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Landgericht Aachen, 60 Qs 7/21

Datum:
01.04.2021
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
10. große Strafkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
60 Qs 7/21
ECLI:
ECLI:DE:LGAC:2021:0401.60QS7.21.00
 
Schlagworte:
Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen; Einziehung des Wertes von Taterträgen; außergerichtliche Beratung
Normen:
StPO § 464b Satz 3; StPO 311 Abs. 3 EGStGB Art. 316h Satz 1 StGB § 73c; VV-RVG Nr. 4142
Leitsätze:

1. In strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren besteht eine Abhilfemöglichkeit nicht. Ein gleichwohl erlassener Nichtabhilfebeschluss ist im Hinblick hierauf (deklaratorisch) aufzuheben (Anschluss an OLG Rostock, Beschl. v. 30.04.2018 – 20 Ws 78/18, juris Rn. 28).

2. Im zeitlichen Anwendungsbereich der §§ 73 ff. StGB i.d.F. des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 (BGBl. I S. 872) kommt es auf den Strafcharakter der (Einziehungs-)Maßnahme für Entstehung der Gebühr nach Nr. 4142 VV-RVG nicht mehr an, vielmehr kann die Gebühr für alle Maßnahmen nach §§ 73 ff. StGB n.F. anfallen (Anschluss an KG, Beschl. v. 06.03.2019 – 1 Ws 31/18, juris Rn. 6, 14; LG Berlin, Beschl. v. 27.03.2018 – 537 Qs 26/18, juris 4; LG Berlin, Beschl. v. 16.01.2018 – 501 Qs 127/17, juris Rn. 6; LG Hanau, Beschl. v. 28.06.2019 – 4b Qs 50/19, juris Rn. 10; AG Frankfurt a.M., Beschl. v. 29.06.2020 – 911 Ls-5163 Js 232283/19; entgegen OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.10.2019 - 2 Ws 48/19).

3. Für den Anfall der Gebühr nach Nr. 4142 VV-RVG genügt jede Tätigkeit des Rechtsanwalts, die dieser im Zusammenhang mit der Einziehung erbringt. Die Gebühr wird daher bereits durch die außergerichtliche nur beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts ausgelöst (Anschluss an OLG Dresden, Beschl. v. 14.02.2020 – 1 Ws 40/20, juris Rn. 1; LG Amberg, Beschl. v. 29.05.2019 – 12 KLs 107 Js 2871/18, juris Rn. 4; LG Chemnitz, Beschl. v. 09.01.2020 – 4 KL 310 Js 40553/18, juris Rn. 7; AG Mainz, Beschl. v. 28.05.2019 – 402 Ls 3444 Js 80146/17, juris Rn. 7; entgegen KG, Beschl. v. 17.06.2008 – 1 Ws 123/08; KG, Beschl. v. 25.10.2019 – 1 Ws 86/19, juris Rn. 8; KG, Beschl. v. 08.11.2019 – 1 Ws 53/19). Es genügt insoweit, dass der Rechtsanwalt eine beratende Tätigkeit darlegt und anwaltlich versichert. Erforderlich ist darüber hinaus, dass im Zeitpunkt der Beratung eine Einziehung „in Betracht kam“ bzw. „nach Aktenlage geboten“ war, „ernsthaft in Betracht kam“ bzw. „nahelag“. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen war oder weil in der Anklage die Einziehung beantragt worden ist.

 
Tenor:

1. Der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts XXX - Rechtspflegerin - vom 11.02.2021 wird aufgehoben.

2. Auf die sofortige Beschwerde des früheren Angeklagten vom 02.02.2021 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts XXX vom 29.01.2021 aufgehoben, soweit der von XXX XXX für den früheren Angeklagten gestellte Kostenfestsetzungsantrag vom 28.10.2020 kostenpflichtig zurückgewiesen worden ist.

3. Die nach dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts XXX vom 27.10.2020 (Az.: 17 Ls-504 Js 51/13-57/20) dem früheren Angeklagten aus der Landeskasse gemäß § 467 StPO zu erstattenden Auslagen werden weitergehend festgesetzt auf

528,96 Euro

(in Worten: fünfhundertachtundzwanzig 96/100 Euro)

zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 04.11.2020.

5. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem früheren Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

6. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 528,96 Euro festgesetzt.

 
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