Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leis
I.
212 O 69/24 |
|
Landgericht AachenIM NAMEN DES VOLKESUrteil
4In dem Rechtsstreit
5des Herrn C., Y.-straße, M.,
6Klägers,
7Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Legalbird Rechtsanwalts UG (haftungsbeschränkt),Anna-Schneider-Steig 5, 50678 Köln,
8gegen
9die L., vertreten durch ihre Geschäftsführer B.., S.-straße, J.,
10Beklagte,
11Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Rechtsanwälte Freshfields Bruckhaus Deringer ,Ludgeristraße 54, 48143 Münster,
12hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachenaufgrund mündlicher Verhandlung vom 21.05.2024durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Prof. Dr. Meiendresch als Einzelrichter
13für Recht erkannt:
14Die Klage wird abgewiesen.
15Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.
16Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
17T a t b e s t a n d
18Die Parteien streiten über Ansprüche auf Schadensersatz, Unterlassung und Erstattung von Rechtsverfolgungskosten wegen der Übermittlung von Positivdaten an die SCHUFA Holding AG (nachfolgend: Schufa).
19Die Beklagte erbringt unter der Marke OTELO Telekommunikationsleistungen. Zwischen den Parteien besteht seit dem 18.09.2019 ein Telekommunikationsvertrag. Für die in diesem Zusammenhang erfolgenden Datenverarbeitungen ist die Beklagte die datenschutzrechtlich Verantwortliche. Im Merkblatt zum Datenschutz, das der Kläger im Zuge des Vertragsschlusses erhielt, heißt es unter Ziffer 7.a:
20„Wir übermitteln im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses erhobene personenbezogene Daten über die Beantragung, die Durchführung und Beendigung dieser Geschäftsbeziehung sowie Daten über nicht vertragsgemäßes Verhalten oder betrügerisches Verhalten an die Schufa Holding AG […]. Rechtsgrundlage dieser Übermittlungen sind Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Übermittlungen auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DS-GVO dürfen nur erfolgen, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen der L. sowie der Vodafone Kabel Deutschland GmbH oder Dritter erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Der Datenaustausch mit der SCHUFA dient auch der Erfüllung gesetzlicher Pflichten zur Durchführung von Kreditwürdigkeitsprüfungen von Kunden (§ 505a und 506 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
21Die SCHUFA verarbeitet die erhaltenen Daten und verwendet sie auch zum Zwecke der Profilbildung (Scoring), um ihren Vertragspartnern im Europäischen Wirtschaftsraum und in der Schweiz sowie ggf. weiteren Drittländern (sofern zu diesen ein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission besteht) Informationen unter anderem zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von natürlichen Personen („Bonitätsscoring“) zu geben. Unabhängig vom Bonitätsscoring unterstützt die SCHUFA ihre Vertragspartner durch Profilbildungen bei der Erkennung auffälliger Sachverhalte (z.B zum Zwecke der Betrugsprävention im Versandhandel). Hierzu erfolgt eine Analyse von Anfragen von Vertragspartnern der SCHUFA, um diese auf potenzielle Auffälligkeiten hin zu prüfen. In diese Berechnung […] können auch Anschriftendaten, Informationen ob und in welcher Funktion in allgemein zugänglichen Quellen ein Eintrag zu einer Person des öffentlichen Lebens mit übereinstimmenden Personendaten existiert, sowie aggregierte statistische Informationen aus dem SCHUFA-Datenbestand einschließen. Auswirkungen auf die Bonitätsbeurteilung und das Bonitätsscoring hat dieses Verfahren nicht. […]“
22Die Beklagte übermittelte im Anschluss an den Vertragsschluss mit dem Kläger Positivdaten an die Schufa. Eine ausdrückliche Einwilligung des Klägers lag hierfür nicht vor. Am 13.11.2023 erhielt der Kläger eine Auskunft und eine Kopie der bei der Schufa gespeicherten, ihn betreffenden Daten. Unter anderem enthält die Schufa-Auskunft folgende Angabe:
23„Am 19.09.2019 hat die L. Abteilung VDB den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages gemeldet und hierzu das Servicekonto unter der Nummer 112993461 übermittelt.“
24Am 19.10.2023 veröffentlichte die Schufa in einer Pressemitteilung, dass sie sich entschieden habe, die Telekommunikationsdaten aus den Konten zu löschen.
25Mit Schreiben vom 13.12.2023 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zum Ersatz des entstandenen Schadens und zur Unterlassung auf.
26Der Kläger behauptet, bei ihm habe sich unmittelbar ein Gefühl des Kontrollverlustes und der großen Sorge, insbesondere bezüglich der eigenen Bonität eingestellt. Das Gefühl des Kontrollverlusts sei von der Angst geprägt gewesen, einer unberechtigten Übermittlung an eine Auskunftei wie der Schufa ausgesetzt zu sein. Dies beunruhige ihn nach wie vor. Seitdem lebe er mit der ständigen Angst vor – mindestens – unangenehmen Rückfragen in Bezug auf die eigene Bonität, das allgemeine Verhalten im Wirtschaftsverkehr oder einer Verfälschung des Schufa-Scores. Das allgemeine Unwohlsein habe sich bis zu einer schieren Existenzsorge gesteigert. Stress, Unruhe und ein allgemeines Unwohlsein blieben tagtäglich zurück. Diese Auswirkungen würden seine freie Entscheidung im Hinblick auf neue Vertragsabschlüsse behindern und die freien Entfaltungsmöglichkeiten bei der weiteren Gestaltung des eigenen Lebens untergraben. Er sei hinsichtlich der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten sehr vorsichtig und bemühe sich darum, dass keine unerwünschten Einträge in seinem Bonitätsscore enthalten sind.
27Der Kläger ist der Ansicht, die Übermittlung der Positivdaten an die Schufa sei rechtswidrig gewesen, weil die Beklagte kein berechtigtes Interesse an der Übermittlung habe.
28Der Kläger hat die zunächst angekündigten Anträge zu Ziff. 2 und 3 aus der Klageschrift vom 07.02.2024 mit Schriftsatz vom 21.05.2024 konkretisiert und beantragt nunmehr,
291.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz für einen immateriellen Schaden in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 5.000,00 nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz;
302.die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, Positivdaten des Klägers, also personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags, an Kreditauskunfteiein, namentlich Schufa Holding AG, Kormoranweg 5, 65201 Wiesbaden, zu übermitteln, ohne dass eine Einwilligung des Klägers vorliegt, also insbesondere nicht auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zur Verbesserung der Qualität der Bonitätsbewertungen oder zum Schutz der beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken;
313.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle künftigen materiellen und künftigen derzeit noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger durch die unbefugte Verarbeitung personenbezogener Daten entstehen;
324.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 713,76 Euro zu zahlen.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie behauptet, die Daten des Klägers, die bei der Schufa hinterlegt waren, seien spätestens Anfang November 2023 gelöscht worden. Ferner hätte der Kläger Kenntnis von der Übermittlung der Positivdaten an die Schufa gehabt, weil ihm das Merkblatt zum Datenschutz bei dem Vertragsschluss überreicht worden sei. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger infolge der Datenübermittlung in ihrer freien Entfaltungsmöglichkeit hinsichtlich der Gestaltung ihres Lebens beschränkt sei.
36Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei hinsichtlich des Unterlassungsantrags und des Feststellungsantrags unzulässig, im Übrigen unbegründet. Der Unterlassungsantrag genüge nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr.2 ZPO, da er die Reichweite des Verbots nicht hinreichend erkennen lasse, sodass das Vollstreckungsorgan darüber entscheiden müsse. Der Antrag erfasse überdies auch rechtmäßige Datenübermittlungen. Der Feststellungsantrag lasse ein Feststellungsinteresse vermissen und sei zu unbestimmt. Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Meldung der Daten an die Schufa diene berechtigten Interessen, sei für diese erforderlich und daher rechtmäßig gewesen. Der Kläger habe überdies keinen Schaden substantiiert vorgetragen. Auch sei der Anspruch verjährt.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Parallelverfahrens 12 O 29/24, dessen Akten Gegenstand dieses Verfahrens sind, Bezug genommen.
38E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
39Die Klage ist teilweise unzulässig und im übrigen nach Auffassung der Kammer unbegründet.
40Das Landgericht Aachen ist international, sachlich und örtlich zuständig.
41Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 6 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO (Brüssel Ia - VO). Gemäß Art. 18 ‚Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO kann die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner entweder vor dem Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Der Kläger ist Verbraucher i.S.d Art. 17 Abs. 1 EuGVVO. Er schloss den Telekommunikationsvertrag zu privaten Zwecken. Sein Wohnort ist in Aachen, Deutschland, woraus sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt.
42Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Aachen folgt aus § 1 ZPO i.V,m §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Die geltend gemachten Ansprüche übersteigen den Betrag von 5.000,00 €. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO und Art. 79 Abs. 2 Satz 2 DSGVO. Aachen liegt im Bezirk des Landgerichts Aachen.
43Der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht bereits mangels Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Der Klageantrag des Klägers umschreibt die zu unterlassende Handlung ausreichend konkret und wiederholt nicht bloß den Gesetzeswortlaut. Grundsätzlich gilt, dass ein Unterlassungsantrag nicht so undeutlich gefasst werden darf, dass die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. etwa BGHZ 156, 1 [8f.] = GRUR 2003, 958 mwN). Sollte eine weitergehende Konkretisierung nicht möglich sein und ist die gewählte Antragsformulierung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich, kann aber eine auslegungsbedürftige Formulierung zulässig sein (BGH GRUR 2017, 422 – ARD-Buffet, mwN). Der Klageantrag darf aber nicht lediglich den gesetzlichen Verbotstatbestand wiederholen (BGH GRUR 2010, 749 Rn. 21 – Erinnerungswerbung im Internet). Vorliegend soll die Übermittlung von Positivdaten an Kreditauskunfteien namentlich der Schufa unterlassen werden. Der Begriff der Positivdaten wird dabei definiert als „[…] personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags“. Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die Erfassung erlaubter Verhaltensweisen in einem Unterlassungsantrag nicht zu dessen Unzulässigkeit, sondern zu dessen Unbegründetheit (OLG Köln, Urteil vom 3. November 2023 - I-6 U 58/23 -, Rn. 41 juris).
44Der Antrag zu 3) ist jedoch unzulässig. Er ist zu unbestimmt formuliert und erfüllt nicht die Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Formulierung „durch die unbefugte Verwendung personenbezogener Daten“ lässt nicht erkennen, was konkret unter einer „unbefugte[n] Verwendung“ zu verstehen sein soll.
45Ob ein Feststellungsinteresse vorliegt, kann damit dahinstehen.
46Die Klage ist unbegründet.
47Dem Kläger steht der mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachte Anspruch auf Schmerzensgeld aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen Art. 6 DSGVO nicht zu. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte ein Datenschutzverstoß dahingehend vorzuwerfen ist, dass sie Positivdaten des Klägers bei der Schufa gemeldet hat. Es fehlt an einem substantiiert dargelegten Schaden beim Kläger.
48Der Kläger hat nach Überzeugung des Gerichts keinen immateriellen Schaden gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO erlitten. Es obliegt dem Kläger, einen immateriellen Schaden, der über den bloßen Datenschutzverstoß und den damit verbundenen Kontrollverlust über seine Daten hinausgeht, darzulegen und zu beweisen (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2024, Rs. C-687/21, GRUR-RS 2024, 530, Rn. 61f.; OLG Hamm, Urteil vom 15.08.2023 - I-7 U 19/23, GRUR-RS 2023, 22505 Rn. 135). Die Annahme eines Schadens setzt zwar nicht voraus, dass er eine gewisse Erheblichkeit überschreitet, wie der Europäische Gerichtshof festgestellt hat (EuGH Urteil vom 04.05.2023 - C 300/21, ZD 2023, 446 Rn. 51). Jedoch muss der Schaden nach der Rechtsprechung des EuGH tatsächlich und sicher bestehen (EuGH Urt. v. 13.12.2018 – C-150/17 P, BeckRS 2018, 31923 Rn. 86). Das pauschale und nicht substantiierte Berufen auf abstrakte Befürchtungen, Ängste und Ohnmacht wegen eines Kontrollverlustes, welche textbausteinmäßig vorgetragen werden, reicht nicht aus, um einen Schaden darzulegenZunächst ist darauf hinzuweisen, dass der EuGH entgegen der Klägeransicht festgestellt hat, dass es für einen Schadensersatzanspruch mehr als einen Verstoß gegen die DSGVO bedarf. Dazu heißt es:
49„Insofern muss die Person, die auf der Grundlage von Art.82 DSG-VO den Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt, nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung nachweisen, sondern auch, dass ihr durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist.“ (EuGH Urteil vom 11.04.2024 - C-741/21, NZA 2024, 607).
50Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich der Kläger durch die Übermittlung der Positivdaten materielle Schäden erlitten hat, kommt es bezüglich des immateriellen Schadens auf das Vorliegen innerer Tatsachen an, die dem Beweis nur eingeschränkt zugänglich sind. Das Oberlandesgericht Hamm fordert dahingehend, dass der Betroffene Umstände darlegt und beweist, in denen sich seine erlebten Empfindungen widerspiegeln, und dass nach der Lebenserfahrung der Datenschutzverstoß mit seinen Folgen Einfluss auf das subjektive Empfinden hat (OLG Hamm Urteil vom 15.08.2023 - I-7 U 19/23, GRUR-RS 2023, 22505 Rn. 148f.).
51Daran fehlt es. Weder in der Klageschrift noch in der Replik wurden die vorgetragenen Sorgen, Ängste und Zustände auf die konkrete Person des Klägers bezogen. Die Formulierungen bleiben pauschal und allgemein. Ausführungen dazu, wie sich die behaupteten Probleme beim Kläger konkret geäußert haben sollen, lassen die Schriftsätze der Klägerseite vermissen. Es ist für das Gericht auch nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Lebensführung durch die Übermittlung der Positivdaten in irgendeiner Form anpassen musste. Vielmehr fällt auf, dass die Formulierungen aus der Klageschrift bezüglich des angeblich eingetretenen immateriellen Schadens in einer Vielzahl von weiteren Klagen benutzt wurden und benutzt werden. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Übermittlung von Positivdaten bei mehreren Menschen identische Sorgen, Ängste und Zustände auslösen sollen, ohne dass wegen des jeweiligen Einzelfalles differenziert wird (vgl. dazu auch OLG Köln Urteil vom 07.12.2023 - 15 U 108/23 - GRUR-RS 2023, 37546, Rn. 38).
52In der persönlichen Anhörung durch das Gericht gemäß § 141 ZPO im Parallelverfahren (Landgericht Aachen 12 O 29/24), in dem der Kläger gegen ein anderes Telekommunikationsunternehmen wegen der Übermittlung von Positivdaten klagt und dessen Akten Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden sind, konnte der Kläger keine objektiven Beweiszeichen aufzeigen. Auf Nachfrage durch das Gericht erklärte er, dass er zwar allgemein etwas dagegen habe, dass seine Daten gesammelt werden. Jedoch hätte ihn dies nur persönlich geärgert und nicht im eigentlichen Sinne verletzt. Das persönliche Ärgernis über die Weitergabe der Daten vermag noch keinen Schmerzensgeldanspruch zu begründen. Darüber hinaus ist es nicht einleuchtend, warum gerade die Meldung von Positivdaten zu Sorgen oder Ängsten wegen der eigenen Bonität führen sollen. Der Kläger hat nicht ausreichend dargelegt, dass sein Schufa-Score durch die Meldung an die Schufa verschlechtert wurde.
53Der Annahme eines immateriellen Schadens wegen eines Kontrollverlustes steht der Umstand entgegen, dass der Kläger bei dem Vertragsschluss mit der Beklagten durch das Merkblatt zum Datenschutz auf die Übermittlung der Positivdaten an die Schufa hingewiesen wurde. Da nach Überzeugung des Gerichts kein Schaden vorliegt, ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf immateriellen Schadensersatz auch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m dem Telekommunikationsvertrag, § 823 Abs. 2 i.V.m dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB i.V.m Art 2 Abs. 1, Art. 1 Abs.1 GG.
54Der Unterlassungsantrag des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Er ist in seiner Formulierung zu weit gefasst, da er auch die erlaubte Weitergabe von Daten wegen eines berechtigten Interesse erfasst und lediglich die Fälle der Einwilligung ausschließt. Durch die Formulierung nicht ausgeschlossen ist der Fall, dass seitens der Beklagten ein berechtigtes Interesse an der Übermittlung der Daten besteht, etwa in Form der Betrugsprävention. Die Verwendung des Wortes „insbesondere“ lässt auch nicht hinreichend erkennen, welche Fallgestaltungen noch umfasst sein sollen (so auch LG Stade Urteil vom 30.04.2024 - 4 O 316/23 - GRUR-RS 2024, 10218 Rn.35).
55Darüber hinaus besteht keine Wiederholungsgefahr bezüglich der Weitergabe der Daten an die Schufa, da diese mitgeteilt hat, die Telekommunikationsdaten zu löschen und diesem auch spätestens Anfang November 2023 nachgekommen ist. Eine erneute Übermittlung der Daten ist der Beklagten damit nicht mehr möglich. Dies folgt auch schon daraus, dass der Kläger im Rahmen seiner Anhörung nach § 141 ZPO erklärte, momentan keinen Mobilfunkvertrag bei der Beklagten mehr zu haben (vgl. Protokoll 12 O 29/24).
56Mangels Anspruch des Kläger aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO kommt eine Haftung für die mit dem Klageantrag zu 4) geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten sowie Rechtshängigskeitszinsen nicht in Betracht.
57Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
58Der Streitwert beläuft sich auf 6.000,00 € und orientiert sich an den folgenden Wertbemessungen: Antrag zu 1): 5.000,00 €; Anträge 2) und 3): jeweils 500,00 €. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 48 GKG i.V.m §§ 3, 4, 5 ZPO.
59Prof. Dr. Meiendresch |
||