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Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Antragstellerin vom 26.07.2023 wird die Kostenberechnung vom 22.03.2022 über 760,70 € (Nr. XXXXXX1) bestätigt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin beurkundete für die Antragsgegner unter dem 16.03.2022 in einer Urkunde eine Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung und Betreuungsverfügung (UVZ Nr. XXX/2022). Die Antragsgegner erteilten sich darin gegenseitig umfassende Vollmachten unter Befreiung der gesetzlichen Beschränkungen des § 181 BGB. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Urkunde vom 16.03.2022 (Bl. 9 bis 17 d.A.) Bezug genommen.
4Unter dem 22.03.2022 stellte die Antragstellerin den Antragsgegnern einen Betrag in Höhe von 760,70 € in Rechnung (Nr. XXXXXX1). Hierbei setzte sie für die Vollmachtserteilung jeweils einen Geschäftswert von 125.000,00 € und für die Patientenverfügung jeweils 12.500,00 € an, mithin einen Gesamtgeschäftswert von 275.000,00 €. Aus diesem Geschäftswert berechnete sie eine Gebühr nach KV Nr. 21200 GNotKG in Höhe von 585,00 €. Ferner setzte sie eine Dokumentenpauschale in Höhe von 7,35 € (KV Nr. 32001 GNotKG) sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 € (KV Nr. 32005 GNotKG) an. Zuzüglich der Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (116,35 €) sowie Aufwendung für die Registrierung im Vorsorgeregister (KV Nr. 32015 GNotKG) in Höhe von 32,00 € ergab sich der vorgenannte Rechnungsbetrag.
5Mit Schreiben vom 14.07.2023 wies der Beteiligte zu 3.) die Antragstellerin im Anschluss an eine Geschäftsprüfung an, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen, da umstritten sei, ob bei der gegenseitigen Erteilung von Generalvollmacht nebst Betreuungs- und Patientenverfügung durch Ehegatten eine Zusammenfassung mehrerer Beurkundungsgegenstände ohne sachlichen Grund vorläge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beteiligten zu 3.) vom 14.07.2023 Bezug genommen (Bl. 24 bis 25 d.A.).
6Die Antragstellerin kam dieser Weisung mit Schreiben vom 26.07.2023 nach und legte eine Ablichtung der Urkunde, der Kostenrechnung und des Schreibens des Beteiligten zu 3.) vor.
7Der Antrag ist zunächst den Antragsgegner und sodann dem Beteiligten zu 3.) mitsamt der Handakte der Antragstellerin zur Stellungnahme übersandt worden. Zu der hierauf erfolgten Stellungnahme des Beteiligten zu 3.) vom 19.09.2023 ist den weiteren Beteiligten rechtliches Gehör gewährt worden.
8II.
9Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß §§ 127 Abs. 1, 130 Abs. 2 GNotKG statthaft und zulässig. Er führt indes zu keiner Aufhebung oder Abänderung der gegenständlichen Kostenrechnung.
101.
11Die überprüfte Kostenrechnung ist rechnerisch nicht zu beanstanden und entspricht dem Zitiergebot des § 19 Abs. 2 und 3 GNotKG.
122.
13Die Notargebühren sind in der geltend gemachten Höhe entstanden.
14In Literatur und Rechtsprechung ist es umstritten, ob bei der gemeinsamen Beurkundung von Generalvollmachten nebst Betreuungs- und Patientenverfügung durch Ehegatten eine Zusammenfassung mehrerer Beurkungsgegenstände ohne sachlichen Grund im Sinne des § 93 Abs. 2 GNotKG vorliegt.
15Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass in einem solchen Fall stets eine Zusammenfassung mehrerer Beurkundungsgegenstände ohne sachlichen Grund vorliege (BeckOK KostenR, 44. Ed. Stand: 01.01.2024 – Bachmayer, § 93 GNotKG Rn. 47 f., § 98 GNotKG Rn. 99; Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl. 2022 – Diehn, § 93 GNotKG Rn. 37). Ein Verknüpfungswille sei zweifelhaft. Die Errichtung nur einer Urkunde führe aufgrund der zweifelhaften alleinigen Widerrufsmöglichkeiten sowie der fehlenden getrennten Ausfertigungen zum Vollmachtsnachweis überwiegend zu Nachteilen (Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl. 2022 – Diehn, § 93 GNotKG Rn. 37; Toussaint, KostenR, 53. Aufl. 2023 – Uhl, § 93 GNotKG Rn. 5).
16Insoweit einschränkend wird vertreten, dass der rechtliche Verknüpfungswille jedenfalls dann zu verneinen sei, wenn die Vollmachten nicht mit wechselseitigen Verfügungen in letztwilligen Verfügungen vergleichbar seien, also nicht miteinander stehen und fallen sollen. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn jede der Vollmachten unabhängig voneinander jederzeit frei widerruflich sein soll (LG Düsseldorf, Beschl. v. 07.06.2021, Az.: 25 OH 9/19; Beschl. v. 28.06.2023, Az.: 19 OH 8/22).
17Demgegenüber wird vertreten, dass allein dadurch, dass sich Ehegatten wechselseitig Vollmacht erteilen, der rechtliche Verknüpfungswille nach § 93 Abs. 2 S. 2 GNotKG vorliege, sodass ein sachlicher Grund für die Zusammenbeurkundung vorliege (Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes KostenR, 3. Aufl. 2021 – Klaus Macht, § 93 GNotKG Rn. 18; Münch, FamilienR in der Notar- und Gestaltungspraxis 4. Aufl. 2023 – Wudy, § 21 Rn. 122).
18Die Kammer schließt sich für die vorliegende Fallgestaltung der letztgenannten Auffassung an.
19Das von der erstgenannten Auffassung vorgebrachte Argument, die Beurkundung gegenseitig erteilter Vollmachten in einer Urkunde sei im Hinblick auf den Vollmachtsnachweis nachteilhaft, verfängt jedenfalls hier nicht, da ausweislich der Handakte der Antragstellerin beiden Antragsgegner jeweils eine Ausfertigung der Urkunde erteilt worden ist. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass im Falle eines (einseitigen) Widerrufs der Vollmacht durchaus Schwierigkeiten in der praktischen Handhabung eines solchen Falls auftreten können. Allerdings sind an den Verknüpfungswillen im Sinne des § 93 Abs. 2 S. 2 GNotKG keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Denn bei § 93 Abs. 2 S. 1 GNotKG handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der dem Missbrauch gestalterischer Möglichkeiten im Beurkundungsverfahren zur Kostenreduzierung vorbeugen soll (BT-Drs. 17/11471, 179 f.). Die ausdrückliche Nennung der beiden Varianten in § 93 Abs. 2 S. 2 GNotKG soll aber nicht dem Ausnahmecharakter des § 93 Abs. 2 S. 1 GNotKG entgegenstehen (vgl. BT-Drs. 17/11471, 180). Es handelt sich also – auch in Anbetracht der Formulierung "insbesondere" – bei den genannten Varianten lediglich um Regelbeispiele.
20Nach diesen Grundsätzen kann nach Auffassung der Kammer ein sachlicher Grund für die Beurkundung mehrerer Beurkundungsgegenstände in einer Urkunde bereits dann angenommen werden, wenn sich – wie hier – Eheleute wechselseitige Vorsorge- und Generalvollmachten erteilen, ohne dass es auf eine Vergleichbarkeit mit wechselseitigen Verfügungen in letztwilligen Verfügungen ankäme. Vorliegend sind zudem weder ein etwaiger Missbrauchswille noch das Begehren der Antragsgegner, eine möglichst einfach handhabbare Widerruflichkeit der Vollmachten zu ermöglichen, erkennbar.
213.
22Die Kostenrechnung der Antragstellerin vom 22.03.2022 über 760,70 € (Nr. XXXXXX1) war demnach zu bestätigen.
23III.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG.
25Rechtsbehelfsbelehrung:
26Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist bei dem Landgericht Arnsberg, Brückenplatz 7, 59821 Arnsberg schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
27Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
28Die Beschwerde muss spätestens innerhalb von einem Monat bei dem Landgericht Arnsberg eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
29Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
30Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
31Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.