Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,00 DM, die auch selbstschuldnerisch, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden kann, vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten aus ererbtem Recht Zahlung von Schmerzensgeld wegen einer Behandlung seiner verstorbenen Ehefrau in einem der Krankenhäuser der Beklagten im Jahre 1997.
3Die verstorbene Ehefrau des Klägers war schwer und letztlich unheilbar an Krebs erkrankt. Am 01. Februar 1997 wurde in einem der Krankenhäuser der Beklagten eine Lebertransplantation vorgenommen. Bei dem Verschließen des Bauchraums nach Durchführung der Transplantation verblieb im subcutanen Gewebe des Oberbauchs ein Teil einer Rundnadel. Dies wurde postoperativ anlässlich eines Computertomogramms festgestellt und der verstorbenen Ehefrau des Klägers sofort mitgeteilt. Die verstorbene Ehefrau des Klägers wurde darüber aufgeklärt, dass der verbliebene Rundnadelteil aus inertem Metall bestehe und im Wundbereich durch die ohnehin bestehende Narbe inkorporiert werde. Sie wurde darüber aufgeklärt, dass aus diesem Grund keinerlei Beschwerden im Hinblick auf die Rundnadel zu erwarten seien und deshalb eine operative Entfernung nicht notwendigerweise erfolgen müsse. In der Folgezeit stellte sich die verstorbene Ehefrau des Klägers mehrfach in der sogenannten Lebersondersprechstunde der Klinik vor. Postoperativ haben sich sehr schnell Metastasen gebildet, die sich zudem sehr schnell vergrößerten. Anfang August 1997 verstarb die Ehefrau des Klägers.
4Der Kläger behauptet, seine verstorbene Ehefrau habe sehr unter dem Bewußtsein, dass eine Nadel in ihrem Körper war, gelitten. Sie sei sehr verunsichert gewesen und habe dem Kläger gegenüber wiederholt ihre Ängste grade im Hinblick auf jene zurückgelassene Nadel geäußert. Sie habe darüberhinaus über Schmerzen geklagt und den Eindruck geäußert, dass diese Schmerzen teilweise durch die Operation hervorgerufen wurden, zugleich aber auch auf jene zurückgelassene Nadel zurückzuführen wären. Es sei von daher vorzutragen, dass die zurückgelassene Nadel geeignet gewesen sei, der Erblasserin Schmerzen zuzufügen. Auch dem Zeugen Dr. Y gegenüber habe sie in mehreren Gesprächen entsprechende Ängste erwähnt.
5Der Kläger hält im Hinblick darauf ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 100.000, 00 DM für angemessen und beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte behauptet, bei dem Verbleiben der Rundnadelspitze handele es sich nicht um einen intraoperativen Fehler; es sei vielmehr vielfach unvermeidbar, daß beim Vernähen mit derartig feinen Nadeln in derbem und hartem alten Narbengewebe - wie bei der verstorbenen der Fall - Nadelspitzen gelegentlich abbrächen; es sei auch leicht möglich, eine solche Nadelspitze beim Vernähen zu übersehen. In der Lebersprechstunde habe die Klägerin in keiner Weise über mit der verbliebenen Nadelspitze zusammenhängende Schmerzen, Ängste oder sonstige Beeinträchtigungen geklagt.
10Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, insbesondere auch die Sitzungsniederschrift vom 27. Januar 1999, Bl. ## ff. d. GA, Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe:
12Die Klage ist nicht begründet.
13Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 1, §§ 831, 847 BGB i. V. m. § 1922 Abs. 1 BGB zu.
14Der Kläger hat trotz wiederholten Hinweises durch das Gericht und ausreichender Zeit und Gelegenheit zur Stellungnahme weder zu einem eventuellen Behandlungsfehler. Durch Ärzte der Beklagten noch zu dem dadurch eventuell verursachten Schaden, den Folgen, der Kausalität und zur Höhe des als Mindestbetrag geltend gemachten Schmerzensgeldes hinreichend substantiiert vorgetragen:
15Trotz entsprechendem konkreten Hinweises und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu hat der Kläger nicht dargelegt, in welcher Weise die Ärzte der Beklagten im Zusammenhang mit der Lebertransplantation bei der verstorbenen Ehefrau des Klägers am 01. Februar 1997 gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen haben sollen. Entgegen der offenbar vom Kläger vertretenen Auffassung reicht es für hinreichend substantiierten Vortrag nicht aus, den schlichten Sachverhalt einer im subcutanen Oberbauchgewebe postoperativ verbliebenen Rundnadelspitze vorzutragen. Zum einen gibt es, wie der Kammer auch aus anderen Prozessen bekannt ist, eine Reihe denkbarer Erklärungen dafür, daß eine Rundnadelspitze beim Verschließen eines Operationsgebietes abbricht und im Körper verbleibt. Ursache hierfür kann neben einem im Einzelfall vorwerfbaren Fehlverhalten der operierenden Ärzte auch ein unvermeidbares versehen oder auch schlicht eine sog. Materialermüdung sein. Zu substantiiertem Vortrag gehörte es, darzulegen, inwieweit ärztliches Fehlverhalten vorgelegen haben soll.
16Auch zu dem Schaden und den sonstigen Folgen, die durch das Verbleiben der Nadelspitze im subcutanen Oberbauchgewebe der verstorbenen Ehefrau des Klägers eingetreten sein könnten, fehlt es trotz wiederholten, ausführlichen Hinweises durch das Gericht und Zeit und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu an substantiiertem Vorbringen. Auch für hinreichenden Vortrag zu einem - objektiven - schaden reicht es entgegen der offenbar vom Kläger vertretenen Auffassung nicht, schlicht und pauschal darzulegen, daß eine Rundnadelspitze im subcutanen Oberbauchgewebe verblieben sei. Wie aus einer Reihe von anderen Arzthaftungsprozessen und dortigen Sachverständigen-Anhörungen gerichtsbekannt ist, stellen aus medizinischer Sicht Metallstücke der hier streitbefangenen Art und Größe, die postoperativ im Gewebe verbleiben, nicht ohne weiteres einen Schaden dar. Zum einen sind bei Operationen verwandte Gegenstände der hier streitbefangenen Art aus inertem Metall gefertigt und deshalb vom Material her für den Körper unschädlich; zum anderen werden Metallstücke dieser Art und Größe in dem Fall, daß sie etwa im subcutanen Oberbauchgewebe oder in entsprechenden Körperpartien verbleiben, im Regelfalle komplikationslos inkorporiert, so daß sie ohne Folgen oder Beschwerden für den Betroffenen u. U. lebenslänglich im Körper verbleiben können. Für hinreichend substantiiertes vorbringen zu einem Schaden gehörte es deshalb, Anhaltspunkte vorzutragen, aus denen sich abweichend von dem genannten Regelfall durch den im Körper verbliebenen Gegenstand Probleme für den Betroffenen ergeben können - etwa weil durch die Positionierung des Gegenstandes im Körper eine folgenlose Inkorporierung nicht erwartet werden kann. Anhaltspunkte insoweit hat der Kläger trotz entsprechenden konkreten Hinweises und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu in keiner Weise vorgetragen. Auch zu den eventuellen subjektiven Folgen des Verbleibens der Rundnadelspitze im subcutanen Oberbauchgewebe für die verstorbene Ehefrau des Klägers hat der Kläger trotz Hinweises durch die Kammer bei seiner ausführlichen Anhörung im Verhandlungstermin vom 21. Januar 1999 nicht plausibel, vielmehr recht widersprüchlich und unsubstantiiert vorgetragen. Vor dem Hintergrund des tragischen Leidensweges, den seine verstorbene Ehefrau insbesondere nach der Lebertransplantation und durch das postoperative Auftreten vieler, schnell wachsender Metastasen durchzustehen hatte, ist nicht nachvollziehbar, daß und in welcher Weise die verstorbene Ehefrau des Klägers speziell verursacht durch die verbliebene Nadelspitze im subcutanen Oberbauchgewebe, in erheblicher Weise schmerzen, Ängste oder sonstige Beeinträchtigungen empfunden haben könnte. Das Vorbringen des Klägers beschränkt sich letztlich darauf, symptome sehr allgemeiner Art zu schildern, unter denen seine verstorbene Ehefrau in dem fraglichen Zeitraum gelitten hat - etwa Ängste, schmerzen, Bewegungseinschränkungen beispielsweise beim Umdrehen im Bett und die Vermutung zu äußern, daß sich diese Symptome (auch) auf die im Körper verbliebene Rundnadelspitze bezogen. Den konkreten Nachfragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 1999 danach, ob und inwieweit die verstorbene Ehefrau des Klägers bestimmte symptome der Rundnadelspitze in ihrem Körper zugeordnet hat, ist der Kläger im wesentlichen ausgewichen. Soweit er insoweit zumindest andeutungsweise konkret geantwortet hat, war sein vorbringen widersprüchlich. Dies gilt etwa für die Angaben des Klägers hierzu, bei welcher Gelegenheit von wem, wem gegenüber über Symptome, die auf die Rundnadelspitze zurückgeführt wurden, gesprochen worden ist. Im Hinblick darauf konnte auch dem Antrag des Klägers, den Zeugen- Dr. Y zu eventuellen Äußerungen seiner verstorbenen Ehefrau zu hören, nicht entsprochen werden; bei einer entsprechenden Zeugenvernehmung hätte es sich um unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt.
17Ergänzend sei erwähnt, daß sich dem Vorbringen des Klägers keine auch nur im Ansatz hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, daß selbst für den Fall, daß eine Schmerzensgeld-Zahlungsverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach bestünde, ein Schmerzensgeld in der von dem Kläger erwarteten Mindesthöhe von 100.000,00 DM der Größenordnung nach gerechtfertigt sein könnte.
18Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 108 ZPO.
20Streitwert: 100.000,00 DM