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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Versicherung für Jagd- und Sportwaffen.
3Der Kläger ist Jäger und unterhält seit dem 01.04.2019 bei der Beklagten u. a. eine Jagd-Waffenversicherung. Einbezogen in den Versicherungsvertrag sind jedenfalls die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Jagd- und Sportwaffen nebst Zubehör Fassung 2018 (AVB Jagd- und Sportwaffen). Vereinbart ist eine Versicherungssumme in Höhe von 6.000,00 Euro.
4Auf der ersten Seite des Versicherungsscheins heißt es u. a. wie folgt:
5„Dieser Versicherungsschein umfasst die
6Jagd-Haftpflichtversicherung
7Jagd-Waffenversicherung
8Jagd-Rechtsschutzversicherung Risikoträger: E. Rechtsschutz-Versicherungs-AG
9Alle aufgeführten Versicherungen sind rechtlich selbständige Verträge.
10Vertragsbestimmungen / Vertragsgrundlagen Die gegenseitigen Rechte und Pflichten richten sich nach dem Antrag, den gesetzlichen Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland und den bei den einzelnen Versicherungen aufgeführten Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Besonderen Bedingungen und Klauseln.
11[…]
12Jagd-Waffen
13Versicherungssumme (erstes Risiko) 6.000 EUR
14Jahresbeitrag: 93,31 EUR
15Allgemeine Versicherungsbedingungen, Besondere Bedingungen und Klauseln:
16Allgemeine Versicherungsbedingungen für Jagd- und Sportwaffen nebst Zubehör (AVB Jagd- und Sportwaffen) Fassung 2018
17Klausel 02 (Jagdwaffenversicherung im Rahmen des Jäger-Schutzbriefes)
18[…].“
19Mit E-Mail vom 31.08.2023 meldete der Kläger bei der Beklagten einen Schadensfall vom 19.08.2023. Unter dem 11.09.2023 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Schadensübernahme aufgrund des Ausschlussgrundes aus Ziffer 3.3. AVB Jagd- und Sportwaffen nicht in Betracht komme. In der Folgezeit blieb die Beklagte auch nach Widerspruch des Klägers und Aufforderung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 12.138,98 Euro durch die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 23.11.2023 bei ihrer Leistungsablehnung, worüber sie den Kläger mit Schreiben vom 11.12.2023 informierte.
20Der Kläger behauptet, er habe am 19.08.2023 gegen 20 Uhr auf einen Rehbock angelegt und geschossen. Der Schuss habe den Rehbock indes nicht unmittelbar erlegt. Vielmehr sei der Rehbock abgesprungen und aus seiner – des Klägers – Sichtweite geflohen. Er habe daraufhin seine Waffe nebst Munition ergriffen und habe sich auf eine Nachsuche begeben, zu welcher er aufgrund geltenden Jagdrechts und der Jagdethik verpflichtet gewesen sei, um den verletzten Rehbock zu erlegen und von seinen Qualen zu erlösen.
21Er habe die in seinem Eigentum stehende Wärmebildkamera, das Vorsatzgerät und ein Fernglas inklusive der dazugehörigen Akkus und der Transporttaschen auf dem Ansitz zurückgelassen, um die erforderliche Nachsuche betreiben zu können. Die Gegenstände seien derart im Ansitz verstaut worden, dass sie für Dritte nicht einsehbar gewesen seien. Die Nachsuche unter Mitführung dieser Gegenstände zu betreiben, sei nicht möglich gewesen. Er habe sich frei bewegen müssen und beide Hände zur Erlegung des angeschossenen Wildes benötigt. Weitere Personen habe er im Umfeld um den Hochsitz nicht gesehen. Er sei daher davon ausgegangen, in seinem Revier allein zu sein.
22Bei Rückkehr zum Ansitz habe er festgestellt, dass das Fernglas der Marke M., Typ W. 10x42, die Wärmebildkamera (Thermographie), die Wärmebildkamera, der X. Organzier und eine Brusttasche R. unbefugt durch Dritte entwendet worden seien. Wegen der Behauptung des Klägers zu dem Neuwert der vorgenannten Gegenstände wird auf die Auflistung auf Seite der Klageschrift vom 05.03.2024, Bl. 3 der Akte, Bezug genommen. Insgesamt sei ihm ein Schaden in Höhe von 12.138,98 Euro entstanden. Die Gegenstände seien von ihm bestens gepflegt worden, so dass der Wert am Schadenstag nicht unter 50 % des Neuwertes gelegen habe.
23Der Kläger ist der Auffassung, dass es sich bei den entwendeten Gegenständen jeweils um Jagdzubehör und damit um versicherte Gegenstände im Sinne der Versicherungsbedingungen handele. Eine Klausel 02, auf die die Beklagte sich beziehe, sei ihm nicht bekannt. Maßgeblich seien die Vertragsbedingungen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages. Eine wirksame Abänderung der Bedingungen und des Umfangs des Versicherungsschutzes stellt der Kläger in Abrede.
24Es liege auch ein Versicherungsfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vor, nämlich ein Diebstahl durch einen unbekannten Täter. Der Schaden sei zudem nicht durch das Liegenlassen entstanden, sondern dadurch, dass ein unbekannter Dritter eine eigene Kausalkette in Gang gesetzt habe, indem er die Gegenstände entwendet habe. Die Klausel in Ziffer 3.3. der AVB Jagd-und Sportwaffen sei mehrdeutig im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB, was zu Lasten der Beklagten als Verwenderin gehe. Darüber hinaus halte die Klausel einer Inhaltskontrolle nicht stand, da sie den Kläger unangemessen benachteilige. Sie missachte nicht nur anerkannte Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit, sondern laufe auch zwingenden jagd- und tierschutzrechtlichen Gesetzen zuwider. Es müsse – um unnötige Tierqualen zu vermeiden – unverzüglich eine effektive Nachsuche betrieben werden, bei der die gestohlenen Gegenstände hätten zurücklassen werden müssen, da sie ihn bei der Nachsuche behindert und diese folglich erheblich erschwert hätten. Den Ausnahmecharakter einer solchen Situation, in der in letzter Konsequenz eine Entziehung des Jagdscheins drohe, berücksichtige die Klausel nicht.
25Der Kläger beantragt,
261. die Beklagte zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 12.021,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.10.2023 zu zahlen;
272. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von einer Forderung seiner Prozessbevollmächtigten wegen der vorgerichtlichen Geltendmachung seiner Schadensersatzansprüche aufgrund des Schadensereignisses vom 19.08.2023 in Höhe von 1.054,10 EUR freizustellen und durch entsprechende Zahlung zu bewirken.
28Die Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Die Beklagte bestreitet das von dem Kläger behauptete Schadensereignis vollumfänglich mit Nichtwissen. Sie bestreitet außerdem mit Nichtwissen, dass eine effektive Nachsuche nicht möglich gewesen wäre, wenn der Kläger die Gegenstände mit sich geführt hätte.
31Sie macht darüber hinaus unter Verweis auf die Klausel 02 – Jagdwaffenversicherung im Rahmen des Jäger-Schutzbriefes geltend, dass es sich bei den Wärmebildkameras, der Brusttasche und des X. Organizers nicht um versicherte Gegenstände handele. Sie bestreitet überdies mit Nichtwissen, dass die Gegenstände im Eigentum und Besitz des Klägers standen.
32Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, aufgrund des Ausschlussgrundes in § 3 Ziffer 3 AVB Jagd-Sund Sportwaffen leistungsfrei zu sein. Auf die Gründe, warum Gegenstände liegen gelassen würden, komme es nicht an. Die Klausel sei auch weder intransparent noch benachteilige sie den Kläger unangemessen. Jedenfalls habe der Kläger die Gegenstände aber bewusst liegen gelassen und damit den Versicherungsfall fahrlässig herbeigeführt, so dass eine Leistungskürzung auf Null geboten sei.
33Schließlich wendet die Beklagte ein, dass der Kläger die maximale Entschädigungssumme missachte, die vereinbart worden sei. Versicherungswert sei auch nur der Zeitwert, nicht der vom Kläger geltend gemachte Neuwert. Dass der Wert der Gegenstände am Schadentag nicht unter 50 % des Neuwerts gelegen habe und durch den Kläger bestens gepflegt worden seien, bestreitet die Beklagte in diesem Zusammenhang mit Nichtwissen.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
35Entscheidungsgründe:
36Die Klage hat keinen Erfolg.
37I.
38Die Klage ist zulässig.
39Insbesondere ist das Landgericht Bochum gemäß § 215 Abs. 1 VVG örtlich zuständig.
40II.
41Die Klage ist jedoch unbegründet.
421.
43Dem Kläger steht gegen die Beklagte im Zusammenhang mit dem behaupteten Schadensereignis vom 19.08.2023 kein Anspruch auf Versicherungsleistungen aus der streitgegenständlichen Jagd-Waffenversicherung gem. § 1 VVG i. V. m. den AVB Jagd- und Sportwaffen zu, und zwar weder in Höhe von 12.021,00 Euro (Schaden gem. Klageantrag) noch in Höhe von 12.138,98 Euro (Schadenshöhe gemäß Ausführungen in der Klageschrift zur Begründung des Klageantrags zu 1)).
44a.
45Hinsichtlich der als gestohlen gemeldeten Wärmebildkameras sowie des X. Organizers und der Brusttasche C. scheitert ein Anspruch bereits daran, dass es sich bei diesen Gegenständen nicht um versicherte Sachen handelt.
46Gemäß § 305 BGB wirksam einbezogen in den Versicherungsvertrag über die Jagd-Waffenversicherung ist nach den ausdrücklichen Angaben im Versicherungsschein, den der Kläger selbst vorgelegt hat, auch die Klausel 02 (Jagdwaffensicherung im Rahmen des Jäger-Schutzbriefes), die dem Kläger ausweislich des dem Versicherungsscheins beigefügten Abschrift des Antragsformulars auch bei Antragsstellung übergeben worden ist.
47Unter Berücksichtigung der Ziffer 1.1 der Klausel 02 – Jagdwaffensicherung im Rahmen des Jäger-Schutzbriefes, durch die in Abänderung der AVB Jagd- und Sportwaffenversicherung gemäß Ziffer 1 Änderungen hinsichtlich des Versicherungsumfangs gelten, erstreckt sich der Versicherungsschutz ausschließlich auf Jagdwaffen, Zielfernrohre, Ferngläser, Nachtsichtgeräte, Entfernungsmesser, Gewehrkoffer oder Futterale, Jagdmesser sowie die zum Jagdgebrauch notwendige Munition. Nicht versichert sind nach dieser abschließenden („ausschließlich“) Aufzählung daher nicht die streitgegenständlichen Wärmebildkameras und die beiden Taschen (X. Organizer und Brusttasche), bei denen es sich weder um Gewehrkoffer noch um Futterale für versicherte Gegenstände handelt.
48Lediglich das Fernglas, dessen Entwendung der Kläger behauptet, ist vom Versicherungsschutz umfasst.
49b.
50Hinsichtlich des Fernglases steht dem Kläger jedoch ebenfalls kein Anspruch auf Versicherungsleistungen aus der streitgegenständlichen Jagdwaffen-Versicherung zu.
51Es ist insoweit schon zweifelhaft, ob das Fernglas im Eigentum des Klägers steht. Die als Anlage 3 zur Klageschrift vorgelegte Rechnung über den Kauf des Fernglases (Bl. 35 der Akte) ist auf die G. GmbH ausgestellt. Zwar war der Kläger nach seinen Angaben zum Zeitpunkt der Anschaffung des Fernglases Geschäftsführer der G. GmbH sowie Mitgesellschafter. Dies führt jedoch nicht dazu, dass das Fernglas Eigentum des Klägers selbst geworden ist. Die auf die GmbH ausgestellte Rechnung indiziert vielmehr, dass diese in Umsetzung des Kaufvertrages nach Zahlung des vereinbarten Kaufpreises Eigentümerin des Fernglases geworden ist. Dass das Eigentum an dem Fernglas zu einem späteren Zeitpunkt an den Kläger übertragen worden ist, ist weder von dem Kläger vorgetragen worden, noch ersichtlich.
52Letztlich kommt es hierauf aber auch nicht an. Denn der dem Kläger durch den behaupteten Verlust des Fernglases entstandene Schaden unterfällt dem Ausschlusstatbestand der Ziffer 3. 3. AVB Jagd- und Sportwaffen und ist nicht versichert.
53Gemäß Ziffer 3.3. AVB Jagd- und Sportwaffen sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen Schäden, die durch Hängen-, Stehen oder Liegenlassen entstehen.
54Zwar ist der Schaden in Form des Verlustes des Fernglases nach dem Vorbringen des Klägers nicht unmittelbar durch das Liegenlassen auf dem Ansitz entstanden, sondern erst dadurch, dass Dritte diese in der Zeit der Abwesenheit des Klägers aus dem Hochsitz entwendet haben. Das Liegenlassen des Fernrohrs war ausgehend von der Schadensschilderung des Klägers aber zumindest mittelbar ursächlich für die spätere Entwendung. Diese ist durch das Zurücklassen der Gegenstände auf dem Hochsitz und der Entfernung des Klägers von dort zum Zwecke der Nachsuche erst ermöglicht worden und war danach Voraussetzung für den behaupteten Diebstahl.
55Die schließt nach Auffassung der Kammer das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes der Ziffer 3.3. AVB Jagd- und Sportwaffen nicht aus.
56AVB sind nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind. Risikoausschlussklauseln sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. m. w. N. nur: OLG Hamm, Beschluss v. 23.10.2023 – 20 U 142/23 –, r+s 2024, 274).
57Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die Klausel nach Auffassung der Kammer von dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur dahingehend verstanden werden, dass auch solche Schäden von dem Ausschluss erfasst sind, die erst dadurch entstehen, dass Dritte auf die liegen-, stehen- oder hängengelassenen Gegenstände Zugriff nehmen und dies zu dem Verlust der versicherten Gegenstände führt. Schon der Wortlaut der Klausel erhält keine Anhaltspunkte dafür, dass nur solche Schäden ersetzt werden, die unmittelbar durch das Liegen-, Stehen- oder Hängenlassen entstehen. Hinzu kommt, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung der in Ziffer 2 AVB Jagd- und Sportwaffen aufgeführten versicherten Gefahren zudem davon ausgehen wird, dass der Schaden dadurch entstanden sein muss, dass versicherte Gegenstände verloren gegangen, beschädigt oder zerstört worden sind. Allein das Liegen-, Stehen- oder Hängenlassen von Gegenständen führt jedoch nicht zu deren – dauerhaften – Verlust. Vielmehr ist es dem Eigentümer möglich, bei sofortiger oder späterer Erinnerung des Standorts die Gegenstände wieder an sich zu nehmen und dadurch einen Verlust zu verhindern. Gleiches gilt für die versicherten Gefahren Zerstörung oder Beschädigung. Auch durch das bloße Zurücklassen der Gegenstände werden diese weder zerstört noch beschädigt. Hinzutreten muss auch insoweit ein weiteres Ereignis, welches zu der Beschädigung, der Zerstörung oder dem Verlust der liegen-, stehen- oder hängengelassenen Sache führt. Bei einem solch engen Verständnis des Ausschlusstatbestandes wäre die Klausel mithin inhaltsleer, weil nur solche Fälle aus dem Versicherungsschutz ausgenommen werden, durch die ein Verlust (oder eine Zerstörung oder eine Beschädigung als weitere versicherte Gefahren im Sinne der Ziffer 2 AVB Jagd- und Sportwaffen) und damit ein Versicherungsfall regelmäßig gar nicht eintreten kann. Von daher wird nach Auffassung der Kammer auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Klausel dahingehend verstehen, dass von dem Ausschlusstatbestand auch solche Schäden umfasst sind, die nur mittelbar durch das Liegen-, Stehen- oder Hängenlassen entstanden sind (so wohl auch AG Düsseldorf, Urteil v. 25.03.1986 – 36 C 673/85 –, VersR 1987, 1087, juris).
58Bedenken gegen die Wirksamkeit von Ziffer 3.3. AVB Jagd- und Sportwaffen bestehen nicht. Der Umstand, dass die Klausel keine Ausnahme vorsieht für Fälle, in denen das Liegen-, Stehen- oder Hängenlassen von versicherten Gegenständen zur Beachtung jagd- und tierschutzrechtlicher Vorschriften erforderlich ist, führt nach Auffassung der Kammer nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB.
59Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Leistungsbegrenzungen grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen bleiben, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen weckt, wofür vorliegend nichts ersichtlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2017 – IV ZR 151/15 –, juris). Die Beklagte hat ein nachvollziehbares und schützenswertes Interesse daran, in Abweichung von § 81 VVG für solche Schäden keine Haftung zu übernehmen, die im besonderen Maße das Risiko eines Schadenseintritts in Form des Verlustes der versicherten Gegenstände begründen, was bei deren Liegen-, Stehen- oder Hängenlassen – unabhängig von der Frage, ob dieses auf einfachem oder grob fahrlässigen oder gar vorsätzlichen Handeln des Versicherungsnehmers beruht – der Fall ist. Liegen- oder stehengelassene Gegenstände sind aufgrund der damit verbundenen Gewahrsamslockerung bekanntermaßen besonders diebstahlsgefährdet.
60Hinzu kommt, dass es sich bei der Frage, welche Gegenstände bei einer im jagd- und tierschutzrechtlichen Sinne effektive Nachsuche mitgeführt werden können bzw. zurückgelassen werden müssen, um eine Wertungsfrage handelt, so dass eine verlässliche Risikoeinschätzung dem Versicherer insoweit auch nicht möglich wäre und wiederum ihn unangemessen benachteiligen würde.
61Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Versicherung zudem um eine Versicherung, die nur von solchen Personen abgeschlossen wird, die über einen Jagd- und Waffenschein verfügen. Denn nur solche Personen dürfen berechtigter Weise in Besitz von Waffen sein und die Jagd ausüben. Es kann daher nicht nur von dem Versicherer, sondern auch allgemein betrachtet vorausgesetzt werden, dass Versicherungsnehmer der vorliegenden Jagd-Waffenversicherung sich aufgrund ihrer Fachkenntnisse des Risikos des Erforderlichwerdens einer Nachsuche bewusst sind und – wie der Vortrag des Klägers zeigt – die dabei von ihnen zu beachtenden jagd- und tierrechtlichen Vorschriften kennen und angesichts dieser Kenntnisse ihre Ausrüstung bei der Jagd hieran anpassen, so dass nur solche Gegenstände mitgeführt werden, die auch im Falle einer durchzuführenden Nachsuche mit sich geführt werden können.
62Dass eine Nachsuche erforderlich wird, weil das Tier, auf das angesetzt wird, nicht in unmittelbar tödlicher Weise getroffen wird, stellt – wie auch die von dem Kläger angeführten Vorschriften zeigen – eine typische und erwartbare Situation dar, auf die sich ein Jäger bei der Jagd einstellen muss. Es obliegt insoweit seinem Verantwortungsbereich, diesen Vorgaben gerecht zu werden und sich in jeglicher Form auf die Durchführung einer effektiven Nachsuche vorzubereiten. Dass ein Versicherungsnehmer in die von dem Kläger beschriebene Konfliktlage gerät, unterfällt daher seinem Verantwortungsbereich und wird entgegen der Auffassung des Klägers nicht durch die Klausel in Ziffer 3.3. herbeigeführt, wonach unabhängig von den Gründen, die zum Liegenlassen der versicherten Gegenstände geführt haben, hierdurch verursachte Schäden nicht ersetzt werden. Hinzu kommt, dass der Versicherungsnehmer auch in Anbetracht der Höhe der Prämie für die Jagd- und Sportwaffenversicherung von 93,31 Euro jährlich keinen vollumfänglichen und unbegrenzten Versicherungsschutz erwarten kann, der zudem auch sämtlichen sich aus den von einem Jäger zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften ergebenden Besonderheiten Rechnung trägt. Ein solcher Eindruck wird insbesondere auch durch die Beklagte nicht vermittelt. Jagdspezifische Besonderheiten sind den Versicherungsbedingungen – mit Ausnahme der Begrenzung des Versicherungsumfangs auf Jagdausrüstung und –zubehör – nicht zu entnehmen.
63Auch der Vertragszweck – Absicherung des Risikos des Verlustes, der Zerstörung oder der Beschädigung von Jagdausrüstung – ist weder gefährdet noch vollständig ausgehöhlt durch die – beispielsweise auch in der Reisegepäckversicherung zu findende – Ausnahme, wonach Schäden nicht versichert sind, die durch das Hängen-, Stehen- oder Liegenlassen der versicherten Gegenstände entstehen. Sowohl der Verlust als auch Zerstörung und Beschädigung von versicherten Sachen treten typischerweise auch dann ein, wenn die versicherten Sachen nicht liegen-, stehen- oder hängengelassen werden, sondern sich in der Obhut des Versicherungsnehmers befinden.
642.
65Mangels Anspruchs in der Hauptsache hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen in Form von Zinsen und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
66III.
67Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.
68Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 12.021,00 Euro festgesetzt.
69Rechtsbehelfsbelehrung:
70Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bochum, Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
71Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
72Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
73Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.