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Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem elektronischen Datenbestand gespeicherten, von der X übermittelten Informationen zu dem Abwicklungskoto mit der Nummer xxxxxxxxxxx.xxxxxxxxxxx, die die Klägerin betreffen, zu löschen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Löschung von Dateneinträgen über ihre Person nach Maßgabe der DSGVO. Die Beklagte ist eine Wirtschaftsauskunftei und führt Datenbanken mit Profilen für erwachsene natürliche Personen in Deutschland. Ziel des privaten Unternehmens ist es, Daten zur Kreditwürdigkeit von Verbrauchern und Firmen zu sammeln und zu liefern.
3Im Datenbestand der Klägerin befindet sich die am 15.11.2017 gemeldete Eintragung über ein Abwicklungskonto bei der X. Neben der Fälligstellung des Saldos werden 4 Saldenstände mitgeteilt sowie eine Meldung, wonach der Forderungseinzug unwirtschaftlich sei.
4Die Eintragungen erfolgten nach Meldung durch die X, bei der die Klägerin ein Darlehenskonto führte. Im Oktober und November 2017 konnten die von der Klägerin erteilten Lastschriften nicht eingelöst werden, so dass es zu Rückständen mit den jeweils monatlich fälligen Raten kam. Mit Schreiben vom 14.11.2017 kündigte die X den Kreditvertrag wegen eines Gesamtrückstandes in Höhe von 1.114,92 € und stellte eine Gesamtforderung in Höhe von 30.020,00 € zur sofortigen Rückzahlung fällig. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass die Klägerin mit einer Meldung an die Schufa rechnen müsse. Am 16.11.2017 meldete die X die Forderung in Höhe von 31.020,00 € bei der Beklagten zum 15.11.2017 ein.
5Am 20.11.2017 veranlasste die Klägerin den Ausgleich der Rückstände. Die Zahlung ging am 21.11.2017 bei der X ein.
6Die X hielt an der Kündigung fest, ließ der Klägerin aber nach, den offen stehenden Betrag in monatlichen Raten à 290,00 € zurückzuzahlen, sofern eine Sicherungsgrundschuld bestellt werde. Dem kam die Klägerin nach und bestellte gemeinsam mit ihrem Ehemann mit notarieller Urkunde eine Grundschuld. Wegen aller Ansprüche aus der Grundschuld unterwarfen sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Zu weiteren Rückständen kam es hiernach nicht mehr.
7Die Klägerin behauptet, zu den Rückständen sei es nur gekommen, weil die X die ihr übermittelten Daten über einen Kontowechsel nicht verarbeitet habe und infolgedessen die Lastschriften nicht hätten eingelöst werden können. Die von der Beklagten verarbeiteten Daten, insbesondere die mitgeteilten Saldenstände seien insgesamt unrichtig. Auch habe die X weder die Zahlung der rückständigen Darlehensraten unter Fristsetzung und Kündigungsandrohung angemahnt noch sie über die bevorstehende Weitergabe ihrer forderungsbezogenen Daten informiert. Aufgrund des Eintrags bei der Beklagten sei sie am Abschluss eines Leasingvertrags über ein Mitarbeiterfahrzeug und der Aufnahme weiterer Bankkredite gehindert. Sie ist der Ansicht, es habe kein Grund zur fristlosen Kündigung des Darlehens bestanden.
8Die Klägerin beantragt,
91. die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem elektronischen Datenbestand gespeicherten, von der X übermittelten Informationen zu dem Abwicklungskoto mit der Nummer xxxxxxxxxxxx.xxxxxxxxxx, die sie betreffen, zu löschen,
2. an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei bereits mit der Ratenzahlung für November und Dezember 2016 in Rückstand geraten. Die Rückstände seien mehrfach mit Schreiben vom 08.12.2016, 15.02.2017, 16.03.2017, 10.05.2017, 10.06.2017 und 27.09.2017 angemahnt worden. Mit Schreiben vom 06.10.2017 habe die X einen zwischenzeitlichen Rückstand von 824,92 € angemahnt und auf die bevorstehende Kündigung hingewiesen. Die Beklagte ist der Ansicht, die Voraussetzungen für die Eintragung lägen insgesamt vor. Auf die Rechtzeitigkeit der Information über die bevorstehende Übermittlung der Daten komme es nicht an. Auch lägen nunmehr die Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 3 BDSG vor. Die Daten der Klägerin seien rechtmäßig verarbeitet worden.
16Die Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18I.
19Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts B folgt aus §§ 44 Abs. 1 Satz 2 BDSG, da die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bezirk des Landgerichts B hat. Auch die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ist gegeben, nachdem der Zuständigkeitsstreitwert über 5.000,00 € liegt (§§ 71 Abs. 1, 23 GVG).
20II.
21Die Klage ist auch in der Hauptsache begründet.
221.
23Die Klägerin hat einen Anspruch auf Löschung der bei der Beklagten gespeicherten Daten betreffend das Darlehenskonto der X gemäß Art. 17 Abs. 1 d) DS-GVO, weil ihre personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden. Die Befugnis, Daten von Schuldnern Auskunfteien zu übermitteln, richtet sich nunmehr grundsätzlich nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f) und Abs. 4 EU-DSGVO. Erforderlich für die Übermittlung ist danach die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses. Zusätzlich ist eine Abwägung zu vorzunehmen, ob die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person die Interessen des Datenverwenders im Einzelfall überwiegen. Die Voraussetzungen des berechtigten Interesses und der Abwägungskriterien für die widerstreitenden Interessen des Betroffenen werden durch § 31 Abs. 2 BDSG, welcher § 28a Abs. 1 BDSG a.F. praktisch wortgleich übernommen hat, in gesetzlicher und praktisch handhabbarer Weise konkretisiert. In diesem Sinne kann weitgehend auf die bislang zu § 28a Abs. 1 BDSG a. F. gefundenen Ergebnisse zurückgegriffen werden (Kamlah in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, § 31 BDSG, Rn. 49).
24Vorliegend handelt es sich bei der der streitgegenständlichen Einmeldung zugrundeliegenden Forderung zwar um eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, § 31 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BDSG. Die Beklagte, die als Datenverarbeiter die Darlegungs- und Beweislast trägt, hat jedoch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 5 BDSG nicht dargelegt.
25a.
26Auch wenn mit der notariellen Urkunde ein Schuldtitel gemäß § 794 ZPO vorliegen mag, kann sich die Beklagte nicht auf die Rechtmäßigkeit gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BDSG berufen. Denn die Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt der Einmeldung nicht vor.
27Die Titulierung würde auch keinen Neueintrag rechtfertigen, da dem Schuldner die Gelegenheit bleiben muss, die Forderung nach Titulierung zu begleichen (vgl. Kamlah in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, § 31 BDSG, Rn. 62). Unstreitig begleicht die Klägerin die Forderung im Rahmen der geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung. Die Titulierung lässt daher weder auf Zahlungsunfähigkeit noch auf Zahlungsunwilligkeit schließen.
28b.
29Die Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BDSG liegen ersichtlich nicht vor und macht die Beklagte auch nicht geltend.
30c.
31Die Einmeldung konnte nicht nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BDSG erfolgen. Hiernach kann eine Verwendung zur Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten erfolgen, wenn der Schuldner die Forderung ausdrücklich anerkannt hat, er sie aber trotzdem nicht begleicht. In der Zahlung der Rückstände durch die Klägerin ist indes kein Anerkenntnis im Sinne der Vorschrift zu sehen da die Leistung gerade keinen Rückschluss auf die mangelnde Liquidität, bzw. Zahlungsbereitschaft zulässt (vgl. Kamlah in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, § 31 BDSG).
32d.
33Auch die Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BDSG liegen nicht vor. Danach ist (kumulativ) erforderlich, dass der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Buchst. a)), die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Buchst. b)), der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Buchst. c)) und der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Buchst. d)). Denn es fehlt – auch angesichts des neuen Beklagtenvortrags im Schriftsatz vom 05.06.2020 – jedenfalls an der vorherigen Unterrichtung der Weitergabe an eine Auskunftei.
34Vorliegend enthielt erst das Kündigungsschreiben vom 14.11.2017 einen Hinweis darauf, dass die Klägerin mit der Weiterleitung ihrer Daten rechnen müsse. Selbst wenn dies als hinreichende Unterrichtung angesehen werden könnte, wäre diese aber nicht rechtzeitig erfolgt. Die Ankündigung der bevorstehenden Übermittlung dient der Wahrung der berechtigten Interessen des Schuldners, der dadurch Gelegenheit erhält, entweder die Rückstände noch auszugleichen, oder gegen die beabsichtigte Übermittlung mittels einstweiligen Rechtsschutzes vorzugehen und dabei die Einwände gegen die aus Schuldnersicht nicht bestehenden Zahlungsrückstände geltend zu machen (OLG Köln, Urteil v. 20.03.2019, Az. 13 U 71/17, WM 2019, 826, 828). Diesem Zweck wurde die erfolgte Mitteilung im Kündigungsschreiben vom 14.11.2017, von dessen Zugang bei der Klägerin unter Berücksichtigung der regulären Brieflaufzeiten vor der Einmeldung bei der Beklagten am 16.11.2017 nicht sicher auszugehen war, ersichtlich nicht gerecht.
35e.
36Aus demselben Grund war auch die Einmeldung gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BDSG nicht rechtmäßig. Denn unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung vorlagen, hat die X die Übermittlung der Daten jedenfalls nicht vorher im Sinne der Vorschrift angekündigt.
372.
38Die Klägerin hat indes keinen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, so dass die Kläger insoweit abzuweisen war.
39Ein Anspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO kommt nicht in Betracht, weil die unrechtmäßige Übermittlung der Daten durch die X nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt.
40Ein Anspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 BGB scheitert daran, dass erst das außergerichtliche anwaltliche Aufforderungsscheiben selbst verzugsbegründend war.
413.
42Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO
434.
44Streitwert: 10.000,00 €