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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
T a t b e s t a n d
2Der Beklagte ist Inhaber der Firma "M", einer in B ansässigen Immobilienverwaltung. Die Kläger sind afrikanischer Herkunft und haben eine dunkle Hautfarbe. Sie vereinbarten mit einer Mitarbeiterin der Firma "M", Frau I2, für den 06.09.2006 um 12.00 Uhr einen Besichtigungstermin für eine 3-Zimmer-Wohnung in einem vom Beklagten verwalteten Mehrfamilienhaus, L-Straße in B. Vor Ort empfing sie die Hausmeisterin des Mehrfamilienhauses, Frau B2, die den Besichtigungstermin durchführen sollte. Die Hausmeisterin steht in keinem Angestelltenverhältnis zum Beklagten. Der weitere Verlauf des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Die Kläger wandten sich in der Folge an das Antidiskriminierungsbüro (ADB) B, das ein sog. Testingverfahren durchführte. Mit Schreiben vom 18.09.2006 wandte sich das ADB B im Auftrag der Kläger an den Beklagten und erhob dem Grunde nach Ansprüche für die Kläger. Der Beklagte wies Ansprüche mit Schreiben vom 29.09.2006 zurück.
3Mit Schreiben vom 27.05.2008 forderten die Kläger den Beklagten auf, die ladungsfähige Anschrift der Wohnungseigentümer herauszugeben.
4Die Kläger verfolgen mit der Klage die Zahlung von Schmerzensgeld sowie die Erstattung ihrer Fahrtkosten zum Besichtigungstermin und zum Beratungstermin beim ADB B i.H.v. 56,- €. Weiter nehmen sie den Beklagten auf Auskunftserteilung in Anspruch.
5Die Kläger sind der Ansicht, der Beklagte sei passivlegitimiert. Dazu behaupten sie, sei seien davon ausgegangen, dass der Beklagte der Vermieter sei. Sie meinen, der Beklagte hafte auch in seiner Eigenschaft als Vermittler des Vertrags. Sie behaupten, ihnen sei eine Besichtigung und Anmietung der Wohnung L-Straße in B, aufgrund ihrer Hautfarbe und afrikanischen Herkunft verweigert worden. Die Hausmeisterin habe unmittelbar nach dem Öffnen der Tür, beim Anblick der afrikanischen Familie, erklärt: "Die Wohnung wird nicht an Neger, äh... Schwarzafrikaner und Türken vermietet." Auf Nachfrage der Kläger, habe Frau B2 erwidert, dies sei eine Anweisung der Hausverwaltung. Mit derselben Begründung habe sie ihnen außerdem auch die bloße Besichtigung der Räumlichkeiten verweigert. Bei dem unmittelbar darauf folgenden Beschwerdeanruf der Kläger beim Beklagten, habe Frau I2 die Angaben von Frau B2 bestätigt. Außerdem habe sie erklärt, der Eigentümer habe schlechte Erfahrungen mit afrikanischen Mietern gemacht habe und lehne daher eine Vermietung an Afrikaner strikt ab.
6Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 13.02.2009 behaupten die Kläger, sie hätten die Wohnung gar nicht mieten, sondern zunächst nur besichtigen wollen. Daher seien sie bei dem "Zugang zum Wohnraum" benachteiligt worden.
7Die Kläger haben die in der Klageschrift vom 16.07.2008 (Bl. 85 d.A.) formulierten Klageanträge zu 2 und 3 in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2009 (Bl. 160 d.A.) umformuliert.
8Die Kläger beantragen,
91. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger € 56,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
102. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger zu 1 und 2 jeweils ein angemessenes Schmerzensgeld i.H.v. mindesten 2.500,- € zu zahlen;
113. den Beklagten zu verurteilen, den Klägern Auskunft über die ladungsfähige Anschrift der Eigentümerinnen Frau I und Frau yzu geben.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte rügt seine Passivlegitimation. Er behauptet, der Kläger habe sich im Telefonat mit seiner Mitarbeiterin nur beschwert, die Hausmeisterin habe ihn beleidigt; dass sie ihn als Mietinteressenten abgelehnt habe, habe er nicht erwähnt. Die Hausmeisterin habe die behauptete Äußerung nicht getätigt. Im übrigen sei die Herkunft oder Hautfarbe des Mietinteressenten bei der Auswahl der Mieter, die zudem in der Regel der jeweilige Eigentümer der Wohnung treffe, kein Auswahlkriterium. Dies ergebe sich schon daraus, dass - insoweit unstreitig - gerade im streitgegenständlichen Mietobjekt ein großer Anteil der Mieter ausländischer Herkunft sei. Die Hausmeisterin habe keine Befugnisse, Mietinteressenten im Namen des Eigentümers oder der Hausverwaltung abzulehnen. Der Beklagte ist der Ansicht, für etwaige Äußerungen der Hausmeisterin nicht einstehen zu müssen, da er ihr gegenüber kein Direktionsrecht habe. Allenfalls seien Äußerungen der Hausmeisterin dem Wohnungseigentümer zuzurechnen.
15Mit Schriftsatz vom 06.08.2007, der am 24.08.2007 beim Amtsgericht B eingegangen ist, haben die Kläger Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gestellt. Diesen Antrag hat das Gericht, nachdem der Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen worden ist, mit Beschluss vom 27.11.2007 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Kläger hat das Oberlandesgericht L2 mit Beschluss vom 23.01.2008 zurückgewiesen. Am 11.08.2008 sind die Gerichtskosten für die Durchführung des Klageverfahrens eingezahlt worden. Die Klageschrift vom 16.07.2008 ist den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 23.09.2008 zugestellt worden.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger ihre Ansprüche auf unerlaubte Handlung stützen. Im übrigen ist die Klage zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
19I.
201.
21Soweit die Kläger ihre Ansprüche auf eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts stützen, §§ 831, 823 BGB ist die Klage bereits unzulässig, da sie das gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 GüSchlG vorgeschriebene Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt haben (vgl. zur Unzulässigkeit einer ohne Einigungsversuch erhobenen Klage BGH Urteil vom 23.11.2004, VI ZR 336/03, abgedruckt in NJW 2005, 437 ff.).
222.
23Der Zulässigkeit der Klage steht, soweit die Kläger ihre Ansprüche auf Vorschriften des 3. Abschnittes des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ( §§ 19 ff. AGG) stützen, nicht entgegen, dass die Kläger vor Klageerhebung nicht das gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 GüSchlG NRW für Streitigkeiten über diese Ansprüche obligatorische Güteverfahren durchgeführt haben. Denn nach § 15 GüSchlG gilt § 10 Abs. 1 GüSchlG nicht für Klagen, die am Tag des In-Kraft-Tretens des Gesetzes bereits bei Gericht eingegangen waren. Eine entsprechende Regelung enthält Art. 2 Nr. 2 des Änderungsgesetzes vom 20.11.2007 (GV NRW S. 583), aufgrund dessen die Regelung des § 10 Abs. 1 Ziffer 3 GüSchlG in seiner ab dem 01.01.2008 gültigen Fassung in das GüSchlG eingefügt worden ist. Da der Antrag der Kläger auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits am 24.08.2007 bei Gericht eingegangen ist, ist die Zulässigkeit der Klage nicht von der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens abhängig.
24II.
25Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Den Klägern stehen die erhobenen Ansprüche nicht zu.
261.
27Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung ihres immateriellen ("Schmerzensgeld" in Höhe von jeweils 2.500,- €) sowie Erstattung ihres materiellen Schadens (Fahrtkosten i.H.v. 56,-€). Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 21 Abs. 2 S. 1 und 3, 19 AGG. Es fehlt - unabhängig von der Richtigkeit des Vortrags der Kläger - bereits an der Passivlegitimation des Beklagten.
28Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG ist eine Benachteiligung u.a. aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft bei der Begründung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die Massengeschäfte darstellen oder bei der das Ansehen der Person nach Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, unzulässig, wobei § 19 Abs. 3 AGG bei der Begründung von Wohnraummietverhältnissen eine unterschiedliche Behandlung unter bestimmten, im einzelnen in der Vorschrift näher bezeichneten Voraussetzungen, zulässt. Nach § 19 Abs. 5 S. 3 AGG stellt die Vermietung von Wohnraum in der Regel kein Geschäft i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG dar, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet.
29Nach § 21 Abs. 2 AGG ist der Benachteiligende bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbotes nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG verpflichtet, dem Benachteiligten den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.
30Danach bestehen Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten nicht. Bei dem Beklagten handelt es sich nicht um den "Benachteiligenden" im Sinne des § 21 Abs. 2 S. 1 AGG. Für die behauptete Benachteiligung der Kläger gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG, in Gestalt der Verweigerung des Abschlusses eines Mietvertrags aufgrund ihrer Rasse und ethnischen Herkunft, ist der allein in Betracht kommende Anspruchsgegner der Anbieter der begehrten vertraglichen Leistung (MüKo/Thüsing, BGB, 5. Aufl., § 19 AGG Rn. 131; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 3 AGG Rn. 1, 8). Dies ist hier der Wohnungseigentümer. Denn im Fall eines Mietvertragsschlusses gem. § 535 BGB wäre der Wohnungseigentümer Vertragspartner der Kläger geworden und nicht der Beklagte, der lediglich im Auftrag des Wohnungseigentümers tätig geworden ist.
31Der Einwand der Kläger, aus ihrer Sicht habe der Beklagte Vertragspartner werden sollen, was für die Beurteilung der Passivlegitimation maßgeblich sei, rechtfertigt keine andere Wertung. Insoweit haben die Kläger, worauf sie schon im Beschluss des Oberlandesgericht vom 23.01.2008 hingewiesen worden sind, diese Behauptung nicht hinreichend schlüssig vorgetragen, zumal unstreitig ist, dass der Beklagte als Wohnungsverwalter für verschiedene Eigentümer tätig wird. Eine weitere Konkretisierung des Vortrags ist nicht erfolgt.
32Soweit die Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.03.2009 sinngemäß vortragen lassen, das von ihnen angestrebte vertragliche Schuldverhältnis sei nicht die Anmietung der Wohnung gewesen, sondern zunächst nur die Besichtigung der Wohnung, steht diese neue Darstellung nicht nur im Widerspruch zum gesamten vorangehenden Vortrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, sondern kann auch, da nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht, nach § 296 a ZPO keine Berücksichtigung finden.
33Entgegen der Ansicht der Kläger rechtfertigt der Schutzzweck des AGG auch im Lichte der europäischen Richtlinien (vgl. dazu im Einzelnen die amtl. Anmerkung abgedruckt Schönfelder, Deutsche Gesetze, AGG, Fußnote 1), deren Umsetzung es dient, keine andere Wertung. Denn eine nach dem AGG unzulässige Benachteiligung durch einen Dritten, dessen sich der Leistungsanbieter bei der Auswahl des Vertragspartners bedient, bleibt auch bei einer Verneinung der Haftung des Dritten nicht sanktionslos. Der Leistungsanbieter hat sich vielmehr nach allgemeinen Regeln das Verhalten des Dritten zurechnen zu lassen und haftet nach den Vorschriften des AGG, wenn er danach die durch den Dritten begangene Benachteiligung zu vertreten hat.
342.
35Auch ein Anspruch der Kläger auf Schadensersatz in Höhe von 56,00 € und Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 2.500,- € wegen der Verletzung von vorvertraglichen Rücksichtnahmepflichten gem. §§ 280 i.V.m. 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB besteht aufgrund der fehlenden Passivlegitimation des Beklagten nicht. Zwischen den Klägern und dem Beklagten bestand kein vorvertragliches Schuldverhältnis im Sinne des § 311 Abs. 2 BGB. Sowohl der Beklagte als auch seine Hilfspersonen sind lediglich als die Erfüllungsgehilfen des Wohnungseigentümers tätig geworden. Eine Haftung des Beklagten kommt allenfalls nach deliktischen Vorschriften in Betracht (vgl. zur vergleichbaren Haftung des Maklers Palandt/Sprau, aaO., Einf. v § 652 Rn. 8). Die Klage war insoweit, wie eingangs ausgeführt, mangels Durchführung des nach § 10 GüSchlG vorgeschriebenen Schlichtungsverfahrens unzulässig.
363.
37Da den Klägern der geltend gemachte Anspruch in der Hauptsache nicht zustand, ist die Klage auch abzuweisen, soweit hierauf Zinsen verlangt werden.
38III.
39Der Beklagte ist nicht verpflichtet, den Klägern die ladungsfähige Anschrift der Eigentümerinnen der Wohnung mitzuteilen. Eine solche Pflicht resultiert weder aus einem vorvertraglichen Leistungsverhältnis noch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis i.S.d. § 823 BGB jeweils i.V.m. § 242 BGB.
40Voraussetzung für eine Auskunftspflicht ist das Bestehen einer Sonderverbindung zwischen den Parteien. Allein der Umstand, dass jemand eine Information besitzt, die für einen anderen bedeutsam ist, begründet keine Auskunftspflicht. Eine Sonderverbindung i.d.S. kann ein Vertrag, ein Abwicklungsverhältnis nach Rücktritt oder Kündigung oder ein gesetzliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung sein. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
41Ansprüche aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis, insoweit kommt lediglich eine deliktische Haftung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung in Betracht, können im vorliegenden Verfahren mangels Durchführung des Schlichtungsverfahrens nicht geltend gemacht werden.
42Eine vorvertragliche Leistungsbeziehung zwischen den Parteien besteht, wie schon ausgeführt, nicht.
43IV.
44Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
45Streitwert:
Klageantrag zu 1: | 56,00 € |
Klageantrag zu 2: | 5.000,00 € |
Klageantrag zu 3: | 100,00 € |
Gesamt: | 5.156,00 € |
Dr. L |