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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Parteien streiten um das Fortbestehen von Verbraucherdarlehensverträgen nach erklärtem Widerruf.
3Die Klägerin, beruflich tätig als Juristin im Verwaltungsbereich, beabsichtigte den Erwerb einer Eigentumswohnung in ##### L zur Eigennutzung. Mit Hilfe des Vermittlers X von der J AG aus ##### T kamen Beklagten nach am 20.09.2011 unterzeichneter Selbstauskunft nebst Finanzierungsanfrage (Anlage B3) zwei Darlehensverträge unter der Hauptdarlehens-Nr. ########## zu Stande.
4Unter dem 21.09.2011 richtete die Klägerin als Darlehensnehmerin und Verbraucherin an die Beklagte, einem Kreditinstitut, als Darlehensgeberin einen zuvor von der Beklagten überlassenen Darlehensantrag (Anlage K1, Anlage B1) unter der Unterkonto-Nr. -### über die Gewährung eines dinglich in Höhe von 86.203,00 € zu sichernden Wohnungsbaudarlehens in Höhe von 48.203,00 € zu einem bis zum 31.12.2031 gebundenen Zinssatz von nominal 3,88 %, effektiv 3,95 %, mit einer 1 %igen anfänglichen Tilgung und einer monatlichen Rate in Höhe von 196,03 €. Der Darlehensvertrag enthielt auf Seite 7 eine Widerrufsinformation. Bestandteil der Vertragsunterlagen waren neben den Finanzierungsbedingungen ebenfalls ein „Europäisches Standardisiertes Merkblatt“ (Anlage B1), das die Klägerin ebenfalls unterschrieb. Sie übersandte das von ihr unterschriebene Exemplar der Vertragsunterlagen an die Beklagte. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 22.09.2011 die Annahme des Antrages (Anlage K2). Die Klägerin erhielt von der Beklagten weder ein Exemplar des beiderseits unterschriebenen Darlehensvertrages noch ein von ihr unterschriebenes Exemplar des Darlehensantrages vom 21.09.2011 zugesandt.
5Des Weiteren unterbreitete die Beklagte, von ihr bereits am 27.09.2011 unterschrieben, der Klägerin ein Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages zur Kontonummer -### (Anlage K2, Anlage B2) über 20.000,00 € aus Finanzierungsmitteln des L2-Wohneigentumsprogramms (124) mit einem bis zum 30.09.2021 gebundenen Zinssatz von nominal 3,00 %, effektiv 3,03 %, einer ab dem 30.12.2012 mit 9,7198 % einsetzenden Tilgung und einer nach Ablauf der tilgungsfreien Zeit einsetzenden Vierteljahrsleistung in Höhe von 635,99 €. Das Darlehen sollte durch Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 86.203,00 € – ausweislich des Vertragestextes zu Ziffer 2 „incl. E Bank Darlehen unter gleicher Kontonummer in Höhe von 48.203,00 €“ – gesichert werden. Der Vertrag enthielt auf Seiten 8 und 9 eine Widerrufsbelehrung. Bestandteil der Vertragsunterlagen waren neben den L2- und Finanzierungsbedingungen auch ein „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen aus dem L2-Wohnungseigentumsprogramm (124) der Kreditanstalt für Wiederaufbau (L2) für den Verbraucher“ (Anlage B2). Die Klägerin unterzeichnete Darlehensvertrag und Informationsblatt am 01.10.2011 und sandte die für die Beklagten bestimmten Unterlagen an diese zurück.
6Die Klägerin stellte die vereinbarte Sicherheit. Die Beklagte brachte die Darlehensbeträge zur Auszahlung. Die Klägerin nahm die vereinbarten Ratenzahlungen auf.
7Mit Vertrag vom 08./11.12.2015 vereinbarten die Parteien einen Tilgungssatzwechsel hinsichtlich des Darlehens mit der Unterkonto-Nr. -### auf 5 % unter entsprechender Anpassung der monatlichen Rate auf 356,70 € zum 31.12.2015 (Anlage B5).
8Mit Schreiben vom 28.12.2015 erklärte die Klägerin den Widerruf der Darlehensverträge und stellte künftige Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung (Anlage K4). Die Beklagte lehnte das Ansinnen der Klägerin mit Schreiben vom 27.01.2016 ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.03.2016 vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen (Anlage K5). Hierauf reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 01.04.2016 ablehnend (Anlage K6).
9Auf die vorbezeichneten Anlagen wird hinsichtlich Inhalt und Gestaltung verwiesen.
10Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie ihre Willenserklärungen noch wirksam habe widerrufen können. Die Frist habe nicht zu laufen begonnen, weil bereits die Voraussetzungen hierfür nicht eingetreten seien. Der Darlehensvertrag zur Unterkonto-Nr. -### enthalte nicht die Pflichtangaben des § 492 Abs. 2 BGB a.F., Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3, 4 und 5 EGBGB a.F. Es seien Angaben zur Aufsichtsbehörde, zum Anspruch auf Überlassung eines Tilgungsplanes und zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung notwendig und nicht erteilt. Auch fehle es an Angaben zur Berechnungsmethode für eine geltend zu machende Vorfälligkeitsentschädigung (Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB a.F.) und über den Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerdesystem (Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB a.F.). Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB a.F. ändere daran nichts. Jedenfalls könne sie gemäß § 494 Abs. 6 S. 1 BGB a.F. jederzeit kündigen. Sie müsse nach § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. auch ihren schriftlichen Antrag erhalten. Die Widerrufsfrist habe nach § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen begonnen. Zudem sei in Anbetracht der nachfolgenden Bindungsfrist nicht erkennbar, inwiefern ihm ein Widerrufsrecht zustehe.
11Der Darlehensvertrag zur Unterkonto-Nr. -### sei nicht von der Ausnahme des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. erfasst. Die Konditionen entsprächen nicht dem L2-Wohnungsförderprogramm 124. Bei dem Programm handele es sich nicht um ein Programm an einen begrenzten Personenkreis. Auch seien nicht günstigere als marktübliche Bedingungen und nicht höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart. Eine Vergünstigung bei einer vorzeitigen Ablösung oder Sondertilgungsrechte seien ebenfalls nicht vorgesehen. Es sei zu berücksichtigen, dass mit einer Buchgrundschuld über 68.203,00 € eine Übersicherung vorliege. Das Darlehen werde nicht auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse gewährt. Die Widerrufsbelehrung sei in Anlehnung an einen nicht vorliegenden Fernabsatzvertrag erteilt und genüge nicht den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F.
12Die Darlehensverträge entsprächen zudem nicht der Form des § 492 Abs. 1 BGB a.F.
13Die Klägerin beantragt,
14festzustellen, dass die unter der Hauptdarlehens-Nr. ########## geschlossenen Darlehensverträge der Parteien vom 21.09.2011/22.09.2011 über 48.203,00 € (Darlehenskonto-Nr.: ##########) und 20.000,00 € (Darlehenskonto-Nr.: ##########) mit ihrem Schreiben vom 28.12.2015 wirksam widerrufen wurden und sich die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Ansicht, dass es der Klägerin an einem Feststellungsinteresse mangele. Zudem seien die Voraussetzungen des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. erfüllt. Die Widerrufsinformation zum Darlehensvertrag mit der Unterkonto-Nr. -### sei ordnungsgemäß und entspreche dem Muster. Die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag mit der Unterkonto-Nr. -### sei ebenfalls ordnungsgemäß und entspreche dem Muster bei Fernabsatzverträgen. Die Klägerin habe ihr Widerrufsrecht verwirkt, mache dieses jedenfalls rechtsmissbräuchlich geltend, sodass sie sich darauf nicht berufen könne.
18Entscheidungsgründe
19Die Klage ist unbegründet.
20Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin ein Feststellungsinteresse hat.
21Das Feststellungsinteresse hat als Prozessvoraussetzung gerade die Funktion zu verhindern, dass Gegner und Gericht ohne ausreichendes Interesse an gerichtlichem Rechtsschutz durch ein Verfahren belastet werden. Dem würde es widersprechen, wenn die Prüfung des Feststellungsinteresses als Zulässigkeitsvoraussetzung auch dann gefordert würde, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Unbegründetheit eines Antrags bereits feststeht (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis, BGH, Beschluss vom 26.09.1995 - KVR 25/94 -, NJW 1996, 193; s. auch zum Feststellungsinteresse BGH, Urteil vom 27.11.1957 - IV ZR 121/57 -, NJW 1958, 384; BeckOK ZPO/Bacher § 256 ZPO, Rn. 16).
22Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
23Die unter der Hauptdarlehens-Nr. ########## geschlossenen Darlehensverträge der Parteien vom 21.09.2011/22.09.2011 über 48.203,00 € (Darlehenskonto-Nr.: ##########) und 20.000,00 € (Darlehenskonto-Nr.: ##########) hat die Klägerin nicht mit Schreiben vom 28.12.2015 wirksam widerrufen, sodass sich die Darlehensverträge auch nicht in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben.
24Der Klägerin stand am 28.12.2015 kein Widerrufsrecht mehr gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der im September/Oktober 2011 gemäß Art. 229 §§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 11 Abs. 1, 22 Abs. 2, 32 Abs. 1, 38 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen Fassung (a.F.) nach Maßgabe des § 355 BGB a.F. zu.
25Die Widerrufsinformation zu dem Darlehensvertrag mit der Unterkonto-Nr. -### ist ordnungsgemäß.
26Der von der Klägerin mit Schreiben vom 28.12.2015 erklärte Widerruf ist verfristet. Er erfolgte nicht innerhalb der 14-tägigen Frist gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Die Klägerin ist ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert worden.
27Die Widerrufsinformation unterrichtete die Klägerin zureichend über den Beginn der Widerrufsfrist im Sinne von Art. 247 §§ 9 Abs. 1 S. 3, 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F.
28Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zu schützen. Ihm soll deshalb bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags Gelegenheit gegeben werden, den Vertragsabschluss noch einmal zu überdenken. Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Leitbild ist für das hier maßgebliche Recht, das vollharmonisiertes Unionsrecht umsetzt, der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher (BGH, Urteil vom 23.02.2016 - XI ZR 101/15, WM 2016, 706 Rn. 32 ff.; Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15, BeckRS 2016, 115038).
29Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher konnte die Bedingungen, unter denen die Widerrufsfrist anlaufen sollte, aus der von der Beklagten erteilten Widerrufsinformation erschließen. Die Widerrufsinformation entspricht auch vollständig dem maßgeblichen Muster nach Anlage 6 EGBGB a.F. Zudem ist die Widerrufsinformation durch Rahmen, Beginn auf einer neuen Seite und fettgedruckte Überschriften deutlich hervorgehoben. Zudem genügt die Widerrufsinformation den gesetzlichen Anforderungen von Art. 247 §§ 9 Abs. 1 S. 3, 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB a.F.
30Die Widerrufsinformation steht auch nicht im Widerspruch zur vertraglichen Bindungsfrist. Die Widerrufsmöglichkeit bedingt gerade eine rechtlich bindende Erklärung des Verbrauchers. Zu einer nicht bindenden Erklärung bedarf es keines Widerrufsrechts. Die Bindungsfrist stellt eine gemäß §§ 145, 147 Abs. 2, 148 BGB mögliche und zur Vermeidung von Unsicherheiten, innerhalb welchen Zeitraums eine Annahmeerklärung durch die Beklagte erfolgen kann, § 147 Abs. 2 BGB, sinnvolle zeitliche Beschränkung der Verbindlichkeit des Antrages der Klägerin dar. Dass die Bindungsfrist an die Unterzeichnung der Erklärung und nicht deren Zugang gemäß § 130 BGB anknüpft, ist auch nicht zu beanstanden, da hiermit eine für die Klägerin und die Beklagte aufgrund der Datumsangabe durch die Klägerin jederzeit nachvollziehbare Frist gemäß §§ 145, 147 Abs. 2, 148 BGB zur Annahme des Angebots gesetzt ist.
31Soweit die Klägerin hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf § 356b Abs. 2 BGB abstellt, ist diese Vorschrift gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1 EGBGB nicht anwendbar, da der Vertragsschluss im September bzw. Oktober 2011 erfolgte.
32Die in Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3, 4 und 5, § 7 Nr. 3 und 4 EGBGB a.F. aufgeführten Angaben, die die Klägerin vermisst, sind gemäß Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB a.F. keine Pflichtangaben, über die zu informieren war.
33Im Fall von Immobiliardarlehensverträgen sind Angaben zur Kündigung, zur Aufsichtsbehörde, zum Anspruch auf Überlassung eines Tilgungsplanes, zur Berechnungsmethode für eine geltend zu machende Vorfälligkeitsentschädigung und über den Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerdesystem wegen Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB a.F. nicht verpflichtend. Bei Immobiliardarlehensverträgen bestehen abweichend von Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB nur reduzierte Mitteilungspflichten. Gemäß Art. 247 § 9 EGBGB a.F. sind nur die Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1-7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4, § 6 Abs. 2 und § 8 EGBGB a.F. zwingend, wohingegen bei anderen Verbraucherdarlehensverträgen alle Angaben nach Art. 247 §§ 3 bis 8, 12 und 13 EGBGB a.F. zwingend sind (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15-, Rn 25 ff.).
34Es handelt sich um einen Immobiliarverbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 503 BGB a.F. Dies sind Verträge, bei denen die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird und zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind. Die Zurverfügungstellung des Darlehens ist von der Sicherung durch eine Grundschuld abhängig gemacht. Hinsichtlich der Marktüblichkeit der Bedingungen ist wesentlich auf den Vergleich mit der um jedenfalls einen Prozentpunkt erhöhten MFI-Zinsstatistik abzustellen (BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15 -, Rn. 24; Urteil vom 19.01.2016 – XI ZR 103/15 –, BGHZ 208, 278-290, Rn. 17; Urteil vom 18.12.2007 – XI ZR 324/06 –, Rn. 29, juris; Urteil vom 25.04.2006 – XI ZR 219/04 –, Rn. 50, juris; Urteil vom 18.03.2003 – XI ZR 422/01 –, Rn. 18, juris). Danach beträgt der Effektivzinssatz im September 2011 für eine Zinsbindung von mehr als 10 Jahren 3,78 %. Der vertragliche Effektivzins lag mit 3,95 % nur geringfügig über diesem Wert und damit innerhalb der Marktüblichkeit.
35Die Annahme die Klägerin, die in Art. 247 § 9 EGBGB a.F. nicht genannten Angaben seien zwar nicht zwingend, führten aber bei Unterlassen zu einer Sanktionierung im Sinne von § 494 BGB a.F., ist weder von dem Wortlaut, noch dem Sinn und Zweck oder der Systematik der Vorschriften gedeckt.
36Zweck des § 494 Abs. 6 S. 1 BGB a.F. ist es, dem Verbraucher die Möglichkeit zu eröffnen, einen Vertrag zu kündigen, bei dem er nicht ordnungsgemäß über sein Kündigungsrecht belehrt wurde. Dies räumt zum Ausgleich der Interessen dem Verbraucher genau die Möglichkeit ein, über die der Unternehmer pflichtwidrig nicht vollständig belehrt hat. Soweit jedoch keine Pflicht zur Belehrung besteht, was bei Immobiliardarlehen wegen Art. 247 § 9 EGBGB a.F. der Fall war, wird der Verbraucher durch die unterlassene Belehrung nicht in seinen Rechten beschränkt. Gleiches gilt für die übrigen geltend gemachten Belehrungsdefizite.
37Die Vorschrift § 494 BGB a.F. knüpft an die Regelungen des § 492 BGB a.F. über Schriftform und erforderliche Angaben bei Verbraucherdarlehensverträgen an. Sie enthält für den Fall, dass diese Regelungen nicht eingehalten werden, ein ausdifferenziertes System von Sanktionen und bemüht sich um einen Kompromiss zwischen dem Interesse des Darlehensnehmers an der Nutzung des Kapitals und demjenigen des Darlehensgebers an der Erlangung von Zinsen und sonstigen Darlehenskosten (Münchener Kommentar/Schürnbrand, BGB, 6. Auflage 2012, § 494 BGB, Rn. 1).
38Aus dieser Systematik des § 494 BGB a.F. folgt, dass es sich um ein gestuftes Sanktionensystem für den Fall handelt, dass bei einem Verbraucherdarlehensvertrag die Schriftform nicht eingehalten ist oder eine der in Artikel 247 §§ 6 und 9 – 13 EGBGB a.F. vorgeschriebenen Angaben fehlt.
39In einem solchen Fall ordnet § 494 Abs. 1 BGB a.F. die Nichtigkeit des Vertrages an. Demgegenüber führt die Auszahlung des Darlehens gem. § 494 Abs. 2 BGB zur Heilung des Vertrags im Falle der an sich durch Abs. 1 angeordneten Nichtigkeit. Die Abs. 3, 4 und 6 enthalten als (weitere) Sanktion für eine pflichtwidrig mangelhafte Information des Darlehensnehmers eine Modifikation des Vertragsinhalts zu Lasten des Darlehensgebers (Münchener Kommentar/Schürnbrand, BGB, 6. Auflage 2012, § 494 Rn. 30). Soweit jedoch keine Pflicht zur Information nach § 494 Abs. 1 BGB a.F. besteht, kann nach Ansicht der Kammer das Sanktionensystem nicht eingreifen (so aber OLG Koblenz, Beschluss vom 15.10.2015 - 8 U 241/15 -, worauf sich die Klägerin bezieht). Es ist auch nicht ersichtlich, dass mit der Einführung der Sanktionen in den Abs. 3, 4 und 6 auch andere als die in Abs. 1 angegebenen Angaben zu Pflichtangaben gemacht werden sollten.
40Auch vom Wortlaut der Normen überzeugt eine solche Ansicht nicht. Aus der Verwendung des Begriffs „zwingender“ Angaben in Art. 247 § 9 EGBGB a.F. lässt sich nicht ableiten, dass ein Unterlassen dieser „zwingenden“ Angaben im Rahmen von Immobiliardarlehensverträgen zur Nichtigkeit im Sinne von § 494 Abs. 1 BGB a.F. führt, wohingegen ein Unterlassen aller anderen Angaben ebenfalls pflichtwidrig ist, aber keine Nichtigkeit zur Folge hat. Diese Ansicht verkennt, dass auch im Rahmen der in Art. 247 § 9 EGBGB nicht genannten Vorschriften ein „Zwang“ zur Aufnahme der dort genannten Informationen vorgesehen ist (Bsp.: Art. 246 § 6 Abs. 1 EGBGB a.F. „Der Verbraucherdarlehensvertrag muss klar und verständlich folgende Angaben enthalten“). Ein vermeintlicher Unterschied zwischen „Mussangaben“ und „zwingenden Angaben“ existiert schon sprachlich nicht.
41Soweit die Klägerin unter Verweis auf BT-Drs. 16/11643, S. 130 ausführt, dass, soweit andere als die sich aus Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB a.F. ergebenden Angaben im Vertrag fehlen, nicht die Nichtigkeitsfolge des § 494 BGB eintreten soll, vielmehr an die Stelle einer vertraglichen Vereinbarung die jeweilige gesetzliche Regelung gelten soll (so auch Palandt/Weidenkaff, 74. Aufl., Art. 247 § 9 EGBGB, Rn. 1), ergibt sich hieraus nichts anderes. Denn, wie sich ebenfalls der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, können weitere Angaben aus anderen Rechtsgründen, so beispielsweise bei Fernabsatzgeschäften, verpflichtend sein. Ein solcher Rechtsgrund ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere trägt die Klägerin selbst vor, dass die Darlehensverträge nicht im Fernabsatz geschlossen worden seien.
42Die Beklagte konnte den Darlehensvertrag dementsprechend auch nicht gem. § 494 Abs. 6 S. 1 BGB a.F. kündigen, da eine entsprechende Pflicht zur Information über die Kündigungsmodalitäten nicht bestand und damit auch nicht verletzt werden konnte.
43Es ist gemäß § 355 Abs. 2 S. 3 BGB auch nicht erforderlich, dass die Klägerin ihren eigenen schriftlichen Antrag im Original oder in Abschrift nach Antragstellung bzw. nach Vertragsschluss (erneut) ggf. mit ihrer (kopierten) Unterschrift von der Beklagten erhält. Nach dieser Norm beginnt die Widerrufsfrist bei einem schriftlich abzuschließenden Vertrag nicht, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Diese Regelung knüpft hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist an die gesetzlichen Vorgaben zur Überlassung einer Abschrift des Vertragstextes an, der spezialgesetzlich vorgesehen ist, wie mit § 492 Abs. 1 BGB a.F. für Verbraucherkreditverträge (vgl. BRegE BT-Drs. 14/2658, S. 47; MüKoBGB/Masuch, 6. Aufl. 2012, BGB § 355 Rn. 60). Dementsprechend stellt § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. keine weitergehenden Anforderungen an eine „Abschrift“ auf, als § 492 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Die hiernach zur Verfügung zu stellende „Abschrift ist unabhängig von ihrer Herstellung jedes Dokument, das den Vertragsinhalt wiedergibt, ohne dass es besonderer förmlicher Zusätze, wie beispielsweise einer Unterschrift, bedarf“ (BRegE BT-Drs. 16/11643, S. 80). Unter Abschrift ist damit ein Schriftstück zu verstehen, das den rechtsgeschäftlich relevanten Inhalt des schriftlichen Darlehensvertrags sowohl zur Information wie zu Beweiszwecken genau wiedergibt und an dessen Stelle tritt; einer Wiedergabe der Unterschrift bedarf es von daher nicht (MüKoBGB/Schürnbrand BGB § 492 Rn. 39-41; vgl. auch BeckOK BGB/Möller BGB § 492 Rn. 30; Staudinger/Sibylle Kessal-Wulf (2012) BGB § 492, Rn. 78). Dies deckt sich auch mit dem prozessualen Begriff der „Abschrift“ nach § 133 ZPO, der ebenfalls zur Auslegung herangezogen werden kann (MüKoBGB/Schürnbrand BGB § 492 Rn. 41, Fn. 92). Es ist nicht erforderlich, dass die Abschriften der im Prozess eingereichten Schriftsätze in Kopie mit der Unterschrift versehen sind.
44Die Klägerin hat eine solche Abschrift des von ihr gestellten Antrages zusammen mit dem für die Beklagte bestimmten Exemplar erhalten. Während sie das für die Beklagte bestimmte Exemplar unterschrieben und an diese zurückgesandt hat (Anlagen B1 und B2), hat sie das für sie selbst bestimmte Exemplar ausweislich der Anlagen K1 und K2 offenbar nicht unterschrieben, allerdings gleichwohl erhalten. Dies genügt unter Anlegung des aufgezeigten Maßstabes. Das Gesetz fordert nicht, dass die für die Klägerin bestimmte Abschrift ihres Antrages von ihr selbst unterschrieben ist – in diesem Fall wäre es auch keine Abschrift mehr – oder eine Kopie ihrer eigenen Unterschrift enthalten muss. Ebenfalls ist es für § 355 Abs. 2 S. 3 BGB ausreichend, dass sie eine Abschrift ihres noch zu stellenden Antrages zusammen mit dem von der Beklagten vorformulierten Antrag erhält. Die der Klägerin überlassene Abschrift ist soweit ersichtlich vollständig inhaltlich und textlich deckungsgleich mit dem von ihr gestellten Antrag. Eine Überlassung nach Vertragsschluss ist nicht gefordert und für die Überlassung einer Abschrift des Antrages der Klägerin auch nicht erforderlich.
45Die gegenüber der Klägerin von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Darlehensvertrages mit der Unterkontonummer -### ist nicht an den für Verbraucherdarlehensverträge geltenden Anforderungen der §§ 495, 355 BGB a.F. zu messen, da es sich bei dem L2-Vertrag um ein Förderdarlehen iS von § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. handelt. Dieser lautete in der Fassung vom 11.06.2010 bis zum 12.06.2014 auszugsweise wie folgt:
46§ 491 Verbraucherdarlehensvertrag
47(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer (Verbraucherdarlehensvertrag), soweit in den Absätzen 2 oder 3 oder in den §§ 503 bis 505 nichts anderes bestimmt ist.
48(2) Keine Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge,
49(3) […]
51Bei dem vorliegenden L2-Vertrag handelt es sich um einen Darlehensvertrag, der nur mit einem begrenzten Personenkreis aufgrund von Rechtsvorschriften im öffentlichen Interesse abgeschlossen wurde. Die Klägerin erhielten Fördermittel aus dem L2-Wohnungseigentumsprogramm (124). Dies sind Darlehensmittel, die nach den Förderrichtlinien zum Bau oder Erwerb eines selbst genutzten Eigenheims oder einer Eigentumswohnung von natürlichen Personen beantragt werden können; hierdurch ist der Personenkreis begrenzt. Die der Darlehensvergabe zugrunde liegenden Förderrichtlinien sind Normen, die der Förderung eines gesamtgesellschaftlichen Anliegens dienen und insofern Rechtsvorschriften im öffentlichen Interesse (vgl. MüKo-Schürnbrand, BGB, 7.Aufl. 2016, § 491 Rn. 71 m.w.N.). Dies ergibt sich auch aus dem Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KWGG). Nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchstabe c), S. 2 KWGG hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau als Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 S. 1 KWGG) die Aufgabe, im staatlichen Auftrag Fördermaßnahmen, insbesondere Finanzierungen, in dem Bereich Wohnungswirtschaft durchzuführen. Dabei muss die jeweilige Förderaufgabe in Regelwerken, wie vorliegend, konkretisiert sein.
52Im Darlehensvertrag waren auch günstigere als marktübliche Konditionen und ein Sollzinssatz, der nicht über dem marktüblichen Sollzinssatz lag, vereinbart. Insofern ist es zwar so, dass die von § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. geforderte Entlastung des Darlehensnehmers gegenüber rein privatwirtschaftlichen Angeboten sich regelmäßig – nicht aber zwingend – aus einem besonders preiswerten Vertragszins ergibt. Möglich sind vielmehr auch andere Entlastungen, etwa ein Verzicht auf Sicherheiten oder eine tilgungsfreie Zeit. Keinesfalls aber darf der marktübliche Sollzins überschritten werden (MüKo-Schürnbrand, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
53Hinsichtlich der Bemessung der Marktüblichkeit des Zinssatzes ist wesentlich auf die MFI-Zinsstatistik als Vergleichsmaßstab abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15 -, Rn. 24; Urteil vom 19.01.2016 – XI ZR 103/15 –, BGHZ 208, 278-290, Rn. 17; Urteil vom 18.12.2007 – XI ZR 324/06 –, Rn. 29, juris; Urteil vom 25.04.2006 – XI ZR 219/04 –, Rn. 50, juris; Urteil vom 18.03.2003 – XI ZR 422/01 –, Rn. 18, juris). Danach betrug der Effektivzinssatz im September 2011 3,80 % bzw. im Oktober 2011 3,60 % für 5-10jährige Zinsbindung. Der vertragliche Effektivzinssatz belief sich auf 3,03 %; der Sollzinssatz lag mit 3,00 % ebenfalls deutlich darunter. Da die Klägerin auf dem Markt ausweislich des Darlehensvertrages mit der Unterkontonummer -### einen Zinssatz in Höhe von 3,88 % nominal, bzw. 3,95 % effektiv erhielt, lag der Vertragszins hinsichtlich des L2-Darlehens unter dem für die Klägerin ansonsten erzielbaren Marktniveau.
54Für die Beurteilung des L2-Vertrages als „günstiger gegenüber den Marktbedingungen“ ist es vorliegend zudem ausreichend, wenn der marktübliche Sollzins – wie aufgezeigt – nicht überschritten wurde, da der Darlehensvertrag eine gut einjährige tilgungsfreie Zeit vorsah und die Vereinbarung einer solchen tilgungsfreien Zeit gemäß den Gesetzesmaterialien als „günstigere als marktübliche Bedingung“ im Sinne des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. einzustufen ist (vgl. RegE, BT-Drs 16/11643 S. 77 rechte Spalte; Bamberger/Roth, Beck`scher Online-Kommentar 39.Edition, § 491 Rn. 86; MüKo-Schürnbrand a.a.O.). Zudem ist gerichtsbekannt, dass eine tilgungsfreie Zeit – abgesehen von einer vollständigen Tilgungsaussetzung gegen Tilgungsersatz in Form etwa eines Bausparvertrages oder einer kapitalbildenden Lebensversicherung – marktunüblich ist und sich in aller Regel lediglich bei L2-Darlehen findet. Dass der Darlehensvertrag keine Sondertilgungsmöglichkeit und keine Vergünstigung bei einer vorzeitigen Ablösung vorsah, führt nicht dazu, dass das L2-Darlehen nicht günstigere als marktübliche Bedingungen enthielte. Es ist nicht erforderlich, dass der Darlehensvertrag in einer Vielzahl von oder gar allen Bereichen günstigere Bedingungen enthält. Vielmehr ist der Voraussetzung genüge getan, wenn der Vertrag – wie aufgezeigt – jedenfalls solche Bedingungen enthält und zusätzlich höchstens der marktübliche Zinssatz vereinbart ist.
55Die Beklagte hat auch keine Übersicherung durch Grundschuldbestellung über 68.203,00 € hinsichtlich des Darlehens in Höhe von 20.000,00 € verlangt und erhalten. Vielmehr ist bereits ausdrücklich im Darlehensvertrag die dingliche Sicherheit „incl. E Bank Darlehen unter gleicher Kontonummer in Höhe von 48.203,00 €“ zu stellen. Hieraus ergibt sich, dass die Grundschuld in Höhe von 68.203,00 € die Ansprüche der Beklagten in Höhe von ebenfalls 68.203,00 € aus den beiden Verträgen absichern sollte; eine Übersicherung ist insofern nicht zu erkennen.
56Dass die Konditionen nicht dem L2-Wohnungsförderprogramm 124 entsprächen, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die einschlägigen Bedingungen sahen nicht vor, dass lediglich die seitens der Klägerin aufgezeigten Laufzeiten, tilgungsfreie Jahre und Zinsbindungszeiträume möglich waren. Es waren vielmehr Kreditlaufzeiten von 4 bis 35 Jahren bei 1 bis max. 5 Tilgungsfreijahren und 5, 10 oder 15 jähriger Zinsbindungsdauer möglich. Die von der Klägerin mit der Anlage K 8 benannten Konditionen stellen insofern, worauf die Kammer bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte, Beispiele dar, um eine Übersicht über die Zinssätze zu ermöglichen. Davon abgesehen wären die Voraussetzungen des 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. selbst dann erfüllt, wenn die Konditionen nicht dem Förderprogramm 124 entsprächen, da das Darlehen auf Grundlage der Rechtsvorschriften im öffentlichen Interesse gleichwohl – wenn auch inhaltlich den Vorgaben nicht vollständig entsprechend – gewährt wurde.
57Soweit danach davon auszugehen ist, dass aufgrund des Vorliegens des Ausnahmetatbestands des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F. und mangels sonstiger Sonderkonstellationen für die Klägerin kein gesetzliches Widerrufsrecht bestand, kann die auf Seite 8 des Darlehensvertrags enthaltene Widerrufsbelehrung allenfalls als vertragliche Einräumung eines Widerrufsrecht durch die Beklagte verstanden werden. Ein solches vertragliches Widerrufsrecht unterliegt indes nicht den strengen Vorgaben, die im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhalten sind (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.2012, II ZR 233/10, Rn. 17, 18 - zitiert nach juris). Auch wenn sich die Beklagte bei der Abfassung der Belehrung an dem Muster Anlage 1 zu Art. 246 § 2 EGBGB a.F. orientiert hat, lässt sich allein aufgrund dieses Umstandes nicht annehmen, dass die Beklagte sich gegenüber den Klägern verpflichten wollte, alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen Belehrungspflichten zu erfüllen und ihnen bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen (vgl. zur Auslegung: BGH a.a.O; sowie Urteil vom 12.11.2015, I ZR 168/14, BeckRS 2016, 09148, Rn. 37). Jedenfalls wäre im Zeitpunkt des Widerrufs im Dezember 2015 selbst im Falle etwaiger Unklarheiten in der verwendeten Belehrung die eingeräumte 2-wöchige Widerrufsfrist ersichtlich längst abgelaufen.
58Die Darlehensverträge genügen auch der modifizierten Schriftform des § 492 Abs. 1 BGB a.F. Verbraucherdarlehensverträge sind, soweit nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist, danach schriftlich abzuschließen. Der Schriftform ist genügt, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
59Die Klägerin hat ausweislich der Anlagen B1 und B2 eigenhändig durch Namensunterschrift unterschrieben. Hinsichtlich des Vertrages mit der Unterkonto-Nr. -### (Anlage B2) hatte die Beklagte unter dem 27.09.2011 und die Klägerin sodann am 01.10.2011 auf dem gleichen Vertragsexemplar unterschrieben, sodass bereits den Anforderungen des § 126 Abs. 2 S. 1 BGB Genüge getan ist. Insbesondere ist ihr die Vertragserklärung der Beklagten auch schriftlich zugegangen. Bezüglich des Vertrages mit der Unterkonto-Nr. -### hat die Klägerin ihre Vertragserklärung schriftlich durch Unterschrift abgegeben. Ihre Vertragserklärung erfasst auch mit den beigehefteten Finanzierungsbedingungen und dem Europäischen Standardisierten Merkblatt die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F., was den Anforderungen des § 492 Abs. 2 BGB genügt (I. Saenger in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 492 BGB, Rn. 3). § 492 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. lässt auch ausdrücklich Antrag und Annahme getrennt voneinander zu, sodass weder eine Urkundeneinheit noch eine vollständige textliche Übereinstimmung der Erklärungen notwendig ist, wie es § 126 Abs. 2 BGB fordert. Wäre textliche Übereinstimmung der jeweiligen Erklärungen weiterhin erforderlich, hätte § 492 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Verhältnis zu § 126 Abs. 2 S. 2 BGB keine eigenständige Bedeutung; es war jedoch gerade bezweckt die diesbezüglichen Anforderungen zu lockern (s. Staudinger/Sibylle Kessal-Wulf (2012) BGB § 492, Rn. 7ff.). Es genügt vielmehr die beklagtenseits in einem gesonderten Schreiben erfolgte Erklärung der Annahme eines alle Bedingungen enthaltenden Angebotes der Klägerin. Die Annahme durch die Beklagte (Anlage K2) konnte gemäß § 492 Abs. 1 S. 3 BGB a.F. auch ohne Unterschrift erfolgen, da es sich ersichtlich um ein mit Hilfe einer automatisierten Einrichtung erstelltes Schreiben handelt, das – aus einer Vielzahl von Verfahren gerichtsbekannt – mit annähernd gleichem Inhalt massenhaft verschickt wird.
60Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auf § 709 S. 1 und 2 ZPO gestützt.
61Der Streitwert wird auf 19.446,09 EUR festgesetzt.
62Rechtsbehelfsbelehrung:
63Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.