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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
2Für den Betroffenen besteht seit vielen Jahren eine Betreuung, zuletzt mit den Aufgabenkreisen der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung im Zusammenhang mit stationärer Behandlung. Die Überprüfungsfrist ist auf den 02.10.2021 festgesetzt worden.
3Mit Beschluss vom 03.04.2020 hat das Amtsgericht zur Frage der Erweiterung der Betreuung die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und die Beteiligte zu 3) zur Verfahrenspflegerin bestellt. Der Sachverständige Dr. I. erstattete unter dem 02.05.2020 sein schriftliches Gutachten (Bl. 128 – 149 d. A.). Die Beteiligte zu 3) nahm mit Schreiben vom 13.05.2020 (Bl. 175 d. A.) Stellung. Nach persönlicher Anhörung des Betroffenen und der Beteiligten zu 3) mit dem aus dem Anhörungsvermerk vom 27.05.2020 (Bl. 183 d. A.) ersichtlichen Ergebnis hat Amtsgericht mit Beschluss vom 28.05.2020 die Betreuung um die Aufgabenkreise „Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten“ erweitert. Gleichzeitig hat es einen Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögensangelegenheiten angeordnet.
4Hiergegen richtet sich die auf ausdrücklichen Wunsch des Betroffenen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 01.07.2020, die bereits mit Schreiben vom 13.05.2020 zur Sache Stellung genommen hatte. Die Beschwerde richtet sich nur gegen die Erweiterung auf den Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten und den insoweit angeordneten Einwilligungsvorbehalt. Im Übrigen hat sich der Betroffene mit der Betreuung einverstanden erklärt.
5Der Betroffene ist seit Anfang Mai in der o. g. Klinik geschlossen untergebracht. Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 10.06.2020 sowohl zur beantragten Verlängerung der Unterbringung als auch zur erfolgten Erweiterung der Betreuung persönlich angehört (vgl. Bl. 209 d. A.). Sodann hat es der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
6Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 303 Abs. 3 FamFG statthaft sowie fristgerecht und formgerecht eingelegt.
7Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn die Betreuung ist in dem jetzt bestehenden Umfang zu Recht erweitert worden.
8Nach § 1896 Abs. 1, 1a BGB bestellt das Betreuungsgericht für einen Volljährigen einen Betreuer, wenn er aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Erfolgt die Bestellung des Betreuers gegen den Willen des Betroffenen, so ist die zusätzliche Feststellung erforderlich, dass dieser aufgrund der festgestellten psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung seinen Willen nicht frei bestimmen kann.
9Diese Voraussetzungen, die auch für die Erweiterung der Betreuung gelten, sind gegeben.
10Nach dem o. g. fachärztlichen Gutachten leidet der Betroffene an einer psychischen Krankheit, nämlich einer schizoaffektiven Störung. Der Betroffene ist krankheitsbedingt nicht in der Lage, seine Umgebung realitätsgerecht wahrzunehmen, seine Wahrnehmungen in einen situativ adäquaten Kontext einzuordnen und kann aufgrund der formalen Denkstörungen mögliche Handlungskonsequenzen nicht antizipieren. Da er eingetretene Folgen von Handlungen psychotisch verarbeitet, ist er auch nicht zu einer adäquaten Verhaltenskorrektur in der Lage.
11Daher kann der Betroffene das Für und Wider einer Betreuung nicht erkennen und gegeneinander abwägen und ist nicht zu einer freien Willensbildung in der Lage (vgl. BGH, BtPrax 2016, 152).
12Die Kammer folgt den überzeugenden fachärztlichen Ausführungen, die mit der Stellungnahme des Beteiligten zu 2) vom 15.05.2020, der Stellungnahme der Beteiligten zu 3) und auch den Eindrücken des Amtsgerichts bei den persönlichen Anhörungen des Betroffenen am 27.05.2020 und 10.06.2020 in Einklang stehen.
13Auf dieser Grundlage ist die Betreuung mit dem Aufgabenkreis zu Recht um den Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten erweitert worden. Aufgrund der krankheitsbedingten Einschränkungen und der maniformen Dekompensation der Erkrankung kann der Betroffene seine Vermögensangelegenheiten nicht überblicken und seine Ein- und Ausnahmen ausreichend kontrollieren und steuern. So hat er nach Mitteilung des Betreuers in jüngster Zeit unkontrollierte Geldausgaben getätigt, u. a. vier Unfallversicherungen bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften abgeschlossen und verschiedene Kredite aufgenommen – jüngst noch einen Kredit über 13.909 Euro - den er aufgrund seines geringen Einkommens (Erwerbsunfähigkeitsrente von 1.180 Euro) nicht bedienen kann.
14Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. I. ist die Erkrankung bereits chronifiziert und daher mit einer ausreichenden Besserung des Zustandes nicht zu rechnen, so dass von einem dauerhaften Betreuungsbedarf auszugehen ist.
15Auch der Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögensangelegenheiten ist zu Recht aufrechterhalten worden.
16Gemäß § 1903 Abs. 1 BGB darf ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden, soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betroffenen erforderlich ist. Die drohende Selbstschädigung muss gewichtig sein und sich als wesentliche Beeinträchtigung des Wohls des Betreuten in seiner konkreten Lebenssituation darstellen (vgl. BGH, FGPrax 2015, 267).
17Diese Voraussetzungen sind gegeben. Wie bereits ausgeführt, besteht bei dem Betroffenen eine psychische Erkrankung, aufgrund der er hinsichtlich seiner Vermögensangelegenheiten nicht zu einer freien Willensbildung in der Lage ist. Aufgrund der krankheitsbedingten Defizite muss eine Überwachung und Einteilung der Geldausgaben erfolgen, da ansonsten zu befürchten wäre, dass der Betroffene sein Geld unkontrolliert ausgibt und sich dadurch verschuldet. So hat er unnötig mehrere Unfallversicherungen bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften abgeschlossen und Kredite aufgenommen, die er nicht zurückzahlen kann. Die genannten Verhaltensweisen würden ohne eine Kontrolle im Rahmen des Einwilligungsvorbehaltes in kurzer Zeit seine finanzielle Leistungsfähigkeit übersteigen, zu einer Verschuldung führen und sein Vermögen gefährden. Dem kann nur durch eine im Rahmen des Einwilligungsvorbehaltes erfolgende Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben und gegebenenfalls auch Geldeinteilung wirksam begegnet werden.
18In verfahrensrechtlicher Hinsicht liegen die Voraussetzungen für die langfristige Erweiterung der Betreuung und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach §§ 295, 276, 278 und 280 FamFG vor. Es liegt ein aktuelles fachärztliches Gutachten über den psychischen Zustand des Betroffenen vor, der Betroffene wurde persönlich angehört und für ihn wurde eine Verfahrenspflegerin bestellt, die angehört wurde und ergänzend Stellung genommen hat.
19Von einer erneuten Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren hat die Kammer abgesehen, da der Betroffene zuletzt noch am 10.06.2020 vom Amtsgericht angehört worden ist, wobei die o. a. krankheitsbedingten Einschränkungen und die Unfähigkeit zur Besorgung seiner Angelegenheiten deutlich zu Tage getreten sind. Daher sind von einer weiteren Anhörung keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten.
20Rechtsmittelbelehrung:
21Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichung einer mit einer Begründung versehen und unterschriebenen Beschwerdeschrift beim Bundesgerichtshof in 76125 Karlsruhe einzulegen. Die Einlegung und Begründung hat durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu erfolgen.