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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.000,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2024 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger ist in der beim Bundesamt für Justiz geführten Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen. Die Durchsetzung verwirkter Vertragsstrafen hat der Kläger in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben zu erfüllen. Die Beklagte ist eine Rösterei und bewarb im Internet diverse Kaffeesorten mit der Angabe „bekömmlich“ und „magenschonend“. Deshalb mahnte der Kläger die Beklagte ab, die unter dem 13.05.2024 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (Anlage K3) abgab.
3Auf der Homepage der Beklagten können von Kunden Rezessionen abgegeben werden. Diese Bewertungsfelder befinden sich als Band am Ende einer Angebotsseite und bei Aufruf einzelner Artikel. Der Kläger rügte, dass in diesen Bewertungen für verschiedene Kaffeesorten die Angaben „bekömmlich“ und „magenschonend“ verwendet wurden. Da sie dies für einen Verstoß gegen das Unterlassungsversprechen hält, machte der Kläger mit Schreiben vom 24.06.2024 eine verwirkte Vertragsstrafe geltend, die er auf 5.000,00 € bezifferte. Die Beklagte wies den Vorwurf zurück mit der Begründung, sie habe keinerlei Einfluss auf die Bewertungen genommen. Deshalb macht der Kläger seine Ansprüche nunmehr klageweise geltend.
4Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe gegen das Unterlassungsversprechen verstoßen. Die Bewertungen würden werblich genutzt, sodass die Verwendung der Begriffe, zu deren Unterlassung sich die Beklagte verpflichtet habe, ihr zuzurechnen sein. Deshalb sei die Vertragsstrafe verwirkt, die Kundenrezessionen seien auf der Shopseite der Beklagten auf der Domain Y. zu lesen gewesen. Sie gehe nicht davon aus, dass diese Rezessionen von Mitarbeitern der Beklagten verfasst wurden, aber auch Fremdrezessionen müsse sie sich zurechnen lassen, da sie eine redaktionelle Kontrolle der Bewertungstexte vornehmen müsse. In der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH I ZR 193/18 – Kundenbewertungen auf N.) sei der Sachverhalt gänzlich anders, da dort ohne nachweisbares Zutun des Schuldners Bewertungen der Artikelseite zugeordnet gewesen seien. Die Beklagte kontrolliere die Kundenrezessionen auch, dies zeige die Unterscheidung, die die Beklagte für Bewertungen verifizierter Testkäufer und nicht verifizierter Testkäufer treffe. Die Höhe der beanspruchten Vertragsstrafe sei angesichts der aufgefundenen sieben Verstöße nicht zu beanstanden, zumal sich durch die unterlassene Entfernung der Verstöße von den Artikelseiten eine stark erhöhte Sichtbarkeit der Werbung für Kunden ergebe, die nach „magenschonendem“ oder „bekömmlichem“ Kaffee mit Hilfe von Suchmaschinen suchten.
5Der Kläger beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie ist der Ansicht, sie habe nicht gegen die Unterwerfungserklärung verstoßen. Sie oder ihre Mitarbeiter hätten die Kundenrezessionen auf ihrer Homepage nicht veranlasst. Die Bewertungen erfolgten über das Bewertungstool I., sodass sie auf den Inhalt der Einträge keinen Einfluss habe und Bewertungen nicht herausnehmen oder ändern könne. Dort müsse sich jemand, der eine Bewertung abgeben wolle, registrieren und den AGB zustimmen, nach denen der registrierte Benutzer allein für den Inhalt der Beiträge verantwortlich sei und I. nicht dafür verantwortlich gemacht werden könne. Eine Eingriffsmöglichkeit bestehe nicht, es handle sich um die von der Meinungsfreiheit geschützten Äußerungen und Bewertungen von Kunden. Sie werbe nicht mit den Kundenbewertungen, sie habe es nicht darauf angelegt, mit diesen Kundenbewertungen den Absatz zu fördern. Insbesondere habe sie nicht nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Äußerung Dritter übernommen. In den Produktbeschreibungen sei kein Bezug auf die Kundenrezessionen enthalten, sie seien völlig getrennt dargestellt und klar und deutlich als Kundenbewertung gekennzeichnet. Der Begriff „magenschonend“ sei auch nicht verwendet worden, die Formulierung „…selbst meinem etwas empfindlichen Magen…“ sei der Ausdruck eines subjektiven Empfindens.
10Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
12Die Klage ist begründet.
13Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 € wegen Verstoßes gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung.
14Die Vertragsstrafe ist verwirkt. Die Beklagte hat sich strafbewehrt zur Unterlassung der Nutzung der Worte „magenschonend“ und „bekömmlich“ für die Bezeichnung der Eigenschaften der von ihr vertriebenen Artikel verpflichtet. Gegen diese Verpflichtung ist verstoßen worden, indem die Beklagte es zugelassen hat, dass in den Bewertungsdarstellungen zumindest der Begriff „bekömmlich“ häufig verwendet wurde. Dies stellt einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung dar, denn die Beklagte macht sich diese Aussagen werbend zu eigen, sodass sie ihr zuzurechnen sind.
15Entgegen ihrer Auffassung muss sich die Beklagte diese Kundenrezessionen zurechnen lassen. Denn sie benutzt die Bewertungen werbend für ihre Produkte. Sie stellt sicher, dass der lesende Kunde erfährt, ob eine Bewertung von einem kaufenden Kunden stammt (verifizierter Kunde), sodass damit dessen Bewertung eine besondere Bedeutung gewinnt. Die Bewertungen sind eingestellt auf der Shopseite der Beklagten am Ende jeder Übersichtsseite und am Ende einer Produktinformationsseite. Das bedeutet, dass Kunden, die sich für eins der gelisteten Produkte interessieren und oder ein Produkt direkt aufrufen, die Bewertung anderer Kunden direkt lesen können. Das ist Werbung, in der mündlichen Verhandlung hat der Geschäftsführer der Beklagten angegeben, dass derartige Bewertungen von Kunden erwartet würden und sie sie deshalb eingestellt hätten. Damit ist für die Kammer eindeutig, dass die Beklagte diese Bewertungsmöglichkeit nicht nur zum eigenen Informationsgewinn geschaffen hat, sondern durch die Öffentlichkeit der Bewertungen Werbung für ihre Produkte machen und damit auch Entscheidungshilfen für andere Kunden geben möchte.
16Nach alledem steht fest, dass durch die Bewertungen der Kunden mehrfach gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen wurde. Da die Beklagte für diese Bewertungen eine Darstellungsmöglichkeit geschaffen hat und sie werbend nutzt, sind ihr diese Verstöße auch zuzurechnen.
17Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie habe keinen Einfluss auf die Bewertungen, sie könne sie weder ändern, noch herausnehmen, da sie über das Bewertungstool I. laufen. Sie kann sich nicht von ihrer Verantwortung für die von ihr gesetzte Werbung entziehen, indem sie ein Tool verwendet, dass über einen anderen Anbieter läuft und deshalb nicht von ihr betreut wird. In diesem Fall muss sie auf den Dienstleister, der dieses Tool betreut, Einfluss nehmen, damit dieser Bewerbungen, die im Hinblick auf Unterlassungsverpflichtungen problematisch sind, herausnimmt oder verändert, oder sie muss sich die Bewertungen so wie sie erscheinen eben zurechnen lassen.
18Aus den in der Anlage K4 vorgelegten Screenshots ergibt sich, dass eine Vielzahl von Kunden den Begriff „bekömmlich“ verwendet haben. Soweit die Beklagte einwendet, die Formulierung „magenschonend“ werde nicht verwendet, ist das im Ergebnis ebenfalls unerheblich. Denn ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung liegt nicht nur dann vor, wenn beide Begriffe kumulativ verwendet werden. Die Formulierung „Selbst meinem etwas empfindlichen Magen bereitet diese spezielle Kaffeesorte bei der richtigen Röstmethode keinerlei Probleme.“ Sieht die Kammer im Übrigen auch nicht als kerngleich mit magenschonend an, denn dieser Begriff ist im Verständnis über das Bekömmliche hinausgehend, der Kaffee bietet also etwas über das den Magen nicht Beeinträchtigende hinaus. Ob dieser Satz aber kerngleich ist mit der Formulierung „bekömmlich“, kann im Ergebnis dahinstehen.
19Die Höhe der verlangten Vertragsstrafe ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Parteien hatten in dem Unterlassungsvertrag festgelegt, dass der Gläubiger die Vertragsstrafe nach billigem Ermessen bestimmen können soll. Das ist vorliegend geschehen, die Überprüfungsmöglichkeit der Kammer ersetzt diesen Ermessensgebrauch des Gläubigers nicht, sondern es ist ihr nur möglich, einen Ermessensfehlgebrauch zu beanstanden. Dieser lässt sich vorliegend nicht feststellen. Denn wie bereits dargelegt wird das Bewertungstool zur Werbung genutzt, derartige Bewertungen haben auch eine weitreichende Wirkung. Angesichts des Umstands, dass hier auf jeden Fall die Formulierung „bekömmlich“ vielfach genutzt wurde, ist die Höhe der festgesetzten Vertragsstrafe im Ergebnis nicht ermessensfehlerhaft.
20Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB.
21Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
22Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.