Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Erinnerung der Bezirksrevisorin als Erinnerungsführerin vom 28.03.2024 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Beschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.
hat das Amtsgericht Siegburgam 02.06.2024 durch die Richterin am Amtsgericht Z.
2beschlossen:
3Die Erinnerung der Bezirksrevisorin als Erinnerungsführerin vom 28.03.2024 wird zurückgewiesen.
4Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
5Die Beschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.
6Gründe:
7I.
8Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Hierfür hat er den Gerichtsvollzieher mit Eingang vom 06.11.2023 auf elektronischem Wege mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung gem. § 802b ZPO und mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt. Mit Schreiben vom 06.11.2023 wurde der Schuldner vom Obergerichtsvollzieher zur Abnahme der Vermögensauskunft am 29.11.2023 geladen. Der Obergerichtsvollzieher fertigte eine Kopie des Zwangsvollstreckungsauftrags und der Forderungsaufstellung (insgesamt 3 Seiten) an und fügte diese der Ladung bei. Für die Fertigung der Kopien brachte er eine Dokumentenpauschale nach Nr. 700 Nr. 1b KV GvKostG in Höhe von 1,50 € in Ansatz.
9Gegen diese Kosten hat die Bezirksrevisorin als Erinnerungsführerin am 28.03.2024 Erinnerung eingelegt.
10Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen der Nr. 700 Nr. 1b KV GVKostG seien nicht gegeben. Der Gläubiger habe es nicht gemäß Nr. 700 Nr. 1b KV GVKostG versäumt, entsprechende Mehrausfertigungen des Vollstreckungsauftrages und der Forderungsaufstellung seinem Auftrag beizufügen. Dadurch, dass der Auftrag auf elektronischem Wege erfolgt sei, sei der Gläubiger nicht angehalten gewesen, Mehrausfertigungen beizufügen. Dies ergebe sich aus § 133 ZPO. § 753 Abs. 5 ZPO verweise zwar nicht explizit auf § 133 ZPO, sondern nur auf § 130d ZPO, allerdings finde § 133 ZPO entsprechende Anwendung, weil eine planwidrige Gesetzeslücke vorliege. Die Erinnerungsführerin verweist zur Begründung auf die Entscheidung des LG Karlsruhe vom 21.09.2022- 3 T 21/22. Gegen die Erhebung einer Dokumentenpauschale spreche auch, dass nicht einzusehen sei, warum mit dem Benutzungszwang des elektronischen Rechtsverkehrs im Erkenntnisverfahren eine Gebührenbefreiung erfolgen, im Vollstreckungsverfahren hingegen eine Fortgeltung der Gebührenpflicht gelten solle.
11Der Obergerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache der Abteilungsrichterin zur Entscheidung vorgelegt.
12Er ist der Auffassung, die Dokumentenpauschale in Höhe von 1,50 € sei zu recht erhoben worden. § 133 ZPO finde vorliegend keine Anwendung, weil es sich bei der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft um eine Parteizustellung handele. Auch sei § 133 ZPO nicht, wie von der Bezirksrevisorin vertreten, analog anwendbar, weil keine planwidrige Gesetzeslücke vorliege. Der Gesetzgeber habe klar einen Unterschied betreffend die Verhältnisse zwischen einem Gläubiger und dem Gericht einerseits und zwischen einem Gläubiger und einem Gerichtsvollzieher andererseits gemacht. In der Gesetzesbegründung des § 133 ZPO werde ausdrücklich nur auf das Kostenverzeichnis der GKG und nicht auf das des GV KostG verwiesen. Die Vorschrift des § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO sei lediglich auf Verfahren mit mündlicher Verhandlung und der Zustellung von Amts wegen zugeschnitten. Insofern verweist der Obergerichtsvollzieher auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 06.02.2024 - 10 W 100/23-.
13II.
14Die Erinnerung der Bezirksrevisorin ist gem. §§ 5 Abs. 2 GVKostG, 38 Abs. 1, 41 Abs. 1 Nr. 1 KostVfg zulässig, aber unbegründet.
15Der Obergerichtsvollzieher hat zu recht die Dokumentenpauschale nach Nr. 700 KV GVKostG in Höhe von 1,50 € in Ansatz gebracht.
16Nach Nr 700 KV GVKostG können für die ersten 50 Seiten je Seite 0,50 € berechnet werden für Kopien oder Ausdrucke, die
17a) auf Antrag gefertigt oder per Telefax übermittelt werden,
18b) die angefertigt werden, weil der Auftraggeber es unterlassen hat, die erforderliche Anzahl von Mehrausfertigungen beizufügen.
19Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
20Die Fertigung der Kopien erfolgte auf Antrag des Gläubigers, der den Obergerichtsvollzieher mit der Zustellung des der Ladung zur Vermögensauskunft beigefügten Vollstreckungsauftrags und der Forderungsaufstellung beauftragt hat. Gem. § 136 Abs. 1 GVGA ist dem Schuldner bei Ladung u.a. ein Überstück des Auftrags und der Forderungsaufstellung beizufügen. Auch wenn es sich bei dieser Regelung um eine bloße Verwaltungsvorschrift für den Gerichtsvollzieher handelt, so gebietet es der Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren, dem Schuldner mit der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft eine Abschrift des Vollstreckungsauftrags nebst Forderungsaufstellung zu übermitteln (BGH, Beschluss vom 21.07.2011, Az.: I ZB 96/10). Grundsätzlich hat der Gläubiger im Wege der Parteizustellung gemäß §§ 192, 193 Abs. 1 ZPO die hierfür erforderlichen Abschriften mit Antragsstellung beizufügen. Erfolgt die Beauftragung jedoch - wie vorliegend - elektronisch, so kann der Gerichtsvollzieher fehlende Abschriften selber herstellen, § 193 Abs. 1 S. 2 ZPO.
21Auch wenn ein Antrag nicht ausdrücklich durch den Gläubiger gestellt wurde, so ist mit der Beauftragung zur Abnahme der Vermögensauskunft zumindest ein konkludenter Antrag auf Herstellung einer Abschrift des Auftrags und der Forderungsaufstellung erfolgt, weil ohne das Beifügen entsprechender Unterlagen eine Ladung zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht ordnungsgemäß erfolgen konnte (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.02.2024 - 10 W 100/23 m.w.N.).
22Desweiteren liegt ein "Unterlassen" iSd Nr. 700 KV GVKostG bereits deshalb vor, weil der Zwangsvollstreckungsauftrag des Gläubigers elektronisch eingereicht wurde und auch bei- nicht sinnvoller- zweifacher Einreichung ein Ausdruck bzw. eine Kopie hätte erfolgen müssen. Unerheblich hierbei ist, dass die Gläubigerin zutreffender Weise den Antrag elektronisch eingereicht hat und somit keine Einreichungspflicht verletzt wurde, also kein schuldhaftes Unterlassen vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ladung nebst Vollstreckungsantrags in Papierform an den Schuldner zugestellt werden musste und insoweit eine Abschrift des Vollstreckungsantrags erforderlich war (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.02.2024 - 10 W 100/23 m.w.N.).
23Hierbei verkennt die Abteilungsrichterin nicht, dass der Gläubiger vorliegend gem. § 753 Abs. IV, V, 130d Abs. 1 ZPO angehalten war, den Zwangsvollstreckungsauftrag elektronisch einzureichen und ihm kein Wahlrecht zustand. § 193 ZPO enthält, anders als § 133 ZPO keine Regelung dahingehend, dass bei elektronischer Einreichung keine für die Zustellung erforderliche Anzahl an Abschriften der Schriftsätze und Anlagen einzureichen sind. Zutreffend führt der Obergerichtsvollzieher aus, dass sich in der Gesetzesbegründung zu § 193 ZPO im Verhältnis Gläubiger und Gerichtsvollzieher anders als in der Gesetzesbegründung zu § 133 ZPO im Verhältnis Gläubiger und Gericht keinerlei Hinweis darauf findet, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagen des Gerichtsvollziehers nach KV 700 GvKostG entfällt ( siehe hierzu auch OLG Düsseldorf zur Problematik der Zustellung eines Pfübs, Beschluss vom 06.02.2023, Az: 10 W 100/23 mwN, dem sich die Abteilungsrichterin vollumfänglich anschließt; aA: OLG Hamm, Beschluss vom 22.08.2023, Az.: 25 W 192/23)).
24Soweit die Bezirksrevisorin der Auffassung ist, § 133 ZPO finde analoge Anwendung mit der Folge, bei elektronisch eingereichten Vollstreckungsaufträgen könne keine Dokumentenpauschale erhoben werden, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Entscheidung des LG Karlsruhe (Beschluss vom 21.09.2022 - 3 T 21/22) liegt gerade keine planwidrige Regelungslücke vor, so dass § 133 ZPO nicht analog anzuwenden ist. § 133 ZPO regelt ausschließlich die Zustellung von Amts wegen und ist auf Verfahren mit mündlicher Verhandlung zugeschnitten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.02.2024 - 10 W 100/23-). Auch wenn der BGH für den § 133 ZPO in früherer Rechtsprechung eine analoge Anwendung für die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft bejaht hat (BGH, Beschluss vom 21.07.2011, Az.: I ZB 96/10 bzgl. der alten Fassung des § 133 ZPO), so dürfte für eine analoge Anwendung nach der neuen Fassung des § 193 ZPO mit dem - nach der Gesetzesbegründung- bewusst gewählten abweichenden Wortlaut zu § 133 ZPO kein Raum mehr sein.
25Vielmehr müsste aus hiesiger Sicht eine entsprechende gesetzliche Regelung erfolgen, sollte eine Kostenübertragung auf den Gerichtsvollzieher erwünscht sein.
26Eine unverhältnismäßige Belastung des Gläubigers durch Auferlegung der Dokumentenpauschale ist ebenfalls nicht ersichtlich, weil es sich bei diesen Kosten um einen geringfügigen Betrag handelt.
27Wegen der grundsätzlichen Bedeutung und der unterschiedlichen Auffassungen der befassten Vollstreckungsgerichte sowie der Bezirksrevisorin ist die Beschwerde nach § 5 Abs. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zugelassen.
28Rechtsbehelfsbelehrung:
29Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Siegburg, Neue Poststraße 16, 53721 Siegburg, oder dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts einzulegen.
30Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
31Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Siegburg oder dem Landgericht Bonn eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
32Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
33Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
34Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.