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Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 08.02.2024 gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Arnsberg. vom 05.02.2024 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
Der Beschwerdewert wird auf 192,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Für den Betroffenen, welcher in einer Pflegeeinrichtung lebt, ist eine gesetzliche Betreuung eingerichtet. Die Beteiligte zu 2.) führte seit einem nach dem 01.01.2020 liegenden Zeitpunkt beruflich Betreuungen und wurde dem Betroffenen zuletzt mit Beschluss des Amtsgerichts vom 10.08.2022 zur Betreuerin für die Aufgabenkreise Behördenangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten und Wohnungsangelegenheiten bestellt.
4Die Beteiligte zu 2.) absolvierte eine Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten. Ferner absolvierte sie zwischen dem 01.12.2019 und 31.03.2020 ein Praktikum bei einer Berufsbetreuerin in L.. Zwischen Februar 2020 und November 2021 absolvierte sie einen Fernkurs für zertifizierte Vereins- und Berufsbetreuer absolviert, welcher ohne Abschluss endete.
5Mit Anträgen vom 03.04.2023 und 03.07.2023 machte die Beteiligte zu 2.) ihre Vergütung für den Zeitraum vom 01.01.2023 bis 30.06.2023 geltend. Sie beantragte die Festsetzung der Vergütung in Höhe von jeweils 62,00 € pro Monat. Dabei legte sie ihrer Berechnung die Vergütungstabelle A zum VBVG zugrunde. Die Beträge wurden im vereinfachten Verfahren antragsgemäß in Höhe von insgesamt 372,00 € ausgezahlt.
6Mit Schreiben vom 11.09.2023 vertrat die Beteiligte zu 2.) die Auffassung, dass sie berechtigt sei, nach Vergütungstabelle B abzurechnen. Sie übermittelte entsprechend angepasste Vergütungsfestsetzungsanträge und bat um Auszahlung der entsprechenden Differenzbeträge im Verwaltungsweg. Sie machte dabei eine Pauschale von 78,00 € monatlich geltend. Auch insoweit erfolgte im vereinfachten Verfahren die Auszahlung eines Differenzbetrages von 96,00 €.
7Die Beteiligte zu 2.) beantragte mit weiteren Anträgen vom 02.10.2023 und 02.01.2024 die Festsetzung ihrer Vergütung für den Zeitraum vom 01.07.2023 bis zum 31.12.2023. Dabei machte sie jeweils eine Vergütung nach Vergütungstabelle B zum VBVG in Höhe von monatlich 78,00 € geltend. Die Beträge wurden wiederum im vereinfachten Verfahren angewiesen.
8Mit Schreiben vom 09.01.2024 beantragte der Beteiligte zu 3.) die Festsetzung der Vergütung durch förmlichen Beschluss auf 744,00 € für den Zeitraum zwischen dem 01.01.2023 und dem 31.12.2023. Zur Begründung führte er aus, dass seiner Auffassung nach Vergütungsstabelle A zu § 4 VBVG a.F. einschlägig sei. Die Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten vermittle jedenfalls nicht im Kernbereich Kenntnisse, die zur Führung der Betreuung nutzbar seien.
9Mit Beschluss vom 05.02.2024 hat das Amtsgericht die Vergütung der Beteiligten zu 2.) für den Zeitraum zwischen dem 01.01.2023 und 31.12.2023 auf 744,00 € festgesetzt und festgestellt, dass von der Beteiligten zu 2.) überzahlte Beträge in Höhe von 192,00 € zurückzuzahlen sind. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Beteiligte zu 2.) erstmals nach dem 01.01.2020 Betreuungen führe und noch keinen Sachkundenachweis beigebracht habe. Es sei daher eine Vergütung nach Vergütungstabelle A zu § 4 VBVG a.F. festzusetzen. Schließlich hat das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen.
10Gegen den Beschluss vom 05.02.2024 wendet sich die Beteiligte zu 2.) und Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 08.02.2024. Zur Begründung führt sie aus, dass sie eine Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten erfolgreich absolviert und vor ihrer Tätigkeit als Betreuerin zwischen dem 01.12.2019 und 31.03.2020 ein Praktikum bei einer Berufsbetreuerin in L. wahrgenommen habe. Ferner habe sie zwischen Februar 2020 und November 2021 einen Fernkurs für zertifizierte Vereins- und Berufsbetreuer absolviert, allerdings ohne Abschluss.
11Die Beteiligte zu 2.) legte ferner ein Schreiben der Stadt L. vom 05.02.2024 vor, ausweislich dessen sie auf ihren Antrag vom 02.02.2024 als berufliche Betreuerin gemäße §§ 23, 24 BtOG als berufliche Betreuerin registriert war.
12Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15.02.2024 nicht abgeholfen und sie dem Landgericht – Beschwerdekammer – Arnsberg zur Entscheidung vorgelegt. In der Beschwerdeinstanz ist den Beteiligten erneut Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Der Beteiligte zu 3.) hat mit Schreiben vom 01.03.2024 sein Vorbringen vertieft. Im Hinblick auf die nunmehr erfolgte Registrierung der Beteiligten zu 2.) sei diese für die hier gegenständlichen Vergütungsansprüche unerheblich. Ferner seien weder das absolvierte Praktikum noch der Fernkurs geeignet, einen Anspruch nach Vergütungstabelle B zu § 4 VBVG a.F. zu begründen. Die Beteiligte zu 2.) und Beschwerdeführerin hat, nunmehr anwaltlich vertreten, mit Schreiben vom 08.03.2024 und 19.03.2024 weiter dazu ausgeführt, dass sie neben einer abgeschlossenen Berufsausbildung ein Praktikum bei einer Berufsbetreuerin absolviert habe. Ferner habe sie schriftlich um "Genehmigung" ihrer Vergütungsanträge nach Vergütungstabelle B gebeten. Diese sei ihr erteilt worden, da die Differenzbeträge gezahlt worden seien und im Anschluss von vornherein nach Vergütungstabelle B abgerechnet worden sei. Sie dürfe sich darauf verlassen, die ausgezahlten Gelder zu behalten.
13II.
14Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
15Zu Recht hat das Amtsgericht die von der Beschwerdeführerin beantragte Vergütung für den Zeitraum 01.01.2023 bis zum 31.12.2023 auf 744,00 € festgesetzt.
161.
17Gemäß § 19 Abs. 1 VBVG gilt für berufliche Betreuer, die bis einschließlich zum 01.01.2023 seit weniger als drei Jahren berufliche Betreuungen führen, § 4 Abs. 2 bis 4 VBVG in der bis einschließlich 31.12.2022 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.), bis sie ihre Sachkunde nach § 32 Abs. 2 S. 2 BtOG gegenüber der Stammbehörde nachgewiesen haben. Die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 bis 4 VBVG a.F. dauert dabei bis zum Abschluss des Registrierungsverfahrens an (vgl. Touissant, KostenR, 53. Aufl. 2023 – Felix, § 19 VBVG Rn. 23). Dies trifft auf die Beteiligte zu 2.) zu, da diese erstmals nach dem 01.01.2020 und damit im hier gegenständlichen Zeitraum weniger als drei Jahre beruflich Betreuungen führte. Das sie betreffende Registrierungsverfahren wurde ausweislich des vorgelegten Schreibens der Stadt L. erst am 05.02.2024 abgeschlossen.
18Nach § 4 Abs. 2 VBVG a.F. bestimmt sich die Vergütung des Betreuers nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind. Eine Vergütung nach Vergütungstabelle B ist dann anzusetzen, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung von Betreuungen nutzbar sind und wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Berufsausbildung erworben sind, § 4 Abs. 3 Nr. 1 VBVG a.F.
19Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind Fachkenntnisse, die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen (BGH, Beschl. v. 18.01.2012, Az.: XII ZB 461/10 m.w.N.). Durch eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare Ausbildung sind die für die Betreuung nutzbaren Kenntnisse erworben, wenn der Kernbereich der Ausbildung auf die Vermittlung dieser Kenntnisse gerichtet ist und das dadurch erworbene Wissen über ein Grundwissen deutlich hinausgeht (vgl. BGH, Beschl. v. 10.02.2021, Az.: XII ZB 158/20 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 15.07.2015, Az.: XII ZB 123/14 m.w.N.). Der Kernbereich einer Ausbildung ist auf die Vermittlung besonderer Kenntnisse ausgerichtet, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet ist (BGH, Beschl. v. 25.03.2015, Az.: XII ZB 558/14). Besondere Kenntnisse im Sinne des § 4 VBVG a.F. sind Fachkenntnisse, die über das jedermann zu Gebote stehende Fachwissen deutlich hinausgehen, wobei derartige Fachkenntnisse grundsätzlich nicht durch bloße Lebenserfahrung erworben werden und angesichts der Anforderungen an Berufsbetreuer insbesondere juristische, steuerliche, wirtschaftliche, medizinische, psychologische oder sozialpädagogische Kenntnisse betreffen sollen (LG Stendal, Beschl. v. 20.03.2006, Az.: 25 T 199/05).
202.
21Nach den vorgenannten Grundsätzen hat die Beteiligte zu 2.) keine Ausbildung absolviert, welche ihr für die Führung von Betreuungen nutzbare Kenntnisse vermittelt haben, die im vorliegenden Fall eine Vergütungsfestsetzung nach der Vergütungstabelle B zu § 4 VBVG a.F. rechtfertigen könnten.
22Worauf der Beteiligte zu 3.) zutreffend hinweist, sind zwar gemäß § 4 Ziff. 4, 6, 7 und 13.1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Tiermedizinischen Fachangestellten/zur Tiermedizinischen Fachangestellten Kommunikation, Betriebsorganisation, -verwaltung sowie Abrechnung und Erste Hilfe beim Menschen Ausbildungsinhalt. Nach Anlage 2 zu § 5 der vorgenannten Verordnung handelt es sich hierbei jedoch um Ausbildungsinhalte, die zumeist im Zusammenhang mit anderen, schwerpunktmäßig zu vermittelnden Inhalten Teil der Ausbildung sind und nur in einem begrenzten Ausbildungszeitraum von bis zu sechs Monaten (von 36 Monaten) den Schwerpunkt der Ausbildung bilden (vgl. lit. B Abs. 4). Hingegen handelt es sich ausweislich lit. A dieser Anlage bei den Bereichen Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, Umweltschutz und Assistenz bei der tierärztlichen Diagnostik und den damit zusammenhängenden Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten um diejenigen Ausbildungsinhalte, welche während der gesamten Ausbildungszeit zu vermitteln sind. Bei diesen handelt es sich jedoch erkennbar nicht um solche Ausbildungsinhalte, welche für die Führung von Betreuungen nutzbar sind. Die eingangs genannten Ausbildungsinhalte, auf welche auch der Beteiligte zu 3.) Bezug nimmt, bilden demgegenüber weder den Kernbereich der Berufsausbildung, noch ist ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solcher Kenntnisse gerichtet.
23Etwas anderes folgt auch nicht aus dem bei einer Berufsbetreuerin absolvierten Praktikum. Ein solches ist nicht mit einer abgeschlossenen Lehre bzw. einer vergleichbaren abgeschlossenen Berufsausbildung im Sinne des § 4 Abs. 3 VBVG a.F. vergleichbar, insbesondere im Hinblick auf die Dauer und Intensität (vgl. LG Chemnitz, Beschl. v. 26.07.2002, Az.: 11 T 4432/01). Ferner ist Voraussetzung einer abgeschlossenen Lehre oder vergleichbaren Ausbildung im Sinne des § 4 Abs. 3 VBVG a.F., dass sie mit einer (staatlich reglementierten/anerkannten) Abschlussprüfung endet (MüKo BGB, 8. Aufl. 2020 – Fröschle, § 4 VBVG a.F. Rn. 15), sodass auch aus diesem Grund eine Vergleichbarkeit des von der Beteiligten zu 2.) absolvierten Praktikums ausscheidet.
24Demnach kann eine höhere Vergütung auch nicht verlangt werden, nachdem die Beteiligte zu 2.) einen Fernkurs für zertifizierte Vereins- und Berufsbetreuer absolvierte. Dieser endete nach ihren eigenen Ausführungen ohne Abschluss. Ohnehin genügen Fort- und Weiterbildungslehrgänge regelmäßig nicht den Anforderungen an eine abgeschlossene Ausbildung. Gleiches gilt etwa auch für die Teilnahme an einem Zertifikationskurs für Berufsbetreuer (MüKo BGB, 8. Aufl. 2020 – Fröschle, § 4 VBVG a.F. Rn. 20 m.w.N.). Qualifikationen, welche auf Berufserfahrung oder Fortbildungsmaßnahmen beruhen, wirken sich nicht vergütungserhöhend aus. Denn § 4 VBVG a.F. knüpft allein an den typisierten Ausbildungsgang an. Vor diesem Hintergrund kann es auch nicht zu einer Gesamtbetrachtung kommen, welche zu einer Vergleichbarkeit mehrerer Aus- und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt mit einer abgeschlossenen Ausbildung im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 VBVG a.F. führen könnte (vgl. BGH, Beschl. v. 18.01.2012, Az.: XII ZB 409/10).
253.
26Schließlich begegnet auch die nachträgliche Herabsetzung der Vergütung der Beteiligten zu 2.) zum Zwecke der Rückforderung überzahlter Beträge keinen Bedenken. Insbesondere sprechen keine Vertrauensschutzgesichtspunkte gegen die Festsetzung.
27Im Verfahren über die Festsetzung der Betreuervergütung nach § 292 FamFG ist das Gericht nicht an eine vorherige Festsetzung und Auszahlung der Betreuervergütung im vereinfachten Justizverwaltungsverfahren gebunden. Es kann diese über- oder unterschreiten (BGH, Beschl. v. 06.11.2013, Az.: XII ZB 86/13; Beschl. v. 13.11.2019, Az.: XII ZB 106/19).
28Der (Neu-)Festsetzung der Betreuervergütung, welche die Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge hätte, kann im Einzelfall zwar der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig ist. Dies ist dann der Fall, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage Vorrang einzuräumen ist. Vertrauensschutzgesichtspunkte sind bereits im Rahmen der Festsetzung der Vergütung zu prüfen, da mit der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung der Rechtsgrund für die Rückforderung zuviel ausgezahlter Beträge geschaffen wird (BGH, Beschl. v. 06.07.2016, Az.: XII ZB 493/16).
29Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. So ist erkennbar kein derart langer Zeitraum vergangen, dass unter Anwendung der in § 20 Abs. 1 GNotKG zum Ausdruck kommenden Wertung das Kosteninteresse der Staatskasse zurücktreten müsste. Ebenso ergibt sich nichts anderes aus dem Umstand, dass die Vergütung bereits im vereinfachten Verwaltungsverfahren festgesetzt und ausgezahlt worden ist. Denn aus einer solchen vereinfachten Festsetzung kann ein weitergehender Vertrauensschutz nicht hergeleitet werden (vgl. BGH, Beschl. v. 13.11.2019, Az.: XII ZB 106/19). Vor diesem Hintergrund kann darin auch keine "Genehmigung" der beantragten Vergütung gesehen werden, welche die im vereinfachten Verwaltungsverfahren festgesetzte Vergütung einer nachträglichen Kontrolle entziehen könnte.
304.
31Nach alledem war, da der Betroffene in dem hier gegenständlichen Zeitraum mittellos war und in einer stationären Einrichtung oder gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform lebte, die monatliche Fallpauschale entsprechend dem angefochtenen Beschluss nach Tabelle A Nr. 5.1.1 mit monatlich 62,00 € festzusetzen.
32III.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
34Es besteht kein Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde, da die Voraussetzungen nach § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.
35Rechtsbehelfsbelehrung:
36Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben. Die Entscheidung ist rechtskräftig.