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Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Erinnerung der Schuldnerin vom 25.06.2021 wird zurückgewiesen. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
<<p>G r ü n d e :
2I.
3Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 28.07.2014 (N01). Als Antragstellerin ist in diesem Vollstreckungsbescheid die S. aufgeführt, wobei die Adresse mit derjenigen der N. identisch ist. Der Vollstreckungsbescheid wurde der Schuldnerin am 30.07.2014 zugestellt. Der Vollstreckungsbescheid ist mit folgendem Vermerk versehen:
4„Klarstellender Vermerk
5Die Bezeichnung der Antragstellerin lautet aufgrund identitätswahrender Umwandlung nunmehr:
6N.
7C.-straße
8E.
9Amtsgericht Mayen
10Gemeinsames Mahngericht der Länder
11Rheinland-Pfalz und Saarland
12Mayen, den 07.05.2019
13…“
14Der Vermerk ist mit Unterschrift und Siegel versehen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 13 f. GA Bezug genommen.
15Die Gläubigerin hat am 24.03.2021 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt, mit dem das Arbeitseinkommen und Kontoguthaben der Schuldnerin gepfändet werden sollten. Das Amtsgericht hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 11.05.2021 antragsgemäß erlassen.
16Mit Schriftsatz vom 25.06.2021, beim Amtsgericht eingegangen am 28.06.2021, hat die Schuldnerin gegen diesen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Erinnerung gemäß § 766 ZPO erhoben. Zur Begründung hat sie sinngemäß ausgeführt, die Gläubigerin habe die Personenidentität zwischen der N. und der im Vollstreckungsbescheid bezeichneten S. nicht nachgewiesen. Zur weiteren Begründung hat die Schuldnerin auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17.05.2017, VII ZB 64/16, Bezug genommen. Die Gläubigerin ist der Erinnerung unter Verweis auf den oben zitierten klarstellenden Vermerk entgegengetreten.
17Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Wege der Abhilfe aufgehoben. Mit Schriftsatz vom 25.08.2021, beim Amtsgericht am Folgetag eingegangen, hat die Gläubigerin dagegen sofortige Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass in dem der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.05.2017 zugrunde liegenden Sachverhalt im Titel gerade kein klarstellender Vermerk enthalten gewesen sei.
18Mit Beschluss vom 05.04.2022 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, ein Nachweis der Parteiidentität sei nicht vorgelegt worden. Der klarstellende Vermerk des Amtsgerichts Mayen sei insoweit nicht ausreichend. Das Vollstreckungsgericht sei durch diesen Vermerk nicht an der eigenen Prüfung der Personenidentität gehindert.
19II.
20Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist gem. § 793 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere rechtzeitig beim Amtsgericht eingegangen. Durch die im Wege der Abhilfe erfolgte Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 11.05.2021 ist die Gläubigerin beschwert und deshalb berechtigt, sofortige Beschwerde zu erheben.
21Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Erinnerung der Schuldnerin. Dadurch wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 11.05.2021 wieder in Kraft gesetzt, wodurch die Gläubigerin die bereits erlangte Rangstelle der Pfändung behält.
22Die zuständige Rechtspflegerin war grundsätzlich berechtigt, der Erinnerung gegen eine von ihr getroffene Zwangsvollstreckungsmaßnahme abzuhelfen, also den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 11.05.2021 aufzuheben. Sie hat dabei zutreffend die Wirksamkeit ihrer Entscheidung bis zu deren Rechtskraft hinausgeschoben (Zöller-Stöber, ZPO, 34. Aufl., § 766, Rn. 24, 30). Dies hat zur Folge, dass die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht wirksam geworden ist, da der angefochtene Beschluss nicht rechtskräftig geworden und nunmehr aufgehoben worden ist.
23Eine Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durfte nicht erfolgen, da sämtliche Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorlagen.
24Zwischen der Antragstellerin des Vollstreckungsbescheides vom 28.07.2014 und der N. als Vollstreckungsgläubigerin besteht Parteiidentität. Parteiidentität ist gegeben, wenn auf Gläubigerseite lediglich eine identitätswahrende Umwandlung von einer Gesellschaftsform in eine andere Gesellschaftsform vorliegt, was insbesondere bei der Umwandlung einer GbR in eine offene Handelsgesellschaft der Fall ist. Aufgrund des dem Vollstreckungsbescheid vom 28.07.2014 beigefügten klarstellenden Vermerks vom 07.05.2019 steht fest, dass hier eine derartige identitätswahrende Umwandlung erfolgt ist.
25Diese sogenannte Beischreibung in Gestalt des klarstellenden Vermerks vom 07.05.2019 ist eine Form, in der dem Vollstreckungsorgan die Parteiidentität im Falle einer Firmen- oder Rechtsformänderung nachgewiesen werden kann. Eine weitere Prüfung der durch eine solche Beischreibung bereits bestätigten Parteiidentität findet im Erinnerungsverfahren nicht statt und erfolgt somit auch nicht durch das Beschwerdegericht. Es ist außerdem nicht erforderlich, dass in der Beischreibung Urkunden benannt werden, auf denen diese beruht. Eine (erneute) Zustellung der mit der Beischreibung versehenen Ausfertigung des Titels an den Schuldner ist nicht notwendig (Amtsgericht Schöneberg, Beschluss vom 13.02.2021, 31 M 1767/20, Rn. 24, 25, zitiert nach Juris; Zöller-Seibel, ZPO, 34. Aufl., § 727, Rn. 31 f.).
26Ob die Beischreibung in dieser Form als Nachweis der Parteiidentität ausreicht, ist streitig. Nach der Gegenansicht ist die Beischreibung zum Zweck eines zweifelsfreien Identitätsnachweises zwar zulässig, muss aber Angaben darüber enthalten, aufgrund welcher Urkunden die identitätswahrende Umwandlung festgestellt wurde oder ob diese offenkundig war. Außerdem muss dem Schuldner nach der Gegenansicht die Beischreibung entsprechend § 750 Abs. 2 ZPO zugestellt worden sein (Amtsgericht Hamburg, Beschluss vom 03.07.2019, 29e M 192/19, Rn. 9,12, zitiert nach Juris; Münchener Kommentar-Wolfsteiner, ZPO, 6. Aufl., § 726, Rn. 76 m. w. N.).
27Die Kammer folgt der Auffassung des Amtsgerichts Schöneberg, die soweit ersichtlich auch überwiegend in der Literatur geteilt wird. Sie entspricht der gesetzessystematischen Trennung des Klauselverfahrens vom Vollstreckungsverfahren und dem Prinzip der Formalisierung der Zwangsvollstreckung, welches allein die gesetzlich vorgesehene zügige Durchführung des Vollstreckungsverfahrens sicherstellt. Sinn der Beischreibung ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich gerade, die Vollstreckungsorgane von der Prüfung der Identität der betreffenden Person zu entlasten. Die Vollstreckungsorgane können mit der Prüfung der Identität der betreffenden Person überfordert sein, sodass der Beginn der Vollstreckung gefährdet sein könnte. Dieser Gefahr kann der Gläubiger durch eine Beischreibung seines neuen Namens auf dem Titel vorbeugen (BGH, Beschluss vom 13.01.2021, VII ZB 30/18, Rn.10, zitiert nach Beck-online; BGH, Beschluss vom 17.05.2017, VII ZB 64/16, Rn. 9). Diese Zielsetzung ließe sich nicht erreichen, wenn das Vollstreckungsorgan gehalten wäre, Inhalt und Richtigkeit der Beischreibung zu überprüfen.
28Aus dem Wesen der Beischreibung ergibt sich auch, dass deren Grundlagen in ihr nicht zu bezeichnen sind und dass dem Schuldner weder diese Unterlagen noch der mit der Beischreibung versehene Titel (erneut) zuzustellen ist (Amtsgericht Schöneberg, a. a. O., Rn. 32; a. A.: Amtsgericht Hamburg, a. a. O., Rn. 9, 12). Anstelle der Beischreibung kann die Parteiidentität auch durch andere Unterlagen - bei natürlichen Personen etwa standesamtliche Urkunden - nachgewiesen werden. Grundlage der Beischreibung können bei juristischen Personen auch Erklärungen der Gesellschafter sein (BGH, Beschluss vom 13.01.2021, VII ZB 30/18, Rn.10, 17, zitiert nach Beck-online). Die Aufnahme derartiger Erklärungen in die Beischreibung würde diese inhaltlich überfrachten. Dass die Beischreibung auch durch andere Unterlagen ersetzbar ist, zeigt, dass die Regelungen in §§ 726, 727 ZPO im Falle der Namens- oder Firmenänderung nicht passen.
29Gegen das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung sind keine Bedenken ersichtlich und werden von der Schuldnerin auch nicht dargelegt.
30Eine Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hatte somit nicht zu erfolgen und war auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin rückgängig zu machen. Die Erinnerung der Schuldnerin war zurückzuweisen.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
32Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 3 S. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die ordnungsgemäße Verfahrensweise hinsichtlich der Beischreibung und deren Reichweite sind zwischen den Instanzgerichten und in der Literatur streitig und höchstrichterlich soweit ersichtlich nicht abschließend geklärt. Die genannten Fragen sind jedoch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen von Bedeutung. Deshalb ist das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.