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Landgericht Arnsberg, I-2 O 244/22

Datum:
15.08.2024
Gericht:
Landgericht Arnsberg
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 O 244/22
ECLI:
ECLI:DE:LGAR:2024:0815.I2O244.22.00
 
Leitsätze:

1. Aus dem Gesamtzusammenhang des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB mit anderen Bestimmungen zu dem Beginn der Widerrufsfrist ergibt sich, dass der Vertragsschluss nur den frühestmöglichen Zeitpunkt des Fristbeginns darstellt, da sämtlichen gesetzlichen Sonderregelungen zu Satz 2 gemein ist, dass sie den Beginn der Frist gegenüber dem Regeltermin (Vertragsschluss) bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen hinausschieben. Es ist mit Blick auf den verbraucherschützenden Zweck des Widerrufsrechts nicht ersichtlich, warum der Unternehmer dem Verbraucher nicht vertraglich einen späteren Fristbeginn einräumen können sollte.

2. Die Bedeutung einer Geschäftsbedingung, die den Vertragsschluss trotz ausdrücklicher Vertragserklärungen während eines Aufmaßtermins von einer schriftlichen Auftragsbestätigung abhängig macht, ist nicht in der Bestimmung des Zeitpunkts des Vertragsschlusses, sondern dem sich aus ihr für den Verbraucher ergebenden Vertrauensschutz für die Abgabe seiner Widerrufserklärung zu sehen. Insofern ist maßgeblich, von welchem Fristende ein Kunde der Klägerin ausgehen durfte, der nach Vertragsschluss, Aufmaßnahme und Auftragsbestätigung die Ausübung des Widerrufsrechts unter Kenntnisnahme der Geschäftsbedingungen erwog.

3. Für die Bemessung der Wertersatzpflicht gemäß § 357a Abs. 2 Satz 1 BGB bei dem Widerruf eines Treppenliftvertrages müssen sach- und dienstleistungsbezogene Tätigkeiten des Werkunternehmers unterschieden werden. Für die Höhe des nach einem Widerruf geschuldeten Wertersatz kann nicht wie bei der Kündigung eines Werkvertrages maßgebend sein, welche Leistungen der Werkunternehmer überhaupt bereits erbracht hat. Denn der Widerruf ist auf die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses und anders als eine Kündigung nicht nur seine Beendigung ex nunc gerichtet.

4. Es ist aus mehreren Gründen richtig, dass die Wertersatzpflicht des Verbrauchers bei einem Werkvertrag nur diejenigen Leistungen erfasst, die er dem Unternehmer nicht gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB und § 357 Abs. 1 BGB sachlich zurückgewähren kann. Dafür müssen Leistungen des Werkunternehmers, die sich in einer zurückgewährbaren Sache materialisiert haben, von Leistungen mit vor allem planerischem Charakter unterschieden werden, die dem Werkunternehmer nicht zurückgewährt werden können und daher wertersatzpflichtig sind.

 
Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.385,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.09.2022 sowie weitere 453,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2022 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 
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