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In dem Rechtsstreit A ./. B wird das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 23.10.2023 (5 C 64/23) aufrechterhalten.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung aus diesem Urteil und aus dem Versäumnisurteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung der Kläger Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Beklagte ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger ist Eigentümer einer Einheit im Erdgeschoss des Objektes.
3Mit Beschluss vom 22.05.2023 wurde die Firma M. für den Zeitraum vom 01.06.2023 bis zum 31.12.2023 als Verwalterin der Beklagten gewählt.
4Der Beschluss wurde von dem hiesigen Kläger angefochten (Amtsgericht Bielefeld, Aktenzeichen: 5 C 35/23), u.a. mit der Begründung, die Versammlung, in der die Bestellung erfolgte, sei eigenmächtig durch die Eigentümerin N. L. einberufen worden.
5Am 31.07.2023 fand eine weitere Eigentümerversammlung statt.
6Zu TOP 1 wurde beschlossen, die M. Immobilien GmbH & Co. KG für den Zeitraum vom 01.06.2023 bis zum 31.12.2023 zum Verwalter zu bestellen.
7Zu TOP 2 wurde beschlossen, die M. Immobilien GmbH & Co. KG für den Zeitraum vom 01.01.2024 bis zum 31.12.2024 zur Verwaltung weiterzubestellen.
8Angebote anderer Verwaltungen lagen vor Beschlussfassung nicht vor.
9Der Kläger wurde in der Eigentümerversammlung durch seine Stieftochter vertreten, die jeweils gegen die Bestellungsbeschlüsse stimmte.
10Das Verfahren 5 C 35/23 wurde in der Folgezeit übereinstimmend für erledigt erklärt.
11Der Kläger ist der Auffassung, die Beschlussfassung zu TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 31.07.2023 sei nur unzureichend vorbereitet worden. Es hätten mindestens drei Alternativangebote verschiedener Hausverwaltungen vorliegen müssen.
12Die Verwaltung sei erst im Mai 2023 auf einer, so behauptet der Kläger, nicht ordnungsgemäß einberufenen Versammlung zur Verwalterin gewählt worden.
13Der Kläger behauptet zudem, er habe die Verwaltung schon mehrmals um einen Termin gebeten, um Kopien von alten Protokollen machen zu können. Ein Termin sei nicht zustande gekommen. Offensichtlich sei die Verwaltung mit der Betreuung der Beklagten überfordert.
14Der Kläger sei mit einer Wiederwahl der Verwaltung nicht einverstanden gewesen. Dies sei auch deutlich zum Ausdruck gebracht worden.
15Der Kläger hat beantragt,
16den in der Versammlung am 31.07.2023 unter TOP 2 gefassten Beschluss („Wahl der Fa. M. Immobilien GmbH & Co. KG zum X-Verwalter ab dem 01.01.2024“) für ungültig zu erklären.
17Unter dem 23.10.2023 ist im schriftlichen Vorverfahren antragsgemäßes Versäumnisurteil gegen die Beklagte ergangen.
18Gegen das am 28.10.2023 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.11.2023, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Einspruch eingelegt.
19Der Kläger beantragt,
20das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
21Die Beklagte beantragt,
22das Versäumnisurteil vom 23.10.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
23Die Beklagte ist der Ansicht, es hätte vorliegend keiner drei Angebote bedurft, da es sich um eine Wiederwahl gehandelt habe.
24Das Einholen von Alternativangeboten diene dazu, dass die Eigentümer das Preis-Leistungs-Verhältnis verschiedener Verwalter vergleichen könnten. Das Entgelt sei aber nicht der einzige und auch nicht der wichtigste Gesichtspunkt. Wichtiger sei vielmehr, ob die Eigentümer den Eindruck hätten, dass sie mit dem Verwalter gut zurechtkämen und deshalb an ihm festhalten wollten, selbst, wenn er etwas teurer sein sollte.
25Die Beklagte behauptet, alle übrigen Eigentümer seien mit der Arbeit der Verwalterin sehr zufrieden.
26Entscheidungsgründe:
27Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
28In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg.
29Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 31.07.2023 zu TOP 2 war für ungültig zu erklären, da er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
30Denn es bestand keine ausreichende Grundlage zur Ausübung des den Eigentümern zustehenden Auswahlermessens, da vor der/ bei der Beschlussfassung keine Vergleichsangebote vorlagen.
31Vor Beschlussfassung über die Vergabe kostenpflichtiger Aufträge ab einer bestimmten Größenordnung müssen Vergleichsangebote eingeholt werden. Dies gilt auch bei der Bestellung des Verwalters, da es dabei typischerweise um einen langfristigen Vertrag mit einem hohen Kostenvolumen geht. Das Vorliegen von Vergleichsangeboten mehrerer Verwalter ermöglicht es der Gemeinschaft, Stärken und Schwächen der Leistungsangebote und insbesondere die Angemessenheit der Honorierung zu überprüfen sowie ggf. Erkundigungen über die Bewerber einzuziehen und sich ein Bild darüber zu verschaffen, ob der einzelne Bewerber fachlich geeignet sei (BeckOGK, §26 WEG, Rn.47).
32Zwar ist der Beklagtenseite zuzugestehen, dass es sich vorliegend um eine Wiederwahl des Verwalters handelt, für die grundsätzlich das Einholen von Alternativangeboten nicht erforderlich sein soll.
33Denn das Entgelt, das dem Verwalter für die einzelne Leistung zu zahlen ist, ist nicht der einzige und auch nicht der wichtigste Gesichtspunkt, der bei der Entscheidung über die Bestellung des Verwalters zu berücksichtigen ist. Entscheidend sei vielmehr, ob der in Aussicht genommene Verwalter seiner Aufgabe gerecht wird und ob die Wohnungseigentümer mit ihm auch im Alltag gut zurechtkommen. Es widerspricht daher ordnungsgemäßer Verwaltung nicht, wenn die Wohnungseigentümer an dem amtierenden Verwalter, der seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt und mit dem sie gut zurechtkommen, festhalten, auch wenn er etwas teurer ist als andere Verwalter, die sie noch nicht aus eigenem Erleben kennen. Alternativangebote müssen daher in einem solchen Fall nicht eingeholt werden (BGH NZM 2011, 515 ; bestätigt von BGH NJW 2015, 1378).
34Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn sich etwa der Beurteilungssachverhalt verändert hat (BGH NZM 2011, 515).
35Vorliegend ist aber zu berücksichtigen, dass die amtierende Verwalterin erst etwa zwei Monate vor der hier streitgegenständlichen Eigentümerversammlung erstmals zur Verwalterin bestellt worden war, und zwar für den Zeitraum ab dem 01.06.2023. Sie war also zum Zeitpunkt der hiesigen Beschlussfassung erst 2 Monate im Amt.
36Auch war die Bestellung durch den Kläger angefochten worden, woraufhin ein Zweitbeschluss über die Bestellung der Verwalterin in derselben Versammlung getroffen worden war, in der auch über die Weiterbestellung beschlossen wurde.
37Unter diesen Umständen davon auszugehen, dass Vergleichsangebote entbehrlich waren, weil die Eigentümer mit der bisherigen Arbeit des bekannten und bewährten Verwalters so zufrieden waren, dass dies z.B. auch einen gegenüber anderen Verwaltern höheren Preis rechtfertigen würde, hält das Gericht für nicht angezeigt.
38Denn nach einem Zeitraum von nur zwei Monaten stand den Eigentümern nach Auffassung des Gerichts noch gar kein ausreichender Beurteilungsspielraum zu, um bewerten zu können, ob sie mit der Leistung des Verwalters so zufrieden waren, dass sie an ihm auf jeden Fall festhalten wollten.
39Dass die Verwalterin hier innerhalb dieses kurzen Zeitraum etwa schon so umfangreich tätig geworden wäre und sich hierbei derart bewährt hätte, dass sich hieraus ein besonderes Vertrauen in deren Arbeit ergeben hätte, ist nicht ersichtlich.
40Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §91 I, 708 Nr.11, 711, 709 S.2 ZPO.
41Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
42Rechtsbehelfsbelehrung:
43A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
441. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
452. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
46Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstraße 34, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
47Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
48Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
49Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
50B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Bielefeld, Gerichtstraße 6, 33602 Bielefeld, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
51Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
52Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
53Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
54Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.