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Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin über die bereits gezahlten 7.500,00 DM noch ein Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 5.000,00 DM zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 41 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 59 %.
Das Urteil ist vorläufig voll streckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.200,00 DM.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 800,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
2Die am 04. Juli 1975 geborene Klägerin wurde bei einem Unfall am 15. Dezember 1988 gegen 16.44 Uhr in O. als Beifahrerin der Beklagten zu 1., deren Fahrzeug bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert ist, schwer verletzt. Der Unfall wurde durch einen Fehler der Beklagten zu 1. beim Überholen verursacht; die 100 %ige Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig.
3Die Klägerin erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades, ein stumpfes Bauchtrauma mit inneren Verletzungen, eine Milzruptur, die zur Entfernung der Milz führt e. Diese Operation hinterließ eine Narbe im Bauchbereich. Ferner erlitt die Klägerin beim Unfall ein Ptosis links.
4Sie wurde vom 15. bis 24. Dezember 1988 stationär, anschließend ambulant behandelt. Der Grad ihrer unfallbedingten Behinderung lag bis zum 24. Dezember 1988 bei 100%, bis zum 31. Januar 1989 bei 50 %; für die Folgezeit ist der Grad der Behinderung zwischen den Parteien streitig.
5Die Klägerin behauptet, dieser läge für die Folgezeit bei 30 %. Sie behauptet ferner, aufgrund des Schädel-HirnTraumas häufige Kopfschmerzen zu haben, woraus eine permanente Augenentzündung resultiere. Sie behauptet ferner, aufgrund der Entfernung der Milz liege eine ständige Immunschwäche vor, was auch zu zahlreichen Erkrankungen in Verbindung mit Ausfällen in der Schule geführt hätte. Im übrigen habe sie auch eine Narbe im Bereich des linken Augenlides behalten. Die Ptosis würde ebenfalls fortbestehen.
6Die Klägerin beantragt,
71 .
8die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld , welches der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, unter Berücksichtigung bereits gezahlter 7.500,00 DM zu zahlen.
92.
10festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr allen materiellen und immateriellen Zukunftsschaden zu ersetzen, der ihr aufgrund des Unfalls vom 15. Dezember 1988 entsteht, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind und sie - im Hinblick auf den Beklagten zu 2. - nicht die aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag ergebene Grenze übersteigen.
11Die Beklagten beantragen,
12die Klage abzuweisen.
13Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. Q./Privatdozent Dr. M. vom 15. Januar 1991 (Bl. 45 - 58 d. A.) und auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. vom 28. Oktober 1991 (Bl. 75 – 79 d. A.) Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Der Klägerin steht aus§§ 823, 847 BGB, 3 Pflichtversicherungsgesetz gegen die Beklagten noch ein weiterer Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 5.000,00 DM zu; der Feststellungsantrag ist unbegründet.
16Daß ein Schmerzensgeldanspruch dem Grunde nach besteht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Bei der Bemessung der Höhe ist festzustellen, daß die Klägerin - mit Ausnahme ihrer Behauptungen im Zusammenhang mit einem Dauerschaden aufgrund der Entfernung der Milz - ihre Behauptungen über Verletzungsfolgen nicht beweisen konnte. Aufgrund der Sachverständigengutachten, an deren Richtigkeit das Gerichts zu Zweifeln keinen Anlaß hat, steht fest, daß zwar die Ptosis längere Zeit nach dem Unfall bestanden hat, jedoch bereits seit Anfang 1990 nicht mehr besteht.
17Insbesondere der speziell hierfür beauftragte Sachverständige Prof. Dr. N. hat keinerlei unfallbedingte Einschränkungen der Sehfähigkeit bzw. der Lidfunktion feststellen können.
18Es war auch nicht feststellbar, daß die von der Klägerin behaupteten häufigen Kopfschmerzen von dem Unfall herrühren. Fest steht jedenfalls, daß durch eine leichte Gehirnerschütterung, wie sie von der Klägerin erlitten wurde, kein derartiger Dauerschaden entsteht.
19Fest steht ebenfalls, daß die von der Klägerin behaupteten leichteren Erkrankungen mit schulischen Ausfällen nicht durch eine Immunschwäche entstanden sein können, die ihre Ursache in der Entfernung der Milz hätte.
20Dagegen haben die Sachverständigen Prof. Dr. Q. und Privatdozent Dr. M. in überzeugender Weise dargelegt und zur Oberzeugung des Gerichts festgestellt, daß aufgrund der Entfernung der Milz die Gefahr einer schweren bakteriellen Infektion im vorliegenden Fall gegenüber der Durchschnittbevölkerung um das 50fache höher liegt. Dabei handelt es sich nicht um leichte unbedeutende Infektionen, sondern um solche mit einem Todesfolgerisiko von 50 %.
21Dieses von der Klägerin lebenslang zu tragende Risiko ist ganz außerordentlich. Zweifellos muß dies auch erhebliche psychische Folgen haben.
22Aus diesem Grunde liegt ein angemessenes Schmerzensgeld deutlich höher als der von der Beklagten zu 2. bisher gezahlte Betrag. Das Gericht erachtet deshalb ein Gesamtschmerzensgeld von 12.500,00 DM als angemessen, wobei durchaus beachtet wurde, daß Beträge in der genannten Größenordnung von der Rechtsprechung meistens nur dann ausgeurteilt wurden, wenn neben der Entfernung der Milz noch weitere Gesundheitsschäden vorlagen, die über die von der Klägerin erlittenen deutlich hinausgehen (vgl. Schmerzensgeldtabelle von Hacks, 14. Auf., Entscheidungen Nr. 543, 548, 586, 596, 621).
23Das Gericht hält jedoch den zugesprochenen Betrag angesichts des jugendlichen Alters der Klägerin und der oben genannten erheblichen Dauerrisiken angesichts der Milzentfernung für angemessen, auch wenn darüber hinaus keine Dauerschäden bestehen.
24Der Feststellungsantrag war zurückzuweisen, weil die Unfallfolgen ausgeheilt sind und keine weiteren unfallbedingten Schäden mehr zu befürchten sind.
25Die Klägerin trägt "lediglich" ein gegen über der Durchschnittsbevölkerung erheblich höheres Risiko, eine gefährliche bakterielle Infektion zu erleiden. Eine solche Infektion hätte jedoch keine direkte Ursache in dem hier streitigen Unfall; dieser führt nur zu einem höheren Risiko, eine solche Infektion zu erleiden. Ein Ursächlichkeitsbeweis wird somit nicht führbar sein.
26Ein Feststellungsanspruch besteht deshalb nicht mehr. Das genannte Risiko ist mit der Höhe des Schmerzensgeldbetrages abgegolten. Sollte sich doch - entgegen den eingeholten Gutachten - noch eine unfallbedingte Gesundheitsschädigung zeigen, so wäre die Klägerin ohnehin (anders als im Falle eines entsprechenden Vergleichsschlusses) nicht gehindert, erneute Klage zu erheben.
27Die Kostenentscheidung folgt aus§ 92 Abs. 1, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus§§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1, 711 ZP0.