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Dem Kindesvater wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind T., geboren am 00.00.0000, übertragen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
2Die Parteien des Verfahrens sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe ist das minderjährige Kind T. hervorgegangen. T. lebt seit der Trennung der Parteien im Haushalt der Kindesmutter. Das Sorgerecht steht beiden Eltern gemeinsam zu.
3Die Mutter ist inzwischen mit A. verheiratet und lebt mit diesem und der im August 0000 geborenen gemeinsamen Tochter zusammen.
4Der Vater lebt mit seiner Lebensgefährtin und deren beiden minderjährigen Kinder in einem Haushalt.
5Die Parteien sind dem Gericht durch mehrere Umgangsverfahren bekannt. Hierbei handelt es sich um die Verfahren 25 F 15/17; 25 F 135/17;25F 224/18; 25F 346/18. Im Rahmen dieser Verfahren wurden Regelungen zur Durchführung des Umgangs getroffen. Es wurde eine Umgangspflegschaft eingerichtet, deren Dauer im Hinblick auf die fehlende Entwicklung zwischen den Parteien, schließlich unbefristet eingerichtet wurde. Immer wieder kam es zwischen den Parteien bezüglich der Durchführung von Umgangskontakten zu Auseinandersetzungen, die trotz Einrichtung der Umgangspflegschaft nicht ausgeräumt werden konnten.
6Bei T. handelt es sich nach Angaben von Frau P. um ein hochbelastetes Kind, was zwischenzeitlich auch bei Herrn U, Psychologe, auf Anraten von Frau F., Umgangspflegerin, angebunden ist. T. mache einen sehr unselbstständigen Eindruck, sei sehr verunsichert und weise im sprachlichen Bereich erhebliche Entwicklungsdefizite auf.
7T. suche darüber hinaus Frau K. von der Beratungsstelle auf, bei welcher auch die Kindeseltern angebunden sind.
8Er habe eine gute Bindung zum Kindesvater.
9Eine Klärung zwischen den Eltern sei im Gespräch beim Jugendamt nicht möglich. Einen Tag nach dem Gespräch schickte die Mutter dem Kindesvater Bilder von T´s. Rücken. Sie berichtete, dass er rückwärts die Treppe runter gefallen sei. Beim Arzt sei sie nicht gewesen. Entgegen der Erklärung der Mutter wurde der Kindergarten hierüber nicht informiert. Bereits im Oktober 2019 hat T. eine oberflächliche Verletzung an der Nase erlitten, weshalb die Kindesmutter T. im Krankenhaus vorstellte und dort erklärte, dass er aus dem Bett gefallen sei. Im Dezember letzten Jahres hatte T. eine Schwellung am Wangenknochen bzw. ein leicht blaues Auge. Hierzu habe die Mutter erklärt, dass T. sich in der Kita im Bällebad geprügelt habe.
10Unstreitig hat die Kindesmutter darüber hinaus T. den Mund mit Klebeband zu geklebt.
11Der Kindesvater berichtet, dass er zunehmend Veränderung bei T. seit der Geburt des zweiten Kindes der Kindesmutter feststellen könne. Er sei sehr eingekehrt und versuche die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. So wolle er beispielsweise nach dem Toilettengang wieder den Po abgewischt bekommen.
12Ferner berichtet der Kindesvater von einem Besuch des Herrn A., welcher mit der Schwester des Ehemanns der Kindesmutter liiert ist. Er kenne Herrn A. nicht. Anlässlich des Besuchs habe Herr A. ihm auf Geheiß der Kindesmutter
13gedroht , ihm die Arme oder Beine zu brechen und ihn hierdurch außer Gefecht zu setzen, damit keinerlei Besuchskontakte durchgeführt werden können.
14Dem Kompromissvorschlag des Jugendamtes, nach all den Vorfällen, das Kind bis zur weiteren Klärung in die Obhut des Kindesvaters zu geben, konnte die Kindesmutter nicht zustimmen.
15Der Kindesvater beantragt unter Bezugnahme auf die einzelnen geschilderten Geschehnisse,
16das Aufenthaltsbestimmungsrecht für seinen Sohn vorläufig auf ihn zu übertragen und die Kindesmutter zur Herausgabe zu verpflichten.
17Die Kindesmutter beantragt
18den Antrag zurückzuweisen.
19Zu keinem Zeitpunkt habe eine Kindeswohlgefährdung T. im Haushalt der Kindesmutter vorgelegen. Die Geschehnisse um Herrn A. seien frei erfunden. Herr A. führe einen Rachefeldzug gegen die Antragsgegnerin, da er ehemaliger Mitarbeiter des jetzigen Ehemannes der Antragsgegnerin gewesen sei. Den Sturz von der Treppe habe sie dem Kindergarten mitgeteilt. Das Kind sei nicht schwer verletzt gewesen, sodass es keines Krankenhausbesuche bedurfte.
20Zum weiteren Sachstand wird Bezug genommen auf die Stellungnahmen des Stadtjugendamtes Düren, der Verfahrensbeiständin als auch der Umgangspflegerin im Termin am selben Tag zur Hauptsache AG Düren Az.25 F 51 /21.
21Das Kind wurde in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin angehört. Trotz eingehender Versuche, kam eine Unterhaltung nicht zustande. T. wirkte sehr zurückhaltend, gab aber zu erkennen, dass er bei seiner Mama leben und den Papa besuchen wolle.
22Das Vernehmungsprotokoll von Herrn A. wurde nach der Sitzung beigezogen.
23Gemäß §§ 1666, 1671 BGB in Verbindung § 157 FamFG war dem Kindesvater das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig zu übertragen.
24Gemäß §1666 BGB hat das Familiengericht Maßnahmen zu ergreifen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr entsprechend abzuwenden. Im Rahmen dessen ist vom Familiengericht der Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen.
25Aufgrund der Berichte, insbesondere der Umgangspflegerin aber auch des Stadtjugendamtes Düren sowie der Verfahrensbeiständin geht das Gericht davon aus, dass der Wechsel in den Haushalt des Kindesvaters für das Kind jedenfalls bis zur Erstellung eines Gutachtens kindeswohldienlicher als der weitere Verbleib im Haushalt der Kindesmutter ist und hierdurch Gefährdungsmomente abgewendet werden können.
26Frau F. berichtete von den durchgeführten Besuchskontakten. Trotz der langen Begleitung müsse T. immer wieder überredet werden, Kontakte mit seinem Vater durchzuführen. Als Begründung führe das Kind teilweise an, dass er nicht zum Papa fahren wolle, weil die Mama erkrankt sei. Auch habe die Kindesmutter häufig Alternativveranstaltungen mit dem Kind besprochen, um so die Durchführung von Kontakten zu verhindern und das Kind hierdurch absichtlich verunsichert. Von der Kita sei ihr berichtet worden, dass T. nach den Vaterwochenenden entspannt in den Kindergarten käme, jedoch bei Übergabe durch die Mutter regelmäßig angespannt und zurückhaltend wirke. Weiter habe der Kindergarten berichtet, dass T. nicht spreche und nicht deutlich lache, er sei sehr unselbstständig. Spreche nur wenig zu Erwachsenen.
27Frau F. erklärt, T. werde im Haushalt der Kindesmutter massiv manipuliert, so insbesondere auch durch die Oma. Von der Kita sei berichtet worden, dass T. gesagt habe, Oma habe ihm gesagt, er müsse nicht zum Papa
28So berichtet Frau P., dass die Sachbearbeiterin der Beratungsstelle Frau K. mitgeteilt habe, dass der Junge ihres Erachtens sehr hoch belastet sei. Sie habe vor Kurzem davon Kenntnis erlangt, dass ein Herr A., aufgehetzt durch die Kindesmutter, den Kindesvater davon abbringen sollte, Umgang mit seinem Kind durchzusetzen, ihm sogar Schläge und den Tod angedroht habe. Ihr gegenüber habe Herr A. dies in abgeschwächter Form letztlich bestätigt. Ferner sei die Kindesmutter beratungsresistent . Bereits 2016 habe es Gespräche mit dem Bereitschaftsdienst, Frau Kollegin K. von der Beratungsstelle und den Eltern gegeben. Aus ihrer Sicht sei der Vater toleranter und diene der Entspannung der Situation für das Kind. Insgesamt habe der Vater aus ihrer Sicht bessere Kapazitäten und Möglichkeiten den Jungen mit seiner Belastung aufzufangen.
29Frau F. berichtet weiter, dass die frühere Ergänzungspflegerin Frau M. anlässlich der Durchführung eines Besuchskontaktes durch die ganze mütterliche Familie unter Druck gesetzt worden sei, die Durchführung der Umgangskontakt zum Kindesvater doch einzustellen.
30Frau S. berichtet, aus ihrer Sicht sei der Vater als sehr bemüht anzusehen , die Kindesmutter sehe den Bedarf entsprechender Beratung nicht und verhalte sich diesbezüglich noch nicht transparent. Ihrer Ansicht nach erreiche das Mund zu
31kleben mit einem Klebeband unter Berücksichtigung der massiven Verhaltenseinschränkung des Kindes bereits denGrad einer Kindeswohlgefährdung. Auf Seiten des Kindesvaters würden die Probleme des Kindes besser erkannt und obwohl T. seit vier Jahren im Haushalt der Kindesmutter lebe, halte sie den Wechsel T`s. in den Haushalt des Kindesvaters derzeit auch unter Berücksichtigung des entgegenstehenden Willens als erforderlich an, um einer weiteren Kindeswohlgefährdung entgegenzuwirken.
32Nach den vorangegangenen Ausführungen ist im Rahmen einer summarischen Prüfung davon auszugehen, dass das Kind sich in einem massiven Loyalitätskonflikt befindet, der durch die manipulative Verhaltensweise der Kindesmutter immer weiter geschürt wird und hierdurch eine psychische Kindeswohlgefährdung im Raum steht. Offensichtlich wird dies gestützt durch ihre eigene Mutter, der Großmutter von T. und den übrigen Mitgliedern der mütterlichen Familie.
33Die Äußerung des Kindergartens, dass das Kind nach den Wochenenden beim Vater entspannt in den Kindergarten zurückkehre während er bei Abholsituation mit der Kindesmutter angespannt und unsicher wirke, stützt diese Annahme. Ob und inwieweit die Ablehnung des Kindesvaters letztlich in eine Anstiftung Herrn A. zu etwaigen Drohungen mit gewalttätigen Übergriffen gemündet hat, mag letztlich durch die Strafverfolgungsbehörden geklärt werden, wäre jedoch zusätzlich u.a. als ein massiver Eingriff in die Rechte des Kindes zu werten. Gestützt wird das tatsächliche Geschehen jdfs. durch die Angaben gegenüber dem Stadtjugendamt.
34Alle Fachkräfte haben den Jungen als verschlossen, zurückhaltend, wenig Rede gewandt, Erwachsenen gegenüber als "sprachlos“ beschrieben. Hiervon konnte sich das Gericht einen kurzen Eindruck in der Anhörung verschaffen. Trotz dieser Einschränkungen hat die Kindesmutter nicht davon Abstand genommen, dem Jungen den Mund mit Klebeband zuzukleben. Zwar hat sie ohne weitergehende Erläuterung angegeben, dass dies nur zum Spaß geschehen sei, was der Junge in der Anhörung auch bestätigte, jedoch stellt dies unter Berücksichtigung des Zustandes des Kindes abermals einen massiven Eingriff in seine Rechte dar.
35Aufgrund der Schilderung der Fachkräfte, dass aus ihrer Sicht der Kindesvater besser in der Lage sei, die Probleme des Kindes zu erkennen und adäquat zu lösen, war das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Kindes zugunsten des Kindesvaters festzulegen. Hierzu haben sich alle Fachkräfte trotz der Erkenntnis, dass der Junge die letzten vier Jahre im Haushalt der Kindesmutter gelebt hat, entschlossen und das Gericht konnte unter Berücksichtigung der summarischen Prüfung und der durch Manipulation bereits eingetretenen psychischen Kindeswohlgefährdung, die sich bereits in Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, nämlich seiner Zurückhaltung, dem Eingeschüchtert sein, fehlender Selbstständigkeit, niedergeschlagen hat, zu keiner anderen Bewertung gelangen, wohl wissend, dass der Junge sich für einen Verbleib im mütterlichen Haushalt ausgesprochen hat.
36Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 81 FamFG.