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Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger an den Kläger EUR 12.446,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2021 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und der Beklagte zu 90 %. Die Kosten der Streithelfer zu 1 und 2 tragen der Kläger zu 10 % und die Streithelfer ihre jeweiligen Kosten zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. dessen Streithelfer vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht Rückforderungsansprüche aus mehreren Zahlungen von Wildschadensersatz an den Beklagten geltend.
3Die Parteien streiten sich im Wesentlichen um die Wirksamkeit eines Jagdpachtvertrages für den gemeinschaftlichen Jagdbezirk XXX.
4Der Kläger ist vermeintlicher Jagdpächter des Jagdbezirks XXX . Der Beklagte ist Jagdgenosse der Jagdgenossenschaft (Streithelferin zu 1) und Eigentümer eines Grundstücks im Jagdbezirk XXX.
5Die Zeugen XXX und XXX schlossen am 16.01.2014 einen ersten, ursprünglichen Jagdpachtvertrag mit der Laufzeit 01.04.2014 – 31.03.2023 mit der Jagdgenossenschaft des gemeinschaftlichen Jagdbezirks XXX (Anlage K 1, Bl. 20f. d.A).
6Dieser Jagdpachtvertrag enthält in § 2 Abs. 3 folgende Klausel: „3. Lage und Grenzen des Jagdbezirkes sind aus der als Bestandteil des Vertrages beigefügten Revierkarte ersichtlich (Anlage).“ Eine weiterführende Beschreibung des Jagdgebietes enthält der Vertrag nicht. Als Anlage zum Vertrag ist eine Revierkarte aufgelistet.
7Dem Vertragsexemplar des Zeugen XXX lag eine Revierkarte nicht an.
8In § 7 Nr. 1 wird die Pflicht zur Schadensersatzleistung für Wildschäden von der Jagdgenossenschaft auf die Pächter übertragen.
9Am 27.03.2018 schlossen die Parteien XXX, XXX, die Streithelferin zu 1) und der Kläger einen Änderungsvertrag zum Jagdpachtvertrag, in dem der Zeuge XXX aus dem Jagdpachtverhältnis entlassen und der Kläger in dieses Verhältnis aufgenommen wurde. In diesem heißt es: „Der gesamte Inhalt des Jagdpachtvertrags vom 16.04.2014 (§1 bis §17) behält weiterhin Gültigkeit, und gilt als Anlage zu dieser Vertragsänderung.“ In diesem Vertrag ist als Anlage keine Revierkarte, sondern nur der ursprüngliche Jagdpachtvertrag aufgelistet (Anlage K2, Bl.31f.).
10Dem Vertragsexemplar dieses Änderungsvertrags des Klägers hing ebenfalls keine Revierkarte an.
11Mit Änderungsvertrag vom 31.03.2019 wurde auch der Zeuge XXX aus dem Jagdpachtverhältnis entlassen, sodass der Kläger ab dem 01.04.2019 Alleinpächter war. Auch ausweislich dieses dritten Vertrages soll der Ursprungsvertrag mitsamt der Änderungen vom 27.03.2018 seine Gültigkeit behalten. In diesem Vertrag ist die Revierkarte auch nicht als Anlage aufgeführt (Anlage K3, Bl. 35f.). Dem Vertragsexemplar des Klägers lag diese auch nicht bei.
12In den Jahren 2018 bis 2020 entstanden in dem Jagdbezirk XXX auch auf Grundstücken des Beklagen Wildschäden, die der Kläger dem Beklagten angesichts seiner vermeintlichen Verpflichtung zum Schadensersatz ersetzte. Deren Rückzahlung macht der Kläger nun geltend.
13Im Einzelnen streitgegenständlich sind folgende Zahlungen: 2.902,11 € am 11.04.2018, 2.703,74 € am 16.04.2019, 534,00 € am 16.08.2019, 6.307,00 € am 26.05.2020 und 966,00 € am 14.09.2020, sodass sich eine Gesamtsumme von 13.412,85 € ergibt.
14Die Schäden meldete der Beklagte für die, den Zahlungen am 11.04.2018 und am 14.09.2020 vorausgehenden Schäden, in einem Vorverfahren bei der Stadt Schleiden, der Streithelferin zu 2) an. In diesen Vorverfahren, als Feststellungsverfahren, erhob der Kläger keine Einwände gegen den Jagdpachtvertrag. In den anderen Fällen einigten sich die Parteien ohne Einschaltung der Streithelferin zu 2 gütlich.
15Mit Schreiben vom 08.12.2020 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis spätestens zum 31.12.2020 zur Rückzahlung des geltend gemachten Betrages auf. Eine Zahlung durch den Beklagten erfolgte nicht.
16Der Kläger behauptet, dass dem Ursprungspachtvertrag vom 16.01.2014 insgesamt keine Revierkarte angehängt habe. Erstmals von der möglichen Nichtigkeit des Jagdpachtvertrages habe er durch seinen Prozessbevollmächtigten in Vorbereitung auf ein Verfahren vor dem Amtsgericht Schleiden im August 2020 erfahren. Nachdem das Gericht dort im November 2020 als Hinweis in der mündlichen Verhandlung protokolliert hatte, dass es von der Nichtigkeit der Verträge ausgehe, habe der Kläger die Jagdausübung im Jagdrevier eingestellt. Bis zum 31.03.2021 habe er jedoch noch die Jagdpacht an die Streithelferin zu 1) gezahlt.
17Er ist der Ansicht, dass sowohl der ursprüngliche Jagdpachtvertrag als auch die Änderungsverträge aufgrund des zwingenden Schriftformerfordernisses (§ 11 Abs. 4 BJagdG) nichtig seien. Dieses sei nämlich nicht eingehalten, da weder dem Ursprungsvertrag, noch den Änderungsverträgen bei Abschluss eine genaue Revierkarte angehangen habe, noch der Vertrag eine dezidierte Grundstücksbeschreibung des Reviers im Vertrag enthalte.
18Da der Jagdpachtvertrag demnach nichtig sei, sei die Wildschadensersatzpflicht nicht wirksam vertraglich auf den Kläger übertragen worden. Hierfür hafte ausschließlich die Jagdgenossenschaft aufgrund der gesetzlichen Vorschriften (§ 29 BJagdG).
19Er schulde dem Beklagten kein Nutzungsersatz für die Nutzung oder das gejagte Wildbret, da er die Jagdpacht an die Streithelferin zu 1) für die Zeit seiner Jagd gezahlt habe.
20Der Kläger beantragt,
21Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 13.412,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 über dem Basiszinssatz seitdem 01.01.2021 zuzahlen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass dem Ursprungspachtvertrag generell keine Revierkarte anlag. Er behauptet, dass zumindest eine Vertragsausfertigung eine angeheftete Revierkarte haben muss, die sich im Moment bei der unteren Jagdbehörde befinde. Der Beklagte ist der Ansicht, dass ein Rechtsgrund für die Zahlungen des Klägers an den Beklagten bestehe. Die Parteien hätten eine Vergleichsvereinbarung über die Beträge geschlossen. Die Parteien hätten sich für jeden Schadensfall über das Bestehen oder Nichtbestehen, dessen Höhe, sowie Gläubiger und Schuldner des Zahlungsanspruches geeinigt. Der Kläger habe außerdem eine Rechnung vom Beklagten für die Zahlungen verlangt, auch hierin sei ein schuldrechtlicher Vertrag zusehen.
25Außerdem habe der Kläger spätestens ab dem 11.08.2020 die Nichtigkeit des Jagdpachtvertrages gekannt und somit auf eine Nichtschuld geleistet, da sein Prozessbevollmächtigter ihm zu diesem Zeitpunkt über die rechtlichen Hintergründe beraten habe. Mit seinen Ansprüchen sei er deshalb gemäß § 814 BGB ausgeschlossen. Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger auch auf fremde Schuld gezahlt haben könnte, die nach §§ 267, 362 BGB gegenüber dem Beklagten erloschen sei und der Kläger seine Ansprüche nur noch gegen die Streithelferin zu 1) geltend machen könne.
26Ein Rechtsgrund bestehe zugleich in der tatsächlichen Jagdausübung durch den Kläger.
27Im Falle der Nichtigkeit des Vertrages müsse sich der Kläger außerdem an die Streithelferin zu 1) halten, da eine Durchgriffskondiktion ausgeschlossen sei.
28Der Beklagte ist der Ansicht, dass er für die tatsächliche Nutzung seines Grundstücks einen Ersatzanspruch gegen den Kläger habe. Mit diesem rechnet der Beklagte in der Klageerwiderung auf.
29Der Kläger sei mit seinen Einwendungen aufgrund des Feststellungsverfahrens präkludiert. Der Beklagte erhebt außerdem die Einrede der Verjährung, da der Kläger gegen die Feststellungen im Vorverfahren nicht vorgegangen sei und die „gesetzlichen Fristen im Wildschadensrecht“ nunmehr abgelaufen seien.
30Der Beklagte und seine Streithelfer berufen sich des Weiteren auf die Treuwidrigkeit des klägerischen Verhaltens, da der Kläger im Zeitpunkt der Zahlungen an den Beklagten gewusst habe, dass dem Ursprungsvertrag keine Revierkarte anhing, der Beklagte jedoch die vertraglichen Grundlagen überhaupt nicht kannte. Der Kläger berufe sich außerdem gegenüber der Streithelferin zu 1) auf die Wirksamkeit des Vertrages, indem er für die Auflösung des Vertrages zum 01.04.2021 einen Pachtnachlass in Höhe von 2500 € erhalten habe und könne deshalb nicht dem Beklagten gegenüber die Nichtigkeit beanspruchen. Er sei trotz Kenntnis um die vermeintliche Nichtigkeit auch nach dem 25.11.2020 noch als Jagdpächter gegenüber dem Vorstand der Streithelferin zu 1) und gegenüber der Streithelferin zu 2) aufgetreten.
31Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagenergänzend Bezug genommen.
32.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
35I. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 12446,85 € gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu.
361. Voraussetzung für eine Rückforderung nach § 812 Abs. 1 S.1 BGB ist, dass der Beklagte durch Leistung des Klägers etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat. Dies war vorliegend der Fall, da der Kläger an den Beklagten insgesamt 13.412,85 € gezahlt hat, die eine vermögenswehrte Position darstellen.
37Der Kläger zahlte auch nicht auf eine fremde Schuld nämlich der Streithelferin zu 1), da er von seiner eigenen Verpflichtung zur Schadensersatzpflicht ausging. Grundsätzlich trägt zwar die Jagdgenossenschaft gemäß § 29 Abs. 1 BJagdG die Pflicht zur Erstattung von Wildschäden. Wird diese jedoch gemäß § 29 BJagdG auf den Jagdpächter übertragen, so trifft die Ersatzpflicht den Jagdpächter. Bei der Bestimmung der Leistung auf fremde Schuld, kommt es auf den Tilgungswillen zum Zeitpunkt der Leistung an. Der Kläger ging zum Zeitpunkt der Leistungen jeweils davon aus, aufgrund der vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Streithelferin zu 1) selbst zur Zahlung der Leistung verpflichtet zu sein und wollte diese Schadensersatzpflicht gegenüber dem Beklagten tilgen.
382. Diese Zahlungen erfolgten nach Auffassung des Gerichts ohne Rechtsgrund.
39a) Die Pflicht zur Schadensersatztragung für Wildschäden nach § 29 BJagdG bildet keinen Rechtsgrund der Zahlung, da sie nicht wirksam auf den Kläger übertragen wurde. Der zwischen den Parteien geschlossene Jagdpachtvertrag ist gemäß §§ 11 Abs. 4, Abs. 6 BJagdG nichtig, da er dem Schriftformerfordernis nicht genügt.
40Vorliegend kann es dahinstehen, ob der Ursprungsvertrag zwischen den Zeugen XXX, XXX und der Jagdgenossenschaft wirksam ist. Der Kläger ist dem Vertrag erst mit dem ersten Änderungsvertrag vom 27.03.2018 beigetreten, sodass er nur aus diesem heraus verpflichtet werden kann. Da der Jagdpachtvertrag nach dem Willen der Parteien in seiner Identität trotz Parteiwechsel unverändert bleiben sollte (gleiche Laufzeit, Jagdbezirk, Pachtzins), ist grundsätzlich nur von einer Vertragsänderung und nicht von einem gänzlich neuen Jagdpachtvertrag auszugehen.
41Grundsätzlich sind jedoch gemäß § 125 BGB auch spätere Änderungen des Ursprungsvertrags formbedürftig.
42Dem streitgegenständlichen Änderungsvertrag zum Jagdpachtvertrag fehlt es bezüglich der vom Jagdbezirk umfassten Fläche an der nötigen Schriftform.
43Die gesetzliche Schriftform ist nur dann gewahrt, wenn die Urkunde den notwendigen Inhalt des Rechtsgeschäfts festhält. Ist der notwendige Inhalt in zwei unterschiedlichen Urkunden enthalten, müssen sie aufeinander Bezug nehmen, um nicht formnichtig zu sein (LG Wuppertal, Urteil v. 12.03.2013 – 1 O 270/12).
44Der notwendige Inhalt eines Vertrages definiert sich nach dem Formzweck. Das Schriftformerfordernis des § 11 Abs. 4 BJagdG erfüllt unter anderem eine Beweisfunktion, die sich nicht nur auf die Vertragsparteien, sondern auch auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs allgemein erstreckt.
45Der rein schuldrechtliche Pachtvertrag ist bereits für jeden potentiellen Erwerber von Grundstücken von Bedeutung, da gemäß § 14 Abs. 1 BJagdG der Erwerber eines Grundstücks das bestehende Pachtverhältnis gegen sich gelten lassen muss. Darüber hinaus überträgt der schuldrechtliche Jagdpachtvertrag bei einem Eigenjagdbezirk das Jagdausübungsrecht auf eine von dem Eigentümer unterschiedliche Person, womit auch die Pflicht zur Hege dieses Gebietes übertragen wird. Dies muss für die Wirksamkeit des Jagdpachtvertrages bei der Unteren Jagdbehörde gem. § 12 Abs. 1 S. 1 BJagdG angezeigt werden, so dass dem Jagdpachtvertrag schon im Bezug zu der Behörde eine Außenwirkung zukommt. Ebenso sind die Regelungen des Jagdpachtvertrages bei der Wildschadensregulierung für Dritte von Bedeutung, da sich nur aus dem Pachtvertrag eine Verantwortung des Pächters für das im Vertrag bezeichnete Jagdgebiet entnehmen lässt (OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.07.2014 – I 9 U 205/19).
46Notwendiger Inhalt eines Jagdpachtvertrages ist damit auch die Aufnahme der von dem Pachtvertrag erfassten Fläche, als Beschreibung des Vertragsgegenstands. Diese muss als essentialium negotii den Jagdpachtgegenstand, das heißt, das Gebiet für das das Jagdausübungsrecht übertragen wird, eindeutig bezeichnen.
47Eine solche eindeutige Bezeichnung liegt jedenfalls dann vor, wenn alle Flurstücke, die der Jagdpachtgegenstand umfasst, im Einzelnen genau angegeben werden, oder wenn auf eine Karte, aus der die Umgrenzung des Pachtgegenstandes unzweifelhaft ersichtlich ist, eindeutig Bezug genommen wird. Beides ist hier indes nicht der Fall.
48Vorliegend kann dahinstehen, ob die von dem Zeugen XXX vorgelegte Revierkarte genau genug ist, um die Umgrenzung des Jagdreviers eindeutig zu bestimmen, da diese Karte dem Jagdpachtvertrag des Klägers unstreitig nicht anlag.
49Denn unstreitig lag sowohl dem Exemplar des Ursprungsjagdpachtvertrags des Klägers, als auch dem Exemplar des Änderungspachtvertrags des Klägers keine Ausfertigung einer Revierkarte angeheftet bei. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es unerheblich ist, ob der Kläger später eine genaue Revierkarte erhalten hat, da diese die Warn- und Beweisfunktion bei Vertragsschluss nicht mehr erfüllen kann.
50Es hätte nämlich im hiesigen Fall der Anheftung einer Revierkarte für die Wahrung der gesetzlich vorgesehen Schriftform. Nur durch eine physische Verbindung der in Bezug genommenen Dokumente kann die Beweis- und Warnfunktion des Rechtsverkehrs erfüllt werden. Sind Dokumente nicht fest verbunden, kann es vorkommen, dass, wie im vorliegenden Fall, nicht eindeutig bestimmt werden kann, auf welches Dokument Bezug genommen wurde, oder dass in Bezug genommene Dokumente abhandenkommen.
51Es kann dahinstehen, ob es für die Erfüllung des Schriftformerfordernisses ausreicht, dass die Parteien eine ausreichend bestimmte Revierkarte so in Bezug nehmen und dem Vertrag tatsächlich beilegen, dass sie zwar nicht physisch verbunden sind, aber unzweifelhaft aus beiden Dokumenten jeweils ersichtlich ist, dass auf das andere Bezug genommen wird. Denn im vorliegenden Fall ist in den Anlagen lediglich auf eine „Revierkarte“ Bezug genommen. Daraus ergibt sich jedoch nicht um was für eine Revierkarte es sich handeln soll. Sie ist in keiner Weise individualisiert, abgrenzbar und bestimmt.
52Darüber hinaus ist es unerheblich, dass unklar ist, ob es weitere Ausfertigungen des Ursprungspachtvertrages bzw. des 1. Änderungsvertrages gibt, denen möglicherweise eine detaillierte Revierkarte angeheftet ist. Werden mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, von denen jede Partei eine Ausfertigung erhalten soll und ist nicht eine Urkunde als die maßgebliche erkennbar und die anderen Urkunden als reine Kopie gekennzeichnet, müssen im Hinblick auf die Beweisfunktion der Vertragsurkunde alle Urkunden den vollständigen, identischen Vertragsinhalt aufweisen, zumal vorliegend der Kläger nicht an dem Abschluss des ursprünglichen Jagdpachtvertrages beteiligt war und daher nicht davon auszugehen ist, dass er andere als das ihm von dem Zeugen XXX übergebene Exemplar des Jagdpachtvertrages kennt.
53b) Der von dem Beklagten geltend gemachte Vergleich zwischen den Parteien bildet keinen Rechtgrund für die Zahlungen.
54Ein solcher Vergleich ist nämlich ebenfalls unwirksam.
55Die Parteien haben sich in den einzelnen Schadensfällen zwar entweder im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 35 BJagdG oder unabhängig von diesem Vorverfahren gütlich über die Höhe der Schadensfälle geeinigt, auch wenn es zweifelhaft ist, ob hierin ein gegenseitiges Nachgeben im Sinne des § 779 BGB liegt. Jedenfalls ist ein solcher Vergleich unwirksam, da die Parteien einen Sachverhalt zugrunde gelegt haben, der nicht der Wirklichkeit entsprach. Die Parteien gingen unstreitig von der Wirksamkeit des Jagdpachtvertrages und somit von der Ersatzpflichtigkeit des Klägers aus. Die Annahme der Ersatzpflicht lag den Gesprächen jeweils zugrunde.
56Die Unsicherheit bezüglich der Höhe der Schäden, also die zwischen den Parteien bestehende Unsicherheit, wäre auch nicht entstanden, wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Vertrages gekannt hätten, da der Kläger von Vorneherein für etwaige Schäden nicht verantwortlich gewesen wäre und nicht keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger dennoch eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Beklagten begründen wollte. Der Beklagte hätte sich wegen seiner Schäden an die Streithelferin zu 1) wenden müssen.
57c) Auch durch das Anfordern einer Rechnung und das Erstellen derselben stellt keinen Rechtsgrund für die Leistung des Klägers dar.
58Aus dem Anfordern einer Rechnung tritt nach dem objektivem Empfängerhorizont nicht der Wille des Klägers hervor, eine eigene rechtliche Pflicht zur Zahlung von Wildschäden zu begründen. Dies insbesondere nicht, vor dem Hintergrund der vorherigen Einigung nur über die Höhe der Wildschäden.
59Der Kläger selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, dass die Rechnung der späteren Rückverfolgbarkeit des Geldes dienen sollte. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Zahlungen durchaus um keine geringwertigen Summen handelte und die Beträge teilweise auf einfachen Notizzettel handschriftlich festgehalten wurden, stellt dies einen nachvollziehbaren Gedanken dar. Dies allerdings letztlich dahinstehen, da der Erklärungsinhalt jedenfalls nicht hinsichtlich einer selbständigen Übernahme von Zahlungsverpflichtungen zu verstehen ist.
60d) Auch die tatsächliche Ausübung der Jagd stellt keinen Rechtsgrund dar. Die tatsächliche Ausübung erfolgte allein auf Basis des Jagdpachtvertrages und begründet keine Schadensersatzpflicht.
61e) Auch die Tilgung eines möglichen Schadensersatzanspruchs nach § 823 BGB stellt keinen Rechtsgrund im Sinne des § 812 BGB dar, da der Kläger die Wildschäden nicht unmittelbar selbst verursacht hat. Auch hat er keine Verkehrssicherungspflicht für die Verhütung von Wildschäden übernommen. Er sollte vielmehr im Rahmen der Jagdpacht dafür sorgen, dass die Wildschäden sich im Rahmen halten. Dass er dies unterließ, ist jedenfalls bis zum 25.11.2020 nicht ersichtlich.
623. Der Kläger ist mit der Geltendmachung des Anspruchs von insgesamt 13.412,85 € in Höhe von 966 € ausgeschlossen.
63a) Der Kläger ist gemäß § 814 BGB in Höhe von 966,00 € mit seinem Anspruch ausgeschlossen. Die Kenntnis der Nichtschuld des Beklagten nimmt das Gericht für die letzte Zahlung in Höhe von 966 € am 14.09.2020 an, für die ersten fünf Zahlungen allerdings nicht.
64Zur Kenntnis gehört grundsätzlich nicht allein, dass der Kläger die tatsächliche Sachlage kennt. Bezogen auf den hiesigen Fall reicht es also nicht die fehlende Anheftung einer spezifischen Revierkarte an dem Jagdpachtvertrag des Klägers zu kennen. Der Kläger muss positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung haben. Er muss wissen, dass er nicht schuldet (BGH, NJW 97, 2381). „Kennen müssen“ genügt nicht, selbst wenn die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht (BGH, WM 73, 294). Grundsätzlich ist der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet, dass der Kläger die Kenntnis der Nichtschuld bei der Leistung hatte. Diese Darlegungs- und Beweislast ist vorliegend für die ersten fünf Zahlungen auch nicht auf den Kläger übergegangen, obwohl zwar im Jagdrecht grundsätzlich anerkannt ist, dass der Jagdpächter aufgrund seiner Ausbildung das Schriftformerfordernis für einen Jagdpachtvertrag kennen muss. Daraus ergibt sich im Hinblick auf mündliche Verträge der Anscheinsbeweis für die Kenntnis des Klägers. Vorliegend ist der Fall jedoch anders gelagert. Entscheidend hier ist die Reichweite des Schriftformerfordernisses. Nach Auffassung des Gerichts kann einem Jagdpächter nicht die Kenntnis unterstellt werden, dass es das Schriftformerfordernis erforderlich macht, dass eine Flurstückgenaue Revierkarte an den Jagdpachtvertrag angeheftet ist, eine konkrete Revierkarte in Bezug genommen ist oder die Grenzen des Jagdbezirks akkurat im Vertrag umgrenzt sind. Hierbei handelt es sich um eine so spezifische Rechtsfrage, die selbst in den Kommentaren zum Bundesjagdgesetz kaum behandelt wird.
65Es liegen keine Anhaltspunkte dafür dar, dass der Kläger vor August 2020 von der Unwirksamkeit des Jagdpachtvertrages wusste. Die Kenntnis der Nichtanheftung des Jagdpachtvertrages allein reicht aufgrund der obigen Ausführungen nicht, zumal der Kläger bei dem ursprünglichen Vertragsabschluss nicht anwesend war.
66Jedenfalls mit der Verteidigung in dem Verfahren Amtsgericht Schleiden, Az.: 9 C 107/20 ist die Darlegungslast jedoch auf den Kläger übergegangen. Am 05.08.2020 hat sich der hiesige Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen im dortigen Verfahren bestellt. Mit Schriftsatz vom 14.08.2020 hat er die Nichtigkeit des Vertrages aufgrund der Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses gerügt. Offensichtlich hat der Prozessbevollmächtigte den Kläger über den Formmangel des Vertrages und die Rechtsfolgen schon zu diesem Zeitpunkt informiert. Auf diese rechtliche Beratung hätte sich der Kläger verlassen müssen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der nicht nur Schulungen im Jagdrecht gibt, sondern auch Herausgeber eines einschlägigen Kommentars des Jagdrechts ist, durfte mit Sicherheit davon ausgehen, dass seine rechtliche Einschätzung der Rechtslage korrekt ist. Eine größere rechtliche Sicherheit hätte andernfalls auch nicht der richterliche Hinweis in dem Verfahren Amtsgericht Schleiden, Az.: 9 C 107/20 geben dürfen, da auch diesem keine Rechtswirkung zukommt. Er ist insbesondere für andere Gerichte nicht bindend ist. Spätestens mit dem 14.08.2020 ist der Kläger demnach für die Unkenntnis von der Nichtschuld der Leistung. Anhaltspunkte dafür, dass der trotz der anwaltlichen Beratung keine Kenntnis von der Nichtschuldig hatte legt er nicht da, sodass er mit der Rückforderung von 966,00 € ausgeschlossen ist.
67b) Der Kläger ist mit dem Anspruch nicht präkludiert und die jagdrechtlichen Vorverfahren entfalten keine entgegenstehende Rechtskraft für das vorliegende Verfahren. Zum einen ist eine Präklusion oder die entgegenstehende Rechtskraft hinsichtlich dieser Einwendungen gesetzlich nicht vorgesehen. Auch der Sinn des jagdrechtlichen Vorverfahrens widerspricht der Annahme einer Präklusion oder der Annahme der entgegenstehenden Rechtskraft. Der Sinn des Feststellungsverfahren nach den §§36-41 LJagdG ist es am Schadensort eine zeitnahe Aufnahme und Schätzung der Höhe der Schäden zu ermöglichen. Gemäß § 37 LJagdG NRW werden neben dem Geschädigten auch der zum Schadensersatz Verpflichtete zum Ortstermin geladen. Eine Pflicht die Ersatzpflicht des Verpflichteten zu prüfen ist nicht statuiert und nicht Sinn des Verfahrens, dass diese Ersatzpflicht gerade voraussetzt. Auch aufgrund der durchaus komplizierten und nicht alltäglichen Fragestellung ist das Vorverfahren nicht der geeignete Raum für diese Einwendungen.
68Im Übrigen kannte der Kläger die Nichtigkeit des Jagdpachtvertrages erst mit dem 14.08.2020, sodass er diese Einwände bei den früheren Verfahren nicht hätte erheben können.
69c) Der Kläger ist nicht gemäß § 242 BGB wegen Treu und Glauben mit seinem Anspruch ausgeschlossen.
70Im Rahmen von §11 Abs. 6 BJagdG ist der Einwand der Treuwidrigkeit nicht möglich, da es sich hierbei um eine öffentlich-rechtliche Vorschrift handelt (BGH, Beschluss vom 24.03.1994 – III ZR 65/93, NJW-RR 1994, 778; OLG Hamm, Beschluss vom 31.01.2018 – 30 U 101/17). Darüber hinaus ist auch bei privatrechtlichen Formvorschriften nur ausnahmsweise von einer rechtsmissbräuchlichen und somit unzulässigen Rechtsausübung auszugehen, da sonst die Formvorschriften ausgehöhlt würden. Ein Ausnahmefall, das heißt ein besonders schwerer Treueverstoß oder eine unzumutbare Situation ist für den Beklagten vorliegend jedoch nicht gegeben, sodass es letztlich dahinstehen kann, ob der Kläger nach außen noch als Jagdpächter aufgetreten ist und ob er gegenüber der Streithelferin zu 2) davon sprach, dass sein Jagdpachtvertrag zum 31.03.2021 beendet sei, statt von der Nichtigkeit des Vertrages im Ganzen zu sprechen.
71d) Die Ansprüche sind auch nicht verjährt. Soweit sich der Beklagte auf die „gesetzlichen Fristen im Wildschadensrecht“ beruft, findet sich nur in § 34 BJagdG eine Frist zur Anzeige eines Schadens. Darauf kommt es vorliegend jedoch überhaupt nicht an, sodass zwischen dieser Ausschlussfrist und der Verjährung im hiesigen Verfahren überhaupt kein Zusammenhang besteht. Auch die regelmäßigen Verjährungsfristen haben für die Zahlungen im Jahr 2018 gemäß § 199 BGB am 31.12.2018 zu laufen begonnen und wurden gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die Klageerhebung gehemmt.
723. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht durch die Hilfsaufrechnung des Beklagten erloschen. Die Hilfsaufrechnung ist zulässig, die innerprozessuale Bedingung- kein Erfolg mit der Hauptverteidigung - ist eingetreten. Der Gegenanspruch des Beklagten besteht jedoch nicht. Der Beklagte hat keinen für die jagdrechtliche Nutzung des Klägers. Dieser steht allein der Streithelferin zu 1) zu. Der Kläger hat nämlich seine Nutzung des Jagdgebietes nicht „auf Kosten“ des Beklagten erhalten, da dem Beklagten gemäß § 8 Abs. 5 BJagdG die Ausübung des Jagdrechts nicht zusteht, sondern dieses allein der Streithelferin zu 1) zukommt. Nur in diesem vermeintlichen Vertragsverhältnis kann auch die vertragliche Rückabwicklung Kläger –Streithelferin zu 1) erfolgen. Im Übrigen ist die Erklärung der Aufrechnung auch zu unbestimmt und lässt nicht erkennen, auf welchen Anspruch sich diese genau beziehen soll.
73II. Der Zinsanspruch ergibt sich wegen Verzugs aufgrund der Mahnung vom 08.12.2020 gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB seit dem 01.01.2021.
74IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 ZPO.
75Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
76Der Streitwert wird festgesetzt auf: 13.412,85 €
77XXX |
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