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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um das Bestehen einer Werklohnforderung des Klägers aus einem behaupteten Nachtragsauftrag zur Durchführung einer Kronenauslichtung im Rahmen von Gehölzpflegearbeiten für das beklagte Land.
3Nachdem der Kläger auf Basis eines Leistungsverzeichnisses des beklagten Landes ein Angebot unter dem 12.03.2017 erstellt und am 31.03.2017 den Zuschlag erhalten hatte, verpflichtete er sich gegenüber dem beklagten Land mit dem Vertrag Nr. ##-##-#### zur Ausführung von Gehölzpflegearbeiten an mehreren Platanen im Bereich der B bei einer Vertragssumme in Höhe von 44.024,05 € (Anl. RNSP 1, RNSP 2). Die zwischen den Parteien geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen bestehen u.a. aus den folgenden Bestandteilen (z.T. Anl. B1):
4 Zuschlag und Angebotsschreiben,
5 besondere Vertragsbedingungen,
6 weitere Besondere Vertragsbedingungen,
7 zusätzliche Vertragsbedingungen,
8 sowie die Baubeschreibung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob unter Beifügung des Lang- oder Kurztextes des Leistungsverzeichnisses.
9Ausweislich der Baubeschreibung sollten von dem Vertrag die Ausführung der folgenden Arbeiten erfasst werden:
10 die Durchführung der Kronenpflege bei alten Bäumen über 50 Jahren mit Massariakrankheit,
11 die Durchführung der Kronensicherung,
12 die Prüfung der Kronensicherung,
13 die Durchführung der Kronenpflege ohne Massariakrankheit und
14 das Entfernen von Totholz zum Anlieger.
15Am 13.04.2018 beantragte der Kläger die verkehrsrechtliche Anordnung und zeigte den Arbeitsbeginn der Kronenpflege für den 02.05.2018 an. Er nahm die Arbeiten am 03.05.2018 nach vorheriger Durchführung eines Einweisungstermins auf, bei dem der Kläger u.a. auch darauf hingewiesen wurde, dass eine Arbeitsbühne notwendig sei (Anl. B2). An diesem Tag bemängelten die Mitarbeiter des beklagten Landes, die Herren A und C, die Vornahme der Entsorgung der Hackspäne in die Böschung durch den Kläger, was er sodann gemeinsam mit seinem Mitarbeiter D behob. Am 04.05.2018 bemängelten die genannten Mitarbeiter des beklagten Landes zudem die Schnittmaßnahmen bezüglich der Stock- und Stammaustriebe.
16Am 16.01.2019 fand ein Termin zum gemeinsamen Aufmaß des Klägers und des Mitarbeiters A des beklagten Landes statt, bei dem der Kläger auf der dritten Abschlagsrechnung handschriftlich die Worte „Schlussr. + 523,60 €" vermerkte. Den genannten Betrag zahlte das beklagte Land in der Folgezeit an den Kläger, nachdem die übrigen Rechnungen bereits jeweils per Abschlagszahlung abgegolten waren. Auch fand eine Abnahme der Arbeiten des Klägers durch das beklagte Land statt.
17Unter dem 03.02.2019 stellte der Kläger dem beklagten Land eine als „Nachtragsrechnung Nr. 1219 Kronenpflege am E bezeichnete Rechnung über einen weiteren Betrag in Höhe von 60.478,78 € aus (Anl. RNSP 4).
18Das beklagte Land verweigerte in der Folgezeit die Zahlung, woraufhin am 27.06.2019 ein Anhörungsgespräch zwischen diesem und dem Kläger stattfand. Im Anschluss daran verblieb das beklagte Land jedoch bei seinem Rechtsstandpunkt und es erging unter dem 13.08.2019 ein entsprechender zurückweisender Bescheid (Anl. RNSP 5). Auf den Einspruch des Klägers vom 07.10.2019 (Anl. RNSP 6) wurde dieser Bescheid mit Schreiben vom 24.10.2019 aufrechterhalten (Anl. RNSP 7).
19Der Kläger behauptet, unter Bezugnahme auf das Gedächtnisprotokoll in der Anlage RNSP 3, am 08.05.2018 habe der Mitarbeiter A des beklagten Landes eine Kronenauslichtung sowie einen Lichtraumprofilschnitt mit den Worten „Ich muss von unten die Kronenspitze sehen können und alle Äste dazwischen müssen raus.“ gefordert. Er ist der Auffassung, hierin sei eine Nachtragsbeauftragung zu sehen, da sich diese Anforderungen mit keiner der vertraglich vereinbarten Gehölzpflegearbeiten deckten und alle sich reibenden, kreuzenden, beschädigten, kranken und abgestorbenen Äste bereits entfernt gewesen seien. Auch folge aus dem Ausnahmecharakter der Kronenauslichtung gemäß ZTV Baum StB 04 S. 13, dass eine solche nicht grundsätzlich von der Leistungsbeschreibung des Vertrags umfasst sein könne, sondern explizit erwähnt werden müsse. Weiter behauptet der Kläger, er habe unverzüglich bei Erteilung der genannten Anordnungen darauf hingewiesen, dass diese Arbeiten nicht mehr von dem ursprünglichen Vertrag gedeckt seien, gleichwohl hätten die Mitarbeiter A und C des beklagten Landes auf die Erfüllung der neuen Vorgaben bestanden. Daraufhin habe der Kläger die ihm obliegenden vertraglichen Leistungen sowie auch die nachbeauftragte Kronenauslichtung vollständig sowie sach- und fachgerecht ausgeführt. Alle Bemängelungen des beklagten Landes seien behoben worden. Er vertritt weiter die Auffassung, die VOB/B sei auf das vorliegende Vertragsverhältnis nicht anwendbar, da es sich bei den Gehölzpflegearbeiten nicht um eine Bauleistung in diesem Sinne handele. Auch die Regelungen der BVB und ZTV passten daher nicht. Zudem sei Ziffer 5.1 der Baubeschreibung nicht Vertragsbestandteil geworden, da Ziffer 5 des Angebotsschreibens diese gerade nicht erwähne. Ohnehin sei ausweislich des Angebotsschreibens nur die mit der Anlage RNSP 2 vorgelegte Kurzfassung, nicht aber die mit der Anlage B1 zur Akte gereichte Langfassung des Leistungverzeichnisses Vertragsbestandteil geworden. Abgerechnet werde sodann nach Bäumen und erbrachtem Aufwand. Einer Preisfortschreibung gemäß Urkalkulation habe es nicht bedurft, da sich nicht die Anzahl der Bäume erhöht habe, sondern vielmehr die Arbeit eine andere geworden sei. Der in Rechnung gestellte Aufwand sei auch erforderlich und angemessen gewesen.
20Der Kläger beantragt,
21das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 60.478,78 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2019 zu zahlen.
22Das beklagte Land beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Es behauptet, auf die Bemängelung fehlender Entfernung von Stamm- und Stockaustrieben sowie des Häckselns im Trennstreifen im Rahmen des Ortstermins am 03.05.2018 habe sein Mitarbeiter A dem Kläger die entsprechenden Positionen des Leistungsverzeichnisses zur Kronenpflege vorgelesen und per E-Mail zudem darauf hingewiesen, dass zu wenig aus der Krone geschnitten werde, was für den weiteren Bauablauf zu berücksichtigen sei. Bei dem Ortstermin am 08.05.2018 hätten seine Mitarbeiter A, C und F zudem einem Mitarbeiter des Klägers gegenüber die folgenden Beanstandungen sowie in Bezug auf die letztgenannte Beanstandung zudem die Anordnung der Einstellung der Arbeiten vornehmen müssen (Lichtbilder Anl. B4): abgeschnittene Äste in der Krone, fehlerhafte Schnittführung, Verletzung der Baumrinde, Stehenlassen von Totholz, abgeschnittener Ast und Häckselgut im Bankett, Fahrspuren im Bankett, fehlende Entfernung kreuzender Äste sowie fehlerhafte Baustellenabsicherung bzw. fehlende Abdeckung der Verkehrszeichen. Bei einem weiteren Besprechungstermin am 15.05.2018 hätten die genannten Punkte erneut sowie das Arbeiten mit einen Teleskoplader anstelle einer Arbeitsbühne, der die geforderte lichte Höhe von 35 m nicht erreicht habe, gerügt werden müssen. Im Übrigen sei lediglich betreffend dreier Bäume an der L ### Abschnitt ## in Bezug auf Ziffer 3.1.6 der ZTV-Baumpflege 2006 (Anl. B5) verlangt worden, das Lichtraumprofil freizuschneiden. Insgesamt habe das beklagte Land so ausschließlich die vertraglich geschuldete Leistung gefordert. Anlässlich des Aufmaßtermins am 16.01.2019 habe der Kläger zudem betreffend der Kronenpflege eingeräumt, das Leistungsverzeichnis nicht gelesen zu haben (Anl. B6). Im Übrigen sei das beklagte Land erstmals mit dem Nachtragsangebot auf etwaige zusätzliche Leistungen hingewiesen worden. Zudem ist das beklagte Land der Ansicht, die Schlussrechnung sei bereits intransparent, da sie nicht alle Positionen des Auftrags umfasse. Auch sei die Klage der Höhe nach unschlüssig. So habe der Kläger nach Einheitspreisen anstatt nach Stunden abzurechnen, es fehle die Vorlage einer Urkalkulation, auch sei ein einheitliches Abrechnungssystem zu wählen und das beklagte Land behauptet zudem, dass Leistungsverzeichnispositionen in der Nachtragsrechnung zudem doppelt abgerechnet worden seien. So sei etwa nach dem Leistungsverzeichnis die Hubbühne ohnehin zu stellen und Sägen und Motorgeräte als notwenige Werkzeuge vorzuhalten gewesen, bei der Bearbeitung von Schnittgut durch einen Häcksler handele es sich um eine Teilleistung aus der Position „Kronenpflege“ und die Verkehrssicherung richte sich nach der Position 00.01.001 des Leistungsverzeichnisses. Auch würden die Massen der Nachtragsrechnung bestritten. Zudem seien Nachweise weder zeitnah noch mit der Rechnung vom 03.02.2019 eingereicht worden.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die diesen beigefügten Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2020 Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Die zulässige Klage ist unbegründet.
28Dem Kläger steht gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn in der beantragten Höhe aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt, und insbesondere nicht gemäß der §§ 631 Abs. 1 BGB, 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag, zu.
29Denn die der Rechnung vom 03.02.2019 zugrundeliegenden Kronenpflegearbeiten sind nach Auffassung der Kammer bereits Teil der zwischen den Parteien vereinbarten Leistungen und daher nicht als zusätzliche Leistungen im Sinne des § 2 Abs. 6 Ziffer 1 VOB/B zu vergüten.
30Die Parteien sind durch einen Bauvertrag miteinander verbunden und sie haben die VOB/B mit dem Stand 2016 in Ziffer 5 des Angebotsschreibens des Klägers, auf welches sich der Zuschlag bezieht, wirksam einbezogen. Auch sind Straßenbäume Zubehör von Straßen und damit im Sinne des § 1 VOB/A ein Teil der „baulichen Anlage“ Straße selbst. Daher fallen Baumpflegearbeiten an Straßenbäumen als Instandhaltungsarbeiten unter die „Bauleistungen“ i.S. des § 1 VOB/A (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.07.1998 – U(Kart)24/98 = NJWE-WettbR 1999, 68). Nichts anderes gilt nach Auffassung der Kammer für den Begriff der „baulichen Anlage“ der VOB/B. Diese entspricht auch dem Verständnis der §§ 650a ff BGB, die infolge ihres Inkrafttretens erst zum 01.01.2018 auf den vorliegenden, bereits im Jahr 2017 geschlossenen, Vertrag jedoch keine Anwendung finden.
31Für die Abgrenzung, welche Arbeiten von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rn. 1474).
32Insoweit treffen das beklagte Land als öffentlichen Auftraggeber besondere Anforderungen.
33Aus der Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, den Leistungsgegenstand eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, folgt die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung. Bieter dürfen grundsätzlich davon ausgehen, dass ein öffentlicher Auftraggeber ein Vergabeverfahren so durchführt, dass es mit dem Vergaberecht konform geht. Sie dürfen sich darauf verlassen, dass der Auftraggeber dem Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gefolgt ist. Sowohl für die Kalkulation und Erstellung der Angebote wie für die spätere Vertragsausführung darf der Bieter daher unterstellen, dass die Leistung richtig beschrieben ist und alle erforderlichen Details vollständig angegeben sind, soweit sich aus den Ausschreibungsunterlagen nichts Abweichendes ergibt. Eine objektive Mehrdeutigkeit oder Unklarheit der Leistungsbeschreibung darf deshalb nicht zum Nachteil eines Bieters gereichen. Unklarheiten und Unvollständigkeiten gehen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers. Aus der Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers folgt allerdings die Obliegenheit der Bieter, die Leistungsbeschreibung auf etwaige Unklarheiten oder Unvollständigkeiten zu prüfen. Erkennt der Bieter den Verstoß des öffentlichen Auftraggebers gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung oder hätte er ihn bei der im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung erkennen können, kann er sich nicht auf die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung berufen. Ein Bieter muss sich darum bemühen, vor Abgabe seines Angebotes Zweifelsfragen zu klären, die aus Unklarheiten oder Unvollständigkeiten der Leistungsbeschreibung erkennbar sind. Er darf der Leistungsbeschreibung nicht eigenmächtig sein Verständnis aufdrängen. Unterlässt der Bieter die gebotene Aufklärung, muss er dies gegen sich gelten lassen. An die Prüfungspflicht der Bieter sind jedoch keine hohen Anforderungen zu stellen. Die Verantwortung für die Erstellung der Vergabeunterlagen und insbesondere der Leistungsbeschreibung liegt beim öffentlichen Auftraggeber (MüKoEuWettbR/Pauka, 2. Aufl. 2018, GWB § 121 Rn. 26, 27).
34Diesen Anforderungen ist das beklagte Land vorliegend nachgekommen. Die Parteien haben das „Bausoll“ in der Ziffer 1 der Baubeschreibung sowie den Positionen 00.02.0001 bis 00.02.0004 und 01.02.0001 bis 01.02.0004 der Langtextfassung des Leistungsverzeichnisses definiert.
35Namentlich heißt es in der Ziffer 1 der Baubeschreibung:
36„Bei der ausgeschriebenen Maßnahme handelt es sich um die alljährliche Kontrolle und Kronenpflege von Platanen, die mit der Massaria-Krankheit befallen sind oder befallen werden könnten.
37Die betroffenen Bäume sind unterschiedlich alt mit entsprechend ausgebildeten Baumkronen. Sie müssen von einer Hubarbeitsbühne mit einer Arbeitshöhe von mindestens 35 m aus kontrolliert und beschnitten werden.
38[..]
39Darüber hinaus sind Kronen von Altbäumen an verschiedenen Landes- und Bundestraßen zu beschneiden. Dadurch soll die Gefahr von Astbruch über Anliegergrundstücken minimiert werden.“
40Unter dem Punkt 1.1 der Baubeschreibung findet sich zudem die folgende Regelung zu Art und Umfang der auszuführenden Leistungen:
41„ca. 218 St. Kronenpflege > 50J. alte Bäume mit Massariakrankheit durchführen
42ca. 147 St. Kronenpflege < 50J. alte Bäume mit Massariakrankheit durchführen
43ca. 2 St. Kronensicherung durchführen
44ca. 5 Std. Kronensicherung prüfen
45ca. 514 St. Kronenpflege ohne Massariakrankheit durchführen, Totholz zum Anlieger entfernen.“
46Die so in der Baubeschreibung vorgesehenen Kronenpflegearbeiten haben die Parteien in der Langtextfassung des Leistungsverzeichnisses unter den Positionen 00.02.0001 bis 00.02.0004 sowie 01.02.0001 bis 01.02.0004 wie folgt weiter konkretisiert, wobei entsprechend der o.g. Darstellung unterschiedliche Preise je nach Alter der Bäume und Befall mit der Massariakrankheit gelten sollten:
47„Kronenpflegearbeiten […]
48Sich reibende, kreuzende, beschädigte, kranke und abgestorbene Äste und Zweige abschneiden. Vorhandene Überwallungen erhalten. Abgerechnet wird nach Stück Baum. Baumstandort = 10 m vom Fahrbahnrand. Stock- und Stammaustriebe entfernen. Neigung der Fläche 1 : 4 bis 1 : 1,5. Baumhöhe über 20 bzw. 25 m. Kronendurchmesser über 15 bzw. 20 m. Alter der Bäume über 30 Jahre unter 50 Jahre bzw. über 50 Jahre. Schnittgut der Verwertung nach Wahl des AN zuführen. Höhe der Arbeitsbühne mindestens 35 m.“
49Diese Langfassung des Leistungsverzeichnisses findet nach Auffassung der Kammer vorliegend auch Geltung. Zwar wurde dem Angebotsschreiben vom 12.03.2017 ausweislich dessen S. 1 als Anlage lediglich die Leistungsbeschreibung in der Kurzfassung beigefügt, die keine der beiden Parteien zur Gerichtsakte gereicht hat. Jedoch findet sich unter der Ziffer 8 des genannten Schreibens zudem die Erklärung des Bieters, „den Wortlaut der vom Auftraggeber verfassten Langfassung des Leistungsverzeichnisses als allein verbindlich“ anzuerkennen. Darüber hinaus wird in Ziffer 1.1 der Baubeschreibung ausdrücklich auf das Langtextverzeichnis sowie dessen Erläuterungen verwiesen. Zudem hat sich der Kläger auch selbst in seiner Nachtragsrechnung auf die Positionen dieses Leistungsverzeichnisses gestützt und insoweit in dem Termin zur mündlichen Verhandlung zudem eingeräumt, dass ihm das Leistungsverzeichnis natürlich bekannt gewesen sei und er andernfalls auch eine Kalkulation nicht hätte aufstellen können.
50In der Baubeschreibung haben die Parteien sodann unter der Ziffer 5 zusätzlich vereinbart, dass u.a. die ZTV Baum-STB 04 und die ZTV Baumpflege 06 Anwendung finden sollen. Aus der ZTV-Baumpflege aus dem Jahr 2006 (Anl. B5) ergibt sich in Ziffer 3.1.6 am Ende, dass Bäume an Verkehrsflächen im Rahmen der Kronenpflegearbeiten u.a. auf die Einhaltung des Lichten Raumes zu überprüfen und ggf. entsprechend zu schneiden seien. Weiter findet sich in Ziffer 3.1.7 die folgende Regelung:
51„Auslichtungsmaßnahmen werden nach dem Umfang des zu entfernenden Fein- und Schwachastanteils unterschieden in: leicht (ca. 5%), mittel (ca. 10%), stark (ca. 15%).
52Darüber hinaus sind zu dicht stehende Äste unter Beibehaltung des Kronenmantels abzuschneiden, überzählige Wasserreiser auszudünnen.
53Sollen darüber hinaus Maßnahmen der Kronenpflege ausgeführt werden, sind diese besonders zu vereinbaren. […]“
54Aus den genannten Regelungen der ZTV Baumpflege 06 ergibt sich nach Auffassung der Kammer bereits, dass die Kronenpflegearbeiten zwangsläufig einen näher definierten Grad der Auslichtung mitumfassen. Lediglich besonders intensive Auslichtungsarbeiten sollen danach hiervon ohne gesonderte Vereinbarung nicht erfasst werden. Welchen konkreten Mehraufwand die behauptete Kronenauslichtung vorliegend erfordert haben soll, hat der Kläger jedoch bereits nicht vorgetragen, während das beklagte Land demgegenüber behauptet, anlässlich mehrerer Termine habe festgestellt werden müssen, dass die nach den oben genannten Regelungen geforderte lichte Höhe von 35 m nicht erreicht worden sei und im Übrigen sei lediglich betreffend dreier Bäume an der L ### Abschnitt ## in Bezug auf Ziffer 3.1.6 der ZTV Baumpflege verlangt worden, das Lichtraumprofil freizuschneiden.
55Ob dem tatsächlich so war, kann nach Auffassung der Kammer jedoch dahinstehen, denn selbst im Falle der Wahrunterstellung der behaupteten Aussage des Mitarbeiters des beklagten Landes A „Ich muss von unten die Kronenspitze sehen können und alle Äste dazwischen müssen raus.“, vermag die Kammer hierin mangels weiteren Vortrags zu dem konkreten Mehraufwand für den Kläger keine von der genannten Regelung der ZTV Baumpflege 2006 abweichende Anforderung zu erkennen und es handelt sich daher selbst in diesem Fall nicht um eine zusätzliche, sondern vielmehr gerade um die vertraglich geschuldete Leistung.
56Aus den genannten Gründen kommt es auf die Frage der Prüffähigkeit der Rechnung vom 03.02.2019 und damit der Fälligkeit der Schlusszahlung gemäß § 16 Abs. 3 VOB/B nicht an, wobei dem beklagten Land insoweit beizupflichten ist, dass sie nicht alle Positionen des Auftrags umfasst und daher schon keine Schlussrechnung darstellt, dass es zudem nicht ersichtlich ist, welche Leistungen bereits mit den erfolgten Abschlagszahlungen abgegolten wurden und nach den im Vorstehenden zitierten Passagen des Leistungsverzeichnisses bereits eine Arbeitsbühne zu verwenden, dass die notwendigen Werkzeuge gemäß der Position 00.00.0001 der Langfassung des Leistungsverzeichnisses vorzuhalten waren, dass die Verkehrssicherung bereits Teil der Position 00.01.001 dieses Verzeichnisses waren und dass gemäß Ziffer 3.2. der Baubeschreibung die Kosten für das mehrmalige Auf- und Abbauen der Baustelleneinrichtung in die Positionen 00.00.0001 und 00.00.0002 einzurechnen waren.
57Mangels Hauptanspruchs besteht auch der geltend gemachte Zinsanspruch nicht.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S.1, 2 ZPO.
59Der Streitwert wird auf 60.478,78 € festgesetzt.