesogen. Der Untergrund der Eingangsschleuse ist auf einer Fläche von ca. 70 qm mit diesen brennbaren Kokosschmutzfangmatten ausgelegt. Ferner befinden sich mehrere Bänke mit aus hölzernen Latten bestehenden Sitzflächen innerhalb des gläsernen Eingangsbereiches. Die Wände und Decken bestehen größtenteils aus nicht brennbaren Baustoffen wie Glas und Stahl. Wegen der weiteren Einzelheiten der räumlichen Beschaffenheit des Eingangsbereiches des Gebäudes wird gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf die Lichtbilder Bl. ## – ## d. A. Bezug genommen.
33Der Beschuldigte nahm bei seinen Anzündversuchen zumindest billigend in Kauf, dass eine Entzündung des benzingetränkten Toilettenpapiers das Inbrandsetzen der Kokosmatten durch das über den Türspalt aufgesogene Benzin sowie der hölzernen Sitzbänke innerhalb der Eingangsschleuse zur Folge gehabt hätte. Er nahm weiterhin billigend in Kauf, dass die hierbei entstehende Hitze in kürzerer Zeit die Zerstörung der Glaswände und - türen sowie durch Rauch- und Rußausbreitung Schäden im Eingangsbereich des Gebäudes hätten verursachen können. In dem Gebäude der KL waren zu dieser Zeit mehrere Personen anwesend, da Mitarbeiter der KL dort zu allen Zeiten arbeiten, wie der Beschuldigte aufgrund der Gebäudebeleuchtung und der wahrgenommenen Zeugen bemerkt hatte und bei der Verwirklichung seines Ziels, der Inbrandsetzung eines Gebäudes der Vereinten Nationen, billigend in Kauf nahm. Nachdem die Anzündversuche gescheitert waren, sah der Beschuldigte aufgrund der Anwesenheit der Zeugen F und B zunächst keine Möglichkeit mehr, das Gebäude in Brand zu setzen und fuhr mit seinem Wagen davon.
343.
35Tat v. ##.##.2020 – ca. 21.30 Uhr
36Gegen 21.30 Uhr fuhr der Beschuldigte, der sich weiterhin in dem dargestellten akut psychotischen Zustand befand, erneut mit seinem Fahrzeug zum Gebäude der KL zurück, um seinem gescheiterten Brand- und Suizidversuch entsprechend der Befehle der halluzinierten Stimmen nochmals zum Erfolg zu verhelfen. Nachdem er ausgestiegen war, näherte er sich wieder mit einem gefüllten Benzinkanister in der Hand dem Eingangsbereich des Gebäudes. Dort wurde er von der zwischenzeitlich über den vorherigen Vorfall informierten Zeugin H, der Bereichsleiterin der KL u.a. für Sicherheit, und dem Zeugen R, einem Mitarbeiter der Dienstleistungsfirma für Sicherheitstechnik, wahrgenommen. Als die Zeugen ihn als vorherigen Brandstifter erkannt hatten, liefen sie in Richtung des Beschuldigten und sprachen ihn lautstark an, woraufhin dieser zu seinem Fahrzeug zurückwich. Aus dem Wagen holte er einen „Hammer“, an dessen Kopf er ähnlich einem „Zimmermannshammer“ mittels durchsichtigem Klebeband ein spitzes Messer befestigt hatte. Mit dem derart präparierten Hammer aufrecht in der über Kopfhöhe erhobenen Hand ging der Beschuldigte einige Schritte auf die Zeugen zu, wobei die Messerspitze in ihre Richtung zeigte und er etwas Unverständliches äußerte. Er befand sich hierbei ca. drei bis fünf Meter von den Zeugen entfernt. Die verängstigten Zeugen, welche sich - wie der Beschuldigte bezweckte - ernsthaft bedroht sahen, wichen in das Gebäude zurück. Auf dem Rückweg gelang es dem Zeugen R ein Lichtbild von dem Beschuldigten und der Zeugin H zwei Lichtbilder von seinem Fahrzeug und Autokennzeichen zu fertigen. Der sich wiederum gestört fühlende Beschuldigte verließ daraufhin die Tatörtlichkeit, stieg in sein Fahrzeug und fuhr davon.
374.
38Tat v. ##.##.2020 – ca. 22.00 Uhr
39Im Rahmen der unmittelbar im Anschluss in die Wege geleiteten polizeilichen Fahndungsmaßnahmen postierten sich die Zeugen K und G in ihrem Streifenwagen in der Nähe der Anschrift des Beschuldigten, die als Halteranschrift über das Autokennzeichen ermittelt worden war, in I in einer Parkgaragenausfahrt an einem Kino. Als der Beschuldigte sich in seinem Fahrzeug näherte, nahmen die Polizeibeamten die Verfolgung auf. Während der Beschuldigte an der rotlichtzeigenden Lichtzeichenanlage Q str und O-Straße anhielt, lenkten die Polizeibeamten ihren Streifenwagen schräg vor die Fahrzeugfront seines Fahrzeuges um ihn an einer Weiterfahrt zu hindern. Die Polizeibeamten gingen zur Fahrer- bzw. Beifahrerseite und forderten den Beschuldigten erfolglos auf, den Motor abzustellen und eine Fahrzeugtüre zu öffnen. Eigene Versuche der Polizeibeamten, eine Türe zu öffnen, scheiterten an deren Verriegelung. Der Beschuldigte zeigte sich hierbei äußerlich nahezu regungslos. In seinem wahnhaften Binnenerleben vernahm der Beschuldigte unterdessen weiterhin halluzinierend Stimmen, die ihm nunmehr geboten, vor den Polizeibeamten zu flüchten um im Rahmen einer Verfolgungsjagd entsprechend seinem Todeswunsch von diesen erschossen zu werden. Alternativ beabsichtigte er, sollte er im Folgenden von Polizeibeamten gestellt werden, diese durch einen Angriff mit dem präparierten Hammer zu seiner Erschießung zu bestimmen. Den „Befehlen“ der Stimmen konnte er sich störungsbedingt nicht widersetzen. Aus diesem Grunde umfuhr der Beschuldigte plötzlich und stark beschleunigend den Streifenwagen und fuhr linksabbiegend auf die TSer Straße davon. Die Kammer konnte keine Feststellungen dazu treffen, ob zu diesem Zeitpunkt diese Lichtzeichenanlage noch Rotlicht zeigte. Die beiden Polizeibeamten nahmen wiederum die Verfolgung auf und meldeten fortan Standortbestimmungen an ihre Einsatzleitstelle, die weitere Streifenwagen alarmierte.
40Der Beschuldigte fuhr im weiteren Verlauf der Verfolgungsfahrt zunächst unter vorschriftswidriger Überquerung einer durchgezogenen Fahrbahnlinie auf die Q-Straße und missachtete bewusst im Folgenden mit unangepassten Geschwindigkeiten von ca. 60 – 90 km/h insgesamt sechs rotlichtzeigende Lichtzeichenanlagen, wobei er die jeweiligen Verkehrsverstöße zur Erreichung seines Zieles, Fortführung der Polizeijagd in Suizidabsicht, jeweils zumindest billigend in Kauf nahm. Die Rotlichtverstöße ereigneten sich an der Einmündung Y-Straße / Q-Straße, an der Einmündung Q-Straße / Eer Straße, an der Einmündung zur Unterführung I Allee / Eer Straße sowie an der Kreuzung Bundesstraße (B) 9 / P-Straße, ferner an zwei rotlichtzeigenden Lichtzeichenanlagen an der Kreuzung I Allee / H innerorts in E. Auf der B 9 beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 70 km/h. An den Einmündungen Q Str zur Eer Straße sowie an der Kreuzung B 9 / P-Straße mussten jeweils zwei von links, d.h. aus der Eer Straße bzw. P-Straße kommende, vorfahrtsberechtigte Fahrzeuge und an den beiden Lichtzeichenanlagen der Kreuzung Ier Allee/ H jeweils ein weiteres von links kommendes, vorfahrtsberechtigtes Fahrzeug zur Vermeidung einer Kollision mit dem Beschuldigtenfahrzeug sehr stark abbremsen, was der Beschuldigte bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen und durch angepasste Fahrweise hätte vermeiden können. Eine Kollision mit dem mit einer Geschwindigkeit von ca. 60-90 km/h fahrenden Fahrzeug des Beschuldigten hätte an den sechs vorfahrtsberechtigten Fahrzeugen einen erheblichen Gesamtsachschaden von insgesamt mindestens ca. 1.000,- € verursachen können, dessen Nichteintritt dem Zufall und der geistesgegenwärtigen Reaktion der anderen Verkehrsteilnehmer geschuldet war. Auch dies hätte der Beschuldigte bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt erkennen und durch angepasste Fahrweise vermeiden können. Während der gesamten Fahrt auf der B 9 wechselte der Beschuldigte wiederholt die Fahrstreifen um sowohl links als auch rechts andere Fahrzeuge zu überholen. Kurz vor der Einmündung ZX Straße, wo ein mit eingeschaltetem Blaulicht stehender Streifenwagen postiert war, fuhr der Beschuldigte schließlich rechts auf den Gehweg und stoppte sein Fahrzeug. Die beiden Zeugen K und G stellten sich mit ihrem Streifenwagen vor das Fahrzeug des Beschuldigten. Weitere Streifenwagen hielten hinter dem PKW des Beschuldigten an. Etwa acht Polizeibeamte umstellten mit gezogener Dienstwaffe bzw. mit Multifunktionsstöcken bewaffnet das Fahrzeug des Beschuldigten und forderten ihn auf, die Türe zu öffnen und auszusteigen. Der Beschuldigte öffnete die Fahrertüre, blieb jedoch sitzen. Er öffnete eine Getränkedose mit einem Energydrink und trank daraus. Da die Polizeibeamten den präparierten Hammer auf dem Beifahrersitz griffbereit liegen sahen und der Beschuldigte ihren Aufforderungen nicht nachkam, schlug der Zeuge K zur Ablenkung dem Beschuldigten mit der Faust ins Gesicht um diesen unter Ausnutzung des Überraschungsmomentes aus dem Fahrzeug ziehen zu können, was auch gelang. Der Beschuldigte ließ sich daraufhin widerstandslos festnehmen.
415.
42Während des gesamten Tatgeschehens war die Fähigkeit des Beschuldigten, das Unrecht der Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, aufgrund seiner Erkrankung an paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie im Sinne des § 20 StGB vollständig aufgehoben.
436.
44Nachtatgeschehen
45Die Polizeibeamten führten den Beschuldigten im unmittelbaren Anschluss dem Polizeigewahrsam zu, sein Fahrzeug PKW WX $ # wurde sichergestellt. Ein mit einem Dräger Alcotest 6510 durchgeführter Atemalkoholtest verlief negativ. Ein Drogenvortest - Secure Drugwipe – war positiv auf Amphetamin / Metamphetamin. Eine am ##.##.2020 um 23:45 Uhr bei dem Beschuldigten durchgeführte Blutzuckermessung ergab einen hyperglykämischen Blutzuckerwert von 563 mg%, weswegen er für eine Nacht in das RQ Krankenhaus in E zur stationären Behandlung aufgenommen wurde. Auf Antrag des Ordnungsamtes der Stadt E vom 17.02.2020 erließ das Amtsgericht E am ##.##.2020 im Wege der einstweiligen Anordnung einen Unterbringungsbeschluss wegen akuter Eigen- und Fremdgefährdung auf der Grundlage des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG), woraufhin der Beschuldigte in der GZ- Klinik in E in einem geschützt-stationären allgemeinpsychiatrischen Setting untergebracht wurde. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft E erließ das Amtsgericht E am ##.##.2020 – ## Gs ###/20 – einen einstweiligen Unterbringungsbefehl gemäß § 126 a StPO gegen den Beschuldigten, welcher ihm am ##.##.2020 verkündet wurde. Daraufhin wurde der Beschuldigte innerhalb der GZ -Klinik E in die Klinik für Forensische Psychiatrie verlegt, wo er sich seitdem befindet. Unter dem 14.07.2020 genehmigte die Kammer von Fachpersonal begleitete Ausgänge des Betroffenen auf dem Klinikgelände.
46Mit Beschluss des Amtsgerichts E vom 19.03.2020 (### Gs ##/20 (### Js ##/20)) wurde dem Beschuldigten gemäß § 111 a StPO die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen und der Führerschein, der bereits am Abend des ##.##.2020 polizeilich sichergestellt worden war, beschlagnahmt.
47B.
48Beweiswürdigung
49I.
501.
51Die unter A. I. getroffenen Feststellungen zur Person des Beschuldigten und seinem Werdegang beruhen auf der eigenen Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und den Angaben, die er nach den glaubhaften Bekundungen der Sachverständigen Dr. med. VZ im Rahmen der Exploration getätigt hat, sowie auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden, wie dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist.
522.
53Die Feststellungen der Kammer zur psychischen Verfassung des Beschuldigten und dem Vorliegen einer paranoid – halluzinatorischen Schizophrenie (ICD-10: F 20.0) beruhen auf der eigenen, geständigen Einlassung des Beschuldigten sowie aus den überzeugenden gutachterlichen Ausführungen der Sachverständigen Dr. med. VZ und den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden, wie dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Im Einzelnen:
54Der Beschuldigte hat der Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung seine Suizidgedanken, seine depressive Verstimmung und sein wahnhaftes Binnenerleben in den akut psychotischen Phasen, die Hintergrund des erweiterten Suizidversuches mit seinem Sohn und der Geschehnisse, die Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht E – ## KLs ##/14 (### Js ###/12) – sowie des hier in Rede stehenden Tatgeschehens und Tatvorgeschehens waren, eingehend wie festgestellt geschildert. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür, an der Glaubhaftigkeit dieser Einlassung zu zweifeln. Zu seinem Krankheitsbild als solchen und dessen diagnostischer Einordnung konnte der Beschuldigte selbst keine Angaben machen.
55Die Sachverständige Dr. med. VZ, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, hat den Beschuldigten am ##.##.2020 und ##.##.2020 exploriert. Ferner hat sie die ihr zur Verfügung gestellte Verfahrensakte sowie die Krankenakte über die stationäre Unterbringung des Betroffenen in der GZ-Klinik vom ##.##.2020 bis ##.##.2020 sowie seit dem ##.##.2020 ausgewertet. Sie hat ihr Gutachten auf die Erkenntnisse der laufenden Hauptverhandlung gestützt. Auf dieser Grundlage hat die Sachverständige Dr. med. VZ nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass der Beschuldigte seit vielen Jahren an einer chronifizierten paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie (ICD 10: F. 20.0) leidet, die sich am Tattag, den ##.##.2020, in einem akuten Schub befunden habe. Als Kriterien für das Vorliegen einer solchen Erkrankung entsprechend der diagnostischen Leitlinien wären nach den Ausführungen der Sachverständigen allgemein Ich - Störungen im Sinne von Fremdbeeinflussungs- und Gedankeneingebungsphänomenen, optische und akustische Halluzinationen, schwere inhaltliche Denkstörungen mit Bestehen eines systematisierten Wahns einhergehend mit Depressionen, Apathie und katatonen Symptomen wie Antriebsstörungen und motorischen Störungen anzuführen. Hierbei spreche bereits das kumulative Vorliegen zweier Kriterien für eine entsprechende Schizophrenieerkrankung. Nach der plausiblen Einschätzung der Sachverständigen Dr. med. VZ sind mehrere dieser Kriterien bei dem Beschuldigten erfüllt: er habe im Rahmen seiner ersten Exploration, die bereits zwei Tage nach dem Tatgeschehen erfolgt sei, eindrücklich akute Gedankeneingebungs- und Fremdbeeinflussungsphänomene gezeigt, indem er beschrieben habe, dass er bei der Tat Befehlen imperativer Stimmen gefolgt sei sowie, dass eine Kirchengemeinde ihm Gedanken in den „Kopf pflanze“. Ferner zeige der Beschuldigte in akut psychotischen Phasen optische und akustische Halluzinationen in Form von Stimmen hören und Schatten sehen. Von entsprechenden Sinnestäuschungen am Tatvortag und Tattag hat der Beschuldigte der Sachverständigen bei ihren persönlichen Untersuchungen sowie der Kammer im Rahmen seiner Einlassung in der Hauptverhandlung glaubhaft berichtet. Der Beschuldigte zeige nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr. med. VZ des Weiteren schwere inhaltliche Denkstörungen einhergehend mit einem bizarren Wahn, er sei der „Rächer“ von - in seiner Wahrnehmung - durch die Vereinten Nationen begangenen Morde und Menschenrechtsverletzungen. Entsprechende Gedankengänge habe der Beschuldigte eindrücklich insbesondere in der ersten Exploration während seines akut psychotischen Zustandes geäußert. Hiervon konnte die Kammer ferner durch entsprechende Äußerungen des Beschuldigten im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Inhalt von Schuldzuweisungen an die Vereinten Nationen einen eigenen Eindruck gewinnen. Auch konnten bei dem Beschuldigten nach den Ausführungen der Sachverständigen als katatone Symptome auffällige Bewegungsstereotypien wie wiederholtes Schlagen mit der flachen Hand gegen die Stirn oder Nesteln im Mundbereich beobachtet werden.
56Ferner bestehe nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. med. VZ bei dem Beschuldigten ein Missbrauch von Stimulanzien in Form von Crystal Meth, welcher jedoch derzeit nicht die Schwere einer körperlichen oder psychischen Abhängigkeit erreiche, gleichwohl ein Katalysator für psychotisches Erleben darstelle. Die Sachverständige hat ferner plausibel ausgeführt, dass es sich bei der paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie des Beschuldigten nicht um eine reversible drogenindizierte Psychose handele. Hiergegen spreche, dass trotz des Zeitablaufes seit dem Beginn der Behandlung im Februar 2020 bis zum Beginn der Hauptverhandlung im August 2020, in welcher der Beschuldigte in der Klinik gesichert drogenabstinent lebt sowie medikamentös in einer reizarmen Umgebung behandelt werde, dennoch weiterhin die dargestellten katatonen Symptome sowie realitätsverkennende Gedankengänge vorlägen. Hiervon konnte sich die Kammer in der Hauptverhandlung – wie dargestellt – ebenfalls einen Eindruck verschaffen. Bei einer drogenindizierten Psychose wäre nach den anschaulichen und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen eine zeitnahe Rückbildung der psychotischen Symptome innerhalb der geschützten Behandlungsumgebung binnen ein bis zwei Monaten zu erwarten gewesen. Des Weiteren sei für eine drogenindizierte Psychose charakterisierend, dass die Betroffenen unter Wahrnehmungsstörungen bei intakter Realitätswahrnehmung leiden würden, d.h. die Halluzinationen als solche erkennen würden. Dies sei bei dem Beschuldigten in seinen akut psychotischen Phasen gerade nicht gegeben.
57Den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen schließt sich die Kammer nach Überprüfung und Gesamtwürdigung aller Umstände vollumfänglich an.
58II.
59Die unter A. II. getroffenen Feststellungen zur Sache beruhen neben der teilgeständigen Einlassung des Beschuldigten, welcher – soweit es ihm möglich war – die Taten eingeräumt hat und den Angaben, die er nach den glaubhaften Bekundungen der Sachverständigen Dr. med. VZ im Rahmen der Exploration getätigt hat, auf den glaubhaften Bekundungen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen. Des Weiteren auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden und Inaugenscheinnahmen, wie dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Im Einzelnen:
601.
61Die getroffenen Feststellungen zum Tatvorgeschehen unter A.II.1. und zur Tat vom ##.##.2020 – ca. 19:00 Uhr unter A.II.2. beruhen auf der geständigen Einlassung des Beschuldigten, welcher in der Hauptverhandlung das objektive und subjektive Tatgeschehen im Sinne der obigen Tatsachenfeststellungen im vollen Umfang sowie insbesondere auch sein halluzinatorisches Binnenerleben am Tatvortag und Tattag, soweit ihm das erinnerlich war, und seine Suizidabsichten glaubhaft eingeräumt hat. Der Beschuldigte hat sich insbesondere dahingehend eingelassen, dass die halluzinierten Stimmen ihm befohlen hätten, ein Gebäude der Vereinten Nationen abzubrennen und selbst in dem Feuer zu sterben. In Umsetzung dieser Befehle habe er versucht, das Gebäude der KL anzuzünden, hierbei sei er irrtümlich davon ausgegangen, dass es sich um ein Gebäude der Vereinten Nationen handele. Er habe Tag und Nacht Stimmen gehört, die ihm konkrete Handlungsanweisungen erteilt hätten und Schatten gesehen. Er habe zudem einen großen Leidensdruck und einen starken Todeswunsch verspürt. An der Richtigkeit dieser geständigen Einlassung bestehen für die Kammer keine Zweifel. Die Kammer glaubt dem Beschuldigten, dass sich das Geschehen so zugetragen hat. Es deckt sich ferner im objektiven Tatgeschehen hinsichtlich der Ausführung der Tat vor dem Eingangsbereich des Gebäudes der KL um ca. 19:00 Uhr mit den Feststellungen, welche die Kammer durch die Inaugenscheinnahme des Videos der Überwachungskamera getroffen hat. Deren Aufzeichnungswinkel war von innen auf den gläsernen Eingangsbereich des Gebäudes gerichtet und bildete daher auch das Geschehen außen unmittelbar vor der Eingangstüre im Sinne obiger Feststellungen gut sichtbar ab.
62Der Angeklagte ließ sich ferner nach den glaubhaften Bekundungen der Sachverständigen Dr. med. VZ ihr gegenüber im Rahmen der Exploration bereits am ##.##.2020 und am ##.##.2020 ebenfalls zum Tatvorgeschehen und der Tathandlung am ##.##.2020 um 19:00 Uhr im Sinne der Feststellungen geständig ein. Die Sachverständige hat zusammenhängend und anschaulich insbesondere von den akut psychotischen Gedankengängen des Beschuldigten – wie dargestellt – bekundet. Auch an der Richtigkeit des dortigen Geständnisses, welches sich mit der geständigen Einlassung in der Hauptverhandlung inhaltlich deckt, hat die Kammer keinen Zweifel.
63Des Weiteren stützt die Kammer sich auch auf die Bekundungen der Zeugen F und B. Der Zeuge B hat von den Anzündversuchen des Beschuldigten entsprechend der Feststellungen aus eigenem Erleben heraus detailliert und stimmig bekundet. In hohem Maße auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage weisen auch die geschilderten Gesprächssequenzen hin. So hat der Zeuge berichtet, mit welchen Worten er den Beschuldigten angesprochen und wie der Beschuldigte hierauf reagiert habe. Darüber hinaus hat der Zeuge B der Kammer glaubhaft von den durchgängigen Arbeitszeiten der Mitarbeiter der KL berichtet. Auch der Zeuge F hat den Geschehensablauf widerspruchsfrei bekundet und von sich aus zwischen eigener Wahrnehmung und Erzählungen vom Hörensagen differenziert, was für sein Bestreben, eine wahrheitsgemäße Aussage zu tätigen, spricht. Die Bekundungen der Zeugen decken sich des Weiteren mit der geständigen Einlassung des Angeklagten sowie dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme des Überwachungsvideos. Von den örtlichen Gegebenheiten hat die Kammer sich zudem durch die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder des äußeren und inneren Eingangsbereiches des Gebäudes der KL sowie durch Verlesung des polizeilichen Vermerkes zur Brandursache und -entwicklung vom ##.##.2020, Bl. ## d.A., einen Eindruck verschafft.
642.
65Die getroffenen Feststellungen zur Tat vom ##.##.2020 – ca. 21.30 Uhr unter A.II.3. beruhen auf der Einlassung des Beschuldigten, der glaubhaften Bekundungen des vernommenen Zeugen sowie der in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden und Inaugenscheinnahmen, wie dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Im Einzelnen:
66Der Beschuldigte hat sich dahingehend eingelassen, dass er weiterhin handlungsleitende Stimmen gehört habe, die ihm ein nochmaliges Aufsuchen des Gebäudes befohlen hätten, um dieses in Brand zu stecken. Soweit der Beschuldigte sich hinsichtlich des eigentlichen Tatgeschehens nicht eingelassen hat, es jedoch auch nicht bestritten hat, sondern erklärt hat, das Geschehen sei ihm nicht mehr erinnerlich, ist er durch die in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise überführt.
67Die Überzeugung, dass der Beschuldigte die Tat insoweit wie oben unter A.II.3. dargestellt, begangen hat, hat das Gericht aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen R und H gewonnen. Der Zeuge R hat zusammenhängend, widerspruchsfrei und in sich stimmig ohne erkennbare Belastungstendenz den Geschehensablauf wie festgestellt geschildert. Insbesondere hat er detailliert und authentisch bekundet, dass der Beschuldigte, den präparierten Zimmermannshammer über Kopfhöhe haltend, drohend auf die beiden Zeugen zugegangen sei. Die Schilderung der psychischen Wirkung der Situation auf ihn, namentlich seine nachvollziehbare Verängstigung angesichts des zum Schlag erhobenen spitzen Hammers, spricht ebenfalls dafür, dass die Angaben des Zeugen erlebnisfundiert sind. Der Zeuge war ferner ersichtlich bemüht, nur das aus seiner Erinnerung wiederzugeben, woran er tatsächlich noch konkrete Erinnerungen hatte.
68Die Kammer stützt sich auch auf die glaubhafte polizeiliche Aussage der Zeugin H. Die Zeugin hatte wenige Tage nach dem Tatgeschehen im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung das Geschehen entsprechend der Feststellunggen aus eigenem Erleben heraus detailliert und stimmig ohne erkennbare Belastungstendenz bekundet. Die anschauliche und nachvollziehbar emotional unterlegte Schilderung des Zusammentreffens mit dem Beschuldigten, dessen Drohgebärde mit dem erhobenen Hammer die Zeugin ebenfalls verängstigte, konnte die Kammer gleichfalls zur Grundlage ihrer Feststellungen machen. Die Beschaffenheit des präparierten Hammers wird ferner durch die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder aus der Lichtbildermappe der Polizei vom ##.##.2020, Bl. ## ff. d.A. bestätigt.
693.
70Die getroffenen Feststellungen zur Tat vom ##.##.2020 – ca. 22.00 Uhr unter A.II.4. beruhen auf der Einlassung des Beschuldigten, der glaubhaften Bekundungen der vernommenen Zeugen G und K sowie der in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden und Inaugenscheinnahmen, wie dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Im Einzelnen:
71Der Beschuldigte hat sich auch insoweit hinsichtlich seines psychotischen Binnenerlebens und des hinter der Verfolgungsjagd stehenden Selbsttötungsplans gemäß obiger Feststellungen in der Hauptverhandlung eingelassen. Die Kammer hat auch diesbezüglich keine Anhaltspunkte an dieser Einlassung, die zwar bizarr anmutet, sich jedoch mit dem Krankheitsbild des Beschuldigten in Einklang bringen lässt, zu zweifeln.
72Soweit der Beschuldigte sich hinsichtlich des eigentlichen Tatgeschehens nicht eingelassen hat, es jedoch auch nicht bestritten hat, ist er auch bezüglich dieses Tatgeschehens durch die in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise überführt.
73Die Feststellungen gehen insoweit auf die Angaben der Zeugen G und K zurück, die die Kammer für zuverlässig erachtet. Sie vermochten das nur wenige Monate zurückliegende Geschehen detailliert, in sich widerspruchsfrei und ohne Belastungstendenz darzustellen. Das Erlebte war beiden noch ersichtlich in guter Erinnerung, was auch plausibel ist, da die beiden noch verhältnismäßig jungen Polizeibeamten in ihrer bisherigen Dienstzeit nach eigenen Angaben bislang an keinem vergleichbarem Einsatzgeschehen teilgenommen haben. Über die bloße Schilderung des Tatgeschehens der Verfolgungsfahrt wussten die Zeugen darüber hinaus ihren Eindruck von dem Beschuldigten in der Festnahmesituation plastisch darzustellen. Die Zeugen haben insoweit die von ihnen empfundene Surrealität der Situation des von acht Polizeibeamten mit Mischbewaffnung umstellten Beschuldigten, welcher sich ruhig eine Getränkedose mit einem Energydrink öffnete und trank, anschaulich geschildert. Die aus der verlesenen Verkehrsunfallanzeige hervorgehenden Berichte der Polizeibeamten, auf welche sich die Kammer ergänzend stützt, vermochten die Zeugen auf diese Weise nachvollziehbar zu bestätigen.
74Soweit die beiden Zeugen aufgrund der Notwendigkeit der Fortsetzung der Verfolgungsjagd keine Wahrnehmungen bezogen auf die Sachwerte der zum Abbremsen gezwungenen Fahrzeuge im Querverkehr tätigen konnten, geht die Kammer bezogen auf den voraussichtlichen Gesamtschaden an den sechs gefährdeten Fahrzeugen bei lebensnaher Betrachtung davon aus, dass dieser in der Addition mindestens 1.000,- € betragen hätte. Es entspricht der mehrjährigen Erfahrung der drei Berufsrichter auch in Verkehrsunfallsachen, dass bei einem höchstwahrscheinlich heftigem seitlichen Zusammenstoß mit dem mit erheblichen Geschwindigkeiten von 60-90 km/h schnell fahrenden Beschuldigtenfahrzeug an den sechs gefährdeten Fahrzeugen ein Gesamtschaden von mindestens 1.000,- €, höchstwahrscheinlich sogar ein Vielfaches mehr, entstanden wäre. Diese Erfahrungswerte vermochten die Berufsrichter den beiden Laienrichtern zu vermitteln. Die Kammer hat auch nach den Vernehmungen der Zeugen G und K keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass in der durchschnittlichen bis gehobenen Wohngegend von I alle sechs gefährdeten Fahrzeuge wirtschaftlich wertlos gewesen wären.
754.
76Die Feststellungen zum Nachtatgeschehen unter A.II.6. beruhen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden, wie dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist.
77C.
78Rechtliche Würdigung
79Der Beschuldigte hat durch die unter A.II.2. festgestellten Anzündversuche an dem Gebäude der KL den Tatbestand der versuchten schweren Brandstiftung gemäß den §§ 306 a Abs. 1 Nr. 3, 22, 23 StGB verwirklicht. Denn der Beschuldigte wollte das Gebäude, vor dessen Haupteingang er stand, nach seiner Vorstellung von der Tat durch „abbrennen“ in Brand setzen und ganz oder teilweise zerstören, und hat durch die Versuche, den benzingetränkten Toilettenpapierstreifen in der Benzinlache vor der Eingangstüre zu entzünden, wobei das so angefachte Feuer nach dem Vorstellungsbild des Beschuldigten im weiteren Fortgang das gesamte Gebäude erfassen und niederbrennen sollte, zur Tat unmittelbar angesetzt. Hierbei nahm der Beschuldigte billigend in Kauf, dass zur Zeit des Taterfolgs in dem Gebäude der KL mehrere Personen anwesend im Sinne des § 306 a Abs. 1 Nr. 3 StGB gewesen wären, wie er anhand der wahrgenommenen Zeugen bemerkt hatte. Die fehlerhafte Vorstellung des Beschuldigten, bei dem angegriffenen Gebäude der KL handele es sich um ein Gebäude der Vereinten Nationen, deren Menschenrechtsverletzungen er in seinem Wahn „rächen“ wollte, ist des Weiteren als typischer Fall des sogenannten „error in objecto“ (Irrtum über das Tatobjekt) als Motiv-irrtum unbeachtlich (vgl. hierzu BGH NStZ 1998, 294/295; Vogel/Bülte in StGB Leipziger Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 16 Rn. 74 ff. m.w.N.). Denn der Vorsatz des Beschuldigten war vorliegend dahingehend konkretisiert, dass tatsächlich wahrgenommene Gebäude, vor dessen Haupteingang er stand, zu einer Zeit, in welcher sich in dem Gebäude Menschen aufhielten, anzuzünden und abzubrennen, mag er sich auch über die Nutzung des Objektes geirrt haben. Da der auf das Gebäude der KL konkretisierte Vorsatz des Täters im Augenblick des unmittelbaren Ansetzens somit sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 306 a Abs. 1 Nr. 3 StGB umfasste, kann auch dahinstehen, ob das eigentlich anvisierte Tatobjekt – ein Gebäude der Vereinten Nationen – tatbestandlich gleichwertig, d.h. insbesondere nach der Vorstellung des Beschuldigten gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 3 StGB zu einer Zeit angegriffen worden wäre, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen.
80Der Beschuldigte ist ferner nicht vom Versuch der schweren Brandstiftung strafbefreiend im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB zurückgetreten, da er die Fortsetzung der Anzündversuche nicht freiwillig aufgegeben hat. Freiwilligkeit im Sinne des strafbefreienden Rücktritts ist anzunehmen, wenn die Aufgabe der Tat aus autonomen Motiven erfolgte und der Täter subjektiv noch in der Lage war, das zur Vollendung der Tat Notwendige zu tun (BGH NStZ 1993, 279; StV 2018, 715 m.w.N.). Die Aufgabe der ersten Anzündversuche erfolgte indessen nicht aus selbstgesetzten Motiven, sondern aufgrund des durch die Anwesenheit der Zeugen F und B erzeugten Störempfindens beim Beschuldigten. Aus diesem Grunde kehrte er wenig später zurück, um seinem Tatplan doch zum Erfolg zu verhelfen.
81Durch die Drohgebärde mit dem präparierten „Zimmermannshammer“ wie unter A.II.3. festgestellt, hat der Beschuldigte den Tatbestand der Bedrohung gemäß § 241 Abs. 1 StGB verwirklicht, da er die Zeugen angesichts der Beschaffenheit des Werkzeuges und der auf Kopfhöhe erfolgten Ausholbewegung konkludent mit dem Tode bedrohte.
82Im Rahmen der Verfolgungsfahrt wie unter A.II.4. festgestellt, hat der Beschuldigte den Tatbestand der Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 2 lit. a) und d), Abs. 3 Nr. 1 StGB verwirklicht, indem er mehrfach durch vorsätzliches Missachten einer rotlichtzeigenden Lichtzeichenanlage grob verkehrswidrig die Vorfahrt anderer Verkehrsteilnehmer nicht beachtete sowie an Straßenkreuzungen und Straßeneinmündungen zu schnell gefahren ist und dadurch fremde Sachen - namentlich sechs vorfahrtsberechtigte Kraftfahrzeuge - von bedeutendem Wert gefährdete, was er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und durch angepasste Fahrweise hätte vermeiden können. Die Kammer geht hierbei zugunsten des Beschuldigten von einem einheitlichen Tatgeschehen aus. Der drohende Schaden an fremden Sachen von bedeutendem Wert ergibt sich hierbei zumindest aus der Addition der Werte und der drohenden Schäden an den sechs gefährdeten Fahrzeugen, welche im Gesamtwert und drohendem Gesamtschaden die Wertgrenze von 750,- € erreicht (vgl. zur Addition König in StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2008, § 315 c Rn.162, § 315 Rn. 87; zur Wertgrenze BGHSt 48, 119/121; BGH NStZ-RR 2008, 289; NStZ 2011, 215).
83Soweit die Antragsschrift vom 26.06.2020 hinsichtlich der Verfolgungsfahrt daneben von einem tateinheitlich verwirklichten verbotenen Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB ausgeht, sah die Kammer insoweit keine Tatbestandsmäßigkeit. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschuldigte im Sinne des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB beabsichtigte, die maximal mögliche Geschwindigkeit mit seinem Fahrzeug zu erreichen. Zwar kann sich der von der Vorschrift vorausgesetzte besondere Renncharakter der Geschwindigkeitsüberschreitung auch in dem Ziel eines Entkommens von einer Polizeiverfolgung manifestieren (OLG Stuttgart NJW 2019, 2787/2788). Gegen eine solche Zielsetzung beim Beschuldigten spricht jedoch sein Plan, sich durch einen polizeilich assistierten Suizid töten zu lassen, was gerade keine erfolgreiche Polizeiflucht, sondern ein Ergreifen durch die Polizeibeamten voraussetzt.
84Die Taten stehen im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) zueinander.
85Der Beschuldigte handelte auch rechtswidrig.
86Er handelte indessen nicht schuldhaft. Die Kammer hat die Voraussetzungen des § 20 StGB unter Zuhilfenahme der Sachverständigen Dr. med. VZ geprüft und im Ergebnis bejaht.
87Gemäß § 20 StGB handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder wegen einer anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie (ICD-10: F 20.0) erfüllt das erste Eingangsmerkmal des § 20 StGB der krankhaften seelischen Störung. Die Erkrankung der paranoiden Schizophrenie ist grundsätzlich geeignet, den Erkrankten in einen (Ausnahme-)Zustand zu versetzen, in welchem er keine Einsicht in das Unrecht seines Handelns hat, was jedenfalls bei akuten Schüben der Schizophrenie und bei länger bestehenden Erkrankungen in der Regel anzunehmen ist (BGH MDR 1995, 1090; NStZ-RR 2013, 145/146). Nach Überzeugung und eigener Bewertung der Kammer hat diese, sich zu den drei Tatzeitpunkten am ##.##.2020 in einem akut psychotischen Schub aktualisierte Störung den Beschuldigten in einen solchen Ausnahmezustand versetzt, wodurch seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tatbegehung sicher vollständig aufgehoben war. Hierfür spricht, dass sich der Beschuldigte bereits seit dem Vortage in einem realitätsverkennenden, bizarren Wahnzustand befunden hat, in welchem er sich im Zeitpunkt der Taten als Rächer der von den Vereinten Nationen - in seiner Wahnvorstellung - begangenen Menschenrechtsverletzungen empfand. Dass der Beschuldigte sein Handeln als „gerechtfertigte Vergeltung“ für das durch die Vereinten Nationen angeblich verursachte Unrecht begriff, bringt nach Überzeugung der Kammer mit sich, dass ihm bei Begehung der Taten jegliche Einsicht in das eigene Unrecht seiner Taten fehlte. Der Beschuldigte stand in seinem allumfassenden psychotischen Erleben zudem zum Zeitpunkt der Taten unter dem zwingenden Einfluss von halluzinierten Stimmen mit hoher Erlebnisintensität. In diesem akut psychotischen Erleben agierte er demnach fremdbestimmt als Ausführungsorgan der Handlungsanweisungen der akustischen Sinnestäuschungen, was nach Überzeugung der Kammer bedingt, dass der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Taten krankheitsbedingt seinem Tun keine rationalen Kontrollüberlegungen mehr voranstellen konnte. Allein diese psychotisch wahnhafte Binnenerlebniswelt des Beschuldigten am Tatvortag und Tattag erklärt nach Überzeugung der Kammer das Verhalten des Beschuldigten bei den Taten am ##.##.2020 zwischen ca. 19.00 Uhr und ca. 22.00 Uhr. Hieraus folgt, dass die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten im Zeitpunkt der Tatbegehung sicher aufgehoben war. Erst recht hätte er sein Verhalten nicht nach einer solchen Unrechtseinsicht steuern können.
88Im Einklang mit der Bewertung der Kammer hat auch die Sachverständige Dr. med. VZ ausgeführt, dass die diagnostizierte paranoide Schizophrenie (ICD - 10: F 20.0) beim Beschuldigten das erste Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung erfülle sowie in allen Tatsituationen das Handeln des Beschuldigten unter dem Einfluss der schweren psychotischen Krankheit gestanden habe. Beim Beschuldigten wären aufgrund des umfassenden, akut psychotischen Erlebens und der vollständigen paranoiden Realitätsverkennung, in welcher er sich noch in der zwei Tage später erfolgten Exploration befunden habe, jegliche rationale Kontrollmechanismen außer Kraft gesetzt gewesen. Die krisenhafte Zuspitzung der Symptomatik, durch den Metamphetaminkonsum verstärkt, habe das Denken und Handeln des Beschuldigten derart umfassend beeinflusst, dass im Zeitpunkt der Taten aus Sachverständigensicht die Unrechtseinsichtsfähigkeit sicher aufgehoben gewesen sei. Die Kammer hat keine Veranlassung, an diesen anschaulichen und plausiblen Bewertungen der Sachverständigen zu zweifeln. Die Sachverständige kommt auch zum selben Ergebnis wie die Kammer.
89D.
90Unterbringung gemäß § 63 StGB
91Die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus war gemäß § 63 StGB anzuordnen. Er hat – wie festgestellt - im Zustand der sicheren Schuldunfähigkeit drei rechtswidrige Taten begangen, wobei die Gesamtwürdigung von Person und Taten ergibt, dass von ihm infolge seiner psychischen Erkrankung – bei Nichtbehandlung – weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (§ 63 Abs. 1 S. 1 StGB).
92Da die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus eine außerordentlich beschwerende Maßnahme ist, darf sie nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass vom Betroffenen infolge seines fortdauernden Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwererer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, wobei zu erwartende Gewalt- und Aggressionsdelikte regelmäßig zu den erheblichen Taten zu rechnen sind, und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 271/272; NJW 2012, 3383; NStZ 2014, 571; NStZ-RR 2016, 40; NStZ-RR 2019, 374). Die erforderliche Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu stellen und hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten vom Betroffenen infolge seines Zustands drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung (Häufigkeit, Rückfallfrequenz) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt (BGH NStZ-RR 2019, 374; NStZ 2016, 144 f. m.w.N.).
93Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Taten derart schwerwiegend, dass die Unterbringung gerechtfertigt ist.
94Bei der Anlasstat unter A.II.2 - als eines der in die Prognoseentscheidung einfließenden Kriterien - handelt es sich um ein Delikt, bei dessen Verwirklichung der Beschuldigte in erheblichen Maße das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Menschen gefährdet sowie großen wirtschaftlichen Schaden angerichtet hätte. Das Inbrandsetzen des Haupteingangsbereiches eines mehrstöckigen Bürogebäudes zu einer Zeit, in welcher tatsächlich Menschen in dem Gebäude arbeiten, hat aufgrund der Möglichkeit der unkontrollierten Ausbreitung des Brandes, der Bildung und Verteilung toxischer Rauchgase im Gebäude und nicht zuletzt der Behinderung des Hauptfluchtweges im Eingangsbereich durch den Brand erheblichen Fremdgefährdungscharakter. Gleichzeitig würde hierdurch erheblicher Sachschaden herbeigeführt werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte seine Anzündversuche zunächst fortgesetzt hat, obwohl er in unmittelbarem Gefahrenbereich zum Brandentzündungsort den Zeugen B wahrgenommen hat, den er bei tatsächlicher Inbrandsetzung ggf. unmittelbar gefährdet hätte. Im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose muss weiterhin der Umstand in die Bewertung einfließen, dass die unterbliebene Vollendung aufgrund eines Zufalls, nämlich des frühzeitigen Bemerkens durch den Zeugen B, das Hinzurufen des Zeugen F und das hierdurch ausgelöste Störempfinden beim Beschuldigten, was ihn zunächst von weiteren Entzündungsversuchen abgehalten hat, unterblieben ist. Der Umstand der fehlenden Tatvollendung stellt die generelle Gefährlichkeit der Vorgehensweise des Beschuldigten daher nicht in Frage. Für die Gefährlichkeit spricht auch, dass der Beschuldigte bereits ca. eineinhalb Stunden später erneut den Tatort in dem Bestreben aufsuchte, die Brandlegung doch noch zu verwirklichen. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass der Beschuldigte insoweit das Versuchsstadium noch nicht erreicht hatte, was jedoch wiederum der Entdeckung durch Zeugen und des hierdurch ausgelösten Störgefühls und nicht einem tatabhaltenden Kontrollmechanismus beim Beschuldigten geschuldet war. Deswegen war dieses Verhalten im Rahmen der Gefahrprognose zu berücksichtigen. Gegen die Fremdgefährdungsprognose spricht des Weiteren nicht, dass der Beschuldigte die Brandlegung auch in suizidaler Intention und somit in Eigengefährdungsabsicht gewollt hat. Denn daneben bestand im Sinne einer Doppelmotivation für die Tatbegehung der sich gegen die Vereinten Nationen gerichtete, fremdaggressive Zerstörungswille des Beschuldigten. Des Weiteren stützen auch die Geschehnisse, insbesondere die Brandlegung, die Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht E – ## KLs ##/14 (### Js ###/12) – waren und in einer akut psychotischen Phase erfolgten, die Prognose einer gesteigerten Gefahr der künftigen Begehung eines Brandstiftungsdeliktes durch den Beschuldigten. Einer Verwertung der Tat steht die Nichteintragung derselben im Bundeszentralregister nicht entgegen, § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG. Auch beim dortigen Tatgeschehen gab es hinsichtlich der sich in der Wohnung befindenden Lebensgefährtin und des Kindes des Beschuldigten sowie der sich auf der inbrandgesetzten Treppe befindenden Polizeibeamten abstrakte und konkrete Fremdgefährdungsaspekte im Hinblick auf die besonders gewichtigen Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens anderer Menschen.
95Auch die Anlasstat unter A.II.4. ist dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen und zeigt Fremdgefährdungspotential. Im Rahmen der Tatausführung kam es zu einer abstrakten Gefährdung der Rechtsgüter Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer und einer konkreten Gefährdung an fremden Sachen von bedeutenden Wert. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass der Beschuldigte gemäß der obigen Feststellungen die Gefahr im Sinne des § 315 c Abs. 3 Nr. 1 StGB nur fahrlässig verursacht hat und sich die tatbestandsmäßige konkrete Gefährdung nur auf das im Vergleich zu den Rechtsgütern Leib und Leben weniger bedeutsame Rechtsgut des fremden Eigentums bezog, jedoch rechtfertigt das Vorliegen dieser Anlasstat in einer Gesamtschau und in Verbindung mit der erheblichen Tat unter A.II.2. die Erwartung, dass der Beschuldigte weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, § 63 S. 2 StGB. Gleiches gilt in der Gesamtschau für den in einem akut psychotischen Schub erfolgten erweiterten Suizidversuch des Beschuldigten mit seinem Kleinkind, auch wenn nicht verkannt wird, dass dieses Geschehen bereits zwanzig Jahre zurückliegt, sowie der unter A.II.3. festgestellten Bedrohung der Zeugen R und H, welche für sich betrachtet die Schwelle zur mittleren Kriminalität nicht überschreitet. Auch diese Taten sind nach der Bewertung der Kammer und der Einschätzung der Sachverständigen, ebenfalls Symptomtaten in Bezug auf den Krankheitszustand des Beschuldigten. Die Kammer verkennt bei der Gefährlichkeitsprognose des Weiteren nicht, dass der Umstand, dass ein Täter trotz bestehender Grunderkrankungen in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, ein gewichtiges Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit künftiger gefährlicher Straftaten sein kann (BGH, Beschluss vom 11. Juli 2019 – 1 StR 253/19 –, Rn. 5, m.w.N.). So liegt es hier indessen nicht. Die festgestellten Taten im Verfahren vor dem Landgericht E – ## KLs ##/14 (### Js ###/##) – stehen wie dargestellt in einem inneren Zusammenhang mit der paranoid-halluzinatorischen Erkrankung des Beschuldigten, die auch Ursache der verfahrensgegenständlichen Taten ist. Dies hat auch die damals zur Entscheidung berufene Kammer so festgestellt, mag sie auch die Ursache der psychotischen Erkrankung – aus heutiger Sicht fälschlicherweise – im Drogenmissbrauch des Beschuldigten gesehen haben. In dieser Reihe wird auch der erweiterte Suizidversuch des Beschuldigten zu sehen sein, der ebenfalls in einer akut psychotischen Krankheitsphase erfolgte, wie auch die Sachverständige ausgeführt hat. Aufgrund der Gewichtigkeit der durch die in diesen drei akut psychotischen Phasen gefährdeten Rechtsgüter – körperliche Unversehrtheit und Leben anderer Menschen – tritt der zwischen den Taten liegende Zeitablauf in seiner Bedeutung zurück.
96Nach Bewertung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel und fachlich beraten durch die Sachverständigen Dr. med. VZ, die ihrerseits die Voraussetzung für eine Unterbringung gemäß § 63 StGB aus psychiatrischer Sicht bejaht hat, hält die Kammer den Beschuldigten für die Allgemeinheit gefährlich. Denn im unbehandelten Zustand wäre ein Rückfall in schwere psychotische Episoden mit erheblicher Beeinflussung sämtlicher Gedanken-, Entscheidungs- und Handlungsstränge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in naheliegender Zukunft zu erwarten, worauf auch die Sachverständige hingewiesen hat. In diesem Zustand ist die Gefahr der Begehung der Anlasstaten vergleichbarer, schwerer Straftaten, insbesondere Brandstiftungsdelikte, in Übereinstimmung mit der Bewertung der Sachverständigen – wie dargestellt – als sehr hoch anzusehen. Alle drei Taten sind ferner, klar ersichtlich und von der Sachverständigen ebenfalls so eingeschätzt, Symptomtaten in Bezug auf den Zustand des Beschuldigten während eines akuten Schubes seiner paranoid-halluzinatorischen Schizophrenieerkrankung.
97Prognostisch ungünstig wirkt sich nach Bewertung der Kammer ferner aus, dass der Beschuldigte keine Krankheitseinsicht hat und deshalb in der Vergangenheit - außerhalb eines stationären Settings - nicht zuverlässig die zur Behandlung seiner paranoiden Schizophrenie notwendigen Medikamente eingenommen hat. So wurden dem Beschuldigten jedenfalls anlässlich seiner nach den Vorfällen im Jahre 2012 absolvierten „Reha“ auf den Philippinen antipsychotische Medikamente verschrieben, welche der Beschuldigte jedoch eigenmächtig absetzte, sobald er keine Symptome mehr verspürte. Dies birgt nach Auffassung der Kammer das hohe Risiko, dass der an sich als prognostisch günstig zu bewertende Umstand, dass die regelmäßige Medikamenteneinnahme während der Zeit der einstweiligen Unterbringung nach den anschaulichen Ausführungen der Sachverständigen eine Entaktualisierung des produktiven Schubes herbeiführen konnte, beim Beschuldigten indessen die Einsicht in die Notwendigkeit der Fortführung der Medikamenteneinnahme beseitigt. Hierauf hat auch die Sachverständige in ihrem mündlichen Gutachten hingewiesen. Ferner ist aus Sachverständigensicht die Krankheitseinsicht generell betrachtet eine essentielle Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung. Dieser Einschätzung schließt die Kammer sich an. Des Weiteren besteht nach der Bewertung der Kammer eine hohe Rückfallwahrscheinlichkeit in den Konsum von Metamphetaminen, deren Abstinenz nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Dr. med. VZ ebenfalls wesentlich für eine erfolgreiche Behandlung des Beschuldigten ist. Hierfür spricht in besonders hohem Maße, dass der Beschuldigte, obwohl im Urteil des Landgericht Es vom ##.##.2015 seine Schuldunfähigkeit aufgrund einer drogenindizierten psychischen Erkrankung durch den Konsum von Crystal Meth festgestellt wurde, seinen Drogenkonsum trotzdem - in diesem Bewusstsein - fortgesetzt hat. Hierdurch hat der Beschuldigte das Fehlen einer intrinsischen Veränderungsmotivation trotz der hiermit verbundenen (Fremd-)Gefährlichkeit deutlich dokumentiert. Ferner bestehe nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen derzeit keine ausreichende Compliance in die Durchführung einer Psychotherapie beim Beschuldigten.
98Die Maßregel war auch nicht gemäß § 67 b Satz 1 StGB zur Bewährung auszusetzen. Es liegen aus den bereits genannten Gründen keine besonderen Umstände vor, die die Erwartung rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel auch ohne deren Vollzug erreicht werden kann. Es wäre darüber hinaus nicht zu erwarten, dass der Beschuldigte allein unter dem Druck der Bewährung die verordneten Medikamente einnehmen würde, zumal aktuell nicht feststeht, welche Medikamente der Beschuldigte in welcher Dosierung einnehmen müsste, um eine Remission der Erkrankung zu erreichen. Die Sachverständige Dr. med. VZ hat hierzu plausibel ausgeführt, dass die bisherige Medikation während der einstweiligen Unterbringung zwar eine Stabilisierung und Entaktualisierung des Zustandes des Beschuldigten, jedoch keine vollständige Remission bewirkt habe. Problematisch stelle sich insoweit die Wechselwirkung der psychotischen Medikamente und deren Dosierung im Hinblick auf die kardiologische Erkrankung des Beschuldigten und dessen Diabeteserkrankung dar. Da die antipsychotischen Medikamente in der Regel mit - aufgrund der Vorerkrankungen für den Beschuldigten gesundheitlich gefährlichen - kardiologischen Nebenwirkung verbunden wären, könne der Beschuldigte derzeit nicht in der erforderlichen Dosierung behandelt werden. Dem schließt die Kammer sich an. Vor diesem Hintergrund vermag der prognostisch als günstig zu bewertende gut funktionierende, soziale Empfangsraum in der Familie des Beschuldigten allein die Erwartung, dass der Zweck der Maßregel auch ohne deren Vollzug erreicht werden kann, nicht zu rechtfertigen.
99Aus den genannten Gründen ist die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auch verhältnismäßig.
100E.
101Dem Beschuldigten war gemäß § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB die Fahrerlaubnis zu entziehen. Aus der von ihm begangenen rechtswidrigen Tat der Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 2 lit. a) und d), Abs. 3 Nr. 1 StGB ergibt sich, dass der Beschuldigte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, § 69 Abs. 1 StGB. Diese Ungeeignetheit ist nicht inzwischen entfallen, sondern besteht auch heute noch fort, da die zur Tat führende Erkrankung des Beschuldigten – wie dargestellt – nicht remittiert ist. Ein Regelfall nach § 69 Abs. 2 StGB liegt vor. Wesentliche Besonderheiten, durch welche die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels kompensiert wird, weist die Straftat gegenüber der Masse der vorkommenden Fälle nicht auf. Eine Sperre von einem Jahr erachtet das Gericht unter Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit des Angeklagten, der Tatumstände und der Auswirkungen, welcher der Entzug der Fahrerlaubnis auf den Beschuldigten hat, als mindestens erforderlich. Bedacht worden ist dabei insbesondere auch, dass dem Beschuldigten mit Beschluss des Amtsgerichts E vom ##.##.2020 die Fahrerlaubnis bereits vorläufig entzogen ist.
102F.
103Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.