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Der Angeklagte ist wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge rechtskräftig verurteilt und wird daraufhin zu einer Jugendstrafe von
9 Jahren
verurteilt.
Von der Auferlegung von Kosten und Auslagen auch der Kosten des Rechtsmittels der Revision wird abgesehen.
Angewendete Vorschriften: §§ 211 Abs. 2, 251, 52 StGB, 1, 3 JGG
G r ü n d e:
2I.
3Gegen den Angeklagten wurde durch die Staatsanwaltschaft K. unter dem 30.01.2023 Anklage zur Jugendkammer des Landgerichts K. erhoben.
4Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts K. als Jugendkammer verurteilte den Angeklagten daraufhin mit Urteil vom 22.06.2023 (Az. II - 2 KLs 4/23).
5Der Angeklagte wurde wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt.
6Der Angeklagte legte gegen das Urteil Revision ein.
7Der Bundesgerichtshof hob mit Beschluss vom 13.03.2024 (Az. 4 StR 448/23) das Urteil des Landgerichts K. vom 22.06.2023 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf. Die weiter gehende Revision wurde verworfen und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
8II.
9Mit der Aufhebung des Urteils der 2. Großen Strafkammer im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen ist hinsichtlich des nicht beanstandeten Schuldspruchs Teilrechtskraft eingetreten. Die Feststellungen, die ausschließlich die Schuldfrage betreffen, und solche, die als doppelrelevante Umstände zugleich für Schuld- und Straffrage von Bedeutung sind, bleiben aufrechterhalten und sind für das weitere Verfahren bindend (BGH, Beschluss vom 21. März 2017 – 5 StR 81/17 –, Rn. 5, juris).
10Ausgehend hiervon hat die neuerliche Hauptverhandlung zu den nachfolgenden Feststellungen geführt:
111.
12Der Angeklagte wurde am 00.00.0000 in A. geboren. Seine Eltern waren verheiratet, trennten sich aber bereits im Jahr 2008. Ein Jahr später erfolgte die Scheidung der Ehe. Der Angeklagte ist das einzige gemeinsame Kind seiner Eltern. Aus weiteren Beziehungen seiner Mutter hat er drei Halbgeschwister. Nach der Trennung seiner Eltern verblieb der Angeklagte zunächst im Haushalt seiner Mutter, wo es zu häuslicher Gewalt und einer Vernachlässigung des Angeklagten kam. Zum Vater bestand stets Kontakt. Nachdem es zu weiteren Schwierigkeiten im Zusammenleben gekommen war, wohl aufgrund einer Ablehnung des Angeklagten durch den neuen Lebensgefährten der Mutter, aber auch wegen schwierigen Verhaltens des Angeklagten, der sich in der neuen Familie seiner Mutter ausgegrenzt fühlte, zog der Angeklagte im Jahr 2013 in den Haushalt des Vaters und dessen neuer Lebensgefährtin, der Zeugin I. N.. Der Angeklagte fühlte sich von seiner Mutter rausgeworfen, da diese ihn mit samt seinen Sachen und Spielzeugen vor die Tür gesetzt hatte, wo er darauf warten musste, bis sein Vater ihn abholte. Aufgrund dieses Vorfalls sprach das Jugendamt gegenüber der Mutter des Angeklagten ein Kontaktverbot aus, sodass der Angeklagte viele Jahre keinen Kontakt zu seiner Mutter hatte. Im Zusammenhang mit dem Umzug kam es zu psychischen Problemen, die in einer mehrmonatigen ambulanten therapeutischen Beratung und einer sechswöchigen Kur behandelt wurden.
13Der Vater des Angeklagten ist gelernter Speditionskaufmann, aber krankheitsbedingt frühberentet und in einem Minijob tätig. Die Zeugin N. ist bei einem Reinigungsunternehmen beschäftigt. Die Familie, zu der auch ein 16 Jahre alter Sohn aus einer früheren Beziehung der Zeugin N. gehört, lebt in einem Reihenhaus im V.. Der Angeklagte wohnte hier bis zu seiner Inhaftierung im Herbst 2022.
14Die schulische Entwicklung des Angeklagten verlief nicht gradlinig. Nach der Grundschule – zunächst in A. und nach dem Umzug in T. – besuchte er die Gesamtschule in T.. Im Jahr 2017 erfolgte ein Wechsel auf die L.-Schule in M., eine Förderschule mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung. Zwei Jahre später konnte er auf eine Regelschule zurückkehren. An der Gesamtschule in T. begann der Angeklagte mit der Wiederholung der achten Klasse. Nach einem halben Jahr wurde der Angeklagte disziplinarisch der Schule verwiesen. Nach seinen Angaben sei ihm von Mitschülern etwas angehängt worden. Während seiner Schulzeit hatte der Angeklagte immer wieder Probleme mit Aggressionen umzugehen. Zwischen dem Sommer 2020 und April 2021 erhielt der Angeklagte insgesamt 35 Therapiestunden bei der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin H. E. in R.. Dort bearbeitete er unter anderem den Umgang mit seiner Biografie und seinen Aggressionen. Der Angeklagte besuchte zwischenzeitlich die Hauptschule R.. Ende 2021 wurde er als Schüler der zehnten Klasse wegen des Vorwurfs der Sachbeschädigung von der Schule verwiesen. Der Angeklagte stellte erneut etwaige Regelverstöße in Abrede. Bis zum Sommer 2022 besuchte er die Jungarbeiterklasse des C.-Berufskollegs in T., die er ohne Abschluss verließ. Vorübergehend übte er im Frühjahr 2022 eine Nebenbeschäftigung als Pflegehelfer in einem Altenheim aus mit der Aussicht, ab Sommer 2022 dort eine Ausbildung zu beginnen. Die Tätigkeit endete jedoch noch vor dem Beginn der Ausbildung. Nach seinen Angaben habe ihm die Arbeit dort zunächst viel Freude bereitet, später habe ihn der Tod ihm persönlich bekannter Bewohner belastet. Es bestand der Verdacht, der Angeklagte habe Arbeitskollegen und Heimbewohner bestohlen. Ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren wurde jedoch gemäß § 170 Abs. 2 StPO von der Staatsanwaltschaft K. eingestellt, da ein Tatnachweis nicht geführt werden konnte. Nach den Angaben des Angeklagten beruhte die Entlassung darauf, dass er aufgrund eines Dienstplanfehlers nicht zur Arbeit erschienen sei.
15Der Angeklagte entfaltete ab dem Sommer 2022 keine weiteren Bemühungen, einen Schulabschluss zu erlangen. Eine Schule besuchte er nicht mehr. Anfang September
16arbeitete er als Helfer in einer Gießerei in R. D.. Das Beschäftigungsverhältnis wurde nach etwa zwei Wochen aufgelöst, da der Betrieb mit der Arbeitsleistung des Angeklagten nicht zufrieden war. Im häuslichen Zusammenleben kam es zu Konflikten, da der Angeklagte nunmehr häufig bis mittags im Bett blieb und in den Tag hineinlebte. Zuvor hatte der Angeklagte ein freundschaftliches Verhältnis zu seinem Vater, aufgrund der zunehmenden Konflikte distanzierte sich der Angeklagte aber immer weiter von seiner Familie.
17Der Konsum illegaler Betäubungsmittel wirkte sich zeitweise auf die soziale, schulische und berufliche Situation des Angeklagten aus. Nach seinen Angaben kam der Angeklagte erstmals mit Cannabis im Alter von etwa zwölf Jahren in Kontakt, wobei sich ein regelmäßiger Konsum im Alter von etwa 14 Jahren, ein täglicher Konsum im Alter von 16 Jahren, einstellte. Insbesondere in den letzten Monaten vor der Inhaftierung verbrauchte der Angeklagte bis zu 5 g Cannabis pro Tag. Einhergehend mit seinem Lebensstil nach dem Verlust seiner Arbeitsstellen erhöhte sich in dieser Phase auch der Konsum. Dabei gelang es ihm, an einzelnen Tagen, insbesondere, wenn er praktische Fahrstunden hatte, abstinent zu bleiben. Gelegentlich, insbesondere anlässlich von Partys, nahm der Angeklagte auch aufputschende Drogen wie Kokain, Ecstasy, MDMA und Amphetamine ein. Darüber hinaus kam es auch zum Missbrauch von Medikamenten.
18Seit dem Herbst 2021 erwog der Angeklagte, der seinen zunehmenden Betäubungsmittelkonsum einem ungünstigen Freundeskreis zuschrieb, einen Umzug in den mütterlichen Haushalt nach X., um dort einen Neuanfang zu wagen. Insoweit bemühte sich seine Mutter um einen Platz für ihn in einer Berufsfindungsmaßnahme in U., die im Herbst 2022 beginnen sollte. Letztlich verblieb der Angeklagte noch im Haushalt des Vaters, um seine in T. begonnene Führerscheinausbildung abschließen zu können.
19Der Angeklagte ist bereits wegen mehrerer jugendtypischer Verfehlungen mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Der Auszug aus dem Bundeszentral- und Erziehungsregister vom 05.07.2024 enthält vier Eintragungen:
20Am 23.06.2020 stellte das Amtsgericht T. ein Verfahren wegen Beleidigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung nach § 47 JGG ein. Am 24.02.2021 sah die Staatsanwaltschaft K. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis von der Verfolgung nach § 45 Abs. 2 JGG ab. Das Amtsgericht T. stellte am 19.08.2021 ein Verfahren wegen gemeinschaftlichen Diebstahls nach § 47 JGG ein. Die Staatsanwaltschaft K. sah am 19.11.2021 von der Verfolgung wegen eines weiteren Diebstahls nach § 45 Abs. 1 JGG ab.
21Der Angeklagte ist in dieser Sache am 22.10.2022 im Klinikum P., wo er wegen der Folgen des hier noch gegenständlichen Verkehrsunfalls behandelt wurde, vorläufig festgenommen worden. Er befindet sich in dieser Sache in Untersuchungshaft seit dem 23.10.2022 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts G. vom selben Tag (711 Gs 215/22). Die Aufnahme erfolgte zunächst im Justizvollzugskrankenhaus S.. Am 28.10.2022 erfolgte die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt O.. Seit dem 07.11.2022 wird die Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Y. vollzogen.
22Gegenüber den Bediensteten dort tritt der Angeklagte höflich und freundlich auf. Zumeist hält er sich an vollzugliche Regeln, gelegentlich kam es zu kleineren Verstößen gegen die Hausordnung. Im Rahmen von Beschäftigung und Freizeit besuchte der Angeklagte das Berufsgrundschuljahr. Außerdem besuchte er einen Kurs zur Rückfallprophylaxe bezüglich seines Drogenkonsums. Mittlerweile hat der Angeklagte in der JVA eine Ausbildung zum Tischler begonnen. Bei der vor kurzem abgelegten Zwischenprüfung fehlten ihm nur wenige Punkte zum Bestehen des Theorieteils. Die praktische Prüfung hat er mit einer 3+ bestanden. Der Angeklagte beabsichtigt im nächsten Jahr die Abschlussprüfung abzulegen. Wenn er diese besteht hat er den Realschulabschluss mit Qualifikation.
23Der Angeklagte hat sich um einen Platz in der Sozialtherapeutischen Anstalt beworben und einen Platz erhalten, den er aber nach eigenen Angaben erst nach Rechtskraft des Urteils antreten kann.
24Er telefoniert täglich mit seiner Mutter und erhält regelmäßig Besuche seiner Familie.
25Nach der Entlassung plant der Angeklagte zu seiner Mutter zu ziehen und im Betrieb eines Freundes der Familie als Tischler zu arbeiten.
262.
27Ergänzend hat die Kammer festgestellt, dass bei Tatbegehung die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, jeweils nicht erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB war.
28Auch eine bei dem Angeklagten bestehende Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen hat zu keinen relevanten Einschränkungen der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit geführt.
29III.
301.
31Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf der durch die Verteidigerin des Angeklagten vorgetragenen Erklärung, die dieser danach als richtig bestätigt hat.
32Die Verteidigerin erklärte, der Angeklagte räume in objektiver und subjektiver Hinsicht das Tatgeschehen so ein, wie es in den Feststellungen aus dem Urteil der 2. Strafkammer dargelegt worden sei. Der Angeklagte sei zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alt gewesen und befinde sich seit nunmehr fast 2 Jahren in Haft. Die Tat belaste den Angeklagten zunehmend. Er habe angefangen das Geschehen anzunehmen und sich mit den Folgen für sein Leben auseinander zu setzen. Dies mache der Angeklagte bisher für sich allein. Da ihm klar geworden sei, dass er sich damit auseinander setzen müsse, habe er sich um einen Platz in der SothA beworben und einen Platz erhalten. Der Angeklagte habe in der JVA eine Lehre zum Tischler begonnen und habe vor kurzem die Zwischenprüfung abgelegt. Der Angeklagte merke an sich selbst eine positive Veränderung. Es falle ihm leichter auch bei Provokationen ruhig zu bleiben, was jedoch auch nicht immer gelinge. Dabei würden ihm die klärenden Gespräche und der Austausch mit seiner Ausbildungsleiterin helfen. Der Angeklagte nehme keine Drogen mehr und habe auch kein Verlangen mehr danach. Er habe einen Kurs zur Rückfallprophylaxe absolviert. Er habe seine Probleme dahingehend bearbeitet und erkannt, was der Drogenkonsum mit ihm gemacht habe und wozu er geführt habe. Der Angeklagte habe weiterhin guten Kontakt zu seiner Familie und es habe ihm große Überwindung gekostet heute vor seiner Familie die Tat einzugestehen.
33Über das Tatgeschehen könne der Angeklagte nicht sprechen, da er sich noch im Aufarbeitungsprozess befinde, den man nicht stören wolle.
34Über die Erklärung hinausgehende Angaben zum Tatgeschehen wollte der Angeklagte auch nicht machen.
35Darüber hinaus beruhen die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten auf seinen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung und dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 05.07.2024 sowie auf den Angaben des Sachverständigen Z., bei dem der Angeklagte im Rahmen der Exploration Angaben zu seiner Person gemacht hat und dem Bericht der Jugendgerichtshilfe. Widersprüche haben sich insoweit nicht ergeben. Der Angeklagte hat vielmehr auf Vorhalt die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen aus dem Urteil der 2. Großen Strafkammer vom 22.06.2023 (Az. II - 2 KLs 4/23) als richtig bestätigt.
362.
37Die Feststellungen zur vollständig erhaltenen Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt beruhen auf dem im Rahmen der Hauptverhandlung mündlich erstatteten fachpsychiatrischen Gutachten des erfahrenen Sachverständigen F., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Facharzt für Neurologie.
38Der Sachverständige hat sein ergänzendes Gutachten auf der Basis des Studiums der Akten und Beiakten, einem durchgeführten psychiatrischen Explorationsgespräch mit dem Angeklagten im Jahr 2022 sowie seiner Teilnahme in der Hauptverhandlung erstellt.
39Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit des Angeklagten im Tatzeitpunkt erheblich eingeschränkt gewesen sein könnte. Dabei hält er die Diagnose eines Verdachts auf eine kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (ICD-10: F92) aus dem in der Hauptverhandlung bei der 2. Strafkammer erstatteten Gutachten aufrecht. Die kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen habe sich darin geäußert, dass der Angeklagte seine Emotionen und Aggressionen nur schlecht habe regulieren können.
40Dazu führt der Sachverständige aus, dass das Bild, was er sich von dem Angeklagten in der Erstexploration gemacht habe, mit dem Bild übereinstimme, was sich ihm in der ersten Hauptverhandlung und nun auch in der erneuten Hauptverhandlung gezeigt habe und werde durch den Eindruck in der erneuten Hauptverhandlung noch abgerundet. Die Entwicklung des Angeklagten sei passend zu seiner Diagnose einer kombinierten Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen.
41Die Entwicklung des Angeklagten sei nicht ganz einfach gewesen. Bei dem Angeklagten habe eine sogenannte Broken-Home-Situation vorgelegen, das heiße, dass der Angeklagte nicht in einem intakten Elternhaus aufgewachsen sei, was zu einer emotionalen Problematik geführt habe. Schon in seiner frühsten Kindheit also bis zum 7. Lebensjahr habe eine konflikthafte Lebenssituation bestanden, die sich negativ auf seine Persönlichkeitsentwicklung ausgewirkt habe. Insgesamt habe es bei dem Angeklagten eine wechselhafte Persönlichkeitsentwicklung gegeben. In der Schulphase habe aber ein Nachreifungsprozess stattgefunden, sodass er von der Sonderschule wieder auf eine Regelschule habe gehen können. Es habe aber weiterhin eine Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen vorgelegen, hinzugekommen sei dann noch eine mangelnde Motivation, sodass der Angeklagte sich nach dem Abbruch der Schule habe hängen lassen und es zum gesteigerten Drogenkonsum gekommen sei.
42Der Sachverständige führt aber weiter aus, dass er bei seiner Einschätzung bleibe, dass die Störung nicht so hochgradig gewesen sei, dass eine Behandlung erforderlich gewesen sei. Es sei lediglich zu zwei ambulanten Therapien gekommen, die zum Tatzeitpunkt jedoch schon so lange zurückgelegen hätten, als dass der Angeklagte von ihnen noch habe profitieren können. Die Störung sei vielmehr weiter vorhanden gewesen. Bei der Frage, ob es sich bereits um eine Persönlichkeitsstörung handele, blieb der Sachverständige ebenfalls bei seiner Bewertung aus dem in der Hauptverhandlung bei der 2. Strafkammer erstatteten Gutachten und war hier weiterhin eher zurückhaltend, da die Entwicklung des Angeklagten weiterhin noch beeinflussbar sei.
43Im Ergebnis kam der Sachverständige erneut zu der Einschätzung, dass das Ausmaß der Störung auch aufgrund der ihm nunmehr vorliegenden Erkenntnisse keine forensische Relevanz im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen habe und das Ausmaß einer krankhaften seelischen Störung nicht erreicht sei.
44Weiter führte der Sachverständige aus, auch ein Betäubungsmittelkonsum zum Tatzeitpunkt ließe sich nicht feststellen. Der generelle Drogenkonsum des Angeklagten sei zwar doch umfangreicher gewesen, als er das bei der ersten Hauptverhandlung verstanden habe, da neben einem sich steigernden Cannabiskonsums auch ein Konsum von stimulativen Drogen wie zum Beispiel MDMA dazu gekommen sei, ob der Konsum von Betäubungsmitteln zum Tatzeitpunkt eine Rolle gespielt habe sei aber fraglich. Schon eine Wirkung des eingeräumten Cannabiskonsums zum Tatzeitpunkt ließe sich nicht sicher feststellen. Der Konsum zum Tatzeitpunkt habe sich bei der Festnahme im Krankenhaus nicht sicher nachweisen lassen. Vielmehr habe man im Krankenhaus keine illegalen Substanzen im Blut des Angeklagten feststellen können. Hinzu komme, dass es sich beim Cannabiskonsum bei dem Angeklagten um einen gewohnheitsmäßigen Gebrauch gehandelt habe.
45Auch hinsichtlich des Substanzkonsums kommt der Sachverständige zu der gleichen Einschätzung wie in seinem Gutachten in der Hauptverhandlung vor der 2. Strafkammer, neue Erkenntnis über einen Konsum von Betäubungsmitteln zum Tatzeitpunkt haben sich in der neuerlichen Hauptverhandlung auch nicht ergeben, sodass der Sachverständige bei seiner Einschätzung bleibt, dass keine akute Substanzwirkung festzustellen gewesen sei, die geeignet gewesen sei, die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne einer substanzinduzierten psychotischen Störung in relevanter Weise zu beeinflussen geeignet gewesen sei.
46Die Kammer folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nach eigener Überprüfung und Bewertung. Der Sachverständige ist von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Seine fachlichen Schlussfolgerungen hat er anschaulich und nachvollziehbar dargelegt, die Kammer hat keine Zweifel an seiner Sachkunde. In der neuerlichen Hauptverhandlung haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen sich zum Tatzeitpunkt so erheblich auf den Angeklagten ausgewirkt hat , dass das Ausmaß der Störung forensische Relevanz im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen erreicht hat und das Ausmaß einer krankhaften seelischen Störung erreicht wurde. Auch bezüglich des Substanzkonsums des Angeklagten zum Tatzeitpunkt haben sich in der erneuten Hauptverhandlung keine neuen Anhaltspunkte ergeben. Daher geht auch diese Kammer aufgrund des festgestellten Nachtatverhaltens mit unfallfreiem Autofahren und umfangreicher Kommunikation nicht von einem Substanzeinfluss in einem Umfang aus, der an eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit denken lassen könnte.
47Damit fehlt es vorliegend hinsichtlich der § 20 StGB und § 21 StGB schon an einem Eingangsmerkmal, sodass eine Schuldunfähigkeit oder verminderte Schuldfähigkeit nicht in Betracht kommen.
48IV.
49Nach dem insoweit rechtskräftigen Urteil der 2. Großen Strafkammer hat der Angeklagte sich eines Mordes gemäß § 211 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Er hat mindestens bedingt vorsätzlich einen Menschen getötet, um eine andere Straftat zu ermöglichen. Die ermöglichte Straftat war die Wegnahme des Fahrzeugs gegen bzw. ohne den Willen des Berechtigten, mithin ein Raub. Das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe liegt hingegen nicht vor.
50Neben dem Mord liegt auch ein rechtswidrig und schuldhaft begangener Raub mit Todesfolge gem. § 251 StGB vor.
51V.
52Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
53Der Angeklagte war zum Zeitpunkt der Tat 17 Jahre alt, so dass gem. § 1 JGG das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt. Seine Verantwortungsreife im Sinne des § 3 JGG ist gegeben.
541.
55Bei dem hier vorliegenden Kapitaldelikt kommt zur Ahndung der Straftat schon unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG nur die Verhängung von Jugendstrafe in Betracht. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass eine jugendspezifische Bewertung stattzufinden hat, die Schuld also nicht abstrakt nach dem verwirklichten Tatbestand zu bemessen ist, sondern vorrangig auf das subjektive und persönlichkeitsbegründete Verhalten des Angeklagten zur Tat abzustellen ist. Das äußere Unrechtgeschehen ist jedoch mittelbar relevant, soweit es Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und seine Schuld zulässt (vgl. hierzu insgesamt Eisenberg / Kölbel, JGG, 23. Auflage 2022, § 17, Rn. 46 mwN). Schwere Gewaltdelikte begründen in aller Regel die Annahme einer Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 2. Alt JGG (BGH, Urteil vom 02.07.2018, 2 StR 150/18, NStZ 2018, 728).
56Danach kommt dem hier extrem hohen äußeren Unrechtsgehalt der Tat jedenfalls indizielle Bedeutung zu. Es handelt sich um ein Tötungsdelikt, der Angeklagte hat vorsätzlich einem Menschen das Leben genommen. Die Verurteilung hätte im Erwachsenenstrafrecht gem. § 211 Abs. 1 StGB die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Folge. Nur unter ganz besonderen Umständen könnte dann die persönliche Schuld des Angeklagten so deutlich durch äußere oder innere Umstände verringert sein, dass das Kriterium der „Schwere der Schuld“ nicht anzunehmen wäre. Solche ganz besonderen Umstände sind hier jedoch weder in der Entwicklungsgeschichte des Angeklagten, noch hinsichtlich dessen Verfassung zum Zeitpunkt der Tat oder im Rahmen der Entstehungsgeschichte der Tat erkennbar.
57Hinsichtlich der Frage, ob neben der Schwere der Schuld in der Tat auch schädliche Neigungen des Angeklagten in einem Umfang hervorgetreten sind, die die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich machen (§ 17 Abs. 2 1. Alt. JGG) ist die Kammer zu dem Ergebnis gekommen, dass zum Zeitpunkt der neuerlichen Hauptverhandlung aufgrund der doch recht positiven Entwicklung des Angeklagten in der nunmehr fast zwei Jahre andauernden Untersuchungshaft schädliche Neigungen nicht mehr sicher festgestellt werden konnten. (vgl. BGH, Beschluss vom 20. 7. 2010 - 5 StR 199/10 (LG Hamburg))
58Als schädliche Neigungen werden Störungen der Persönlichkeitsentwicklung angesehen, die ohne längere Gesamterziehung die Gefahr der weiteren Begehung von nicht nur gemeinlästigen oder bagatellarischen Straftaten in sich bergen (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 06.02.2018, 3 StR 532/17, NStZ 2018, 658).
59Zum Tatzeitpunkt lagen bei dem Angeklagten schädliche Neigungen vor. Diese ergaben sich daraus, dass die der Tat vorangegangene Entwicklung des Angeklagten bereits einige Problematiken aufwies, so zeigten sich in seiner Entwicklungsgeschichte – auch nach seiner eigenen Darstellung – Probleme im Bereich der Emotionskontrolle und im Umgang mit Aggressionen, die wiederholt u. a. zu erzwungenen Schulwechseln geführt hatten. Hinzu kam jedenfalls im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld der Tat ein erheblicher Drogenkonsum. Zudem ging der Angeklagte in den Monaten vor der Tat weder einer schulischen Ausbildung noch längerfristig einer Arbeitstätigkeit nach, sondern lebte mehr oder weniger in den Tag hinein. Zu strafrechtlichen Verfehlungen war es jedoch noch nicht in einem größeren Umfang gekommen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der dann von dem Angeklagten begangenen Tat aus einem eher nichtigen Anlass lassen sich schädliche Neigungen, die eine Einwirkung durch Jugendstrafe erforderlich machen, zweifelsfrei feststellen. In die Gesamtschau ist dabei auch das Nachtatverhalten mit einzubeziehen. Nur wenige Minuten nach der Tat agierte der Angeklagte wieder kontrolliert und zielstrebig. Das erbeutete Fahrzeug nutzte er über fast zwei Tage für seine Zwecke, obwohl er nicht einmal über eine Fahrerlaubnis verfügte.
60Seit der Inhaftierung des Angeklagten gab es positive Entwicklungen im Bereich der Schullaufbahn und der beruflichen Perspektive. Der Angeklagte hat während der Untersuchungshaft das Berufsgrundschuljahr absolviert und eine Ausbildung zum Tischler begonnen. Außerdem hat er einen Kurs zur Rückfallprophylaxe besucht.
61Die Kammer hat dabei aber auch nicht übersehen, dass es sich bei der Entwicklung des Angeklagten bisher nur um erste positive Ansätze handelt, die entscheidenden Schritte bisher jedoch noch nicht gemacht wurden. So hat der Angeklagte bei der Zwischenprüfung den Theorieteil bisher nicht bestanden. Auch eine Auseinandersetzung mit der Tat hat nach eigenen Angaben des Angeklagten erst begonnen und stehe noch ganz am Anfang. Dies alles ist jedoch vorliegend nicht ausreichend um weiterhin schädliche Neigungen in einem für die Anwendung des § 17 Abs. 2 1. Alt JGG erforderlichen Umfang zu bejahen.
622.
63Der Strafrahmen für die somit zu verhängende Jugendstrafe beträgt hier gem. § 18 Abs. 1 S. 2 JGG 6 Monate bis 10 Jahre.
64a)
65Erster und wichtigster Maßstab für die Bemessung der Jugendstrafe ist gem. § 18 Abs. 2 JGG, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich sein soll. Schon danach ist hier eine erhebliche Dauer der Jugendstrafe gerechtfertigt. Der Angeklagte hat bislang weiterhin keinen Schulabschluss. Im Vorfeld der Inhaftierung hatte er auch keinerlei Ausbildungs- oder Berufsperspektive, nachdem er Planungen zur Aufnahme einer Tätigkeit im Bereich der Altenpflege aufgegeben hatte und ein anderweitiger Arbeitsversuch erfolglos geblieben war. Hinzu kam ein sich in den Wochen und Monaten vor der Inhaftierung steigernder Drogenkonsum. Die Gesamtsituation war so, dass sowohl der Vater als auch die Mutter, anscheinend unabhängig voneinander, über eine Wohngruppenunterbringung oder jedenfalls eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts nachgedacht hatten, um eine Kehrtwende herbeizuführen. Auch der Angeklagte selbst hat angegeben, dass er wenig förderliche Kontakte pflegte und deshalb auch seinerseits geplant hatte, in den Haushalt der Mutter umzuziehen. Hinzu kommt die insbesondere im Nachtatverhalten nochmals deutlich hervortretende egoistische und dissoziale Einstellung des Angeklagten, die die Notwendigkeit einer längerfristigen erzieherischen Einwirkung deutlich macht. Zuletzt ist anzumerken, dass die bei dem Angeklagten gegebene Diagnose einer Störung des Sozialverhaltens weiter dazu führt, dass erzieherische Einwirkungen schwierig sind, jedenfalls eine erhebliche Zeitspanne benötigen.
66Die Verhängung einer Jugendstrafe war auch weiterhin erzieherisch geboten. Denn trotz der in der Zwischenzeit weiterentwickelten geistigen und sittlichen Reife des Angeklagten und der seit der Tat vergangenen Zeit erachtet es die Klammer als erzieherisch notwendig, dass der Angeklagte in Anbetracht der Schwere der Tat eine weitere Nachreifung erfährt, die es ihm künftig ermöglicht sich normgemäß zu verhalten.
67b)
68Gerade bei Fällen einer schweren Gewalttat spielen allerdings die Strafzumessungskriterien des Erwachsenenstrafrechts ebenfalls eine Rolle. Der Strafzweck des gerechten Schuldausgleichs darf in solchen Fällen jedenfalls nicht völlig hinter den Erziehungsgedanken zurücktreten (BGH, Urteil vom 02.07.2018, 2 StR 150/18, NStZ 2018, 728). Vielmehr sind daneben auch andere Strafzwecke, bei Kapitalverbrechen und anderen schwerwiegenden Straftaten namentlich der Sühnegedanke und das Erfordernis eines gerechten Schuldausgleichs zu beachten.
69Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen dabei in der Regel miteinander in Einklang, da die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind, nicht nur für das Erziehungsbedürfnis, sondern auch für die Bewertung der Schuld von Bedeutung sind. (BGH, Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR 142/16 –, juris)
70Insoweit ist zunächst bei dem nicht deliktsspezifischen Strafrahmen des Jugendstrafrechts im Rahmen der konkreten Abwägung zu berücksichtigen, dass es hier um eines der schwerwiegendsten Delikte geht, die das allgemeine Strafrecht kennt und bei dem im Erwachsenenstrafrecht als einzige mögliche Rechtsfolge für den Regelfall lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehen ist.
71Für den Angeklagten spricht, dass er nicht vorbestraft ist, insbesondere nicht wegen Gewaltdelikten. Bisher gegen ihn geführte Verfahren wurden jeweils eingestellt. Zu seinen Gunsten wurde auch berücksichtigt, dass zwar die Voraussetzungen gem. § 21 StGB sicher nicht vorliegen, dass aber der Cannabiskonsum zu einer gewissen, geringgradigen Enthemmung geführt haben könnte. Schwierigkeiten in der kindlichen und jugendlichen Entwicklung im Zusammenhang mit der Trennung der Eltern, den nachfolgenden Konflikten und Konsequenzen für den Angeklagten, wie z. B. schulischen Schwierigkeiten wurden ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des Schuldausgleichs strafmildernd berücksichtigt, während sie auf der anderen Seite – wie oben ausgeführt – zu einem gesteigerten, längerfristigen Erziehungsbedarf führen. Es ist auch möglich und deshalb zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass es sich jedenfalls im Hinblick auf die Tötung des Geschädigten nicht um eine geplante Tat, sondern einen spontanen Entschluss des Angeklagten handelte. Zuletzt hat die Kammer aber auch das nunmehr in der neuerlichen Hauptverhandlung abgegebene Geständnis des Angeklagten nicht übersehen und zu seinen Gunsten berücksichtigt. Ebenfalls nicht übersehen hat die Kammer, dass zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung schädliche Neigungen nicht mehr sicher feststellbar waren.
72Die Kammer hat das gravierende Tatbild (BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 – 5 StR 135/06 –, Rn. 11, juris), bei dem sich die besondere Gefährlichkeit der tateinheitlich begangenen Raubtat verwirklicht hat (BGH, Urteil vom 6. Mai 1993 – 1 StR 593/91 –, Rn. 7, juris) strafschärfend berücksichtigt.
73Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere dem Gesichtspunkt des gerechten Schuldausgleichs und aller Erziehungsaspekte hält die Kammer eine Jugendstrafe von
749 Jahren
75für tat- und schuldangemessen.
763.
77Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Maßregel gem. § 64 StGB liegen nicht vor.
78Es fehlt nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Z. im Rahmen der Hauptverhandlung, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung insoweit anschließt, bereits an der (sicheren) Feststellung eines Hanges im Sinne der Vorschrift. Weitgehend wird für die Feststellung eines Hanges im Sinne des § 64 StGB gefordert, dass entweder eine körperliche Abhängigkeit oder eine eingewurzelte intensive Neigung, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen besteht. Neben einem dauerhaften Konsum soll zumindest erforderlich sein, dass der Täter aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. Fischer, StGB, 70, Auflage 2023, § 64, Rn. 7a mwN). Der Hang ist abzugrenzen von einer bloßen Neigung zum Rauschmittelmissbrauch, wobei die Übergänge fließend sind. Entscheidend soll die „handlungsleitende“ Auswirkung der Neigung sein (Fischer, a. a. O., Rn. 8).
79Vorliegend ist festzustellen, dass der Angeklagte „nur“ Cannabis konsumiert hat, was im Regelfall schon nicht zu einer körperlichen Abhängigkeit führt. Entsprechend bereitete es dem Angeklagten nach der Inhaftierung auch keine Schwierigkeiten, den Konsum einzustellen. Zu Entzugserscheinungen kam es nicht. Der exakte Umfang des Konsums vor der Inhaftierung bleibt etwas offen, jedenfalls hat auch der Angeklagte angegeben, dieser habe sich erst nach und nach gesteigert. Es liegt nahe, dass der zunehmende Cannabiskonsum eine Begleiterscheinung des zu diesem Zeitpunkt wenig ausgefüllten und zielorientierten Lebenswandels des Angeklagten war, nicht dessen Auslöser.
80Jedenfalls fehlt es aber auch an einem symptomatischen Zusammenhang zwischen einem etwaigen Hang und der begangenen Tat. Auch wenn sich nicht vollständig ausschließen lässt, dass der Cannabiskonsum die Hemmschwelle des Angeklagten zur Begehung der Tat geringfügig abgesenkt hat, lässt sich dies jedenfalls nicht sicher feststellen. Weitaus im Vordergrund stand bei dem Angeklagten die Motivation, sich in den Besitz des PKW zu bringen, um der Zeugin Q. zu imponieren. Die Neigung zum Konsum von Cannabis spielte in diesem Zusammenhang keine nennenswerte Rolle.
81VI.
82Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 JGG.