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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist ein in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragener Verein, dem die als Anlage K2 (Blatt 16 ff. der Akten), auf die verwiesen wird, ersichtlichen Mitglieder, darunter die Ärztekammern in R. und Y., angehören.
3Der Beklagte ist Facharzt für plastische Chirurgie und Spezialist im Bereich der Haartransplantation. Auf seiner Internetseite A. war am 11.04.2022 eine Werbung für eine Haartransplantation nach der „X.“ mit den aus den Klageanträgen ersichtlichen Aussagen eingestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Screenshot in Anlage K4 (Blatt 90 ff. der Akten) verwiesen.
4Mit Schreiben vom 20.04.2022 (Anlage K7), auf das Bezug genommen wird, mahnte der Kläger den Beklagten ab, der mit anwaltlichem Schreiben vom 28.04.2022 (Blatt 140 der Akten) auf das verwiesen wird, mitteilte, dass er die beanstandete Werbung gelöscht habe, aber wegen Fehlens eines räumlichen und sachlichen Wettbewerbsverhältnisses keine Unterwerfungserklärung abgeben werde.
5Der Kläger trägt vor:
6Der Kläger sei aktivlegitimiert. Er verfüge über eine ausreichende Mitgliederzahl, welche Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Es werde ein Verfahren beworben, bei welchem es darum gehe, dass Kopfhaar dichter und voller erscheinen zu lassen. In erster Linie gehe es also um die Verschönerung des Haares, was für gewöhnlich Kosmetika zu leisten hätten. Zu den Mitgliedern des Klägers zählten über 100 Mitgliedsunternehmen, die als Hersteller und Vertreiber von Kosmetika auf dem deutschen Markt tätig seien. Darüber hinaus dienten zur Verbesserung des Haarwuchses auch Pharmazeutika, darunter das verschreibungspflichtige Arzneimittel „T.“ und das Arzneimittel „Q.““ sowie zahlreiche Generika-Varianten. Dem Kläger gehörten als Mitglieder 6 Apotheken als unmittelbare Mitglieder sowie die durch die den I. Apothekenverein, den Marketingverein Deutscher Apotheker und die Apothekerkammer G. vermittelten Mitglieder. Die über 500 Mitglieder des I. Apothekenvereins würden ebenfalls bereits zur Begründung der Klagebefugnis ausreichen. Auch die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln, welche beispielsweise Zink, Selen oder Biotin enthalten, die zur Erhaltung der Haare beitrügen, seien zahlreich unter den Mitgliedern des Klägers vertreten. Vor allem könne der Kläger auf die Mitglieder der Ärztekammer R. sowie der Ärztekammer Y. verweisen. Haartransplantationen könnten von jedem Arzt durchgeführt werden. Der Beklagte sei Arzt und stehe damit zu sämtlichen Ärzten in Konkurrenz. Die Werbung des Beklagten, die neuste Version des U. zu verwenden, unzutreffend, weil inzwischen ein Nachfolgemodell, das Modell O., auf dem Markt sei, das über verschiedene Vorteile verfüge.
7Der Kläger beantragt,
8I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine Haartransplantation nach der „X.“ mit der Angabe zu werben:
1. „Die K. ist die neueste technische Innovation …“,
2.„… behandeln wir in unsere Klinik ab sofort mit der neuen Generation des Haar-Roboters C.“,
133. „Die neu überarbeitete Version des N. punktet mit mehr Schnelligkeit und Flexibilität“,
4. . „NEU: verbessertes F.“,
5. „B..“,
18jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K 4 wiedergegeben.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte trägt vor:
22Die von dem Kläger geltend gemachten Unterlassungsansprüche bestünden bereits mangels Aktivlegitimation nicht. Der von der Klägerin vorgelegten Liste mit den Verbandsmitgliedern lasse sich kein unmittelbar räumlich oder sachlich mit dem Beklagten im Wettbewerb stehendes Unternehmen entnehmen. Vorliegend gehe es nicht um Medizinprodukte oder Arzneimittel selbst, sondern um die Verfahrenstechnik der Haartransplantation als Dienstleistung. Ein etwaiger Wettbewerbsvorteil könne nur gegenüber Mitgliedern gegeben sein, die ebenso wie der Beklagte dieses Verfahren potenziellen Patienten anböten und nicht lediglich ein Produkt als solches anböten bzw. herstellten oder vertrieben.
23Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die Klage ist abzuweisen.
26Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch zu. Der Kläger ist nicht aktivlegitimiert. Nach Auffassung der Kammer liegen beim Kläger nicht die nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erforderlichen Voraussetzungen vor. Nach dieser Vorschrift können nur solche qualifizierten Wirtschaftsverbände Unterlassungsansprüche geltend machen, denen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.
27Die von dem Beklagten beworbene Dienstleistung, nämlich die operative Haartransplantation mittels eines D. ist nach Überzeugung der Kammer nicht mit der Förderung oder Erhaltung des Haarwuchses mittels Nahrungsergänzungsmitteln, kosmetischer Artikel oder Medikamente vergleichbar. Diese Waren und Dienstleistungen einerseits und die von dem Beklagten angebotenen Haartransplantationen andererseits sind nicht substituierbar. Die Kunden, die sich für bloße Verschönerungsmaßnahmen ihrer Haare durch Kosmetika oder Förderung des Haarwuchses durch Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel interessieren, gehören nicht zu den Kunden der beworbenen Haartransplantationen und umgekehrt. Es handelt sich um eine gänzlich andere Einwirkung auf den Haarwuchs bzw. das Erscheinungsbild der Haare. Bei der Haartransplantation ist Ziel des operativen, Ärzten vorbehaltenen Eingriffs, die Haare nicht nur fülliger erscheinen zu lassen, sondern tatsächlich dort Haare wachsen zu lassen, wo sich zuvor kahle Stellen befunden haben. Dies ist ein völlig anderer Ansatz als die bloße Kaschierung von Haarlücken oder der Versuch, das Wachstum der noch vorhandenen Haarwurzeln anzuregen.
28Bei der für die Aktivlegitimation entscheidenden Frage, ob dem Kläger eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie der Beklagte vertreiben, müssen daher Hersteller und Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln und Lebensmitteln ebenso außer Betracht bleiben wie die Hersteller und Vertreiber von Kosmetika und verschreibungspflichtigen Medikamenten. Der Kläger könnte nur dann Unterlassungsansprüche geltend machen, wenn er über direkte oder mittelbare ärztliche Mitglieder verfügen würde, die tatsächlich Haartransplantationen anbieten. Der Kläger hat hierzu trotz des gerichtlichen Hinweises nicht substantiiert vorgetragen. Insbesondere hat er nicht dargelegt, welche ärztliche Mitglieder oder welche über die beiden Ärztekammern, die zu seinen Mitgliedern zählen, vertretenen Ärzte Haartransplantationen anbieten. Er hat lediglich geltend gemacht, dass jeder Arzt Haartransplantationen durchführen darf. Hierauf kommt es nach Auffassung der Kammer jedoch nicht an. Dass theoretisch jeder Arzt Haartransplantationen durchführen kann, macht ihn nicht zu einen Wettbewerber des Beklagten. Die tatsächliche Durchführung von Haartransplantationen setzt eine Spezialisierung und die Anschaffung der hierfür benötigten medizinischen Geräte voraus. In der Klageschrift hat der Kläger selbst vorgetragen, dass die computergestützte Entnahme und Aufbereitung der einzelnen zu verpflanzenden Haarfollikel, der der Beklagte bewirbt, seit 2015 in einigen Fachkliniken und auf die Haarverpflanzung spezialisierten Praxen in Deutschland angeboten wird. Die bloße theoretisch bestehende Möglichkeit, dass die direkten oder mittelbaren Ärztemitglieder des Klägers sich derartige Geräte anschaffen und fortan Haartransplantationen durchführen könnten, vermag die Aktivlegitimation des Klägers nicht zu begründen.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.