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In dem Rechtsstreit
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hat das Amtsgericht Bonn auf die mündliche Verhandlung vom 17.09.2024 für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2024 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 117,88 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand:
2Der Kläger ist der Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des Erblassers S E
3H.
4Der Erblasser hat bei der Beklagten über die Filiale in T ein Konto unterhalten zu der IBAN DE## #### #### #### #### ##.
5Der Erblasser hatte mit der Streitverkündeten F T einen Mietvertrag über Wohnraum zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 350,00 € geschlossen.
6Der Kläger wurde vom Amtsgericht T mit Bestellungsurkunde vom 21.03.2023 zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben von S E H, verstorben zwischen dem 07. und 11.03.2023 in M, bestellt.
7Mit Schreiben vom 30.03.2023, der Beklagten zugegangen am 03.04.2023, übersandte der Kläger seine Bestellungsurkunde an die Beklagte und kündigte zugleich alle bestehenden Daueraufträge.
8Mit Schreiben vom 30.03.2023 kündigte der Kläger gegenüber der Streitverkündeten das bestehende Mietverhältnis des Erblassers zum 30.06.2023. Gleichzeitig gab er die Wohnung ungeräumt frei.
9In der Folge führte die Beklagte den Dauerauftrag in Höhe von 350,00 € monatlich an die Streitverkündete aus. Die Beklagte führte den Dauerauftrag konkret für die Monate April bis August 2023 aus. Streitgegenständlich sind die Monate Mai bis August 2023.
10Mit Schreiben vom 03.08.2023 übersandte die Beklagte auf Anforderung des Klägers eine aktuelle Kontoübersicht sowie eine Aufstellung der Vermögenswerte. Die Beklagte teilte in dem Schreiben weiter mit, dass sie die Daueraufträge nun gelöscht habe.
11Mit Schreiben vom 12.12.2023 beanstandete der Kläger gegenüber der Beklagten, dass diese trotz Kündigung der Daueraufträge noch bis zum 01.08.2023 einen Dauerauftrag für die Miete in Höhe von 350,00 € ausgeführt hat. Gleichzeitig forderte der Kläger für die Monate Mai bis August 2023 insgesamt 1.400,00 € für Mietzahlungen zurück und setzte diesbezüglich eine Zahlungsfrist bis zum 05.01.2024.
12Die Streitverkündete teilte der Beklagten mit Schreiben vom 24.01.2024 mit, dass sie die an sie gezahlten Mieten nicht an die Beklagte zurückzahlen werde. Es seien ihr Kosten für die Entrümpelung entstanden, sodass sie sich zu einer Rückzahlung nicht veranlasst sehe.
13Die Beklagte teilte unter dem 30.01.2024 mit, der Zahlungsempfänger habe die Mietzahlungen nicht zurückgegeben.
14Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.03.2024 forderte der Kläger die Beklagte erneut zur Erstattung des Betrages in Höhe von 1.400,00 € auf.
15Mit Schreiben vom 19.06.2024 hat der Kläger der Beklagten die in der Klageerwiderung erwähnten vermeintlichen Rückzahlungsansprüche gegen die Streitverkündete abgetreten.
16Der Kläger bestreitet Kosten für eine Entrümpelung. Der Kläger ist der Ansicht, dass er zur Zahlung der Miete nicht verpflichtet gewesen sei, da der Nachlass dürftig sei. Er habe einen vorrangigen Anspruch auf Vergütung aus dem Nachlass.
17Der Kläger beantragt,
18die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2024 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 117,88 € zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger sei kein Schaden entstanden, da selbst unter Einhaltung der Kündigungsfrist die Miete noch für weitere drei Monate zu zahlen gewesen wäre. Darüber hinaus müssten die unbekannten Erben auch für die Entrümpelung der Wohnung einstehen. Insoweit sei der Kläger entreichert. Darüber hinaus erhebt die Beklagte die dolo-agit-Einrede. Dem Kläger stünde der Klageanspruch auch jedenfalls nur Zug um Zug gegen Abtretung der vermeintlichen Rückzahlungsansprüche gegen die Vermieterin zu. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger die vorgerichtlichen Anwaltskosten tatsächlich ausgeglichen hat.
22Die Klageschrift vom 04.04.2024 ist der Beklagten am 02.05.2024 zugestellt worden.
23Mit Schriftsatz vom 30.05.2024 hat die Beklagte der Vermieterin des Erblassers, Frau F T, den Streit verkündet. Die Streitverkündung ist der Streitverkündeten am 08.06.2024 zugestellt worden.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2024 (Bl. 211.Aff. d.A.) Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.
27Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2024 Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz der Klägerseite vom 05.09.2024 beantragt hat, weil ihr der Schriftsatz erst am 10.09.2024 zugegangen ist, ist der Schriftsatznachlass zurückzuweisen. Der Schriftsatz der Klägerseite vom 05.09.2024 enthält keinen neuen entscheidungserheblichen Vortrag. Das Gericht stützt das Urteil nicht auf Tatsachen oder Rechtsansichten, die in dem Schriftsatz vom 05.09.2024 vorgetragen wurden. Aufgrund dessen war kein Schriftsatznachlass zu gewähren.
28A.) I.) 1. Der Kläger hat gemäß § 675u S. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung bzw. Gutschrift in Höhe von 1.400,00 € gegen die Beklagte.
29Die Beklagte war von dem Kläger nicht autorisiert die Daueraufträge für die Monate Mai bis August 2023 an die Streitverkündete über einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.400,00 € vorzunehmen, da der Kläger die Daueraufträge mit Schreiben vom 30.03.2023, der Beklagten zugegangen am 03.04.2023, unstreitig gekündigt hat. Gemäß § 675p Abs. 3 BGB konnte der Kläger den Dauerauftrag auch kündigen.
30Gemäß § 675u S. 2 BGB ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte.
31Diesem Anspruch aus § 675u S. 2 BGB kann die Beklagte nicht entgegenhalten, dass der Kläger durch die Überweisungen von einer Verbindlichkeit gegenüber der Streitverkündeten in Höhe von insgesamt 1.400,00 € befreit worden sei und sie daher bei Stornierung der Buchungen einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen den Kläger habe. Denn bei der Stornierung der Belastungsbuchungen entsteht kein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Beklagten gegen den Kläger.
32Bei Zahlungsdienstleistungen wird durch die spezialgesetzliche Regelung des § 675u BGB ein nach alter Rechtslage unter Umständen bestehender bereicherungsrechtlicher Anspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler gesperrt (vgl. LG Hannover, Urteil vom 21.12.2010, 18 O 166/10).
33§ 675u BGB ist Ausfluss der Umsetzung der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007. Durch die §§ 675j und 675u BGB wird in den sog. „Veranlasserfällen“ eine Abkehr vom Horizont des Zahlungsemfpängers als maßgebendem Wertungskriterium vollzogen. Maßgebend ist, dass das Gesetz ein gegenüber der früheren Rechtslage zugunsten des Zahlungsdienstleisters nur sehr eingeschränkt abdingbares Zurechnungskriterium für die Gültigkeit der Belastungsbuchung, nämlich die Autorisierung durch den Zahler, eingeführt hat, welches im Rahmen der wertenden Betrachtung auch im Bereicherungsrecht in den Vordergrund rückt (vgl. BGH, Urteil vom 16.06.2015, XI ZR 243/13).
34Dies bedeutet dann, dass ein Zahlungsvorgang im Anwendungsbereich der §§ 675c ff. BGB einem Zahler ohne dessen Autorisierung unabhängig davon, ob der Zahlungsempfänger Kenntnis von der fehlenden Autorisierung hat und wie sich der Zahlungsvorgang von seinem Empfängerhorizont aus darstellt, nicht als Leistung zugerechnet werden kann. Er hat mangels Tilgungsbestimmung im Valutaverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger keine Erfüllungswirkung und kann im Deckungsverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsdienstleister nicht als Leistung des Zahlungsdienstleisters an den Zahler angesehen werden. Mangels eines Leistungsverhältnisses begründet ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang eine Nichtleistungskondiktion des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahlungsempfänger (vgl. BGH a.a.O.).
35Entgegen der Ansicht der Beklagten wird der Kläger, da ihm mangels einer Autorisierung die Überweisung durch die Beklagte nicht als Leistung an die Streitverkündete zuzurechnen ist, so behandelt, als hätte er im Valutaverhältnis keine gegen ihn bestehende Forderung des Zahlungsempfängers, hier der Streitverkündeten, erfüllt. Die Streitverkündete kann, soweit ihr im Valutaverhältnis ein Anspruch gegen den Kläger zusteht, diesen Anspruch weiterhin geltend machen. Der Kläger hat also nichts erlangt, weswegen auch ein gegen ihn gerichteter Kondiktionsanspruch seines Zahlungsdienstleisters ausscheidet (vgl. BGH a.a.O.).
36Insoweit greift auch der von der Beklagten erhobene dolo agit-Einwand nicht durch, da der Kläger den streitgegenständlichen Geldbetrag gerade nicht eindeutig direkt wiederzurückgeben müsste. Jedenfalls müsste er den Geldbetrag nicht direkt an die Beklagte zurückgeben, sondern er wäre ggf. nur zur Leistung an die Streitverkündete verpflichtet. Die Zahlungsverpflichtung zwischen dem Kläger und der Streitverkündeten ist allerdings in diesem Verhältnis zu klären.
372. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB. Gemäß § 675u S. 2 BGB war die Beklagte verpflichtet, den Betrag unverzüglich zu erstatten. Gemäß § 675u S. 3 BGB ist diese Verpflichtung spätestens unverzüglich auf die Anzeige zu erfüllen. Mit Schreiben vom 12.12.2023 hat der Kläger der Beklagten die nicht autorisierten Überweisungen angezeigt und zur Rückzahlung bis zum 05.01.2024 aufgefordert, sodass die Beklagte jedenfalls mit Ablauf der in dem Schreiben gesetzten Frist in Verzug war. Soweit die Beklagte dem entgegensetzt, es hätte Fristverlängerungen gegeben, so ist den Schreiben des Klägers eindeutig zu entnehmen, dass er die unverzügliche Erstattung der Beträge begehrt und der Beklagten keine den Verzug aufschiebende Fristverlängerungen gewährt hat. Insoweit fehlt es bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont, §§ 133, 157 BGB, an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen.
38II.) Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 117,88 € gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 257 BGB. Soweit der Kläger von der Beklagten die Verurteilung zur Zahlung an ihn begehrt, ist die Klage als unbegründet abzuweisen, da der Kläger nicht dargelegt und bewiesen hat, dass er die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren tatsächlich an seine Prozessbevollmächtigten gezahlt hat.
39Der Anspruch errechnet sich aus einem Gegenstandswert bis 1.500,00 € unter Zugrundelegung einer 0,65er Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.
40B.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 2 ZPO.
41Der Streitwert wird auf 1.400,00 EUR festgesetzt.