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Die Gebühr nach Nr. 208, 207 KV GvKostG für den Versuch einer gütlichen Erledigung fällt auch dann an, wenn der Gerichtsvollzeiher (zugleich) mit weiteren Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt ist.
Die Beschwerde der Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Aachen, gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eschweiler vom 13.01.2021 (61 M 1785/20) wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
I.
2Die Gläubigerin betrieb die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Mit Vollstreckungsauftrag vom 31.08.2020 beauftragte die Gläubigerin mit dem üblichen Antragsformular den Obergerichtsvollzieher mit Handlungen zur gütlichen Einigung (Modul E 2) und Abnahme der Vermögensauskunft (Modul G1) und Verhaftung des Schuldners nach etwaigem Erlass eines Haftbefehls (Modul H).
3Im auf den 02.10.2020 anberaumten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft (DR II-791/20) erschien der Schuldner nicht. Mit dem Ladungsschreiben vom 09.09.2020, dem Schuldner durch den OGV zugestellt am 11.09.2020, wurde dem Schuldner die Möglichkeit einer gütlichen Einigung unterbreitet. Mit Schreiben vom 02.10.2020, zugestellt am 05.10.2020, wurde der Schuldner über die Eintragungsanordnung (Eintragung ins Schuldnerverzeichnis) informiert.
4Seine Kosten berechnete der Obergerichtsvollzieher in dieser Sache wie folgt:
5Gebühren |
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KV 100 Persönliche Zustellung |
10,00 € |
KV 604 (260) Einstw. Einst. VAK |
15,00 € |
KV 208 Versuch gütl. Erledigung (erm.) |
8,00 € |
Auslagen (…) |
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Summe |
46,85 |
Unter dem 27.10.2020 hat das Amtsgericht Eschweiler (61 M 1480/20) gegen den Schuldner Haftbefehl erlassen. Mit Schreiben vom 05.11.2020 (DRII-1032/20) wurde der Schuldner erneut zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen; dabei wurde er auf den vorliegenden Haftbefehl, zugleich auf die Möglichkeit einer gütlichen Einigung hingewiesen. Im Termin am 24.11.2020 wurde der Schuldner nach Vorlage des Haftbefehls erneut über die Möglichkeit der gütlichen Einigung informiert. Im Termin hat der Schuldner die Vermögensauskunft abgegeben; hiernach verfügte der Obergerichtsvollzieher eine Eintragungsanordnung gemäß § 882 c Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Seine Kosten hat der Obergerichtsvollzieher in dieser Sache wie folgt in Rechnung gestellt:
7Gebühren |
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KV 604(270) Vers. Verhaftung |
15,00 € |
KV 260 Abnahme VA |
33,00 € |
Anrechnen gem. §§ 3,4, u. 4 |
-15,00 € |
KV 207 Gütl. Erledigung |
16,00 € |
Auslagen |
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KV 711 WG-Pauschale/Z1 |
3,25 € |
KV 716 Pausch. Auslagen |
9,80 € |
Summe |
62,05 € |
Gegen die Berechnung der Gebühr „KF 207 Gütl. Erledigung“ hat die Gläubigerin sich mit ihrer Erinnerung gewandt. Zur Begründung hat die Erinnerungsführerin im Wesentlichen ausgeführt, der Versuch einer gütlichen Einigung sei bereits in der Kostennote vom 02.10.2020 (DRII- 791/20) abgerechnet worden, eine nochmalige Abrechnung sei – weil es sich um denselben Auftrag handele – nicht berechtigt; deswegen sei die Rechnung auch bezüglich der anteiligen Auslagenpauschale (um 3,20 €) zu reduzieren.
9Das Amtsgericht hat die Erinnerung unter Zulassung der Beschwerde mit Beschluss vom 13.01.2021 zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Verhaftungsverfahren handele es sich um ein eigenständiges Verfahren; eine gleichzeitige Beauftragung mit der Abnahme der Vermögensauskunft und eine Beauftragung mit der Pfändung hätten nicht vorgelegen.
10Hiergegen hat der Bezirksrevisor unter dem 14.01.2021 sofortige Beschwerde eingelegt und hierzu ausgeführt, die Vollziehung eines Haftbefehls sei kostenrechtlich nur insoweit als eigener Auftrag zu betrachten (§ 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG), soweit es Gebühren betreffe, die wegen der Verhaftung des Schuldners erforderlich würden; KV 207 sehe eine Gebühr für die gütliche Erledigung nur im Fall der isolierten Beauftragung und KV 208 GvKostG lediglich im Pfändungs- und Vermögensauskunftsverfahren, jedoch nicht im sogenannten Verhaftungsverfahren vor; in der Nichtnennung des sogenannten Verhaftungsverfahrens in KV 208 die Begründung zu sehen, dass hier KV 207 in Ansatz zu bringen sei, widerspreche dem Grundgedanken des Gesetzgebers, welcher KV 207 ausdrücklich nur bei isolierter Beauftragung mit der gütlichen Erledigung anfallen lasse; da der Haftbefehl innerhalb einer Frist von 3 Monaten bei dem Gerichtsvollzieher eingegangen sei, handele es sich bezüglich des Antrags auf Abgabe der VA noch um den ursprünglich erteilten Auftrag; wenn der Schuldner vor einer möglichen Verhaftung zu einer gütlichen Erledigung aufgefordert werde, sei der Gebührentatbestand KV 208 erfüllt; sei jedoch der Versuch einer gütlichen Erledigung bereits im ursprünglichen Verfahren unternommen und die Gebühr nach Kv 208 erhoben worden, könnte diese nicht erneut in Ansatz gebracht werden, da es sich bezüglich der Kosten für die Abnahme der VA noch um denselben Auftrag handele.
11II.
12Die Beschwerde der Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Aachen, ist zulässig. Zwar ist die gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 2 S. 1 GKG erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht. Die Beschwerde ist jedoch gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zulässig, nachdem das Amtsgericht sie ausdrücklich zugelassen hat.
13In der Sache erweist sich die Beschwerde indes als unbegründet. Zurecht hat das Amtsgericht die Erinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen und der sofortigen Beschwerde des Bezirksrevisors nicht abgeholfen. Auf die zutreffenden und durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die Kammer sieht sich lediglich zu folgenden Ergänzungen veranlasst:
14Die Gebühr nach Nr. 208, 207 KV GvKostG für den Versuch einer gütlichen Erledigung fällt auch dann an, wenn der Gerichtsvollzieher (zugleich) mit weiteren Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt ist (vgl. LG Krefeld, Beschluss vom 31.08.2020, 7 T 75/20 – juris). Die entspricht auch dem Sinn und Zweck der Gebühr und trägt den Bedürfnissen der Praxis Rechnung. Der Gerichtsvollzieher soll sich nach § 802 b Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens – von Amts wegen – um eine gütliche Einigung bemühen. Das ist auch bei der Durchführung weiterer Maßnahmen mit einem gewissen Aufwand verbunden, der durch den Gebührentatbestand abgegolten werden soll (vgl. LG Kassel, Beschluss vom 08.11.2017 – 3 T 433/17 juris und LG Krefeld, a.a.O.).
15Vorliegend kommt auch eine Anrechnung nach Nr. 208 KV GvKostG, mithin eine Reduzierung der Gebühr auf 8,00 €, nicht in Betracht. Nach Auffassung der Kammer, greift der Anrechnungstatbestand nur dann, wenn die konkrete Vollstreckungshandlung im Rahmen derer der Versuch einer gütlichen Einigung unternommen wird eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 (Einholung einer Vermögensauskunft) oder Nr. 4 (Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen) ist. Nur eine Gebühr von 8,00 € entsteht nach KV 208 dann, wenn der Gerichtsvollzieher zugleich die in der Vorschrift genannten Auftragsarten bearbeitet (vgl. insoweit wohl Hartmann/Toussaint-Forbriger, Kostenrecht 49. AL, GvKostG § 3 Rn 15 anders hingegen LG Kassel a.a.O. zur Kombination mit einem Verhaftungsverfahren). Ist der Gerichtsvollzieher hingegen konkret mit dem Verhaftungsverfahren befasst und unternimmt in diesem den Versuch einer gütlichen Einigung, greift der Anrechnungstatbestand nach Auffassung der Kammer angesichts der in der Anrechungsregelung konkret aufgeführten Fälle und der Regelung in § 3 Abs. Abs. 1 S. 4 GvKostG nicht. Hiernach ist die Vollziehung eines Haftbefehls grundsätzlich als besonderer Auftrag zu verstehen, nicht nur als eine gesonderte Amtshandlung innerhalb eines einheitlichen Auftrags (vgl. Hartmann/Toussaint-Forbriger, Kostenrecht, 49. AL, GvKostG § 3 Rn 15).
16III.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 Abs. 2 GvKostG i.V.m. § 66 GKG Abs. 7 GKG. Die weitere Beschwerde war gem. § 5 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen.
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