Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
In der Nachlassangelegenheit
pp
hat das Amtsgericht Bonn am 14.04.2023 beschlossen:
Die zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlichen Tatsachen werden für festgestellt erachtet.
Das Nachlassgericht bewilligt die Erteilung des beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses (§ 352 Abs. 1 FamFG).
Die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses wird bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt.
Außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert wird auf 7.185,71 € festgesetzt.
Gründe:
2I.)
3Die am ##.#.#### in S K, T verstorbene Erblasserin war deutsche Staatsangehörige. Sie hatte zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in T.
4Sie errichtete folgende letztwillige Verfügungen:
51. In dem handschriftlichen Testament vom 22.6.2022 setzte sie ihre Nichten, die Beteiligten C und K, zu alleinigen Erben ihres in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Vermögens ein. Eine Testamentsvollstreckung ordnete sie darin nicht an.
62. Am 31.8.2011 errichtete sie in T ein maschinenschriftlich verfasstes Testament im Beisein von 3 Zeugen. Unter Ziff. 1 erklärte sie in englischer Sprache, dass sie alle vorherigen, von ihr verfassten Testamente, Kodizile und testamentarische Verfügungen widerrufe.
7Unter Ziff. 2 setzte sie den Beteiligten C als "Executor" ein..
8Nach Anordnung von Vermächtnissen (Ziff.3) verfügte die Erblasserin unter Ziff. 4:
9"Den Rest meines Nachlasses, ganz gleich welcher Art, sei es bewegliches oder unbewegliches Vermögen, wo immer sich dieses befindet, hinterlasse ich wie folgt: ....
10Weiter werden 4 namentlich benannte Erben aus T aufgeführt.
11Zum Nachlass gehört ein Konto bei W N mit einem Kontostand in Höhe von 35.928,55 €.
12Der Beteiligte C beantragt die Erteilung eines auf den Nachlass in der Bundesrepublik Deutschland beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses des Inhaltes.
13Die Beteiligten C2 und K widersprechen der Erteilung des beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses.
14Sie tragen vor:
15Es sei davon auszugehen, dass die Erblasserin nicht gewollt habe, dass ein T Staatsbürger, der weder des Deutschen mächtig noch die Rechte und Pflichten eines Testamentsvollstrecker nach dem BGB kenne, sich um Vermögenswerte in Deutschland kümmere.
16Für den Nachlass, der sich in Deutschland befinde, sei das Testament von 22.8.2006 maßgeblich. Dieses sei durch das nachfolgende Testament nicht widerrufen worden, welches nur den Nachlass, der in T zu belegen ist, regle. Das letzte Testament stehe nicht in Widerspruch zu der früheren letztwilligen Verfügung. Der Widerruf könne sich nach dem Gesamtzusammenhang nur auf vorherige Verfügungen über T Vermögen beziehen. Die Verfügung vom 2.4.2011 sei keine wirksame Verfügung nach deutschem Recht. Es würden sich darin keine Andeutung zu ihrem Vermögen in Deutschland finden. Dafür spreche auch, dass sich das ältere Testament nicht zur Regelung des Nachlasses in T verhalte. Die Erblasserin habe auch zwischen ihrem eigenen Vermögen in Deutschland und dem gemeinsam erarbeiteten Vermögen der Eheleute in T unterscheiden wollen. Das komme daraus zum Ausdruck, dass sie eingangs des späteren Testaments erwähnt habe, sie sei deutsche Staatsangehörige. Zudem entspreche das maschinenschriftliche verfasste Testament nicht den deutschen Formvorschriften und stelle deshalb auch aus formalen Gründen keinen wirksamen Widerruf dar.
17II.)
18Die zur Erteilung des beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlichen Tatsachen waren als festgestellt zu erachten.
191.)
20Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist gegeben. Gemäß Art. 10 Abs. 2 EuErbVO. Danach sind die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dem sich Nachlassvermögen befindet, für Entscheidungen über dieses Nachlassvermögen., sofern ansonsten kein Gericht in einem Mitgliedstaat zuständig ist nach Art. 10 Abs. 1 EuErbVO.
21Da sich im Inland Nachlassvermögen befindet, ist die deutsche Gerichtsbarkeit eröffnet auch für die Erteilung eines auf den Nachlass im Inland beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses.
22Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Bonn ergibt sich aus § 343 Abs. 2 FamFG. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Erblasserin im Inland war in C.
232.
24Der Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist auch begründet. Die Erblasserin hat den Beteiligten C wirksam zum Executor und damit einem Testamentsvollstrecker vergleichbar in ihrem Testament vom 31.8.2011 eingesetzt.
25Zunächst ist darauf zu verweisen, dass für die Erbfolge der Erblasserin das Recht des Staates T anzuwenden ist. Gemäß Art. 21 EuErbVO unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Verstorbenen war in T so dass sich die Erbfolge nach dem T Erbrecht richtet, nicht nach deutschem Erbrecht. Der Umstand, dass T kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, ist dabei unerheblich. Nach Art. 20 EuErbVO ist das nach dieser Verordnung bezeichnete Recht auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedsstaates ist.
26Ohne Erfolg machen die Beteiligten C und K geltend, dass die Erblasserin deutsches Erbrecht gewählt habe. Eine Rechtswahl wurde gerade nicht erklärt. Diese ergibt sich auch nicht allein aus der Erwähnung der Staatsangehörigkeit des Testierenden in dem Testament aus dem Jahr 2006. Gemäß Art. 22 Abs. 2 EuErbVO muss die Rechtswahl ausdrücklich in einer Verfügung von Todes wegen erfolgen. Dies ist vorliegend nicht geschehen.
27Das Testament vom 31.8.2011 ist formal wirksam.
28Ein Testament ist gemäß Sec. 2 Wills Act 1953 der Form nach wirksam, wenn es folgende Voraussetzungen erfüllt
29Das Testament muss am Ende unterschrieben werden vom Testator oder einer anderen Person in seiner Gegenwart und auf seine Anweisung.
Eine solche Unterschrift muss vom Testator geleistet werden oder von einer anderen Person oder vom Testator anerkannt, wenn von einer solchen anderen Person geleistet, in gleichzeitiger Anwesenheit von zwei oder mehr Zeugen.
Solche Zeugen unterschreiben das Testament bei gleichzeitiger Anwesenheit und in Anwesenheit des Testierenden und, wenn das Testament durch eine andere Person unterschrieben wird, in Anwesenheit der anderen Person.
Wenn das Testament aus mehreren Seiten besteht, muss der Erblasser oder die andere Person auf jeder Seite irgendwo unterschreiben.
Alle v.g. Voraussetzungen sind erfüllt.
35Entgegen der Ansicht der Beteiligten C und K ist die angeordnete Testamentsvollstreckung auch nicht beschränkt auf das in T belegene Nachlassvermögen. Eine solche Beschränkung ist weder ausdrücklich erklärt, noch ist diese in dem Testament angedeutet. Das Testament ist eindeutig. Es verhält sich zum vollständigen Nachlass der Erblasserin. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Erblasserin eingangs sämtliche früheren letztwilligen Verfügungen widerrufen hat. Damit ist auch das Testament vom 22.8.2006 widerrufen, in dem sie isoliert über das in Deutschland befindliche Vermögen verfügt hatte.
36Die Erblasserin hat unter Ziff. 4 des letzten Testaments Erben zu ihrem Nachlass eingesetzt, soweit dieser nicht die unter Ziff. 3 ausgesprochenen Vermächtnisses betrifft. Diese verhalten sich zu Aktienbesitz, 50.000,00 Rand an Barvermögen sowie eines Kraftfahrzeuges. Soweit sie ausdrücklich bezüglich der Einsetzung als Erben ausgeführt hat, dass sie den Rest des Nachlasses, ganz gleich welcher Art, sei es bewegliches oder unbewegliches Vermögen, wo immer sich diese befindet, an die weiter namentlich bezeichneten Erben hinterlasse, ergibt sich eindeutig, dass damit der gesamte Nachlass abzüglich der Vermächtnisse gemeint ist.
37Eine Ausnahme für das in Deutschland befindliche Vermögen ergibt sich daraus gerade nicht. Der Wortlaut ist eindeutig und nicht auslegungsfähig. Andeutungen, dass das v.g. Vermögen von der Erbregelung ausgenommen ist, sind nicht ansatzweise ersichtlich.
38Auch allein aus dem Umstand, dass die Erblasserin im Jahr 2006 ein auf das Vermögen in Deutschland beschränkte Testament errichtet hat, lässt im Umkehrschluss nicht die Annahme zu, dass sie in dem späteren Testament nur Regelungen zu ihrem in T befindlichen Vermögen treffen wollte und getroffen habe. Denn anders als im ersten Testament befindet sich - wie an früherer Stelle ausgeführt - in dem letzten Testament gerade keine Beschränkung auf das in einem bestimmten Land gelegene Nachlassvermögen. Der Wortlaut ist vielmehr eindeutig.
39Da die letztwillige Verfügung aus dem Jahr 2011 nach dem maßgeblich anzuwenden T Erbrecht formwirksam war, konnte durch sie auch das frühere Testament widerrufen werden.
40Da das Testament vom 31.8.2011 den gesamten Nachlass regelt und die Einsetzung des "Executors" nicht auf bestimmtes Nachlassvermögen beschränkt ist, erstreckt sich dessen Tätigkeit auch auf das in der Bundesrepublik Deutschland befindliche Vermögen.
41Die Aufgaben eines Executors sind denjenigen eines Testamentsvollstrecker vergleichbar, so dass das Testamentsvollstreckerzeugnis, beschränkt auf das im Inland befindliche Nachlassvermögen, zu erteilen ist.
42Die Kostenentscheidung ergeht nach § 81 Abs. 1 FamFG.
43Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 40 Abs. 5 FamFG. Danach beträgt in einem Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnis 20 % des Nachlasswertes. Da sich das Zeugnis auf das im Inland belegene Nachlassvermögen beschränkt, war nur dieses für die Wertfestsetzung zu berücksichtigen.