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Rechtsstreit A und B ./. C und D:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen die Vollstreckung Seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.
Tatbestand:
2Seit Mai 2014 sind die Beklagten Mieter der im zweiten Obergeschoss gelegenen und aus vier Zimmern bestehenden Wohnung des Hauses K-str. Seit August 2014 sind die Kläger Eigentümer dieses Hausgrundstücks. Die Kläger sind verheiratet und Eltern von zwei unterdessen 17 und 15 Jahre alten Kindern. Mit Schreiben vom 26.05.23 kündigten die Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs des Klägers A und wurden die Beklagten aufgefordert, die Wohnung bis zum 29.02.24 zu räumen und herauszugeben. Wegen des Inhalts der Kündigung im Einzelnen wird auf die mit der Klageschrift als Anlage K2 zur Akte gereichte Kündigung (Bl. 53-71 d.A.) verwiesen. Bereits zuvor, nämlich am 02.11.2018 war den Beklagten wegen Eigenbedarfs der Eltern des Klägers A, am 22.01.21 wegen Eigenbedarfs des Klägers A sowie am 30.04.22 wegen Eigenbedarfs gekündigt worden, zudem im Mai 2020, im November 2020 und im September 2021 wegen behaupteter Vertragsverletzungen der Beklagten. Die Kündigung vom November 2018 wurde sodann wegen des Freiwerdens der im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnung von den Klägern zurückgenommen, die aufgrund der Kündigung vom April 2022 auf Räumung und Herausgabe vor dem AG Bielefeld geführte Klage zurückgenommen, nachdem die Beklagten die Unterzeichnung der Kündigungserklärung auch durch die Klägerin B in Zweifel gezogen hatten. Des Weiteren war der Bewohnerin der Erdgeschosswohnung unter dem 30.04.22 wegen Eigenbedarfs gekündigt worden. Sowohl die Zimmer der Wohnung im Erdgeschoss als auch die der im ersten Obergeschoss gelegenen vermietet der Kläger A zimmerweise an Studenten wobei noch im August 21 mit der Begründung, es liege eine studentische Mietstruktur vor, für ein Zimmer in dem Haus inseriert worden war.
3Am 21.03.24 wurde die auf Räumung und Herausgabe wegen Eigenbedarfs gerichtete Klage den Beklagten zugestellt. Mit Schreiben vom 16.04.24 forderten die Kläger die Beklagten auf, einer Mieterhöhung zuzustimmen und die erhöhte Miete ab dem 01.08.24 zu leisten. Unter dem 30.04.24 haben die Beklagten der Mieterhöhung zugestimmt.
4Die Kläger behaupten, dass sie sich aufgrund Scheidungsantrags vom 29.05.21 im Scheidungsverfahren befinden, der Kläger A aus der bisher gemeinsam genutzten Wohnhaus ausgezogen sei und eine 50 qm große Wohnung übergangsweise bewohne und sie sich auf das sog. Wechselmodell geeinigt haben. Dementsprechend beabsichtige der Kläger A in die gekündigte Wohnung einzuziehen.
5Die Klägerin beantragt
6die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von Ihnen innegehaltene Wohnung der Kläger, gelegen im Haus K-straße, in E, II. Obergeschoss, bestehend aus 4 Zimmern, einer Küche, einem Bad, einer Diele, einem Balkon sowie einem Kellerraum, zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
7Die Beklagte beantragen,
8die Klage abzuweisen.
9Bereits formell sei die Kündigung unwirksam, fehle in dieser doch die Angabe des Immobilienbestands und sei den Beklagten auch kein Alternativwohnraum angeboten worden.
10Entscheidungsgründe:
11Die Klage hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht aus §§ 546 Abs. I, 549 I BGB der Räumungs- und Herausgabeanspruch und gegenüber den Beklagten nicht zu.
12Es konnte dahin gestellt bleiben, ob die Kündigung wirksam erklärt worden war. Aufgrund des Mieterhöhungsschreibens vom 16.04.24 und der unter dem 30.04.24 erklärten Zustimmung zu der begehrten erhöhten Miete wurde nämlich das Mietverhältnis in ein unbefristetes Mietverhältnis geändert.
13Das Mieterhöhungsbegehren stellt eine Willenserklärung, nämlich einen Antrag auf Abschluss eines Änderungsvertrags gem. § 311 Abs. I BGB dar. Mit welchem konkreten ist durch Bestimmung seines Erklärungstatbestands zu ermitteln. Erfolgt das Mieterhöhungsverlangen nach einer vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung ist daher entscheidend, ob ein objektiver Empfänger, der den Inhalt des Angebots des Vermieters auf Erhöhung der Miete und alle sonstigen Umstände kennt, aus dem Verhalten des Vermieters den Schluss auf einen Rechtsbindungswillen auf Fortsetzung des Mietverhältnis zu der erhöhten Miete in unbefristeter Dauer zu ziehen hat (vgl. (LG Köln, Urteil vom 14. März 2019 – 6 S 150/18, MüKo-Artz, BGB, 9. Aufl., § 558b, Rz. 3). Dies ist der Fall.
14Unstreitig wurde die Mieterhöhung zu einem Zeitpunkt erklärt, zu dem die Beklagten bei einer wirksamen Eigenbedarfskündigung die Wohnung bereits hätten räumen und herausgeben müssen. Wollten die Kläger das Mietverhältnis daher weiterhin beenden, hätte es des Mieterhöhungsschreibens auch zur Erlangung einer Miete in ortsüblicher Höhe gar nicht bedurft. Denn war die Kündigung wirksam, so schuldeten die Beklagten seit dem 01.03.24 gar keine Miete mehr, sondern gem. § 546a Abs. I BGB eine Entschädigung. Damit aber können die Kläger bereits seit dem 01.03.24 die vereinbarte oder alternativ die ortsübliche Miete verlangen. Bedurfte es daher bei einer wirksamen Kündigung gar keiner Mieterhöhung so konnte und mussten die Beklagten in der gleichwohl nach Ablauf der Kündigungsfrist erklärten Mieterhöhung nur ein Angebot auf Abschluss eines geänderten, unbefristeten Mietverhältnisses zu der nun erhöhten Miete sehen. Denn in der Erklärung über eine ab August 24 greifende Mieterhöhung ohne jegliche Bezugnahme zu der bereits ausgesprochenen Kündigung kann daher nur die Erklärung gesehen werden, das Mietverhältnis mit der ab August 24 erhöhten Miete unbefristet fortzusetzen. Ein Angebot, welches von den Beklagten unstreitig unter dem 30.04.24 angenommen worden war.
15Ein anderes Verständnis folgt auch nicht daraus, dass zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung die Räumungsklage bereits rechtshängig war. Dass mit der auf Räumung gerichteten Klage der Beendigungswunsch deutlich gemacht worden war ändert nichts daran, dass auch dann sich dieser Wunsch, wie bei einer bereits ausgesprochenen Kündigung, wieder geändert haben kann. An den maßgebenden Umständen der Bestimmung des Erklärungstatbestands der Willenserklärung ändert die bereits zugestellte Klage daher nichts. Hinzu kommt, dass eine Verknüpfung mit einem weiterhin bestehenden Räumungswunsch auch deshalb nicht zwingend naheliegt, weil sich die Kläger bei ihrem Räumungswunsch auch bereits vorgerichtlich von einem anwaltlichen Vertreter vertreten ließen, dies nun aber bei ihrem Mieterhöhungsbegehren dies nicht gemacht haben. Auch dies legt es daher keineswegs fern, dass das Mieterhöhungsschreiben Folge eines Sinneswandels der Kläger ist.
16Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht ist es nach dem bereits Ausgeführten auch nicht so, dass der Vermieter während der Dauer eines auf Räumung gerichteten Verfahrens eine Mieterhöhung nicht aussprechen kann und stets verhindert wäre, für diesen Zeitraum die ortsübliche Miete zu verlangen. Wie bereits ausgeführt ist nach Ablauf der Kündigungsfrist die ortsübliche Miete bereits als Entschädigung für einen fortgesetzten Gebrauch geschuldet. Im Übrigen ist es aber auch ein Leichtes mit der Mieterhöhung zugleich zu erklären oder deutlich zu machen, dass an einer bereits ausgesprochenen Kündigung festgehalten wird und mithin zu erklären, dass die Mieterhöhung unter Fortgeltung der Kündigung verlangt wird.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. I Satz 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.11, 713 ZPO.
18Rechtsbehelfsbelehrung:
19Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
201. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
212. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
22Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Bielefeld, Niederwall 71, 33602 Bielefeld, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
23Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.
24Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
25Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
26Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
27Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
28Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.