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Landgericht Aachen, 60 KLs 2/21

Datum:
13.07.2021
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
10. große Strafkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
60 KLs 2/21
ECLI:
ECLI:DE:LGAC:2021:0713.60KLS2.21.00
 
Schlagworte:
selbständiges Einziehungsverfahren; Verdacht des unerlaubten Handeltreibens mit BtM oder der Geldwäsche
Normen:
StGB §§ 76a Abs. 4; 73, 74, 74a;; StPO § 435 Abs. 1 StPO
Leitsätze:

Soweit im Schrifttum die Regelung des § 76a Abs. 4 StGB teilweise für verfassungswidrig erachtet wird, jedenfalls aber verfassungsrechtliche Bedenken erhoben werden (vgl. Löwe-Rosenberg/Johann, StPO, 27. Aufl. 2019, § 111b Rn. 59 m.w.Nachw.; Eser/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB 30. Aufl. 2019, § 76a Rn. 10; Joecks/Meißner, in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2020, § 76a Rn 14 m.w.Nachw.), vermag die Kammer diesen im Ergebnis nicht zu folgen. Insbesondere ist § 76a Abs. 4 StGB mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zum erweiterten Verfall nach § 73d StGB a. F. (vgl. BVerfGE 110, 1, 28), nunmehr in veränderter Form als „erweiterte Einziehung“ in § 73a StGB geregelt, gelten insoweit entsprechend (Lohse, in:  Leipziger Kommentar, StGB 13. Aufl. 2020, § 76a Rn. 32; Pelz, NZWiSt 2018, 251, 254; a. A.: Eser/Schuster, a.a.O. Rn. 2). In beiden Fällen kann (beziehungsweise konnte) eine Abschöpfung nur erfolgen, wenn das Gericht die Überzeugung gewonnen hat, dass der sichergestellte Gegenstand aus (irgend-) einer rechtswidrigen Tat stammt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 437 Rn. 2); die Beeinträchtigung legal erworbener, schutzwürdiger Positionen des Betroffenen ist danach grundsätzlich nicht zu besorgen. Soweit es im Einzelfall gleichwohl zu einer derartigen Beeinträchtigung kommt oder die Einziehung den Betroffenen aus anderen Gründen unangemessen belasten würde, kann dem im Rahmen des in § 76a Abs. 4 StGB eingeräumten Ermessens bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Rechnung getragen werden (vgl. Pelz aaO).

Bereits zum Zeitpunkt der Sicherstellung lag der Verdacht von Katalogtat(en) gem. § 76a Abs. 4 StGB – jedenfalls der Verdacht der Geldwäsche (§ 76a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 lit. f) StGB – vor, da ein Clearingverfahren wegen § 12a Abs. 7 ZollVG eingeleitet wurde. In diesem Zusammenhang begegnet es insbesondere keinen Bedenken, dass erst das Auffinden des Bargelds den Verdacht einer Katalogstraftat begründet hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2019 – 1 StR 320/18 –, BGHSt 64, 186-195, Juris Rn. 29).

Gem. § 437 StPO kann das Gericht seine Entscheidung über die selbständige Einziehung nach § 76a Abs. 4 StGB, dass der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, insbesondere auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Gegenstandes und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen herleiten. Im Übrigen können das Ergebnis der Ermittlungen zu der Tat, die Anlass für das Verfahren war, die Umstände, unter denen der Gegenstand aufgefunden und sichergestellt worden ist, sowie die sonstigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen der Überzeugungsbildung dienen, wobei dem Vorliegen eines groben Missverhältnisses zwischen dem Wert des sichergestellten Gegenstandes und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen bei der Überzeugungsbildung ein herausgehobener Stellenwert zukommt (BT-Drs. 18/9525, 91).

 
Tenor:

Die Einziehung des bei dem Betroffenen am 27.06.2019 sichergestellten Bargeldbetrags in Höhe von 59.300,00 Euro wird angeordnet (§ 76a Abs. 4 StGB).

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.

 
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