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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt im Wesentlichen die Herausgabe einer lesbaren Ablichtung eines Schmerzprotokolls zur Vorbereitung eines Arzthaftungsprozesses.
3Die Klägerin wurde in der Zeit vom 02.05.2017 bis zum 04.05.2017 stationär im B Hospital in I, dessen Rechtsträgerin die Beklagte ist, behandelt.
4Am 02.05.2017 wurde eine arthroskopische Operation des linken Kniegelenkes unter spinaler Anästhesie durchgeführt.
5Der Pflegeprozess wurde bei Aufnahme am 02.05.2017 dokumentiert.
6Der Pflegeprozessauszug vom 02.05.2017 enthält unter dem Punkt „Pflegediagnose: Schmerzen“ die folgenden Angaben:
7„[…] Pflegeintervention: Schmerzerfassung per Selbsteinschätzung mittels NflS […]“ (Bl. 162).
8Postoperativ entwickelte sich bei der Klägerin ein postpunktionelles Syndrom, welches zu einer inkompletten Querschnittslähmung und einer Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung führte.
9Mit anwaltlichen Schreiben vom 11.07.2017 forderte die Klägerin die Beklagte auf eine vollständige Ablichtung der Originalkrankenunterlagen gegen Übernahme der entstandenen Kosten herauszugeben.
10Daraufhin übersandte die Beklagte am 28.07.2017 Behandlungsunterlagen an die Klägerin. Diese enthielten jedoch das Schmerzprotokoll eines anderen Patienten.
11Ein den Zeitraum vom 02.05.2017 - 04.05.2017 betreffendes Schmerzprotokoll der Klägerin war nicht beigefügt.
12Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 14.03.2018 und 10.04.2018 erfolglos dazu aufgefordert ein solches Schmerzprotokoll der Klägerin herauszugeben.
13Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe anlässlich ihrer Behandlung vom 02.05.-04.05.2017 ein Schmerzprotokoll angefertigt.
14Dieses habe sie am 04.05.2017 vollständig ausgefüllt einer Mitarbeiterin der Beklagten übergeben. Im Rahmen einer Besprechung mit dem zuständigen Narkosearzt am 23.05.2017 habe dieser im Beisein der Klägerin auf das Schmerzprotokoll zugegriffen.
15Ferner habe sich bei der Klägerin postoperativ ein postpunktionelles Syndrom, welches zu einer inkompletten Querschnittslähmung und einer Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung geführt habe entwickelt.
16Sie ist der Ansicht, gemäß § 630 g Abs.1 S.1 BGB habe ein Patient ein Einsichtsrecht in die vollständigen, ihn betreffenden Originalkrankenunterlagen. Gegen Erstattung der entstandenen Kosten könne ein Patient ferner eine vollständige Abschrift der Originalpatientenakte verlangen.
17Sie ist ferner der Ansicht, das erforderliche Feststellunginteresse nach § 256 ZPO für den Klageantrag zu 2) liege vor, weil die Feststellung der erleichterten Vollstreckung diene, §§ 756, 765 ZPO.
18Zudem habe die Beklagte eine Dokumentations- und Befundsicherungspflicht (s. Bl. 48).
19Die Klägerin beantragt,
201. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine lesbare Ablichtung des Schmerzprotokolls betreffend die Operation vom 02.05.2017 im Rahmen der stationären Behandlung der Klägerin im Hause der Beklagten in der Zeit vom 02.05. bis 04.05.2017 an die Klägerin Zug-um-Zug gegen Erstattung der entstandenen Kosten herauszugeben,
212. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Bezifferung der im Klageantrag zu 1) genannten Kosten seit dem 11.07.2017 in Annahmeverzug befindet,
223. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.590,91 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.07.2017 zu bezahlen,
234. der Beklagten eine Frist zur Herausgabe von vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu setzen,
245. der Beklagten für den Fall, dass die Frist fruchtlos abläuft, zu verurteilen, 39.780,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Fristablauf zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte behauptet, es sei kein Schmerzprotokoll für die Klägerin angefertigt worden. Im Hause der Beklagten sei es grundsätzlich so, dass nach Kniearthroskopien keine Schmerzprotokolle angefertigt würden. Eine solche Dokumentation sei nach einem arthroskopischen Eingriff aus medizinischen Gründen auch nicht erforderlich.
28Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte nicht verurteilt werden könne, etwas herauszugeben, was es nicht gebe. Da ein Fall objektiver Unmöglichkeit vorliege, sei der Klageantrag zu 1) abzuweisen.
29Für den Klageantrag zu 2) fehle demnach das Rechtsschutzinteresse.
30Weiterhin fehle es für die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten an einem Rechtsgrund, da sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten nicht in Verzug befunden habe.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
32Entscheidungsgründe:
33Die zulässige Klage ist unbegründet.
34Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herausgabe eines Schmerzprotokolls des Zeitraums 02.05.2017 bis 04.05.2017 gegen die Beklagte, da sie jedenfalls nicht nachweisen konnte, dass sich ein solches noch im Besitz der Beklagten befindet.
35Zwar stand der Klägerin ursprünglich nach §§ 630a Abs.1, 630g Abs.1, 2 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der sie betreffenden Krankenunterlagen Zug um Zum gegen Erstattung der entstandenen Kosten gegen die Beklagte zu.
36Gemäß § 630g BGB ist dem Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme keine erheblichen therapeutischen Gründe oder erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Denn das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gebietet es, dass dieser das Recht hat genau über seinen gesundheitlichen Zustand informiert zu werden.
37Der Patient kann ferner elektronische Abschriften der Patientenakte verlangen, sofern er die entstandenen Kosten erstattet.
38Da vorliegend keine der Herausgabe entgegenstehenden Rechte ersichtlich sind, ist ein Einsichtsrecht bzw. ein Anspruch auf Übersendung von Abschriften der Behandlungsunterlagen anzunehmen.
39Dieser Anspruch ist vorliegend jedoch durch Erfüllung nach § 362 Abs.1 BGB erloschen, indem die Beklagte der Klägerin die Behandlungsunterlagen übersandte.
40Es ist insbesondere davon auszugehen, dass die Beklagte der Klägerin alle in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen übersandt hat.
41Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass die Beklagte zum jetzigen Zeitpunkt ein Schmerzprotokoll besitzt, welches sie der Klägerin bisher nicht zur Verfügung gestellt hat.
42Dabei kann es dahin stehen, ob ein solches Protokoll überhaupt angefertigt wurde. Denn unabhängig von dieser Frage, können nur Unterlagen herausgegeben werden, die der Verpflichtete tatsächlich noch in Besitz hat.
43Ein möglicher Verstoß gegen die Befundsicherungspflicht würde sich erst im Rahmen der Geltendmachung von Schmerzensgeld- bzw. Schadensersatzansprüchen auf die Beweislast auswirken.
44Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S.1 ZPO.
45Rechtsbehelfsbelehrung:
46Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
47Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.