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In dem Rechtsstreit
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hat das Amtsgericht Bonnauf die mündliche Verhandlung vom 07.07.2020für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
2Die Klägerin beansprucht teilweise Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung aus zwei Darlehensverträgen.
3Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann schlossen mit der Beklagten am 01.08.2012 zwei Darlehensverträge über 163.000,00 € (Darlehen ##########) und 23.000,00 € (Darlehen ##########). Die Beklagte vermittelte der Klägerin desweiteren ein Darlehen bei der L .
4Nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 01.12.2016 an die Beklagte und äußerte den Wunsch nach einer Umschuldung.
5Die Beklagte signalisierte Bereitschaft, mit der Klägerin bei Zahlung eines Vorfälligkeitsentgeltes eine vorzeitige Vertragsaufhebung zu vereinbaren. Dazu übermittelte sie eine von ihr, der Beklagten bereits unterzeichnete Aufhebungsvereinbarung, die ein Vorfälligkeitsentgelt in Höhe von 35.071,69 € zum Inhalt hat. Die Klägerin unterzeichnete die Vereinbarung am 26.06.2017. Wegen der weiteren Einzelheiten der Aufhebungsvereinbarung wird auf die Anlage B3, Bl. 139 d.A. Bezug genommen.
6Mit Anwaltsschreiben vom 12.010.2018 forderte die Klägerin die Beklagte zur Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auf. Die Beklagte wies dies mit Schreiben vom 26.10.2018 zurück.
7Die Klägerin meint, die Beklagte habe eine zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung beansprucht. Es seien sowohl der Risikokostenabzug als auch die ersparten Verwaltungskosten zu niedrig angesetzt worden. Auf der Grundlage einer privatsachverständigen Bewertung macht sie geltend, das Vorfälligkeitsentgelt sei nach Maßgabe der Vorgaben der Rechtsprechung zur angemessenen Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung insgesamt um 3.488,19 € überhöht, wobei zur Berechnung auf die Darlegungen in der Klageschrift, dort Bl. 4-5, S. 9-10 d.A. und die Einschätzung der Privatsachverständigen, Anlage K 5, Bl. 96 ff. d.A. Bezug genommen.
8Die Klägerin meint, die vereinbarte Vorfälligkeitsentschädigung sei auf ihre Angemessenheit zu überprüfen, denn die Klägerin sei zur Kündigung der Darlehensverträge berechtigt gewesen. Hierzu behauptet sie, ohne die durchgeführte Umschuldung sei sie zur Bedienung der Darlehensraten nach dem Tod des Ehemannes nicht mehr in der Lage gewesen. Die vorgenommene Umschuldung sei erforderlich gewesen, um die beliehene Immobilie halten zu können.
9Die Klägerin beantragt,
101. die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 3.488,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2018 zu zahlen;
112. die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin vorgerichtliche Sachverständigenkosten in Höhe von 334,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2019 zu zahlen;
123. die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin die Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit in Höhe von 503,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2019 zu zahlen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie macht hierzu im Wesentlichen geltend, der Risikokostenabzug und die ersparten Verwaltungskosten entsprächen den Vorgaben der Rechtsprechung. Die Beklagte sei abgesehen davon nicht gehalten gewesen, diese Vorgaben zu beachten, da der Klägerin kein außerordentliches Kündigungsrecht zur Seite gestanden habe. Die Höhe des Vorfälligkeitsentgelts habe deswegen – in den Grenzen von § 138 BGB – zwischen den Parteien frei vereinbart werden können.
16Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist unbegründet.
19Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung des beanspruchten Teilbetrages des gezahlten Vorfälligkeitsentgelts aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu, denn die Zahlung des Betrages beruht auf der rechtswirksamen Vereinbarung einer entsprechenden Vorfälligkeitsentschädigung vom 26.06.2017.
20Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus:
21In seinem grundlegenden Urteil vom 1. Juli 1997 (BGHZ 136, 161) hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit das Bedürfnis des Darlehensnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Darlehensgebers begründen kann, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen, und dass dies insbesondere dann gilt, wenn für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits sowie der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist. Dabei hat der Senat betont, dass der Darlehensgeber sich auf die in einer vorzeitigen Kreditablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung liegende Modifizierung des Vertragsinhalts nicht ohne weiteres einzulassen braucht und dass eine solche Durchbrechung des Grundsatzes der Vertragstreue nur gerechtfertigt ist, wenn berechtigte Interessen des Darlehensnehmers dies gebieten (aaO S. 166). Diese Voraussetzung hat der Senat unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Darlehensnehmers dann als erfüllt angesehen, wenn ohne die vorzeitige Kreditablösung der beabsichtigte Verkauf des belasteten Grundstücks nicht möglich wäre (aaO S. 167).
22Nur wenn die genannte Voraussetzung erfüllt und der Kreditgeber zur Einwilligung in die vorzeitige Darlehensablösung gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet ist, unterliegt eine von ihm in Rechnung gestellte Vorfälligkeitsentschädigung der Überprüfung auf ihre Angemessenheit, d.h. darauf, ob sie über das hinausgeht, was zum Ausgleich der mit der vorzeitigen Kreditablösung verbundenen Nachteile erforderlich ist. In diesem Fall kann es dem Kreditgeber auch verwehrt sein, sich zur Rechtfertigung einer dieses Maß übersteigenden Vorfälligkeitsentschädigung auf eine vertragliche Vereinbarung mit dem Kreditnehmer über deren Höhe zu berufen (vgl. dazu BGHZ 136, 161, 168).
23Fehlt es dagegen an einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Kreditnehmers bei der Verwertung des beliehenen Objekts, die einen Anspruch gegen den Kreditgeber auf vorzeitige Darlehensablösung gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung rechtfertigen könnte, so steht es dem Kreditgeber grundsätzlich frei, ob und gegebenenfalls gegen welches Vorfälligkeitsentgelt er sich auf eine vorzeitige Darlehensablösung einlässt. In diesem Fall unterliegt eine Vereinbarung der Vertragspartner über die Höhe des Vorfälligkeitsentgelts keiner Angemessenheitskontrolle, sondern ist - solange die Grenzen des § 138 BGB gewahrt sind - grundsätzlich rechtswirksam (Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 83 Rdn 158 a.E.; Rösler/Wimmer/Lang, Vorzeitige Beendigung von Darlehensverträgen, Rdn B 88).
24(BGH, Urteil vom 06. Mai 2003 – XI ZR 226/02 –, Rn. 11 - 13, juris).
25Dies entspricht der Einschätzung des OLG Köln:
26Die vom Bundesgerichtshof an die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung gestellten Anforderungen sind die Kehrseite des nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen zu bejahenden Anspruchs des Darlehensnehmers auf vorzeitige Abwicklung des Darlehensvertrages über ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen mit Festzinsbindung. Der Bundesgerichtshof knüpft hierfür in seinen beiden Grundsatzentscheidungen vom 01.07.1997 - XI ZR 267/96 und XI ZR 197/96 - (NJW 1997, 2875 und 2878) an § 1136 BGB an. Nach dieser Vorschrift ist eine Vereinbarung, durch die sich der Eigentümer dem Gläubiger gegenüber verpflichtet, das Grundstück nicht zu veräußern oder nicht weiter zu belasten, nichtig. Hieraus leitet der BGH (a.a.O.) den Rechtsgedanken ab, dass dem Darlehensnehmer ein Recht auf vorzeitige Kreditrückzahlung einzuräumen sei, wenn er den zur Darlehensabsicherung belasteten Gegenstand veräußern oder weitergehend belasten will. Das vorzeitige Tilgungsrecht findet somit seine Grundlage im Schutz der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Eigentümers eines zur Darlehensbesicherung belasteten Gegenstandes und kann demgemäß auch nur in den eng begrenzten Ausnahmefällen eine Durchbrechung des Grundsatzes der Bindung an vertraglich vereinbarte Darlehenslaufzeiten rechtfertigen, in denen die Nutzungswünsche des Eigentümers durch die dingliche Belastung eingeschränkt werden. Anderweitige Interessen wie etwa der Wunsch nach einer zinsgünstigeren Umschuldung oder nach einer vorzeitigen Entschuldung aufgrund Liquiditätszuflusses rechtfertigen eine solche Durchbrechung anerkanntermaßen nicht
27(OLG Köln, Urteil vom 04. Dezember 2002 – 13 U 82/02 –, Rn. 12, juris).
28Nach diesem Maßstab bestand vorliegend zum Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Ablösung der Altkredite gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung.
29Ebenso wie in den vom BGH und vom OLG Köln entschiedenen Fällen war die Ablösung der Darlehen nicht erforderlich, um der Klägerin den Verkauf des beliehenen Hausgrundstücks zu ermöglichen. Die Klägerin hat sich vielmehr – allerdings unsubstantiiert – darauf berufen, dass durch die Umschuldung die Veräußerung des beliehenen Objekts, das nach dem Tod des Ehemannes „nicht mehr zu halten“ gewesen sei, vermieden werden sollte. Hierzu hat sie keinerlei Einzelheiten vorgetragen,weder zu den wirtschaftlichen Umständen nach dem Tod des Ehemannes, noch zur Unvermeidbarkeit der Veräußerung des Grundstücks ohne die angestrebte Umschuldung, noch zu den Einzelheiten der Umschuldung und inwieweit durch sie eine Veräußerung des Grundstücks vermieden worden ist.
30Für eine Unwirksamkeit der getroffenen Aufhebungsvereinbarung nach § 138 BGB hat die Klägerin weder zur objektiven- noch zur subjektiven Seite vorgetragen. Eine Sittenwidrigkeit oder eine wucherische Überhöhung des vereinbarten Entgelts liegen bei der von der Klägerin behaupteten Abweichung vom „angemessenen“ Betrag in Höhe von weniger als 10% allerdings auch fern.
31Aus den genannten Gründen steht der Klägerin auch kein auf Erstattung der Sachverständigenkosten gerichteter Schadensersatzanspruch zu.
32Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 S. 1 ZPO.
34Der Streitwert wird auf 3.822,34 EUR festgesetzt.