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Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger Sachverständigengebühren in Höhe von 84,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 sowie Rechtsanwaltsgebühren aus vorgerichtlicher Tätigkeit zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 480,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 69 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 31 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien hat das Gericht gestattet, jeweils zur Abwendung der Vollstreckung einen Betrag in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages zu zahlen, sofern nicht die jeweilige Gegenpartei Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger nimmt die Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der sich am 24.08.2018 auf dem Parkplatz des Joy Hotels Amsterdam, Hullenbergweg 385 in 1101 CS Amsterdam, NL, ereignete.
3Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter und Eigentümer des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen RE- .
4Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um die Kfz.-Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen (Nl).
5Der Verkehrsunfall ereignete sich wie folgt: Das Klägerfahrzeug war ordnungsgemäß auf dem Parkplatz des Joy Hotels Amsterdam in den Niederlanden geparkt. Der Beklagte zu 2) führte das bei der Beklagten zu 1) versicherte Fahrzeug und beschädigte das ordnungsgemäß abgestellte klägerische Fahrzeug.
6Daraufhin ließ der Kläger durch den TÜV Nord am 04.09.2018 ein Schadensgutachten erstellen. Der beauftragte Privatgutachter kam zu dem Ergebnis, dass zur Reparatur des Fahrzeugschadens ein Betrag in Höhe von 3.647,85 € erforderlich seien. Ferner habe das Fahrzeug durch den Verkehrsunfall eine Wertminderung in Höhe von 400,00 € erlitten. Für seine Tätigkeit stellte der Privatsachverständige einen Betrag in Höhe von 703,53 € in Rechnung.
7Der Kläger ließ sein Fahrzeug daraufhin bei der Firma C. B. GmbH in Herten unter dem 03.09.2018 reparieren. Für die Dauer von 03.09.2018 bis hin zum 07.09.2018 nahm er einen Mietwagen in Anspruch – Typ Opel Mokka. Für die Nutzung dieses Fahrzeugs stellte die Firma C. B. GmbH unter dem 13.09.2018 einen Betrag in Höhe von 790,01 € in Rechnung.
8Der Kläger forderte die Beklagte zu 1) mit anwaltlichem Schreiben vom 03.01.2019 unter Fristsetzung bis zum 11.01.2019 zur Zahlung auf.
9Diese regulierte am 11.02.2019 auf die geltend gemachten Reparaturkosten einen Betrag in Höhe von 3.290,25 €, auf die geltend gemachten Sachverständigenkosten einen Betrag in Höhe von 618,80 € und auf die Mietwagenkosten einen Betrag in Höhe von 238,00 €. Auf die ebenfalls geltend gemachte Wertminderung sowie die verlangte Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € zahlte die Beklagte nichts.
10Der Kläger ist der Meinung, dass eine Wertminderung in Höhe von 400,00 € ersatzfähig sei, dies auch nach niederländischem Recht. Es werde nicht zwischen technischem und merkantilem Minderwert unterschieden. Der Nachteil müsse ersetzt werden, auch wenn das Fahrzeug des Geschädigten nicht verkauft werde. Die ermittelte Wertminderung sei ortsüblich und angemessen. Ferner seien weitere Gutachterkosten in Höhe von 84,73 € von der Beklagten zu ersetzen. Da der Fahrzeugschaden bei 3.073,32 € über der relevanten Bagatellschadensgrenze, die zwischen 500,00 € und 1.000,00 € liege, anzusiedeln sei, seien die Gutachterkosten vollständig auszugleichen. Weiterhin sei eine Unkostenpauschale in Höhe von 30,00 € zu entrichten. Diese würden mittels einer konkreten Schadensberechnung ermittelt. Sei dies nicht möglich, könne sie geschätzt werden. Hier seien sie auf 30,00 € zu schätzen. Ferner seien die Mietwagenkosten in Höhe von 552,51 € zu erstatten. Er sei auf sein Fahrzeug angewiesen, um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen. Die Ersatzfähigkeit bestehe aber unabhängig davon, ob das Fahrzeug für die Berufsausübung erforderlich sei. Ferner seien auch nach niederländischem Recht die Kosten der Rechtsverfolgung nach einem Verkehrsunfall vom Schädiger zu erstatten.
11Ursprünglich hat der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn Reparaturkosten in Höhe von 357,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn Sachverständigengebühren in Höhe von 84,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen, ferner die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn eine Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen, ferner die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn eine merkantile Wertminderung in Höhe von 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen, ferner die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn Mietwagenkosten in Höhe von 552,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen, hilfsweise die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihn von Mietwagenkosten der C. B. GmbH, L-Str. , 45699 Herten gemäß Rechnung vom 13.09.2018, RE-Nr.: 6020967, in Höhe von 552,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 freizustellen, ferner die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihm Rechtsanwaltskosten aus vorgerichtlicher Tätigkeit zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2019 zu zahlen.
12Mit Schriftsatz vom 09.07.2019 hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise in Höhe von 357,60 € für erledigt erklärt. Die Beklagten habe sich dieser Erledigungserklärung zu Protokoll vom 09.09.2019 angeschlossen.
13Der Kläger beantragt nunmehr,
14die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn Sachverständigengebühren in Höhe von 84,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen,
15ferner die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn eine Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen,
16ferner die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn eine merkantile Wertminderung in Höhe von 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen,
17ferner die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn Mietwagenkosten in Höhe von 552,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 zu zahlen,
18hilfsweise die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihn von Mietwagenkosten der C. B. GmbH, L-Str. , 45699 Herten gemäß Rechnung vom 13.09.2018, RE-Nr.: 6020967, in Höhe von 552,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2019 freizustellen,
19letztlich die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn Rechtsanwaltsgebühren aus vorgerichtlicher Tätigkeit zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 480,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2019 zu zahlen.
20Die Beklagten beantragen,
21die Klage abzuweisen.
22Sie sind der Meinung, dass unabhängig davon, dass hinsichtlich der Berechnung der Sachverständigengebühren deutschrechtliche Voraussetzungen herangezogen worden seien, es so sei, dass nach niederländischem Recht kein Gutachter zu bezahlen sei. Vielmehr erstelle der niederländische Versicherer ein Gutachten. Für diese Erstellung sei die Obergrenze mit einem Betrag in Höhe von 703,53 € zu bemessen. Dieser Betrag sei auch gezahlt worden. Ferner sei nach niederländischem Recht keine Unfallpauschale zu ersetzen. Gleiches gelte für die Wertminderung, die zwar grundsätzlich auch in den Niederlanden eine zu entschädigende Schadensposition darstelle, allerdings nur bei neuen Fahrzeugen mit massivsten Schäden. Darüber hinaus sei für die Berechnung einer Wertminderung die sogenannte „Nivre-Tabelle“ heranzuziehen, deren Voraussetzungen dargelegt werden müssten. Mietwagen kosten seien auch nicht erstattungsfähig. Nach niederländischem Recht seien Mietwagenkosten nur dann zu erstatten, wenn das Fahrzeug zur Berufsausübung erforderlich sei. Nach niederländischem Recht sei dies nicht der Fall, wenn man das Fahrzeug nur für das Erreichen der Arbeitsstätte nutze. Darüber hinaus vertreten sie die Auffassung, dass es sich bei dem angesetzten Tagespreis in Höhe von 185,00 € für einen Opel Mokka, welcher für 5 Tage angemietet worden sei, um einen sogenannten „Unfallersatztarif“ handele, der ohnehin auch nach deutschem Recht nicht zu erstatten sei. Hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren richten sich der Umfang und auch die Höhe gemäß Artikel 15 ROM-II-Verordnung nach niederländischem Recht. Insofern sei für einen solchen Verkehrsunfall in den Niederlanden Anwaltsgebühren in Höhe von 90,76 € angemessen und ausreichend.
23Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung zweier Rechtsgutachten durch den Sachverständigen Prof. Dr. N. von der Universität zu Köln. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird zum einen auf das Rechtsgutachten vom 20.04.2020 (Bl. 160 der Akte) sowie auf das weitere Rechtsgutachten vom 11.12.2020 (Bl. 260 der Akte) verwiesen.
24Die Klage wurde dem Beklagten zu 2) am 17.04.2019 zugestellt. Die Zustellung an den Beklagten zu 1) erfolgte bereits am 26.03.2019.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Recklinghausen nach Art. 9 I Buchst. b VO (EG) Nr. 44/2001 international und örtlich zur Entscheidung zuständig. Die Beklagte zu 1) ist ein Versicherer, der in einem anderen Mitgliedstaat, den Niederlanden, ihren Sitz hat, so dass der Kläger beim Gericht seines Wohnortes klagen kann. Dies ist vorliegend das Amtsgericht Recklinghausen. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 23 Nr. 1 GVG. Maßgeblich zur Entscheidung dieses Rechtsstreits ist nach Artikel 4 Abs. 1 der ROM-II-Verordnung niederländisches Recht. Es gilt ein sogenanntes „Tatortrecht“. Artikel 15 der ROM-II-Verordnung weist an, dass das zugrunde zulegende Recht für Grund und den Umfang der Haftung und gemäß Buchstabe C das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadensersatzes sowie der geforderten Wiedergutmachung maßgeblich ist. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beweiswürdigung sich ausschließlich nach dem lex fori, also nach dem Recht des Gerichtsstaates richtet. Dies betrifft insgesamt die Beweiswürdigung sowie die Darlegungsregeln – auch die Beweislast, §§ 286, 287 ZPO.
27Grundsätzlich ist nach den glaubhaften und überzeugenden Ausführungen des Rechtsgutachters festzuhalten, dass hinsichtlich des Umfanges des zu ersetzenden Schadens gemäß Artikel 6: 95 BW, der Vermögensschaden sowie solche Nachteile zu erstatten sind, deren Ersatz gesetzlich vorgesehen ist. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Primärschaden einerseits, Art. 6:96 Abs. 1 BW und weiteren Schadensposten, die aufgrund des Primärschadens als Folgeschäden entstanden sind, Art. 6:96 Abs. 2 BW. Primärschaden sind vorliegend der Sachschaden am Kraftfahrzeug.
28Als Grundsatz für die Berechnung des Umfanges des zu zahlenden Schadensersatzes gilt, dass der Geschädigte soweit wie möglich in den Zustand zu versetzen sei, indem er sich befände, wenn das schadensverursachende Ereignis nicht stattgefunden habe. Der Umfang des Schadensersatzes werde daher durch einen Vergleich des tatsächlichen Zustandes mit dem Zustand bestimmt, der vorläge, wenn das schadensbegründende Ereignis nicht stattgefunden hätte. Gemäß Art. 6:96 Abs. 2 BW ist es so, dass die zu ersetzenden Folgeschäden eines Primärschadens redlich sein müssen. Es müssten Maßnahmen sein, deren Ergreifung im Lichte der Umstände vertretbar seien, da die damit verbundenen Kosten in einem redlichen Verhältnis zur Höhe des als Folge des Schadens verursachenden Ereignisses zu erwartenden Schadens stehen. Der Geschädigte hat auch nach niederländischem Recht die Pflicht, den Schaden zu vermeiden, mindern oder gering zu halten, sofern es ihm möglich ist und es redlicherweise von ihm verlangt werden könne. Der Schaden, der dadurch entsteht, dass der Gläubiger die erforderlichen Maßnahmen nicht unternommen habe, muss der Schuldner nicht ersetzen.
29Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der im Einzelnen zugrunde zu legenden Besonderheiten hat der Kläger einen weiteren Anspruch auf Ersatz von Sachverständigenkosten in Höhe von 84,73 € sowie einen Anspruch auf Ersatz weiterer Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 480,68 €.
30a) Sachverständigenkosten
31Der Kläger hat einen weiteren Zahlungsanspruch in Höhe von 84,73 € aufgrund von verauslagten Sachverständigenkosten.
32Diesbezüglich erklärt der Gutachter, dass es nach niederländischem Recht zu unterscheiden sei, ob ein materieller Schadensersatzanspruch bestehe oder diese Kosten als Teil des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs anzusehen sei. Da in diesem Fall der Kläger das Gutachten bereits zur außergerichtlichen Geltendmachung seines Schadens gegenüber der Beklagten einholte, könnten diese Kosten erstattet werden, wenn es redlich sei, die Kosten für den Sachverständigen überhaupt und in dieser Höhe aufzuwenden. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Redlichkeit sei im Einzelfall zu beurteilen, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Dabei sei das Verhältnis der Sachverständigenkosten zur Schadenshöhe zu berücksichtigen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Aufwendungen der Sachverständigenkosten mit Blick auf die Evidenz des Schadens notwendig seien und ob sich der Schädiger zur Übernahme von Reparaturkosten bereiterklärt habe.
33Vorliegend sind die entstandenen Sachverständigenkosten als redlich einzustufen. Es ist zum einen zu berücksichtigen, dass an dem klägerischen Fahrzeug ein nicht unerheblicher Sachschaden entstanden ist, so dass aus Klägersicht die grundsätzliche die Einholung eines Sachverständigengutachtens angezeigt war. Darüber hinaus liegt das verlangte deutsche Sachverständigenhonorar (703,53 €) nicht deutlich, also über 20% teurer, über dem Honorar, was nach Beklagtenvortrag angemessen wäre und auch bezahlt worden ist (618,80 €). Für die Ersatzfähigkeit des von dem deutschen Gutachter in Rechnung gestellten Betrags spricht zudem die Überlegung, dass es vor dem Hintergrund des absehbaren Zivilrechtsstreits vor einem deutschen Gericht sinnvoll war, das Gutachten eines ortsnahen Sachverständigen in deutscher Sprache anfertigen zu lassen, vgl. NJOZ 2014, 1612, beck-online.
34b) Rechtsanwaltskosten
35Der Kläger hat einen weiteren Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 480,68 €.
36Außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltsgebühren sind als Kosten für die Einholung juristischen Rats grundsätzlich vom Anwendungsbereich des Art. 6:96 Abs. 2 BW als Folge des eingetretenen Primärschadens ersatzfähig. Solche Kosten sind nach überzeugenden Angaben des Rechtsgutachters zusätzlich erstattungsfähig, wenn sie nicht eine bloß ggfls. wiederholte Mahnung aussprechen, dass sie dann nach Artikel 6:96 Abs. 2 BW zu erstatten seien. Hier war die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes redlich. Die außergerichtliche Tätigkeit beschränkte sich auch nicht nur auf bloße Wiederholung bereits getätigtem Sachvortrags. Zwar mag die Haftungsfrage im vorliegenden Fall keine besonderen Probleme aufgeworfen haben. Der durch den Unfall am Fahrzeug des Klägers eingetretene Schaden war jedoch nicht unerheblich, so dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht außer Verhältnis zu den Kosten steht. Hinzu kommt, dass der Kläger sich der in Bezug auf die Schadensabwicklung komplizierten Situation eines Unfalls im Ausland ausgesetzt sah. Die außergerichtliche Abwicklung des Schadensfalls wurde durch den Rechtsbeistand vorgenommen.
37Hinsichtlich der Höhe ist nach der deutschen Rechtsprechung das RVG anzuwenden mit der Folge, dass der Gebührenanspruch in Höhe von 1,3 nebst Auslagen zu einem Streitwert von 5.571,89 € (571,44 € abzüglich bereits gezahlter 90,76 €).
38c) Unkostenpauschale
39Einen Anspruch auf Zahlung einer Unkostenpauschale hat der Kläger nicht.
40Diesbezüglich kommt der Sachverständige nach umfangreichen Erwägungen zu dem Ergebnis, dass eine Unkostenpauschale nach niederländischem Recht grundsätzlich nicht ersatzfähig seien. Eine Ausnahme bestehe dann, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung von bestimmten Kosten auszugehen sei, welche als Anscheinsbeweis zu begreifen seien. Mithin stellt sich die niederländische Rechtslage anders dar als die deutsche. Nach deutscher Rechtsprechung ist eine Kostenpauschale in Höhe von 25 € stets zuzusprechen. Nach niederländischen Recht gilt dies nur im Ausnahmefall. Einen solchen hat der Kläger nicht vorgetragen, sondern pauschal behauptet, die Unfallkostenpauschale sei auf 30,00 Euro zu schätzen. Es fehlt entsprechend der Vortrag, mit welchen Kosten er außergewöhnlich belastet worden sei, welche nicht bereits durch die Inanspruchnahme von anwaltlicher Hilfe getilgt worden seien.
41d) Mietwagenkosten
42Der Kläger hat keinen weiteren Zahlungsanspruch der von ihm geltend gemachten Mietwagenkosten in Höhe von 552,51 €.
43Hinsichtlich der Mietwagenkosten führt der Gutachter aus, dass grundsätzlich bei Verunfallung eines Autos eines Geschädigten in einem Verkehrsunfall es so sei, dass die Kosten, die aufgrund einer Inanspruchnahme eines Mietwagens entstanden seien, als Vermögensschaden im Sinne des Art. 6:96 Abs. 2a BW zu ersetzen seien. Sie seien als Kosten zur Verhinderung oder Begrenzung des Schadens angesehen, der Folge des Ereignisses ist, auf dem die Haftung beruht. Daher bestehen nach niederländischem Recht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten, unabhängig davon, ob das Auto beruflich oder privat genutzt werde. Bzgl. der Erstattungshöhe sei gemäß Art 6:96 Abs. 2a BW entscheidend, ob die Kosten redlich seien. Ersetzt werden nur Kosten, die tatsächlich angefallen seien. Nach der niederländischen Rechtsprechung sei der Schaden konkret zu berechnen. Dabei sei auch die Frage zu stellen, für welchen Zeitraum der Geschädigte eines Unfalls einen Mietwagen beanspruchen und die Kosten dafür vom Schädiger zurückverlangen könne. Dies sei am Kriterium der Redlichkeit festzumachen. Dazu sei Artikel 3:12 BW heranzuziehen. Dort heißt es in deutscher Übersetzung: „Bei der Feststellung dessen, was redlich und billig ist, muss allgemeinen Rechtsgrundsätzen, mit den in den Niederlanden geltenden Rechtsüberzeugungen und gesellschaftlichen und persönlichen Belangen Rechnung getragen werden, die im gegebenen Fall betroffen sind“.
44In der niederländischen Literatur werde davon ausgegangen, dass es grundsätzlich redlich sei, dass der Geschädigte die Mietwagenkosten für die gesamte Dauer der Reparatur geltend mache und nicht etwa nur für die Zeit, welche die Reparatur laut eines Sachverständigengutachtens dauern solle. Für die Frage der Redlichkeit sei auf den Zeitpunkt ex ante und damit auf die Prognose abzustellen und nicht auf die tatsächlich angefallene Reparaturdauer.
45Inwiefern der Kläger die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes hätte mindern oder vermeiden können, inwiefern sie insbesondere die Dauer der Nutzung des Mietwagens hätte verkürzen können, ist eine Tatsachenfrage, die allein auf der Grundlage der gerichtlichen Tatsachenfeststellung und –würdigung durch das Gericht beantwortet werden könne. Dies gelte ebenso für die Frage der Redlichkeit der Höhe des Schadensersatzes selbst. Fraglich sei weiter, welche Kosten welcher Ausstattung des Mietwagens vom Schadensersatzanspruch umfasst seien. Dafür müsse die Geltendmachung der Kosten – wie oben beschrieben – gemäß Art. 96 Abs. 2 BW redlich sein. Die hänge davon ab, welche Kosten redlicherweise geltend gemacht werden können.
46Dabei handelt es sich um eine Frage der Tatsachenwürdigung, deren Beurteilung dem Gericht obliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Sinn des Ersatzes der Mietwagenkosten darin liege, dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen, den er durch den Nutzungsausfall der Sache erleide. Bei der Feststellung, ob die Kosten für die gewählte Ausstattung des Mietwagens redlich seien, sind die von der niederländischen Rechtsprechung herangezogenen Empfehlungen des Nederlands Instituut Van Register Experts (NIVRE) zu beachten. Danach sind die von einem Geschädigten geltend gemachten Mietwagenkosten hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit u. a. mit dem Blick auf folgende Umstände zu kontrollieren:
47 die Rechnung wurde durch einen offiziellen Autovermieter ausgestellt,
48 die Buchung und Bezahlung erfolgte durch die Werkstatt,
49 der Mietpreis ist marktkonform,
50 es wurde ein Ersatzfahrzeug gestellt.
51Der Gutachter geht nach Voranstellung von Rechtsprechung davon aus, dass nunmehr nach Wegfall des Kriteriums der Vergleichbarkeit grundsätzlich auch größere Modelle angemietet werden dürften, sofern die übrigen genannten Erstattungskriterien erfüllt seien und die Kosten nach einer durchzuführenden Gesamtwürdigung des Gerichts noch erträglich anzusehen seien. Hier sei durch das Gericht zu beachten, dass das angemietete Ersatzfahrzeug ein Fahrzeug des Typs Opel Mokka sei, welches der Fahrzeuggruppe Klasse „J: Geländewagen (SUV“ zuzuordnen sei, währenddessen das verunfallte Fahrzeug ein Opel Astra gewesen sei, welcher wohl in die Klasse „C: Mittelklassewagen“ eingeordnet werden müsse. Ferner sei zu beachten, dass der Geschädigte durch die Anmietung des Ersatzwagens Aufwendungen spare, indem er das eigene Auto nicht nutze. Diese sei möglicherweise durch eine in der NIVRE-BSRL zu findenden Formel zu berechnen, welche der Gutachter auf Seite 25 seines Gutachtens ausführlich darstellt.
52Unter Abwägung der Umstände lässt sich nicht feststellen, dass die Mietwagenkosten redlich sind. Schließlich handelt es sich bei der Firma B. C. nicht um einen offiziellen Autovermieter, sondern um die die Reparatur durchführende Werkstatt. Im Übrigen hat der Kläger keine ausreichenden Angaben bezüglich der Marktkonfomität des Preises gemacht. Anknüpfungspunkte, die dem Gericht eine Schätzung ermöglichen, sind nicht vorgetragen. Darüber hinaus hat der Kläger das Fahrzeug lediglich für eine Dauer von fünf Tagen gemietet, wofür ein Tagespreis von 185,00 Euro angefallen sein soll. Dies mag für einen Geländewagen angemessen sein, allerdings fährt der Kläger eigentlich einen Mittelklassewagen. Auch die ersparten Eigenaufwendungen konnten nicht ermittelt werden, da der Kläger auch nach Erhalt des Rechtsgutachtens seinen Vortrag diesbezüglich nicht konkretisiert hat. Daher war dem angebotenen Sachverständigenbeweis zur Angemessenheit der Kostenhöhe mangels substantiierten Vortrags nicht nachzugehen.
53e) Wertminderung
54Einen Anspruch auf Zahlung einer Wertminderung hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt.
55Nach niederländischem Recht – so der Gutachter – sei eine Wertminderung eines Wagens grundsätzlich zu ersetzen. Voraussetzung sei lediglich, dass das Auto als Unfallwagen weniger wert sei als ein unfallfreier Wagen. Weitere Voraussetzungen bestünden nicht. Der merkantile Minderwert werde auch ersetzt, wenn der Eigentümer das Fahrzeug weiter benutzt und der Verbrauchswert nicht verringert sei. Die grundrechtliche Berechnungsformel stellte der Sachverständige ausführlich dar. Es gebe in den Niederlanden Richtlinien zur Berechnung der Wertminderung. Nach der niederländischen Rechtsprechung sei der wegen eines Unfalls trotz Reparatur verbleibende verminderte Wert bei Verkauf oder Inzahlungsnahme durch Schätzung zu ermitteln. Die NIVRE-WMRL solle dazu einen sachgerechten objektiven Maßstab bieten, um Diskussionen und zu große Abweichungen zu vermeiden.
56Anknüpfungstatsachen, die eine Berechnung und somit auch Schätzung der merkantilen Wertminderung ermöglichen, hat der Kläger nicht vorgetragen. Insbesondere erfolgte auch nach Erhalt des Gutachtens keine Berechnung des Minderwerts anhand der dargestellten Formel.
57f) Verzugszinsen
58Der Kläger hat einen Anspruch auf Verzinsung in Höhe von 2%.
59Hinsichtlich der Verzugszinsen ist nach niederländischem Recht entsprechend den Ausführungen des Rechtsgutachters gemäß Art. 6:119 BW Voraussetzung, dass der Schädiger sich im Verzug befindet. Dazu müsse die Leistung fällig sein sowie Verzug vorliegen. Jedoch sei nach Art. 6:83 b BW bei einem Schadensersatzanspruch aus Delikt ein Inverzugsetzen nicht erforderlich. Daher trat Verzug im vorliegenden Fall mit Eintritt der Fälligkeit der Schadensersatzpositionen ein. Der gesetzliche Zinssatz für Nichthandelsgeschäfte sei neben der Feststellung der Staatsblatt auf der Website der niederländischen Zentralbank veröffentlicht. Er beträgt 2 %.
60Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des erledigten Teils hat die Beklagtenseite die Kosten zu tragen, da die Klage diesbezüglich Erfolg gehabt hätte.
61Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO
62Der Streitwert wird auf bis 2.000,00 EUR festgesetzt.
63Rechtsbehelfsbelehrung:
64A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
651. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
662. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
67Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bochum, Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
68Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.
69Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
70Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
71B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Recklinghausen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Recklinghausen, Reitzensteinstr. 17, 45657 Recklinghausen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
72Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
73C) Gegen die Kostengrundentscheidung ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zulässig, wenn der Wert der Hauptsache 600,00 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Recklinghausen, Reitzensteinstr. 17, 45657 Recklinghausen oder dem Landgericht Bochum, Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts einzulegen.
74Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
75Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Recklinghausen oder dem Landgericht Bochum eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.