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Auf die Beschwerde der Vertreterin der Landeskasse vom 04.05.2023 wird der Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 29.03.2023 (43 M 689/23) aufgehoben und die Kostenrechnung der Gerichtsvollzieherin Q. vom 28.04.2022 zum Aktenzeichen DR II 100/22 dahingehend abgeändert, dass die dort angesetzte Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG auf den Höchstbetrag von 10,- Euro herabgesetzt wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 26.08.2015 (15-2229348-2-7). Mit Vollstreckungsauftrag vom 14.03.2022 beauftragte sie die Gerichtsvollzieherin mit der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen sowie der Abnahme der Vermögensauskunft. Ferner beauftragte sie die Einholung von Auskünften Dritter, indem sie in dem amtlichen Formular die Module M1 und M2 angekreuzte.
4Die Gerichtsvollzieherin nahm der Schuldnerin am 25.04.2022 die Vermögensauskunft ab und forderte am 26.04.2022 die beantragten Drittauskünfte an.
5In ihrer Kostenrechnung an die Gläubigerin vom 28.04.2022 setzte die Gerichtsvollzieherin unter anderem eine Auslagenpauschale gemäß Nr. 716 KV GvKostG i.H.v. 15,72 € an.
6Gegen den vorgenannten Kostenansatz hat sich die Vertreterin der Landeskasse mit ihrer Erinnerung vom 09.03.2023 gewandt, soweit der Ansatz einen Betrag i.H.v. 10 Euro übersteigt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es liege nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GvKostG nur ein kostenrechtlicher Auftrag vor.
7Die Gerichtsvollzieherin hat der Erinnerung mit der Begründung, bei dem Auftrag zur Einholung von Drittauskünften handle es sich um einen weiteren Auftrag, nicht abgeholfen und sie dem Amtsgericht Arnsberg zur Entscheidung vorgelegt.
8Das Amtsgericht Arnsberg hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.03.2023 die Erinnerung der Vertreterin der Landeskasse zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine gleichzeitige Beauftragung im Sinne von § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GvKostG liege nicht vor, wenn der Gläubiger neben der Abnahme der Vermögensauskunft auch den Auftrag erteile, Drittauskünfte über die Schuldnerin einzuholen, weil der Antrag auf Einholung von Drittauskünften bereits gesetzlich gemäß § 802 I ZPO unter Bedingungen stehe. Gebührenrechtlich mache es keinen Unterschied, ob die Einholung der Auskünfte von einer auftragsgemäßen Bedingung des Gläubigers oder einer -gleichlautenden- gesetzlichen Bedingung abhängig sei.
9Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Vertreterin der Landeskasse vom 05.04.2023, zu deren Begründung sie ausführt, die Tatsache, dass die Einholung von Drittauskünften vom Vorliegen gesetzlicher Voraussetzungen abhänge, stelle keine Bedingung im kostenrechtlichen Sinne dar.
10Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht Arnsberg - Beschwerdekammer- zur Entscheidung vorgelegt. Im Beschwerdeverfahren ist den Beteiligten ergänzend rechtliches Gehör gewährt worden.
11II.
12Die gemäß §§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG, 66 Abs. 2 S. 2 GKG statthafte und zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Abänderung der mit der Erinnerung angegriffenen Kostenrechnung der Gerichtsvollzieherin Q. vom 28.04.2022.
13Die Gerichtsvollzieherin hat in ihrer vorgenannten Kostenrechnung zu Unrecht die Auslagenpauschale Nr. 716 KV GvKostG i.H.v. 15,72 € angesetzt, weil es sich vorliegend bei dem Antrag der Gläubigerin auf Abnahme der Vermögensauskunft und der Einholung von Drittauskünften nur um einen Auftrag gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GvKostG handelt.
14Die streitige Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG wird „je Auftrag“ erhoben und sieht dabei einen Höchstsatz von 10,-€ vor. Maßgeblich ist deshalb die Frage, ob der Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin vom 14.03.2022, mit der die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen, die Abnahme der Vermögensauskunft und die Einholung von Drittauskünften beantragt wurde, einen oder mehrere Anträge im Sinne von § 3 GvKostG darstellt.
15Nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GvKostG handelt es sich um denselben Auftrag, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig beauftragt wird, mehrere Vollstreckungshandlungen gegen denselben Vollstreckungsschuldner oder Verpflichteten (Schuldner) oder Vollstreckungshandlungen gegen Gesamtschuldner auszuführen.
16Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
17Denn die Gläubigerin hat mit Vollstreckungsauftrag vom 14.03.2022 die Gerichtsvollzieherin gleichzeitig mit der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen, der Abnahme der Vermögensauskunft sowie der Einholung von Auskünften Dritter unter Ankreuzen des Moduls M1 und M2 beauftragt. Sämtliche Vollstreckungshandlungen wurden zeitgleich beauftragt.
18Entgegen der Auffassung der Gerichtsvollzieherin und des Amtsgerichts handelt es sich vorliegend auch nicht um einen bedingten Auftrag im Sinne von Nr. 2 Abs. 2 S. 1 DB-GvKostG, der einen eigenen Antrag darstellt.
19Denn die Gläubigerin selbst hat den Auftrag nicht (etwa mittels Modul M4) unter eine Bedingung gestellt und die Tatsache, dass die verschiedenen Maßnahmen nach § 802a Abs. 2 ZPO nach den für sie geltenden Vorschriften weitere Voraussetzungen haben, ist keine Bedingung im kostenrechtlichen Sinne (vgl. Kawell in: Kindl/Meller-Hannich, gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2021, § 3 GvKostG, Rn. 34, 35; NK-GK/Kawell, 3. Aufl. 2021, GvKostG § 3 Rn. 26; Tooussaint/Uhl, 53. Aufl. 2023, GvKostG § 3 Rn. 12).
20Die Kammer teilt die Auffassung, nach der bezüglich der „Gleichzeitigkeit“ auf die konkrete Auftragserteilung durch den Gläubiger abzustellen ist. Voraussetzungen, die sich aus den gesetzlichen Vorschriften des Zwangsvollstreckungsverfahrens (so auch aus § 802 l ZPO) ergeben, führen nicht zu einer bedingten Antragstellung, die kostenrechtlich einen eigenen Antrag darstellt.
21III.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 8 GKG
23Die weitere Beschwerde wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und im Sinne der Herbeiführung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen, §§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG, 66 Abs. 4 S.1 GKG.