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1.
Der Angeklagte wird wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40,00 Euro verurteilt.
2.
Der sichergestellte Bierbecher wird eingezogen.
3.
Der Angeklagte wird verurteilt, an den Adhäsionskläger V. 800,00 Euro Schmerzensgeld nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2022 zu zahlen.
4.
Das Urteil zu Ziffer 3. ist vorläufig vollstreckbar. Der Angeklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus Ziffer 3 des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Adhäsionskläger V. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % leistet.
5.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens, die notwendigen Auslagen des Nebenklägers, die durch den Adhäsionsantrag entstandenen besonderen Kosten, seine notwendigen Auslagen sowie die dem Adhäsionskläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewendete Vorschriften: §§ 223 Abs. 1, 230, 21, 74 StGB
G r ü n d e :
2I.
3Der zur Zeit der Hauptverhandlung 39 Jahre alte Angeklagte ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
4II.
5In der Sache hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:
6Am 18.03.2022 befand sich der Angeklagte als Zuschauer gemeinsam mit weiteren Personen, unter anderem den Zeugen K. und seinem Bruder X. im Stadion in Block A in der vom Spielfeld aus ersten Reihe bei dem Bundesligafußballspiel des Vfl Bochum gegen Borussia Mönchengladbach im Vonovia Ruhrstadion in Y.. Ebenfalls im Block A in den Reihen hinter dem Angeklagten befanden sich die weiteren Zeugen U., Z., B., Q. und F..
7Gegen 21:54 Uhr in der 69. Spielminute des um 22:00 Uhr vorzeitig beendeten Spiels warf der Angeklagte gezielt, ohne rechtfertigenden Grund, einen circa zur Hälfte gefüllten 0,5 – Liter - Plastik Becher auf den Schiedsrichterassistenten/Linienrichter, den Zeugen, Adhäsions- und Nebenkläger Christian V., wobei die Entfernung des Linienrichters zur Zeit des Wurfes circa sechs bis zehn Meter entfernt vom Angeklagten betrug.
8Der Bierwelcher traf den Zeugen V. am Hinterkopf, der hierdurch eine Schädelprellung sowie drei Tage andauernde Kopfschmerzen erlitt, was der Angeklagte zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Außerdem war der Zeuge V. bis einschließlich 22.03.2022 arbeitsunfähig. Nachdem er getroffen worden war ging der Zeuge in die Knie, ergriff sodann des Becher und warf ihn hinter sich in Richtung Bande, wo der Becher liegen blieb.
9Der Bierbecher wurde um 23:10 Uhr von dem Zeugen und Polizeibeamten J. sichergestellt.
10Eine dem Angeklagten am 19.03.2022 um 1:10 Uhr von dem Assistenzarzt M. der Klinik für Innere Medizin, C.-straße in Y., entnommene Blutprobe hat eine Blutalkoholkonzentration von 2,65 Promille ergeben. Feststellungen zum Zeitpunkt und zur Menge des vom Angeklagten konsumierten Alkohols wurden in der Hauptverhandlung nicht getroffen. Aufgrund dieser Alkoholisierung des Angeklagten ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen worden, dass um 21:54 Uhr seine Einsichts-/ und Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
11III.
121.
13Die Feststellungen zur Sache und insbesondere zur Täterschaft des Angeklagten beruhen auf den in der Hauptverhandlung erstatteten molekulargenetischen Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. G. vom 28.03.2022 und vom 26.05.2023, dem ebenfalls in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. O., des in Augenscheins genommenen Videos aus der Hülle Blatt 415 der Akte, den glaubhaften Aussagen der glaubwürdigen Zeugen W., V., B., F. J. und A., auf den Aussagen der weiteren Zeugen K., Q., U. und F. sowie auf den weiteren, ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erhobenen Beweisen.
141.1.
15Der Angeklagte selbst hat sich zur Sache nicht eingelassen. Er wird jedoch überführt im Sinne der oben getroffenen Feststellungen aufgrund der zuvor aufgeführten Beweise.
16Aus den Gutachten der Sachverständige Prof. Dr. G. und der Aussage des Zeugen F. J. ergibt sich, dass sich an dem sichergestellten Becher die DNA-Spuren des Angeklagten und des Zeugen V. befunden haben.
17Die Sachverständige Prof. Dr. G. hat ihre im Vorfeld schriftlich erstatteten Gutachten vom 28.03.2022 und vom 26.05.2023 in der Hauptverhandlung dahingehend erläutert und erneut mündlich erstattet, dass bei dem ihr zur Verfügung gestellten Untersuchungsmaterial, nämlich jeweils zwei Mundschleimhaut-Abstrichen des Angeklagten und des Zeugen V., zwei Abrieben vom Trinkrand des Plastikbechers sowie drei Abrieben der Außenseite des Plastikbechers, jeweils die DNA-Isolierung aus den zellulären Elementen des Spurenmaterial nach Standardmethoden erfolgt sei. Dabei sei die Amplifikation von 16 unabhängig voneinander vererbt DNA-Systemen mithilfe der Multiplex-PCR mit dem Powerplex ESX17 Kit der Firma Promega durchgeführt worden. An den Abrieben des Trinkrandes sei ein männliches DNA-Profil bestimmt worden, welches in allen Allelen mit denen des Angeklagten übereinstimme. Die Häufigkeit für dieses Profil liege oberhalb des von der Spurenkommission empfohlenen Schwellenwerts von einer Person unter 30 Milliarden, sodass es als praktisch erwiesen angesehen werden könne, dass der Angeklagte der Spurenleger an dem Trinkrand gewesen sei.
18Zu den Abrieben der Außenseite des Plastikbechers führte die Sachverständige aus, dass es sich um eine Mischspur handele, die von mindestens drei Personen verursacht worden sei. In dieser Mischspur fänden sich alle Allele des Angeklagten, sodass dieser als Verursacher einer Teilkomponente in Betracht komme. Dieses Ergebnis lasse sich 2,5 Billionen mal besser dadurch erklären, dass die DNA-Antragungen vom Angeklagten und zwei weiteren Personen verursacht worden seien als dass sie von drei Unbekannten, mit dem Angeklagten nicht verwandten Personen aus derselben Population verursacht worden sein könnten.
19Weiter führt die Sachverständige zu den Abrieben an der Außenseite des Bechers aus, dass in dieser Mischspur alle Allele des Zeugen V. in mindestens zwei von drei Wiederholungen zur Darstellung kommen würden. Die einzigen Ausnahmen seien zwei DNA-Systeme, bei denen es sich jedoch um besonders lange Fragmente handele, welche grundsätzlich anfälliger für einen technisch bedingten Ausfall eines Allels seien. Es ergebe sich gleichwohl ein Ergebnis dahingehend, dass sich die DNA-Spur 4,97 Milliarden mal besser dadurch erklären lasse, dass die DNA- Antragungen von dem Zeugen V. und 22 weiteren Personen verursacht worden seien, als dass sie von drei Unbekannten, mit dem Zeugen nicht verwandten Personen auf derselben Population verursacht worden seien. Demnach sei es höchstwahrscheinlich, dass eine Teilkomponente der DNA-Antragungen von dem Zeugen V. stamme.
20Die Sachverständige hat ihr Gutachten überzeugend und frei von Widersprüchen erstattet. Sie hat die Grundlagen und die Methode erörtert und diese nachvollziehbar auf den hier vorliegenden Fall übertragen. Für das Gericht bestand kein Zweifel, dass den überzeugenden Ausführungen und Ergebnissen gefolgt werden kann.
21Dass mit dem begutachteten Becher, auf dem sich die DNA-Spuren sowohl des Angeklagten als auch des Zeugen V. befinden, der Becher sichergestellt worden ist, der zum einen von dem Angeklagten geworfen wurde und der zum anderen den Zeugen am Kopf getroffen hat, ergibt sich aus den glaubhaften Aussagen des glaubwürdigen Zeugen und Polizeibeamten F. J..
22Dieser hat in der Hauptverhandlung geschildert, dass er während des gesamten Spiels eingesetzt war in der Stadiongasse. Von dem Vorfall selbst hätten er und seine Kollegen erst Kenntnis bekommen, als sie einen Anruf bekommen hätten und das Stadion schon zur Hälfte geleert gewesen sei. Er sei sodann gebeten worden, den konkreten Becher des Wurfs, der zum Spielabbruch geführt habe, auf dem Spielfeld sicherzustellen. Insgesamt hätten in dem Stadion einige Becher auf dem Boden gelegen. Er habe dann die Möglichkeit bekommen, mit einem Pressevertreter zu sprechen, der ihm auch ein Video über die Ereignisse gezeigt hätte. Auf diesem habe er sehen können, an welchem Ort der Becherwurf gegen den Linienrichter erfolgt sei. An dieser Stelle seien kaum Becher gewesen, weswegen er den Becher sehr gut an der Stelle habe auffinden können, an der er von den Linienrichter abgeprallt und gegen die Bande geflogen sei. Zwischen Zuschauerraum und der Bande sei an dieser Stelle der dort befindlichen Weg übersät gewesen mit Bechern, jenseits der Bande auf dem eigentlichen Spielfeld doch nicht. Dort hätte nur ein Becher gelegen an der Stelle, an der auch der Becher auf dem Video zum Liegen gekommen sei. An den genauen Zeitpunkt der Sicherstellung könne er sich nicht erinnern, wenn ihm die Uhrzeit auf Blatt 6 der Akte jedoch vorgehalten werde (23:10 Uhr), so könne er diese als richtig bestätigen.
23Der Zeuge hat des Weiteren angegeben, dass die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 256 bis 260 nicht von ihm gefertigt worden seien und zeigte stattdessen Lichtbilder auf seinem Mobiltelefon vor, die von ihm im Rahmen der Sicherstellung des Becher angefertigt worden seien und die in der Hauptverhandlung durch alle Beteiligten in Augenschein genommen worden sind.
24Darüber hinaus ergibt sich die Sicherstellung des in diesem Sinne richtigen Bechers auch aus der Videodatei auf der Hülle Blatt 415:
25Aus dieser einzigen Datei des in der Hülle Blatt 415 befindlichen, von dem Zeugen und Polizeibeamten A. bearbeiteten Videos, das in der Hauptverhandlung gemäß § 86 StPO in Augenschein genommen worden ist, ergibt sich, dass der Becher, der den Zeugen V. am Kopf getroffen hat, von dem Angeklagten geworfen worden ist, dass dieser Becher im Anschluss daran von den Zeugen V. gegen die Bande geworfen worden ist und dass dieser Becher letztlich auf dem Spielfeld an der Bande zum Liegen gekommen ist:
26In diesem Video ist zunächst das unbearbeitete TV-Material von dem Becherwurf zu sehen, das sich auch auf dem Video aus der Datei _20220318_233447_AUSSPIEL auf dem Video in der Hülle hinter Blatt 22 befindet, welches ebenfalls in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen worden ist. Bereits aus diesem unverarbeiteten Material ist erkennbar, wie der Zeuge V. von einem Becher getroffen wird, unmittelbar danach in die Knie geht, den Becher ergreift und hinter sich in Richtung Bande wirft. Auch ist zu erkennen, dass der Becher aus dem unteren Bereich des Blocks A angeflogen kommt. Nicht erkennbar ist eine konkrete Hand-/Armbewegung.
27Die TV-Kamera konzentriert sich nun auf den Zeugen V. und zoomt an ihn heran, sodass circa 20 Sekunden das im Block A befindliche Publikum von der Kamera nicht mehr erfasst ist. Sodann sieht man auf dem Video, wie Spieler beider Mannschaften in Richtung des Blockes A gestikulierend laufen und man sieht die unteren Zuschauer-Reihen dieses Blocks, insbesondere auch den Angeklagten ohne Bier in der Hand. Sein mit Blick auf das Video rechts von ihm stehender Bruder hält einen noch gefüllten Bierbecher in der Hand, ebenso die drei links neben dem Angeklagten stehenden Personen, zu denen auch der Zeuge K. gehört.
28In dem nun folgenden Abschnitt des Videos, in dem Ausschnitte vergrößert, geschnitten und mit Kreisen markiert worden sind, ist aus Sicht des Gerichts deutlich die Wurfbewegung mit dem rechten Arm durch eine Person in der unteren Reihe zu erkennen. Die Person des Werfers wird deutlicher in den nächsten Abschnitten des Videos, in dem die Bilder mit farblichen Kreismarkierungen, mit Nummerierungen und Beschriftungen versehen worden sind, wobei ein umgeknicktes Werbebanner, eine durchgehend sitzende Person und ein Mikrofon vor dem Werbebanner als Orientierungspunkte farblich markiert worden sind. Insbesondere in dem Videoausschnitt, in dem die Geschwindigkeit reduziert wurde, ist anhand der Orientierungspunkte zu erkennen, dass die Wurfbewegung von dem Angeklagten ausgeführt wird, der auf Block A links neben seinem Bruder steht, der wiederum keinen blauen VfL-Schal über der Jacke um den Hals trägt und ein schwarzes Käppi auf dem Kopf hat.
29Schließlich wird in dem Video anhand der Orientierungspunkte und dem rückwärtslaufenden Becherwurfclip die Sitzbankposition des Angeklagten numerisch ermittelt und dieser mit der Nummer „5“ gekennzeichnet. Auch in diesem Videoausschnitt sieht man deutlich die Wurfbewegung der mit der Nummer „5“ gekennzeichneten Person und wie dieser Becher unmittelbar darauf gegen den Kopf des Zeugen V. prallt. Auf dem darauf folgenden Standbild, auf dem wiederum die Personengruppe aus der ersten Reihe zu sehen ist, ist die Position des Angeklagten zu dieser Zeit erneut mit der Nummer „5“ gekennzeichnet und insbesondere anhand der Orientierungspunkte und anhand des Umstandes zu erkennen ist, dass rechts von ihm sein Bruder mit dem schwarzen Käppi und ohne heraushängenden Schal zu sehen ist.
30Der Zeuge A. hat zu diesem Video glaubhaft dargelegt, nur die Dinge bearbeitet zu haben, die aus dem Video heraus ersichtlich seien. Er habe nichts in das Video hineinretouchiert, er habe noch nicht einmal die Helligkeit verändern müssen. Er sei es auch gewesen, der die beschreibenden Schriftzüge in das Video eingebracht und das Video so, wie mit ihm erneut in Augenschein genommen, bearbeitet habe.
31In weiterer Umstand, der zur Überzeugung des Gerichts von der Täterschaft des Angeklagten führt, ist das Nachtatverhalten des Angeklagten.
32Der Zeuge W. hat in der Hauptverhandlung dazu geschildert, wie er den Zeugen V. nach dem Spielabbruch in der Schiedsrichter Kabine angetroffen und daraufhin eine Koordinationsgruppe zusammengerufen habe. Er selbst habe sich dann die Leerung des Stadions auf Kameras angeschaut. In diesem Zuge sei ihm von dem Ordnungsdienstleister ein Bild gezeigt worden, außerdem sei ihm Bildmaterial von SPORT1 gezeigt worden, das nicht auf SPORT1 selbst zu sehen gewesen sei. Er habe sich eine ihm vorgespielte Videodatei angesehen, wonach er gesehen habe, dass der Wurf jedenfalls aus Block A gekommen sei. Er habe mithilfe dieses Videomitschnitts den Personenkreis auf zwei bis drei Personen in der ersten Reihe eingrenzen können. Dabei hätte er nur unbearbeitetes Material gesehen, wo man lediglich die Bilder habe heranzoomen können. Sodann sei ihm ein Lichtbild mit einer eingekreisten Person - es handelt sich diesbezüglich um das ebenfalls in der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Lichtbild Blatt 100 der Akte, das gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StP0 zum Gegenstand des Urteils gemacht wird - gezeigt worden, nämlich dem Angeklagten, den er von früher persönlich kenne. Diese Person habe sich auf dem Video-/Bildmaterial jedenfalls innerhalb dieser in Verdacht geratenen Personengruppe befunden. Über das vereinsinterne Ticketing-System habe er dann die Telefonnummer des Angeklagten herausgefunden und ihn angerufen. Der Angeklagte selbst habe keine Dauerkarte, ihm sei die Karte einer anderen Person überlassen worden.
33Der Angeklagte sei ans Telefon herangegangen und er habe sich ihm zunächst vorgestellt und ihn gefragt, ob er etwas zu dem Becherwurf sagen könne, weil der Becherwurf aus dem Bereich heraus erfolgt sei, indem er gestanden habe. Den konkreten Vorwurf, dass er - der Angeklagte - der Becherwerfer sein könnte, habe er nicht gemacht. Er habe dem Angeklagten jedoch gesagt, dass er ihn noch mal anrufen könne, wenn ihm noch etwas entfalle. Circa zwei Minuten später habe der Angeklagte ihn dann noch einmal angerufen und gefragt, ob er nicht bei ihm zu Hause vorbeikommen könne. Er sei dann mit dem Fanbeauftragten P. zusammen zu der ihm zuvor vom Angeklagten genannten Adresse gefahren. Dort vor Ort sei nicht nur der Angeklagte gewesen, sondern auch seine Eltern, seine Ehefrau und sein Bruder (nicht L., welchen er ebenfalls persönlich kenne). Er habe ihm dann mitgeteilt, dass Videomaterial von dem Wurf gesichert worden sei, dass der Linienrichter Strafanzeige erstattet habe und habe ihm aufgezeigt, was für Konsequenzen dem Werfer des Bechers drohen könnten. Er habe beispielsweise ein Stadionverbot und Schadensersatzforderungen des Vereins sowie Folgen aufgrund der Körperverletzung des Linienrichters angeführt.
34Weiter hat der Zeuge bekundet, dass der Angeklagte zwar deutlich alkoholisiert gewesen sei und auch gelallt habe, dass er aber durchaus in der Lage gewesen sei, ihn und seine Ausführungen zu verstehen. Der Angeklagte habe immer wieder etwas sagen wollen, sei jedoch von seiner Familie zurückgehalten worden. Als Zitat sei jedoch von dem Angeklagten gefallen, dass man nicht sicher sein könne, dass sein Becher getroffen habe. Hierbei habe der Angeklagte eine Ausholbewegung mit seinem Arm gemacht, ob mit dem rechten oder linken, wisse er jedoch nicht mehr. Die anderen Familienmitglieder des Angeklagten hätten ihn dann von weiteren Aussagen abgehalten. Man habe ihnen mitgeteilt, dass man sich mit einem Anwalt beraten würde.
35Der Zeuge W. hat auf Nachfrage weiter bekundet, dass der Angeklagte eingeräumt habe, einen Becher geworfen zu haben.
36Auf Nachfrage des Sachverständigen Dr. R. hat der Zeuge W. die Entfernung von der ersten Reihe bis zum Linienrichter zur Zeit des Entwurfes auf circa fünf Meter geschätzt. Dies begründet er damit, dass der Umlauf drei Meter breit sei und es dann noch ca.1,5 Meter bis zu der Position des Linienrichters gewesen seien.
37Auch das weitere Verhalten des Angeklagten nach dem Besuch des Zeugen W. bestätigt den Umstand, dass es der Angeklagte war, der den Becher geworfen hat, der den Zeugen N. getroffen hat. So hat sich der Angeklagte nach dem von ihm in der Hauptverhandlung vorgelegten Kurzarztbrief und dem Laborbericht, Blatt 442 bis 445 der Akte, nach dem Besuch des Zeugen W. in Begleitung seines Vaters unter anderem zum Zwecke der Entnahme einer Blutprobe in die Klinik für Innere Medizin in Y. begeben. Ein solches Verhalten wäre nicht nachvollziehbar, wenn es nicht der Angeklagte gewesen sein sollte, der den Becher geworfen hat.
38Der Zeuge V., zugleich Nebenkläger und Adhäsionskläger, hat bekundet, dass bei dem Spieltag am 18.03.2022 eigentlich eine gute Stimmung im Publikum geherrscht habe. Während des Spiels vor dessen Abbruch seien auch schon andere Becher geworfen worden, allerdings eher in der Nähe der Eckfahne. Die Zeit vor dem Becherwurf, der ihn getroffen habe, sei nicht hitzig gewesen, keine Entscheidung habe unmittelbar davor stattgefunden, insbesondere nicht eine solche von seiner Seite aus. Es sei keine Situation geschehen, die ihn habe damit rechnen lassen, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte, es habe eine unkritische Spielsituation beim Spielstand von 0:2 vorgelegen. In circa der 68. Spielminute habe er sich an der Außenlinie befunden und plötzlich einen Einschlag hinten am Kopf - an der linken Seite des Hinterkopfes – verspürt und sei geschockt gewesen. Wer den Becher geworfen habe, habe er nicht mitbekommen. Er habe das „Ding“, dass er erst später als Becher identifiziert habe, mit der rechten Hand nach hinten Richtung Bande geworfen; ob sich zu diesem Zeitpunkt noch Flüssigkeit in den Becher befunden habe wisse er nicht. Sodann habe er einen Schmerz sowie eine am Körper herunterlaufende Flüssigkeit bemerkt. Wegen dieses Schmerzes habe er die Partie nicht beenden können, das Spiel habe abgebrochen werden müssen. Wahrscheinlich habe dabei auch die Psyche eine Rolle gespielt.
39Der Zeuge B. hat bekundet, gesehen zu haben, wie der Becher geflogen sei und den Kopf des Linienrichters getroffen habe. Den Wurf an sich und die Person des Werfers habe er nicht gesehen. Sodann sei es im Block A unruhig geworden.
40Bei seiner polizeilichen Vernehmung seien ihm zunächst Schaubilder, genauer gesagt die beiden Lichtbilder Blatt 69 der Akte, die in der Hauptverhandlung ebenfalls in Augenschein genommen worden sind und die hiermit gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StP0 zum Gegenstand des Urteils gemacht werden, gezeigt worden und im Anschluss daran sei eine Wahllichtbildvorlage durchgeführt worden. Bei dieser Wahllichtbildvorlage habe er dann den mutmaßlichen Täter identifiziert, dabei habe es sich um eine Person gehandelt, die seiner Meinung nach mutmaßlich der Werfer sein könnte. Zurzeit des Wurfes habe er zu dem Spielgeschehen geschaut, das sich aus seiner Perspektive rechts von ihm befunden habe, weswegen er den Blick nach rechts gerichtet gehabt habe. Der Becher sei aus seiner Perspektive ein wenig von der linken Seite, allerdings vor ihm, gekommen. Er habe gedacht, dass die Person des Werfers links von ihm und vor ihm gestanden haben müsse. Die Entfernung zwischen dem potentiellen Werfer und dem Linienrichter schätze er nun auf ca. fünf Meter ein. Aus seiner Sicht gebe es keine Person, die den Wurf des Bechers konkret gesehen habe. In dem Block sei lediglich eine Vermutung aufgekommen, aber niemand habe es zu 100 % gesehen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung habe er auch gesagt, dass er den Wurf nicht aktiv gesehen habe. Der Zeuge hat weiter angegeben, den Angeklagten nicht zu kennen. Man habe sich zwar in WhatsApp - Gruppen über einen potentiellen Täter ausgetauscht, es habe auch ein Bild kursiert. Der Zeuge bestätigte darüber hinaus nach Inaugenscheinnahme des Lichtbildes Blatt 60 der Akte, das in der Hauptverhandlung ebenfalls in Augenschein genommen worden ist und das hiermit ebenfalls gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StP0 zum Gegenstand des Urteils gemacht wird, dass er die darauf mit seinem Namen kenntlich gemachte Person sei.
41Der Zeuge Z. hat angegeben, den Becher von seinem Platz 23 in Reihe fünf aus lediglich aus den Augenwinkeln unterhalb seines Platzes wahrgenommen zu haben, den Wurf selber habe er nicht gesehen. Er habe den Becher unter sich fliegend, vor sich in der Luft gesehen und wie er den Linienrichter getroffen habe. Er habe sich zu dieser Zeit unterhalten. Nach dem Wurf habe sich eine Person aus dem Block entfernt. Ob dies der Angeklagte gewesen sei, wisse er nicht. Seiner Meinung nach sei der Becher jedenfalls aus der ersten Reihe gekommen. Im Rahmen der heutigen Hauptverhandlung habe er keine Person erkannt, lediglich einige Gesichter seien ihm bekannt vorgekommen. Er besuche das Stadion immer zusammen mit einem Kollegen, mit den übrigen Personen in dem Block A hätten sie ansonsten nicht zu tun. Der Zeuge bestätigte darüber hinaus nach erneuter Inaugenscheinnahme des Lichtbildes Blatt 60 der Akte durch alle Beteiligten in der Hauptverhandlung, dass er die mit seinem Namen kenntlich gemachte Person sei.
42Der Zeuge Q. hat ausgesagt, dass er nur die letzten geschätzt 15 cm des Fluges des Bechers in Richtung auf den Linienrichter gesehen habe. Im Block sei dann bezüglich des Täters gemutmaßt worden. Er habe jedoch niemanden als konkreten Täter ausgemacht und ihm habe auch niemand Entsprechendes mitgeteilt. Er habe nach dem Spiel Handbewegungen in alle Richtungen gemacht, insbesondere habe er mal nach links, mal nach rechts gezeigt. Er sei die auf Blatt 70 der Akte als „Mitteiler“ gekennzeichnete Person, mehr könne er dazu jedoch nicht sagen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Lichtbildes wird auf Blatt 70 der Akte Bezug genommen und diese gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StP0 zum Gegenstand des Urteils gemacht.
43Der Zeuge K. hat bekundet, dass zur Zeit des Wurfes sein Blick auf das Spielfeld gerichtet gewesen sei und dass er den Becher erst gesehen habe, als er den Linienrichter getroffen habe. Seiner Einschätzung nach habe die Distanz zwischen ihm und dem Linienrichter zur Zeit des Treffers acht bis zehn Meter betragen. Er habe in der ersten Reihe gestanden, wer neben ihm gestanden habe, wisse er nicht. Sie seien eine ganze Truppe, die jedoch immer auf wechselnden Plätzen innerhalb dieser Truppe stehe. Dieser Truppe würden auch der Angeklagte und dessen Bruder L. angehören, beide seien auch am Tattag anwesend gewesen und hätten ebenfalls in der ersten Reihe gestanden. Auf Vorhalt seiner polizeilichen Aussage, wo er angegeben hatte, dass der Angeklagte neben ihm gestanden habe, räumte er ein, dass dies dann wohl so gewesen sei. Ob sein Sohn am Tattag ebenfalls im Stadion gewesen sein wisse er nicht mehr, ebenso wisse er nicht mehr, wer aus ihrer Truppe als erstes das Stadion verlassen habe. Alle hätten viel getrunken. Zu Spielbeginn sei es üblich, dass jeder aus seiner Truppe eine sogenannte Herrenhandtasche, bestehend aus 6 × 0,5 l Bier in Plastikbechern, mit zum Platz bringe und jeder auch ca. diese Menge an Bier konsumiere. Zuvor habe man sich, wie sonst auch, vor dem Spiel bereits in einem Biergarten getroffen und auch da Bier konsumiert.
44Auf weiteren Vorhalt seiner polizeilichen Aussage (Blatt 65 der Akte) konkretisierte der Zeuge seine Angaben dahingehend, dass sein zehnjähriger Sohn tatsächlich im Familienblock gewesen sei. Er selbst müsse dann wohl nach dem Spielabbruch auf die Toilette gegangen sein; ob der Angeklagte zu dieser Zeit noch dagewesen sei und ob er selbst nach dem Spiel noch einmal zurück in den Block gegangen sei, wisse er nicht mehr.
45Zu seinem Verhältnis zum Angeklagten führt der Zeuge weiter aus, dass er mit dessen Bruder bereits seit 20 bis 25 Jahren befreundet sei und mit diesem schon lange zusammen ins Stadion gehe, der Angeklagte sei seit zwei bis drei Jahren dabei.
46Der Zeuge U. hat bekundet, ebenfalls den konkreten Wurf nicht gesehen zu haben. Auch habe er nicht gesehen, wie der Becher den Linienrichter getroffen habe. Irgendjemand habe ihm gesagt, dass der Becher aus der ersten Reihe heraus geworfen worden sei, dies sei im Block so geredet worden.
47Der Zeuge F. wiederum hat angegeben, gesehen zu haben, wie der Becher den Linienrichter getroffen habe. Dabei sei der Becher von seiner Sicht aus von rechts gekommen. Sie hätten dann rumgefragt, ob jemand den konkreten Wurf gesehen habe, das sei jedoch nicht der Fall gewesen. Er selbst habe recht viel getrunken und nach dem Wurf so realisiert, dass plötzlich vor ihm Plätze frei gewesen seien. Auf Vorhalt von Blatt 63 der Akte, wonach er einem Mitarbeiter des VfL Bochum. gegenüber gesagt haben soll, dass die vor ihm befindliche Person ihm mitgeteilt habe, dass sein Bruder geworfen haben soll, stellte er in der Hauptverhandlung klar, dass er zwar von einem Mitarbeiter des VfL angerufen worden sei, dass er aber keine dahingehende Äußerung getätigt habe.
48Zwar haben sämtliche Zeugen, die in dem Block des Angeklagten standen, den konkreten Wurf des Bechers durch den Angeklagten nicht gesehen. Allerdings haben sie die Richtung geschildert, aus der heraus sie den Becher wahrgenommen haben. Aus den jeweiligen Inaugenscheinnahmen der jeweiligen Lichtbilder war dies jeweils die Richtung, in der sich aus der Sicht des jeweiligen Zeugen der Angeklagte befunden hat.
491.2.
50Die Feststellungen des Gerichts bezüglich der Verletzungen des Zeugen V. und deren Folgen beruhen auf dessen glaubhaften Angaben im Hauptverhandlungstermin, dem in der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. O., auf dem Bericht der Notaufnahme vom 19.03.2022, Blatt 45 der Akte, der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Blatt 44 der Akte, dem Attest des den Zeugen nachbehandelnden Arztes Dr. D. vom 21.03.2022, Blatt 45 der Akte, dem Durchgangsarztbericht Blatt 108, 109 der Akte, dem Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil vom 20.03.2022, Blatt 110 der Akte und der klinischen Dokumentation des Krankenhauses Bergmannsheil Y. Blatt 111, die sämtlich im Hauptverhandlungstermin gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 3 StP0 verlesen wurden und die hiermit zum Gegenstand des Urteils gemacht werden.
51Zu den Verletzungsfolgen hat der Zeuge V. bekundet, dass er zunächst in der Umkleidekabine nach dem Spielabbruch Schmerzen lokal an der Stelle verspürt habe, wo ihn Becher ihn getroffen habe. Später im Krankenhaus habe er dann links im Bereich der Halswirbelsäule einen Schmerz verspürt, der vergleichbar mit einem Muskelkater gewesen sei, den er insbesondere auch beim Bewegen des Kopfes verspürt habe. Am Folgetag habe er heftige Kopfschmerzen verspürt, Kopfschmerzen habe er auch auf dem darauf folgenden Tag noch gehabt. Erst am Dienstag sei der Schmerz abgeklungen. Schwindelig und übel sei ihm nicht gewesen, Vorerkrankungen habe er keine. Er habe seine Tätigkeit als Schiedsrichter schnell wieder aufgenommen.
52Aus den oben aufgeführten, verlesenen ärztlichen Dokumenten folgt im Wesentlichen als Diagnose eine Schädelprellung, eine Halswirbelsäulen-Distorsion sowie drei Tage Kopf-und Nackenschmerzen.
53Diesbezüglich hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. O. in seinem mündlich erstatteten Gutachten in der Hauptverhandlung glaubhaft und überzeugend ausgeführt, dass die Schädelprellung, die Kopf- und Nackenschmerzen aufgrund des Becherwurfes gegen den Hinterkopf des Zeugen plausibel und nachvollziehbar seien, nicht jedoch die Halswirbelsäulen-Distorsion.
54Dazu hat er ausgeführt, dass er bei einer Entfernung von sechs bis zehn Metern vom Platz des Angeklagten in der ersten Reihe aus bis zu dem Zeugen V. bei einem zumindest mit einer gewissen Menge gefüllten Becher von einer Geschwindigkeit zugunsten des Angeklagten von mindestens sechs m/s ausgehe. Dabei ergebe sich aus dem ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesenen Bericht über die Spurensicherung an dem Becher, Blatt 104 der Akte, dass das Gewicht des Bechers in leerem Zustand circa 11,5 Gramm betragen habe, weswegen der Sachverständige nachvollziehbar bei seiner Annahme zugunsten des Angeklagten, dass der Becher lediglich zur circa Hälfte gefüllt gewesen sei, zu einem Gesamtgewicht von Flüssigkeit und Becher von 260 Gramm gelangt. Daraus hat er wiederum errechnet, dass 4,68 Newton-Meter beim Aufprall des Bechers auf den Zeugen V. eingewirkt haben, was wiederum zur Folge gehabt habe, dass ihn ein Gewicht von ca. 477 Gramm getroffen habe. Bei einem solchen Aufprall seien Prellungen und Kopfschmerzen, die auch einige Tage andauern können, absolut nachvollziehbar, für eine HWS-Diskussion hätte jedoch die sogenannte Differenzgeschwindigkeit viel höher sein müssen.
55Des Weiteren hat der Sachverständige glaubhaft und plausibel ausgeführt, dass seiner Auffassung nach der Wurf des Bechers und dessen Aufprall am Kopf des Zeugen nicht geeignet gewesen sei, lebensbedrohliche Verletzungen oder sonstige erhebliche Verletzungen am Schädel zu verursachen. Er hat den Wurf mit einem kräftigen Klaps auf den Hinterkopf verglichen, der durchaus schmerzhaft sei, allerdings geeignet sei, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.
56Das Gericht ist von den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des erfahrenen und sachkundigen Sachverständigen überzeugt insbesondere auch deshalb, weil der Sachverständige geschildert hat, dass im Falle eine HWS-Distorsion die Schmerzen des Zeugen nicht nur einige Tage, sondern wesentlich länger hätten andauern müssen.
571.3.
58Die Feststellung des Gerichts, dass zugunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, dass seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit um 21:54 Uhr erheblich vermindert war, beruht auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Kurzarztbrief des Arztes A. M., dem ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesenen Laborbericht des evangelischen Krankenhauses E. vom 25.05.2023 und dem mündlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. O..
59Aus dem Laborbericht des evangelischen Krankenhauses E. vom 25.05.2023 geht eine Blutalkoholkonzentration des Angeklagten zum Entnahmezeitpunkt am 19.03.2022 um 1:10 Uhr von 2,65 Promille hervor.
60Zu diesem Wert hat der Sachverständige glaubhaft und nachvollziehbar ausgeführt, dass unterstellt den Umstand, dass kein Nachtrunk nach der Tat stattgefunden hat, bei einem zugunsten des Angeklagten angenommen maximalen Abbauwert von 0,2 Promille pro Stunde und einem einmaligen Sicherheitszuschlag von 0,2 Promille und bei unbekannten Trinkgewohnheiten des Angeklagten im Übrigen um 21:54 Uhr rein rechnerisch von einer Blutalkoholkonzentration von 3,49 Promille auszugehen sei. Da der Angeklagte auch zu seiner Trinkmenge am Tattag und zu der Frage, ob ein Nachtrunk stattgefunden hat, keine Angaben gemacht hat, ist das Gericht zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass kein Nachtrunk stattgefunden hat.
61Trotz dieser hohen Blutalkoholkonzentration schloss der Sachverständige nachvollziehbar eine aufgehobene Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 20 StGB deshalb aus, weil der Angeklagte sich nach der Tat noch durchaus reflektiert und zielgesteuerte verhalten hat, beispielsweise indem er nicht nur den Telefonanruf des Zeugen W. entgegengenommen, sondern diesen kurz danach auch selbstständig zurückgerufen, mit ihm gesprochen und ihn zu sich nach Hause bestellt hat. Hierbei handelt es sich nach dem Sachverständigen und insoweit absolut glaubhaft für das Gericht um Denkleistungen, die mit einer aufgehobenen Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit nicht in Einklang zu bringen sind.
62Der Sachverständige kommt jedoch in seinem insofern erstatteten Gutachten glaubhaft und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund der Blutalkoholkonzentration erheblich vermindert im Sinne von § 21 StGB war.
63Diese Schlussfolgerung des Sachverständigen deckt sich für das Gericht nachvollziehbar insbesondere auch mit den Aussagen der Zeugen W. und K..
64Der Zeuge W. hat insofern ebenfalls bestätigt, dass der Angeklagte deutlich alkoholisiert gewesen sei. Gleichzeitig hat jedoch auch den Telefonanruf bei dem Angeklagten und den Telefonanruf des Angeklagten bei ihm geschildert und dass der Angeklagte durchaus in der Lage gewesen sei, dem Gespräch mit ihm zu folgen.
65Der Zeuge K. hingegen hat angegeben, dass es bei der Gruppe von Stadionsbesuchern, zu denen auch der Angeklagte gehört, durchaus üblich gewesen sei, vor und während des Spiels Bier in erheblichen Mengen zu trinken.
662.
67Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf dem ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 10.05.2023. Darüber hinaus konnten keine Feststellungen getroffen werden, da der Angeklagte außer der Bestätigung der Angaben zu seiner Person, wie aus dem Rubrum ersichtlich, keine Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hat.
68IV.
69Damit hat sich der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1, 230 StGB strafbar gemacht.
70Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. O. in seinem mündlich erstatteten Gutachten ist nicht von einer gefährlichen Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB auszugehen. Der Wurf des circa halbvollen Bierbechers war nicht geeignet, Verletzungen erheblicher Art hervorzurufen.
71Darüber hinaus hat der Angeklagte insbesondere vorsätzlich gehandelt. Er hat es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass durch den Wurf des Bechers bei dem Zeugen V. Schmerzen und Verletzungen hervorgerufen werden. Bei der geringen Wurfentfernung von sechs bis zehn Metern musste es der Angeklagte für möglich halten, dass der Becher den Kopf des Zeugen V. treffen kann. Aufgrund der kurzen Entfernung und dem Umstand, dass der Becher halb gefüllt gewesen sein muss, um eine solche Wurfbahn zu erlangen, hat der Angeklagte genau diese Schmerzen und Verletzungen auch zumindest billigend in Kauf genommen.
72Die Einziehung des sichergestellten Bechers beruht auf § 74 Abs. 1 StGB.
73V.
74Im Rahmen der Strafzumessung ist das Gericht von folgenden Erwägungen ausgegangen:
75Angewendet hat das Gericht den Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht.
76Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat sich das Gericht von folgenden Strafzumessungskriterien im Sinne des § 46 StGB leiten lassen:
77Strafmildernd hat das Gericht berücksichtigt, dass bei dem Adhäsions- und Nebenkläger keine erhebliche Verletzung verursacht worden ist. Außerdem hat das Gericht angenommen, dass der Angeklagte aufgrund des vorangegangenen Konsums alkoholischer Getränke hierdurch enthemmt war und dass infolge dieses vorangegangenen Alkoholkonsums die Einsichts-/ und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB nicht ausschließbar erheblich vermindert war. Schließlich wurde strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte durch die Folgen der Tat auch im Übrigen stark belastet ist bzw. sein wird. So muss er mit der Verhängung eines Stadionverbots und mit der Geltendmachung von zivilrechtlichen Folgeansprüchen gegen ihn rechnen. Letzlich wirkte sich zugunsten des Angeklagten aus, dass er strafrechtlich bislang noch nie in Erscheinung getreten ist.
78Strafschärfend wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte den Becher in einer Spielsituation geworfen hat, die nicht ersichtlich besonders bedeutend war und in deren unmittelbaren zeitlichen vorangegangenen Zusammenhang keine Entscheidung des Adhäsions- und Nebenklägers oder eines anderen Schiedsrichters erfolgt war, die eine besondere emotionale Erregung in dem Angeklagten hätte hervorrufen können. Darüber hinaus hat das Gericht bei der Strafzumessung strafschärfend auch generalpräventive Aspekte dahingehend mitberücksichtigt, als dass durch diese konkrete Strafe zum Ausdruck kommen soll, dass sämtliche Angriffe auf jegliche Personen während eines Sportereignisses, das der sportlichen Auseinandersetzung, der Freizeit und der Unterhaltung dienen soll, von der Rechtsordnung und der Allgemeinheit nicht geduldet und demnach auch geahndet werden. Strafschärfend wurde auch berücksichtigt, dass das konkrete Fehlverhalten des Angeklagten neben dem strafrechtlichen Aspekt auch noch sportlich zur Konsequenz hatte, dass das Spiel abgebrochen worden ist und dass dies weitreichende Konsequenzen für den Verein VfL Bochum hatte.
79Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat das Gericht eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40,00 € für tat- und schuldangemessen erachtet.
80Die Tagessatzhöhe von 40,00 € beruht auf den Erwägungen, dass mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zumindest davon auszugehen ist, dass dem Angeklagten für sich selbst ein durchschnittliches Einkommen eines Bundesbürgers zur Verfügung steht.
81VI.
821.
83Der Anspruch des Adhäsionsklägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 800,00 Euro ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. § 223 Abs. 1 StGB. Durch die oben festgestellte Tat hat der Angeklagte den Adhäsionskläger wie oben aufgeführt an seiner Gesundheit verletzt und zugleich mit § 223 Abs. 1 StGB gegen ein den Adhäsionskläger schützendes Gesetz verstoßen.
84Gemäß § 253 Abs. 2 BGB besteht daher ein Anspruch des Adhäsionsklägers auf Zahlung einer billigen Entschädigung in Geld in Gestalt eines Schmerzensgeldes, den das Gericht hier mit 800,00 € als erforderlich, aber auch als angemessen erachtet.
85Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass der Adhäsionskläger infolge der Tat eine Kopfprellung sowie drei Tage Kopfschmerzen erlitten hat und dass er drei Tage lang seiner Arbeit nicht nachgehen konnte. Des Weiteren wurde berücksichtigt, dass die Handlung live im Fernsehen mitverfolgt werden konnte und auch nun für alle Zeiten abrufbar im Internet existiert. Außerdem hat er keine Genugtuung durch ein Geständnis oder eine Entschuldigung erfahren.
862.
87Der Zinsanspruch i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2022 folgt aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 288 Abs. 1, 291 S. 1, 187 Abs. 1 BGB i.V.m. § 223 Abs. 1 StGB i.V.m § 404 Abs. 2 StP0.
88Ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Eingangsvermerks bezüglich des Adhäsionsantrages, Blatt 46 der Akte, auf den insofern Bezug genommen wird, ist dieser am 22.04.2022 bei Gericht eingegangen und dem Angeklagten ausweislich der ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesenen Zustellungsurkunde, auf die hiermit ebenfalls Bezug genommen wird, am 03.05.2022 zugestellt worden. In der Hauptverhandlung hat der Adhäsionskläger den schriftlich gestellten Zinsanspruch dahingehend umgestellt, dass nur noch Zinsen seit dem 23.04.2022 beantragt werden.
893.
90Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Adhäsionsentscheidung beruht auf § 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2,709 S. 2 ZPO.
91VII.
92Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1; § 472 Abs. 1 S. 1, 472a Abs. 1 StPO.