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Es wird festgestellt, daß der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag über Räume im Haus I-Straße in ####4 O durch die Kündigung der Klägerin vom 31.07.2001 zum 31.03.2002 aufgelöst wird.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.100 EUR.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, Sicherheit auch durch Gestellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer europäischen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu leisten.
Tatbestand
2Der Beklagte ist Mieter der gewerblichen Räume des Grundstücks I-Straße in O, die 170 qm Verkaufsfläche und etwa 30 qm Nebenräume umfassen. Die Verkaufsfläche ist in drei, nahezu in sich geschlossene und hintereinander belegene Bereiche aufgeteilt. Die Nebenfläche besteht aus einem Personalraum mit WC, einem Abstellraum und einem Stauraum.
3Diese Räume hat der Beklagte mit Vertrag vom 19.12.1997 an den Ehemann der Klägerin zum Betrieb eines Möbelfachgeschäfts bis zum 31.1.2005 befristet untervermietet. Eine weitere Untervermietung ist gemäß Ziffer 9. des Untermietvertrags "nicht gestattet". Die Bedingungen des Untermietvertrags stammen formularmäßig von dem Beklagten.
4Die Klägerin ist im Jahre 1998 in den Mietvertrag eingetreten und ihr Ehemann aus dem Mietvertrag ausgeschieden. Sie betreibt in dem vorderen Teil der Räumlichkeiten ein Geschenkartikel- und Möbelfachgeschäft unter der Bezeichnung "M Meisterwerke". Die etwa 60 qm große, im hinteren Bereich der Gewerberäume belegene Fläche hat die Klägerin seit 1999 mit nachträglicher Zustimmung des Beklagten an die Firma B2 christliche C2 GmbH untervermietet.
5Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten hat die Klägerin im Laufe des März 2001 zunächst den Eigentümer des Mietobjekts und sodann im Laufe des Juli 2001 den Beklagten um die Gestattung einer weiteren Untervermietung gebeten. Der Eigentümer hat mit Schreiben vom 30.03.2001 eine weitere Untervermietung durch die Klägerin abgelehnt. Der Beklagte hat ebenfalls mit Schreiben vom 30.03.2001 angekündigt, eine weitere Untervermietung nicht zu genehmigen. Mit Schreiben vom 06.07.2001 hat er eine weitere Untervermietung mit der Begründung, daß er an die Ablehnung des Eigentümers gebunden sei, endgültig abgelehnt.
6Die Klägerin plant über die zusätzliche Untervermietung hinaus weitere Umgestaltungen hinsichtlich der Nutzung der Gewerberäume. Die Firma B2 christliche C2 GmbH soll danach den von der Klägerin zur Zeit genutzten vorderen Bereich der Räumlichkeiten beziehen. Die Klägerin selbst möchte ihr Geschenkartikel- und Möbelfachgeschäft aufgeben und im mittleren Bereich einen "Quelle-Shop" betreiben. Der weitere Untermieter, die Diakoniestation O, soll den hinteren Bereich der Gewerberäume erhalten. In jedem der vorgenannten Bereiche soll jeweils eine Person beschäftigt werden.
7Mit Schreiben vom 31.07.2001 hat die Klägerin das Mietverhältnis zum 31.03.2002 gekündigt und unter Fristsetzung zum 15.08.2001 um eine Bestätigung der Auflösung des Mietverhältnisses zum 31.03.2002 gebeten. Der Beklagte hat die Kündigung zurückgewiesen.
8Die Klägerin beantragt,
9festzustellen, daß der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag über Räume im Haus I-Straße in ####4 O durch die Kündigung der Klägerin vom 31.07.2001 zum 31.03.2002 aufgelöst wurde.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er trägt vor, eine sinnvolle Nutzung des Mietobjekts sei bei weiterer Untervermietung ohne einen Umbau nicht möglich. Im übrigen seien die Räumlichkeiten durch eine weitere Untervermietung "überbelegt", was einem vertragsgemäßen Gebrauch der angemieteten Räume entgegenstehe. Die Klägerin habe ein etwaiges Kündigungsrecht dadurch verwirkt, daß sie nicht bereits nach Erhalt der Schreiben vom 30.03.2001 die Kündigung ausgesprochen hat.
13Entscheidungsgründe
14Die Feststellungsklage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben, da Streit zwischen den Parteien über die Wirksamkeit der Kündigung besteht.
15Die Klage ist auch begründet. Die Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden gewerblichen Mietvertrags zum 31.03.2002 ist gemäß §§ 549 Absatz 1 Satz 2 i.V.m. 565 Absatz 5, Absatz 1a BGB a.F. wirksam.
16Der Kündigung steht die Vorschrift der Ziffer 9. des Mietvertrags, die die Überlassung des Mietobjektes an Dritte verbietet, nicht entgegen. Zwar ist darin ein generelles Verbot der Untervermietung und ein Ausschluß des in § 549 Absatz 1 Satz 2 BGB a.F. vorgesehenen Sonderkündigungsrechts des Mieters zu sehen (vgl. BGHZ 112, 65, 69 f. zu der Frage, wann ein generelles Verbot der Untervermietung und ein Ausschluß des Sonderkündigungsrechts des Mieters vorliegt). Das formularmäßige Verbot der Untervermietung und der Ausschluss des Sonderkündigungsrechts in § 549 Absatz 1 Satz 2 BGB a.F. sind jedoch wegen Verstosses gegen § 9 Absatz 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Unstreitig ist der Beklagte Verwender der fraglichen formularmäßigen Klausel.
17In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob die Untervermietung durch Formularvertrag - von vornherein - wirksam ganz ausgeschlossen werden kann, bisher ausdrücklich offengelassen worden (ZIP 1995, 1091, 1092). Sie hat bislang lediglich den Ausschluß des Sonderkündigungsrechts durch Formularvertrag für unzulässig erklärt, wenn die Untervermietung nicht von vornherein ausgeschlossen ist (ZIP 1995, 1091).
18Nach Auffassung des Gerichts liegt in dem formularmäßigen Ausschluß der Untervermietung und dem damit verbundenen Ausschluß des Sonderkündigungsrechts ein Verstoß gegen § 9 Absatz 2 AGBG (so auch LG München WuM 1994, 370; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl. 1999, § 549 Rn. 60, der jedenfalls für befristete Mietverträge diese Auffassung vertritt; Bub in: Bub/Treier, Hdb. der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. 1999, § 549 Rn. 506; Heintzmann, NJW 1994, 1177, 1181; a.A. Palandt/Weidenkaff, 61. Aufl. 2002, § 540 Rn. 2). Dem Interesse des Mieters an der Abwendung von Nachteilen durch eine Untervermietung ist mehr Gewicht beizumessen als dem des Vermieters an der Beschränkung der Zahl der Nutzer. Gerade bei der Geschäftsraummiete mit langfristigen Verträgen hat das Interesse des Mieters, im Falle unvorhergesehener wirtschaftlicher Entwicklungen Verluste, die wegen einer nicht mehr sinnvollen Nutzbarkeit der Räume drohen, durch eine Untervermietung abwenden zu können, ein besonderes Gewicht. Dies gilt insbesondere für befristete Verträge. Das Interesse des Vermieters wird dagegen dadurch gewahrt, daß er bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des Untermieters berechtigt ist, die Erlaubnis zu verweigern. Soll der in § 549 Absatz 1 BGB a.F. vorgesehene Interessenausgleich der Vertragsparteien zum Nachteil des Mieters abbedungen werden, kann das somit nur durch Individualvereinbarung geschehen.
19Das Kündigungsrecht der Klägerin ist auch nicht gemäß § 549 Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB a.F. ausgeschlossen. Der Beklagte hatte keinen in der Person des Dritten liegenden wichtigen Grund, die Erlaubnis zur weiteren Untervermietung zu verweigern. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn dem Vermieter nach den Umständen des Falles die Gebrauchsüberlassung an den Dritten nicht zugemutet werden kann. Ein solcher Grund kann in der Überbeanspruchung des Mietobjekts, der Beeinträchtigung der übrigen Mieter durch den Untermieter, dem Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot, der Unzuverlässigkeit oder fehlenden Solvenz des Dritten liegen (vgl. Erman/Jendrek, BGB, Band 1, 10. Aufl., § 549 Rn. 13; Staudinger/Emmerich, BGB, 13. Aufl. 1994, § 549 Rn. 61). Auch die mit der Untervermietung verbundene Änderung der vertraglichen Nutzung wird zu den persönlichen Verhältnissen i.S. des § 549 Absatz 1 BGB a.F. gezählt (vgl. OLG Köln, ZMR 1997, 298, 299).
20Derartige Gründe lägen hier bei einer weiteren Untervermietung nicht vor. So wäre auch eine Überbeanspruchung des Mietobjekts durch die zusätzliche Nutzung durch die Diakoniestation O mit einem Mitarbeiter noch nicht gegeben. Insbesondere wäre bei dieser zusätzlichen Nutzung mit nur geringem Publikumsverkehr zu rechnen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, daß das Mietobjekt wegen seiner Größe und Aufteilung in drei annähernd in sich abgeschlossene Bereiche ohne erhebliche Schwierigkeiten von drei Parteien genutzt werden könnte. Da zu den bisherigen Nutzern nur ein weiterer Untermieter hinzutreten würde, kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, er werde einer unzumutbaren Vielzahl von Nutzern ausgesetzt.
21In der weiteren Untervermietung liegt auch keine wesentliche Nutzungsänderung des Mietobjekts, die das Kündigungsrecht der Klägerin entfallen lassen könnte. Die mit der beabsichtigten weiteren Untervermietung einhergehende Nutzung hätte keinen erheblichen Eingriff in die bisherige Nutzungsart durch die Klägerin und die christliche C2 gehabt. So wäre insbesondere die Nutzung des Mietobjekts als gewerblicher Raum erhalten geblieben. Die Nutzung der hinteren Räume als Büro der Diakoniestation tritt vom Umfang her hinter der übrigen Nutzung als "Einzelhandel" zurück. Die von der Rechtsprechung zu dieser Fragestellung bisher entschiedenen Fälle hatten deutlich erheblichere Nutzungsänderungen zum Gegenstand und sind mit dem vorliegenden Fall nicht zu vergleichen (vgl. etwa OLG Köln, ZMR 1997, 298, 299 - Umwandlung von Zahnpraxis in Kleintierpraxis; OLG Koblenz, NJW-RR 1986, 1343 - Umwandlung von Steuerberaterbüro in Wohnraum).
22Unerheblich ist auch der Einwand des Beklagten, er sei an die Ablehnung des Eigentümers gebunden. Das Verhältnis zwischen Hauptmieter und Untermieter ist ein normales Mietverhältnis i.S.v. §§ 535 ff. BGB a.F. mit allen Rechten und Pflichten. Wenn der Hauptmieter an die Weisungen des Eigentümers gebunden ist, dann muss er die Kündigung zulassen und zur Vermeidung von Schäden gegebenenfalls selber kündigen.
23Unerheblich ist aus demselben Grund auch der Einwand des Beklagten, die Klägerin habe ein etwaiges Kündigungsrecht dadurch verwirkt, daß sie nicht bereits nach der Erlaubnisverweigerung durch den Eigentümer des Mietobjekts gekündigt habe. Zwar hat auch der Beklagte zu diesem Zeitpunkt eine Erlaubnisverweigerung angekündigt. Die Klägerin konnte eine Kündigung jedoch erst aussprechen, nachdem sie ihren Vertragspartner, den Beklagten, erfolglos um Erlaubnis der weiteren Untervermietung gebeten hatte. Die zuvor erfolgte ergebnislose Anfrage bei dem Grundstückseigentümer kann sich nicht auf das Verhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits auswirken.
24Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 7, 711 ZPO.