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Die in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft J ##, ##### C, vom 13.12.2021 gefassten Eigentümerbeschlüsse
- unter Punkt 3, dass der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau F instandgesetzt wird,
- unter Punkt 4, dass über die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. # von Frau F aus dem Tagesordnungspunkt 3 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann,
- unter Punkt 5, dass eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von 10.000,00 €, aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau F spätestens bis zum 28.02.2022 auf dem Verwalterkonto eingezahlt werden soll,
- unter Punkt 6, dass der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau X instandgesetzt wird,
- unter Punkt 7, dass über die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. 2 von Frau X aus dem Tagesordnungspunkt 6 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann,
- unter Punkt 8, dass eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von 5.000,00 €, aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau X spätestens bis zum 28.02.2022 auf dem Verwalterkonto eingezahlt sein soll,
- unter Punkt 9, dass die defekten Terrassenplatten der Wohnung Nr. # von Frau H erneuert werden sollen,
- unter Punkt 10, dass über die Instandsetzung der Terrasse der Wohnung Nr. # von Frau H aus dem Tagesordnungspunkt 9 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann,
werden für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger ist Wohnungseigentümer und Mitglied der verklagten Wohnungseigentümergemeinschaft J ## in C.
3Am 13.12.2021 fand eine Eigentümerversammlung statt, zu der der Verwalter eingeladen hatte. Dem Einladungsschreiben an die Wohnungseigentümer lagen die, wegen Zeitablaufs nicht mehr annahmefähigen, Angebote der Firma G vom 23.02.2020 und vom 28.03.2021, der Firma V vom 12.05.2019 sowie der Firma U vom 19.02.2020 bei. Wegen der Einzelheiten der Angebote wird auf Bl. 66 ff. der Akten Bezug genommen.
4Auf der Eigentümerversammlung wurden u. a. folgende Beschlüsse gefasst:
5„Punkt 3. Beschluss darüber, ob der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau F instandgesetzt wird.
6Soll der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau F instandgesetzt werden.
7Punkt 4. Beschluss darüber, ob die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. # von Frau F, aus dem Tagesordnungspunkt 3 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG n.F. mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann.
8Soll über die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. # von Frau F, aus dem Tagesordnungspunkt 3 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. Mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
9Punkt 5. Beschluss darüber, ob eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von ca. 10.000 €, aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau F eingezahlt werden soll.
10Soll eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von ca. 10.000 €, aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau F eingezahlt werden.
11Punkt 6. Beschluss darüber, ob der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau X instandgesetzt wird.
12Soll der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau X instandgesetzt werden.
13Punkt 7. Beschluss darüber, ob die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. 2 von Frau X, aus dem Tagesordnungspunkt 6 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. Mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann.
14Soll über die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. # von Frau X, aus dem Tagesordnungspunkt 6 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
15Punkt 8. Beschluss darüber, ob eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von ca. 5000 € aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau X eingezahlt werden soll.
16Soll eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von ca. 10.000 €, aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau X eingezahlt werden.
17Punkt 9. Beschluss darüber, ob die Terrasse der Wohnung Nr. # von Frau H, instandgesetzt wird.
18Soll die Terrasse der Wohnung Nr. # von Frau H instandgesetzt werden.
19Punkt 10. Beschluss darüber, ob die Instandsetzung der Terrasse der Wohnung Nr. # von Frau H, aus dem Tagesordnungspunkt 9 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. Mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann.
20Soll über die Instandsetzung der Terrasse der Wohnung Nr. 1 von Frau H, aus dem Tagesordnungspunkt 9 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. Mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.“
21Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.12.2021, Anl. K1 zur Klageschrift, Bl. 4 ff. der Akten, Bezug genommen.
22Auf der Grundlage einer vergleichbaren Beschlussfassung wurde im Jahr 2017 der zur Wohnung des Klägers gehörende Balkon ebenfalls saniert.
23Die zu den Wohnungen jeweils gehörenden Balkone bzw. Loggen und Terrassen gehören nach der Teilungserklärung zum Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers. Wegen der Einzelheiten der Teilungserklärung wird auf Bl. 37 ff. der Akten Bezug genommen.
24Zur Zeit der streitgegenständlichen Beschlussfassung betrug die Erhaltungsrücklage der Wohnungseigentümergemeinschaft 9.934,27 Euro.
25Der Kläger behauptet, hinsichtlich der beschlussgegenständlichen Balkone sowie der Terrasse bestehe kein Instandsetzungsbedarf, jedenfalls nicht an solchen Bauteilen, die im Gemeinschaftseigentum stünden. Er ist der Auffassung, sämtliche angefochtenen Beschlüsse widersprächen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Grundlagenbeschlüsse zu Tagesordnungspunkten 3, 6 und 9 seien bereits zu unbestimmt. Da die Beschlüsse außerdem nicht zwischen den im Sonder- und im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteilen der Balkone bzw. der Terrasse unterschieden, seien sie bereits ohne entsprechende Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer gefasst worden. Denn insoweit sei jeweils die Instandsetzung von Sondereigentum ebenfalls mitbeschlossen worden. Die weiteren angefochtenen Beschlüsse widersprächen unter anderem bereits deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sie jeweils auf mangelhaften Grundlagenbeschlüssen aufbauten.
26Der Kläger beantragt,
27die in der Eigentümerversammlung vom 13.12.2021 gefassten Eigentümerbeschlüsse
28- unter Punkt 3, dass der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau F instandgesetzt wird,
29- unter Punkt 4, dass über die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. # von Frau F aus dem Tagesordnungspunkt 3 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann,
30- unter Punkt 5, dass eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von 10.000,00 €, aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau F spätestens bis zum 28.02.2022 auf dem Verwalterkonto eingezahlt werden soll,
31- unter Punkt 6, dass der Balkon der Wohnung Nr. # von Frau X instandgesetzt wird,
32- unter Punkt 7, dass über die Instandsetzung des Balkons der Wohnung Nr. # von Frau X aus dem Tagesordnungspunkt 6 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann,
33- unter Punkt 8, dass eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen in Höhe von 5.000,00 €, aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen, für die Instandsetzung des Balkons von Frau X spätestens bis zum 28.02.2022 auf dem Verwalterkonto eingezahlt sein soll,
34- unter Punkt 9, dass die defekten Terrassenplatten der Wohnung Nr. # von Frau H erneuert werden sollen,
35- unter Punkt 10, dass über die Instandsetzung der Terrasse der Wohnung Nr. # von Frau H aus dem Tagesordnungspunkt 9 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses § 23 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann,
36für ungültig zu erklären.
37Die Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Die Beklagte behauptet, die Balkone wiesen erheblichen Sanierungsbedarf auf. So seien die Silikonfugen undicht bzw. porös. Es sei außerdem zu Feuchtigkeitsschäden durch Abplatzungen an den Unterseiten gekommen. Die Eisenträger träten hervor und seien korrodiert. Außerdem sei unter den Balkonen eine Tröpfchenbildung zu beobachten. Über den Balkon der Wohnungseigentümerin F dringe bereits Feuchtigkeit in die Wohnungen im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss unter der Wohnung F ein. Hinsichtlich der unstreitig nicht vorgenommenen Differenzierung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum innerhalb der Beschlüsse zu TOP 3, 6 und 9 sei zu berücksichtigen, dass bei einer Sanierung des Gemeinschaftseigentums technisch gar nicht möglich sei, das Sondereigentum, insbesondere den Bodenbelag, beschädigungsfrei zu entfernen.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2022 Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe:
42Die zulässige Klage ist begründet.
43Die angefochtenen Beschlüsse waren für ungültig zu erklären, da sie nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
44Die zu den Tagesordnungspunkten 3, 6 und 9 gefassten Grundlagenbeschlüsse sind bereits nicht hinreichend bestimmt. Soweit der jeweilige Beschlusstext ausführt, der jeweilige Balkon bzw. die Terrasse solle „instandgesetzt“ werden, ist dies im Kontext der Protokollierung nichtssagend. Diese enthält nämlich gerade keinerlei weitere Ausführungen oder auch nur Bezugnahmen auf Anlagen, aus denen auch ein Sonderrechtsnachfolger entnehmen könnte, was die jeweils beschlossene Instandsetzung, zumindest in groben Zügen, beinhaltet.
45Darüber hinaus entsprechen sie auch nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sie bereits nicht erkennen lassen, auf welchen konkreten Erwägungen die Willensbildung der Wohnungseigentümer beruht und welche Tatsachengrundlage diese gestützt wurde.
46Ein Beschluss, der Regelungen enthält, die auch für einen Sondernachfolger gelten sollen, ist wie eine Grundbucheintragung auszulegen. Beschlüsse sind daher „aus sich heraus“ objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der beteiligten Wohnungseigentümer ankäme. Dabei ist von dem protokollierten Wortlaut der Beschlüsse auszugehen. Maßgebend sind Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, weil sie sich etwa aus dem – übrigen – Versammlungsprotokoll ergeben. Zu berücksichtigen sind auch Urkunden und Schriftstücke, auf die in dem Beschluss Bezug genommen wird oder Besonderheiten der betreffenden Wohnanlage (vgl. Bärmann/Pick, WEG, 20. Aufl., § 23, Rn. 65 m. w. N.).
47Ein Beschluss entspricht nur ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über eine ausreichende Entscheidungs- oder Tatsachengrundlage verfügen. Dies ist vorliegend jedoch nicht feststellbar. Zwar wurden den Wohnungseigentümern mit der Einladung zur Eigentümerversammlung unstreitig die – ebenfalls unstreitig – zu diesem Zeitpunkt bereits zeitlich überholten und nicht mehr annahmefähigen Angebote der Handwerksbetriebe zu Sanierungsmaßnahmen übermittelt. Ob diese Angebote der Willensbildung der Gemeinschaft dahingehend, die Balkone und die Terrasse zu sanieren, zugrunde gelegt wurden, oder ob andere maßgebliche Erwägungen zu der Beschlussfassung geführt haben und welche dies gegebenenfalls waren, lässt sich jedoch aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung nicht entnehmen. Anhand der dort enthaltenen Angaben lässt sich nicht überprüfen, ob die Wohnungseigentümer die Entscheidung auf sachgerechte oder gar sachfremde Erwägungen gestützt haben.
48Um die freie und umfassende Ermessensentscheidung überhaupt der gerichtlichen Überprüfung auf Ermessensfehler zugänglich zu machen, wären derartige tragende Erwägungen aber in das Protokoll der Eigentümerversammlung aufzunehmen gewesen, soweit sich diese nicht anderweitig für jedermann (also insbesondere für den Sonderrechtsnachfolger) erkennbar aus dem Protokollinhalt, z.B. durch die Beifügung der Einladung, ergeben. Im Rahmen einer zu überprüfenden Ermessensentscheidung ist eine kurze (gegebenenfalls stichpunktartige) Information über die wesentlichen Argumente für oder gegen die Durchführung einer Maßnahme indes erforderlich, weil die Ermessensentscheidung der Gemeinschaft ansonsten faktisch der gerichtlichen Überprüfung entzogen würde (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 31. Januar 2017,1 S 99 / 16).
49Dies ist vorliegend, wie bereits ausgeführt, gerade nicht der Fall. Darüber hilft es auch nicht hinweg, dass die Wohnungseigentümer unstreitig mit der Einladung die Angebote übersandt erhalten haben. Ein Sonderrechtsnachfolger könnte auf diese Angebote gerade nicht zurückgreifen und aus dem Protokollinhalt nicht entnehmen, weshalb eine Sanierungsentscheidung getroffen wurde.
50Auch die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 4, 7 und 10 widersprechenden den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
51Dies folgt zum einen bereits daraus, dass der Mangel der Grundlagenbeschlüsse, nämlich dass die korrekte Ermessensausübung bereits nicht überprüfbar ist, in diese Beschlüsse hineinwirkt. Denn diese Beschlüsse bauen auf der grundsätzlichen Instandsetzungsentscheidung auf und sollen die weitere Beschlussfassung über die Durchführung der Sanierung in das mehrheitliche Umlaufverfahren verlagern.
52Gemäß § 23 Abs. 3 S. 1, S. 2 WEG können die Wohnungseigentümer – in der Wohnungseigentümerversammlung anders als außerhalb, mit einfacher Mehrheit – beschließen, dass für den einzelnen Gegenstand, über den im Umlaufverfahren Beschluss gefasst werden soll, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.
53Da bei einem solchen Vorgehen eine umfassende Information und Diskussion der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte, und damit zum Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts gehörende Rechte, gefährdet erscheinen, muss jedoch das Tatbestandsmerkmal des „einzelnen Gegenstands“ einschränkend ausgelegt werden (vgl. MüKo zum BGB, 8. Aufl., § 23 WEG, Rn. 61).
54Zwar dürfte die nächste Entscheidung bei einer mehrstufigen Beschlussfassung im Rahmen einer Sanierung grundsätzlich einen solchen einzelnen Gegenstand darstellen. Vorliegend sind jedoch, wie ausgeführt, bereits die grundlegenden Sanierungsentscheidungen nicht auf eine korrekte Ermessensausübung hin überprüfbar. Insoweit kann auch nicht festgestellt werden, ob im nächsten Schritt, also typischerweise einer Beschlussfassung dahingehend, dass die Verwaltung Angebote zur Durchführung der von den Wohnungseigentümern gewollten Art der Sanierung einhole, eine hinreichende Tatsachen- und Entscheidungsgrundlage vorliegt. Es ist bereits nicht ersichtlich, welchen konkreten Sanierungsbedarf das Gemeinschaftseigentum aufweist, sodass folglich auch kaum beurteilt werden kann, inwieweit einzuholende Sanierungsangebote sachdienlich und im Verhältnis zueinander vorzugswürdig wären. Insoweit besteht ersichtlich noch erheblicher Informations- und Diskussionsbedarf innerhalb der Gemeinschaft. Eine entsprechende Entscheidung zur mehrheitlichen Beschlussfassung im Umlaufverfahren zu stellen, birgt daher gerade die konkrete Gefahr, dass die Wohnungseigentümer, ohne Nachfragen und Bedenken diskutieren und klären zu können, abstimmen und so wiederum Beschlussfassungen ohne hinreichende Tatsachengrundlage erfolgen. Dies widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da so das Kernmitgliedschaftsrecht, durch unmittelbare Diskussion streitiger oder erörterungsbedürftiger Punkte und Meinungsaustausch an der Willensbildung teilzunehmen, im vorliegenden Fall letztlich zu stark verkürzt wird.
55Letztlich sind auch die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 5 und 8 anfechtbar. Auch diese entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da – auch wenn den Wohnungseigentümern, was das Gericht nicht verkennt, insoweit ein erheblicher Ermessensspielraum zukommt – der jeweils beschlossenen Bildung einer Sonderumlage bereits keinerlei belastbare Schätzgrundlage zugrunde liegt ist. Soweit die Beklagte meint, hierzu die abgelaufenen Angebote, die der Einladung zur Eigentümerversammlung beigefügt waren, heranziehen zu können, verfängt dies bereits deshalb nicht, weil sich eine entsprechende Bezugnahme weder aus dem Protokoll, noch aus dessen Anlagen ergibt. Insoweit kann auf die Ausführungen zu den TOP’s 3, 6 und 9 hinsichtlich der Überprüfbarkeit der Ermessensentscheidung Bezug genommen werden.
56Darüber hinaus wurde jeweils eine Sonderumlage in Höhe von „ca.“ 10.000 € geschlossen. Ein solcher Schätzwert ist jedoch zu unbestimmt.
57Überdies ist im Hinblick darauf, dass bisher weder ein konkreter Sanierungsumfang beschlossen noch hierauf gerichtete aktuelle Angebote eingeholt wurden, in keiner Weise abschätzbar, in welcher Größenordnung Sanierungskosten tatsächlich anfallen könnten, sodass eine entsprechende Sonderumlage zu bilden wäre. Diese Angebote sind als Schätzgrundlage untauglich. Dass die darin enthaltenen Preise auch aktuell noch einmal angeboten würden, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Darüber hinaus ist zwischen den Parteien streitig, ob die Angebote überhaupt einen etwaigen Sanierungsbedarf korrekt abbilden.
58Bereits vor der Klärung im Rahmen eines größeren Sanierungsvorhabens derart grundlegender Fragen auf Grundlage von unstreitig nicht mehr aktuellen Angeboten die Höhe einer Sonderumlage zu bestimmen, widerspricht, auch im Hinblick auf die zur Zeit der Beschlussfassung recht kleine Erhaltungsrücklage der Gemeinschaft ordnungsgemäßer Verwaltung.
59Letztlich führt auch der Einwand der Beklagten, dass der Kläger selbst - was unstreitig ist - in der Vergangenheit von einer Sanierung auf Basis einer vergleichbaren Beschlussfassung profitiert habe, nicht zu einem anderen Ergebnis. Insoweit gilt, dass eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht verlangt werden kann.
60Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, S. 2 ZPO.
61Der Streitwert wird auf 18.000,00 EUR festgesetzt.