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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 09.01.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen - 5 C 536/01 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu ge-fasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von einer Restforderung der Firma ..............., ....................................., ..... ..................., in Höhe von 678,98 EUR aus der Mietwagenrechnung Nr. 70955650 vom 09.04.2001 freizustellen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz werden der Beklagten zu 80 % und der Klägerin zu 20 % auferlegt.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
2Entscheidungsgründe
3Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Klägerin hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
4Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Freistellungsanspruch in dem tenorierten Umfang aus § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVG.
5Die Beklagte schuldet der Klägerin dem Grunde nach unstreitig Ersatz der ihr infolge der Beschädigung ihres Fahrzeuges BMW 318I, Cabrio, 2-türig, durch den Verkehrsunfall vom 28.3.2001 entstandenen Schäden.
6Der Höhe nach ist die Beklagte der Klägerin gemäß § 249 Satz 2 BGB zur Freistellung von einer Restforderung der Firma ..............., ...................., in Höhe weiterer 678,98 EUR verpflichtet.
7Der Übereinstimmung des von der Klägerin erbrachten Kostenaufwandes mit der mietvertraglichen Vereinbarung zwischen der Firma ............... und der zu den Akten gereichten Mietwagenrechnung vom 9.4.2001 kommt insoweit grundsätzlich indizielle Bedeutung hinsichtlich der Erforderlichkeit der geltend gemachten Mietwagenkosten im Sinne von § 249 Satz 2 BGB zu (vgl. BGH NJW 1996, 1959 f. unter II. 2. c) aa); Körber NZV 2000, 70 unter II. 1. b) jeweils m.w.N.).
8Die Höhe des der Klägerin in Rechnung gestellten Unfalltarifes lag auch nicht deutlich über dem üblichen Rahmen der im Unfallersatzwagengeschäft des Aachener Marktes angebotenen Tarife (vgl. zu den Kriterien für die Ermittlung dieses Rahmens: Körber, a.a.O., 71 ff. m.w.N.). Dies hat die Klägerin durch Vorlage eines Auszuges aus dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2000, ausweislich dessen der Unfallersatztarif für die 7-tägige Anmietung derartiger Pkw der Klasse 7 im Postleitzahlengebiet 520 im Mittel mit 3.129.- DM brutto berechnet wird, sowie einer Preisübersicht der Region Köln-Bonn-Siegburg-Düren-Koblenz-Waldbröl per 01.06.1997 substantiiert dargelegt, ohne dass die Beklagte diesem Sachvortrag in hinreichendem Maße entgegengetreten ist.
9Dem auf Freistellung der Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 3.031,08 DM abzüglich bereits geleisteter 1.400,00 DM gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin unstreitig vor Abschluss des Mietvertrages weder gegenüber der Firma ......................... noch gegenüber anderen Mietwagenunternehmen nach Vergleichspreisen erkundigt und infolge dessen nicht den gegenüber dem abgerechneten Unfallersatztarif günstigeren Normaltarif in Anspruch genommen hat, denn die Klägerin durfte auch ohne weitere Anhaltspunkte auf die Angemessenheit und damit Ersatzfähigkeit des ihr angebotenen Preises für "Unfallersatzwagen" vertrauen. Dass von den Fahrzeugvermietern eine Vielzahl unterschiedlicher Tarife angeboten wird und hierbei die sogenannten "Unfallersatztarife" deutlich teurer als Normaltarife sind, mag zwar den mit diesen Fragen befassten Rechtspflegeorganen bekannt sein (dazu zutreffend, jedoch im Ergebnis der Entscheidung nicht überzeugend: OLG München, DAR 1995, 256), für den in Unfallschadenssachen in aller Regel jedoch unerfahrenen Durchschnittskunden kann diese Kenntnis aber nicht unterstellt werden, zumal die mit der Klageschrift vorgelegte "Unfallersatzwagen-Preisliste" der Beklagten der Klägerin suggeriert hat, dass hier ein auf ihre konkrete (Unfall-) Situation zugeschnittener Tarif ausgewählt worden ist (so zutreffend: BGH NJW 1996, 1958, 1959; OLG Düsseldorf NZV 1995, 1990, 1991 f.).
10Die teilweise vertretene Rechtsansicht, der Geschädigte sei vor der Inanspruchnahme eines Mietwagens generell zu einer Einholung von Vergleichsangeboten verpflichtet (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage 2002, § 249 Rd. 14 a) m.w.N. zum Streitstand), ist aus den vorbezeichneten Gründen abzulehnen, denn diese Ansicht weicht von dem Grundanliegen des § 249 BGB, dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen Schadensausgleich zu verschaffen, ab, ohne dass dies aus sachlichen Erwägungen heraus geboten wäre (BGH a.a.O.). Dem Kosteninteresse des jeweiligen Haftpflichtversicherers kann hinreichend dadurch Rechnung getragen werden, dass der in diesem Marktsegment in der Regel unerfahrene Geschädigte seine Schadensersatzansprüche gegen den Autovermieter wegen fehlerhafter Beratung über die günstigste Tarifgestaltung an den Haftpflichtversicherer abtritt (vgl. BGH a.a.O.; BGH NJW 1996, 1965, 1966; OLG Frankfurt, ZfS 1995, 94). Der damit für den Versicherer entstehende personelle und sachliche Mehraufwand wird durch dessen Sachkompetenz in diesem Bereich und dessen Möglichkeiten der Einflussnahme und Absprache mit den führenden Autovermietern (vgl. dazu zutreffend: OLG Stuttgart NJW-RR 1994, 921, 922) wieder relativiert.
11Ob in Fällen, in denen der Geschädigte von vornherein mit einer mehrwöchigen Reparaturdauer rechnen muss und in diesem Zeitraum auf die intensive Nutzung eines Kfz angewiesen ist, aufgrund des dadurch zu erwartenden erheblichen Mietkostenvolumens gemäß § 254 Abs.2 BGB andere Anforderungen an die Erkundungspflichten des Geschädigten zu stellen sind, bedarf hier keiner Entscheidung, denn die Klägerin durfte ausweislich der vorgelegten Schätzung der Reparaturdauer durch den Sachverständigen ............................. mit Gutachten vom 30.03.2001 von einem Zeitraum von - nur - etwa 5 Arbeitstagen ausgehen.
12Die Klägerin hat mit dem Fahrzeug des Typs BMW 520 I Touring ein Ersatzfahrzeug anderen Typs angemietet. Da aber, wie die Beklagte durch Vorlage eines Auszuges aus der Schwacke-Liste, Automietpreisspiegel, I 2001, konkret dargelegt hat, beide Fahrzeuge in die Pkw-Mietwagenklasse 7 einzustufen sind, steht dieser Umstand der Ersatzfähigkeit der abgerechneten Mietwagenkosten nicht entgegen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, § 249 Rd.13). Die in der mündlichen Verhandlung vom 24.5.2002 von der Kammer formulierte Einstufung ist mit dieser an den konkreten Fahrzeugtyp nebst den Leistungs- und Hubraumdaten des beschädigten Pkw anknüpfenden Übersicht, der die Beklagte nicht widersprochen hat, widerlegt.
13Von den verbleibenden, ersatzfähigen Mietwagenkosten sind jedoch die von der Klägerin infolge der Nutzung des Ersatzfahrzeuges ersparten Eigenaufwendungen abzusetzen, die die Kammer unter Berücksichtigung des Wertes, der Fahrzeugklasse und der damit verbundenen Unterhaltskosten des beschädigten Fahrzeuges gemäß § 287 Abs.1 ZPO mit 10% der abgerechneten Mietwagenkosten beziffert (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rd.14a m.w.N. zum Streitstand).
14Nach alledem ergibt sich folgende Schadensberechnung:
15Mietwagenkosten gemäß Rechnungsvorlage 3.031,08 DM
16abzgl. 10% Ersparnis - 303,11 DM
17= 2.727,97 DM
18abzgl. bereits gezahlter - 1.400,00 DM
19= 1.327,97 DM
20= 678,98 EUR.
21Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
22Gegen diese Entscheidung wird die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 ZPO a.F. nicht erfüllt sind, insbesondere der BGH in seiner vorbezeichneten Grundsatzentscheidung (vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung insoweit: Körber, a.a.O., 69 f. m.w.N.) bereits zu diesem Problemkreis Stellung genommen hat.
23Berufungsstreitwert: 833,96 EUR .
24T3 | I | C |