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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des Hauses X-str. 84 in N, der Beklagte ist seit 2003 Eigentümer des Hauses X-str. 86. Zuvor stand das Hausgrundstück im Eigentum der Eltern des Beklagten, davor im Eigentum der Eheleute L, der Schwiegereltern des Beklagten.
3Die Grundstücke der Parteien befinden sich in einer Hanglage, das Grundstück der Kläger ist das tiefer gelegene. Das Grundstück der Kläger wurde vor dem des Beklagten bebaut, allerdings nicht durch die Kläger, sondern ihre Rechtsvorgänger.
4Die Parteien streiten um eine Mauer, die sich auf dem Grundstück der Kläger befindet. Wie breit der Abstand zur Grundstücksgrenze ist, ist streitig. Ca. 1975 wurde die Mauer auf das jetzige Niveau erhöht. Die Rechtsvorgänger des Beklagten Familie L füllten danach Erdreich an die Erhöhung an. Wie hoch angefüllt wurde, ist streitig.
5Die Kläger behaupten, infolge der Anfüllung an die erhöhte Mauer sei durch das Erdreich ein Druck auf die Mauer entstanden, für den sie nicht ausgelegt sei. Diese sei beschädigt und einsturzgefährdet. Die Kläger berufen sich dabei auf ein Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. M vom 30.11.2002, das in einem von ihnen beantragten selbständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht 24 H ..... erstattet worden ist.
6Die Kläger haben im März 2004 Klage vor dem Landgericht Köln mit der Forderung erhoben, den Beklagten zur Zahlung von 9.313,70 nebst Zinsen zu verurteilen. Die Kläger haben eine Vorschusszahlung für die Kosten der Erneuerung begehrt. Nach rechtlichen Hinweisen durch das Landgericht Köln haben sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.08.2004 ihre Klage geändert und Verweisung an das Landgericht Bonn beantragt.
7Die Kläger beantragen nunmehr,
8den Beklagten zu verurteilen, die zwischen den Grundstücken X-straße 84 und X-straße 86 bestehende Grenzmauer zu erneuern.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Der Beklagte sieht sich zur Erneuerung der Mauer nicht verpflichtet. Er meint, deren Unterhaltung liege allein in der Verantwortung der Kläger. Der Beklagte bestreitet die Einsturzgefährdung der Mauer und behauptet, die Anschüttung von Erdreich sei in 1975/1976 nur in geringem Umfang erfolgt. Die Mauer sei insgesamt 2,45 m hoch, wovon 1,85 cm durch Erdreich verdeckt seien. Die frühere Mauer sei in einer Höhe von 1,20 m von Erdreich bedeckt gewesen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13Die Akten 24 H ..... Amtsgericht Euskirchen und 2 0 ..... Landgericht Bonn (Klage der Kläger gegen den Vater des Beklagten) sind zu Informationszwecken beigezogen worden.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist unbegründet.
16Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erneuerung der Mauer.
17Die Kläger können sich nicht auf § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. den Vorschriften zur Grenzwand im Sinne des Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen berufen. Zwar liegt eine Grenzwand nach § 19 NachbarrechtsG vor, weil die Mauer auf dem Grundstück der Kläger unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Beklagten errichtet ist. Ob sie sich in einem Abstand von 10 cm zur Grenze befindet, wie der Beklagte behauptet, ist unerheblich, weil es sich hierbei nur um einen geringfügigen Abstand handelt (vgl. Schäfer, Nachbarrechtgesetz für Nordrhein-Westfalen, 13. Aufl., § 19 Rdnr. 1). Der Beklagte hat aber keinen Anbau an diese Grenzwand erstellt, denn er hat nur Erdreich angeschüttet, sie aber nicht als Abschlusswand seines Gebäudes oder zur Unterstützung oder Aussteifung einer neuen baulichen Anlage auf seinem Grundstück benutzt.
18Hierin liegt auch der Grund, weshalb die von den Klägern zur Begründung ihrer Rechtsansicht, wonach der Beklagte die Erneuerung der Mauer schulde, herangezogene Entscheidung des Oberlandesgericht Köln vom 07.12.1994 27 U 85/94 nicht anwendbar ist. Dort war ein Anbau an eine Grenzwand erfolgt. Das Oberlandesgericht sah den Anbauenden bei Abriss seines Gebäudes verpflichtet, das jetzt frei liegende Mauerwerk gegen Feuchtigkeit zu isolieren.
19Ein Anspruch kann auch nicht auf §§ 1004 Abs. 1, 922 BGB gestützt werden. Es liegt keine Grenzanlage vor, weil die Mauer nicht die Grundstücke der Parteien durchschneidet.
20Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Erneuerung der Mauer aus §1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 907 BGB.
21Hiernach kann ein Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass auf dem Nachbargrundstück nicht gefahrdrohende Anlagen erbaut oder unterhalten werden.
22Eine Bodenaufschüttung ist aber keine Anlage im Sinne des § 907 BGB (vgl. Palandt/Bassenge, 64. Aufl., § 907 Rdnr. 1).
23Die Kläger können auch nicht nach § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 30 NachbarrechtsG die Erneuerung der Mauer fordern.
24§ 30 des NachbarrechtsG verpflichtet einen Nachbarn, der den Boden seines Grundstücks über die Oberfläche des Nachbargrundstücks erhöht, einen Grenzabstand zu halten, der insbesondere das Abstürzen oder Abschwemmen des Bodens verhindert.
25Durch die Aufschüttungen auf dem Grundstück des Beklagten ist eine Erhöhung erfolgt, die über dem Niveau des Grundstücks der Kläger liegt. Die Vorschrift gilt auch für das Anfüllen von Erdreich. Allerdings gelten nach § 30 Abs. 2 zeitliche Grenzen für die Forderung nach Einhaltung des Grenzabstandes, die hier verstrichen sind. Binnen drei Jahren nach Errichtung muss der Grenzabstand eingefordert werden.
26Dies ändert aber nicht daran, dass eine Bodenerhöhung, die zu einem Schaden auf dem Grundstück des Nachbarn führt, eine Eigentumsbeeinträchtigung darstellt, und grundsätzlich einen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung auslöst.
27§ 1004 BGB erfordert aber rechtswidriges Handeln des Störers.
28Der Beklagte selbst hat die Bodenerhöhung nicht vorgenommen. Es kommt nur eine Haftung als Zustandsstörer in Betracht. Auch dies setzt aber voraus, dass der Geschädigte die Beeinträchtigung nicht dulden muss.
29Die Kläger müssen die Bodenerhöhung und damit verbundene etwaige Folgen aber hinnehmen, weil ihre Rechtsvorgängerin in die Anschüttung stillschweigend eingewilligt hat und sie letztlich auch die Ursache für den jetzigen Zustand gesetzt hat. Im Jahre 1975 hat die Rechtsvorgängerin der Kläger die Mauer errichten lassen, nachdem die alte Mauer baufällig geworden war. Es wurde ein Material in einer Stärke verwandt, was unzureichend war, um den Druck vom Hang aufzufangen Bimsmauerwerk in einer Breite von 28-30 cm -. Auch wenn der schädliche Druck erst durch die Anschüttung entstanden sein sollte, hat die Rechtsvorgängerin der Kläger doch offensichtlich in die Anschüttung von Erdreich an die erhöhte Mauer eingewilligt. Anderenfalls wäre nicht erklärbar, weshalb der jetzige Zustand an der Mauer seit Mitte der siebziger Jahre besteht, ohne dass es vor 2002 zu Meinungsverschiedenheiten gekommen ist.
30Aus gleichem Grunde scheitert ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 30 des NachbarrechtsG. Die Klageforderung kann als Schadensersatzbegehren Naturalrestitution - hierauf nicht gestützt werden, weil ein schuldhafter Verstoß des Beklagten ausscheidet.
31Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
32Streitwert: bis 10.000.-