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Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unbegründet verworfen.
Gründe
2I.
3Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X wandte sich mit Schreiben vom 18.02.2020 an die Beschwerdeführerin – die K AG – und forderte dazu auf, verschiedene Kontounterlagen vorzulegen (Bl. ## der Akte).
4Der Betreff des Anschreibens lautete dabei:
5„Steuerstrafverfahren gegen F, geb. ##.##.####
6Auskunfts und Vorlageersuchen gemäß §§ 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 404 Abgabenordnung (AO)
7i.V.m. §§ 70, 94, 95 Strafprozessordnung (StPO)“
8In dem vorgenannten Schreiben selbst wies die Steuerfahndung überdies auf folgendes hin:
9„(…) das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X führt gegen den oben genannten Beschuldigten wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein Strafverfahren durch. (…) Für dieses Herausgabeverlangen ist sowohl die Straf-und Bußgeldsachenstelle als auch die Steuerfahndungsstelle zuständig.“
10Mit Antwort vom 21.02.2020 wies die Beschwerdeführerin darauf hin, auf der Grundlage des gestellten Ersuchen keine Auskünfte erteilen zu können (Bl. ## d.A.). Es müsse ein Ersuchen der Bußgeld- und Strafsachenstelle oder ein Gerichtsbeschluss vorliegen.
11Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X stellte daraufhin mit Schreiben vom 03.03.2020 klar, dass sie über Befugnisse nach § 404 AO verfüge (Bl. ## d.A.). Für den Fall, dass dem Auskunfts- und Vorlageersuchen nicht entsprochen werde, wurde die Beantragung eines Ordnungsgelds angekündigt.
12Die Beschwerdeführerin wandte hiergegen mit Schreiben vom 02.04.2020 ein (Bl. ## d.A.), es sei nicht klar, ob das Finanzamt auf Grund eigener Kompetenz gemäß § 386 AO oder aber als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft agiere. Ergänzend führte die Beschwerdeführerin an, Banken könnten zur Abwendung einer Zeugenladung Auskünfte erteilten. Hierfür bedürfe es aber eines Ermittlungsauftrags nach § 161 Abs. 3 StPO. Insoweit verweigerte die Beschwerdeführerin die begehrten Informationen.
13Auf den Antrag des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X vom 15.05.2020 (Bl. ## d.A.) setzte das Amtsgericht Bonn mit Beschluss vom 14.07.2020 – Az.: 50 Gs 683/20 ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500,00 Euro fest (Bl. ## d.A.).
14Mit Schreiben vom 17.07.2020 wandte sich die Beschwerdeführerin gegen den Ordnungsgeldantrag. Nunmehr monierte die Beschwerdeführerin, auch eine Differenzierung der sich aus „§ 208 Ziff 1-3 AO ergebenden unterschiedlichen Kompetenzen“ sei nicht erfolgt. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X werde „offenbar“ unter staatsanwaltlicher Leitung tätig. Insoweit sei der staatsanwaltliche Ermittlungsauftrag vorzulegen. Zudem sei ein Vorgehen nach § 70 StPO unstatthaft. Vielmehr müsse eine Beschlagnahme gemäß § 94 StPO erfolgen.
15Auf die sofortige Beschwerde vom 30.07.2020 hin hat das Amtsgericht Bonn mit Beschluss vom 28.08.2020 unter Beachtung von § 6 EGStGB das Ordnungsgeld auf 1.000 Euro herabgesetzt und die Sache dem Landgericht Bonn zur Entscheidung vorgelegt (Bl. ### d.A.).
16II.
171. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführerin ist beschwerdebefugt. Zwar richtet sich der Ordnungsgeldbeschluss gegen ihre Vorstandsmitglieder. Die Vorstandsmitglieder werden aber nur deshalb Adressaten der Ordnungsgelder, um die Erfüllung der – im Streit stehenden – Verpflichtungen der juristischen zu bewirken, die auf das Wirken der organschaftlichen Vertreter angewiesen ist. Insoweit muss die juristische Person hinsichtlich des Beschluss gegen ihre Vorstandsmitglieder beschwerdebefugt sein, um ihrer eigenen Verpflichtung zu begegnen (vgl. etwa zu § 384 ZPO: BGH, Beschl. v. 26.10.2006 – III ZB 2/06).
182. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Amtsgericht Bonn hat das Ordnungsgeld gemäß § 95 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 70 StPO rechtmäßig festgesetzt und die Höhe auf die sich aus § 6 Abs. 1 EGStGB ergebende Höhe von 1.000 Euro bestimmt.
19Das Ordnungsgeld war auf Antrag festzusetzen, da die Weigerung der Beschwerdeführerin rechtswidrig erfolgte. Im Einzelnen:
20Ein Vorgehen nach § 95 StPO ist vorliegend möglich. Denn ein auf § 95 StPO gestütztes Herausgabeverlangen kommt in Betracht, wenn Gewissheit darüber besteht, dass sich der Beweisgegenstand im Gewahrsam eines Betroffenen befindet, den eine Mitwirkungspflicht zur Vorlage und Auslieferung des Gegenstandes trifft, der also nicht Beschuldigter ist (vgl. etwa Hauschild, in: MünchKomm StPO § 95 Rn. 2).
21Das Auskunftsverlangen nach § 95 StPO kann von Amtspersonen gestellt werden, die den jeweils herauszugebenden Gegenstand beschlagnahmen könnten (Greven, in: Karlsruher Kommentar StPO § 95 Rn. 3). Diese Beschlagnahmekompetenz steht dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X ohne weiteres zu.
22Gemäß § 386 Abs. 1 S. 1 AO ermittelt das Finanzamt bei Verdacht einer Steuerstraftat. Hierbei haben die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und ihre Beamten in Strafverfahren wegen Steuerstraftaten dieselben Rechte und Pflichten wie die Behörden des Polizeidienstes nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, § 404 S. 1 AO. Diese Ermächtigung der „Steuerfahndung“ betrifft die in § 208 AO getroffene Aufgabenzuweisung. Insoweit ist die Vorschrift des § 404 AO, was die Normierung der Kompetenzen der Steuerfahndung anbelangt, missverständlich. Die Vorschrift muss - wenn man die Aufgaben, Kompetenzen und Zuständigkeiten von Steuer- und Zollfahndung betrachtet - immer im Zusammenhang mit § 208 AO gesehen werden. Dabei umschreibt § 208 AO mehr die Aufgabenzuweisung, während § 404 AO die Ermächtigungsgrundlage darstellt (Tormöhlen in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 258. Lieferung 07.2020, § 404 AO). Das von der Beschwerdeführerin augenscheinlich gemutmaßte Alternativverhältnis dieser Vorschriften besteht damit eindeutig nicht.
23Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X ist insoweit zur Anforderung der im Schreiben vom 18.02.2020 bezeichneten Unterlagen berechtigt.
24Insbesondere der wiederholte Einwand, die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung solle einen Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft vorlegen, verfängt nicht. Ungeachtet des Umstands, dass aus keinem Schreiben der Steuerfahndung entnommen werden kann, sie werde auf Grundlage eines staatsanwaltlichen Ermittlungsauftrags tätig (und auf eine Offenlegung eines solchen auch kein Anspruch bestünde), hat die Steuerfahndung spätestens mit Schreiben vom 03.03.2020 klargestellt, dass sie auf Grundlage eigener Befugnisse tätig wird. Eine Vorgehensweise im Rahmen von § 95 StPO, die § 161 Abs. 3 StPO entspricht, hat der Gesetzgeber ausdrücklich nicht normiert.
25Das Ordnungsgeld ist vorliegend auch das rechte Mittel. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist eine Beschlagnahme unzweckmäßig. In Fällen, in denen Banken die Herausgabe von Kontounterlagen verweigern, sind die Ermittlungsbehörden auch im Falle einer Durchsuchung auf die Mitwirkung der Bank zum Auffinden der Unterlagen angewiesen wären (so bereits LG Stuttgart, Beschl. v. 19.11.1991 – 14 Qs 61/91, abgedr. In: NJW 1992, 2646 (2647)), sodass eine Beschlagnahme untunlich ist.
263. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.